Verordnungen nach Psychopharmakagruppen von 1996-2006
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1994 1996 1998 2000 2002 2004 2006 2008
Jahr
Mio
DD
D
Antidepressiva
Neuroleptika
Tranquilizer
Indikationen für Antipsychotika in der Gerontopsychiatrie
primär und sekundär Schizophrenie (EOS, LOS)
Schizoaffektive Störungen
psychotische Erkrankungen anhaltende und akute wahnhafte Störungenorganische schizophrene Formen
affektive Erkrankungen Depressive Episoden, mit psychotischen Symptomen
Manie, Hypomanie
Bipolare Depression
Demenz mit Psychose- Alzheimer-Typ
Symptomen, Agitation, Vaskuläre Demenz
Aggressivität HIV-DemenzAlkohol-assoziierte Demenz
Demenz bei Gehirnverletzungen
Delir Delir-Ätiologien
EOS= early onset schizophrenia; LOS= late onset schizophrenia
Arzneimittel mit anticholinergen Haupt- oder Nebenwirkungen
Antiallergika Clemastin Tavegil®
Dimetinden Fenistil®
Hydroxyzin Atarax®
Antiarrhythmika Chinidin Chinidin-Duriles®
Antidepressiva Amitriptylin Saroten®
Doxepin Aponal®
Antiemetika Dimenhydrinat Vomex A®
Promethazin Atosil®
Scopolamin Scopoderm®
Arzneimittel mit anticholinergen Haupt- oder Nebenwirkungen
Hypnotika, Sedativa Diphenhydramin Dormutil N®, Halbmond®
Doxylamin Gittalun®, Mereprine®
Magen-Darm-Mittel Atropin Dysurgal®
Butylscopolamin Buscopan®
Pirenzepin Gastrozepin®
Antipsychotika Chlorprothixen Truxal®
Clozapin Leponex®
Parkinsonmittel Biperiden Akineton®
Trihexyphenidyl Artane®
Unerwünschte Arzneimittelwirkung„ A pill for every ill – an ill from every pill“
• je mehr Medikamente eingenommen werden desto häufiger treten
UAW auf:
< 5 Pharmaka: 3-5% UAW
> 6 Pharmaka : 25% UAW
• Bei 10-30% der Hospitalisierung sind UAW verantwortlich
• in 2-6 % führen sie zum Tod
• 2-5% der Besuche beim Allgemeinarzt führen bei den über 50-jährigen zu relevanten UAW
Therapieziel
beim jüngeren Patienten
- Krankheitsheilung
- Rückkehr in denErwerbsprozess
- Wiedererlangung derNormalität der Funktion
beim Alten
- Erhaltung der Selbständigkeit
- Erhaltung der Lebensqualität imVordergrund
- Einbeziehung des Lebensraumes(Vermeidung von Hospitalisierung) � ACCORD-Studie
- Einbeziehung der Wertvorstellungendes Patienten
Was bedeutet Alter ?
• Biologische Alterung � veränderte PK/PD
• altersspezifische Krankheiten � ernsthafte Therapie ?
• verminderte Compliance � fehlerhafte Medikamentengabe
• Komorbidität � Polypharmazie � AMI, UAW
• erhöhte Empfindlichkeit für Medikamente� zu starke Wirkungen, UAW
• Demobilisierung � Risiko für KV und TE-Erkrankungen
• psychosoziale Situation � keine Individualbetreuung
Problemstellung
Im Alter verstärken
• Organ-Dysfunktionen und abgeschwächte Gegenregulationen,
• eine (relativ) erhöhte Medikamenten-Konzentration
• und Arzneimittelinteraktionen (AMI)
die Medikamentenwirkung mit schweren UAW und Folgeschäden
Problemstellung
Verminderte Compliance im Alter
• mangelhafter Umgang mit Fachmittel-Information
• Vergessen mündlicher Anweisungen
• Sehschwäche: Verwechslung
• fein-motorische Störungen: Probleme mit Tabletten
• Schluckstörungen
• Polypharmazie
• eingeschränkte Selbstmedikation
Alterskrankheiten
• Arthrose, Immobilität und Instabilität (Sturzgefahr)
• Osteoporose
• Seh- und Hörschwäche
• Herzschwäche (Insuffizienz, KHK, Hypertonie)
• Inkontinenz
• Demenz
• Malignome - 70% der Tumortodesfälle erfolgennach dem 65. Lebensjahr
• 1,2 bis 1,5 Mio >65jährigen leiden an Demenz
• 5-10% der >85jährigen leiden an Halluzinationen oder Wahn
• Bei 30% der <65jährigen manifestiert sich bei KKH-Aufenthalt ein Delir
Neuropharmaka in der Geriatrie
• Erhöhte ZNS-Empfindlichkeit für Medikamente
• v.a. Sedierung und Aufmerksamkeit
• Rezeptoren nehmen ab – verstärkte PD-Wirkung
Grundsätzlich:
• 1/3 Dosis wie bei mittleren Erwachsenen
• Langsame Aufdosierung und nie abrupt absetzen!
Neuropharmaka in der Geriatrie
Verwirrung und Delir
Neuropharmaka in der Geriatrie
• Anti-cholinerg
• BDZ
• NMDA-Hemmstoffe
• Cox-2-Hemmstoffe
UAW der Antipsychotika
Neuropharmaka in der Geriatrie
• Anti-cholinerg
• a1-Hemmung
• EPS
• Appetit- und Gewichtszunahme
• metabolisches Syndrom => ÜberSterblichkeit
• kognitive Verschlechterung
Indikationen für Antipsychotika
Neuropharmaka in der Geriatrie
• Schizophrenie
• Wahnhafte Störungen
• Depressiv-psychotische Störungen
• Manie (Problem: Lithium)
• Psychose bei Demenz mit
Agitation und Aggression
• Psychosen bei idiop. Parkinson
Keine Indikationen für Antipsychotika
Neuropharmaka in der Geriatrie
• Panikstörungen
• Generalisierte Angststörunen (GAD)
• Neuropathische Scmerzen
• Erbrechen
Die „delirante Last“ im Alter
• mACh-R-Hemmstoffe Antidepressiva, Neuroleptika, Antiparkinsonia
• NMDA-Antagonisten Antiparkinsonia, Antidementiva
• H1-Hemmstoffe Schlafmittel, Beruhigungsmittel
• Opioide Analgetika
• NSA/Cox-2-Hemmstoffe Analgetika
• GABA-A-.Agonisten Benzodiazepine
Diuretika � Exsikkose
Antidiabetika � Hypoglykämie
Medikamentengruppen, die am häufigsten zu
Krankenhausaufnahmen führen
Magen- Darmblutungen, Ulcus, Perforation
Analgetika
Antirheumatika
Antiparkinson- Medikamente mit Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe
Antidepressiva mit Sedierung, anticholinergem Symptomkomplex,
Harnssperre, Glaukom;
Tranquillizer mit Stürzen, Autounfällen, Apathie, Amnesie
ZNS-wirksame Pharmaka
HerzrhythmusstörungenDigitalispräparate
Dehydration mit Herzinfarkt, Schlaganfall, Multiorganversagen, Hyperkaliämie, Hypokaliämie
Diuretika
Stürze, OrthostaseAntihypertonika
Medical Expenditure Panel Survey (MEPS) www.meps.ahrq .gov
2.500 alte Menschen in US-Altenheimen
N (%) mindestens 1 von folgenden Medikamenten (M)
22% 33 ungeeigneten M
3% 11 gänzlich ungeeigneten M
14% 14 M mit Mißbrauchspotential
Je schlechter der Zustand und je mehr Medikamente, desto höher das
Risiko, ungeeignete Medikamente einzunehmen.
Medical Expenditure Panel Survey (MEPS)
Gänzlich ungeeignet im Alter:
Neuropharmaka: Amitriptylin Doxepin
BarbiturateDiazepam Flurazepam
Analgetika: Pentazocin Indomethacin
Gerinnungshemmer: Dipyridamol Ticlopidin
Beers-Kriterien 2003: Archives Internal Medicine
Medikamentengruppen, die am häufigsten zuKrankenhausaufnahmen führen
Magen- Darmblutungen, Ulcus, PerforationAnalgetika
Antirheumatika
Antiparkinson- Medikamente mit Übelkeit, Erbrechen, Diarrhoe
Antidepressiva mit Sedierung, anticholinergem Symptomkomplex,
Harnssperre, Glaukom;
Tranquillizer mit Stürzen, Autounfällen, Apathie, Amnesie
ZNS-wirksame Pharmaka
HerzrhythmusstörungenDigitalispräparate
Dehydration mit Herzinfarkt, Schlaganfall, Multiorganversagen, Hyperkaliämie,
HypokaliämieDiuretika
Stürze, OrthostaseAntihypertonika
Therapeutische Probleme - Polypharmazie
Durchschnitt: 10 verschieden Medikamente pro Patient im Krankenhaus
Wahrscheinlichkeit unerwünschter AMI:
5%, bei weniger als 6 unterschiedlichen Medikamenten
40%, bei mehr als 12 unterschiedlichen Medikamenten� exponentieller Anstieg der UAW+AMI
Das größte Patientenkollektiv im Krankenhaus: Alter 65 -79 Jahre
� davon haben 26% mehr als 6 Pharmaka
Krankenhauseinweisungen (KHE) und Letalität
als Folge von AMI und UEW
% aller KHE:
Frankreich: 3.2% (2% < 20 J, 4% > 65 J)
Australien: 2,4-3,6%
Letalität von UAW:
USA: 0,3% der UAW bei 100.000 Patienten (1994)
Jena, Rostock: 1,7%
UAW , die von Patienten besonders beklagt werden
Häufig
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(%)
Körperfett:+ 35 %
Plasma-volumen:
- 8 %
Extrazellulär-flüssigkeit:
- 40 %
Gesamt-Körperwasser:
-17 %
Erwachsener geriatischer Patient
Änderung der anteilsmässigen Zusammensetzung von Fettund Flüssigkeit im Alter
Änderung der anteilsmässigen Zusammensetzung von Fettund Flüssigkeit im Alter
Albuminkonzentration ist um ca. 15 - 20 % niedriger → verminderte Plasmaeiweißbindung → erhöhte Plasmaspiegel des freien Wirkstoffs
Fettanteil ↑↑↑↑Körperwasser ↓↓↓↓Anteil der Skelettmuskulatur ↓↓↓↓ (CAVE: Serumkreatinin)
Pharmakokinetisch bedeutsame Organ- undFunktionsänderungen im Alter
Leber
- verminderte Leberdurchblutung
- Abnahme der Lebermasse
- verminderte Phase I Reaktionen: Oxidation
Reduktion
Hydrolyse
- weitgehend unveränderte Phase II Reaktionen:
Konjugation mit: Schwefelsäure
Glucuronsäure
Carbonsäure
Aminosäuren
Glutathion
Pharmakokinetisch bedeutsame Organ- und
Funktionsänderungen im Alter:
GI-Trakt:
Achlorhydrie /Perniziosa/,
verlangsamte Ösophagus-, Magen- und Darmperistaltik
häufig: Gastroparese + Obstipation und verlangsamte Resorption
(Abnahme der Enterozyten, intestinale Durchblutung erniedrigt)
Pharmakokinetisch bedeutsame Organ- undFunktionsänderungen im Alter
Fazit: Änderungen der PK von GIT und Leber
GIT:
- Resorption von Arzneistoffen verlangsamt, aber nicht vermindert
� langsameres Anfluten
- CAVE: aber verminderte Resorption von Nährstoffen (Mineralien, Spurene.)
� ausreichend hoch dosieren
Leber:
- abgeschwächter Leber-Metabolismus � erhöhte Bioverfügbarkeit
� verminderter Abbau
� mehr freie Wirkstoffe
Dosierungsempfehlungen im Alter
- Vorsicht bei Kombinationspräparaten Dosis von einzelnen Komponenten eher zu hoch
- retardierte Zubereitungen vermeiden ??
- individuelle Dosierung erforderlich – körperlichen Zustand betrachten!!
Empfehlung nach Freeman: die Arzneimitteldosis
ab dem 65. Lebensjahr um 10%,
ab dem 75. um 20%
jede weitere Lebensdekade je um 10% zu senken
- start low, go slow, keep simple
- Bedarf der regelmäßiger Kontrolle
Nieren- Abnahme 1-2% der Nierendurchblutung pro Lebensjahr
(bis ca 50 %)- spontane glomeruläre Sklerose
- Abnahme der funktionellen Nephronen →→→→glomeruläre Filtration und tubulär Sekretion sinken
- ca. 50% Abnahme der Filtration (im Alter)
- ca. 7 % der tubulären Sekretion pro Dekade
Nieren
Der alte Mensch ist hinsichtlich wie ein niereninsuffizienterPatient zu betrachten!
die Kreatininclearance sinkt mit dem zunehmenden Alter(nicht die Kreatininkonzentration im Plasma
- Die Dosis vorwiegend renal eliminierter Arzneistoffe muss angepasst werden
Kreatinin-Clearance und Kreatinin-Konzentrationin Abhängigkeit vom Lebensalter
Kreatinin-Clearance und Kreatinin-Konzentrationin Abhängigkeit vom Lebensalter
Alter 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 80-89 90-100
1,4
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Alter 30-39 40-49 50-59 60-69 70-79 80-89 90-100
Analgetika/Antirheumatika: Verordungshäufigkeit (DDD)in Abhängigkeit vom Lebensalter
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DDD
Alter (Jahre)
Schwabe &PaffrathArznei-verordungs-report1999
Schmerztherapie im Alter
Schmerztherapie (Paliativmedizin in der Geriatrie)Behandlung der Schmerzen in der letzten Lebenszeit
Pflegeheim: 50-70 % Patienten haben senile Demenz�Schmerzanamnese kann nicht erhoben werden
70 - 80 % Sterbenden leiden unter Schmerzen oder anderen Symptomen
Ein bewußtloser Patient oder dementer Patient verändert seine Atmung � Zeichen für Schmerzen, Bedarf an Analgetika (nicht Sedativa!!)
CAVE: Opioid- Pflaster und NSAR
ZopiclonZolpidemZaleplon
Chlorid
Benzodiazepine
GABABarbiturate
γγγγ
ß ß
αααα1 αααα1,2,3,5
pentamerer GABA-A-Rezeptor mit Bindungsstellen
GABA A - Rezeptor
BDZ - Rezeptoren
α β γ2 α β γ3
Diazepam - sensitiv
Zolpidem - sensitiv
Diazepam insensitiv
α4 β2 γ2 a6 β2/3 γ3
hohe Affinität α1 β γ2
BZ1
niedrige Affinitätα2 β1 γ2α3 β3 γ2
BZ2
Zolpidem – insensitiv
α1 β γ3α5 β3 γ2 α5 β3 γ2
17.9
50
70
90
110
130
150
170
7 14 21
WirkungToleranz
Entzugrebound
Tage
tota
le W
achz
eit (
min
)
Sch
laflo
sigk
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Triazolam
GlucuronidierungAcetylierung u.a.
Hydroxylierung
Flunitrazepam5 h
4-8 h
3
AlprazolamBrotiazolam
1
Diazepam3
Desmethyl-diazepam
Chlordiazepoxid
50 h
3
2
20-30 h
5 h
MidazolamTriazolam
1
2-4 h
5-20 h
20-30 h
Nitrazepam3
5-20 h
Lorazepam2
Oxazepam
10 h
20 h
20 h
17.6
Desmethyl-flunitrazepam
Benzodiazepine mit verlängerter Halbwertzeit im AlterBenzodiazepine mit verlängerter Halbwertzeit im Alter
Substanz
• mit langer Wirkdauer (HWZ > 10 h)FlurazepamBromazepamDiazepam
• mit kurzer Wirkdauer (HWZ < 10 h)Brotizolam
Veränderung im Alter
Zunahme bis 110%Zunahme bis 80% Zunahme bis 200%
Zunahme bis 100%
Probleme der Geriatrie
- biologisches Alter
- Multimorbidität (mehrere Erkrankungen zugleich)
- veränderte Symptomatik
- verzögerte Genesung
- veränderte Reaktion auf Medikamente
- Demobilisierungssyndrome
- psychosoziale Situation
• Gefährliche bzw. ungeeignete Arzneistoffe
• Alterskrankheiten und Polypharmazie
• Änderungen von PK/PD
• Beispiel: Schlaf- und Elektrolytstörungen
Übersicht