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Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 1 Diese Artikelfassung entspricht nicht vollständig dem in der Zeitschrift veroffentlichen Artikel. Dies ist nicht die Originalversion des Artikels und kann daher nicht zur Zitierung herangezogen werden. Achtsamkeit und Akzeptanz. Grundlagen und Perspektiven eines neuartigen Ansatzes sportpsychologischen Trainings für den Leistungssport Kathrin Heinz 1 , Thomas Heidenreich 2 , Franziska Wenhold 1 & Ralf Brand 1 1 Universität Potsdam, 2 Hochschule Esslingen Kontaktadresse: Kathrin Heinz Exzellenzbereich für Kognitionswissenschaften, Professur für Sportpsychologie Am Neuen Palais 10, Haus 12 14469 Potsdam E-Mail: [email protected] Dieses Projekt wurde mit Forschungsmitteln des Bundesinstituts für Sportwissenschaft gefördert (Fördernummer IIA1-071001/09-10). veröffentlicht im Jahr 2011, in: Zeitschrift für Sportpsychologie, 18, 145-154, doi: 10.1026/1612-5010/a000056

Achtsamkeit und Akzeptanz

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Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 1

Diese Artikelfassung entspricht nicht vollständig dem in der Zeitschrift veroffentlichen

Artikel. Dies ist nicht die Originalversion des Artikels und kann daher nicht zur Zitierung

herangezogen werden.

Achtsamkeit und Akzeptanz.

Grundlagen und Perspektiven eines neuartigen Ansatzes sportpsychologischen Trainings

für den Leistungssport

Kathrin Heinz1, Thomas Heidenreich

2, Franziska Wenhold

1 & Ralf Brand

1

1Universität Potsdam,

2Hochschule Esslingen

Kontaktadresse:

Kathrin Heinz

Exzellenzbereich für Kognitionswissenschaften, Professur für Sportpsychologie

Am Neuen Palais 10, Haus 12

14469 Potsdam

E-Mail: [email protected]

Dieses Projekt wurde mit Forschungsmitteln des Bundesinstituts für Sportwissenschaft gefördert

(Fördernummer IIA1-071001/09-10).

veröffentlicht im Jahr 2011, in:

Zeitschrift für Sportpsychologie, 18, 145-154, doi: 10.1026/1612-5010/a000056

Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 2

Zusammenfassung

„Achtsamkeit und Akzeptanz“ beschreiben die individuelle Fähigkeit, im Alltag

auftretende (im sportpsychologischen Kontext z. B. leistungseinschränkende) Emotionen und

Gedanken bewusst wahrzunehmen und als solche an zunehmen, ohne sie zu bewerten

(Heidenreich, Michalak & Eifert, 2007). Der Artikel stellt den Ansatz und seine

Einsatzmöglichkeiten im Kontext Leistungssport vor. Dazu werden zunächst die Begriffe

definiert sowie der derzeitige Forschungsstand zu Wirkmechanismen und

differentialpsychologischen Aspekten abgebildet. Darauf aufbauend wird der Ansatz

wissenschaftlich bewertet. Anschließend wird die Vorgehensweise eines für den

Leistungssportkontext adaptierten Interventionsansatzes (des Mindfulness-Acceptance-

Commitment-Approaches nach Gardner und Moore, 2007) an einem Beispielfall illustriert.

Abschließend wird eine Wirksamkeitserwartung für achtsamkeits- und akzeptanzbasierte

Ansätze im Anwendungsfeld Leistungssport formuliert.

Schlüsselwörter: Achtsamkeit, Akzeptanz, Sportpsychologisches Training

Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 3

Abstract

Mindfulness and acceptance describe the skill to experience emotions and thoughts (e.g.

performance-interfering cognitions) consciously and without judging them (Heidenreich,

Michalak & Eifert, 2007). This article introduces the mindfulness and acceptance approach and

its potential in the context of competitive sports. Definitions as well as research results related to

mechanisms of action and differential psychological aspects will be given. On this scientific

basis, the approach will be reviewed. Afterwards, the rationale and implementation of the

mindfulness-acceptance-commitment approach (Gardner & Moore, 2007), an approach adapted

for performance enhancement, will be illustrated. Finally, evidence from psychotherapy research

will be presented, and a recommendation for the use of mindfulness and acceptance in the

context of competitive sports is given.

keywords: mindfulness, acceptance, psychological skills training

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Achtsamkeit und Akzeptanz.

Grundlagen und Perspektiven eines neuartigen Ansatzes sportpsychologischen Trainings

für den Leistungssport

Die Leistungsfähigkeit eines Athleten im Wettkampf hängt nicht nur von dessen

körperlich-athletischem Zustand ab, sondern ganz entscheidend auch von seiner Fähigkeit, mit

aktuellen Störungen umzugehen (Gardner & Moore, 2007; Weinberg & Gould, 2007). Eine

solche aktuelle Störung könnten beispielsweise sorgenvolle Gedanken sein, die den Athleten von

der eigentlichen sportlichen Aufgabe ablenken. Eine erfolgreiche Bewältigung solcher

leistungsbeeinträchtigenden Störungen ermöglicht Psychologisches Training (PT), das der

Entwicklung und Stärkung von psychischen Ressourcen dient und somit zur Optimierung der

allgemeinen Leistungsfähigkeit beiträgt (Beckmann & Elbe, 2008). Es existiert eine Vielzahl

unterschiedlicher Trainingsverfahren, die durch die Praxis im Leistungssport hoch nachgefragt

sind und die sich in der sportpsychologischen Betreuung von Athletinnen und Athleten als

nützlich erwiesen haben (z.B. Aktivierungsregulation, Konzentrations- oder Motivationstraining;

Stoll, Pfeffer & Alfermann, 2010).

Die explizite Auswahl der im jeweiligen Fall angewandten Trainingsverfahren basiert

meist auf dem Ausbildungshintergrund des betreuenden Sportpsychologen oder der

Sportpsychologin, fast alle „gängigen“, in der Sportpsychologie etablierten PT-Maßnahmen

(Stoll et al., 2010, Weinberg & Gould, 2007, z.B. Selbstgesprächsregulationstechniken oder

Entspannungstrainings) entstammen allerdings der verhaltenstherapeutischen Schule. Sie legen

den Schwerpunkt der Intervention auf eine direkte, aktive Veränderung von Gedanken und

Gefühlen (z.B. der Wettkampfangst einer Athletin oder eines Athleten) und lassen sich demnach

dem klassischen kognitiv-behavioralen Interventionsprogramm zuordnen (Heidenreich,

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Michalak & Eifert, 2007). Eine Sportlerin würde zum Beispiel lernen, einen

Wettkampfangstzustand möglichst schon im Entstehen zu erkennen, sich diesem aktiv

zuzuwenden und ihn unter Einsatz gelernter Techniken direkt zu verändern. Frühe

Interventionen der Verhaltenstherapie (in Deutschland ca. seit den 60er-Jahren von Bedeutung)

basierten ausschließlich auf klassischen behavioristischen Lernmodellen wie klassischer und

operanter Konditionierung und waren damit durch einen Fokus allein auf das beobachtbare

Verhalten geprägt (z.B. Wolpe, 1958). Die darauf folgenden kognitiv-behavioralen

Interventionen (in Deutschland ca. ab den 80er-Jahren aufgegriffen) nehmen verstärkt auch die

Veränderung von verhaltensantezedenten und -nachfolgenden Kognitionen und Emotionen in

den Blick. Beiden liegt die oben bereits erwähnte Veränderungsorientierung zu Grunde. Für

aktuelle Interventionen (die teilweise auch als „dritte Welle“ der Verhaltenstherapie bezeichnet

werden, vgl. Heidenreich et al., 2007), die in Deutschland erst seit wenigen Jahren (etwa seit der

Jahrtausendwende) intensiver rezipiert werden, ist charakteristisch, dass Klienten zunächst

lernen sollen, ihr inneres Erleben (z.B. ihre Angst) nicht direkt zu verändern, sondern dieses als

Teil ihrer selbst zu akzeptieren. Schlussendlich steht natürlich auch bei solchen Therapieansätzen

die Veränderung dysfunktionalen Denkens und Erlebens im Vordergrund. Jedoch wird der Fokus

auf die Akzeptanz der eigenen Gedanken und Gefühle gelegt (z.B. „Vor einem wichtigen

Wettkampf wie diesem aufgeregt zu sein, ist völlig OK“). Die dementsprechende innere Haltung

(manchmal auch: Einstellung) soll dann indirekt eine Veränderung des Verhaltens bewirken

(Heidenreich et al., 2007).

Im Rahmen dieser dritten Welle der Verhaltenstherapie entstanden alternative

Betrachtungsweisen von dysfunktionalen kognitiv-affektiven Prozessen und darauf aufbauende

innovative Interventionstechniken (Gardner & Moore, 2006). In der klinisch-psychologischen

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Forschung gewannen vor allem die Konzepte Achtsamkeit und Akzeptanz deutlich an Interesse

(Didonna, 2009). Der Unterschied zwischen klassisch kognitiv-behavioralen Interventionen und

achtsamkeits- und akzeptanzbasierten Verfahren liegt vor allem im Objekt der Veränderung: die

kognitive Verhaltenstherapie versucht, dysfunktionale Gedankeninhalte zu verändern,

achtsamkeitsbasierte Konzepte zielen demgegenüber darauf ab, die zu Grunde liegenden

kognitiven Prozesse zu verändern, so z.B. den Umgang mit dem Inhalt der subjektiven Erfahrung

(Roemer & Orsillo, 2003, vgl. auch Baer, 2003; Segal, Williams & Teasdale, 2002).

Sportpsychologische Beiträge zu Achtsamkeit und Akzeptanz existieren erst seit

kürzester Zeit und sind wahrscheinlich deshalb noch sehr selten in der Praxis anzutreffen

(Gardner & Moore, 2007). Unserer Einschätzung nach bietet das Konzept eine

erfolgversprechende, den bereits etablierten kognitiv-behavioralen PT-Ansatz nützlich

ergänzende Interventionsmöglichkeit. Das Ziel des vorliegenden Beitrags besteht darin, diesen

für die Praxis des Leistungssports genauso wie für viele Sportpsychologinnen und

Sportpsychologen noch neuartigen Ansatz genauer vorzustellen und sein Potenzial im

leistungssportlichen Kontext einzuordnen.

Achtsamkeit und Akzeptanz

Theoretische Grundlagen

Definition. Unter Achtsamkeit (engl. mindfulness) wird im hier vorliegenden Kontext

nicht die allgemeingebräuchliche Bedeutung des Wortes „bedacht“ oder „überlegt “ verstanden.

Vielmehr ist eine besondere Form der Aufmerksamkeitslenkung gemeint, bei der „der

augenblickliche Moment (...) bewusst und nicht wertend wahrgenommen wird“ (Heidenreich et

al., 2007, S. 478). Achtsamkeit wird von Kabat-Zinn (1990) als die absichtsvolle, nicht-wertende

und bewusste Wahrnehmung des aktuellen Moments definiert. Eine achtsame Haltung zeichnet

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sich dadurch aus, dass Körperempfindungen, Gefühle und Gedanken in jedem Augenblick ganz

absichtlich und ganz bewusst wahrgenommen werden. Anschaulicher wird diese Definition,

wenn man achtsames Handeln als Gegensatz zum so genannten „Autopiloten-Modus“ (Kabat-

Zinn, 1990) betrachtet. Der Autopiloten-Modus beschreibt den Zustand, in dem man handelt, bei

Ausführung dieser Handlung gedanklich allerdings mit vergangenen oder zukünftigen

Ereignissen beschäftigt ist. Alltägliche sportliche Handlungen wie Aufwärmen oder Dehnen

werden oft nicht als bewusste Handlungen ausgeführt. Insbesondere Handlungsroutinen werden

nebenbei absolviert, vielleicht nur, um sie „abgehakt“ zu haben. Werden solche Handlungen

demgegenüber achtsam, also bewusst, absichtsvoll und nicht-wertend ausgeführt, werden sie

zum Selbstzweck: Man dehnt sich des Dehnens willen.

Akzeptanz (engl. acceptance) bezieht sich auf eine nicht-wertende Grundhaltung in der

Wahrnehmung der eigenen Emotionen und Gedanken. Es ist die Bereitschaft gemeint,

„Ereignisse und Erlebnisse ohne innerliche oder äußerliche Ablehnung oder Vermeidung

zuzulassen – so wie sie sind und als das, was sie sind – und sich dabei nicht in deren Bewertung

zu verstricken“ (Heidenreich et al., 2007, S. 478). Gedanken und Erlebnisse sollen bewusst nicht

als angenehm oder unangenehm bewertet, sondern so wahrgenommen werden, wie sie sind.

Grundlage dafür ist die Annahme, dass in Situationen, in denen Emotionen empfunden werden,

diese immer einen Zweck und daher auch ihre eigene Existenz-Berechtigung haben. Sie können

auf die persönliche Relevanz einer Situation hinweisen oder auch Gefahr signalisieren. Daraus

resultiert, dass Akzeptanz nach Heidenreich und Michalak (2009) als „eine Haltung zu verstehen

[ist], die Ereignisse oder Situationen aktiv und offen aufnimmt, im Gegensatz dazu, sie

vermeiden zu wollen“ (S. 15).

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Die beiden Konzepte Achtsamkeit und Akzeptanz lassen sich nicht immer klar

voneinander abgrenzen: Hayes, Strosahl & Wilson (1999) gehen etwa davon aus, dass

Achtsamkeitsübungen einen zentralen Weg zum Erreichen von Akzeptanz darstellen. Die

Fähigkeiten, achtsam und akzeptierend zu sein, führen gemeinsam zu einer festen Verankerung

des Subjekts im Momenterleben und tragen zu einer selbstregulierten

Aufmerksamkeitsfokussierung bei. Verhaltensbeeinträchtigende Emotionen und Gedanken

werden bewusst – und soweit möglich ohne sie zu bewerten - wahrgenommen (Heidenreich et

al., 2007). Da Bewertungsprozesse jedoch sehr automatisiert ablaufen, ist in der Praxis zunächst

von großer Bedeutung, die ablaufenden Bewertungsprozesse achtsam wahrzunehmen.

Die Wurzeln des psychologischen Interventionsansatzes von Achtsamkeit und Akzeptanz

liegen in buddhistischen Traditionen und Werthaltungen (siehe z.B. Nhat Hanh, 2006). In

etablierten Therapieansätzen finden sich allerdings eine Reihe von Haltungen, die sich als

achtsamkeits- und akzeptanz-analog beschreiben lassen, z.B das Prinzip der gleichschwebenden

Aufmerksamkeit in der Psychoanalyse oder die Präsenz in der personzentrierten Psychotherapie

(vgl. Heidenreich & Michalak, 2009). Einige Autoren schlagen vor, Achtsamkeit als einen, wenn

nicht den, gemeinsamen Faktor zwischen allen Psychotherapieschulen zu benennen (Shapiro,

Carlson, Astin & Freedman, 2006). Die hier vorgestellten Konzepte und Interventionen sind

allerdings klar der verhaltenstherapeutischen Tradition zuzuordnen, da Achtsamkeit der

wissenschaftlichen Öffentlichkeit vor allem im Kontext verhaltenstherapeutischer Programme

zugänglich wurde. Darüber hinaus konnte die Psychotherapieforschung in den vergangenen

Jahren etliche empirische Befunde sowohl zu den zugrundeliegenden Wirkmechanismen als auch

zur Wirksamkeit beigetragen (vgl. Hofmann, Sawyer, Witt & Oh, 2010).

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Wirkmechanismen. Von der grundsätzlichen Wirksamkeit achtsamkeitsbasierter

Interventionen darf angesichts vielfältiger wissenschaftlicher Untersuchungen ausgegangen

werden (Bohus & Huppertz, 2006). Die Forschung zu den zugrundeliegenden Wirkmechanismen

steht demgegenüber noch am Anfang (Baer, 2009). Bereits zur Mitte der vergangenen Dekade

wurde eindringlich gefordert entsprechende Forschung voranzutreiben. So haben Shapiro und

Kollegen (2006) mit dem „reperceiving modell“ ein erstes Modell zu Wirkmechanismen erstellt.

Reperceiving wird dabei beschrieben als ein metakognitiver Prozess, der Perspektivwechsel hin

zu einem sich selbst betrachtenden Blickwinkel fördert. Vier sekundäre Mechanismen führen

innerhalb des Modells direkt zur Veränderung von Verhalten und mediieren die positiven

Outcomes der achtsamkeitsbasierten Interventionen. Diese vier zugrundliegenden

Wirkmechanismen nennen sie (1) Selbstregulation (self-regulation), (2) Werteklärung (values

clarification), (3) Flexibilität von Kognitionen, Emotionen und Verhalten (cognitive, emotional,

and behavioral flexibility), und (4) Exposition (exposure). Diese Wirkmechanismen werden

durch neuere empirische Befunde belegt. Vor allem liegen Studien vor, die deren mediierende

Rolle illustrieren (z.B. Carmody, Baer, Lykins & Olendzki, 2009).

Selbstregulation und Werteklärung. Selbstregulation und Werteklärung sind zentrale

Aspekte des weiter unten vorgestellten Interventionsprogramms ACT (Acceptance-Commitment

Therapy) von Hayes, Strosahl & Wilson (1999). Hayes und Kollegen betonen die Bedeutung

einer Orientierung des Verhaltens an den eigenen Werten und Zielen einer Person. Personen

werden durch ihr eigenes Beobachten in die Lage versetzt, aus der Familie oder Gesellschaft

entstandene Werte in Frage zu stellen und herauszufinden, was für ihr eigenes Leben von

Bedeutung ist. Diese Klärung wiederum führt dazu, dass adaptive, zur Zielerreichung

notwendige Verhaltensweisen gezeigt und maladaptive, der Zielerreichung schädliche

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Verhaltensweisen, vermieden werden können. Auch dies ist aber wiederum nur möglich, wenn

die eigenen Vermeidungsstrategien und Verhaltensschemata vorher durch achtsame

Selbstfokussierung bewusst gemacht wurden.

Flexibilität von Kognitionen, Emotionen und Verhalten. Unter den kognitiven und

emotionalen Faktoren wird in der Literatur zu psychischen Erkrankungen besonders die

Rumination immer wieder als maladaptiver Faktor genannt (Watkins, 2008). Rumination steht in

starkem Zusammenhang zu negativen Emotionen (Mor & Winquist, 2002) und wirkt sich meist

negativ hinsichtlich einer Chronifizierung psychischer Erkrankungen aus. Ein achtsamer

Selbstfokus scheint einen positiven Einfluss im Sinne einer Verminderung ruminativer Gedanken

zu haben, weil die nicht-reaktive Beobachtung der Gedanken (nichtbewertend, ohne darauf

reagieren zu müssen), die repetitiven, analytischen Prozesse ruminativer Gedankengänge

verhindert (Baer, 2009). Daher profitieren Patienten mit psychischen und psychosomatischen

Erkrankungen, in denen Rumination eine verstärkende Rolle spielt (z.B. Depression, Borderline-

Störung, chronische Schmerzen), besonders von achtsamkeitsbasierten Interventionen (Kabat-

Zinn, 1990, Linehan & Dexter-Mazza, 2008).

Exposition. Die gängigen Publikationen zu achtsamkeitsbasierten Interventionen nennen

Exposition als einen der wichtigsten Wirkfaktoren und fordern ein aktives, bewusstes Sich-

Auseinandersetzen mit allen, besonders aber den negativen Emotionen (z.B. Kabat-Zinn, 1990).

Nur wenn die Teilnehmenden lernen, ihre eigenen negativen Emotionen und Gedanken nicht-

wertend wahrzunehmen und sich ihnen bewusst auszusetzen, ohne sie zu vermeiden oder zu

unterdrücken, führt dies langfristig zu Desensibilisierung und somit zu einer Reduktion von

emotionaler Reaktivität und Vermeidungsverhaltensweisen (Baer, 2009; Bohus & Huppertz,

2006; Shapiro et al., 2006).

Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 11

Insgesamt betrachtet, steht die wissenschaftliche Forschung zu den Wirkmechanismen

noch am Anfang, in den letzten Jahren wurden jedoch zunehmend methodisch anspruchvolle

Studien publiziert.

Differentialpsychologische Aspekte. Die differentielle Psychologie untersucht seit

einiger Zeit Achtsamkeit als Persönlichkeitsmerkmal („dispositional mindfulness“): Achtsamkeit

wird dabei als relativ stabile Disposition konzipiert, die mittels psychometrischer Verfahren

erhoben werden kann. Die bisher vorlegten Skalen (z. B. die Mindful Attention Awareness

Scale, MAAS; Brown & Ryan, 2003; und das Kentucky Inventory of Mindfulness Skills, KIMS;

Baer, Smith & Allen, 2004) weisen gute Kennwerte für Reliabilität und Validität auf.

In verschiedenen Studien konnten positive Korrelationen von Achtsamkeit und

Wohlbefinden sowie Lebenszufriedenheit aufgezeigt werden (z. B. Brown & Ryan, 2003).

Außerdem liegen substanzielle Korrelationen mit den „Big Five“ Persönlichkeitseigenschaften

vor (vgl.Meta-Analyse von Giluk, 2009): Es zeigte sich über alle Studien hinweg ein

substanzieller negativer Zusammenhang zum Faktor Neurotizismus (r=.-45). Stärker als erwartet

fällt der positive Zusammenhang zwischen Achtsamkeit und dem Faktor Gewissenhaftigkeit aus

(r=.32). Sowohl achtsame als auch gewissenhafte Personen verfügen über ein hohes Maß an

Selbstdisziplin und Selbstregulationsfähigkeit. Des Weiteren wurde über verschiedene

Untersuchungen hinweg ein moderater Zusammenhang mit dem Faktor Verträglichkeit gefunden

(r=.22). Zusammenfassend liegen zwar gemeinsame Varianzanteile mit den „Big Five“ vor, die

jedoch numerisch nicht so hoch liegen, dass dispositionelle Achtsamkeit lediglich als eine

Facette der bekannten Merkmale gelten kann.

Achtsamkeits- und akzeptanzbasierte Verfahren in der Klinischen Psychologie

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Im Rahmen neurer Entwicklungen der Verhaltenstherapie wurden bereits einige

Interventionsprogramme vorgestellt. Im Folgenden werden die zwei wichtigsten, mit Blick auf

die Ergebnisse aus korrespondierenden Effektstudien, kurz zusammengefasst (siehe auch

Michalak, Heidenreich & Bohus, 2006).

Mindfulness-based Stress Reduction (MBSR). Das von Jon Kabat-Zinn in den 70er

Jahren entwickelte MBSR (vgl. Kabat-Zinn, 1990, für eine ausführliche Darstellung) ist eines

der durch die Psychotherapieforschung am sorgfältigsten untersuchten achtsamkeits- und

akzeptanzbasierten Interventionsverfahren. Es handelt sich dabei um ein störungsunspezifisch

einsetzbares achtwöchiges Programm zur Stressreduktion. Das Ziel des MBSR-Trainings besteht

darin, Achtsamkeit einerseits durch konkrete Techniken situationsspezifisch zu erlernen,

andererseits das Gelernte aber immer gleich auch auf das Alltagsleben zu übertragen. Während

aller Übungen soll ein mögliches gedankliches Abschweifen bewusst wahrgenommen werden

und die Gedanken sollen nicht-wertend in den aktuellen Moment zurückgeführt werden.

Die Effektivität des MBSR-Trainings ließ sich vielfach sowohl für Stichproben aus der

Normalbevölkerung als auch störungsspezifisch für eine ganze Reihe psychischer Störungen

nachweisen (für einen Überblick siehe Baer, 2003; Bishop, 2002; Grossman, Niemann, Schmidt

& Walach, 2009; Hofmann et al., 2010). Meta-Analysen führten zu Effektstärkeschätzungen

zwischen d = 0.15 und d = 1.65 (Baer, 2003) oder d = 0.50 und d = 0.56 (Grossman et al., 2009)

und belegen die positiven Auswirkungen des MBSR-Trainings auf das körperliche und

psychische Wohlbefinden sowie besonders für den Umgang mit Stress.

Acceptance and Commitment Therapy (ACT). Der akzeptanzbasierte Ansatz der

Acceptance and Commitment Therapy (ACT) von Hayes et al. (1999) hat zum einen die

Vermittlung einer achtsamen und akzeptierenden Haltung zum Ziel, zum anderen sollen sich

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Klienten über ihre persönlichen Werthaltung bewusst werden und diese aktiv in ihr alltägliches

Handeln übernehmen (commitment). ACT basiert auf der Relational Frame Theory (Hayes,

2004b): diese nimmt an, dass abstrakte innere Regelsysteme (z.B. „Angst ist unangenehm und

deshalb sollte man keine Angst haben“) zu rigidem Verhalten führen, das fast immer

vermeidende Züge trägt. Auf diese Weise werden unangenehme Erfahrungen und Emotionen

unterdrückt oder mühsam zu kontrollieren versucht, was psychischer Erkrankung Vorschub

leistet (Heidenreich et al., 2007). ACT schult die Akzeptanz von negativen Emotionen und trägt

so zu einer Reduzierung der damit einhergehenden Symptome bei. Die Bewusstwerdung der

persönlichen Wertvorstellungen und deren aktive Umsetzung in werteorientiertes Verhalten,

befähigt Klienten, die eigenen Lebenswege konsequenter zu verfolgen. Die Wirksamkeit dieses

Ansatzes ist ebenso in mehreren Studien empirisch nachgewiesen (zum Überblick siehe Hayes,

2004a). In kontrollierten Effektstudien erreicht das Programm Effektstärken zwischen d = 0.48

und d = 0.83 (siehe Michalak et al., 2006).

Wissenschaftliche Bewertung von achtsamkeitsbasierten Interventionen

Ingesamt lässt sich die Ergebnislage zur Evidenz achtsamkeits- und akzeptanzbasierter

Interventionen im klinischen Anwendungsfeld als zufriedenstellend bezeichnen. Das

wissenschaftliche Interesse an dem Thema hat spätestens seit ungefähr dem Jahr 2000 stark

zugenommen und die Anzahl wissenschaftlicher Publikationen wächst exponentiell (Didonna,

2009). In der Bewertung von psychologischen Interventionen erfüllen einige der

achtsamkeitsbasierten Interventionen die Kriterien von „gut-etablierten Interventionen“

(Chambless & Ollendick, 2001). Die Interventionen können daher als für bestimmte klinische

Patientengruppen wirksam klassifiziert werden. Aber die aktuelle Forschungslage besteht nicht

nur aus Interventionsstudien, die die Wirksamkeit belegen, vielmehr hat besonders in den letzten

Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 14

Jahren auch grundlagenwissenschaftliche Forschung zu Wirkmechanismen, differentiellen

Unterschieden und Vergleichen zu anderen Interventionen (z.B. Hofmann, Heering, Sawyer &

Asnaani, 2009) stark zugenommen. Da die Interventionen aber nicht die psychischen

Erkrankungen an sich, sondern zugrundeliegende emotionale und kognitive Funktionsweisen

verbessern (z.B. Rumination, Emotionsregulation, Aufmerksamkeitsregulation), ist es

wahrscheinlich, dass besonders auch subklinische Stichproben vom Einsatz

achtsamkeitsbasierter Interventionen profitieren können. Daher erfolgte in den letzten Jahren die

Übertragung der Interventionen in viele verschiedene Kontexte. Besonders Schul- und

Arbeitspsychologen haben die vorteilhaften Effekte im Zusammenhang mit Konzentrations- und

Leistungsfähigkeit untersucht und empfehlen den Einsatz von achtsamkeitsbasierten

Interventionen in ihren Anwendungsbereichen (z.B. Franco, Mañas, Cangas & Gallego, 2011).

Auch im Kontext sportlicher (Höchst-) Leistung spielen Faktoren wie Aufmerksamkeits- und

Emotionsregulation eine entscheidende Rolle. Der Einsatz achtsamkeitsbasierter Interventionen

könnte hier eine sinnvolle und nützliche Ergänzung im bereits etablierten Repertoire der

Sportpsychologie bieten. Eine Adaptation auf den sportpsychologischen Kontext, mit

einhergehender wissenschaftlicher Überprüfung, erscheint daher überfällig.

Neben den genannten Chancen, die mit einer Implementierung achtsamkeitsbasierter

Interventionen verbunden sind, lassen sich allerdings auch Grenzen benennen: Die in Meta-

Analysen berichteten Effekte sind zwar substanziell (vgl. oben sowie z. B. Hofmann et al.,

2010), in einzelnen Störungsbereichen (z. B. soziale Ängste) lassen sich jedoch mit anderen

Interventionen höhere Effektstärken erzielen (vgl. z. B. Stangier, Heidenreich & Peitz, 2009).

Darüber hinaus dürften achtsamkeitsbasierte Ansätze nicht alle Patienten, Klienten und Sportler

in gleichem Maße ansprechen (vgl. Bishop, 2002): Während sich manche Menschen stark durch

Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 15

die entsprechenden Ansätze angesprochen fühlen, stellen diese für andere eher irritierende

Phänomene dar. Auch ist davon auszugehen, dass die Anwendung achtsamkeitsbasierter

Interventionen bei Menschen mit einzelnen Störungen (z. B. Psychosegefährdung)

kontraindiziert ist.

Achtsamkeits- und akzeptanzbasiertes Arbeiten in der Sportpsychologie

Im Folgenden wird eine Adaptation entsprechender Interventionen für den Kontext

Leistungssport vorgestellt. Dazu stellen wir einen Beispielfall voran, an dem das Vorgehen im

sportpsychologischen achtsamkeitsbasierten Interventionsprogramm kurz illustriert werden kann.

Tabelle 1

Der in Tabelle 1 beschriebene Beispielfall beleuchtet die Situation einer Tennisspielerin,

die über Symptome von Wettkampfangst berichtet. Unter Wettkampfangst wird eine aktuelle

emotionale Reaktion auf eine bedrohliche oder als bedrohlich empfundene Wettkampfsituation

verstanden, die in eine somatische Komponente und eine kognitive Komponente unterschieden

werden kann (vgl. Ehrlenspiel, Graf, Kühn & Brand, 2011). Während die somatische

Komponente das aktuell wahrgenommene Ausmaß physiologischer Erregung von Athleten

abbildet, verweist die kognitive Komponente auf die Intensität von aktuell erlebten Sorgen und

Selbstzweifeln. Die Äußerungen der Tennisspielerin lassen vermuten, dass der begleitende

Sportpsychologe (z.B. mit Hilfe des Wettkampf-Angst-Inventars, WAI; Brand, Ehrlenspiel &

Graf, 2009) eine erhöhte Beanspruchung in beiden Wettkampfangstkomponenten diagnostizieren

und daraus ableiten könnte, dass zumindest in einem ersten Zugriff sportpsychologische

Trainingsverfahren zur Aktivationsregulation zu nutzen wären. Nach klassischem kognitiv-

behavioralen Vorgehen würde versucht solche Gedanken und Gefühle direkt zu verändern.

Beispielweise könnten Entspannungsverfahren (z.B. Atemregulation) und Selbstinstruktionen

Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 16

(z.B. „Konzentriere dich jetzt auf deinen Aufschlag“) trainiert werden, um die negativen Gefühle

und Gedanken gar nicht erst aufkommen zu lassen oder im auftretenden Moment zu verändern.

Im achtsamkeitsbasierten Ansatz wird demgegenüber trainiert, diese Gedanken, Gefühle und

Körperempfindungen zunächst ohne Vorbehalt anzunehmen. Es wird angenommen, dass eine

dementsprechend akzeptierende Grundhaltung eine wichtige Voraussetzung für den Umgang mit

Störungen während des Wettkampfs ist.

Der Mindfulness-Acceptance-Commitment Approach (MAC)

Mit dem Mindfulness-Acceptance-Commitment Approach (MAC) existiert seit kurzem

ein speziell für Sportlerinnen und Sportler entwickeltes achtsamkeitsbasiertes

Interventionsprogramm (Gardner & Moore, 2007). MAC integriert die oben skizzierten

Konzepte aus MBSR und ACT. Es wird davon ausgegangen, dass die Leistungsfähigkeit der im

Beispiel beschriebenen Tennisspielerin davon abhängt, inwieweit es ihr gelingt,

1. unangenehme internale Zustände (Gedanken, Gefühle) als natürlich vorkommend zu

akzeptieren,

2. trotz dieser Zustände an den sportlichen Momentzielen festzuhalten,

3. und insbesondere den Aufmerksamkeitsfokus im aktuellen Momenterleben zu halten.

Entscheidend ist dabei nicht die An- oder Abwesenheit negativer Empfindungen und

Kognitionen, sondern das Ausmaß, in welchem sie bereit ist, diese nicht wertend zu akzeptieren.

Unsere Tennisspielerin würde durch MAC dazu angeleitet, ihre Aufgeregtheit als

Selbstverständlichkeit zu nehmen, die nichts mit ihren eigentlichen Werten (z.B. erfolgreich

Tennis zu spielen) und den aktuell im Vordergrund stehenden Aufgabenzielen (sich auf den

Return vorbereiten) zu tun hat.

Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 17

Von besonderer Bedeutung ist es zu erkennen, dass es im MAC-Ansatz explizit nicht

darum geht, einen internalen Aufmerksamkeitsfokus während der sportlichen Aufgabe

herzustellen, denn eine Reihe bewegungswissenschaftlicher Studien zeigt, dass dies mit hoher

Wahrscheinlichkeit zu Leistungseinbußen führt (z.B. Wulf, 2007). Vielmehr wird eingeübt, die

internalen Vorgänge und Empfindungen (gemeint sind hier besonders Emotionen und Gedanken,

weniger Bewegungsempfindungen) überhaupt erst wahrzunehmen, sie dann zu akzeptieren, und

dann den Aufmerksamkeitsfokus gezielt und aktiv wieder auf die relevanten externalen Reize zu

lenken. Ziel ist die Herstellung eines aufgabenorientierten Aufmerksamkeitsfokus (Gardner &

Moore, 2007). Unsere Tennisspielerin würde deshalb durch Achtsamkeitsübungen zunächst

einmal lernen müssen wahrzunehmen, wann ihre Aufmerksamkeit nicht mehr auf der Aufgabe

ausgerichtet ist, sondern mit ihren eigenen Gedanken beschäftigt ist. Erst wenn sie das Abdriften

ihrer Aufmerksamkeit bemerkt hat, ist sie in der Lage, sie bewusst wieder auf die Aufgabe zu

lenken.

Das MAC-Interventionsprogramm besteht aus sieben Modulen. Besonders wenn mit

Einzelpersonen (und nicht in Gruppenkontakten) gearbeitet wird, können und sollten bei Bedarf

die Module über mehrere Termine hinweg bearbeitet werden. Im Rahmen eines Projekts des

Bundesinstituts für Sportwissenschaft (Fördernummer IIA1-071001/09-10) wurde das bislang

nur englischsprachig publizierte MAC-Interventionsprogramm spezifiziert und deutschsprachig

manualisiert (Tabelle 2).

Tabelle 2

Im MAC-Interventionsprogramm wird der Tennisspielerin zunächst der Zusammenhang

zwischen Leistungsversagen und dysfunktionalen Emotionen und Kognitionen (im Idealfall

durch die Rekonstruktion und Reflektion eigener Erfahrungen) verdeutlicht. Unserer

Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 18

Tennisspielerin würde klar werden, dass nicht ihre Aufgeregtheit an sich die Leistungsfähigkeit

beeinträchtigt, sondern die Tatsache, dass sie sich von ihren Gedanken von der Aufgabe

ablenken lässt. Darauf aufbauend werden Techniken zur Entwicklung einer achtsamen Haltung

in Situationen des Sports und alltäglichen Lebenszusammenhängen vermittelt. Über diverse

Achtsamkeitsübungen (z.B. Zentrierungsübungen) wird die achtsame Haltung im Training und

im Alltag eingeübt. Dazu zählen einerseits meditative Übungen, andererseits wird ganz bewusst

das achtsame Ausführen einfacher sportlicher Handlungen erarbeitet. Begonnen wird hierbei mit

einfachen Übungen, etwa achtsamem Dehnen.

Neben den Achtsamkeitsübungen werden akzeptanzfördernde Techniken eingeübt und

trainiert. Zu diesen zählt insbesondere das Erarbeiten einer Haltung, die kognitive Defusion

erlaubt (Hayes et al., 1999). Kognitive Defusion bedeutet, dass Gedanken nicht mehr als

handlungsleitende Realität, sondern eben nur noch als Gedankeninhalte wahrgenommen werden

sollen. Ziel ist es, die Bedeutung der Gedanken für die eigene Handlung zu relativieren. Der

Gedanke (!) unserer Tennisspielerin „Ich kann jetzt nicht vernünftig aufschlagen“ muss nicht

stimmen. Denn in vielen Situationen sind solche Gedanken lediglich etwas, das „das Gehirn dem

Sportler erzählt“. Der Tennisspielerin wird in diesem Kontext beigebracht, dass ihre Gedanken,

die um den weiteren Verlauf des Spieles kreisen, keine handlungsleitende Funktion haben

müssen. Denn Gedanken wie beispielsweise „Wenn ich das Spiel nicht mehr in den Griff

bekomme, werde ich verlieren, und dann steht meine Karriere auf dem Spiel“ haben erstmal

keine Bedeutung für den aktuellen Moment. Sie sind auf die Zukunft gerichtet und zur Lösung

der augenblicklichen Aufgabe irrelevant.

Besonderer Schwerpunkt wird im weiteren Vorgehen auf das Erarbeiten der

Wertvorstellungen und Leistungswerte der Tennisspielerin gelegt, um vermeidendes,

Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 19

emotionsgeleitetes Verhalten zu erkennen und entgegengesetztes, von Werten geleitetes

Verhalten zu verstärken. Unsere Tennisspielerin sagt ein wichtiges Match ab (Vermeidung der

angstbesetzten Situation), weil dieses Frustrationspotenzial birgt und schon der Gedanke an eine

Niederlage Angst auslöst. Diese negative Emotion wird vermieden. Hierbei handelt es sich

selbstverständlich um ein Extrembeispiel, oftmals setzen Sportler und Sportlerinnen viel

subtilere Formen von Vermeidungsverhalten ein: Sie trainieren beispielsweise nur bereits präzise

beherrschte Techniken, die Ihnen Spaß bereiten, anstatt derjenigen, deren saubere Ausführung

sie sich erst mühsam erarbeiten müssen. So wird dann zwar eine Emotion (z.B. Angst,

Frustration) vermieden, allerdings kommt die Tennisspielerin ihrem wertbesetzten Ziel, z.B.

stetig entwicklungsbereit bleiben zu wollen, aber nicht näher. Mit der Tennisspielerin könnte

zum Beispiel erarbeitet werden, welche Werte Ihrem sportlichen Engagement zugrunde liegen

(z.B. „Ich möchte eine ehrgeizige, leistungsbereite und erfolgshungrige Sportlerin sein“). Es

wird alltagsnah besprochen, welches Verhalten die Athletin zeigen muss, welche Hindernisse sie

überwinden muss, und wie sie ihr bisheriges Vermeidungsverhalten (z.B. die Absage des

wichtigen Matches) abstellen kann, um ihre Werte leben zu können. Insgesamt soll das

mehrwöchige MAC-Training zu einem tieferen Verständnis der Zusammenhänge zwischen der

aktiven Entscheidung zu wertegeleiteten Verhalten und sportlicher Leistungsfähigkeit führen.

Schließlich geht es noch darum, neu gelernte Verhaltensweisen zu stabilisieren und zu

habitualisieren. Der Fortschritt der Tennisspielerin wird mittels eines Achtsamkeits-

„Trainingsplans“ festgehalten und langfristig in ihren Trainings- und Lebensalltag integriert. Es

würde erarbeitet, welche Achtsamkeitsübungen sie in welchen Situationen praktizieren kann

(z.B. Zentrierungsübung im Bus auf dem Weg zum Training, Atemübung abends im Bett) und

welche sportartspezifischen Achtsamkeitsübungen sie in ihren Trainingsalltag integrieren kann

Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 20

(z.B. achtsames Dehnen). Beides würde in einem möglichst exakten Übungsplan (Übungszeiten,

Übungshäufigkeit) festgehalten.

Zur Wirksamkeit des MAC-Interventionsprogrammes im Kontext Leistungssport liegen

derzeit noch keine ausreichenden empirischen Belege vor. International liegen nur wenige

Studien minderer methodischer Qualität und einige Einzelfallbeschreibungen vor (vgl. Gardner

& Moore, 2006).

Diskussion

Zu sportpsychologischen achtsamkeits- und akzeptanzbasierten Verfahren, speziell auch

zum hier kurz skizzierten MAC-Ansatz, liegen aussagekräftige empirische Effektstudien noch

nicht vor. Jedoch legen Fallgeschichten und vor allem eine breite bestätigende empirische

Befundlage aus der nicht-sportbezogenen Psychotherapieforschung den Schluss nahe, dass

achtsamkeits- und akzeptanzbasierte Interventionen auch im Leistungssportkontext (besonders

im Bereich der Wettkampfangst) erfolgversprechend sein könnten.

Zur fairen Bewertung des Ansatzes gilt es vor allem das Missverständnis zu vermeiden,

dass es sich hier sich um einen im Vergleich zu den etablierten Herangehensweise besseren

Ansatz handele. Es ist lediglich so, dass sich die verhaltenstherapeutischen Herangehensweisen

zwischen achtsamkeits- und akzeptanzbasierten und gängigen sportpsychologischen Ansätzen

wesentlich unterscheiden. Kurz zusammengefasst bestehen diese wesentlichen Unterschiede

darin, dass achtsamkeitsbasiertes Training kognitive Prozesse an sich zu beeinflussen versucht

(so z.B. die Haltung und den Umgang mit dem Inhalt subjektiver Erfahrungen). Demgegenüber

zielen die meisten der in der Sportpsychologie bereits etablierten PT-Interventionsansätze auf die

Veränderung dysfunktionaler Gedankeninhalte ab (Roemer & Orsillo, 2003). Dieser

Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 21

Wesensunterschied könnte für manche Athletinnen und Athleten „eingängigere“

Argumentationen und damit einen effektiveren Ansatzpunkt zur Weiterentwicklung bieten.

Natürlich sind diesem Ansatz auch in der sportpsychologischen Betreuung Grenzen

gesetzt. So bedingen Achtsamkeit und Akzeptanz eine deutliche Aufgabenfokussierung, die

inkompatibel zu bestimmten anderen Zielsetzungen sportpsychologischen Trainierens sein kann.

Zum Beispiel basiert mentales (oder besser: idiomotorisches) Training auf dem bewussten

Einsatz von Vorstellungstechniken. Hier wird der aktuelle Moment absichtlich verlassen, um

zukünftige Aufgaben zu antizipieren und mental vorzubereiten. Und auch in

Teambildungsprozessen spielen ganz andere Faktoren, zum Beispiel interpersonale Konflikte

eine entscheidende Rolle, die mit den oben erläuterten Wirkweisen von Achtsamkeit und

Akzeptanz nicht beeinflussbar sind. Hier muss auf andere sportpsychologische Techniken

zurückgegriffen werden.

Des Weiteren ist auch noch nicht geklärt, ob besonders die achtsamkeitsbasierten

Interventionen in besonderen Fällen auch zu Leistungsminderungen führen könnten. Eine

Problematik könnte zum Beispiel in der „falschen“ Anwendung der Achtsamkeit im

sportbezogenen Kontexten liegen: Im MAC-Protokoll ist der Einsatz der Achtsamkeit auf das

Ziel ausgerichtet, den Zeitpunkt des automatisches Wechseln von einer Aufgabenorientierung in

den Zustand der Selbstfokussierung bewusst zu bemerken. Nur wenn dieser Moment bewusst

erlebt wird, gelingt es dem Athleten seine Aufmerksamkeit schnellstmöglich wieder zur

eigentlichen Aufgabe zurückzuführen. Athleten könnten die Rolle von Achtsamkeit in diesem

Prozess missverstehen und sie so einsetzen, dass sie über die Maßen (und zu lange)

selbstfokussiert bleiben. Dies könnte sich im Sinne eines dann entstehenden internalen

Aufmerksamkeitsfokus leistungseinschränkend auswirken (siehe oben).

Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 22

Zwar versuchte bereits Jon Kabat-Zinn die Anwendung von Achtsamkeit und Akzeptanz

im Leistungssport in den 80er Jahren voranzutreiben (er arbeitete mit der amerikanischen

olympischen Rudermannschaft, allerdings ohne die Resultate zu publizieren), jedoch waren

Gardner und Moore (2006) nun die ersten publizierenden Wissenschaftsakteure, die den Einsatz

des Ansatzes im Sport für längst überfällig halten. Sie formulieren die Tatsache, dass

Achtsamkeit und Akzeptanz in der Sportpsychologie bisher kaum eine Rolle spielen,

ausgesprochen drastisch:

„It appears that the field of sport psychology simply not noticed the recent advances in

behavioral psychology [...] . The literature in applied sport psychology has remained

largely fixed on the early second-wave skills-based conceptualizations of human

performance and its dysfunction; performance enhancement interventions have gone

practically unchanged“ (p. 8).

Eine Adaptation von sportpsychologischen Interventionen hin zu Ansätzen aus der dritten

Welle der Verhaltenstherapie steht somit im amerikanischen, besonders im deutschsprachigen

Raum noch aus. Für Problemstellungen im Bereich des besseren Umgangs mit Drucksituationen,

dysfunktionalen Gedanken oder der als belastend empfunden Wahrnehmung von Emotionen

scheint besonders die MAC-Intervention (Gardner & Moore, 2007) eine erfolgversprechende

Alternative zu sein. Sie stellt auf jeden Fall eine Intervention dar, die das Repertoire der

sportpsychologischen Experten erweitern könnte.

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Anmerkungen

Dieses Projekt wurde mit Forschungsmitteln des Bundesinstituts für Sportwissenschaft gefördert

(Fördernummer IIA1-071001/09-10).

Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 28

Tabelle 1

Beispielfall

Wettkampfangst einer Tennisspielerin

Eine Tennisspielerin tritt mit der folgenden Problembeschreibung an ihren Sportpsychologen

heran: Immer wieder habe sie zuletzt die Erfahrung gemacht, dass es ihr in wichtigen Matches

nicht mehr gut gelinge ruhig zu bleiben. Sie sitze beim Seitenwechsel auf ihrer Bank und merke

wie ihre Hände zu zittern und ihr Herz zu rasen beginne. Sie beschäftige sich in solchen

Situationen dann auch kaum mehr mit der Vorbereitung auf das nächste Aufschlagspiel, ihre

Gedanken würden vielmehr ständig um die Frage kreisen, was wohl passieren würde, wenn sie

das Spiel nicht schnell wieder in den Griff bekomme. Sie mache sich in diesen Situationen

Gedanken um ihre möglicherweise scheiternde Karriere und die damit einhergehende

Enttäuschung des Trainers und der Eltern. Manchmal ginge das so weit, dass sie vor Aufregung

an der Grundlinie kaum noch den Schläger ruhig halten könne und entsprechend schlecht spiele.

Außerdem schlafe sie vor wichtigen Matches nur schlecht, weil sie sich sehr starke Sorgen um

das Spiel und ihre Zukunft mache. Diese Angst habe schon dazu geführt, dass sie ein wichtiges

Match abgesagt habe, weil sie sich nicht in der Lage sah, mit der Aufgeregtheit umzugehen. Sie

versuche, diese Aufregung mit den Methoden „in den Griff zu kriegen“, die sie bisher von ihrem

Trainer gelernt habe, dies sei aber bisher erfolglos. Daher suche sie jetzt sportpsychologische

Betreuung.

Running head: ACHTSAMKEIT UND AKZEPTANZ IN DER SPORTPSYCHOLOGIE 29

Tabelle 2

Modulbeschreibungen der MAC-Intervention

Modulbezeichnung Inhalte

1 Psychoedukation Vermittlung des theoretischen Grundprinzips (inkl.

Kopplung an Erfahrungen der Teilnehmenden)

2 Achtsamkeit und Kognitive Defusion Einführung in Achtsamkeit

Einführung in das Konzept der kognitiven Defusion

(Entkopplung von Gedanken als handlungsweisende

innere Befehle)

3 Werte und wertegeleitetes Verhalten Erarbeitung der (Leistungs-)Werte der Athleten

Unterscheidung von emotions- vs. wertegeleitetem

Verhalten

4 Akzeptanz Zusammenhang zwischen Vermeidung und

emotionsgeleitetem Verhalten

Darstellung von Akzeptanz als Alternative zu

vermeidendem Verhalten

5 Commitment Erweiterung von wertegeleitetem Verhalten

(Commitment zu eigenen Werten und Zielen)

6 Konsolidierung von Achtsamkeit,

Akzeptanz und Commitment

Zusammenhänge der verschiedenen Konzepte

werden endgültig hergestellt

7 Aufrechterhaltung von Achtsamkeit,

Akzeptanz und Commitment

Erarbeitung eines „Trainingsplans“