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Dr. Volker Hoyer ([email protected]) Edutainment-Plattformen: Goodbye Apps, welcome Book.X Seite 1 Edutainment-Plattformen. Goodbye Apps, welcome Book.X Mit dem Einstieg von Apple ist die Digitalisierung auch im Bildungsmarkt angekommen. Ermöglicht durch die wachsende Verbrei- tung von Tablets entwickelt sich Lernen zu einem Erlebnis für den Benutzer. Vorbei sind die Zeiten von langweiligen Büchern. Inter- aktive Grafiken, Videos, integrierte Tests sind integraler Bestandteil dieser neuen Art von Büchern. Im Grunde handelt es sich schon um eine Art von Apps. Damit stellt sich die Frage, über welchen Kanal zukünftig Inhalte für Bildungszwecke bereitgestellt werden. Der folgende Artikel versucht eine Antwort auf die Frage zu liefern und stellt neuaufkommenden Plattformen für ein Edutainment vor, die traditionelle Apps ablösen können. Wer kennt es nicht: Während der Ausbil- dung, des Studiums oder der Weiterbil- dung bereitet man sich auf die Prüfung mit einer Vielzahl von Büchern vor. Diese bündeln das Wissen seit mehr als 500 Jahren in einer mehr oder weniger struk- turierten Form. Natürlich mache ich mir Anmerkungen in dem Buch. Markiere wichtige Passagen. Klebe Notizzettel hinein. Oder schreibe mir die wichtigsten Punkte zum Lernen heraus. Habe ich eins der Bücher ausge- liehen, lese ich Anmerkungen von irgend- jemand anderen. Wer es aber geschrie- ben hat, weiß ich leider nicht. Vielleicht ärgere ich mich auch, dass das Buch durch die Texthervorhebungen einen Regenbogen gleicht. Ganz zu schweigen von dem Versuch die handschriftlichen Anmerkungen zu lesen. Suchen nach einem Begriff in dem Buch kann ich lei- der auch nicht. Und obwohl ich genau weiß, dass ich in dem Buch eine Anmer- kung gemacht habe, finde ich es erst nach fünf Minuten intensiver Suche. Oder vielleicht auch gar nicht. Mit der Digitalisierung liegen die Bücher seit einigen Jahren elektronisch vor. Wo- bei, auch wenn die Wissenschaftsverlage PDF als ein digitales Buch verkaufen, lernen kann damit wohl keiner. Es bleibt ein Druckdokument. Das Lesen des Bu- ches in PDF Format breche ich irgend- wann ab. Stattdessen drucke ich das Kapitel über meinen WLAN Drucker aus und mache dort meine Anmerkungen. Leider sind die originalen Farbbilder auf dem Schwarz-Weiß-Ausdruck kaum wie- der zu erkennen. Mit Bedauern musste ich zwei Tage nach der Prüfung feststellen, dass ein Video von meinem Professor auf YouTube mir in der Hälfte der Zeit den Sachverhalt erklärt hätte. In letzter Zeit werden Fach- bücher vermehrt in dem interaktiven Format ePub angeboten. Dank der Fließ- textsteuerung und der interaktiven Inhalte ist das Lesen auf dem Tablet eine ange- nehme Verbesserung. Aber trotzdem, wo liegen die Vorteile von so einem digitalen Buch? Ich lese es immer noch alleine und ich kann es oftmals nur auf einem bestimmten Gerät lesen. Wenn ich An- merkungen mache, dann sehe ich nur diese selbst. Um es kurz zu fassen: Es gibt einfach keine Vorteile. Okay, es ist noch ein wenig billiger, wenn nicht in Deutschland die Buchpreisbindung wäre. Also was fehlt, um die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen und den verän- derten Konsumverhalten der Benutzer gerecht zu werden? Wie in der oberen Abbildung dargestellt wird das Lernuni- versum nicht mehr durch das klassische Buch bestimmt. Edutainment-Plattformen bilden das Grundgerüst und stellen den eigentlichen Zusatznutzen bereit in dem sie soziale Aspekte mit den Büchern verbinden. Was heißt das konkret? Lesen und Ler- nen ist effizienter innerhalb einer Gruppe und bereiten einfach mehr Vergnügen. Die Anmerkungen von einem Studienkol- legen oder Hinweise von dem Professor helfen mir, ein Thema schneller zu durchdringen. Der Benutzer entscheidet, welche Inhalte er benötigt. Das kann ein ganzes Buch sein. Das kann aber auch nur ein Kapitel sein. Oder vielleicht doch nur ein Video. Und warum sollte man ein ganzes Buch kaufen, wenn nur ein klei- ner Bereich relevant ist. Wobei kaufen, ausleihen reicht mir. Oder noch besser, am besten kostenlos, auch wenn mich dann zusätzlich Werbung noch unterhält. Es stört mich auf Internetseiten ja auch nicht [1]. Edutainment Plattfor- men Mit diesem Entwicklungstrend entsteht eine neue Art von Edutainment- Plattformen, die langfristig in direkter Konkurrenz zu den aktuellen populären App-Plattformen von Apple, Google und Microsoft stehen. In den letzten Jahren ist eine Vielzahl von interaktiven Bildungs-Apps entstan- den. Diese nutzen die Möglichkeiten der Tablets aus und verabschieden sich von dem alten Paradigma eines Buches. Denn wo steht geschrieben, dass ein Buch nur aus Text und Bildern bestehen muss? Apps waren bislang die einzige Möglichkeit, diese Interaktivität auf den neuen Geräten zu dem Benutzer zu transportieren. Neben der aufwendigen Entwicklung bedingt durch die Unterstüt- zung verschiedener Plattformen, haben insbesondere die geänderten Geschäfts- bedingungen der App-Plattform-Anbieter den Interessenskonflikt jedem aufgezeigt. Beispielsweise müssen Bücher-Apps in den Apple iTunes Store Links zu dem Webshop entfernen. Apple baut damit Physisches Buch Lesen und lernen beschränkt sich auf ein Benutzer Weitergeben des Buches an andere (inkl. der Kommentare) Interaktives Buch Lesen und lernen bleibt auf einen Benutzer beschränkt Lesesoftware ist oftmals auf ein Gerätetype beschränkt (z.B. iPad) Lesen und lernen innerhalb einer Gruppe Edutainment anstatt einfach nur lesen Adaptives lernen, d.h. Inhalte sind personalisiert für den Benutzer Lernuniversum: Buch Lernuniversum: Digitales Buch Lernuniversum: Plattform Social Learning Single Digital Learning Single Learning Awards Tests Plattform Notes Videos Slides

Edutainment-Plattformen: Goodbye Apps, welcome Book.X

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Mit dem Einstieg von Apple ist die Digitalisierung auch im Bildungsmarkt angekommen. Ermöglicht durch die wachsende Verbreitung von Tablets entwickelt sich Lernen zu einem Erlebnis für den Benutzer. Vorbei sind die Zeiten von langweiligen Büchern. Interaktive Grafiken, Videos, integrierte Tests sind integraler Bestandteil dieser neuen Art von Büchern. Im Grunde handelt es sich schon um eine Art von Apps. Damit stellt sich die Frage, über welchen Kanal zukünftig Inhalte für Bildungszwecke bereitgestellt werden. Der folgende Artikel versucht eine Antwort auf die Frage zu liefern und stellt neuaufkommenden Plattformen für ein Edutainment vor, die traditionelle Apps ablösen können.

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Dr. Volker Hoyer ([email protected]) Edutainment-Plattformen: Goodbye Apps, welcome Book.X

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Edutainment-Plattformen. Goodbye Apps, welcome Book.X

Mit dem Einstieg von Apple ist die Digitalisierung auch im Bildungsmarkt angekommen. Ermöglicht durch die wachsende Verbrei-tung von Tablets entwickelt sich Lernen zu einem Erlebnis für den Benutzer. Vorbei sind die Zeiten von langweiligen Büchern. Inter-aktive Grafiken, Videos, integrierte Tests sind integraler Bestandteil dieser neuen Art von Büchern. Im Grunde handelt es sich schon um eine Art von Apps. Damit stellt sich die Frage, über welchen Kanal zukünftig Inhalte für Bildungszwecke bereitgestellt werden. Der folgende Artikel versucht eine Antwort auf die Frage zu liefern und stellt neuaufkommenden Plattformen für ein Edutainment vor, die traditionelle Apps ablösen können.

Wer kennt es nicht: Während der Ausbil-dung, des Studiums oder der Weiterbil-dung bereitet man sich auf die Prüfung mit einer Vielzahl von Büchern vor. Diese bündeln das Wissen seit mehr als 500 Jahren in einer mehr oder weniger struk-turierten Form.

Natürlich mache ich mir Anmerkungen in dem Buch. Markiere wichtige Passagen. Klebe Notizzettel hinein. Oder schreibe mir die wichtigsten Punkte zum Lernen heraus. Habe ich eins der Bücher ausge-liehen, lese ich Anmerkungen von irgend-jemand anderen. Wer es aber geschrie-ben hat, weiß ich leider nicht. Vielleicht ärgere ich mich auch, dass das Buch durch die Texthervorhebungen einen Regenbogen gleicht. Ganz zu schweigen von dem Versuch die handschriftlichen Anmerkungen zu lesen. Suchen nach einem Begriff in dem Buch kann ich lei-der auch nicht. Und obwohl ich genau weiß, dass ich in dem Buch eine Anmer-kung gemacht habe, finde ich es erst nach fünf Minuten intensiver Suche. Oder vielleicht auch gar nicht.

Mit der Digitalisierung liegen die Bücher seit einigen Jahren elektronisch vor. Wo-bei, auch wenn die Wissenschaftsverlage PDF als ein digitales Buch verkaufen, lernen kann damit wohl keiner. Es bleibt ein Druckdokument. Das Lesen des Bu-ches in PDF Format breche ich irgend-wann ab. Stattdessen drucke ich das Kapitel über meinen WLAN Drucker aus und mache dort meine Anmerkungen. Leider sind die originalen Farbbilder auf dem Schwarz-Weiß-Ausdruck kaum wie-der zu erkennen.

Mit Bedauern musste ich zwei Tage nach der Prüfung feststellen, dass ein Video von meinem Professor auf YouTube mir in der Hälfte der Zeit den Sachverhalt erklärt hätte. In letzter Zeit werden Fach-bücher vermehrt in dem interaktiven Format ePub angeboten. Dank der Fließ-textsteuerung und der interaktiven Inhalte ist das Lesen auf dem Tablet eine ange-nehme Verbesserung. Aber trotzdem, wo liegen die Vorteile von so einem digitalen Buch? Ich lese es immer noch alleine

und ich kann es oftmals nur auf einem bestimmten Gerät lesen. Wenn ich An-merkungen mache, dann sehe ich nur diese selbst. Um es kurz zu fassen: Es gibt einfach keine Vorteile. Okay, es ist noch ein wenig billiger, wenn nicht in Deutschland die Buchpreisbindung wäre.

Also was fehlt, um die Möglichkeiten der Digitalisierung zu nutzen und den verän-derten Konsumverhalten der Benutzer gerecht zu werden? Wie in der oberen Abbildung dargestellt wird das Lernuni-versum nicht mehr durch das klassische Buch bestimmt. Edutainment-Plattformen bilden das Grundgerüst und stellen den eigentlichen Zusatznutzen bereit in dem sie soziale Aspekte mit den Büchern verbinden.

Was heißt das konkret? Lesen und Ler-nen ist effizienter innerhalb einer Gruppe und bereiten einfach mehr Vergnügen. Die Anmerkungen von einem Studienkol-legen oder Hinweise von dem Professor helfen mir, ein Thema schneller zu durchdringen. Der Benutzer entscheidet, welche Inhalte er benötigt. Das kann ein ganzes Buch sein. Das kann aber auch nur ein Kapitel sein. Oder vielleicht doch nur ein Video. Und warum sollte man ein ganzes Buch kaufen, wenn nur ein klei-ner Bereich relevant ist. Wobei kaufen, ausleihen reicht mir. Oder noch besser, am besten kostenlos, auch wenn mich

dann zusätzlich Werbung noch unterhält. Es stört mich auf Internetseiten ja auch nicht [1].

Edutainment Plattfor-men Mit diesem Entwicklungstrend entsteht eine neue Art von Edutainment-Plattformen, die langfristig in direkter Konkurrenz zu den aktuellen populären App-Plattformen von Apple, Google und Microsoft stehen.

In den letzten Jahren ist eine Vielzahl von interaktiven Bildungs-Apps entstan-den. Diese nutzen die Möglichkeiten der Tablets aus und verabschieden sich von dem alten Paradigma eines Buches. Denn wo steht geschrieben, dass ein Buch nur aus Text und Bildern bestehen muss? Apps waren bislang die einzige Möglichkeit, diese Interaktivität auf den neuen Geräten zu dem Benutzer zu transportieren. Neben der aufwendigen Entwicklung bedingt durch die Unterstüt-zung verschiedener Plattformen, haben insbesondere die geänderten Geschäfts-bedingungen der App-Plattform-Anbieter den Interessenskonflikt jedem aufgezeigt. Beispielsweise müssen Bücher-Apps in den Apple iTunes Store Links zu dem Webshop entfernen. Apple baut damit

Physisches Buch

Lesen und lernen beschränkt sich auf ein

Benutzer

Weitergeben des Buches an andere (inkl.

der Kommentare)

Interaktives Buch

Lesen und lernen bleibt auf einen

Benutzer beschränkt

Lesesof tware ist of tmals auf ein

Gerätetype beschränkt (z.B. iPad)

Lesen und lernen innerhalb einer Gruppe

Edutainment anstatt einfach nur lesen

Adaptives lernen, d.h. Inhalte sind

personalisiert für den Benutzer

Lernuniversum: Buch Lernuniversum: Digitales Buch Lernuniversum: Plattform

Social LearningSingle Digital LearningSingle Learning

Awards

Tests

♺Plattform

Notes

Videos

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weiter seine Hoheit über den Verkaufs-prozess und die Benutzerdaten aus.

Mit der Veröffentlichung des ePub3 Standards1 im Oktober letzten Jahres entsteht eine weitere technologische Alternative. Die Entwicklung entspricht einem Evolutionsschritt: Das Buch wird als eine Sammlung von Webseiten inter-pretiert und setzt technisch auf den HTML 5 Standardset. Interaktive Bücher können plattformübergreifend nun erstellt und über beliebige Kanäle (eigene oder Partnershop) verteilt werden. Mit neuen Geschäftsmodellen (Einmaliger Verkauf, Ausleihmodelle, Freemium) kann über den eigenen Webshop experimentiert werden.

Damit stellt sich die Frage, auf welche Technologie (Apps oder Book.X) langfris-tig gesetzt werden sollte? Tabelle 1 stellt die Eigenschaften der beiden Ansätze gegenüber entlang der drei Kernprozes-se für den Edutainment-Bereich.

1. Content Creation. Interaktive Bücher werden erstellt bzw. existierende Inhalte importiert oder aufbereitet.

2. Sales (Web Shop). Der Shop verwaltet den Verkauf, die Ausleihmodelle oder die kostenlose Verteilung der Bücher.

3. Reading and Learning Experience. Der letzte Prozessschritt konzentriert sich auf die neuen Möglichkeiten des interaktiven und sozialen Lernens durch Edutain-ment-Plattformen.

Die neue Generation von Book.X bietet neue vertriebliche Möglichkeiten und Freiheiten, die insbesondere durch eine neue Art von Edutainment-Plattformen erst ermöglicht werden. Um einen Über-blick über die verschiedenen Richtungen zu bekommen, werden ausgewählte

1 http://idpf.org/epub/30

Plattformen im Folgenden kurz vorge-stellt.

Apple iTunes U Als erste Edutainment-Plattform ist Apple iTunes U zu nennen – U steht dabei für University. Apple hat nicht nur das Poten-tial des Bildungsmarkts erkannt, sondern treibt die Digitalisierung auch aktiv voran. Entsprechend der Unternehmensphilo-sophie liegt wieder der Fokus auf dem vereinfachten Benutzerprozess. Benut-zerführung, -bedienung und Kaufprozess ist konsistent und selbsterklärend. Insbe-sondere nimmt bei Apple das eigentliche Gerät – also das iPad – eine zentrale Rolle in ihrer Strategie ein. Das iPad als Vorreiter der neuen Tablet-Geräteklasse findet zunehmend in dem Bildungsbe-reich bei Universitäten und Firmen An-

wendung.

Den größten Nutzen sieht Apple aber aus der engen Symbiose zwischen Hardware und Software. Softwareseitig stellt Apple zwei Kernsoftwareplattformen bereit:

Apple iBooks Author2 ist eine kostenlo-se Software zum einfachen Erstellen von interaktiven Multi-Touch Büchern. Die Bedienung ist vergleichbar mit einer Standardtextverarbeitung. Jeder Autor kann per Drag & Drop ein Buch aus Tex-ten, Grafiken, Filmen oder sogenannte Widgets zusammenstellen. Auch ein komplexeres Layout stellt durch Vorlagen und Hilfslinien keine große Herausforde-rung dar. In Richtung Interaktivität sind die genannten Widgets hervorzuheben. Mit diesen können Fotogalerien, 3D Ob-jekte, Testfragen schnell und bequem eingefügt werden. Das fertig erstellte Buch kann anschließend über das Apple proprietäre Format iBook auf Apple i-Bookstore oder Apple iTunes U veröffent-licht und damit verkauft werden.

Für das Zusammenstellen eines komplet-ten Kurses bietet Apple mit dem iTunes U Course Manager ein weiteres web-basiertes Tool an. Kurse können einen Lehrplan, Handouts oder Tests umfassen bestehend aus eine Vielzahl von Medien wie Audios, Videos, Präsentationen, Do-kumente, PDFs, ePub/iBook Bücher, Apps und Weblinks. Der Gestaltungsfrei-heit sind damit kaum Grenzen gesetzt.

Apple iTunes U App kann kostenlos über den Apple iTunes App Store auf dem iPad, iPhone oder iPod Touch in-stalliert werden. Bei der zuerst unschein-bar klingenden App handelt es sich um eine umfassende Edutainment Plattform.

2 http://www.apple.com/ibooks-author/

Eigenschaften Apps Book.X

Content Creation

Framework Proprietär für jede App-Plattform ePub 3 (Apple iBook) oder XML Struktur

Plattform übergreifend Nein Ja

Erstellungsart Programmierung Erstellungstools

Entwicklungsaufwand Hoch Gering, Inhalte und Lernkonzepte treten in den Vordergrund

Sales (Web Shop)

Shop Apple App Store, Google Android Marketplace, Windows Marketplace

Apple iTunes U oder eigener Web Shop

Bedingungen bzgl. Inhalte Stränge Restriktionen und Zeitpläne des Plattformenanbieters

Keine im Fall des eigenen Web Shops

Reading and Learning Experience

Interaktivität von Inhalte Sehr gut Sehr gut

Gestaltungsfreiheit Sehr hoch, da durch die Programmierung jede Funktion entwickelt werden kann.

Hoch, da der Rahmen eines Buches durch ePub3 eingeschränkt wird.

Soziale Funktionen Müssen selbst entwickelt werden Bereitgestellt durch unterliegende Edutainment-Plattform

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Der Benutzer kann Vorlesungen ansehen oder anhören. Bücher lesen und Präsen-tationen anschauen. Lernen wird als Entertainment verstanden.

Ein kurzer Blick auf das Angebot von Apple iTunes U zeigt, welche Bedeutung Edutainment an amerikanischen Univer-sitäten heute bereits einnimmt. Bei-spielsweise bieten Professoren der Uni-versität Stanford ihre Vorlesung und Kursmaterialien kostenlos über die Platt-form bereit. Präsentationen, Aufzeich-nungen der Vorlesungen. Alles inklusive (siehe in Abbildung 2). Studenten werden außerdem über Neuigkeiten zu dem Kurs informiert.

Geschickt verbindet Apple weitere Pro-dukte mit der Edutainment-Plattform. In iBooks erstellte Notizen werden bei-spielsweise in der iTunes U App zusam-mengefasst. Vorteil für den Benutzer ist, dass er diese ganz leicht noch einmal für die Prüfung durchgehen kann. Über die im Hintergrund angeschlossene iCloud werden alle Daten (Dokumente, Notizen) zwischen den Geräten ausgetauscht. Nach dem Kauf eines neuen iPads und initialer Registrierung hat man sofort wieder Zugriff auf alle Dokumente und die angefügten Kommentare.

Mit der integrierten Lösung nimmt Apple eine Vorreiterrolle in dem Edutainment-Bereich ein. Im Gegensatz zu den etab-lierten Lerninhalteanbietern wird die Digi-talisierung als Chance gesehen. Apple blendet dabei die physische Welt der Bücher komplett aus. Positiv ist bei Apple die Symbiose zwischen dem Gerät (iPad) und den Inhalten zu sehen. Denn wenn wir ehrlich sind, macht das Lernen nur am Tablet Spaß und nicht am Computer. Die Lernplattform selbst besticht nicht durch herausragende Funktionen, son-dern durch den klaren und durchdachten Aufbau auf die Kernfunktion.

Als negativ ist das geschlossene Ecosys-tem (“Walled Garden“) von Apple aufzu-führen. Bin ich nicht im Besitz von einem iPad oder möchte ich vielleicht zu einem Windows Tablet wechseln, bin ich außen vor. Auch die Idee kurz auf dem Rechner eines Freundes meine Notizen und Lernmaterialien aufzurufen, bleibt ein Wunsch. Eine browser-basierte Lösung existiert bislang nicht. Alternativ kann die iTunes Software auf dem Computer lokal installiert werden.

Über die eigentlichen Beweggründe von Apple kann nur spekuliert werden. Nicht wenige vermuten hinter der aktuellen Bildungsinitiative die Suche nach einen weiteren Anwendungsfall für das iPad. Das erklärt auch die Vielzahl der kosten-los verfügbaren Inhalte. Ein 500 EUR teures iPad ist Schulen oder Universitä-

ten einfach schwer zu verkaufen. Die Kombination aus kostenlosen Inhalten und iPad schon eher.

Inkling Bei der zweiten Plattform werfen wir ei-nen Blick auf einen der Pioniere für inter-aktive digitale Fachbücher. Inkling, ein Startup aus San Francisco, gegründet von einem ehemaligen Apple Education Manager, bricht bewusst mit dem aktuell vorherrschenden Verständnis.

Inkling ist angetreten das digitale Buch zu revolutionieren. Dabei reifte schnell die Erkenntnis dieses Ziel nur erreichen zu können, wenn der Erstellungsprozess auf die digitalen Möglichkeiten ausgerich-tet ist. Der heutige Prozess ist oftmals langwierig und langsam. Der Autor schreibt das Manuskript. Der Designer erstellt die Grafiken. Der Setzer fertigt das Layout an. Der Autor liest es Korrek-tur. Eine Anpassung erfolgt. Der Verlag koordiniert den Prozess. Ergebnis ist das finale Buch; veröffentlicht nach einem halben Jahr.

Als defacto Standard kommt heute Ado-be InDesign zum Einsatz. Es bleibt aber ein Werkzeug für die Erstellung von klas-sischen Büchern nach dem oben be-schriebenen Prozess. So funktionieren aber nun einmal digitale Medien nicht. Inkling verfolgt nun einen neuen Ansatz:

Inkling Habitat3 bildet das Herz der Lö-sung. Inkling Habitat ist eine Web-basierte Kollaborationsplattform, an der alle Beteiligten über den gesamten Pro-zess auf eine gemeinsame Basis zugrei-fen können. Vorbei sind die Zeiten, als Autor zu überlegen, ob man mit der aktu-ellen Version arbeitet. Eine integrierte Versionierung ermöglicht, Änderungen wieder zurück zunehmen bzw. diese

3 http://www.inkling.com/habitat/

nachzuvollziehen. Schreiben mehrere Autoren an einem Buch sieht man in Echtzeit die Fortschritte. Diskussion über Chatfunktionen erleichtern die Zusam-menarbeit über Orte hinweg.

Das unterliegende Grundprinzip von In-kling Habitat setzt auf eine objekt-orientierte Struktur der Medieninhalte. Was bedeutet das? Inkling verabschiedet sich von dem Gedanken eines seiten-basierten Modells, sondern verfolgt ein software-basiertes Modell (XML-basierte Struktur für die semantische Beschrei-bung der Elemente).

Dieser Ansatz ermöglicht es automati-siert Fehlerprotokolle generieren zu las-sen. Ungültige Links oder fehlende Da-teien gehören damit der Vergangenheit an. Der eigentliche Clou des Software-modells besteht aber durch die eindeuti-gen Referenzierung jedes einzelnen Elementes. Der praktische Nutzen er-schließt sich einem, wenn man sich von dem Gedanken des einmaligen Veröf-fentlichens eines Buches verabschiedet.

Inkling Habitat ermöglicht es in Echtzeit ein Buch auf verschiedenen Geräten (Aktuell: iPad oder Web) zu veröffentli-chen. Aber warum sollte es nur eine Ver-sion eines Buches geben? Im Falle von Typos oder Ergänzungen kann das Buch sofort innerhalb von Minuten aktualisiert werden. Durch die eindeutige Referen-zierung jedes Elementes werden nur die Neuerungen auf dem Lesegerät des Be-nutzers heruntergeladen. Somit muss nicht das komplette 200 MB großes Buch neu geladen werden, sondern vielleicht nur 50 KB.

Der Inkling Web Shop4 spielt aktuell eine untergeordnete Rolle bei Inkling. Wie zuvor kurz angedeutet, liegt die gan-ze Konzentration bei Inkling auf die Re-

4 https://www.inkling.com/store/

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volutionierung des interaktiven Buches. Damit lässt sich erklären, dass aktuell der Katalog auf 120 Bücher beschränkt ist.

Neben dem Kauf kompletter Bücher, kann der Benutzer einzelne Kapitel kau-fen. Außerdem wird ein zufällig ausge-wähltes Kapitel bei jedem Buch kostenlos angeboten. Inkling versucht den Benut-zer von den Möglichkeiten seiner Platt-form zu überzeugen.

Die Inkling iPad App stellt den Benutzer im Fokus und verabschiedet sich von dem bisherigen Buchgedanken. Bei der Inkling iPad App (eine Google Android Variante ist gerade in der Entwicklung) gibt es keine Seiten mehr. Denn warum sollte man ein Buch immer nur sequenti-ell lesen?

Stattdessen bilden sogenannte Inhalte-bausteine die zentrale Struktur. Das kön-nen Kapitel, Bilder, Notizen, Hervorhe-bungen, Lesehistorie, etc. sein. Eine Volltextsuche nutzt diese Struktur aus. Als Benutzer findet man so sehr schnell die gesuchte Information. Suchergebnis-se können zu den Favoriten hinzugefügt werden. Sehr hilfreich ist die automati-sche Zusammenstellung der eigenen hinzugefügten Kommentare zu einem persönlichen Lernplan.

Bei der Aufbereitung der Buchinhalte geht Inkling ebenfalls neue Wege. Die aktuell verfügbaren Bücher bestechen durch hochauflösende Grafiken und Vi-deos. Integrierte Tests und Quizfunktio-nen bieten eine spielerische Lernphase. Inklusiver einer persönlichen Bewertung bzw. Punktestand. Beeindruckend ist die 3D Rendering Engine. Sie erlaubt es beispielsweise die Anatomie eines Or-gans in einem 3D Bild zu drehen und wenden, wie man gerade will. Testfragen in dem Bild überprüfen sofort das eigene Wissen.

Neben diesem hohen Grad an interakti-ven Medien entwickelt sich bei Inkling das Buch zu einer Studiengruppe. Das soziale Netzwerk wird zum Lernnetzwerk. Neben Diskussionen zu einem Buchkapi-tel oder Bild kann man die Kommentare von jemand einfach abonnieren. Das Twitter-Modell findet sich hier wieder.

Technologisch und konzeptionell handelt es sich bei der Inkling Edutainment-Plattform um einen innovativen Vorreiter. Den radikalen Bruch mit dem aktuellen Verständnis impliziert die komplette Neu-gestaltung des Erstellungsprozesses. Hier bleibt abzuwarten, wie schnell und ob sich der neue Ansatz in der Masse durchsetzen wird. Interessant ist hier die enge Zusammenarbeit mit Aptara bzw. Innodata auf der einen Seite und mit den

Fachbuchverlagen Pearson, MacGraw-Hill und O’Reilly auf der anderen Seite. Was bei Inkling noch fehlt ist ein Konzept für den zukünftigen Vertrieb der Bücher.

Im direkten Vergleich zu der Apple Lö-sung zielt Inkling Habitat auf die profes-sionelle Erstellung ab. Apple konzentriert sich auf den Professor oder Lehrer um schnell ein interaktives Buch über iBook Author zu erstellen und meistens kosten-los zu vertreiben.

24Symbols Im Gegensatz zu den ersten beiden vor-gestellten Edutainment-Plattformen rich-ten wir nun unseren Blick auf einen Ver-treter für die Betrachtung von neuen Ge-schäftsmodellen. Die 24Symbols5 Platt-form wird auch als „Spotify für Bücher“ beschrieben. Sie unterliegt der Grundan-nahme, dass die Digitalisierung ein neu-es Konsumverhalten bei den Benutzern auslöst. Das Startup aus Madrid und London verfolgt hierbei insbesondere das von vielen Internetplattformen bekannte Freemium Geschäftsmodell.

Was bedeutet aber Freemium für Edu-tainment-Plattformen? Bei 24Symbols ist das Lesen von Büchern erst einmal kos-tenlos. Dafür muss der Benutzer mit der Anzeige von Werbung leben. Entscheidet er sich für ein Abo-Modell und wechselt damit zu der Premium-Option, wird auf Werbung verzichtet. Außerdem können Zusatzdienste dann genutzt werden wie beispielsweise das Offline-Lesen; also das Lesen ohne Internetverbindung.

Der 24Symbols Shop nimmt die zentrale Rolle der Edutainment- Plattform ein. Wie in der Abbildung zu sehen ist, verbindet 24Symbols den sozialen Gedanken (wie

5 http://www.24symbols.com

die Empfehlungen auf Basis des Lese-verhaltens von Freunden) mit dem Kauf-prozess als Freemium-Modell. Zu jedem Buch findet der Benutzer Informationen und kann dieses sofort lesen (siehe rech-te Seite in der Abbildung). Der Katalog bestehend aus mehr als 5000 Büchern ist aktuell durch Werke von vielen kleinen Verlagen gekennzeichnet.

Als Premium-Abo Modelle stehen zur Zeit eine 1-Monat, 3-Monate oder 12-Monate Option zur Auswahl. Zusätzlich steht eine Pay-per-use Variante zur Ver-fügung.

Zum Lesen und Lernen stellt 24Symbols eine iPad und eine Web-browser Ver-sion bereit. Gestartet wurde mit einer iPad Leseapplikation, aber aufgrund der veränderten Geschäftsbedingungen von Apple, wird die browser-basierte Lösung als HTML5 Client stärker vorangetrieben. Dieser cloud-basierte Client funktioniert auf dem Computer, iPad, iPhone und Google Android Smartphones und Tab-lets. Offline Lesefunktion ist bislang auf die native iPad App beschränkt. Ab Mitte 2012 soll über die Offline-Caching Option von HTML5 das Lesen ohne Internetver-bindung auch auf den anderen Gerätety-pen möglich sein. Die technische Macht-barkeit belegen die Amazon Kindle Cloud Reader6 oder die Spiegel Web App7.

In der kostenlosen Variante zeigt die Leseapplikation links und rechts neben dem eigentlichen Inhalt Werbebanner an. Der Lesefluss wird nicht sonderlich be-hindert. Leider geht im Falle von Tablets der doch begrenzte Platz verloren. Beim intelligenten Platzieren von Werbung hat 24Symbols aus Usability-Perspektive noch keinen Maßstab gesetzt.

6 https://read.amazon.com/

7 https://magazin.spiegel.de/epaper

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Die sozialen Interaktionsmöglichkeiten sind bei der 24Symbols Edutainment-Plattform beschränkt. Der Benutzer kann Textpassage hervorheben, kommentie-ren und auf Facebook oder Twitter veröf-fentlichen. Die Funktionen reichen an Inkling nicht heran. Die Performanz der iPad Leseapplikation ist verbesserungs-würdig. Man wartet schon einmal 30 Se-kunden bis die Buchaufbereitung abge-schlossen ist. Das beste Geschäftsmo-dell funktioniert nicht, wenn kein Lese- und Lernvergnügen angeboten wird.

Insgesamt ist 24Symbols mit sehr großen Ambitionen gestartet. Edutainment-Plattform wie 24Symbols oder auch Pa-perC8 aus Berlin experimentieren mit neuen Geschäftsmodellen getreu dem Motto: „Wer kauft schon die Katze im Sack“. In diesem Zusammenhang be-steht insbesondere für den deutschen Markt die Herausforderung mit der Buch-preisbindung. Hier stellt sich aber die Frage, ab wann handelt es sich eigentlich nicht mehr um ein klassisches Buch? Mit dem Buchverständnis von Inkling ist eine Antwort komplett offen.

Flatworld Knowledge Mit Flatworld Knowledge9 soll als nächs-tes die Open-Source-Fachbücher Bewe-gung eine kurze Betrachtung erhalten. Wie der Name schon verrät geht es um das kostenlose Angebot von Lerninhal-ten. Nur wie soll sich daraus ein Ge-schäftsmodell entwickeln?

Auf diese Frage versucht Flatworld Knowledge eine Antwort zu geben. Das Geschäftsmodell des amerikanischen Startups ähnelt dem von 24Symbols. Nutzer können zu mindestens mit Zeitbe-schränkung Fachbücher kostenlos am Bildschirm lesen. Wer das Buch oder ein Kapitel als Print-on-Demand-Ausgabe, Download als eBook (ePub)/ PDF oder Hörbücher bestellt, muss bezahlen – aber meist weniger als für herkömmliche Fachbücher.

Das MIYO-Prinzip (Make It Your Own) spielt die zentrale Rolle in dem Konzept bei Flatworld Knowledge. Um ein Buch anzupassen oder neu zu erstellen ist nur ein Browser notwendig. Keine separate Software. Die Abbildung zeigt die Sicht eines Autors. In diesem Fall wird das existierende Buch zum Thema Projekt-management angepasst. Hinzufügen von einem neuen Kapitel; kein Problem. Die Reihenfolge der Unterkapitel verändern; kein Problem. Einen Paragraphen an-passen oder hinzufügen (+ Icon einfach

8 http://www.paperc.com

9 http://www.flatworldknowledge.com

klicken); auch kein Problem. Die neue Version des Buches (hier 1.0.1) kurz veröffentlichen und alle Studenten haben das neue Buch. Erledigt in nicht einmal 10 Minuten.

Möglich macht das alles eine hochflexible XML Engine im Hintergrund der Edu-tainment-Plattform. Jedes Buch wird in der entwickelten XML-Struktur abgelegt und die Versionierung der verschiedenen Buchvarianten verwaltet. Als Medienbau-steine stehen Text, Aufzählungszeichen, Nummerierungen, Kommentare, Lernzie-le, Übungen, Bilder, Videos oder auch das Hochladen von Word oder PDF Do-kumente zur Verfügung.

Eine Preview-Funktion generiert in Echt-zeit eine hochauflösende PDF-Version. Entsprechend des gewählten Medienstils (z.B. Lernziele - Learning Objective) er-folgt die Formatierung. Die Version sieht aus wie ein professionell gelayoutetes Buch.

Für die Erstellung neuer Bücher wirbt Flatworld Knowledge gezielt Professoren an, um ihre Bücher über die Flatworld Knowledge Plattform exklusive zu ver-treiben.

Seit dem Start im Jahre 2007 haben sich mehr als 300.000 Studenten auf der Flatworld Knowledge Web Plattform registriert, wobei der Fokus auf amerika-nische Universitäten liegt. Insgesamt umfasst der öffentliche Katalog 100 Titel. Dabei setzt Flatworld Knowledge auf Fachbücher mit einer Creative-Commons-Lizenz. Dank dieser Lizenz können die Fachbücher angepasst und anschließend verkauft werden.

Nach der Auswahl eines Buches in dem Katalog, kann es sofort kostenlos über den sogenannten Flatworld Knowledge (FWK) Reader online gelesen werden. Der browser-basierte Reader ist durch eine klare Struktur und Limitierung auf die Standardnavigationselemente ge-kennzeichnet. Neben dem Inhaltsver-zeichnis existiert eine Volltextsuche über ein Buch.

Sehr hilfreich sind die Studienhilfen (Stu-dy Aids) zu einem Buch. Dank des Soft-waremodells von Flatworld Knowledge (XML Schema) werden integrierte Quiz-fragen oder Lernkarten (Flash Cards) automatisch dem Benutzer angeboten. Somit lässt sich schnell das eigene Wis-sen über die Thematik abfragen. Für die Prüfungsvorbereitung eine sehr hilfreiche Funktion. Gleiches gilt für die Zusatzdo-kumente (Supplements) zu einem Buch. Das können PDF-Dokumente oder Powerpoint Präsentationen sein. Ein direkter Aufruf ist einfach möglich.

Auf eine native iPad oder Google Android App verzichtet Flatworld Knowledge. Der freie Zugang steht im Vordergrund. Nachteil ist die bislang fehlende optimier-te Darstellung auf Tablets. Flatworld Knowledge bleibt auf den Computer be-schränkt.

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Im Unterschied zu den anderen betrach-teten Edutainment-Plattformen setzt Flatworld Knowledge auf eine integrierte und prozessübergreifende Plattform. Für alle drei Kernphasen (Content Creation, Web Shop und Reading and Learning Experience) gibt es genau eine Online-Plattform. Damit setzt Flatworld Know-ledge eine ständige Internetverbindung voraus. Wenn keine besteht, sieht es schlecht für den Benutzer aus.

Die Erstellung und Verwaltung von ver-schiedenen Varianten eines Buches ist beeindruckend gelöst. Dagegen lässt die Lern- und Leseumgebung einige Wün-sche offen. Der soziale Gedanke findet sich leider überhaupt nicht wieder. Auf das Austauschen von Kommentaren in einer Gruppe muss der Benutzer kom-plett verzichten.

Eine Besonderheit ist die im Hintergrund angeschlossene Print on Demand Infra-struktur für die physischen Bücher. Die

Plattform setzt die Erstellung von hoch-qualitativen Inhalten ins Zentrum ihres Bestrebens, die kostenlos einer breiten Masse angeboten wird. Bei Bedarf kann ein physisches Buch oder eine ePub Datei bestellt werden. Nach dem Down-load dient ein Standard Reader wie App-le iBooks zum Lesen des Buches.

Fazit Die aufwendige Entwicklung von Apps für interaktive Bildungsanwendungen kann mit der neuen Generation von Edutain-ment-Plattformen der Vergangenheit angehören. Mit neuen Werkzeugen für die Erstellung von interaktiven Büchern wird der Trend des Self-Publishings wei-ter an Bedeutung gewinnen. Apple iBook Author, Inkling Habitat oder Flatworld Knowledge demonstrieren wie einfach und schnell die Erstellung sein kann. Programmierkenntnisse sind nicht not-wendig. Die Lerninhalte treten in den

Vordergrund und nicht die technische Umsetzungsexpertise.

Auf der anderen Seite werden Apps wei-terhin ihre Anwendungsgebiete finden. Book.X in Verbindung mit den Edutain-ment-Plattformen spielen ihren Nutzen bei Massenmedien aus. Für ein Fach-buch lohnt es einfach nicht eine individu-elle App zu entwickeln, sondern auf die Funktionen der Education-Plattformen zu setzen. Bei speziellen Bildungsanwen-dungen mit Sonderfunktionen ist die indi-viduellen Appentwicklung zu präferieren. Sei es als native App oder Web App mit-tels den HTML5 Technologien.

Das Experimentieren mit neuen Ge-schäftsmodellen für interaktive Bücher steht noch ganz am Anfang. Hier ist aber zu beobachten, dass komplett Web-basierte Lösungen wie im Falle von 24Symbols die Zukunft gehört. Die „Apphängigkeit“ von den Geschäftsbe-dingungen von Apple, Google oder

Edutainment-Plattform Apple iTunes U Inkling 24Symbols Flatworld Knowledge

Webseite http://www.apple.com/education/itun

es-u/

http://www.inkling.com http://www.24symbols.com http://www.flatworldknowledge.com

Markteintritt 2009 2010 2011 2008

Marktsegment Higher Education Higher Education Higher Education Higher Education

Brow serlösung nein ja ja ja

Computer ja (Apple iTunes) nein (indirekt über Brow ser

Lösung)

ja (Brow serlösung) ja (Brow serlösung)

Tablet iPad (incl. iPhone und iPod

touch) durch native App

iPad durch native App

Google Android App* (geplant)

iPad durch native App nein

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Inkling Habitat - Flatw orld Know ledge Platform

Inhaltebausteine Text

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Widgets (Quizes)

Semantisches Softw aremodell unbekannt SGML (XML Schema) - XML Schema

Ausgabe Format Apple iBook, ePub ePub - ePub, PDF, XML

Sales (Web Shop)

Anpassen von Bücher nein nein nein ja (komplett frei)

Preview nein (aber Großteil sind

kostenlose Kurse)

teilw eise (zufälligausgew ähltes

Kapitel)

ja (kostenloses online Lesen) ja (Open-Source-Fachbuch)

Buchmedium Digital Digital Digital Digital und physisch

Katalog > 500.000 kostenlose

Vorlesungen, Videos, Büchern

und w eitere Ressourcen

120 Bücher 150 Bücher 2000 Bücher

Read and Learning Experience

Unterstützte Formate ePub

PDF

Apple iBook

Proprietäres Format ePub

PDF

Proprietäres Format (XML

Schema)

Synchronisation zw ischen den

Geräten

ja ja ja ja

Soziale Kommentarfunktionen ja ja nein nein

Kopierschutz ja (???) ??? ja (Cloud DRM) nein

Lernpläne ja ja nein ja (Lernpläne, Quiz)

Chat zu Büchern nein nein nein nein

Zusatzdateien ja Ja nein ja

Sonstiges

Bemerkung Push von dem iPad mit

kostenlosen Kursen

Pionier für interaktive Bücher Experimente mit neuen

Geschäftsmodelle

Open-Source-Fachbuch und

CC Lizenz

Page 7: Edutainment-Plattformen: Goodbye Apps, welcome Book.X

Dr. Volker Hoyer ([email protected]) Edutainment-Plattformen: Goodbye Apps, welcome Book.X

Seite 7

Microsoft ist kein Zukunftsmodell. Für den Erfolg ist ein nahtloser Wechsel zwi-schen Kauf und Lernprozess zwingend notwenig.

Bzgl. des internen Standards bewegt sich die Grundsatzdiskussion zwischen ePub und ein eigenes semantisches Softwa-remodell. Für die Erstellung bietet sich das Softwaremodell an. Für die Lern- und Leseplattform hat ePub den Vorteil, dass alle Medien gelesen werden können. Dafür muss auf bestimmte Funktionen

(z.B. Lernplan bei Flatworld Knowlege) verzichtet werden.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass der Markt für Education-Plattformen sehr stark durch die amerikanischen Anbieter bestimmt ist. Neben den hier vorgestell-ten Plattformen sind auch Thuze, Vital-source. Coursesmart, CafeScribe oder Kno relevante Marktteilnehmer.

Referenzen [1] R. Reynolds (2011): Digital Textbooks Reaching the Tipping Point in U.S. High-er Education. http://blog.xplana.com/reports/digital-textbooks-reach-the-tipping-point-in-the-u-s-higher-education-a-revised-5-year-projection/