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weitblick 2/2012 AWO International
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Magazin für HuManitäre Hilfe und entwicklungszusaMMen arbeit
nov 2012
Das Umfeld, in dem Kinder und Jugendliche in Mittelamerika
aufwachsen, ist geprägt von Gewalt: Gewalt in der Familie,
Gewalt in der Schule, Gewalt auf der Straße. Es gibt kaum Orte,
wo sie ihre Freizeit verbringen können. Oft werden sie als Mit-
glieder krimineller Jugendbanden stigmatisiert. Ihre Bedürfnisse
werden kaum beachtet. Ausgehend vom Konzept der partizipati-
ven Kommunikation bietet unsere Partnerorganisation ACISAM in
El Salvador seit 2010 mit der mittelamerikanischen Videoschule
EVM (Escuela de Video Mesoamericana) ein Kursprogramm an, bei
dem Jugendliche die theoretischen und praktischen Grundlagen
für die Produktion von Videos lernen. In ihren Filmen reflektie-
ren die Jugendlichen die sozialen Bedingungen ihres Lebens-
umfeldes und machen jugendspezifische Themen öffentlich.
Ihre Videos stellen die Jugendlichen in ihrem Stadtteil oder ihrer
Dorfgemeinschaft vor. Mit der öffentlichen Präsentation schaffen
sie Aufmerksamkeit, regen Diskussionen an, zeigen ihren Blick
auf die Gesellschaft auf und bringen sich und ihre Anliegen ein.
So entsteht eine lebendige Kommunikation für Jugendliche und
unter Jugendlichen, die in den öffentlichen Medien systematisch
ausgegrenzt werden. Dass die Perspektiven von Jugendlichen im
gesellschaftlichen Diskurs berücksichtigt werden und sie an der
Entwicklung ihrer Gemeinden teilhaben können, ist Ziel des Pro-
jekts. An dem Programm von EVM nehmen junge Frauen und
Männer aus Mexiko, Nicaragua, El Salvador und Guatemala teil.
Dass das Projekt erfolgreich ist, zeigt die Auszeichnung des Films
„Hindernisse auf dem Weg zum Ziel“ von Gustavo Antonio Molina
(16) aus El Salvador. Das Video hat in dem vom Bevölkerungs-
fonds der Vereinten Nationen (UNFPA) ausgerufenen Film- und
Fotowettbewerb „Jugendliche, eure Stimme zählt in einer Welt
von 7 Milliarden Menschen!“ den ersten Preis gewonnen.
Vom 22. bis 25. August 2012 fand in San Salvador ein Filmfestival
statt, bei dem die Jugendlichen ihre Filme erstmals einem grö-
ßeren Publikum vorstellten. Mehr dazu auf den Seiten 4 und 5.
Jugendförderung und GewaltpräventionDie mittelamerikanische ViDeoschule eVm in el salVaDor
IndIen „Gebt uns Land zum Überleben!“
(Seite 2)
PhIlIPPInen
Kampf gegen Kinderhandel und
Prostitution (Seite 3)
SchwerPunkt Jugendliche in Mittelamerika – Filmfest
in San Salvador (Seiten 4 – 5)
2 südasien / inDien
Fast 80 Prozent der Bevölkerung des nordin-
dischen Bundesstaates Uttar Pradesh leben in
ländlichen Gebieten. Für sie ist Landwirtschaft
die wichtigste Ressource und Überlebens-
grundlage. Doch pro Kopf verfügen sie über
immer weniger Land; die durchschnittliche Größe des Grundbe-
sitzes in Uttar Pradesh beträgt derzeit weniger als einen Hektar.
Die meisten Musahar – ehemals Unberührbare, die aufgrund
jahrhundertelanger Marginalisierung ein Dasein unter meist
menschenunwürdigen Zuständen führen und mit einer stän-
digen Bedrohung ihrer Existenzgrundlagen konfrontiert sind –
können von einem Hektar Landbesitz nur träumen. Sie haben
wegen ihrer niedrigen Stellung im indischen Kastensystem nach
wie vor kaum Rechte und werden als Landarbeiter/innen und
Tagelöhner/innen ausgebeutet. Für sie ist es wichtig, überhaupt
Land zu erlangen, damit sie ihre Existenzgrundlagen dauerhaft
sichern können. In Uttar Pradesh liegt zwar viel Land brach,
aber Besitzstreitigkeiten, eine ineffiziente Bürokratie sowie die
weit verbreitete Korruption verhindern oft eine entwicklungs-
orientierte Nutzung bzw. die Zuteilung an bedürftige Landlose.
Die indische Partnerorganisation von AWO International Manav
Seva Sansthan (MSS) setzt sich dafür ein, dass sich die Musahar
ihrer Rechte bewusst werden, und unterstützt sie, die ihnen
zustehenden Ansprüche einzufordern. MSS setzt sich vor allem
auch dafür ein, dass mehr Musahar Landbesitz erlangen. Im
August 2012 hat MSS eine öffentliche Anhörung für landlose
Musahar im Beisein der Distriktverwaltung organisiert, um
ihnen Gelegenheit zu bieten, ihre Ansprüchen auf Land geltend
zu machen, sich über das Prozedere der Landzuteilung zu infor-
mieren und sich über Unregelmäßigkeiten zu beschweren.
Die Anhörung fand in Badhra Charganha statt, mitten im Gebiet
des gemeinsamen Projektes von MSS und AWO International.
Sie wurde von Musahar-Basisorganisationen durchgeführt und
vom zuständigen Amtsrichter und zahlreichen lokalen Behörden
unterstützt. Fast 250 Menschen nahmen daran teil. Sie disku-
tierten unterschiedliche Aspekte und Probleme bei der Landzu-
teilung, schlichteten Streitfälle und verlangten Aufklärung von
den anwesenden Regierungsvertretern.
Die Anhörung war sehr erfolgreich: Neben der Klärung stritti-
ger Fragen und der Verfahrensweise der Landzuteilung, wurde
17 Musahar-Familien offiziell Land zugeteilt und ihr Grundbesitz
beglaubigt. Die anwesenden Regierungsvertreter sicherten auch
zu, verstärkt Land für die Zuteilung an Musahar zu identifizieren.
Darüber hinaus wurde beschlossen, die Verteilung von Leistun-
gen aus dem öffentlichen Nahrungsmittelversorgungssystem an
bedürftige Bevölkerungsgruppen stärker zu überwachen und an
den Ansprüchen der Musahar auszurichten.
Im Anschluss wurde die Anhörung in einem von MSS organisierten
Treffen der Musahar-Basisorganisationen auf Gemeinde ebene
diskutiert und bewertet. Man kam überein, sich weiterhin
gemeinsam und stärker für die Durchsetzung der Landrechte der
Musahar einzusetzen. Insbesondere die Beteiligung der Basisor-
ganisationen an der Planung und Durchführung der Anhörung
hat bewirkt, dass sie sich ihrer Ansprüche und Rechte bewusst
geworden sind und ihre Interessen mehr und mehr selbst ver-
treten. MSS und AWO International werden sich weiter dafür
einsetzen, dass es für die Musahar Land zum Überleben gibt.
dr. clemenS SPIeSS
[ 1 ] Eine Musahar-Familie im Dorf Kansiwa
„Gebt uns Land zum Überleben!“anhörung für lanDlose musahar in uttar PraDesh
1
Kampf gegen Kinderhandel und Prostitutionüber Die arbeit Von talikala auf Den PhiliPPinen
Davao City ist die größte Stadt auf der Insel
Mindanao. Prostitution und Kinderhandel sind
dort, wie überall auf den Philippinen, ein weit
verbreitetes Problem. Etwa 6 000 Frauen sind
dort als Prostituierte tätig; 20 Prozent von ihnen
sind unter 18 Jahren alt. Besorgniserregend ist, dass immer mehr
junge Mädchen in die Prostitution abrutschen. Jeanette Ampog,
Direktorin unserer Partnerorganisation Talikala, berichtet, dass
schon neunjährige Prostituierte auf den Straßen Davaos gesehen
wurden. Seit 25 Jahren bietet Talikala Unterstützung für junge
Frauen und Mädchen an, die von Prostitution betroffen sind,
sowie Beratung und Aufklärung für Mädchen.
Viele Prostituierte kommen aus Armenvierteln und instabilen
familiären Verhältnissen. Armut, eine problematische häusliche
Situation und fehlende Zukunftsoptionen führen dazu, dass sich
Mädchen anfangs für wenige Pesos „anfassen“ lassen und spä-
ter ganz in die Prostitution abrutschen. In dieser Umgebung ist
es für die Schlepperbanden ein Leichtes, die Mädchen unter Vor-
gabe falscher Informationen mit Geld zu ködern. Sie werden in
weit entfernte Orte verschleppt, wo sie sexuelle Dienste leisten
müssen. Von dort zu entkommen, ist schwer.
Amy, ein 16-jähriges Mädchen, stammt aus einem Slum. Mit ihrer
Mutter, fünf Geschwistern und der Familie ihres ältesten Bru-
ders wohnt sie in einer Holzbaracke. Sie hat in Bars gearbeitet,
irgendwann Drogen genommen und sich deshalb gelegentlich
prostituiert. Dann wurde sie verschleppt und konnte nur fliehen,
weil sie den Namen des Ortes, an dem sie festgehalten wurde,
gehört hatte. Amy zählt mit dieser Biographie zu den „trafficked
women“, d. h. Frauen, die von Menschenhandel und Prosti-
tution betroffen sind. Amys jüngere Schwester gehört zu den
„vulnerable children“, d. h. Kindern, die aufgrund ihrer sozia-
len Verhältnisse gefährdet sind, zum Zweck der Prostitution ver-
schleppt zu werden. Beide Gruppen werden von Talikala betreut.
Talikala geht gezielt auf die Frauen und Mädchen zu. Durch die
langjährige Arbeit sind die Mitarbeiterinnen bekannt, sodass
es eine Vertrauensbasis gibt. Sie sprechen die Mädchen an
und laden sie ein, ihre Veranstaltungen zu besuchen. Talikala
bekämpft Kinderhandel und Kinderprostitution auf mehreren
Ebenen gleichzeitig: Neben der konkreten Sozialarbeit leistet
Talikala Bildungs- und Aufklärungsarbeit bei Eltern, Sozialar-
beiter/innen, Lehrer/innen, zivilgesellschaftlichen Gruppen und
bei der Polizei. Auch mit staatlichen Stellen und Gemeinderäten
arbeitet Talikala eng zusammen. Alle bekannten Fälle von Frau-
enhandel und Zwangsprostitution werden akribisch dokumen-
tiert und dienen – wenn nötig – bei Prozessen als Beweismate-
rial. Durch eine offensive Medienarbeit weist Talikala zudem die
Öffentlichkeit auf die Problematik hin.
Talikala hat festgestellt, dass insbesondere Kinder von Prosti-
tuierten selbst in der Prostitution landen. Direktorin Jeanette
Ampog kennt die erste und die zweite Generation dieser Frauen.
„Eine dritte möchte ich nicht erleben“, sagt sie. Deshalb wur-
de vor kurzem ein Schutzzentrum errichtet, in dem Kinder und
Jugendliche rund um die Uhr betreut werden können. Die tag-
tägliche Arbeit im Kontext von Kinderprostitution ist nicht ein-
fach. „Die Motivation und der Einsatz der Mitarbeiterinnen von
Talikala sind beeindruckend“, berichtet Christiane Schulte (AWO
International) von ihrem kürzlichen Besuch in Davao.
[ 1 ] Jeanette Ampog mit Mädchen vor dem neuen Schutzzentrum
[ 2 ] Slumsiedlung am Stradtrand von Davao City
südostasien / PhiliPPinen 3
1 2
Jugendliche Lebenswelten in Mittelamerika erstes filmfestiVal Der ViDeoschule eVm
Eine Reise in die Lebenswelten von Jugendli-
chen in Mittelamerika, das war der Fokus des
ersten Filmfestivals der mittelamerikanischen
Videoschule EVM (Escuela de Video Mesoame-
ricana), das vom 22. bis 25. August 2012 in San
Salvador stattfand. Die öffentliche Präsentation ihrer Filme war
Höhepunkt und Abschluss eines zweijährigen Kurses, in dem
Jugendliche aus unseren Partnerorganisationen in Mexiko, Nica-
ragua, El Salvador und Guatemala theoretisch und praktisch die
Produktion von Videos gelernt haben. Karin Eder, Leiterin des
Regionalbüros Mittelamerika, war beim Filmfest dabei und hat
uns von ihren Eindrücken berichtet:
Wie entstand denn überhaupt die Idee zu einem Filmfestival?
Schon bei der Planung des Gesamtprojektes der Videoschule
spielte das Festival eine wichtige Rolle. Die Idee war, die
jugendlichen Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Videoschu-
le als Akteure vorzustellen und ihnen den Raum zu geben, ihre
Filme und damit auch ihre Sicht darstellen zu können. Das Festi-
val sollte ihre Themen einer breiteren Öffentlichkeit zugänglich
machen.
Die offizielle Eröffnung fand im Nationaltheater von San Salva-
dor statt. Wie war das Festival denn sonst organisiert? Die Filme
wurden im Nationaltheater und in zwei Kinos gezeigt. Und es
gab ein Rahmenprogramm mit Vorträgen, Workshops und Dis-
kussionen. Diese wurden unter anderem in Kooperation mit der
Universität und Studenten aus dem Fachbereich Publizistik und
Kommunikation durchgeführt. Insgesamt war das Programm sehr
vielfältig. Natürlich waren Mitglieder unserer Partnerorganisati-
onen da, aber auch Vertreter der Regierung und der Botschaften.
Auch viele bekannte Filmemacher und Dokumentarfilmer haben
das Festival besucht, zum Beispiel der Oscar-Gewinner André
Guttfreund. Besonders schön war es, dass neben den jugend-
lichen Filmemachern auch viele Schülerinnen und Schüler ab der
7. Klasse da waren. Die Kinos waren bis zum letzten Platz gefüllt!
Wovon handelten die Filme, die gezeigt wurden? Insgesamt
wurden 18 Filme gezeigt. In den Filmen geht es um die Lebens-
welten der Jugendlichen und ihrer Gemeinden – und diese
sind oft geprägt von Armut und Gewalt. Ob Drogen, Korruption,
Armut, Prostitution, sexuelle Gewalt – all diese Probleme sind in
Mittelamerika relevant und wurden in den Filmen thematisiert.
Kannst du uns einige Beispiele nennen? Der Film la comunidad
un aprendizaje infinito (Das Dorf – ein unendlicher lernprozess)
behandelt die Geschichte und die Probleme des Dorfes Milingo
und wurde dort auch vorgeführt. Es geht um den Bürgerkrieg,
um die Situation der Flüchtlinge, ihre Rückkehr und darum, wie
sich die Menschen dann neu organisiert haben. Und natürlich
geht es auch um die Probleme zwischen den Generationen und
Konflikte in der Dorfgemeinde. Der Film zeigt aber auch, wie sich
die Jugendlichen einbringen können und wie ein besseres Ver-
ständnis zwischen den Generationen erreicht werden kann.
Außerdem wurden frauenspezifische Filme gezeigt. Darin
geht es um Themen, die im Alltag von Frauen und Mädchen eine
Rolle spielen, und das sind oftmals sexuelle Gewalt, Vergewal-
tigung und Prostitution. Der Film rebeca zum Beispiel behan-
delt das Thema Prostitution anhand der Lebenssituation zweier
Schwestern in einer städtischen Armensiedlung in Guatema-
la. Die jüngere der beiden findet heraus, dass ihre Schwester
als Prostituierte in einer Bar arbeitet. Der Film thematisiert die
Schwierigkeiten, die diese Situation für beide mit sich bringt.
Aus Mexico gab es einen Film, der mich sehr mitgenommen
hat. In den vergangenen Jahren gab es eine extreme Steigerung
der Frauenmorde in Mexiko und Guatemala. Und dieses Thema
1
behandelt die Filmemacherin von no quiero decir adios (ich
möchte nicht auf Wiedersehen sagen) anhand der Geschichte
ihrer eigenen Familie. Ihre Cousine wurde umgebracht, und dar-
über führt sie Interviews mit ihren Verwandten. Diese erzählen
von den Schwierigkeiten, den Fall vor Gericht zu bringen, und
von ihrer Hilflosigkeit, weil es zu keiner Verurteilung kommt und
der Täter nie gefasst wird. Das ist ein sehr einfühlsamer und vor
allem ein mutiger Film, denn es ist natürlich sehr gefährlich,
damit in die Öffentlichkeit zu gehen.
Wie war es für die Jugendlichen, als sie zum ersten Mal vor so
einem großen Publikum standen? Nach der Aufführung wur-
den die Filmemacher nach vorne gebeten, um etwas zu ihrem
Film zu sagen. Natürlich waren sie sehr aufgeregt. Aber sobald
die Nervosität weg war, waren sie schon ziemlich cool, auch im
Gespräch mit den Journalisten und den Dokumentarfilmern. Auf
jeden Fall hat es sie sehr bestärkt!
Und wie haben die Zuschauer auf die Filme reagiert? Auch
das Publikum war begeistert, insbesondere die jugendlichen
Zuschauer, da sie sich in den Filmen wiederfinden konnten. Es
ging ja um ihre Themen, um Themen, mit denen sie sich iden-
tifizieren können. Jetzt werden wir wahrscheinlich hunderte
von Anmeldungen von Jugendlichen bekommen, die an unserer
Videoschule teilnehmen wollen. In vielen Ländern Mittelameri-
kas ist die Ausbildungssituation ja recht schwierig. Mit unserem
Programm bestärken wir die Jugendlichen nicht nur, sondern
schaffen ihnen auch Berufsoptionen und Zukunftsperspektiven.
Das Festival fand ja zum ersten Mal statt. Wie erfolgreich war
es denn aus deiner Sicht? Es war ein großer Erfolg! Für unsere
jugendlichen Filmemacher war es das erste Mal, dass sie ihre
spannenden Filme vor einem größeren Publikum vorstellen
konnten. Die Filme waren nicht nur inhaltlich spannend, auch
die technische Qualität hat sich enorm verbessert. Die Jugendli-
chen wurden als professionelle Filmemacher und Videokünstler
dargestellt. Und das sind sie ja auch!
Die Jugendlichen haben es tatsächlich geschafft, ihre Sicht
der Dinge in die Öffentlichkeit zu rücken, ihre Probleme und ihre
Lösungsverschläge. Mit ihrer Perspektive haben sie einen neuen
Blick auf die Probleme ermöglicht und sind erfolgreich gegen die
Stigmatisierung der Jugendlichen als Gewalttäter angegangen.
Sie haben einen Diskussionsprozess angeregt. Der Erfolg des Fes-
tivals und die positive Rezeption bestärken uns, mit den Filmen
auch in andere Länder zu gehen. Drei Jugendliche haben sich
zum Beispiel gerade für den „Berlinale Talent Campus“ beworben.
Was war dein persönliches Highlight? Das ist wirklich schwie-
rig zu sagen, da ich alle Filme sehr gut fand. Der Film aus
Mexiko über die Frauenmorde hat mich wie gesagt sehr mit-
genommen. Sehr spannend war auch die Filmvorführung im
Dorf Milingo. Es war faszinierend zu sehen, wie sich die Men-
schen in dem Film wiedererkannt haben und wie der Film
einen Diskussionsprozess in der Gemeinde ausgelöst hat. Die-
ser Spiegeleffekt, den die Filme bewirken sollen, ist ein Grund-
gedanke des Konzepts der partizipativen Kommunikation.
mIt karIn eder SPrach VaSSIlIoS Saroglou.
[ 1 ] Filmvorführung in einem der Kinos [ 2 ] Eröffnung des Filmfes-
tivals: auf dem Podium u.a. Raul Durán, Direktor von ACISAM, (2.v.l.)
und Noé Valladares, Leiter der Videoschule (2. v. r.) [ 3 ] Karin Eder bei
ihrer Begrüßungsrede (Fotos: ACISAM)
scHwerpunkt / mittelamerika 5
Einige Filme und Clips von der Videoschule und vom Filmfesti-
val gibt es auf youtube unter den Stichworten ACISAM und EVM.
2 3
Von der Hungersnot in der Sahelzone zu Beginn
des Jahres waren bis zu 18 Millionen Menschen
betroffen, unter ihnen vier Millionen Kinder,
von denen viele an akuter Mangelernährung
litten. Mali gehört, inmitten der Sahelregion
gelegen, zu den ärmsten Ländern der Welt und war besonders
betroffen von der Hungerkrise. Verschlimmert wurde die Situati-
on der Bevölkerung durch massive politische Unruhen: Lange Zeit
galt Mali als demokratisches Musterland in einer Region, die von
politischen Krisen gekennzeichnet ist, bis im März 2012 ein Mili-
tärputsch, Unabhängigkeitskämpfe der Tuareg-Rebellen unter
Beteiligung islamistischer Gruppen und Wirtschaftssanktionen
das Land in eine große politische und humanitäre Krise stürzten.
Gerade in dieser Situation war es wichtig, Hilfe für Mali zu leis-
ten. Die Landesarbeitsgemeinschaft Bayern Entwicklungshilfe
Mali e. V. (LAG Mali) unterstützt seit 30 Jahren nachhaltige Ent-
wicklungsprojekte im südlichen Mali. Dabei arbeitet sie mit loka-
len Nichtregierungsorganisationen, die im engen Kontakt mit
der Bevölkerung stehen, zusammen. AWO International hat ein
Hilfsprojekt der LAG Mali zur Ernährungssicherung der hungern-
den Menschen in der Region Kayes im Kreis Kita in Mali gefördert.
Dort war es aufgrund ausbleibender Niederschläge zu dramati-
schen Ernteausfällen gekommen. Infolgedessen explodierten die
Preise regelrecht und die Versorgung der Bevölkerung mit Grund-
nahrungsmitteln war bedroht. Um die Ernährung der Bevölke-
rung zu sichern, hat die lokale Nichtregierungsorganisation Stop
Sahel im gemeinsamen Projekt der LAG Mali und von AWO Inter-
national Hilfsmaßnahmen durchgeführt. Fünf Kommunen, die
über Getreidebanken verfügen, aber von Frauengruppen geführt
werden, die kaum Zugang zu den staatlichen Getreidebanken
des Kommissariats für Ernährungssicherung haben, erhielten
insgesamt 25 Tonnen Getreide (Sorghum). Direkt von den Hilfs-
maßnahmen begünstigt wurden die jeweils 80 Mitglieder der
Frauengruppen und ihre Familien (etwa 10 bis 60 Personen pro
Haushalt). Zudem hatten insgesamt etwa 30 000 Menschen in
den fünf Kommunen Zugang zu diesen Getreidevorräten.
Die Fortsetzung der Projektarbeit gerade in einer politisch insta-
bilen Situation ist, wie der deutsche Botschafter Karl Flittner
in Bamako der LAG Mali mitgeteilt hat, von großer Bedeutung:
„Basisnahen Projekten nichtstaatlicher Träger kann gerade in Zei-
ten, in denen die ‚offizielle‘ Entwicklungszusammenarbeit mehr
oder weniger ausfällt und zu allem Übel auch noch Wirtschafts-,
Finanz- und Verkehrssanktionen gegen das Land in Kraft sind,
eine besondere Wichtigkeit zukommen.“
Das Projekt wird mit einer großzügigen Spende der Rhein-
Zeitung gefördert. Dafür bedanken wir uns!
Aus Anlass ihres 30-jährigen Bestehens hat die LAG Mali 2012
einen zeitlosen Geburtstagskalender herausgegeben. Der Jubi-
läumskalender vermittelt mit farbenfrohen Bildern lebendige
Eindrücke aus den Projektdörfern und ist für 10 Euro unter
www.lag-malihilfe.de erhältlich. Drei Viertel des Kaufpreises
fließen in die Hilfsprojekte der LAG Mali.
[ 1 ] Kita in Mali: Die Abgabe des Getreides an die Hilfsbedürftigen wird
sorgfältig registriert. [ 2 ] Verladen der Hilfslieferung (Fotos: Stop Sahel)
Hungerkrise in der Sahelzone hilfsmassnahmen zur ernährungssicherung in mali
6 HuManitäre Hilfe / mali
1 2
kurz notiert 7
Beirat von aWo internationaL GeGrÜndet
Am 29. August 2012 hat sich
ein Beirat konstituiert, um
die Arbeit von AWO Interna-
tional zu begleiten und zu
unterstützen. Ziel des Beirats
ist es, durch die Kompetenz
und Erfahrung seiner Mitglie-
der den Bekanntheitsgrad von AWO International zu erhöhen,
neue Fördermitglieder zu gewinnen und ausgewählte Projek-
te und Vorhaben im Bereich der Humanitären Hilfe und in der
Entwicklungszusammenarbeit zu fördern. Bei der Gründungs-
sitzung wurden bereits erste Ideen für die Unterstützung von
AWO International ausgetauscht. Sechs besonders verdiente und
engagierte Personen des öffentlichen Lebens wurden in den
Beirat berufen:
Walter Momper (Regierender Bürgermeister von Berlin a. D.),
Ulla Schmidt (MdB, Bundesministerin a. D.), Klaus Wedemeier
(Bürgermeister der Freien Hansestadt Bremen a. D.), Marion Uhrig-
Lammersen (Journalistin, Medien- und Kommunikationsbe-
raterin), Hans Jürgen Cramer (Direktor des Deutschen Klima-
Innovationszentrums des Europäischen Instituts für Innovation
und Technologie), Harald Christ (Geschäftsführer Conomus Treu-
hand GmbH)
Der Beirat wird in regelmäßigen Abständen in Berlin zusam-
menkommen. Wir danken allen Beiratsmitgliedern für ihr Enga-
gement und ihre Unterstützung!
GoLfturnier fÜr aWo internationaL
Auf Einladung unserer stell-
vertretenden Vorstandsvor-
sitzenden Ute Wedemeier
und des Beiratsvorsitzenden
Walter Momper kamen am
6. September 2012 engagier-
te Golfer und Golferinnen
zu einem Benefiz-Golfturnier im Golfclub Gross Kienitz (Bran-
denburg) zusammen. Mit dabei waren Vorstandsmitglieder,
Geschäftsführer und Manager von Unternehmen aus Berlin,
Brandenburg, Sachsen-Anhalt und Bremen sowie Unterneh-
mensberater, Mitglieder der „Golfenden Sozialdemokratinnen
und Sozialdemokraten – GOSOS“ und mehrere Privatpersonen.
Mit ihrer Teilnahme wollten sie die Arbeit von AWO Internati-
onal fördern und unterstützen. Die Einnahmen der Benefiz-
Veranstaltung gehen in die Projektarbeit von AWO International.
Wir bedanken uns ganz herzlich bei allen Teilnehmerinnen und
Teilnehmern sowie bei allen Sponsoren. Ein ganz besonde-
rer Dank geht an Ute Wedemeier, die das erfolgreiche Turnier
gemeinsam mit ihrem Mann, Klaus Wedemeier, organisiert hat.
Zitiert
„AWO International arbeitet für
eine nachhaltige Armutsbe-
kämpfung, verbessert die Lebens-
situationen von Menschen in
armen Ländern und setzt sich
für eine gerechte Welt ein. Diese
wichtige und sinnvolle Arbeit
unterstütze ich gerne!“
Walter Momper, Beiratsvorsitzender von AWO International
fairer Kaffee iM BundeSverBand
Seit September 2012 wird in der Bundesgeschäftsstelle der AWO
in Berlin bei Veranstaltungen ausschließlich fair gehandel-
ter Bio-Kaffee von AWO International ausgeschenkt. Wolfgang
Stadler, Bundesvorsitzender der AWO, begrüßt diese Initiative,
denn: „Unsere Verantwortung für bessere Lebenschancen für
arme Kinder und deren Familien hörte noch nie an der deut-
schen Grenze auf. Mit fairem Kaffee setzen wir ein Zeichen für
internationale Verantwortung.“
Fairer AWO International-
Kaffee kommt vom Koopera-
tivenverband COSATIN-Tierra
Nueva in Nicaragua. Sechs
Basiskooperativen bauen im
Hochland der Region Boaco
kontrolliert biologischen Kaf-
fee der Sorte Arabica an. Die Kaffeekirschen werden handge-
pflückt, aufwändig getrocknet und handverlesen. Eine mühsa-
me Arbeit, für die im konventionellen Handel oft so niedrige
Löhne gezahlt werden, dass die Kaffeebauern und -bäuerinnen
ihre Existenz nicht mehr sichern können. Hier setzt der Faire
Handel ein Zeichen: Langfristige und gleichberechtigte Han-
delsbeziehungen, stabile Mindestpreise und eine Vorfinanzie-
rung geben den Bauern und Bäuerinnen Planungssicherheit.
Mehreinnahmen aus der Fairtrade-Prämie und dem Zuschlag für
biologischen Anbau investieren die Kooperativen von COSATIN
vor allem in den Schulbesuch und die Berufsausbildung ihrer
Kinder, in infrastrukturelle Maßnahmen oder den Zukauf von
weiterem Land. Der Faire Handel unterstützt die Selbstinitiati-
ve der Kleinbauern und Kleinbäuerinnen und verschafft ihnen
Perspektiven. Er trägt maßgeblich zur Armutsbekämpfung und
zur Entwicklung einer nachhaltigen Landwirtschaft bei. Machen
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8 kurz notiert
reGionaLBÜro MitteLaMeriKa eröffnet
Am 17. August 2012 ist
das Regionalbüro Mittel-
amerika in Guatemala
feier lich eröffnet worden.
Neben vielen offiziellen
Gästen, wie dem Vertreter
der deutschen Botschaft
(M. Fabri, im Bild links) und Mitarbeiter/ innen unserer Part-
nerorganisationen nahmen auch zahlreiche Jugendliche aus
unseren Projekten an der Feier teil. Karin Eder hat das Büro
ein Jahr lang aufgebaut und koordiniert nun von dort aus
mit vier Mitarbeiter/innen das Programm Jugendförderung
und Gewaltprävention von AWO International in Guatema-
la, Nicaragua, Mexiko und El Salvador. Die Büro-Eröffnung
markiert einen weiteren wichtigen Meilenstein in der Pro-
grammarbeit von AWO International in Mittelamerika. In
seiner Rede erklärte Victor Gudiel, Leiter unserer guatemal-
tekischen Partnerorganisation SODEJU (Sociedad Civil para el
Desarrollo de la Juventud — Gesellschaft für die Entwick-
lung der Jugend), unter anderem: „Ich kann mit Stolz sagen,
dass das AWO International-Programm eines der effektivs-
ten in der Region ist.“ Diese erfolgreiche Arbeit wollen wir
gemeinsam mit unseren Partnern intensivieren und aus-
bauen. Das neue Regionalbüro ist ein wichtiger Schritt in
diese Richtung.
neuer ProJeKtPartner in BanGLadeScH
Bangladesch ist eines der
Länder, das weltweit am
stärksten von Arbeitsmig-
ration betroffen ist. Armut
und mangelnde Einkom-
mensmöglichkeiten führen
dazu, dass viele Menschen
Bangladesch verlassen und in anderen Ländern nach Ver-
dienstmöglichkeiten suchen. Ein Schritt, der viele Schatten-
seiten für die Betroffenen und Ihre Familien birgt: Oft wer-
den sie von dubiosen Vermittlern angeworben und illegal
in die Zielländer (z. B. Saudi-Arabien und die Golfstaaten)
gebracht. Dort leben sie meist unter sehr prekären Bedin-
gungen, haben kaum Rechte und werden schlecht bezahlt.
AWO International unterstützt seit Oktober 2012 die Orga-
nisation WARBE Development Foundation, die sich für die
Rechte solcher Arbeitsmigrantinnen und -migranten ein-
setzt, Aufklärungsarbeit leistet und Alternativen zur irregu-
lären Migration aufzeigt. Der Kooperationsvertrag wurde am
18. Oktober im Regionalbüro in Kathmandu abgeschlossen
(im Bild: Dr. Clemens Spiess, 2. v. l., und Vertreter der WARBE
Development Foundation, Mitte). Das neue Projekt reiht sich
in unser Südasien-Programm ein und ist unser erstes Pro-
jekt in Bangladesch.
HuManitäre KriSe in Syrien
Der Bürgerkrieg in Syrien verschärft sich, die Zivilbevölkerung
leidet verstärkt. 2,5 Millionen Menschen sind von huma-
nitärer Hilfe abhängig. Viele versuchen vor der Gewalt zu
fliehen. Etwa 230 000 Menschen sind offiziell als Flüchtlin-
ge in den Nachbarländern registriert. Und diese Zahl steigt
kontinuierlich an. Zudem sind hunderttausende Menschen
innerhalb Syriens auf der Flucht. Diese Menschen benötigen
dringend Nahrungsmittel, Wasser und medizinische Versor-
gung. Das Bündnis Aktion Deutschland Hilft hat in Syrien
den Einsatzfall ausgerufen. AWO International unterstützt in
diesem Rahmen die Hilfsmaßnahmen der Bündnisorganisa-
tion Help e. V. Dafür bitten wir Sie um Spenden:
AWO International, Stichwort „Syrien“, Spendenkonto 10 11 12,
Bank für Sozialwirtschaft, BLZ 100 205 00
WiLLKoMMen!
Wir heißen als neue Mitglieder herzlich willkommen: den
AWO Landesverband Schleswig-Holstein, den AWO Kreisver-
band Karlsruhe-Land, den AWO Stadtverband Löhne, den
AWO AKK Mainz Amöneburg / Kastell / Kostheim, die AWO
Ortsvereine Altstadt, Biebrich, Bierstadt, Derendorf-Golz-
heim-Pempelfort, Engelbostel, Erbenheim, Gerlenhofen,
Gerresheim, Hannover Mitte-Süd, Kirchberg, Langenhagen,
Lehrte, Ottobrunn-Hohenbrunn, Rethen-Koldingen-Reden,
Sachsenhagen, Schierstein, Süd/Waldstraße und Waldesch
sowie den AWO Verein für Entwicklungszusammenarbeit
und die AWO Vita gGmbH. Zurzeit haben wir 192 Mitglieder.
Und Sie, wann dürfen wir Sie in unseren Reihen begrüßen?
Machen Sie mit, denn mit Ihrer Mitgliedschaft tragen Sie
zum Gelingen unserer internationalen Arbeit bei. Übrigens:
Unser 200. Mitglied erhält von uns ein faires Genusspaket.
danKe!
Die erfolgreiche Arbeit von AWO International und der Part-
nerorganisationen vor Ort wäre ohne zahlreiche engagierte
Menschen nicht möglich. Dafür möchten wir uns bei allen
Spender/innen, Förderern und Mitgliedern ganz herzlich
bedanken.
unterStÜtZen aucH Sie unS!Spendenkonto 10 11 12
Bank für Sozialwirtschaft
BLZ 100 205 00
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