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Zeichen des AZeichen des Aufstandsufstands(A(Ausgabe Nusgabe Nr. 4, 26. Mai 2011)r. 4, 26. Mai 2011)
Jrg Mller
Das Bild zeigt die Puerta del Sol in Madrid. Seit nunmehr zwei Wochen
demonstrieren dort sowie in zahlreichen anderen Stdten des Landes
Hunderttausende gegen Sozialabbau, Repression und Kapitalismus.
Sie halten zentrale Pltze besetzt, campieren und weichen auch nicht
trotz Versammlungsverbot. Die Menschen sind wtend auf die
Regierung, die nanzielle Krisen auf ihrem Rcken auszutragen
versucht. Es lsst sich eine Tendenz erkennen, dass Menschen fr ihre
Bedrfnisse aufstehen und ihre Wut zeigen. Protestwellen haben inden letzten Jahren viele Regionen der Welt erfasst: gypten, Tunesien,
Frankreich, Griechenland und jetzt Spanien. Auch wenn die Ziele
unterschiedlich sein mgen, die Menschen nehmen ihre Sache selbst
in die Hand und solidarisieren sich in Massen.
Mit dieser Ausgabe wollen wir einen Einblick wagen in Teile der
Bewegungen der letzten Jahre. Die Vielheiten der Ideen und
Motivationen sich zu regen sollen oen bleiben. Deshalb wollen wir
auch Blicke auf Bcher werfen, welche versuchen ins Oene undMgliche zu schauen. Die Auswahl der Rezensionen beschrnkt sich in
dieser Ausgabe leider auf den europischen Kontinent einen weiteren
Blick werden wir in kommenden Ausgaben wagen. Den Anfang machen
zwei Autor_innen, die sich Louisa und Michael nennen. Sie verteidigen
das Pamphlet Der kommende Aufstand gegen Kritiken, nach denen es
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sich um eine antimoderne Hetzschrift handele, und heben hervor,
der Band leiste Beitrag, Wut und Zorn sagbar zu machen. In der
Rezension zu Wir sind ein Bild der Zukunft beschftigt Fritz Gde sich
mit den Revolten in Griechenland und kommt zum Schluss, dass mit
einem Aufschwung der Bewegung zu rechnen ist, wenn es ihr nach denneuen Erpressungen Griechenlands durch die EU gelingt, sich einer
breiteren Emprung dagegen anzuschlieen. Um die Prozesse gegen
die Militante Gruppe (mg) geht es in der Rezension Alles was uns
fehlt ist die Solidaritt von Thomas Trueten, die die Schwierigkeiten
von solidarischer Antirepressionsarbeit verdeutlicht. In der letzten
Schwerpunktbesprechung widmet sich Fritz Gde der ktiven
Geschichte Schwarzenberg von Stephan Heym, der aus der tatschlich
sechs Wochen lang nicht besetzten Region 1945 die Rterepublik
wiederauferstehen lsst. Dieses "Experiment im Vakuum" hlt der
Rezensent fr eine inspirierende Lektre.
Zudem gibt es in dieser Ausgabe noch zwei weitere aktuelle
Besprechungen. Ismail Kpeli unterzieht das Buch Islamfeindlichkeit
in Deutschland von Achim Bhl einer solidarischen Kritik. Den
Determinismusvorwurf in der Biographie Marxens von Rolf Hosfeld
nimmt Dirk Brauner unter die Lupe und entlarvt es als einseitigen
Versuch, das eine Marxbild zu entwerfen.
Aus dem Archiv kommen auerdem Fritz Gdes Besprechung zu Bini
Adamczaks Gestern Morgen hinzu, in der er die wegweisenden Blicke
der Autorin in vermeintlichen Sackgassen hervorhebt. Und zum
Schluss bespricht Adi Quarti (Post-) Operaismus von Birkner/Foltin,
eine Einfhrung in Theorie und Praxis dieser Arbeiterbewegung.
Es sei noch auf unseren Newsletter hingewiesen. Wer immer
rechtzeitig ber die neuesten Ausgaben per Mail informiert werdenwill, sollte sich unbedingt mit Email-Adresse bei unserem Newsletter
anmelden (siehe Spalte rechts).
Zum Schluss ein Hinweis: Vom 03. bis zum 05. Juni nden in Berlin
die Linken Buchtage statt. Wir werden uns gemeinsam mit dem
Antifaschistischen Infoblatt, der edition assemblage und dem US-
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amerikanischen Verlag PM Press einen Infostand teilen und freuen uns
auf spannende Diskussionen und Kontakte.
Viel Spa beim (kritischen) Lesen!
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VVoon nahenden An nahenden Aufstnden und brgerlichenufstnden und brgerlichenKriKritiktikenen
Unsichtbares KomiteeDer kommende Aufstand
Von Louisa und Michael
Am kleinen Bndchen scheiden sich die Geister: Handelt es sich umreaktionre Hetze oder um ein wegweisendes Werk?
Selten hat in den letzten Jahren ein Buch aus dem linksradikalen
Spektrum so viel Aufsehen erregt wie Der kommende Aufstand
(Linsurrection qui vient). Insbesondere im Herbst 2010 wurde im
deutschsprachigen Raum unzhliges geschrieben und vehement
gestritten. Wir wollen an dieser Stelle nicht nur das Werk selbst unter
die Lupe nehmen, sondern auch die Diskussion in Deutschland. (Wir
orientieren uns in der Besprechung an der im Internet frei verfgbaren
und von einem Kollektiv bersetzten Fassung, sind aber durchaus nicht
der Auassung, dass die bersetzung der Edition Nautilus eine weit
schlechtere sei).
KrKreise und Aeise und Auswuswegeege
Die Autor_innen beschreiben zunchst in sieben Kapiteln (genauer
Kreisen), wie es derzeit um den immer noch erniedrigten,
geknechteten, verlassenen und verchtlichen Menschen steht. Angelehnt an die Ideen Agambens, Deleuze, Foucaults, der
Situationistischen Internationalen, etc. entfalten sie im ersten Teil die
knittrige Vernetzungen von momentaner Macht und Herrschaft. Die
Beschreibungen der Gegenwart auf der Mikro- und Makroebene
zeigen, wie es um die Situation bezogen auf Identitt, Gesellschaft,
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Arbeitsverhltnisse, Metropolen, konomische Bedingungen, kologie,
den Staat und die Zivilisation im Gesamten steht. Die Analysen
bestechen aufgrund der Mischung aus verdichteter Darstellung und
stellenweise mitreiend-eindringlicher Beschreibung. Der dster-
poetische Schreibstil hngt jedoch wie so vieles von denindividuellen Gewohnheiten und Geschmckern ab.
Im zweiten Teil widmet sich das unsichtbare Komitee, so nennt sich
das Autor_innenkollektiv, der hug gestellten Frage, wie alles endlich
anders werden kann. Im Gegensatz zu Stphane Hessel, der auf der
Ebene des Emprens verharrt, wird ungeschminkt nichts weniger als
Aufstand gefordert:
Es gibt keinen Grund, sich darber zu entrsten ().Es ist vergeblich, auf legalem Wege gegen die vollendete
Implosion des legalen Rahmens zu protestieren.
Entsprechend muss man sich organisieren. Es gibt keinen
Grund, sich in diesem oder jenem Brgerkollektiv zu
engagieren, in dieser oder jener Sackgasse der radikalen
Linken, in der letzten vereinten Hochstapelei. () Es gibt
keinen Grund mehr, auf die neusten Nachrichten zu
reagieren, vielmehr ist jede Information als Operation in
einem feindlichen Feld von Strategien zu verstehen, die
zu durchschauen ist, Operationen, die gerade zum Ziel
haben, bei diesem oder jenem diese oder jene Reaktion
hervorzurufen; und diese Operation fr die wirkliche
Information zu halten, welche in den sichtbaren
Nachrichten verborgen ist. Es gibt keinen Grund mehr
zu warten auf eine Aufheiterung, die Revolution, die
atomare Apokalypse oder eine soziale Bewegung. Noch
zu warten ist Wahnsinn. Die Katastrophe ist nicht, waskommt, sondern was da ist. () Wir gehen aus von einem
Punkt der extremen Isolation, der extremen Ohnmacht.
Alles ist aufzubauen im aufstndischen Prozess. Nichts
scheint unwahrscheinlicher als ein Aufstand, aber nichts
ist notwendiger. (S. 63f)
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KKoommmmunen statt Organisatiounen statt Organisationennen
Die Forderung nach Organisierung hat hier nichts mit dem Ruf nach
Organisationen zu tun. Denn fr den notwendigen Aufstand erwarten
die Autor_innen nichts von politischen Organisationen. Diese htten
in erster Linie den Selbsterhalt im Blick, wirken zentralistisch und
vereinheitlichend anders als die Kommunen, die sich dierent und
dezentral vervielfachen sollen:
In jeder Fabrik, in jeder Strae, in jedem Dorf, in jeder
Schule. Endlich die Herrschaft der Basiskomitees!
Kommunen aber, die akzeptieren wrden, zu sein, was sie
sind, wo sie sind. Und mglicherweise eine Vielfalt von
Kommunen, welche die Institutionen des Staates ersetzenwrden: die Familie, die Schule, die Gewerkschaft, den
Sportverein, etc. (S. 68)
Unter Kommunen werden keinesfalls nur spinnenverseuchte,
jahrhundertelang verlassene Bauernhfe oder Westberliner Studi-WGs
gefasst. Der Gedanke der Basiskomitees verweist vielmehr auf
Rtesysteme oder die Ideen der Pariser Commune.
Die Autor_innen gestehen ein, dass es ganz ohne das verhasste Geldzunchst nicht geht. Um die Kommunen am Laufen zu halten, msse
anfnglich noch Geld angeschat werden Mglichkeiten dafr lieen
sich mit ein paar Anstrengungen sicher nden (ein paar Vorschlge
machen die Autor_innen selbst). Doch da der Wohlfahrtsstaat nicht alle
Zeit bestehen werde, sollte neben dem Erschleichen, Plndern, Klauen
und Containern der Grad der Selbstorganisation und -versorgung
gesteigert werden. Das betrit auch den Aufbau von Netzwerken,
alternativen Verbindungslinien, der Bildung und der Repression. Was
aber konkret tun, beispielsweise mit der chendeckenden Erfassungvon Daten? Lsungen werden nicht geliefert, wohl aber Anstze:
Die Pariser Kommune hatte das Problem der
Datenspeicherung teilweise gelst: Mit dem
Niederbrennen des Ratshauses zerstrten die Brandstifter
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die Archive der Zivilverwaltung. Eine Mglichkeit
elektronische Daten auf immer zu zerstren, muss erst
noch gefunden werden. (S. 77)
Der Aufstand, bei dem man bis zum gnstigen Zeitpunkt (S. 76)unsichtbar bleiben sollte, geht allerdings nicht alleinig durch den
gesellschaftlich-vertrglichen Aufbau von Gegenstrukturen im Sinne
einer pazistischen Gegenkultur denn [e]s gibt keinen friedlichen
Aufstand. Waen sind notwendig: Es geht darum, alles daran zu setzen,
ihre Nutzung berssig zu machen (S. 86). Daran hat sich auch
beim kommenden Aufstand nichts gendert, wohl aber der Charakter
der Revolution: Der Dezentralisierung der Macht entspricht in dieser
Epoche das Ende der revolutionren Zentralitten. (S. 88) So
verstanden steht Macht nicht bipolar der Ohnmacht entgegen, dieMchtigen nicht den Ohnmchtigen. Mit der Annahme der
Dezentralisierung der Macht wird Macht auch als Verhltnis in den
kleinsten gesellschaftlichen Verstelungen verstanden, denn Macht ist
nicht mehr an einem Punkt der Welt [konzentriert] (ebd.). Wenn also
Macht nicht (mehr) zentral angreifbar ist, ist Widerstand folgerichtig
ebenfalls plural zu denken als Rhizome, Assemblagen oder Netze.
Der brgerliche ADer brgerliche Aufstandufstand
Das Pamphlet wurde bereits 2007 in Frankreich verentlicht und
sptestens seit der vorrbergehenden Festnahme vermeintlicher
Autor_innen ein Jahr spter dort breit diskutiert. Seitdem wurde es
in zahlreiche Sprachen bersetzt. Im August 2009 erschien es in
englischer Sprache und veranlasste den rechten FOX-
Fernsehmoderator Glenn Beck dazu, wutschnaubend von dem
mglicherweise Bsesten, was er jemals gelesen habe zu sprechen.
Vor ziemlich genau einem Jahr erreichte die Diskussion um das Buchein breites deutschsprachiges Publikum. (Nicht unerwhnt bleiben
soll, dass bereits vorher ber das Manifest diskutiert wurde. Es wurde
beispielsweise bereits im Herbst 2009 in der linken sterreichischen
Zeitschrift grundrisse klug kritisiert, vgl. fuzi 2009). Als erstes
Massenmedium besprach DER FREITAG im Mai 2010 die
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englischsprachige Fassung. Florian Schmid zeigte sich fasziniert vom
abgemischten Sound aus linkem Theorietext und aufrhrerischem
Hip Hop. Zur mglichen Durchschlagskraft in der linken Szene in
Deutschland uerte er sich aus heutiger Sicht in beinahe
prophetischer Weise skeptisch:
Die strikte Ablehnung gngiger politischer
Organisationsformen und die Vorstellung von einer
dezentralen, spontanen, nicht steuerbaren
Aufeinanderfolge von Revolten, mgen fr hiesige
Verhltnisse exotisch wirken, andernorts treen sie
scheinbar einen Nerv. (Schmid 2010)
Im Juli erschien die von einem Kollektiv bersetzte erstedeutschsprachige Version an verschiedenen Stellen des Internets, kurz
darauf folgte die bersetzung bei Nautilus. Den Aufschlag der
brgerlichen Rezeption im November 2010 machte die Frankfurter
Allgemeine Sonntagszeitung (FAS) am 7.11., in der Nils Linkmar das
Buch als glnzend geschrieben lobte und meinte, es knnte das
wichtigste linke Theoriebuch unserer Zeit werden (Minkmar 2010).
Es folgten Rezensionen in allen groen deutschen Tages- und
Wochenzeitungen, in der hug Lobendes in Bezug auf den
sprachlichen Stil erwhnt wurde. Keineswegs aber kann von
Begeisterung oder Huldigung gesprochen werden. In der tageszeitung
(taz) spottete etwa Aram Linzel am 10.11.2011:
So bekommt der Leser das gute Gefhl, sich vom
gewhnlichen Protest-Nichtwhler kulturell zu
unterscheiden. Mit ihrem Kult der Unmittelbarkeit sind
diese Publikationen Anleitungen zur Regression in eine
vielleicht verfhrerische, aber letztlich klaustrophobischePolitidylle. (Linzel 2010)
In der Frankfurter Rundschau zeichnete Christian Schlter am 19.11.
eine hug verwendete Dystopie als mgliche Folge eines kommenden
Aufstands, in dem er fragte: Und wenn alle staatlichen Institutionen
zerstrt sein werden und bewanete Banden, Kriminelle und Warlords
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die Straen beherrschen? (Schlter 2010) Tags zuvor war hnlich
Bengstigendes bei ZEIT ONLINE zu lesen: Und brig bleiben nicht
Kommunen, sondern Banden. (Randow 2010) Insgesamt lsst sich
konstatieren, dass sich brgerliche Rezensent_innen beinahe
berrascht zeigten, wie schn sich linke Schriften lesen lassen knnen,sich aber vor allem frchteten, was in schnen Worten gesagt wurde.
Damit waren die meisten brgerlichen Kritiker_innen nicht so weit weg
von Glenn Beck, als es etlichen auf den ersten Blick schien
VVermeinermeintlich linktlich linker Anstander Anstand
Diesen Tenor der Kritik deutete in grandioser Weise Johannes
Thumfart anders. Er meinte, in den Kritiken in den Feuilletons der
FAS und der SZHuldigendes erkannt zu haben. Um sicher zu gehen,verentlichte er zwei fast identische Rezensionen in der taz und
drei Tage spter, nachdem alle schon eifrig ber die Besprechung
diskutierten in der Jungle World. Er befand, dass Minkmar in der FAS
das Werk feierte und berlas beissen dessen deutlich vorgetragenes
Bangemachen. Minkmar meinte beispielsweise:
Nach dem Gewaltmonopol des Staates, nach dem
Privateigentum und ohne entlichen Nahverkehr blht
hchstens ein sehr kurzer Sommer der Anarchie. Dieunsichtbaren linken Militanten berschtzen ihre Kraft:
Eine kollabierende entliche Ordnung wrde nicht von
Deleuze lesenden Kommunarden verbessert, sondern
durch eine Maa regiert. Wenn die Zge nicht mehr
fahren, folgt nichts Besseres. Nach dem kommenden
Aufstand kommen die schwarzen Gelndewagen.
(Minkmar 2010)
Eine Huldigung liest sich anders. Auch die zweite Besprechung, auf die
Thumfart verweist, liest sich nicht so recht als Verehrung. Zwar lobt
auch Alex Rhle in der Sddeutschen Zeitung (SZ) den glnzende[n]
Stil, kritisiert jedoch gleichzeitig die Naivitt und die groteske
Bezugnahme auf die Banlieu-Proteste (Rhle 2010). Nicht nur diese
ostentative Beobachtung Thumfarts erscheint skurril, auch die
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Einschtzung zum Werk selbst. Er glaubt die Handschriften Carl
Schmitts und Martin Heideggers im kommenden Aufstand entdeckt
zu haben und bezeichnet das Manifest als rechte antimoderne
Hetzschrift (Thumfart 2010). Es zeugt von schlichter Ignoranz, den
fanatischen Staatsbefrworter Carl Schmitt als Bezugspunkt fr dasantistaatliche Manifest in Szene zu setzen. Weder Schmitt noch
Heidegger blinzeln aus den Seiten hervor. Vielmehr ist es die kritische
Rezeption von Schmitt und Heidegger. Sollte dies das Werk alleine
diskreditieren, msste Thumfart in Zukunft auch die Hnde von
Herbert Marcuse, Jean-Paul Sartre, Hannah Arendt, Walter Benjamin
und unzhligen anderen lassen. Die Jungle World belie es nicht bei
dieser inhaltlich uerst dnnen Kritik und lie andere Autor_innen
zu Wort kommen. Cord Riechelmann etwa kritisierte die Rezensionen
scharf und bezeichnete den Verfasser als gedankenarm,
ressentimentgeladen und denunziatorisch (Riechelmann 2010).
Riechelmann merkt zurecht an, dass es oensichtlich eine verbreitete
Begrisverwirrung gibt, die sich darin ausdrckt, den Verdacht des
Antimodernismus mit rechten Strmungen gleichzusetzen.
Denn antimodern im Sinne von technikfeindlich waren
der Faschismus und der Nationalsozialismus nie. Von den
italienischen Futuristen bis zur deutschen V2-Rakete lsstsich eine extreme Aufgeschlossenheit faschistischer
Bewegungen gegenber der industriellen Moderne
feststellen, vor allem gegenber der
Mobilisierungsmoderne. (Riechelmann 2010)
Dem Autor_innenkollektiv eine ideologische Nhe zur Rechten zu
unterstellen sei
nicht nur Quatsch, es ist oensive Besatzer-Ideologie, diemit der Nazikeule auf Sachen einschlgt, die sie nicht
versteht. Besatzer-Ideologie deshalb, weil deutsches
Denken die einzig richtige Interpretation deutscher
Denker auch in anderen, nicht-deutschen Kontexten
beansprucht. (Riechelmann 2010)
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Tatschlich ist es aullig, dass jeder kollektivistische Ansatz in
Deutschland leicht Gefahr luft, mit vlkischer Kulturkritik
gleichgesetzt zu werden. Das ist nicht nur absurd, sondern auch
politisch fatal.
Damit wird zum einen der Anspruch zur Dierenzierung ber Bordgeworfen, zum anderen spielen diese Polemiken allzu oft neoliberalen
Individualisierungsprozessen in die Hnde. Kollektivismus einzig
vlkisch denken zu knnen und das Vlkische damit allein als
Massenbewegung zu analysieren (und in dem Zuge den Stellenwert
der Individualisierung fr autoritre Formationen zu negieren) ist
ebenso dichotom verkrzt wie Individualitt dem Kollektivismus
unterzuordnen. Im kommenden Aufstand ndet sich weder
vlkischer Kollektivismus noch platte Lobhudeleien des
Individualismus.
Altbewhrte und unkAltbewhrte und unkoonkrnkrete Fete Fluchluchtptplne?lne?
In weniger berhasteten Besprechungen wurden vor allem drei
Kritikpunkte genannt: Die Autor_innen htten einen Hang zum
Eskapismus, also der Flucht vor der Welt, wrden lngst Bekanntes
neu aufwrmen und keine konkreten Vorschlge machen.
Im kommenden Aufstand geht es nicht um die Kapitulation vor denZustnden. Wir lesen das Werk als Versuch, eine Diskussion um
Utopien in Gang zu bringen, um gesellschaftliche Visionen, um sich
nicht lnger um Schlimmeres zu verhindern auf Abwehrkmpfe
zu beschrnken. Dass manche Rezensent_innen wie jngst Christian
Sigrist im ARGUMENT dem Werk Jugendwahn (Sigrist 2011)
vorwarfen, ist symptomatisch fr ein rationalistisches
Politikverstndnis. Der kommende Aufstand hingegen leistet einen
Beitrag, Wut und Zorn wieder sagbarzu machen.
Damit steht das Werk nicht alleine da viele andere bereits
durchgekaute und hoentlich noch folgende Schriften vermochten es,
Vergessenes in Erinnerung zu rufen. Auch in anderen Hinsichten
bringt der kommende Aufstand nicht viel Neues zu tage. Vieles
wurde schon in hnlicher Weise geschrieben. Erinnert sei an dieser
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Stelle exemplarisch an Hakim Beys Temporre Autonome Zonen, die
Schriften der Situationistischen Internationale oder um noch weiter
zurck zu gehen die der Pariser Commune. Aber was ist schon neu?
Auch Re-Formulierungen knnen hilfreich sein, wenn sie es vermgen,
Debatten anzustoen und im besten Fall auf Lebensverhltnisseeinzuwirken.
Es stimmt: Der kommende Aufstand ist keine fertige, wahre und
konkrete Revolutionsanleitung und das die eigentliche Strke des
Buches. Es gab gengend, die meinten zu wissen, was wie kommen
wird und soll. Das meiste davon fhrte ins Elend. Der kommende
Aufstand hingegen ist ein Vorschlag, wie wir ntigen Aufstnden heute
nher kommen knnen und wie wir uns heute das Wissen erarbeiten
knnen, das ntig ist um nicht bei Aufstnden zu verharren, sonderndiesen eine tatschlich systemtransformatorische Komponente zu
geben. Damit geht das Buch erfrischend weiter als die allermeisten
insurrektionalistischen Texte, also diesen, die Revolutionstheorien
durch die Fokussierung von Aufstand ersetzen.
In Deutschland hat sich die Aufregung um Der kommende Aufstand
gelegt. Es erschienen in fast allen Medien Rezensionen und
Diskussionsbeitrge. In Kln fand Mitte Mai ein dreitgiger Workshop
mit dem Titel Der kommende Aufstand? Krisen und soziale Kmpfe im
globalen Kapitalismus statt. Grere und kleinere Diskussionsrunden
nden noch immer in den Kellern, in Kneipen, in Sozialen und
Autonomen Zentren und an Kchentischen statt. Es wird geredet.
Immerhin.
ZZustzlich vustzlich verwerwendete Liendete Literaturteratur
fuzi 2009: The Invisible Committee: The Coming Insurrection. In:
Grundrisse 31.
Linzel, Aram 2010: Revolution mit Melancholie. In: taz.de am 10.11.
Minkmar, Nils 2010: Seid faul und militant! In: faz.net am 8.11.
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http://www.grundrisse.net/buchbesprechungen/invisible_committee.htmhttp://www.taz.de/1/debatte/theorie/artikel/1/revolution-mit-melancholie/http://www.faz.net/s/Rub642140C3F55544DE8A27F0BD6A3C808C/Doc~EFE85559287A74BA0BFAFD5B60F3AADE8~ATpl~Ecommon~Scontent.htmlhttp://www.faz.net/s/Rub642140C3F55544DE8A27F0BD6A3C808C/Doc~EFE85559287A74BA0BFAFD5B60F3AADE8~ATpl~Ecommon~Scontent.htmlhttp://www.taz.de/1/debatte/theorie/artikel/1/revolution-mit-melancholie/http://www.grundrisse.net/buchbesprechungen/invisible_committee.htm8/3/2019 Zeichen des Aufstands - #04
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Randow, Gero von 2010: Freie Zeit zum Angri. In: Zeit Online am
18.11.
Riechelmann, Cord 2010: Ein Feuer auf die Erde bringen. In: Jungle
World vom 9.12.
Rhle, Alex 2010: Das kommunale Manifest. In: sueddeutsche.de am
11.11.
Schlter, Christian 2010: Und was kommt dann? In: fr-online am 19.11.
Schmid, Florian 2010: Ein linkes Manifest als Bestseller. In: Freitag.de
am 17.05.
Sigrist, Christian 2011: Rezension: Unsichtbares Komitee, Derkommende Aufstand. In: Das Argument 290/2011, S. 140-142.
Thumfart, Johannes 2010: Fast wie Gas. In: taz.de am 22.11. und in
hnlicher Fassung bei Jungle World am 25.11.
**
Wir beziehen uns auf die Online verfgbare Fassung von Der
kommende Aufstand, die seit Juli 2010 im Netz kursiert.
Unsichtbares Komitee 2010: Der kommende Aufstand.
92 Seiten.
[Link zum Artikel]
Seite 13 von 50
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Der ADer Aufstand, der immer schoufstand, der immer schon ankamn ankam
AG Schwarz / Tasos Sagris & Void network (Hg)
Wir sind ein Bild der Zukunft auf der Strae schreiben wirGeschichteTexte aus der griechischen Revolte
Von Fritz Gde
Lang vor den Pressionen der EU gegenber Griechenland hatte sich
ein Aufstand gegen die Regierung entzndet. Ausgelst wurde dieservon der Ttung eines Schlers Dezember 2008 in Exarchia/Athen.
Die verngstigten Zuschauer bei Anne Will oder bei Plasberg mssen
alle zu dem Eindruck gekommen sein, erst seit dem wachsenden Druck
auf Griechenland gbe es Demonstrationen, Hausbesetzungen,
Anschlge in Athen und anderswo. Unsere Medien lassen mehr nicht
durch. berraschend deshalb fr viele die Mitteilung, dass der
Aufstand schon im Dezember 2008 eine erste Intensitt gewonnen
hatte, lange bevor es dem Staat Hellas an den Kragen gehen sollte.
Wir sind ein Bild der Zukunft- Auf der Strae schreiben wir
Geschichte versucht, in vielen Einzelbekenntnissen aber auch ganzen
Aufstzen, die Entwicklung seit Dezember 2008 zu vergegenwrtigen.
AAusgangspunktusgangspunkt
Vorausgeschickt werden muss, dass Griechenland eines der Lnder
war, die im Widerstand gegen die Nazi-Besetzung am erfolgreichsten
waren. Sie hatten den Deutschen so zugesetzt, dass die sich 1944/45 zum Abzug entschlossen. Griechen, die unmittelbar nach 1945 in
einem langen Brgerkrieg sich des englischen Einusses zu erwehren
suchten. Die ab 1968 ber Jahre hin eine Militrdiktatur zu bekmpfen
hatten. Wozu die Erinnerung? Um zu erklren, dass in Griechenland
der Einsatz von krperlicher Gewalt ganz anders gesehen wird als
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zum Beispiel in Deutschland. Er wird in weiteren Kreisen als bisweilen
unvermeidlich angesehen, wenn auch nirgends als Selbstzweck
gebilligt. Die Dokumentation des Buches ber den Kampf der
Autonomen und Anarchisten in Griechenland enthlt eine
aufschlussreiche Chronologie der aktuellen Ereignisse.
6. Dezember 2008: Ein jugendlicher Anarchist Alexandros
Grigoropoulos, 15 Jahre wird im Lauf einer Auseinandersetzung von
einem Polizisten erschossen. Das geschah im Stadtteil Exarchia in
Athen. Einem Ort, der nach verbreiteter Ansicht als autonom
angesehen werden sollte. Auf keinen Fall Ort eines brutalen
Polizeieinsatzes. In unbegreiicher Schnelligkeit kommt es im Lauf von
Stunden zu Plnderungen in Luxusstraen, Universittsbesetzungen
und Hungerstreiks in den Gefngnissen. Und aufgegrien wird derImpuls in ganz Griechenland von einem Ende zum andern. In
Deutschland kam es in meiner Lebenszeit ein einziges Mal zu solcher
bergreifend massenhaften Erregung: nach dem Anschlag Bachmanns
auf Rudi Dutschke. Kein einziges Mal mehr spter bei all den
Todesfllen (Erschieungen) die folgten.
Wenn in allen folgenden Texten von Dezember die Rede ist, dann
sind immer die brgerkriegshnlichen Konfrontationen 2008 gemeint.
In allen Berichten spielen Polytechnikum und Unis deshalb einebesondere Rolle, weil oenbar nach dem studentischen Beitrag zum
Sturz der Putschisten den Unis totaler Schutz vor Polizeieingrien
zugesagt worden war. Als Anerkennung sozusagen. Es kann also nicht
wie in sterreich und anderswo eine Uni einfach gerumt werden.
Wenn doch Versuche in dieser Richtung gemacht werden, dann ist
das das Signal zu massenhaftem Aufbegehren. Schrecksignal fr jede
Regierung, die keinen zustzlichen rger mchte. Organisationsform:
Ausschlieliche Verfgung ber alle Aktionsformen hat die
Vollversammlung. Pavlos und Irina, zwei Teilnehmer_innen amGesamtverlauf, schreiben:
Kein Organ konnte Entscheidungen fr die Besetzung
fllen auer der Vollversammlung. Das war keine
Studentenversammlung, vielmehr trafen sich dort alle, die
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an der Besetzung und den Auseinandersetzungen
teilnahmen. (...) Die unterschiedlichen Fakultten waren
nicht getrennt. Einige linke Studenten versuchten, die
Fakultten zu spalten und in der ersten Woche versuchten
wir, mit ihnen zusammenzuarbeiten, ihnen Raum freigene Aktivitten zu geben, aber sie versuchten weiter,
die Vollversammlung zu umgehen, und Teile des
Polytechnikums fr sich allein zu besetzen, um es unter
der Hand wie einen Kuchen aufzuteilen. Natrlich wurden
sie hinausgeschmissen." (S. 127)
Vollversammlung also als einzige Autoritt. Diese aber diktatorisch
ausgebt. Der Aufruf zu einer neuen Internationalen will die Uni
verlassen, alle Grenzen berwinden.
Wenn wir die Banken zerstren, dann weil wir Geld als
eine der zentralen Ursachen fr unsere traurige Lage
erkennen; wenn wir Schaufenster zerschlagen, dann nicht,
weil das Leben teuer ist, sondern weil uns die Ware um
jeden Preis am Leben hindern will. Wenn wir den Polizei-
Abschaum angreifen, dann nicht, um unsere toten
Genossen zu rchen, sondern weil sie immer ein Hindernis
sein werden zwischen dieser Welt und der Welt, nach der
es uns verlangt.
Wir wissen, dass es fr uns an der Zeit ist strategisch zu
denken. In diesen imperialen Zeiten wissen wir, dass es
eine Bedingung fr einen siegreichen Aufstand ist, dass
er sich mindestens auf europischer Ebene ausdehnt. Wir
haben in den vergangenen Jahren vieles gesehen, von dem
wir lernen konnten: die weltweiten Gegengipfel, Revoltender Schler in Frankreich, die Bewegung gegen den TAV-
Schnellzug in Frankreich, die Kommune von Oaxaca, die
Riots von Montreal, die oensive Verteidigung des
besetzten Undomshuset in Kopenhagen, die Riots gegen
den Parteitag der US-Republikaner und so weiter." (S. 167)
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Das stammt vom Januar 2009. Inzwischen haben wir Mai 2011. Der
unabweisbare Einwand: Was davon hat sich inzwischen erfllt?
Antwort: Nichts. Die hochfahrenden Wnsche sind inzwischen
zerfallen. Welche Folgerungen hat die Bewegung daraus gezogen?
FFolgerungen.olgerungen.
7.Mrz 2009:
In Exarchia rissen 4000 Menschen die Bauzune eines
leerstehenden Gelndes ab, auf dem ein Parkhaus
errichtet werden sollte. Sie brachen den Asphalt mit
Presslufthmmern auf, panzten Bume und erneten
einen freien Park, fnfzig Meter von dem Ort entfernt, an
dem Alexis ermordet wurde." (S. 263)
Ein gelungener Versuch der Anarchisten, durch aufbauende
Gewaltanwendung allen Bewohnern von Exarchia einen dauerhaften
Versammlungsort zu verschaen: Ein Besucher rief: Weit Du, was
das Beste an der ganzen Sache ist? All die alten Leute zu sehen,
die den Park anschauen und glcklich sind. Nein, unterbrach ein
griechischer Anarchist, das Beste daran ist, dass das der Stadt neun
Millionen gekostet hat. (S. 270) Ein Beweis dafr, dass auch gelernteAnarchisten Schwierigkeiten haben, sich vom Geldwert als Ma des
Gelingens loszureien. Der Erfolg kann und darf nur, wie der erste
Besucher richtig meinte, am realen Genuss gemessen werden, an den
erweiterten Lebensmglichkeiten.
Zunchst hie es also Rckzug auf das vertraute Viertel Exarchia. In
der kollektiven Auehnung gegen die Plne des Brgermeisters. Um
ber den Kreis der schon Gewonnenen hinauszukommen. Aber auch
das war nur ein kleiner Schritt. Warum greift die Bewegung trotz allemnicht weiter um sich? Alkis (S. 283), berprft die Techniken der
Gegenseite, die der Eingrenzer. Auer dem direkten gewaltmigen
Zuschlagen des Staates durch Polizei, Gericht und Knast ndet er
als gefhrlicheren Feind die Behandlung seiner Bewegung durch die
Medien. Wie er feststellt und was sich auf fast alle europischen
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Lnder bertragen liee wirken die Medien durch Spaltung. Den
mal als liebenswert erklrten Schlern werden die satanischen Studis
gegenbergestellt, die sie verfhren. Oder auch mal umgekehrt: Den
bildungshungrigen Studis treten die verworfenen Verfhrer aus der
Anarcho-Szene gegenber. Man kennt das.Der Doppelangri des Zerschlagens und des medialen Spaltens wirkt
bis heute, in Griechenland wie anderswo. Ein Aufsatz Spezialisierte
Guerrilla, zerstreute Guerilla (S. 301) fragt sehr konkret nach, wie
immer kompliziertere Aktionen, auch zum Beispiel Bankberflle, auf
die Menge derer wirken mssen, die rein technisch, oder auch
altersbedingt so etwas nie nachmachen knnten. Wird damit die
Menge nicht notwendig genau in den Stand bloen Gaens, des
Zuschauertums zurckgetrieben, den doch die aktionsbetonenden
Anarchistinnen und Anarchisten gerade bekmpft hatten? Entsteht aus
jeder gelungenen Tat damit nicht neu das Spektakel, wie Debord es
nannte, das auf das Sofa vor dem Fernseher zurckjagt, von dem
der anarchistische Weckruf hochreien wollte? In dieser Lage pldiert
der Aufsatz fr diuse Guerilla, womit, das wird nicht vllig klar,
einfachere Aktionen gemeint sein mssen, an denen sich aber auch
ungelernte Krfte beteiligen knnen.
WWeltlageeltlage
Am merkwrdigsten berhrt bei Durchsicht der immerhin 360 Seiten,
wie selten konkret von der sich verschrfenden Finanzlage
Griechenlands die Rede ist. Die Feuerzellen, eine Gruppe
spezialisierter Guerilla nach der obigen Einteilung, erwhnen einmal
die Krise. Nimmt sie aber als reinen fake. Getue der Oberen, um den
anderen den Grtel enger zu schnallen. Das ist sie natrlich fr die
PASOK-Regierung auch. Was bei der Argumentation der Feuerzellen
allerdings vllig bersehen wird: Papandreou sprt ganz real denWrgegri von IWF und EU am Hals. Er ist unterdrckter
Unterdrcker. Was ihn natrlich in keinem Sinn entschuldigen kann.
All seine Zwangsmanahmen, Rentenkrzung, Lohnsenkung,
Umsatzsteuer-Erhhung wirken noch ganz anders als die schon immer
vorhandene Ausbeutung und Unterdrckung. Als existenzbedrohende
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Verschrfung fr viele (Zu den Feuerzellen und ihre mgliche
Verantwortung an den Brandbriefen 2010 siehe Artikel bei trueten.de).
Abstrakt sieht Alkis (S. 286f) in einem zusammenfassenden Aufsatz
am deutlichsten das Problem. Er fragt sich, wie der Kontaktaufrechterhalten und vertieft werden kann mit Leuten, mit denen die
Aktivisten in den Dezemberkmpfen zusammengekommen sind und
zusammen gekmpft haben. Normalerweise ist zu erwarten, dass in
Zeiten relativer Ruhe alle wieder sich in ihre Einzelwelten eingraben.
Alkis meint:
Der wichtigste Weg, uns mit ihnen persnlich zu treen
(...) sind die selbstorganisierten Versammlungen. (...) Die
Beziehungen, die sich zwischen Anarchisten,Antiautoritren und anderen Mitgliedern der Gesellschaft
entwickelt haben, erzeugen einen Wirbelwind und das
Ergebnis ist unvorhersehbar. Auf jeden Fall ist es etwas
Positives, da wir es nicht zulassen, dass sich Normalitt
und Entfremdung wieder einstellen." (S. 286)
Oberchlich liee sich das vergleichen mit dem Verhltnis zwischen
Parteimitgliedern und Sympathisanten nach den Lehren der
verschiedenen kommunistischen Parteien. Nur, dass bei Alkis undanderen hier eine Lcke klat. Was nmlich sollte sich mitteilen im
Kontakt zwischen dem gelernten Anarcho und seinen Bekannten? Bei
den Kommunisten ist das die Lehre vom notwendigen Zerfall der
Herrschaftseinrichtungen in der vorangeschrittenen Krise und von
Eingrien zu ihrer Zerschlagung. Von dieser Art Lehre ist im ganzen
Buch nichts zu nden. Und doch msste dieser Weg einer
theoretischen Selbstbegrndung gegangen werden. So dass jeder
einzelne Erkennende und Erkannt-Habende im Zweifelsfall wei, waser zu tun hat. Wo er eingreifen kann. Ohne erst auf eine
Massenbewegung warten zu mssen, die ihn dann im Wirbel mitreit.
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http://www.trueten.de/permalink/Athen-Wer-sind-die-Feuerzellen-Sind-ihnen-die-Brandbriefe-zuzutrauen.htmlhttp://www.trueten.de/permalink/Athen-Wer-sind-die-Feuerzellen-Sind-ihnen-die-Brandbriefe-zuzutrauen.html8/3/2019 Zeichen des Aufstands - #04
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UUnnvvoorhersehbarkrhersehbarkeieitt
Die autonome und anarchistische Bewegung Griechenlands
verschmht es oenbar mehr als die Bewegung des kommenden
Aufstands, wortlos einzuschreiten bei ihren Aktionen. Werden auch
aus unvermeidlichen Grnden selten Nachnamen genannt, wird doch
strker als dort vorgesehen der Versuch gemacht, das Dunkel des
Inkognito zu verlassen. Tatschlich macht die griechische Bewegung
aus einem Dezit einen Triumph. Aus der Unvorhersehbarkeit ihrer
Reaktionen. Ist das fr die Selbstausrichtung auf lange Zeit auch eine
Gefahr, so bleibt es doch berechtigte Drohung gegenber den Blut-
Abzapfern der europischen Banken. Ein Professor Sinn, der den
Griechen vor kurzem ber alle Fernsehkanle ihre alte Drachme
wieder aufbrummen wollte samt zugehriger Gropleite, hat immernoch die paar Aktiv-Elektronen im Hirn, die ihm klarmachen, dass
die Rckkehr Griechenlands zur Drachme vor allem seine Lieblinge
die Banken Europas am schwersten schdigen wrde. Er setzt,
oen eingestanden in einer seiner Verlautbarungen, trotzdem auf die
Drohung. Dann knnten die aufsssigen Griechen nmlich mit ihrer
eigenen Regierung machen, was sie wollten. Deutschland wre aus
dem Schneider. Metzgerisch deutlich ausgesprochen: Sinn und seine
Horden haben Hllenangst vor dem, was sie nur ahnen knnen.
Unberechenbarkeit der autonomen und anarchistischen Gruppen.
Denen wrde er die griechische Regierung gern zum Fra hinwerfen,
wenn nur er und sein liebes Deutschland davon nichts abbekmen.
Das Richtige, ja Beneidenswerte einer Bewegung wie in Griechenland:
sie bestrkt die oenbar verbreitete Vorsicht um den gelindesten
Ausdruck zu whlen gegenber allen staatlichen Veranstaltungen.
Es scheint tatschlich eine Bewegung entstanden zu sein, die, ohne
Wehleidigkeit, aber auch ohne Hysterie die Wunden, ja Verlusteeinsteckt, die sie erleidet, die aber auch austeilt, wo sie die Mglichkeit
dazu sieht. Oenbar hat der griechische Staat im Lauf der Zeit zu
viele Mitkmpfende zu Terroristen ernannt, als dass die Benennung
noch so abschrecken knnte wie bei uns in Deutschland. Mit einem
Wort: Es haben sich dort Leute in gewissem Sinn selbst erschaen,
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die nie vergessen, dass sie im Krieg stehen. Einem Krieg, freilich, der
ihrer Ansicht nach nie aufhren wird. Whrend dagegen die Anhnger
von Marx mit viel Erkenntnis, aber wenig Honung, trotz allem der
Aussicht auf eine klassenlose Gesellschaft nachhngen. In welcher
dann der Krieg ein Ende fr immer gefunden htte.
AG Schwarz / Tasos Sagris & Void network (Hg) 2010: Wir sind ein Bild
der Zukunft auf der Strae schreiben wir Geschichte. Texte aus der
griechischen Revolte. Laika Verlag, Hamburg.
ISBN: 978-3-942281-82-9. 366 Seiten. 24.90 Euro.
[Link zum Artikel]
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Alles was uns fAlles was uns fehlt ist die Solidariehlt ist die Solidaritttt
Bndnis fr die Einstellung der 129(a)-Verfahren
Das zarte Pflnzchen der Solidaritt gegossen
Von Thomas Trueten
Ein Buch zu den Verfahren und dem Prozess wegen Mitgliedschaft in
der militanten gruppe (mg).
Am 31. Juli 2007 wurden in einer spektakulren Aktion Axel, Florian
und Oliver bei Brandenburg an der Havel und Andrej Holm in Berlin
wegen angeblicher Mitgliedschaft in der militanten gruppe (mg)
verhaftet.
Bereits im Jahr zuvor begann das Bundeskriminalamt (BKA) mit
Ermittlungen und der Beschattung gegen die vier und weitere in den
Augen des BKA Verdchtige. Seit 2001 liefen verschiedeneErmittlungsverfahren gegen mehr als ein Dutzend Verdchtige, die
jedoch mangels Tatverdacht in den Jahren ab 2008 eingestellt wurden.
Zu Verurteilungen kam es lediglich gegen Axel, Florian und Oliver,
wobei der ursprngliche Vorwurf wegen Mitgliedschaft in einer
terroristischen Vereinigung nach 129a nicht aufrecht erhalten werden
konnte. Laut Urteil des Bundesverfassungsgerichtes Ende 2007 ist die
mg lediglich eine kriminelle Vereinigung, da sie nicht geeignet sei, den
Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefhrden.
Das schmale Bndchen Das zarte Pnzchen der Solidaritt gegossen:
Zu den Verfahren und dem Prozess wegen Mitgliedschaft in der
militanten gruppe (mg), das vom Einstellungsbndnis jetzt vorgelegt
wird, versteht sich nicht als umfassende Auswertung der
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Solidarittsarbeit, wohl aber als Handreichung fr alle, die sich mit
Antirepression auseinandersetzen, die von Repression betroen sind
oder sein knnten.
VVerbundenheierbundenheittKann es eigentlich distanzierende Solidaritt geben? Unweigerlich
stellt sich diese Frage. Auch in der Arbeit des Bndnisses gestaltete
sich die Antwort darauf sehr kompliziert, je nach politischem
Hintergrund der Akteure. Die defensive aber grundlegende
Forderung nach Einstellung der Verfahren und Abschaung des 129a
bot zwar eine erste gemeinsame inhaltliche Basis, darber
hinausgehende Fragen wie die nach der Legitimitt der Zerstrung
von Kriegsmaterial blieb einige Zeit umstritten. Die Erkenntnis desZusammenhangs zwischen Aggression nach auen und Repression
nach innen musste sich erst erstritten werden.
Solidarittsarbeit ndet naturgem mit erheblichem Gegenwind
statt, vor allem auch mit medialem. Whrend es im Fall von Andrej
Holm relativ schnell gelang, eine auch internationale Solidaritt zu
entwickeln schlielich stand er fr kritische Wissenschaft
versuchten Medien entlang der Linie Stellung zu praktischem
Antimilitarismus diese von den Verfahren gegen Axel, Florian undOliver zu spalten, um diese zu isolieren.
Damit wurde das Konstrukt der Bundesanwaltschaft von Andrej Holm
als intellektuellem Kopfder mg und Axel, Florian und Oliver als den
ausfhrenden Brandsatzlegern bedient. Whrend das Medienecho
hinsichtlich Andrej half, den ganzen Fall bekannt zu machen, verschob
sich der Schwerpunkt der Wahrnehmung bis zum Prozessbeginn auf
Axel, Florian und Oliver.
Entscheidend ist die eigene entlichkeits- und Pressearbeit, aber
auch die Bedienung des entlichen Interesses der Medien, so die
Bilanz der Autoren. Denn mit der zunehmenden Dauer des Prozesses
nahm nicht nur das Interesse der Medien ab. Insbesondere die
brgerlichen Medien blendeten auch gerne den politischen Kontext
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aus oder reduzierten die Skandalisierung wie bei Andrej Holm auf
dessen berwachung durch das BKA.
GGrabenkmpfrabenkmpfee
Auch fr eine Reihe Linkerwar es oenbar nur schwer zu verdauen,dass sich der 129a . gegen alle richtet, die sich nicht mit dem
Kapitalismus, mit Ausbeutung und Unterdrckung abnden wollen und
nach Wegen suchen, das herrschende System zu berwinden.
Der Vorwurf der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung ist
allerdings schnell zusammengezimmert. Der Logik der
Ermittlungsbehrden sind kaum Grenzen gesetzt. Als mg verdchtig
gilt bereits, wer einen gut sortierten Bcherschrank hat mit Werken
von Marx, Lenin, Luxemburg, Liebknecht, Karl-Heinz Roth, Joachim
Hirsch, Wolf Wetzel, Sebastian Haunss oder Gerhard Hanloser und
Zeitschriften wie wildcat oder iz3w liest. Auch diejenigen, die keine
derartige Literatur besitzen machen sich verdchtig: Die gelten dann
eben als besonders konspirativ.
Die Solidarittsgruppe arbeitet heraus, dass alles darauf hinauslief,
einen politischen Prozess zu fhren, statt einer Unschuldskampagne,
die darauf abzielt, nur die Verhaftung, einige Ermittlungsmethodenund -hintergrnde zu skandalisieren. Auch wenn der Preis fr die
zunehmende antimilitaristische Schwerpunktsetzung und die auf Axel,
Florian und Oliver das Wegbleiben vieler Befrworter einer
brgerlichen breiten entlichkeit war. Problematisch stellte sich an
der Frage der Mitarbeit der Beschuldigten im Einstellungsbndnis
heraus, dass die 129/a/b schnell auch diejenigen, die sich solidarisch
zeigen, Kontakt zu ihnen haben oder politisch Position beziehen, zur
kriminalisierten Vereinigung hinzugerechnet oder auch als Zeugen
geladen werden knnen.
Praktische SolidariPraktische Solidaritt Knastarbeitt Knastarbeitt
Sehr konkret beschftigt sich die Solidarittsgruppe mit dem Thema
Knastarbeit und den Konsequenzen der Haft fr die Betroenen und
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net damit auch den Blick fr die Situation vieler nicht nur
politischer Gefangener. Sobald Axel, Florian und Oliver ihre Haft
antreten mssen haben sie als nicht Vorbestrafte gute Chancen auf
oenen Strafvollzug oder als Freignger tagsber den Knast zu
verlassen. Dazu mssten sie sich jedoch den Entscheidungen derStrafvollzugskommission unterwerfen, was unter anderem bedeutet,
sich auf die Erforschung der Persnlichkeit und Lebensverhltnisse,
insbesondere das Verhltnis des Gefangenen zu seiner Tat bezglich
einer Schuldeinsicht, einzulassen. Eine Kooperation ist Voraussetzung
fr den oenen Vollzug, eine vorzeitige Entlassung, mit politischen
Folgen: Es ist kein kmpferisches Verhltnis mehr.
KKeine Pldoeine Pldoyyers, aber ein Uers, aber ein Urteilrteil
Die Anwlte der Beschuldigten legten in einem Beweisantrag dar,
dass die Wahrscheinlichkeit gro ist, dass das BKA und BAW gegen
mutmaliche radikal- Redakteure bewusst unter einem falschen Label
ein 129a Verfahren eingeleitet hatten, um so den ganzen
Verfolgungsapparat einsetzen zu knnen. Das Urteil in dem
politischen Prozess stand schon vor den Pldoyers und trotz einer
teilweise schwachen Indizienlage fest. Die Vorwrfe, die drei wren
Mitglieder der mg wurden zum Teil mit durchsichtigen
Spitzelinformationen die nicht bewiesen werden konnten und
mussten und anderen fadenscheinigen Beweisen belegt. Besonders
bekannt wurde in dem Zusammenhang, dass sich das BKA an der
Militanzdebatte in der Interim mit zwei Textbeitrgen beteiligte, um
die mg zu einer Stellungnahme zu provozieren. Der dazu vernommene
BKA Zeuge stritt dies erst ab und log damit. Was das Gericht nicht
daran hinderte, seine sonstigen Angaben fr glaubwrdig zu halten.
Gerichtsfeste Belege gab es lediglich fr die versuchte Brandstiftung.Deshalb agierten die Anwlte politisch und verzichteten auf Pldoyers.
In den politischen Beweisantrgen kamen sie zuvor zu dem Schluss:
Widerstand gegen vlkerrechtswidrige Kriege ist legitim; frei nach
dem Motto: Was in Deutschland brennt, kann in Afghanistan keinen
Schaden mehr anrichten.
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Das Einstellungsbndnis arbeitet als Motiv heraus, dass die
Ermittlungsbehrden bewusst den Versuch unternahmen, ber den
mg Prozess an mutmaliche radikal- Autoren heranzukommen. Der
ursprnglich als Grundlage des Ermittlungsverfahrens angegebene
Kontakt zwischen Andrej Holm und Florian reichte im Urteil geradenoch als Beleg fr konspiratives Verhalten.
Eine ErfEine Erfolgsstoolgsstoryry
Die Solidarittsgruppe unterstreicht in ihrem Resmee, dass ihre
Arbeit trotz teilweise gravierender Schwchen erfolgreich war und
macht das daran fest, dass sich das Bndnis trotz seiner Heterogenitt
nicht hat spalten lassen. Die Repression hat vielmehr auch Leute
zusammengebracht, die sonst nie zusammengekommen wren und sodie Organisiertheit vorangetrieben. Das ist nicht immer so, denn es
gibt zahlreiche andere politische Prozesse, die nicht derartig
prominent sind wie das mg Verfahren.
Jedem daran Beteiligten sei das Buch zu empfehlen.
VVeranstaltungen zum Beranstaltungen zum Buchuch
Veranstaltung in Berlin: Linke Buchtage
Samstag 4.6., 12h, Blauer Salon, Mehringhof, Gneisenaustrae 2a
Veranstaltung in Mnster
Freitag 17.6., abends, Ladenlokal ohne Namen, Nieberdingstrae 8
Anlsslich der Buchverentlichung "Das zarte Pnzchen der
Solidaritt gegossen" ldt das Einstellungsbndnis zu Veranstaltungen
ein. Mitglieder des Soli-Bndnisses unterhalten sich ber Solidaritt,
Antirepressionsarbeit, Streitkultur, Antimilitarismus, Knast u.a.m.
Bndnis fr die Einstellung der 129(a)-Verfahren 2011: Das zarte
Pnzchen der Solidaritt gegossen. Edition Assemblage, Mnster.
ISBN: 978-3-942885-00-3. 86 Seiten. 4.80 Euro.
[Link zum Artikel]
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1945 Rter1945 Rterepubepublik im Nlik im Nirgendirgendwwoo
Stefan Heym
Schwarzenberg
Von Fritz Gde
Heym entwickelt am historischen Beispiel des zeitweise unbesetzten
Landkreises Schwarzenberg zwischen Amerikanern und Russen das
Laborexperiment eines Rte-Deutschlands, erwachsen aus eigener
Kraft.
Schon gegen Ende der Zeit, die der DDR auf Erden gegeben war,
stt Heym auf Berichte des eigenstndigen Wiederaufbaus im sechs
Wochen lang nicht besetzten Landkreis Schwarzenberg. Er, aus den
USA freiwillig zurckgekehrt, hatte seit seiner Ankunft 1953 immer
wieder seine Streitigkeiten mit der Obrigkeit gehabt. SeineDarstellung der Ereignisse 1953 "Fnf Tage im Juni" war parteiamtlich
gergt worden. Spter gab es immer wieder Zeiten der geduldeten
Publikationen, aber immer wieder auch solche der Querelen. Angeblich
wegen nanzieller Verfehlungen korrekter oder inkorrekter
Abfhrung westlicher Honorare, man kennt das! immer wieder
Verbote. Nie allerdings Knast! Auch keine bekannt gewordenen
Versuche der Abschiebung in den Westen. Seine Lebensumstnde
belebten die Phantasie des Romanautors, als er begann, sich eine
Regierung auszumalen, die sich anders htte entwickeln sollen als diebeiden Deutschlands, die Heym ausgiebig durchgeschmeckt hatte und
stark versucht war, beide auszuspeien aus seinem Munde, wie es in der
Bibel heit.
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Schwarzenberg steht literarisch weit zurck hinter mehr
durchgearbeiteten Werken wie Knig Davids Bericht oder auch Collin.
Als trainierter Romancier arbeitet der Autor mehrere
Liebesgeschichten ein, die ausgesprochen leer verlaufen. Ohne
nachvollziehbaren Ausgang in einer vorstellbaren Welt. Wichtig bleibtder kurze Roman aber als Denkexperiment.
SchSchwarzenberg - Leerraum zwischen den Zowarzenberg - Leerraum zwischen den Zonennen
Es muss wirklich aus irgendwelchen Berechnungsfehlern der
einmarschierenden Gromchte ein paar Wochen lang das Vakuum
Schwarzenberg gegeben haben, zwischen den festgelegten
Zonengrenzen der USA und der UDSSR. Vermutlich hatten beide
Seiten Angst, durch unberechtigten und unerwarteten Vorsto dieGegenseite vorzeitig zu verrgern. Heym erndet sich einen alten KP-
Genossen Kadlitz als Erzhler der Vorgnge. Dazwischen tritt er immer
wieder in eigener Person als allwissender Erzhler auf.
Wie es wohl berall mehr oder weniger geschehen ist, treen sich
Einwohner im Rathaus und berprfen die Lage. Man erwartet, wie
das im Schwarzwald in Wolfach schon im April 1945 geschah, die
jeweilige Besatzung und erwartet, durch lange Kriegsjahre trainiert,
deren Anweisungen. So habe ich es als Kind miterlebt.
In Schwarzenberg fehlen die Besatzer zur allgemeinen
berraschung. Die berlebenden des Krieges treen sich wieder im
alten Arbeiterheim, das der SS die letzten Jahre als Hauptquartier
gedient hatte. Es muss etwas geschehen. Also beschliet die zur
Diskussion versammelte Gruppe aus Arbeitern ehemals KPD, SPD,
parteilos bunt gemischt, den Nazibrgermeister abzusetzen, wegen
geringer Kraft aber den Landrat, kein Parteimitglied der NSDAP, im
Amt zu lassen. Der beginnt die vertrauensvollen Revoluzzer sofort zu
betrgen und schickt Flehbriefe an die amerikanische Besatzung in
den Nachbarkreisen, ihn und das Gebiet sofort zu besetzen. Wegen
Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung.
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Erste SchriErste Schritte zur Selbstvtte zur Selbstverwaltungerwaltung
Die mit Verwaltung vllig unvertrauten Leute im Rathaus kmmern
sich um Sicherstellung von Lebensmitteln, Trmmerbeseitigung,
Zuteilung von Verwaltungsarbeiten. Und schaen es. In diese Gruppe
tritt Wolfram ein, halbverhungert, aus dem Nazi-Gefngnis in Dresden
beim groen Brand entkommen. Er, Halbjude, ndet sich in seiner
Vaterstadt wieder. Die Eltern waren gedemtigt worden, der Vater in
der Schubkarre von seiner eigenen Frau durch die Stadt geschoben.
1938. Darauf bald verstorben. Seine Frau kurz danach. Wolfram, die
Hauptperson, hat in frhen Nazizeiten ber utopische Entwrfe eine
Dissertation geschrieben, die von seinem Prof, einem SS-Mann, als
staatsfeindlich zurckgewiesen wurde. Er selbst kam spter wegen des
Universaldelikts Hochverrat ins Gefngnis. Dort entwickelte er seineberlegungen weiter. Sie enden im Entwurf einer Staatseinrichtung,
welche einer Rterepublik so nahe wie mglich kommt. Unter seinem
Einuss gewhnen sich die Mitglieder des ersten Rates an, von ihrem
Gemeinwesen als einer "Republik Schwarzenberg" zu sprechen, von
der sie im Lauf der Wochen annehmen, sie knnte als
Experimentierfeld fr ein freies Gesamtdeutschland bestehen bleiben.
Auf Seite 136 wird die Entstehung eines Verfassungsentwurfs
ausfhrlich geschildert. "Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus" So
fngt das noch ganz traditionell an. Dann fallen Wolfram freilich die
begeisterten Massen bei Hitlerdurchfahrten ein: Waren die nicht auch
Volk? Also ein vorsichtiger Zusatz: Das Volk ist der Gesetzgeber,
vertreten durch seine in freier, allgemeiner und geheimer Wahl
gewhlten Deputierten. Es kann aber auch durch Volksbegehren und
Volksentscheid Gesetze direkt beschlieen und vorhandene abndern"
(S. 139). Das reicht als Abwehr einer Diktatur immer noch nicht.
Die Brger der Republik sind vor dem Gesetz gleich.Es gibt keine Privilegien, weder was die Nutzung von
entlichen Gtern noch von staatlicher Macht betrit.
(...)Die im entlichen Dienst stehenden Brger begreifen
sich als Diener des Volkes, nicht als dessen Oberherrn, und
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ihre Entschdigung bertrit in keinem Falle die Lhne
der in der Produktion stehenden Arbeiter" (S. 139).
Als spter ein kleiner Finanzverwalter auftaucht, und den Herren die
streng abgestuften Gehlter auszahlen will, die die jeweiligen Amtsinhaber im Dritten Reich bekommen htten, halten sich
berraschenderweise alle an die neue Regel. Keine Abstufung!
Und weiter, ganz nach dem, was der Verfasser oder zumindest Heym
von der Commune Paris 1871 noch im Kopf hatte: jederzeitige Abwahl
eines jeden Deputierten. Kollektive Arbeit, im Sinn der Abweisung
der Teilung der Gewalten. Die beratende Gruppe ist jeweils auch die
ausfhrende. Vertretungsbefugt nach auen sind jeweils die mit einer
bestimmten Arbeit beauftragten Genossen. Es gibt also keinenstndigen Regierungschef. Und fr deutsche Ohren das Hrteste: Das
stehende Heer ist abgeschat. Im Notfall werden Arbeitermilizen
zusammengerufen, die fr die Zeit ihres Notdienstes vom Arbeitgeber
freizustellen sind.
Enteignet werden Banken und die Groindustrie. In allen Betrieben
werden Betriebsrte gewhlt und mit allen Vollmachten ausgestattet.
Sie regeln Arbeitsverhltnisse und Lhne, sowie die Beziehung zu
anderen Produktions-Sttten.
Die meisten Gedanken macht sich der Verfassungsgeber ber
Meinungsfreiheit. Kann diese vollkommen gewhrt werden, wenn doch
im Marxismus? alles Wahre schon gesichert ist. Muss dann jede
Abweichung davon nicht gleich als Strung bekmpft werden?
Trotzdem wird, und das ist fr das Roman-Ende wichtig, trotzig
uerungsfreiheit in jeder Hinsicht in die ausgedachte Verfassung
eingeschrieben.
Anklage vAnklage voor allem gegen die russische Besatzungr allem gegen die russische Besatzung
Am Ende des Romans wird, eben wegen gefhrlicher entlich
geuerter Meinung, die Hauptgur von einem russischen
Befehlshaber festgenommen. Und, wie mehr zu erraten als zu erfahren
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ist, nach Russland verfrachtet. Und verbringt dort Jahre in einem
Lager. Von wo er weihaarig zurckkommt, eine Professorenstelle
erhlt und alles, was er einst vertrat, wieder als Utopie erklrt, nun
aber in dem Ton abschtzigen Wegfegens, wie er in West und Ost
blich geworden ist.
Die Figur knnte sich leicht an die des Philosophieprofessors Wolfgang
Harich anlehnen. Der erhielt wegen angeblich hochverrterischer
Westkontakte acht Jahre Knast. Und ging gebrochen und reuig aus
ihnen hervor.
Der Roman spielt zwischen den Lagern der USA und der UDSSR.
Heym, der selbst als amerikanischer Ozier in Deutschland einzog,
hat vielleicht in dem mittelmig interessierten amerikanischen jungen Leutnant nachtrglich ein Selbstportrt geschaen. Die
Amerikaner ziehen sich zwar nach Korrektur der Besatzungszonen
ohne Kampf aus Thringen und Sachsen zurck und berlassen
Schwarzenberg dem schon damals verdchtigten Feind UDSSR.
Greifen aber nirgends feindlich in Schwarzenberg ein.
Als wirklich heimtckisch werden aber Teile der russischen
Besatzungsarmee geschildert. Einen verdchtigen hochgesinnten
Major lassen sie im Kampf gegen eine letzte Nazihorde bewusst insMesser laufen. Erhard Reinsiepe kommt ebenfalls sehr frh aus
Dresden, nimmt an allen Beratungen teil, jeweils mit "hhnischem
Lcheln" wie es heit, wenn von der "Republik Schwarzenberg" die
Rede ist. Schlielich beteiligt er sich nicht nur als Denunziant, sondern
auch handgreiich an der Festnahme Wolframs. Sein Vergehen: Er hat
sich in der letzten Sitzung des Rats dafr eingesetzt, einen uersten
Versuch zu machen, ber einen Vertrag zwischen den
Besatzungsmchten die Republik doch noch zu retten. Ganz am Endestellt sich heraus, dass Reinsiepe am Verstummen durch Schock der
Begleiterin Wolframs unmittelbare Schuld trgt. Diese begleitete
Wolfram stumm durch den ganzen Roman. Reinsiepe hatte sie unter
einem brennenden Balken erkannt in der Brandnacht Dresdens im
Februar 1945. Aber hatte sich mit Rettungsarbeiten keine Sekunde
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aufhalten "drfen". Denn er hatte einen Auftrag. Er, als einzelner,
wusste, was sich unter den Bergen um Schwarzenberg verbarg. Uran.
Eben dort wurde spter die Wismuth-AG gegrndet. Darum also...
Am Anfang des Romans wird fter von der Macht gesprochen, die
jetzt auf der Strae liege. Am Ende stellt sich heraus: sie lag niedort, sondern immer in den Hnden der einmarschierenden Roten
Armee. Genau genommen: der machtbewussten Fhrung im Sinne
Stalins. Diese Schlussenthllung wirkt ausgesprochen schwach. Weil
die ungeheuren Anstrengungen der verschiedenen Vlker Russlands
darber in Vergessenheit geraten, nicht nur sich selbst, sondern
wirklich auch die Menschheit vom Faschismus zu befreien.
Wie gesagt: es handelt sich bei "Schwarzenberg" nicht um ein
durchgearbeitetes Kunstwerk. Trotzdem empehlt sichKenntnisnahme. Wenn wir nach den Wegen fragen, die nach Marx
eingeschlagen wurden, um die Tendenz handelnd zu erfllen und zu
vollenden, die er erkannt hatte, dann sollte dieses kleine Stck
Montage aus Erinnerung und Phantasie nicht ganz vergessen bleiben.
Diese Rezension beruht auf folgender vergriener Auage:
Stefan Heym 1984: Schwarzenberg. Bertelsmann Verlag, Mnchen.
ISBN: 3-570-00140-7. 309 Seiten. 34,00 DM.
Derzeit kann aber diese Auage erworben werden:
Stefan Heym 2004: Schwarzenberg. btb Verlag, Mnchen.
ISBN: 978-3-442-73361-3. 272 Seiten. 8.00 Euro.
[Link zum Artikel]
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IIslamfslamfeindlichkeindlichkeieit in Deut in Deutschlandtschland
Achim Bhl
Islamfeindlichkeit in DeutschlandUrsprnge | Akteure | Stereotype
Von Ismail Kpeli
Achim Bhl zeichnet in diesem Buch historische Islamfeindlichkeit bis
hin zu modernen Ressentiments nach.
Die Existenz einer Feindschaft gegenber Muslimen in Deutschland
wird, sptestens seit der Sarrazin-Debatte immer weniger in Frage
gestellt. Dieser Befund wird durch empirische Untersuchungen (etwa
des Instituts fr interdisziplinre Konikt- und Gewaltforschung in
Bielefeld) besttigt, in denen die Akzeptanz antimuslimischer
Ressentiments durch breite Bevlkerungsschichten in Deutschland
und Europa nachgewiesen wurde.
Allerdings bleiben viele andere Aspekte nach wie vor umstritten. So
ist die Frage nach der richtigen Begriswahl in der deutschsprachigen
Literatur noch ein Streitpunkt. Je nach Autor, Erkenntnisinteresse und
politischer Ausrichtung wird etwa von Islamophobie, Islamfeindschaft
oder antimuslimischem Rassismus gesprochen, um einige der Begrie
zu nennen (Dagegen hat sich in der englischsprachigen Debatte
Islamophobia gegenber anderen Begrien eindeutig durchgesetzt).
Aber auch die gesellschaftliche Relevanz dieser Feindschaft und dieVergleichbarkeit zum Antisemitismus werden kontrovers debattiert.
Achim Bhl, ein Teilnehmer dieser Debatten, hat jetzt seine politische
Positionierung in einem Buch verentlicht. Das Buch selbst fllt in
zwei Teile. Die erste Hlfte beschftigt sich mit der historischen
Islamfeindlichkeit und dem Islam selbst. Hier werden auf etwa 120
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Seiten viele Themen angerissen: Die Kreuzzge, die Trkengefahrim
Mittelalter, Martin Luthers Antisemitismus und Islamfeindschaft, die
Reconquista in Spanien, der Orientalismus, Karl May, Max Weber und
die deutsch-trkischen Beziehungen. Es schliet sich ein krzeres
Kapitel an, in dem betont wird, inwiefern Islam ein Teil dereuropischen Kultur und eine dem Christentum und Judentum
verwandte Religion ist mit der Absicht, die Konstruktion des Islams
als anders und fremd zu durchbrechen.
In dieser ersten Hlfte sind neben einigen interessanten
berlegungen, wie etwa ber die Bedeutung der Reconquista fr
weitere Entwicklungen von Antisemitismus und Islamfeindlichkeit,
leider viele Mngel festzustellen. Erstens ist die Auswahl der Quellen
und Literatur sehr fragwrdig. Die umfassende wissenschaftlicheLiteratur wird zu selten bercksichtigt, es wird berwiegend aus
beliebigen Internetseiten geschpft. Zweitens ist die Wahl,
Verknpfung und Gewichtung der Aspekte, die in den Kapiteln ber
die historische Islamfeindlichkeit behandelt werden, nicht
nachvollziehbar. Sprunghaft werden einzelne Diskurse und Debatten
zu den jeweiligen Jahrhunderten erwhnt, ohne dass ein roter Faden
und Verbindungslinien sichtbar werden. Ob und wie Akteure aus
diesen Debatten sich aufeinander bezogen haben, wird nicht nherausgefhrt. So bleibt die Begrndung fr die These, dass hier eine
tausend Jahre alte Islamfeindlichkeit festzustellen sei, eher drftig.
Wesentlich anregender und interessanter ist die zweite Hlfte, die
sich um die moderne Islamfeindlichkeit dreht. Zwar ist auch dieser
Teil eher eine politische Positionierung als eine wissenschaftliche
Untersuchung und auch hier ist die Auswahl und Qualitt der
verwendeten Quellen und Literatur stellenweise fragwrdig. Des
Weiteren werden Begrie wie Antimohammedanismus kreiert, diesich weder in der wissenschaftlichen noch in der entlichen Debatte
wiedernden lassen. Hier wre es sinnvoller gewesen, den
wissenschaftlichen Forschungsstand fr die entliche Debatte zu
bersetzen also eine Vereinfachung und Entdierenzierung der
wissenschaftlichen Debatte zu leisten. Stattdessen werden weitere
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Themen angeschnitten, die dann vielfach unzureichend diskutiert
werden. So werden auf gerade Mal einer Seite der islamische
Antisemitismus und der islamfeindliche Antisemitismusvorwurf
angerissen. Eine solche Vorgehensweise fhrt eher zu Verwirrungen
als zur Klrung kontroverser Themen.
Aber immerhin: Der Autor konzentriert sich mehrheitlich auf die
Islamdebatte in Deutschland und leistet hier eine fundierte Kritik an
antimuslimischen Ressentiments. Bhl schiet dabei manchmal ber
das Ziel hinaus, wenn er etwa die entwicklungspolitische Gruppe
Aktion 3. Welt Saarals rassistisch bezeichnet und ihr eine ideologische
Nhe zu Samuel Huntington und dem historischen
Sendungsbewutsein des imperialistischen Kolonialismus (S. 253)
unterstellt. Abgesehen von solchen Merkwrdigkeiten ndet sich vielfach eine engagierte politische Positionierung gegen
Islamfeindlichkeit. Die Akteure und Positionierungen in der
Islamdebatte werden aufgeschlsselt, als islamfeindlich eingestufte
Inhalte verrissen. Die deutliche Benennung und die bersichtliche
Darstellung geht zwar auf Kosten einer ausdierenzierten
wissenschaftlichen Analyse, ist aber fr die politische Debatte
durchaus vorteilhaft.
Insgesamt scheint es fast so, als wrde sich die Islamdebatte in diesem
Buch widerspiegeln. So nden sich hier ebenfalls drftig belegte
Behauptungen und falsche Verknpfungen neben berzeugenden
Analysen und nachvollziehbarer Kritik. Die methodischen und
inhaltlichen Mngel in der ersten Hlfte und manche allzu polemische
Formulierung in der zweiten Hlfte des Buches bieten oene Flanken
fr Verrisse, wie sie in der FAZ (4. April 2011) zu lesen waren
und knnen auch von wohlwollenden Lesern kaum bersehen werden.
Eine Konzentration auf die Debatten in Deutschland wre die richtigeEntscheidung gewesen, die leider versumt wurde.
**
Eine krzere Fassung dieser Buchrezension erscheint in der iz3w (Nr.
325, Juli/August 2011)
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http://www.faz.net/s/RubA330E54C3C12410780B68403A11F948B/Doc~E6EF0C6C4A9964D7E81AD1116791E887D~ATpl~Ecommon~Scontent.htmlhttps://www.iz3w.org/https://www.iz3w.org/http://www.faz.net/s/RubA330E54C3C12410780B68403A11F948B/Doc~E6EF0C6C4A9964D7E81AD1116791E887D~ATpl~Ecommon~Scontent.html8/3/2019 Zeichen des Aufstands - #04
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Achim Bhl 2010: Islamfeindlichkeit in Deutschland. Ursprnge |
Akteure | Stereotype. VSA-Verlag, Hamburg.
ISBN: 978-3-89965-444-8. 320 Seiten. 22.80 Euro.
[Link zum Artikel]
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Das MarxbDas Marxbild?ild?
Rolf Hosfeld
Die Geister, die er riefEine neue Karl-Marx-Biografie
Von Dirk Brauner
Ein Autor, eine Biographie, eine Person, ein Bild.
Rolf Hosfeld erhielt 2010 fr diese Biographie den Literaturpreis der
Friedrich-Ebert-Stiftung. Auch wenn dieses Jahr bei rororo eine neue
Biographie Hosfelds zu Marx erschien, soll hier auf sein preisgekrntes
Werk geschaut werden, da es umfangreicher als das Neuere ist und
sich deshalb ein besseres Bild machen lsst, wie der Autor das Thema
darlegt.
Die Schwierigkeit einer Biographie bei einem Theoretiker wie Marxist wohl, dass neben den biographischen und zeitgeschichtlichen
Geschehnissen, aus denen sich der Werdegang erzhlen liee, die
Gedanken eine ausgesprochen bedeutende Rolle spielen. Hosfeld
zeichnet nun in dieser Biographie die Entwicklung der Gedanken nach,
um die er, wie um einen roten Faden, die anderen Geschehnisse und
Verhltnisse ordnet. Das eine bedingt natrlich das andere und Hosfeld
schat es die verschiedenen Strnge im Wechselspiel zu einem
essayistisch geschriebenen Ganzen zu verbinden. Dazu gliedert er das
Buch in die Abschnitte Ideen, Taten, Entdeckungen und Folgen
und lsst auf 222 Seiten mit 670 Zitaten Marx und auch andere, recht
oft zu Wort kommen. Hosfeld bleibt im Hintergrund und erklrt im
lehrreichen Ton. Dabei, und das ist erst mal eine gute Idee, versucht er
unaufgeregt zwischen den Zitaten zu moderieren und damit zu einem
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berblick zu gelangen. Bemerkenswert wird es dann, wenn Hosfeld
sich doch in den Vordergrund wagt:
Marx wollte seitdem immer, sein knftiges Leben lang
durch die umgekehrte Geschichtstheologie der elftenThese ber Feuerbach verzaubert, eine auf den Kopf
gestellte Welt durch Einebnung von Komplexitten
verndern, anstatt sie nur zu interpretieren und damit
vielleicht in Grenzen beherrschbar zu machen. Mit einer
richtigen Interpretation der Widersprche des
Kapitalismus wre allerdings schon viel gewonnen. Jede
vernnftige Politik staatlicher (und globaler) Regulierung
ist schlielich darauf angewiesen, ob und wie weit man
das, was reguliert werden soll, richtig interpretiert hat.(S. 192)
Der Vorwurf der Reduktion der Komplexitt zeigt wie Hosfeld sich
wertend uert. Dass solch ein Vorwurf auch fr diese Biographie
gelten kann, weil sich Hosfeld des Mittels der Vereinfachung selbst
bedient, scheint ihm nicht in den Sinn gekommen zu sein. Eine
umfassende Zusammenfassung kann es natrlich nicht sein. Muss es
auch nicht. Um dieses komplexe Thema auch nur irgendwie fr eine
solche Biographie handsam zu machen, muss Hosfeld vereinfachen. Es
wirkt deshalb aber umso widersprchlicher, wenn auf dem Buchrcken
steht: In dieser Biographie erfahren Sie alles ber den gescheiterten
Revolutionr und sein ebenso umstrittenes wie grundlegendes Werk.
Sicher ist das nur Reklame, aber sicher ist dieses Buch auch das
- Reklame mit Marx. Hier wird Marx werbewirksam zwischen die
Buchdeckel gefaltet. Hosfeld lsst die theoretischen Debatten, wie zu
jener Frage, ob es einen konzeptionellen Bruch zwischen dem altenund dem neuen Marx gibt, schlicht beiseite. Eine solche dierenzierte
Darstellung lsst er nicht zu, sondern legt uns nur seine Perspektive
nahe. Er diagnostiziert bei Marx zum Beispiel, dass dessen
materialistische Eschatologie eine fatale Tendenz sei, die schon in
den Frhschriften angelegt sei. (S. 222) Auch kommt Hosfeld nicht
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umhin wesentliche Merkmale ausmachen zu wollen, wie, dass Marx
prinzipiell antinomisch denken wrde. (S. 50) Dabei legt Hosfeld auch
Widersprche und Ungereimtheiten dar, nur ordnet er sie den
wesentlichen Merkmalen, also vermeintlichen charakteristischen
Zgen, unter, um zu einer (seiner) Marxidentitt zu kommen. Deshalbbleibt es insgesamt nur bei einem runden Bild, anstatt Bildern.
Auf der Frankfurter Buchmesse 2009 lie Hosfeld verlauten, dass Marx
als ein Wissenschaftler seiner Zeit ein geschlossenes Gesellschaftsbild
trug, was ihn glauben lie, dass die Ablufe vorherbestimmt seien.
Nun, Hosfelds geschlossenes Marxbild sollte niemanden glauben
lassen, dass es ein solches allgemeines Bild gibt.
Wer es als ein gutgeschriebenes Sachbuch lesen will, sollte denhosfeldschen Stempel im Blick behalten. Wer sich aber mit den
Theorien beschftigen will, kann es sein lassen, weil dieses Buch durch
seine gewisse Einseitigkeit einem oenen Umgang im Wege steht.
Rolf Hosfeld 2009: Die Geister, die er rief. Eine neue Karl-Marx-
Biograe. Piper Verlag, Mnchen.
ISBN: 9783492052214. 270 Seiten. 19.95 Euro.
[Link zum Artikel]
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Gestern MGestern Moorgenrgen
Bini Adamczak
Gestern Morgenber die Einsamkeit kommunistischer Gespenster und die Rekonstruktionder Zukunft
Von Fritz Gde
Es ist Bini Adamczak gelungen, Material, das bisher von denAntikommunisten aller Art aufgeboten wurde, um und umzudrehen,
um in ihm nicht Zeugnisse des Siegs der Revolution zu erblicken, wohl
aber ihrer Unbesiegbarkeit selbst in Verbrechen und Untergang.
Neunzig Jahre Oktoberrevolution. Siebzig Jahre Moskauer Prozesse.
Die These Bini Adamczaks in ihrem neuen Buch: Wir knnen nicht
erinnernd die Oktoberrevolution 1917 aufgreifen, ohne zuvor auf ihre
virtuelle Aufhebung, ja Vernichtung 1937 zu stoen.
Sie verrammelt zunchst alle Scheinausgnge. Es kann nicht neu
angefangen werden im Rckgang auf Marx. Keinerlei Neujahrsschnee
der guten Vorstze, mit der Zusatzbemerkung: Danach htte es nur
Verfehlungen gegeben, die aber dieses Mal garantiert alle vermieden
wrden. Die Theorie von Marx selbst bleibt nicht unberhrt von den
Taten und Untaten derer, die sich auf ihn beriefen.
Unzulssig, unzugnglich aber auch die heute beliebteste Lsung:
1917 war selbst der grte Fehler. Vergessen wir Oktober 1917 undFebruar gleich mit! Es htte mit dem Zaren so unblutig weitergehen
knnen!
Unzulssige Ausrede, nicht nur, weil das Zarenregime zu Recht wegen
Unfhigkeit abtreten musste. Unzulssig und unmglich, gerade weil
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die Opfer der Prozesse 1937 - und alle vorher und nachher - einen
unabweisbaren Anspruch erheben: ihren selbst durch Qual, Sibirien,
Haft und Tod nicht zum Schweigen zu bringenden Wunsch - aus den
erstickten Schlnden - noch zu vernehmen. Die Erkenntnis, dass das
Begehren der Erniedrigten und Getteten erstickt wurde aus demInnern der Bewegung selbst, der sie anhingen, darf nicht zum
Vergessen, muss gerade zum Ernstnehmen fhren. Nur um der
Honungslosen willen ist uns die Honung gegeben sagt Benjamin
in der Wahlverwandtschaften-Arbeit. Bini Adamczak spitzt das
sinngem weiter zu: Honungslosigkeit enthlt einen Appell an alle,
die noch Honung zu haben beanspruchen.
Welche Zeugen ruft Admczak auf, um die schwache Stimme der
Zusammengebrochenen fr uns hrbar zu machen?
- Buber-Neumann, Frau des Kommunisten Neumann, die von der
Sowjetregierung in die sibirischen Lager geschickt worden war,
whrend der Pakt-Zeit mit vielen anderen deutschen und
sterreichischen Kommunistinnen und Kommunisten an Deutschland
ausgeliefert wurde und dort im KZ Ravensbrck bis zur Befreiung zu
berleben hatte.
- Weiberg-Cybulski, stereichischer Kmpfer im Revolteversuch 1934,einer der schrfsten Analytiker der mglichen Absichten, die das nach
auen kontraproduktiv erscheinende Vernichtungswerk Stalins htte
haben knnen. Genauester Zeuge einer besonderen Art indirekter
Folter: des Conveyer. Des stunden- und tagelangen Dauerverhrs
durch wechselnde Beamte. Der lngste bekannt gewordene Fall
umfasst neunzig Stunden - ohne Unterbrechung fr den Verhrten.
Weissberg-Cybulski erlag immer neu - und leistete zur Verzweiung
der Verhrenden immer neu seinen Widerruf.
- Herangezogen wird auch Sperbers Riesen-Roman Wie eine Trne im
Ozean, in den zahllose echte Schicksale verarbeitet wurden.
Ein ganz furchtbares Beispiel hat Bini Adamczak wieder ausgegraben,
von Reinhard Mller herausgegeben in einem Rowohltbndchen: "Die
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Suberung. Stenogramm einer geschlossenen Parteisitzung."
Schriftsteller, die sich ins Exil gerettet hatten, zermartern sich das
Hirn, was sie und andere sich an Verbrechen htten zuschulden
kommen lassen knnen. Wer hat in Prag wen gekannt, der sich spter
als Trotzkist herausstellte? Oder ging es gar nicht darum?
Hier sogar im Selbstverhr - ohne einen drngenden Parteibeamten.
Das Perde der Verhrtechnik bestand darin - und hier wurde sie
verinnerlicht -, dass dem Beschuldigten kein konkreter Tatvorwurf
gemacht wurde. Er selbst hatte sich abzuqulen: Wo lag mein
Verbrechen? Da vor den unerfllbaren Forderungen der Theorie ein
jeder die deutlichste Erkenntnis des Versagens hatte (hatte in
Deutschland nicht die Konterrevolution in ihrer schndlichsten Form
gesiegt?), fand der Bergmann des eigenen Inneren immer allzu vielUnrat. Den er dann unterwrg prsentierte.
Lukacs selbst beteiligt sich als externer. Er hatte das Glck, Mitglied
des ungarischen Schriftstellervereins zu sein, nicht des deutschen.
Auch er verfllt dem bohrenden Dreh, in einer bloen Depression, die
jeden befallen kann, die potentielle Grundlage einer Plattform zu
erblicken, die - wenn oen deklariert - auf alle Flle zur Feindschaft
gegenber der Partei htte fhren mssen. Das nur Empfundene, nicht
einmal Gedachte, wird bei dieser Art der Gewissenserforschung mit
der Notwendigkeit einer Handlung gleichgesetzt. Gerade die
Entartung des brgerlichen Rechts, Gesinnungen zu bestrafen, den
Habitus zu entlarven, nicht die einzelne greifbare Tat, wird zum
Normalfall dieser sozialistischen Justiz und Selbstjustiz. (Kleine
Ehrenrettung fr Lukacs: als die hrtesten Zeiten vorbei waren, und
er hatte selbst Verbannung und Haft berlebt, beschrieb er in einer
Besprechung von Solschenizyns "Ein Tag aus dem Leben des Ivan
Dennisowitsch" przise das Gesamtsystem dieser Zeit, in eine Nuss-Schale gepackt, in den einzigen Tag eines einzigen Hftlings. In diesem
kleinen Werk zeigt er die eigene Fesselung vor, das Zappeln in Netz
und Seil in unerbittlicher Versenkung ins Detail.)
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Wie war die Selbstunterwerfung, Selbstvernichtung gerade derjenigen
mglich, die doch angetreten waren, sich keine Erniedrigung mehr
gefallen zu lassen? Wie war es mglich, was damals das meiste Grauen
erweckte, dass solche, die den Hllen zaristischer Knste
standgehalten hatten und nazistischer Folter, nun - wie Bucharin imSchlusswort wrtlich sagte - in die Knie gingen.
Bini Adamczak erinnert daran, dass es im System der Dialektik keine
feststehenden Wahrheiten von auen mehr gibt, auf die man sich so
berufen knnte wie ein ktiver Galilei, der darauf setzen konnte, dass
- Widerruf hin oder her - die Tatsachen ber tausend Beobachtungen
der Wissenschaftler trotz allem ans Licht dringen wrden und ihn auf
jeden Fall noch nach dem Tod rehablitlieren wrden. An die Stelle
der feststehenden Wahrheit tritt unsere Gottheit, die Geschichte(Ingeborg Bachmann). Die hat, wie das Wasser, keine Balken. Nichts,
an das man sich klammern knnte. Der Lauf der Geschichte ist
vernderlich. Und es knnte dann scheinen nach dem Satz: Die
Weltgeschichte ist das Weltgericht - dass derjenige, der verloren hat,
immer auch mit Recht verlor.
Woran ermesse ich, dass ich verlor? Die Kommune 1871 wurde
schlielich auch besiegt - und blieb doch Vorbild noch fr Lenin 1917
im Kreml.
Nach der Dialektik, verstanden als Seekrankheit auf festem Land
(Kafka) habe ich als einzigen Bezugspunkt die Massen. Ihre Meinung.
Und da auch die schwer zu greifen ist, die Meinung ihrer Bildnerin
und Formerin: der Partei. Das Problem hatte Sartre schon in seinem
Stck Schmutzige Hnde aufgegrien. Und sein Hugo zerschlgt
den Knoten in existenzialistischer Auehnung. In den Gesprchen aus
Sperbers Roman weist Bini Adamczak nach, dass das alles imklglichsten Zusammensinken enden musste, wenn es vom Theater ins
alltgliche Parteileben im Untergrund in Nazideutschland geriet.
Um ein Beispiel aus neuester Zeit zu nennen, ganz ohne Terror und
Zwang, in den Formen grter Hichkeit vorgetragen. Als Bettelheim
seine Zweifel und seine Kritik vortrug gegenber den absurden
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Beschuldigungen, die die Konterrevolution unter Hua Kuo Feng gegen
die ehemalige Frau Maos und die Vier erhob, antwortete ihm ein
Anglo-Chinese aus dem chinesischen Staatsdienst in feinster Form:
Die Beschuldigungen htten schon deshalb Hand und Fu, weil die
Massen in China sie aufs Wort glaubten - und weil die selben Massenniemals eine Person aus den Vier so verehren wrde wie Mao Tse
Tung: Eine Beweisform, die genau den Inszenierungen folgt, die die
Moskauer Prozessebestimmten In den ausgesuchtesten Formen wurde
ein Beweisgeecht vorgetragen, das ausschlielich aus Gestndnissen
aufgebaut war. Kein einziges Original-Schriftstck. Kein materielles
Indiz. Keins der gestandenen Attentate, so viele geplant sein sollten,
hat je geklappt. Noch auer in Gedanken stattgefunden. Trotzdem
hat der Prozess gegen Radek und andere selbst einen Mann wie
Feuchtwanger berzeugt. Wie viel mehr diejenigen, die rechts und
links von sich in Parteiversammlungen den Urteilen applaudierten -
und falls doch noch von Zweifeln befallen, sich vom Klatschen rechts
und links betuben und berzeugen lieen.
Wie wre aus der Gefangenschaft im Zirkel von Versuch - Erfolg -
Einzelposition - Massenstimmung herauszukommen?
Eine ewige Wahrheit auerhalb knnen wir nicht einfach wieder
statuieren, nachdem die Dialektik die Welt einmal ins Wirbeln und
Schwanken gebracht hat. (Solschneizyn weist im Archipel Gulag oft
auf die Christen hin, die seit den Mrtyrerprozessen im alten Rom
in smtlichen Systemen standhaft blieben, weil sie auf einen
unabhngigen Richter auerhalb zurckgreifen konnten - gegenber
dem machtwoll klglichen irdischen. Bewundersnwert, nur knnen wir
uns Bchners kommode Religion nicht schnell auf Rezept
verschreiben, wenn wir sie als Seelensttze ntig htten.)
Die Lsung liegt vielleicht in der letzten Frage, die in den Kapiteln V
und VI gestellt wird. Htten, fragt Adamczak, nicht die Revolutionre
angesichts der zu erwartenden Gruel der Konterrevolution, die immer
mitgedacht und erwartet werden muss, htten diese nicht einfach
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gleich aufgeben sollen? Wie es die Allende-Regierung 1973 nach
Ansicht der Verfasserin getan hat.
Vom Standpunkt der Leidensvermeidung stellt sich Weglosigkeit her
(griechisch: Aporie). Eine Situation, in der nicht mehr richtiggehandelt werden kann. Rev