Der archäologische Park Aguntum. Konservierungsgeschichte und aktuelle Vorhaben zur...

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Fundberichte aus ÖsterreichTagungsband 3 • 2016

Wien 2016Sigel: FÖTag 3, 2016

Herausgegeben vom Bundesdenkmalamt

Workshop

» Alte Mauern – Neue Konzepte. Aguntum – Konservierung und Entwicklung«

23. Oktober 2014, Dölsach (Tirol)

Bernhard Hebert und Nikolaus Hofer (Hrsg.)

© 2016 by BundesdenkmalamtAlle Rechte vorbehaltenhttp://www.bda.at

Verlag: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H., 3580 Hornhttp://www.verlag-berger.at

Herausgeber: Univ.-Doz. Dr. Bernhard Hebert und Mag. Nikolaus HoferBundesdenkmalamt, Abteilung für ArchäologieHofburg, Säulenstiege, 1010 Wienbernhard.hebert@bda.gv.atnikolaus.hofer@bda.gv.at

ISSN: 2410-9193

Redaktion: Mag. Nikolaus HoferBildbearbeitung: Stefan SchwarzSatz und Layout: Martin SpiegelhoferLayoutkonzept: Franz SiegmethCovergestaltung: Franz SiegmethCoverbild: Konservierte römische Ruinen im archäologischen Park Aguntum (Osttirol). Foto: RevitalDruck: Ferdinand Berger & Söhne Ges.m.b.H., 3580 Horn

Gratis-Download: http://www.bda.at

Bernhard Hebert

7 Tagungsbericht zum Workshop »Alte Mauern – Neue Konzepte. Aguntum – Konservierung und Entwicklung« am 23. Oktober 2014 in Dölsach (Tirol)

Michael Tschurtschenthaler und Martin Auer

9 Zum Stand der archäologischen Forschung in Aguntum

Sonja Mitterer und Johannes Pöll

27 Der archäologische Park Aguntum. Konservie-rungsgeschichte und aktuelle Vorhaben zur konservatorischen und gestalterischen Weiter-entwicklung

Bernhard Schrettle

47 Alte Mauern in der Südsteiermark. Regionale Archäologie im Kontext von Schutz und Öffent-lichkeit

Hubert Steiner

51 Alte Mauern – neue Konzepte. Musealisierung römerzeit licher Baureste in Südtirol

Peter Kienzle

63 Wind und Wetter. Die Konservierung freigelegter archäologischer Mauern im LVR-Archäologischer Park Xanten

Franz Humer

75 Carnuntum – ein ›Pompeji vor den Toren Wiens‹, aber: Wie können wir die Originale erhalten?

84 Abkürzungsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

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Einleitung

Das Municipium Claudium Aguntum liegt etwa 5 km östlich der Bezirkshauptstadt Lienz auf dem Schwemmkegel des Debantbaches. Bis zum 16. Jahrhundert sollen noch Ruinen-reste sichtbar gewesen sein, nachfolgende Übermurungen durch den Gebirgsbach, etwa im Jahr 1882, haben jedoch alle Spuren der einstigen Stadt unter teils meterhohen Muren-schichten begraben.1

Diesem Umstand sowie der offenbar im frühen Mittelal-ter abgerissenen Siedlungskontinuität ist es geschuldet, dass die antiken Ruinen nicht oder kaum durch oberfläch liche Ein-griffe wie zum Beispiel extensive land- und forstwirtschaft-liche Nutzung beeinträchtigt wurden. Diesem zu einem Gut-teil durch Naturereignisse hervorgerufenen guten Schutz der archäologischen Reste standen und stehen andere Inter-essen entgegen. Zum einen war dies der Bau der Bundes-straße B 100 in den frühen 1930er-Jahren, welche das antike Stadtgebiet von Osten nach Westen durchschneidet. Zum anderen ist es das Forschungsinteresse der archäologischen Wissenschaft an dem südwestlichsten Municipium der eins-tigen Provinz Noricum. Nach vereinzelten unsystematischen und aus heutiger Sicht unwissenschaft lichen ›Schürfungen‹ im 18. und 19. Jahrhundert setzten zu Beginn des 20. Jahrhun-derts mit den Ausgrabungen des Österreichischen Archäolo-gischen Instituts unter Rudolf Egger 1912 und den ungefähr gleichzeitigen Grabungen des Franziskanerpaters Innozenz Ploner aus Lienz erste moderne Ausgrabungen in Aguntum ein. Unterbrochen durch den 1. Weltkrieg, kam es in der Zwi-schenkriegszeit zur Wiederaufnahme der Arbeiten unter Erich Swoboda (Österreichisches Archäologisches Institut), diesmal ausgelöst durch den oben erwähnten Straßenbau. Wiederum setzten die politischen Umstände, die letztlich im 2. Weltkrieg gipfelten, dem aufkeimenden Forschungsinter-esse ein jähes Ende. In der Nachkriegszeit kamen die Unter-nehmungen unter Franz Miltner 1949 zunächst zaghaft wie-der in Gang. Ab den 1950er-Jahren etablierte sich dann im Gefolge des allgemeinen Wirtschaftsaufschwungs bis zum heutigen Tag eine durchgehende Forschungstätigkeit, wel-che zur Aufdeckung einer ganzen Reihe eindrucksvoller und in der Austria Romana teils singulärer Baukomplexe führte.2

1 Zur ältesten Forschungsgeschichte: Meyer und Unterforcher 1908, 33–35 (mit vollständiger älterer Literatur); Niegl 1980, 65.

2 Forschungsgeschichte kurz bei Niegl 1980, 253–255, 258.

Zur Geschichte der Konservierungs­massnahmen in Aguntum

Während jüngere Überblickswerke zu Bauten und Funden Aguntums in ausreichender Anzahl vorliegen3, sucht man eine zusammenfassende Darstellung der konservatorischen Arbeiten in der Ausgrabungsstätte vergeblich. Eine solche ist heute auch nicht leicht zu schreiben, wurden doch mehr oder minder gehaltvolle Informationen zu den Konservie-rungsmaßnahmen meist nur kurz im Rahmen der laufen-den Grabungsberichte veröffentlicht. Diese stiefmütter liche Behandlung denkmalpflegerischer Aspekte ist jedoch kein Spezifikum Aguntums, sondern vielerorts zu beobachten. Er-folg versprechend scheint für die Zukunft die Sichtung und Auswertung des Schriftverkehrs zwischen ausgrabender Institution, Bundesdenkmalamt, Land Tirol und dem Verein Curatorium pro Agunto, dem seit 1972 die Verwaltung des Parks obliegt. Aktuell sind auf dem weitläufigen Gelände, das im Eigentum des Curatoriums beziehungsweise des Landes Tirol steht, folgende Baukomplexe sichtbar: Forum, »Prunkbau«, Macellum, Thermen, Haus I, Handwerker- be-ziehungsweise Wohnviertel, Atriumhaus, Stadtmauer und Stadttor, Vorstadt östlich der Stadtmauer, ein spätantiker Grabbau sowie die Straßenzüge Decumanus maximus, De-cumanus I sinister und Cardo I (Abb. 1).

Frühphase

Die 1912/1913 vollständig freigelegte frühchrist liche Kirche mit Gräberfeld4, welche bereits in einer 1858/1859 erfolgten Grabungsaktion von ›Kunstfreunden der Stadt Lienz‹ parti-ell angeschnitten worden war, wurde nach Beendigung der Ausgrabungen wieder zugeschüttet. Ursache der Refilling-Aktion war, dass keine Gelder für den Pachtzins oder den An-kauf der Fläche zur Verfügung standen.5

Etwas erfolgreicher waren die Bemühungen von In-nozenz Ploner. Zwar blieben die eher kleinflächigen Gra-bungen, die im Bereich der Stadtmauer in der Nähe der frühchrist lichen Kirche und an einigen anderen Stellen si-tuiert waren, zunächst offen und es wurde auch von regem

3 Alzinger 1977. – Alzinger 1994. – Feil und Walde 1995. – Walde 2002. – Walde und Grabherr 2007. – Tschurtschenthaler und Auer 2013b. – Siehe zuletzt Harl 2014, auf dessen Schlussfolgerungen zur Lage Agun­tums an dieser Stelle nicht näher eingegangen wird (vgl. Hebert 2014).

4 Egger 1914.5 Ploner 1912, 62, Anm. 1; 204.

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Sonja Mitterer und Johannes Pöll

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Sonja Mitterer und Johannes Pöll

Besucherinteresse berichtet6, doch beklagte man gleich-zeitig, dass manche Grabungsflächen »eigenmächtig und aus gewinnsüchtigem Eigennutze« wieder zugeschüttet worden wären.7 Treibende Kraft hinter den archäologischen Unternehmungen war unter anderem ein 1907 in Lienz ge-gründeter Museumsverein8, der sich die Aufgabe gestellt hatte, die bis dahin bekannten Funde zu sammeln und der Öffentlichkeit zugänglich zu machen sowie Ausgrabungen

6 Ploner 1912, 62–63.7 Ploner 1912, 55–56, Anm. 1.8 Maister 1930, 44, 47–48.

vor Ort zu fördern. Die beobachtbare Verdichtung der Ak-tivitäten innerhalb weniger Jahre – von der Gründung des Museumsvereins bis zur monografischen Publikation der älteren Forschungsgeschichte von 19089 und den zitierten Grabungen – verdeutlicht ein gesteigertes Interesse an der römischen Stadt, das nicht nur auf wissenschaft liche Kreise beschränkt blieb.

Am Ende heißt es in der Publikation Ploners unter der Überschrift »Agunt die ausgegrabene Kelten- und Römer-stadt bei Lienz in Tirol«, dass dies ein Kapitel sei, das noch

9 Meyer und Unterforcher 1908.

Abb. 1: Aguntum. Übersichtsplan mit Darstellung der bis heute erforschten Bauten der römischen Stadt. Die Jahreszahlen verweisen auf die archäologischen Grabungen und die Konservierungen beziehungsweise Restaurierungen.

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Der archäologische Park Aguntum

politisch-wirtschaft lichen Verhältnisse zur Zeit der Ersten Republik kam es erst 1931 bis 1935 erneut zu archäologischen Untersuchungen in Aguntum.

Unmittelbarer Anlass war die Neutrassierung der Drau-talstraße (B 100). Diese war bis dahin nach der Überque-rung des Debantbaches – die Brücke lag etwas süd licher als heute – scharf nach Süden in die Stribacher Au abgebogen und erst nach etwa 200 m wieder in einer fast rechtwinke-ligen Richtungsänderung nach Osten in Richtung Dölsach weiterverlaufen. Von der erwähnten Brücke haben sich mar-kante Pfeilerreste aus großen, grob behauenen Steinblöcken innerhalb der Räume 8 und 31 des Atriumhauses bis in die 1990er-Jahre erhalten, bevor sie im Verlauf der jüngsten Gra-bungen beziehungsweise der nachfolgenden Restaurierung der Baubefunde im Gartenperistyl des Atriumhauses abge-tragen wurden. Die erwähnten Brückenreste stammten von einem nach dem Hochwasser 1882 im Zuge der Regulierung des Debantbaches neu aufgeführten Bauwerk.11

Hatte der alte Straßenverlauf die römische Siedlung teil-weise umfahren, so durchschnitt nun die neue, begradigte und aus straßenbautechnischer Sicht logische Trassenfüh-rung das antike Stadtareal von Westen nach Osten. Man darf dabei aber nicht vergessen, dass man zur Zeit der Neu-trassierung weder von der Ausdehnung des Stadtgebiets noch von der Art des bau lichen Bestandes im unmittelbaren Trassenbereich wusste. Erst die im Zuge des Straßenbaues vom Österreichischen Archäologischen Institut unter der Leitung von Erich Swoboda durchgeführten großflächigen Ausgrabungen förderten diesbezüglich erste Erkenntnisse ans Tageslicht. Es gelang die Aufdeckung des Stadttores12 und der östlich davon gelegenen Wohngebäude (heute als Vorstadt bezeichnet) sowie eines gemauerten spätantiken Grabbaues weiter östlich davon, der unmittelbar auf der geplanten Straßentrasse zutage kam. Swoboda meinte an-gesichts der Positionierung der Tortürme, er hätte die west-liche Begrenzung der Stadt gefunden, was erst von Franz

11 Alzinger 1958, 26.12 Die Stadtmauer war Gegenstand zahlreicher Detailstudien; siehe zuletzt

Auer 2008.

geschrieben werden müsse. Der flammende, nationalis-tisch aufgeladene Appell »wenigstens die Ruinen dieser schönen Heimat unserer heldenmütigen deutschen Ahnen von Agunt möchten wir sehen und wir werden sie sehen, wenn wir Hand ans Werk legen« mutet aus heutiger Sicht zwar reichlich seltsam an, zumal diese Aufgabe auch noch als »Werk der Pflicht« bezeichnet wird, weil vor 1.300 Jahren (612 n. Chr.) »das erstemal auf Tiroler Boden Tiroler Helden-blut die historisch wichtige Entscheidung für die bleibende Größe des Vaterlandes gebracht hat«, doch wird darin die Absicht für die Zukunft in aller Deutlichkeit offengelegt.10 Daher darf man, obwohl diese ersten Ansätze scheiterten, die Geburt des archäologischen Parks – oder zumindest die Idee dafür – mit dem Beginn der wissenschaft lichen Ausgra-bungstätigkeit gleichsetzen.

Die 1930er-Jahre

Nach zwei Jahrzehnten Unterbrechung durch den 1. Welt-krieg und die nachfolgenden instabilen bis prekären

10 Ploner 1912, 200–202.

Abb. 2: Aguntum. Konservier-tes Stadttor und Stadtmauer nach Beendigung der Grabun-gen 1935 (Blick von Südosten).

Abb. 3: Aguntum. Sogenannte Vorstadt während der Konservierungsarbei-ten Mitte der 1930er-Jahre.

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Sonja Mitterer und Johannes Pöll

freigelegten Mauern neu entdeckter Bauten sukzessive kon-serviert.

Franz Miltner, der erste Grabungsleiter nach dem Krieg, kümmerte sich zunächst um eine erneute Sicherung der Tortürme und der Stadtmauer.16 Wenngleich es von ihm nicht explizit erwähnt wurde, wird man annehmen dürfen, dass im Lauf der Jahre auch die Baureste in der Vorstadt neu konserviert wurden, da deren Zustand damals offenkundig sehr schlecht war.17 Die unter seiner Ägide stehenden Gra-bungsvorhaben hatten primär die weitere Aufdeckung der Stadtmauer sowie der unmittelbar an diese anschließenden Bauten zum Ziel.18 Während im Süden das Ende mit einer gewissen Wahrscheinlichkeit erfasst werden konnte, gelang dies im Norden nur vermutungsweise. Da vor allem west-lich der Mauer, an diese angebaut, Gebäudestrukturen zu-tage traten, vertrat Miltner die Ansicht, dass sich der eigent-liche Kern der Stadt westlich und nicht östlich der Mauer (wie noch von Swoboda angenommen) befinden müsste. Während große Abschnitte der Stadtmauer im Süden in der Stribacher Au wieder zugeschüttet werden mussten, da die land- und forstwirtschaft liche Nutzung der Flächen Vorrang hatte, konnte der Abschnitt unmittelbar südlich der Bundes-straße zusammen mit den westlich daran anschließenden Räumen, die – wie erst später klar wurde – zum großen Bau-komplex des Atriumhauses gehören, konserviert werden.

Wie dabei konkret vorgegangen wurde, beschreibt der Ausgräber in einer kurzen Darstellung.19 Bezüglich der Be-handlung der Mauerkronen vertritt er die Ansicht, dass man diese am besten mit Rasensoden abdecken sollte. Dazu wären die seit lichen Mauerschalen ca. 0,25 m höher als der Kern aufzumauern und die dadurch entstehende Wanne mit einer etwa 0,04 m dicken Betonschicht zu überziehen. Damit könnte ein Abschwemmen der Erdschicht durch Regen ver-hindert werden beziehungsweise würden die Graswurzeln nicht in das Mauerwerk eindringen. Die Verfugung der Mauerschalen sollte nicht (wie üblich) mit Zementmörtel, sondern mit kalkgebundenem Bindemittel vorgenommen werden. Zwecks besserer Optik wären die noch feuchten Fugen mit antikem Mörtelschutt anzuwerfen. Während sich heute an manchen Stellen Mauerkronen finden, deren ganz

16 Miltner 1953, Sp. 93–94.17 Miltner 1952, 38.18 Miltner 1953. – Miltner 1955a.19 Miltner 1952.

Miltner in Folge der in den 1950er-Jahren erneut in Angriff genommenen Grabungen widerlegt werden konnte.

Mit Sicherheit befördert durch die beeindruckende Tor-anlage kam es zum Ankauf und zur Neuparzellierung des Grabungsfeldes durch die Landesverwaltung, womit der Weg für eine dauerhafte Konservierung der Ruinen frei war. Über die konkreten Arbeiten an der bau lichen Substanz ist der Publikation Swobodas nichts zu entnehmen, erst retro-spektiv ist durch eine kurze Anmerkung von Miltner zu er-fahren, dass es am Mauerwerk bei der Wiederaufnahme der Forschungstätigkeit 1947 massive Schäden gegeben haben muss. Schon während des Krieges hat Hans Dolenz – Ostti-rol gehörte damals verwaltungsmäßig zum Gau Kärnten – in einem Schreiben an die Zentralstelle für Denkmalschutz auf die problematische Situation hingewiesen.13 Ein Foto, das um die Mitte der 1930er-Jahre entstanden sein dürfte, zeigt den Torbau, die nach Süden und Norden abgehende Stadtmauer sowie Mauerzüge eines unmittelbar vor dem süd lichen Turm situierten Gebäudes (Abb.  2). Es handelt sich jedenfalls um die Situation nach Abschluss der Grabun-gen; das Gelände ist ›herausgeputzt‹ und die Böschungen sind frisch anplaniert, aber noch nicht bewachsen. Allein aus der Betrachtung des Bildes sind die Eingriffe am Mauerwerk nicht sicher zu beurteilen, doch dürften die Mauerkronen der Tortürme und der Stadtmauer mit zementgebundenem (?) Mörtel gefestigt worden sein, während die sich scharf ab-zeichnenden Mauerfugen wahrscheinlich ohne Behandlung blieben. Die Mauersicherungen im Bereich der Vorstadt wur-den mit Zementmörtel ausgeführt (Abb. 3).

Schließlich ist ein rechteckiger, doppelapsidialer Grabbau mit seit lichen Grabkammern und einem Steinplattengrab in der Zentralkammer zu erwähnen, der in die Spätantike gehört. Er fand sich – mittelkaiserzeit liche Siedlungsbauten überlagernd – ca. 110 m östlich des Stadttores.14 Wahrschein-lich wäre er dem Straßenbau zum Opfer gefallen, jedenfalls entschloss man sich, ihn vollständig abzutragen und unter Verwendung des Steinmaterials beim öst lichen Widerla-ger der neuen Debantbrücke wieder zu errichten (Abb. 4).15 Die auf dem Bild sichtbare Einbettung des Grabbaues in eine Platzgestaltung, zu der ein großes Kreuz gehört, stellt die Anlage in einen religiösen Kontext. Dies war Absicht und erklärt sich aus Swobodas Deutung des Befundes als frühchrist liches Grab. Inzwischen wurde das Bauwerk von dort neuerlich ›verlegt‹ und in den späten 1990er-Jahren in die neue Parkplatzgestaltung einbezogen. Trotz der Verwen-dung des originalen Steinmaterials stellt der Grabbau eine hundertprozentige Rekonstruktion dar. Nicht nur der Kalk-mörtel, sondern auch Putze mit Marmor imitierenden Mal-schichten gingen unwiderruflich verloren.

Neuanfang nach dem 2. Weltkrieg

Mit der Wiederaufnahme der Ausgrabungen Ende der 1940er-Jahre setzte die regelmäßige Forschungstätigkeit des Österreichischen Archäologischen Instituts ein, die jähr-lich ausgedehnte Ausgrabungskampagnen – jeweils in den Sommermonaten – umfasste. Daneben wurden die frisch

13 Pollak 2015, 174.14 Swoboda 1935, Sp. 81–91.15 Swoboda 1935, Sp. 82, Anm. 92.

Abb. 4: Aguntum. Spätantiker Grabbau nach seiner Entfernung vom Origi-nalstandort und der Wiedererrichtung am öst lichen Brückenkopf der neuen Debantbachbrücke, um die Mitte 1930er-Jahre.

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Gerberlohe gute Erfahrungen, wobei er beklagt, dass das Material kaum noch zu bekommen sei. Man habe daher be-gonnen, mit Bitumen zu experimentieren, ohne die langfris-tige Wirkung der Maßnahme abschätzen zu können.

Die 1960er- und 1970er-Jahre

Wilhelm Alzinger trat Ende der 1950er-Jahre die Nachfolge von Franz Miltner an und prägte als Grabungsleiter die For-schungen in Aguntum bis ans Ende der 1980er-Jahre. In der Jahrzehnte dauernden Arbeitsperiode gelangen spektaku-läre Ausgrabungsergebnisse, die eine ebenso regelmäßige Fortführung der Konservierungsarbeiten nach sich zogen.

leicht gewölbte Oberfläche auf eine ursprüng lichen Rasen-ziegelabdeckung verweist, ist die von Miltner beschriebene tiefe Wanne nirgends mehr sichtbar, obwohl sie ursprüng-lich zum Beispiel bei den süd lichen Räumen des Atriumhau-ses sicher in dieser Form gestaltet worden ist, wie alte Ab-bildungen belegen.20 Eine Verfugung mit Kalkmörtel ist bei den alt restaurierten Mauerzügen nicht mehr auszumachen, was damit zusammenhängen dürfte, dass diese Mauerkom-partimente bereits wieder durch jüngere Restaurierungen verändert worden sind. In einem zweiten kurzen Artikel be-schäftigt sich Miltner mit Unkraut, das auf offenen Flächen, speziell Straßenzügen oder Höfen ohne Pflasterung, schnell wucherte.21 Offenbar machte man mit dem Einbringen von

20 Miltner 1955a, Sp. 78, Abb. 25.21 Miltner 1955b.

Abb. 5: Aguntum. Ausschnitt aus den Bauplänen der Architektenge-meinschaft John/Rösner für den 1962 errichteten Schutzbau über dem Kern des Atriumhauses.

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gestellt werden sollte.26 Dem wurde entsprochen und eine die Gebäudereste umfassende geschlossene Hülle entwor-fen, wobei auf betonierten Sockeln aufgelastete vertikale Stahlträger den Rahmen bildeten. Die Wandflächen wurden in Holzverschalungen hergestellt, die beim zentralen erhöh-ten Baukörper horizontal verliefen, bei den beiden niedri-geren Anbauten an den Schmalseiten aber vertikal versetzt wurden. Der Hauptzugang in den Schutzbau erfolgte von Norden über eine breite Toröffnung, die der antiken Torsitu-ation nachempfunden wurde, während an der gegenüber-liegenden Schmalseite eine schmälere Öffnung der Belich-tung des Raumes diente, ebenso wie die Oberlichte über dem Impluvium. Die beiden niedrigen Raumteile im Nor-den und Süden wurden mit flachen Pultdächern aus Eter-nitwellblech eingedeckt, während der große Mittelteil mit zwei flach geneigten Blechfalzdachflächen gedeckt wurde. Höhenentwicklung und Baukörpergliederung wurden auf Wunsch Alzingers den antiken pompejanischen Vorbildern nachempfunden. Den Schutzbau nützte man als Ausstel-lungsfläche für die Funde aus den Grabungen, die vorher in einer eher provisorischen Aufstellung im Grabungshaus zu besichtigen gewesen waren.

In den folgenden Jahren setzte man die Ausgrabungen zunächst nördlich des Atriumhauses im sogenannten Hand-werkerviertel fort. Die Mauerzüge der einfachen Wohnbau-ten konservierte man offenbar in der üb lichen Weise. Her-vorzuheben ist in diesem Zusammenhang das sogenannte Torbogenhaus in der Insula A. Wie schon aus der Bezeich-nung ersichtlich wird, wurden in dem Gebäude, zu dem die Räume 57 bis 60 gehören, in Raum 59 die Reste eines Torbo-gens in Versturzlage entdeckt, welche zu der heute sichtba-ren Rekonstruktion desselben geführt haben.27

26 Brief des Landeskonservatorats Tirol an das Österreichische Archäologi-sche Institut: Bundesdenkmalamt, Abteilung für Tirol, Aguntum, Akten-zahl 836/63/60 vom 11. 8. 1960. Aus dem Schreiben geht hervor, dass der nachmalige Landeskonservator Josef Menardi wesent liche Elemente des Schutzbaues vorentworfen hat. Basierend auf diesen Entwürfen erstellte die Architektengemeinschaft John/Rösner dann im Auftrag des Österrei-chischen Archäologischen Instituts die Ausführungsplanung.

27 Langmann 1971, Sp. 157–161, bes. 159.

Zunächst muss der gewaltige, über 6.000 m2 große Bau-komplex des Atriumhauses22 erwähnt werden. Wilhelm Alzinger war es vergönnt, den Bautypus zu entschlüsseln, nachdem 1956 das im Zentrum des Atriums liegende Mar-morbecken (Impluvium), in dem das durch die Dachöffnung (Compluvium) eindringende Regenwasser gesammelt wor-den war, ans Tageslicht kam.23 Unmittelbar nach der Freile-gung des zentralen Abschnitts des Atriumhauses wurden die nun im Freien liegenden Bauteile aus Marmor gehärtet und an den Mauern erhaltene Wandmalereireste an Ort und Stelle gefestigt.24 Es muss schnell klar geworden sein, dass dies als Schutzmaßnahme für die gut erhaltenen Befunde – darunter auch der flächig erhaltene Mörtelestrich im Atrium – nicht ausreichend war, was schlussendlich zur Errichtung eines Schutzbaues führte, für den sich Alzinger vehement – auch gegen Widerstände mancher Fachkollegen25 – ein-setzte.

Das Projekt wurde nach einer längeren Planungsphase und Diskussionen über die technische Ausführung nach Plänen der Architekten Werner John und Gunter Rösner (Wien) 1961/1962 realisiert (Abb. 5). Das Bundesdenkmalamt hatte nämlich die Idee Alzingers, die tragenden Mauern des Schutzbaues in Form einer Mauerrekonstruktion auf den ori-ginalen Mauerkronen zu errichten, abgelehnt und plädierte für eine Tragkonstruktion, die neben die antiken Mauerzüge

22 Jüngste zusammenfassende Darstellungen: Tschurtschenthaler 2005; Tschurtschenthaler 2007b. – Zur Datierung zuletzt: Tschurtschentha-ler und Auer 2015, 343–345.

23 Alzinger 1959, Sp. 94–97, 135–139.24 Alzinger 1956, Sp. 6. [Anm. des Verfassers: Zur leichteren Auffindung der

zitierten Textstelle wird bei den nicht paginierten Ausgaben der Osttiro-ler Heimatblätter jeweils eine Spaltenzählung angegeben, stets begin-nend mit 1].

25 Sehr negativ fiel ein Gutachten von Alfons Wotschitzky (Universität Innsbruck, Institut für Archäologie) aus: Bundesdenkmalamt, Abteilung für Tirol, Aguntum, Aktenzahl 836/54/60 vom 28. 4. 1960.

Abb. 6: Aguntum. Der Ther-menkomplex nach der jüngsten Restaurierung (Blick von Osten).

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Bereits 1965 und 1966 konnte ein Großteil des Gebäudes freigelegt werden. Über Mauerkonservierungen wird nichts berichtet, solche standen offenbar erst 1967 auf dem Pro-gramm.32 Diese sah man allerdings als eine Art Zwischen-lösung, da nur ein Schutzbau eine langfristige Sicherung bringen könne. 1970 kam es bei Tiefgrabungen in Folge von Regenfällen zum Einsturz zweier Raummauern in der »Therme II«33, die sofort wieder neu aufgeführt wurden, »um hier eine Kettenreaktion von Einstürzen zu verhindern […]«34. Mit einer drastischen Schilderung weist der Autor er-neut auf die Dringlichkeit eines Schutzbaues hin, denn: »Die alljähr lichen Witterungsschäden […] haben vieles […] unwie-derbringlich verloren gehen lassen – die Mörtelböden der Räume und Becken sind zersprungen oder weggewaschen worden, die an vielen Stellen noch vorgefundenen Verputz- und Wandmalereireste sind abgebröckelt und zum Großteil verschwunden, die Mauern brechen durch Frost trotz der Sicherung auseinander.«35 1972 spricht Karwiese das Prob-lem der Finanzierung an. Für die allerdringlichsten Konser-vierungsarbeiten seien jährlich 25 % des zur Verfügung ste-henden Budgets vonnöten, ein weiteres Viertel der Gelder verschlänge die Betreuung des Museums im Atriumhaus.36

In demselben Jahr berichtet Karwiese von massiven Win-terschäden, die zum teilweisen Einsturz restaurierter Mau-ern geführt hätten, ein Schicksal, das noch weiteren Mauer-zügen gedroht habe. Neun Wochen lang hätten der Maurer Chrysanth Thaler und der Hilfsarbeiter Leo Granig Arbeit gehabt, um die Schäden in den Griff zu bekommen. Noch einmal sei der Autor zitiert, der die Maurer besonders lobt, weil ihnen etwas Neues gelungen sei:

Wo die Mauern nämlich noch zusammenhielten, wurden sie nicht abgetragen (das würde im Falle der Therme oft auch Unwiederbring liches zerstören), sondern bis ins Mark hinein mit Beton ausgegossen und gesichert; an manchen Stellen war ein Wiederaufbau vonnöten, wie etwa bei eingebrochenen

32 Karwiese 1968, Sp. 7.33 Karwiese 1970, Sp. 7.34 Karwiese 1970, Sp. 11.35 Karwiese 1970, Sp. 12.36 Karwiese 1972a, Sp. 18–19.

Eine ganz besondere Herausforderung in grabungs-technischer, aber auch konservatorischer Hinsicht stellte schließlich die zwischen 1964 und 1975 untersuchte, große öffent liche Thermenanlage28 dar. Der Thermenkomplex nimmt eine Gesamtfläche von 40,50 × 36,50 m (1.478 m2) ein (Abb.  6). Die mehrhundertjährige Baugeschichte zeigt eine komplexe Abfolge. Insgesamt wurden drei große Bau-perioden festgestellt. Als relativ gesichert kann die »Therme I« angesehen werden, deren Caldarium von einem beheiz-ten Apsidenraum gebildet wird. Das Hypokaustum besteht aus Tuffsteinpfeilerchen, die auf einem Unterboden in Form eines Mörtelestrichs stehen. Im Zentrum steht ein rundge-mauerter Sockel, welcher als Basis für ein Labrum zu deuten ist. Die Anlage wird in die spättiberisch-frühclaudische Zeit datiert.29 Über dem älteren Bau wurde nach Abbruch dessel-ben die sogenannte »Therme II« errichtet, die dem Reihen-typus angehört und, beginnend von Westen, die klassische Raumabfolge von Apodyterium, Frigidarium, Tepidarium und Caldarium zeigt. Ihre Entstehung setzt man in traja-nischer Zeit an. Renovierungen nach Brandschäden in der zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts n. Chr. sind ebenso belegt wie eine Nutzung bis ans Ende des 4. Jahrhunderts n. Chr.30

Eine folgenreiche Entscheidung traf man hinsichtlich des Präsentationskonzeptes, das die Sichtbarmachung aller Bau-phasen vorsah. Dieses bedingte nämlich, da die »Therme II« die geschleifte »Therme I« überlagerte, massive Sicherungs-maßnahmen an Mauerbestand und Hypokausten sowie den teilweisen Verlust von Bausubstanz der jüngsten Baupha-sen.31 Anhand der publizierten Berichte von Stefan Karwiese stellt sich dies wie folgt dar:

28 Ausgewählte Grabungsberichte: Alzinger 1964/65a; Alzinger 1964/65b; Karwiese 1964/65; Alzinger 1966/67; Karwiese 1966/67; Alzinger und Karwiese 1968/69; Alzinger und Karwiese 1968/71; Alzinger 1972/74; Alzinger 1976/77. – Vgl. zum Baubefund zusammenfassend: Wlach 1985, 82–105. – Zur Datierung zuletzt: Tschurtschenthaler und Auer 2015, 339–341.

29 Tschurtschenthaler und Auer 2015, 341.30 Karwiese 1975, Sp. 8.31 Zu einer gezielt vorgenommenen Entfernung von Estrichböden: Kar-

wiese 1972b, Sp. 2.

Abb. 7: Aguntum, Thermen. Schä-den am restaurierten Bestand der 1970er-Jahre im Hypokaustbereich kurz vor der Restaurierung im Jahr 2000.

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Sonja Mitterer und Johannes Pöll

(die Thermen blieben verschont!) mit Murenmaterial einge-schwemmt. Massiv waren die Schäden im neuen Schutzbau über dem Atriumhaus und im Handwerkerviertel, wo ein Großteil der Mauern durch die Muren beschädigt wurde.39 Die Wiederherstellungsarbeiten, finanziert aus Mitteln des Katastrophenfonds, nahmen mehrere Jahre in Anspruch.40

Zu einem vorläufigen Abschluss der großen Mauerkon-servierung des Thermenkomplexes kam es 1973. Der er-wünschte Schutzbau wurde indessen nie verwirklicht. Für dasselbe Jahr werden Mauerrestaurierungen im Handwer-kerviertel und an der Stadtmauer erwähnt.41

Die 1990er- und 2000er-Jahre

In den 1980er-Jahren kümmerte man sich vorwiegend um die Anbauten an der Innenseite der Stadtmauer (ausgelöst durch die Verlegung des alten Stribacher Weges) nörd-lich des Decumanus maximus, um den Decumanus selbst sowie um Haus I im Norden des Grabungsgeländes. In den sehr kurz gehaltenen Berichten gibt es keine Informationen zu Restaurierungstätigkeiten im Park.42 Eine provisorische Überdachung des Nordturmes der Stadtmauer mit einem pyramidenförmigen Holzdach gehört in die erste Hälfte die-ses Jahrzehnts.43

Eine neue Dynamik setzte mit der Fortsetzung der Ausgra-bungstätigkeit durch das Institut für Klassische Archäologie (heute: Institut für Archäologien) der Universität Innsbruck ein, welches 1991 das Österreichische Archäologische Insti-tut ablöste.44 Zunächst setzten die Ausgrabungen an zwei Stellen an, die bereits durch Wilhelm Alzinger in den 1970er- und 1980er-Jahren aufgeschlossen worden waren, nämlich

39 Kollreider 1966.40 Alzinger 1968.41 Karwiese 1974, Sp. 15.42 Alzinger 1980, 47 [Haus I]. – Alzinger 1984. – Alzinger 1985. – Alzinger

1986/87. – Luger 1989 (diese Arbeit konnte vom Verfasser nicht eingese-hen werden).

43 Ubl 1985, 239, Abb. 176. – Gassner 1985/86, 81.44 Walde 2002, 149.

Heizgewölben unter einem Becken (R 100), das es zu erhalten galt. [...] An anderen Stellen sollte das Übereinander der einzel­nen Perioden – durch Sondierungen sichtbar gemacht – nicht wieder verschüttet, sondern für den Besucher erhalten werden [...]; dazu waren aber geschickte Unterfänge anzulegen, die nicht wie originale Mauern aussehen durften. Insgesamt ist hier in 300 Arbeitsstunden ein großes und vor allem denkmal­pflegerisches Werk fast vollendet worden (zwei Räume fehlen noch); und der Aufwand von fast 20 t Beton spricht für sich selbst. Damit aber der ganze Komplex nun nicht wie ein mo­derner Zementhaufen anmute, wurde der noch frische Mörtel stets mit Resten von originalrömischem Putz beworfen.37

In demselben Artikel weist der Ausgräber noch einmal auf die Notwendigkeit eines Schutzbaues hin, da sonst die Mauerbefunde – um eine dauerhafte Haltbarkeit zu ge-währleisten – abgetragen und vollständig neu aufgeführt werden müssten, was zu einem Verlust der Originalität führen würde, die in Aguntum bisher bewahrt geblieben sei (Abb. 7).38 Letztere Aussage lässt den Schluss zu, dass man bei allen vorangegangenen Restaurierungen auf die Ab-tragung antiker Bausubstanz wohl weitgehend verzichtet hatte und der bereits von Miltner beschriebenen Praxis der Ausfugung der Wandschalen gefolgt war. Hingegen ist man beim Material des Bindemittels ganz offensichtlich nicht seiner Empfehlung gefolgt und brachte nicht Kalk-, sondern Zementmörtel zum Einsatz. Karwiese erwähnt in seinen recht ausführ lichen Beschreibungen der Konservierungsar-beiten nie eine Mauerkronenabdeckung mittels Rasenso-den. Es scheint, als hätte man diese Technik spätestens mit der Aufnahme der Arbeiten an den Thermen eingestellt.

In diesem Zusammenhang sei kurz auf Katastrophener-eignisse der Jahre 1965 und 1966 hingewiesen, auf die die-ser Wechsel in der Restaurierungspraxis mög licherweise zurückgeführt werden kann. Im angesprochenen Zeitraum kam es zu zwei verheerenden Überschwemmungen des Grabungsgeländes durch den über die Ufer getretenen De-bantbach. Dabei wurde das Grabungsgelände großflächig

37 Karwiese 1972b, Sp. 6–7.38 Karwiese 1972b, Sp. 6–7.

Abb. 8: Aguntum. Stadtmauer und nörd licher Torturm nach der Aufhöhung. Diese zeichnet sich besonders deutlich durch den Farb unterschied zwischen dem alten (dunklen) und dem neuen (hellen) Mauerwerk ab. Im Hinter-grund der alte Schutzbau aus dem Jahr 1962 (Aufnahme 2002).

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Der archäologische Park Aguntum

nörd lichen Begrenzung des Decumanus maximus situiert ist. Seit 2008 bis heute wird am Forum51 gearbeitet, dessen vollständige Freilegung und Präsentation angestrebt wird. Das Forum erstreckt sich unmittelbar östlich an das Macel-lum anschließend bis zum Cardo I und nach Norden bis zum Decumanus I sinister.

Von Beginn an legten Elisabeth Walde und Leo Gomig, seit 1994 Obmann des Curatoriums Pro Agunto, großen Wert darauf, die »Ruinen von Aguntum aus ihrem Dornrös-chenschlaf zu erwecken«.52 In einem ersten Schritt wurde das Museum im Schutzbau über dem Atriumhaus einer bau lichen Sanierung unterzogen, die auch die Restaurie-rung von Funden (es handelte sich durchwegs um Kopien) sowie die Vermehrung des Objektbestandes durch Anferti-gung von Kopien diverser Römersteine einschloss.53 Mitte der 1990er-Jahre wurde der Besucherparkplatz neu gestaltet und das neue Grabungshaus (1999 eröffnet) am Rand des Parkplatzes zur Stadtmauer hin errichtet, womit unter an-derem ein zeitgemäßes Raumangebot zur Lagerung und Be-arbeitung der Fundmaterialien geschaffen wurde.54 Als erste große Maßnahme am Mauerbestand im Park sind die 1996 durchgeführten Sanierungsarbeiten am Stadttor und den unmittelbar anschließenden Abschnitten der Stadtmauer anzuführen. Man entschloss sich dazu, eine Erhöhung der Bausubstanz durch Aufmauerung auf dem Originalbestand vorzunehmen, um den »Eindruck eines schützenden Mauer-zuges« zu vermitteln.55 Diese Aufhöhung fiel unterschiedlich aus; am meisten Mauerwerk wurde über den Tortürmen hinzugefügt. Durch Verwendung von Bach- und Lesesteinen wurde die Rekonstruktion optisch an den Originalbestand angeg lichen. Die neuen Teile setzen sich jedoch durch eine Lage schmaler Steine vom antiken Mauerwerk ab, wodurch Original und Rekonstruktion unterscheidbar bleiben. Deut-lich verändert wurden dadurch die einstige Silhouette und damit das gesamte Erscheinungsbild des Bauwerks (Abb. 8).

1997 wurde nach Plänen der Architekten Barbara Scher-zer und Arnold Bodner (Lienz) an der Nordostecke der Ther-men ein 18,90 m hoher Aussichtsturm aus Stahl errichtet (Abb.  9).56 Von diesem ist ein Überblick über das Gelände möglich und durch die Perspektive von oben lassen sich bau liche Zusammenhänge der sehr geometrisch wirkenden Mauerzüge der konservierten Bauten für den Betrachter besser erfassen. Dies kommt speziell den Thermen zugute, deren architektonische Reste sich – bedingt durch die Dar-stellung mehrerer Bauperioden – streckenweise als schwer zu entschlüsselndes Gewirr von Mauerzügen manifestieren. Die Thermenruine selbst wurde zwischen 1998 und 2001, also ungefähr eine Generation nach den oben beschriebe-nen Konservierungen Anfang der 1970er-Jahre, vollständig neu restauriert.57 Einerseits wurde durch die Verwendung von Zementmörtel eine lange Festigkeit angepeilt, ande-

51 Grabungsberichte: Tschurtschenthaler 2008; Tschurtschenthaler 2009; Tschurtschenthaler und Auer 2010; Tschurtschenthaler und Auer 2011; Tschurtschenthaler und Auer 2012; Tschurtschenthaler und Auer 2013a. – Zur Datierung: Tschurtschenthaler und Auer 2015, 342–343.

52 Walde 1994, Sp. 1. – Das Bestreben des Curatoriums, die römischen Ruinen im archäologischen Park zu präsentieren, hat zuletzt Leo Gomig deutlich ausgedrückt: Tschurtschenthaler und Auer 2013b, Sp. 1.

53 Walde 1994, Sp. 1–2.54 Walde 1997, Sp. 1–2.55 Walde 1997, Sp. 2–4. Über das verwendete Bindemittel wird nichts

gesagt.56 Walde 1997, Sp. 5.57 Walde 2007, 173.

bei Haus I und dem sogenannten »Prunkbau«. Das Ziel war, die Fragen nach der Ausdehnung der Stadt sowie nach deren Zentrum, das durch das Forum repräsentiert wird, zu beant-worten.45 Die bis 1993 andauernden Grabungskampagnen wurden jäh unterbrochen, als mit der Ersetzung des das At-riumhaus trennenden Straßendammes der B 100 durch eine Brücke unvermittelt neue Grabungsflächen bearbeitet wer-den mussten und die Arbeiten sozusagen von einer reinen Forschungsgrabung zu einer Denkmalschutzgrabung mu-tierten. Beide Grabungsareale im Norden der Stadt wurden daher zwischenzeitlich mit Folien abgedeckt, um die nicht abgeschlossenen Ausgrabungen später fortführen zu kön-nen.46 Zwischen 1994 und 2005 standen die Untersuchung der Zone unmittelbar östlich des Stadttores47 und des Atri-umhauses unterhalb des Straßendammes48 sowie großflä-chige Sondierungen im Bereich des heutigen Besucherpark-platzes und des Museumsneubaues49 auf dem Programm. Zwischen 2006 und 2007 erfolgte ganz im Westen des Gra-bungsareals die Aufdeckung des Macellums50, das an der

45 Tschurtschenthaler 1994.46 Die Grabungsergebnisse bei Haus I wurden im Rahmen einer Diplomar-

beit wissenschaftlich bearbeitet: Klimesch 1995.47 Zu den dort ausgegrabenen Bauten »Gebäude Nord« und »Gebäude

Süd«: Auer 2008, 17–31.48 Siehe Anm. 2249 In diesen Bereichen konnten keine römerzeit lichen Befunde nachgewie-

sen werden.50 Grabungsberichte: Tschurtschenthaler 2006; Tschurtschenthaler

2007a; Tschurtschenthaler 2007c.

Abb. 9: Aguntum. Der 1997 am Nordosteck der Thermen errichtete Aus-sichtsturm.

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Sonja Mitterer und Johannes Pöll

stauriert worden ist, seines Prunkstücks beraubt schwerer ›lesbar‹ ist und nicht mehr die ursprüng liche Wirkung zu entfalten vermag (Abb. 11).

Den Schlusspunkt hinsichtlich des Atriumhauses bildete die Ersetzung des alten Schutzbaus der 1960er-Jahre über dem Atrium. Die neue, 2007 erbaute, wiederum von Moser-Kleon entworfene Hülle ummantelt den stehen gelassenen alten Schutzbau. Kubatur, Zugänge und Lichtöffnungen stel-len eine Wiederholung dar. Geändert hat sich der Umgang mit der Außenhaut. Sie besteht nun aus schwarzen Betonfa-serplatten, die aus der Ebene verschwenkt aufeinandersto-ßen und somit gebrochene Wandflächen bilden. Mit dieser formalen Gestaltung entfernte man sich bewusst von der einstigen Intention, die architektonische Ausformung des antiken Gebäudes zu imitieren (Abb. 12).

Die Konservierung des Macellums – der Versuch eines Paradigmenwechsels

Das Macellum wurde 2006/2007 vollständig ausgegraben. Im Grundriss ist diese Markthalle außen quadratisch, mit einer Seitenlänge von 18,5 m. Innen ist ein kreisrunder Mau-erzug eingeschrieben, an den sich acht radiale Kammern mit einer Grundfläche von je 14 m2 anschließen, deren Fron-ten ein Zehneck bilden.61 Das Zentrum des Baues bildet der zehneckige, nicht untergliederte Innenraum, der mit Stein-platten aus Marmor, Gneis und Glimmerschiefer gepflastert ist. Im Mittelpunkt stand einst ein Brunnen, von dem sich nur mehr die Ausrissgrube am einstigen Standort gefunden hat. Im Süden, von wo aus das Gebäude zu betreten ist, ist dem Bau ein überdachter Gang (Porticus) vorgelagert. Das Macellum wurde wahrscheinlich in der ersten Hälfte des 3.  Jahrhunderts n. Chr. errichtet, eine intensive Nutzung ist anhand der Kleinfunde für das 3. und 4. Jahrhundert n. Chr. belegt.

Der bisher in Österreich singuläre Bau wurde 2008/2009 einer Konservierung beziehungsweise Restaurierung unter der Leitung der Firma Pescoller (Bruneck) unterzogen. Erst-mals wählte man nach ausführ lichen Diskussionen zwi-schen Restaurator, Bundesdenkmalamt, Curatorium und Universität in Aguntum ein Konzept, bei dem es zu geringen bis gar keinen Eingriffen in die originale antike Mauersubs-

61 Plan: Tschurtschenthaler 2009, 448, Abb. 54.

rerseits sollten durch die unterschied liche Farbgebung der horizontal abgeg lichenen Mauerkronen die Bauphasen des Bades optisch voneinander abgehoben werden. Innerhalb der Räume wurde grober, einheitlich gekörnter Kies einge-bracht. Die Türschwellen wurden teilweise, ebenso wie die beiden Becken des Caldariums von »Therme II«, mittels mo-derner weißer Steinplatten hervorgehoben (siehe Abb. 6).

Die erwähnte Freilegung des Gartenperistyls des Atrium-hauses (1996–1999) löste letztendlich eine Reihe denkmal-pflegerisch notwendiger Maßnahmen aus und beeinflusste maßgeblich eine Neukonzeption der musealen Präsenta-tion in Aguntum. Unmittelbarer Auslöser war das einmalig gut erhaltene Zierbecken. Seitenwände und Boden des Be-ckens, welches außen von einem bepflanzten Grünstreifen gesäumt wurde, waren in seinem Ursprungszustand mit prächtigen Marmorplatten ausgekleidet, von denen in der nörd lichen Hälfte insgesamt 28 bis zu 26 cm dicke, 220 cm lange und zwischen 80 cm und 140 cm breite Bodenplatten in situ – nebst einigen schmäleren Wandverkleidungsplat-ten in Versturzlage – erhalten waren. Den Marmor für die Platten hatte man einst aus den Brüchen von Gummern (Kärnten) herangeschafft.58

Der spektakuläre Befund führte zu Überlegungen hin-sichtlich seiner bestmög lichen Erhaltung und Präsentation. Ein Schutzbau wurde sogleich angedacht und nach einem Architektenwettbewerb das Projekt des Innsbrucker Ar-chitekturbüros Moser-Kleon zum Sieger gekürt. Der neue Bau – er sollte zugleich als neues Museum fungieren – sah eine Gesamtüberdachung von Atrium und Gartenperistyl vor, wobei als besondere planerische Herausforderung die Dachzone galt, weil diese unter der neuen Brücke hindurch-geführt werden musste. Der überzeugende Entwurf ließ sich nicht realisieren, weil aus recht lichen und sicherheitstech-nischen Gründen keine behörd liche Genehmigung zu erlan-gen war.59 Damit war der einzig gangbare Weg die Planung eines eigenen Museums, dessen Hauptanziehungspunkt das Marmorbecken sein sollte. Der Bau wurde 2004/2005 nach Plänen des Architekturbüros Moser-Kleon auf der öst-lichen Parkplatzseite, quasi auf grüner Wiese, errichtet. Als vorbildlich zu erwähnen ist der zwischenzeit liche Schutz des Marmorbeckens, das immerhin bis zu seiner Transferierung im Jahr 2004 fast acht Jahre offen lag: Man überdachte das Gartenperistyl mit einem einfachen, geschlossenen proviso-rischen Schutzbau aus Holz.

Die technisch höchst aufwändige Translozierung der schweren Marmorplatten und den Einbau in eine vorgefer-tigte vertiefte Betonwanne in der Südhälfte des neuen Mu-seums AguntumStadt führte der Steinrestaurator Johannes Stephan Schlögl (Innsbruck) durch (Abb.  10).60 Aus einem puristischen denkmalpflegerischen Blickwinkel wäre die räum liche Versetzung eines zur Architektur gehörigen Bau-elements sehr kritisch zu beurteilen. Bei Betrachtung aller für diese Entscheidung zu berücksichtigenden Faktoren und Argumente handelte es sich jedoch um die zum damaligen Zeitpunkt beste machbare Lösung, wenngleich nun das Gartenperistyl, das bis 2005 sukzessive ›konventionell‹ re-

58 Tschurtschenthaler 2005, 119–120, Abb. 114–118.59 Die Ablehnung erfolgte deshalb, weil sich das Gebiet des archäologi-

schen Parks in einer hochwassergefährdeten »roten Zone« befindet. Beim Vorhandensein eines Gebäudes unter der Brücke könnte es im Fall eines Hochwassers zu Verklausungen und in Folge zu einer Gefährdung der Brücke kommen.

60 Vgl. kurz: Tschurtschenthaler 2007b, 179.

Abb. 10: Aguntum. Restaurator Schlögl bei Vorbereitungen zum Verkleben einer massiven, antik gebrochenen Marmorplatte aus dem Gartenperistyl.

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Der archäologische Park Aguntum

aber stetigen Abwandlungen des Ursprungskonzepts. Diese manifestieren sich in zu geringen Einfüllhöhen und stellen-weise zu hohen Aufmauerungen über den Originalmauern. Der nun verwendete Trasszementmörtel erreichte eine zu große Härte, und bei der Gestaltung der Mauerkronen ging man zu einer starken, ›zuckergussartigen‹ Mörtelabdeckung über, was zu einem ästhetisch unbefriedigenden Ergebnis führte (siehe Abb. 19).62 Den eigent lichen Knackpunkt für das Konzept stellte aber ein virulent werdendes Stabilitätspro-blem dar. In der Summe der genannten Faktoren, zu denen noch die im Vergleich zum Macellum geringeren Mauerstär-ken hinzugerechnet werden müssen, stand zu befürchten, dass es über kurz oder lang zu einem regelrechten Kollaps der frisch restaurierten Mauerpartien kommen würde. Der Frost-Tau-Wechsel setzte den bodennahen, unbehandelten originalen Wandschalen in ungewöhnlich kurzer Zeit massiv zu. Das Gewicht und die fehlende Elastizität der neu aufge-brachten Opferschicht erhöhten die Belastung des Original-mauerwerks derart, dass es zu flächigen Abplatzungen von Steinen der Mauerschalen kam und an einer Stelle bereits ein vollständiger Zusammenbruch eines Mauerzuges hinge-nommen werden musste (Abb. 14).

Als Fazit bleibt der Versuch einer Neupositionierung in der konservatorischen Herangehensweise festzuhalten, der sich in technischer Hinsicht als undurchführbar erwiesen hat. Während in der Ruinenerzählung sicher eine Verbes-serung erreicht wurde, muss die praktische Ausführung als gescheitert angesehen werden.63

Das neue Konservierungs­ und Gestaltungskonzept für den archäologischen Park

Aktuelle Bestandsaufnahme der konservier-ten Ruinen

Die Ausgrabungen von Aguntum spiegeln in den unterschied-lichen Konservierungs- und Gestaltungskonzepten die kon-servatorische Haltung der jeweiligen Zeit wider. Das Areal präsentiert sich heute aufgrund dieser Tatsache sowie der unterschiedlich ausgeführten Oberflächen- und Kronenge-staltungen, der verschiedenen für die Konservierung und Rekonstruktion verwendeten Materialien und nicht zuletzt aufgrund des stark divergierenden Erhaltungszustandes sehr uneinheitlich.

Die Unterschutzstellung des archäologischen Parks im Jahr 2013 einerseits sowie die oben dargelegten Probleme bei der Konservierung des Macellums beziehungsweise des Forums andererseits führten in demselben Jahr zu Bestre-bungen, ein möglichst einheit liches konservatorisches wie gestalterisches Gesamtkonzept zu erstellen. Dafür wurde

62 Dem Trasszement wurde Weißzement beigemischt, was zur hellen Farbe des Mörtels führte.

63 Gerade diese Einsicht führte letztlich zu einem neuer lichen Überdenken der zukünftigen konservatorischen Maßnahmen im archäologischen Park. Vor allem von der Hauptgeldgeberseite, dem Land Tirol, wurde vehement eine neues Restaurierungs- und Parkkonzept gefordert. In die-sem sollen langfristige Perspektiven sowohl hinsichtlich eines denkmal-pflegerisch möglichst nachhaltigen Vorgehens als auch betreffend einer vertretbaren Kostenentwicklung aufgezeigt werden. Für die geplanten und bereits angelaufenen neuen Restaurierungsarbeiten an Macellum und Forum kommt ein erheb licher Anteil der Mittel aus dem Budget des Bundesdenkmalamts.

tanz kommen sollte, was primär durch eine volumenmäßig möglichst große Einschüttung der freigelegten Ruine mit Frostkoffermaterial erreicht werden sollte. Das vollkom-mene Verbergen des Originals unter Boden und die Her-stellung einer darüberliegenden Kopie der Ruine ließ sich wegen der im Park vorgegebenen Geländeniveaus nicht verwirk lichen. Die künstlich erzeugte Niveauerhöhung im Inneren des Gebäudes generierte den positiven Effekt einer schützenden Abdeckung über dem empfind lichen Stein-boden und den Mörtelestrichen. Auf dem Einfüllmaterial wurde ein neuer Steinplattenboden verlegt, der strukturell und farblich dem Original nachempfunden wurde. Die ver-wendeten Steinplatten wurden aus Südtirol bezogen. Leider verzichtete man aus Kostengründen auf die Aufbringung einer Ziegelsplittschicht im Zentralraum, durch welche der antike Ziegelsplittmörtel angedeutet worden wäre (Abb. 13).

Während ein Großteil der Mauerzüge im Inneren des Ge-bäudes ebenfalls von Schüttmaterial umfangen wurde, rag-ten größere Abschnitte der höher erhaltenen Außenmauern über das neu geschaffene Niveau hinaus. Die Mauerkronen wurden durch eine geringe Aufmauerung mit vorhande-nem Steinmaterial aus den Schuttschichten des Gebäudes leicht erhöht, um für die originalen Mauerzüge einen Schutz gegen Regen und Schnee herzustellen. Als Bindemittel wurde ein naturhydraulischer Kalkmörtel (Röfix 695) ver-wendet. Man achtete darauf, mit den Aufmauerungen die unterschied lichen Abrisshöhen der Mauern beizubehalten, damit der Ruinencharakter des Bauwerks erhalten bleibt und nicht durch eine Geometrisierung horizontal abgeg-lichener Mauerkronen entstellt wird. Steine in den freilie-genden originalen Wandflächen wurden nur dort mit in den Mauerkern gestrichenem Mörtel ›verklebt‹, wo dies für die Stabilität unbedingt notwendig erschien. Das Konzept sah von Anfang an ein laufendes Zustandsmonitoring vor, um vor allem die Festigkeit der freiliegenden Originalwandpar-tien einschätzen beziehungsweise eventuell nötige Flickun-gen rasch durchführen zu können.

Die beim Macellum angewandte Konservierungsmethode wurde beim Süd- und Osttrakt des Forums in den Folgejah-ren weitergeführt. Für diese Abschnitte wurden aus Kosten-gründen nicht mehr Mauerrestauratoren, sondern eigens geschulte Maurer einer lokalen Baufirma herangezogen. Im Lauf der Restaurierungsetappen kam es zu graduell leichten,

Abb. 11: Aguntum. Die Konservierungsarbeiten am Mauerwerk des Zierbe-ckens wurden unmittelbar nach der Entfernung der Marmorplatten inner-halb des provisorischen Schutzbaues durchgeführt.

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Sonja Mitterer und Johannes Pöll

ßenden Macellums und des Forums zu zeigen, liegen hier die originalen Mauerzüge teilweise bis in eine Höhe von maximal 1,50 m über Niveau frei. Im gesamten Bereich von Macellum und Forum wurden, um das Wachstum von Pflan-zen und Gräsern zu unterbinden, unter der Frostkofferauf-füllung Wurzelvliese und dichte Abdeckungen in Form von Silofolien eingebracht.

Die zeitlich unterschied lichen Konservierungsmaßnah-men zeigen sich auch an der Ausführung der Mauerkronen und in der Verwendung der Materialien für die Kronenab-deckungen. Die Abdeckungen der frühen Konservierungen (1950er- bis 1970er-Jahre) verwendeten ausschließlich Ze-mentmörtel unterschied licher Körnung. Zu sehen sind glatt abgestrichene oder konvex ausgeformte Kronen zur besse-ren Wasserableitung ebenso wie konkav gestaltete Mau-erabschlüsse zur Begünstigung von Bewuchs (Abb. 15). Die rezenten Konservierungen der 1990er- und 2000er-Jahre verwendeten Trasszement- beziehungsweise Zementmör-tel. Eine Ausnahme bildet – wie oben dargelegt – das Macel-lum, wo ein naturhydraulischer Kalkmörtel zum Einsatz kam. Der Mörtel ist zum Teil unterschiedlich eingefärbt, ab-schnittsweise mit Weißzementanteil und glatt abgestrichen

eine Arbeitsgruppe gebildet, die unter der Leitung von Walter Hauser (Leiter der Abteilung für Tirol des Bundesdenkmalam-tes) Spezialisten verschiedener Fachdisziplinen umfasst.64

Als eine der ersten Maßnahmen wurde von Sonja Mitte-rer eine Bestandsaufnahme im archäologischen Park durch-geführt. Dafür wurden alle derzeit im Gelände sichtbaren Bauteile des Areals hinsichtlich Bestand, Schäden, Restaurie-rungskonzept, Gestaltung und letztlich Dringlichkeit einer Konservierung systematisch erfasst und dokumentiert.65

Befund

Die frühen Konservierungen bis in die 1970er-Jahre sind hauptsächlich in jenen Bereichen zu erkennen, deren Mau-erzüge nur wenige Lagen bis maximal 1 m hoch sind, so im Handwerkerviertel und in der Vorstadt sowie in den süd-lichen Bereichen des Atriumhauses. Die Konservierungskon-zepte sahen hier nur teilweise Rekonstruktionen vor. Meist wurde direkt über dem Niveau neu aufgemauert, sodass durch den Niveauunterschied inner- und außerhalb der ehemaligen Räume im Sockelbereich im Rauminneren Origi-nalmauerwerk sichtbar blieb. Abschnittsweise ist noch origi-naler, lediglich mit Zementmörtel verfugter Mauerbestand erkennbar.

Als gänz liche Rekonstruktionen sind die Thermen, der Grabbau sowie große Teile des Atriumhauses zu sehen, wobei alle drei Rekonstruktionen über Jahre reichende Dis-kussionen und auch wechselnde Konzepte mit sich zogen.

An der Stadtmauer, dem Prunkbau, dem Macellum und dem Forum ist bis heute Originalbestand bis in eine große Höhe sichtbar. Am Decumanus maximus wird die Präsen-tation der verschiedenen ursprüng lichen Straßenniveaus verfolgt. Um auch die Erschließung des nördlich anschlie-

64 Beteiligte Fachleute sind Michael Tschurtschenthaler und Martin Auer (Universität Innsbruck, Institut für Archäologien), Verfasser (Bundesdenk-malamt, Abteilung für Archäologie), Sonja Mitterer (Innsbruck, Baufor-schung), Anja Diekamp (Innsbruck, Materialkunde), Franz Brunner (Thaur, Mauerrestaurierung) sowie Klaus Michor, Stefanie Oberarzbacher und Gernot Guggenberger (Raumplanungsbüro Revital, Nussdorf-Debant).

65 Mitterer 2014. – Mitterer und Brunner 2015.

Abb. 12: Aguntum. Neuer Schutz-bau über dem Atriumhaus.

Abb. 13: Aguntum. Verlegung der neuen Fußbodenplatten über der Be-schüttung des antiken Bodens. Die Bodenplatten wurden mittels nach den Originalen angefertigter Schablonen gehauen beziehungsweise geschnitten.

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Der archäologische Park Aguntum

weise so stark ausgewittert, dass der Originalbestand unter der im Block erhaltenen Aufmauerung zu verstürzen droht. Die Ursachen dafür sind zum einen in den konservatorischen Rahmenbedingungen (Originalbestand ist dem Frost-Tau-Wechsel ausgesetzt, dichte Abdeckung des Untergrundes), zum anderen in der Materialzusammensetzung des Origi-nalmauerwerks begründet.

Materialuntersuchungen

Im Zuge einer Materialuntersuchung und -charakterisierung wurden punktuell, schwerpunktmäßig jedoch an Macellum und Forum, an mehreren Stellen Putz- und Mörtelproben entnommen. Die materialtechnischen Untersuchungen de-finieren das Originalmauerwerk als durchwegs lehmgebun-denes Schalenmauerwerk mit größeren Kalkeinschlüssen (zugemischte, überbrannte Relikte aus einem Kalkbrand) in unregelmäßiger Verteilung und Dichte.66 Eine Versetzung der Mauerschalen in Kalkmörtel sowie eine Verputzung der Wandschalen mit feinem Kalkputz ist aber belegt, wenn-gleich sich der Setzmörtel teilweise nur mehr als Fugenver-putz zu erkennen gibt.67

Diese neue und unerwartete Erkenntnis hat natürlich gravierende Folgen in wissenschaft licher Hinsicht, etwa wenn es um die Beurteilung des einstigen antiken Baugefü-ges des Forums geht. Aus denkmalpflegerischer Perspektive wirft das Ergebnis neue Fragen hinsichtlich eines konserva-torisch vertretbaren Umgangs mit den originalen Mauerzü-gen des Macellums und des Forums auf.

66 Diekamp 2013.67 Diese Meinung zum konstruktiven Aufbau der Mauern ergibt sich aus

dem derzeitigen Diskussionsstand zwischen Ausgräbern, Mauerrestaura-tor und Materialkundlerin.

oder mit künst lichen Steinnegativen zur Verstärkung des Ruinencharakters ausgeführt.

Auch an der Gestaltung der Geländeoberflächen sind die verschiedenen Konservierungsetappen abzulesen. Die niedrigen Rekonstruktionsmauerungen der frühen Konser-vierungen sind meist im Gelände eingebettet; Straßenzüge wie ehemalige Räume sind mit Gras überwachsen, teilweise ist der Verlauf der Mauern nur im Gelände nachvollziehbar. Dies macht die Lesbarkeit der Gebäude schwieriger, ver-mittelt jedoch den Charakter eines archäologischen Land-schaftsparks. Im Zuge der Konservierungen der letzten 20 Jahre wurde die Unterscheidung zwischen Gebäuden, Frei- und Verkehrsflächen durch verschiedenartige Beläge her-vorgehoben: Höfe sind begrünt, in Räumen und auf Wegen verschieden gefärbte und gekörnte Kiese ausgelegt.

Schadensbild

Der Erhaltungszustand der auf dem gesamten ergrabenen Areal im Gelände sichtbaren Mauerzüge ist sehr unter-schiedlich und an den Bestand gebunden (Abb. 16).

Im Bereich der frühen Konservierungen hält sich das Schadensbild im Verhältnis zum Alter der durchgeführten Maßnahmen in Grenzen. Freilich handelt es sich hier vor-zugsweise um Schäden und Abplatzungen an den Kronenab-deckungen der meist wenige Lagen hohen Rekonstruktions-mauerungen. Nur dort, wo direkt über Niveau aufgemauert wurde, ohne den Übergang zur Rekonstruktionsmauerung zu überdecken, sind größere Schäden entstanden. So sche-ren die Neumauerungen teilweise im Block ab. Stellenweise sind die rezenten Zementverfugungen ausgewittert und das Mörtelmaterial im Mauerkern ist verwittert. Hier ist ohne eine materialtechnische Analyse schwer erkennbar, ob die betreffenden Mauerzüge Neumauerungen oder doch verfugter Originalbestand sind.

Die stärksten Schäden – weil auch am Originalbestand – sind genau in jenen Bereichen zu beobachten, in denen gemäß dem Konzept von 2008 Originalbestand über Niveau sichtbar belassen wurde. Binnen kurzer Zeit sind hier die bei der Ausgrabung teilweise noch erhaltenen deckenden Putzoberflächen an den Wänden der Forumsräume gänzlich verloren gegangen und Fugen- wie Mauermörtel abschnitts-

Abb. 14: Aguntum, Forum. Bald nach den Konservierungsarbeiten verstürz-ter Mauerzug. Das originale Mauerwerk hielt dem Hangdruck und dem zu hohen Gewicht der aufliegenden neuen Aufmauerung nicht stand (Zustand 2013).

Abb. 15: Aguntum, Handwerkerviertel. Mauerkrone mit eingesattelter Oberfläche.

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Sonja Mitterer und Johannes Pöll

Abb. 16: Aguntum. Schadensbilderhebung mit eingetragenen Dringlichkeitsstufen hinsichtlich der Maßnahmensetzung.

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Der archäologische Park Aguntum

geaufwand zu erhalten. Nach vollständiger Trocknung des lehmersetzenden Mörtels wurden Räume teileingeschüttet und Böschungskeile an die Mauerkanten planiert. Der für die Keile notwendige Schichtaufbau und die technischen Para-meter wurden durch ein geotechnisches Gutachten ermit-telt (Abb. 18).68

Optisch störend wirken der technische und material-technische Unterschied zwischen dem stark ausgewitterten Originalmauerwerk und der trasszementgebundenen Kro-nenaufmauerung sowie die mit Weißzement zugesetzten und glatt abgezogenen Kronenabdeckungen im Bereich des Forums. Die stark geglättete Kronenabdeckung wurde daher abgenommen und ein ruinenhafter, unregelmäßiger Kronenverlauf mit künstlich erzeugten Steinnegativen her-gestellt, der sich optisch wieder an den Grabungszustand angleicht.

Thema für ein künftiges Konzept ist schließlich die Prä-sentation der teils original erhaltenen Nischenöfen und Tür-öffnungen. Die derzeit als Schächte gerade hochgezogenen Nischenöfen wurden nach dem archäologischen Grabungs-befund korrigiert. Zur besseren Lesbarkeit der originalen Türöffnungen wurden die Laibungen entsprechend dem ar-chäologischen Grabungsbefund gegen Schalung gemauert; zur Darstellung des Befundes der ursprünglich hölzernen Schwellen und Türpfosten wurden diese bruchstückhaft in Kunststein nachempfunden (Abb. 19, 20).69

Für die in Bestand, Zustand und Gestaltung sehr hete-rogen erscheinenden Ausgrabungen von Aguntum, die Zu-sammenführung der einzelnen, derzeit isoliert stehenden Teilbereiche, die Verbesserung der Erschließung und die Einbettung in die umgebende Landschaft ist gestalterisch längerfristig die Umsetzung eines archäologischen Land-schaftsparks angestrebt. Diesbezüg liche Planungen durch die Firma Revital sind nach bereits erfolgter Vorlage eines neuen Leitbildes für Aguntum im Laufen, wobei es bereits 2015 zum Anlegen erster Versuchsflächen mit speziellen Be-pflanzungen kam (Abb. 21).

Standen die Stadtmauer und das Stadttor am Beginn der beschriebenen Konservierungsarbeiten in Aguntum, so soll die Befestigungsanlage die kurzen Ausführungen abschlie-ßen. Nachdem bereits seit 2009 Überlegungen zu einem neuen Besucherleitsystem, das 2011 verwirklicht wurde, und zu einer ›Landmark‹ für Aguntum angestellt wurden und sich ein erstes Projekt, das die Errichtung eines goldgelb ge-färbten Ringes über die das Ausgrabungsgelände querende Brücke vorsah, als undurchführbar erwies, realisierte man 2015 eine andere Idee. Nach Plänen70 des Architekts Peter Jungmann (Lienz) wurde die Silhouette der Tortürme mittels Rundstahlrohren am tatsäch lichen Standort im Maßstab 1 : 1 nachgebildet (Abb. 22). Im Wesent lichen folgte man dabei dem bereits von Swoboda und ihm nachfolgend Alzinger entwickelten Rekonstruktionsvorschlag. Ob mit dem rever-siblen Stahlgerüst die gewünschte Wahrzeichenfunktion für Aguntum erreicht werden kann, wird sich in der Zukunft weisen.

68 Ausgeführt von Thomas Marcher (Firma Skava, Innsbruck).69 Für die Durchführung der Restaurierungsmaßnahmen und die Herstel-

lung dieser Bauelemente zeichnet Restaurator Franz Brunner verant-wortlich.

70 Die wissenschaft liche Beratung erfolgte durch Martin Auer (Universität Innsbruck, Institut für Archäologien).

Probearbeiten 2013 und zukünftiges Konzept

Aus konservatorisch-technischen Gründen soll aufgrund der negativen Erfahrungen am Macellum und am Forum in Zukunft darauf verzichtet werden, Originalbestand über Niveau sichtbar zu belassen und zu konservieren. Künftig er-grabene Bereiche sollen als geometrische Abbildung der Ge-bäude gänzlich über Niveau in Stein rekonstruiert werden. Für die bereits sichtbaren und konservierten Bereiche ist je nach Erhaltungszustand eine Angleichung des Kronenver-laufes, der Kronen- und Oberflächengestaltung beziehungs-weise ein gänz liches Einschütten vorgesehen.

Die größte Herausforderung aus denkmalpflegerischer, materialtechnischer wie auch restauratorischer Sicht stellt dabei der Umgang mit dem freiliegenden Originalbestand von Macellum und Forum dar. Aufgrund der vorhandenen Erschließungshorizonte ist hier eine vollständige Wieder-verfüllung nicht durchführbar. Auch wenn die derzeit alle in nahezu derselben Höhe erhaltenen und zum Großteil schadhaften Mauerzüge zum Schutz zumindest teilweise eingeschüttet werden, bleiben doch Bereiche über Niveau sichtbar und müssen konserviert werden.

Für die Erarbeitung eines Konzeptes zur Konservierung des Originalbestandes und zur Überprüfung der Durchführ-barkeit wurden 2013 an insgesamt vier Stellen im Forum (R 276, R 284, R 285) und im Macellum (R 249/17) Probeflä-chen angelegt. Das bereits bei der Bestandsaufnahme fest-gestellte Schadensbild zeigte sich in der Detailsicht ver-stärkt. Der originale, oberflächlich freiliegende Lehmmörtel in den Mauerkernen ist durchgehend schadhaft und ohne Schutzbau nicht nachhaltig konservierbar. Um weitere Ver-stürze im Originalmauerwerk durch Ausrieseln des Lehm-mörtels zu unterbinden, wurde ein gänz licher Mörteltausch im sichtbar bleibenden Originalbestand versucht (Abb. 17). Der Austausch des Mauermörtels, der ein wesent licher Be-standteil der römischen Lehmmauern und eine bautechni-sche Besonderheit von Aguntum ist, ist eine aus Sicht der Denkmalpflege keineswegs anzustrebende Maßnahme. Der Mörteltausch scheint hier in einem im Verhältnis zum rest lichen Areal räumlich sehr begrenzten Bereich eine Möglichkeit zu sein, das freigelegte und aufgrund früher festgelegter Erschließungskonzepte auch in Zukunft sicht-bar bleibende Steingefüge im Originalzustand nachhaltig und im Ruinenzustand ohne Schutzbauten und hohen Pfle-

Abb. 17: Aguntum, Forum. Restaurator Franz Brunner beim Einbringen des naturhydraulischen Kalkmörtels (NHL 5) in die Wandschalen. Der noch in Resten vorhandene Lehmmörtel wurde zuvor ausgeblasen.

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Ebenso lang gibt es Bestrebungen, die ausgegrabenen Bau-ten einem breiten Publikum dauerhaft zu präsentieren; re-gelmäßige Konservierungsarbeiten freigelegter Bauten sind ab den 1930er-Jahren nachzuweisen. Jede Generation ist auf ihre eigene Art und Weise an diese Aufgabe herangegan-gen, was zu unterschied lichen Lösungen geführt hat, die aus heutiger Sicht einmal mehr, einmal weniger gelungen erscheinen mögen. Betrachtet man nicht ausschließlich die jeweiligen Ergebnisse, sondern versucht, die Lösungswege zu ergründen, so zeigt sich – eine fast banal erscheinende Erkenntnis – ein stetes Ringen um eine möglichst ideale Um-

Schlussbemerkung

Ein archäologischer Park stellt in vielerlei Hinsicht eine ge-waltige Herausforderung dar: Zu beachten sind konservatori-sche Standards, die Erarbeitung von Präsentationskonzepten (›Ruinenerzählung‹), die dauerhafte Pflege, die langfristige Erhaltung der Attraktivität sowie Eigentumsfragen, und dies immer im Licht meist unzureichender Finanzmittel. Die Auf-zählung ließe sich leicht verlängern. Aguntum als einzige römische Stadt auf Tiroler Boden erfährt seit 100 Jahren Auf-merksamkeit seitens der provinzialrömischen Forschung.

Abb. 18: Aguntum. Systemskizze für den Aufbau der an die Mauerkanten planierten Böschungskeile.

Abb. 19: Aguntum, Forum. Raum R 276 vor Beginn der Probe-arbeiten.

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Der archäologische Park Aguntum

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setzung anstehender Aufgaben. So gesehen war die jewei-lige Konservierungs- und Museumspraxis immer irgendwie ›am letzten Stand‹. Im Licht der stetigen Weiterentwicklung technischer Möglichkeiten werden mög licherweise auch die heutigen Konzepte in der Rückschau veraltet oder gar falsch erscheinen. Dies soll uns aber nicht verzagen lassen, sondern im Gegenteil dazu ermutigen, die anstehenden Herausfor-derungen anzunehmen, damit die Ruinen des antiken Agun­tum auch in den nächsten 100 Jahren als Teil des (sichtba-ren!) archäologischen Erbes Österreichs überdauern mögen.

Abb. 20: Aguntum, Forum. Raum R 276 nach dem vorläufigen Abschluss der Probearbeiten im Frühjahr 2014.

Abb. 21: Aguntum, Atriumhaus. Visualisierung einer mög lichen Bepflanzung der vom Zierbecken gerahmten Grünfläche im Garten-peristyl.

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Sonja Mitterer und Johannes Pöll

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Abb. 22: Aguntum. Das 2015 errichtete Stahlgerüst über den Tortürmen soll einen räum lichen Eindruck des antiken Baukörpers vermitteln.

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Der archäologische Park Aguntum

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AbbildungsnachweisAbb. 1: Vorlage: Universität Innsbruck, Institut für Archäologien; Grafik: Barbara Pöll, monumentGUTAbb. 2, 5: Bundesdenkmalamt, Abteilung für Tirol, Archiv.Abb. 3: Österreichische Nationalbibliothek, Digitales Bildarchiv, Invnr. L 52.775 BAbb. 4: Österreichische Nationalbibliothek, Digitales Bildarchiv, Invnr. L 52.778 BAbb. 6–9, 12, 14, 15, 17: Bundesdenkmalamt, Johannes Pöll

Abb. 10, 11: Restaurator Schlögl, InnsbruckAbb. 13: Otto Defranceschi, Universität Innsbruck, Institut für ArchäologienAbb. 16, 19: Sonja Mitterer, bauforschung tirolAbb. 18: Thomas Marcher, SkavaAbb. 20: Franz Brunner

Abb. 21, 22: Revital

Autorin und AutorDI Sonja Mittererbauforschung-tirolInnstraße 65B/26020 Innsbrucksonja.mitterer@bauforschung-tirol.com

Mag. Johannes PöllBundesdenkmalamtAbteilung für ArchäologieBurggraben 316020 Innsbruckjohannes.poell@bda.gv.at

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