Brocante Sauerkraut - Das Buch

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Der Fotoband der Brocante Sauerkraut in Bern-Bümpliz. Ein grosses Stück Erinnerung an eine einmalige Zeit in der alten Sauerkrautfabrik.

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Brocante Sauerkraut

11 Jahre führte Renato Rota in der alten Sauerkrautfabrik in Bern-Bümpliz das beliebteste Brocki von Bern. Mit rund 100 Porträts von Kunden und Freunden wollen wir uns an eine bewegte und abenteuerliche Zeit im „Suurchrut“ erinnern.

Treibhaus für ein Eigengewächs

Unkraut ist die Opposition der Natur gegen die Regierung der Gärtner.!Oskar Kokoschka

Es gibt Dinge, die sind nachvollziehbar – und doch schwer zu akzeptieren. Zum Beispiel: Warum sie wegmusste, die alte Sauerkrautfabrik beim Bahnhof Bümpliz-Süd. Noch jetzt, da man vorbeifährt und sie längst dem Erdboden gleichgemacht ist. Sie war die älteste ihrer Art. Die Bausubstanz der Fabrik war schlecht, eine Renovierung wäre zu teuer gewesen, die Räumlichkeiten für eine andere Nutzung ungeeignet.!Es ist kein Skandal, dass das Gebäude abgerissen wurde, in der die Firma Fazan ihren weitherum geschätzten Suurchabis produzierte – aber das Herz klemmt es einem doch zusammen. Lief man unten durch den Keller, durch diese surrealistische Kulisse aus Bottichen und Gärlöchern, ergriff es einem, dieses Gefühl: Hueresiech, so einen Ort muss man bewahren.!Die Hütte, sie war abbruchreif, aber sie lebte. Denn da war die Brocante «Sauerkraut». Und da war er: Renato Rota, der Schlossherr dieser abgetakelten Chabisburg. Das «Sauerkraut» war vielen von uns die liebste Brocki, hier gabs Kaffee, Chaos und viel Karsumpel – und Perlen. Um an diese zu gelangen, musste man aber tauchen. Eintauchen.Die alte Sauerkrautfabrik, das war ein Ort, wo Unkraut noch Unkraut sein durfte. Mit ihr verschwindet ein weiterer ungepflegter Flecken einer Stadt, die sich rotgrün nennt und doch immer zurechtgestutzter daher kommt.Renato Rota, selber auch nicht der Gattung der Zierpflanzen angehörend, fand im «Sauerkraut» die Bedingungen, die Vertreter seiner Spezies zum Leben brauchen. Er gehört zu einem Schlag Gewerbetreibender, denen es nicht nur ums Verkaufen geht. Einer, der seine Kunden fragt, was sie im Leben tun, nicht weil er nett sein will, sondern weil er sich tatsächlich für sie interessiert.!Manchmal fragt er auch Unverschämtes. Ohnehin kann er unverschämt sein. Nicht alle können mit ihm, die Muranoglas-Sammler nicht – und auch ich nicht. Wenn ich mich nicht ob der Preispolitik aufregte, die er machte, ging er mir auf den Sack, weil er meine weiblichen Begleitungen anzündete. Und doch ging ich immer wieder hin.!Weil der Laden halt einfach einzigartig war. Und auch, weil ich ihn halt doch mag, diesen Gewitterbock und seine Marotten.Ich hoffe, er wird ein neues Plätzchen finden, wo er seine Träume wuchern lassen kann.

Simon JäggiBern, Mai 2009(Käufer eines gekreuzigten Jesus von 1.92m Länge, aus schwerem Gips)

Dein System, mein System

Dieses Buch ist dieses Buch, weil dieses Buch, Buch werden musste nach Jahren schweisstreibenden Schaffensund unvergesslicher Momente.Jeden Samstag in der Fabrik und für Spezialaufträge irgendwann, irgendwo, waren wir für unseren Che zur Stelle.Aus einer Laune wurde Leidenschaft, Freundschaft.Wir pflügten uns durch unvorstellbare Massen Ware. Schleppten Dinge von A nach B und zurück nach A, um siedann eine Woche später wieder bei B vorzufinden. Eichenschränke, Ambosse, Tresore... heute eine Kleinigkeit.Wir tranken zu viel Kaffee, der uns manchmal um die Ohren fegte. Auch Funken, Splittern und Scherben lerntenwir auszuweichen. Adrenalin, Testosteron und Staub mischten sich am Feierabend zu einem angenehmen und lang anhaltenden Rausch. Wir sahen Menschen und die Grenzen dieser Menschen. Auch unsere eigenen.Wir arrangierten Räume, um sie anschliessend wieder einzureissen. Wir lernten Design – Klugheit formt Materie – schätzen und in die Welt zu tragen.

Wir konnten an einem besonderen Ort zu dieser bestimmten Zeit an etwas teilhaben, das nur selten in diesem Universum erscheint. Woche für Woche wurde hier experimentiert und geforscht an neuen alten Objekten, sozialen Strukturen und kulturellen Ausdrücken. Jeden Samstag hiess es von Neuem: „Heute Revolución!“

Die Mitarbeiter 1+ 2Christian Knorr, Manuel Allemann

Dieser Band wurde von Manuel Allemann und Christian Knorr zusammengestellt. 2. Auflage © Bern, Juli 2009

Fotos: Christian Knorr, Anja Tanner, Raphael Moser, Zoltan Kalasz, Splint und weitere. www.sauerkrautbern.ch

Wir danken Renato Rota für die Zeit, unseren Kunden für die Treue, allen beteiligten Künstlerinnen

für das Ermöglichen der zahlreichen Feste und unseren Freunden für die stete Unterstützung.

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