Universität Bielefeld
Fakultät für Pädagogik
Konstruktivistische Erkenntnistheorie
als Legitimation für den Einsatz von
multimedialen computerbasierten Lernum-
gebungen in der beruflichen Bildung
Diplomarbeit
vorgelegt von
Markus Walber
Bielefeld, Juni 2000
Universität Bielefeld
Fakultät für Pädagogik
Konstruktivistische Erkenntnistheorie
als Legitimation für den Einsatz von
multimedialen computerbasierten Lernum-
gebungen in der beruflichen Bildung
Diplomarbeit
zur Erlangung des Grades eines Diplom-Pädagogen
an der Fakultät für Pädagogik der Universität Bielefeld
vorgelegt von: Markus Walber,
geb. am 08.08.71 in Simmern Immatrikulationsnummer: 1155011
Erster Gutachter: Prof. Dr. Wolfgang Wittwer
Zweite Gutachterin: Dr. Renate Möller
BIELEFELD, JUNI 2000
DIE VORLIEGENDE ARBEIT MÖCHTE ICH MEINEN ELTERN WIDMEN, DIE
MICH WÄHREND MEINES GANZEN STUDIUMS IMMER UNTERSTÜTZT UND
GEFÖRDERT HABEN.
DARÜBER HINAUS BEDANKE ICH MICH BEI ALL DEN LIEBEN MENSCHEN,
DIE MICH WÄHREND DER ENTSTEHUNG DIESER ARBEIT ERTRAGEN MUSS-
TEN UND MIR TROTZDEM ZUR SEITE STANDEN.
i
INHALT
EINLEITUNG 1
1. DIE KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE ALS
THEORETISCHER REFERENZRAHMEN 7
1.1 Allgemeine erkenntnistheoretische Überlegungen 7
1.2 Grundannahmen konstruktivistischer Erkenntnistheorien 9
1.2.1 Das Postulat der Nicht-Erkennbarkeit der Wahrheit 9
1.2.2 Viabilität statt Wahrheit 16
1.2.3 Kritik am Postulat der Nicht-Erkennbarkeit von Wahrheit 17
1.3 Ausgewählte konstruktivistische Erkenntnistheorien 19
1.3.1 Die Theorie der Autopoiesis von Maturana und Varela 19
1.3.2 Grundzüge aus der genetischen Epistemologie von Piaget 25
1.3.3 Ein konstruktivistisches Erkenntnismodell 30
1.4 Zusammenfassung der Ergebnisse konstruktivistischer
Erkenntnistheorien 32
2. DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN VOR DEM HINTERGRUND
KONSTRUKTIVISTISCHER ERKENNTNISSE 34
2.1 Allgemeine didaktische Konsequenzen 34
2.1.1 Didaktik als Theorie des Lernens 34
2.1.2 Lernen als selbstorganisierte Strukturveränderung 37
2.1.3 Perturbationen als Voraussetzung für kognitive Veränderungen 40
2.1.4 Information als Gegenstand und Wissen als Ergebnis von
Lernprozessen 41
ii
2.2 Spezifische didaktische Konsequenzen für die berufliche
Bildung 43
2.2.1 Konstruktivistische Impulse für die berufliche Bildung 43
2.2.2 Erwachsenenspezifisches Lernen 47
2.2.3 Subjekt- und Teilnehmerorientierung 49
2.2.4 Lehrende als Gestalter von Lernumgebungen 51
2.3 Zusammenfassung der didaktischen Konsequenzen 53
3. LERNUMGEBUNGEN ALS MÖGLICHKEIT ZUR INITIIERUNG
VON LERNPROZESSEN 55
3.1 Grundlegende Aspekte von Lernumgebungen 55
3.1.1 Lernumgebungen und Lernsituationen 55
3.1.2 Situated Cognition 56
3.1.3 Gestaltungsprinzipien für Lernumgebungen 61
3.1.4 Konsequenzen für die Modellierung von Lernumgebungen 62
3.2 Spezifische Aspekte von multimedialen computerbasierten
Lernumgebungen 66
3.2.1 Begriffsexplikation 66
3.2.2 Typisierung von multimedialen computerbasierten
Lernumgebungen 67
3.2.3 Didaktische Potenziale von multimedialen computerbasierten
Lernumgebungen 74
3.2.4 Bewertung der didaktischen Potenziale aus konstruktivistischer
Sichtweise 79
3.3 Zusammenfassung der Aspekte von Lernumgebungen 83
iii
4. EVALUATION EINER MULTIMEDIALEN COMPUTERBASIERTEN
LERNUMGEBUNG IM KONTEXT DER BERUFLICHEN BILDUNG
85
4.1 Zum Verhältnis von Konstruktivismus und empirischer
Forschung 85
4.2 Evaluation der Planspielsimulation HeiCon 87
4.2.1 Kontext der Evaluation 87
4.2.2 Zielsetzung und Forschungsfragen 88
4.2.3 Forschungsmethode 88
4.2.4 Der Fragebogen 90
4.2.5 Zeitlicher Ablauf der Erhebung 93
4.2.6 Evaluationsergebnisse 93
4.3 Zusammenfassung der Evaluationsergebnisse 102
5. MULTIMEDIALE COMPUTERBASIERTE LERNUMGEBUNGEN
ZWISCHEN POTENZIAL UND REALISIERUNG 104
LITERATUR 111
ANLAGEN 121
iv
ABBILDUNGS- UND TABELLENVERZEICHNIS
Abbildungen
ABBILDUNG 1: BETRACHTUNGSPERSPEKTIVEN AUF MULTIMEDIALE
COMPUTERBASIERTE LERNUMGEBUNGEN 2
ABBILDUNG 2: PERIODISCHE ENTLADUNGEN EINER TASTSINNZELLE
BEI UNTERSCHIEDLICHEN REIZZUSTÄNDEN. 13
ABBILDUNG 3: DER ‚BLINDE FLECK’ 15
ABBILDUNG 4: EIGENSCHAFTEN AUTOPOIETISCHER SYSTEME 22
ABBILDUNG 5: KONSTRUKTIVISTISCHES ERKENNTNISMODELL 30
ABBILDUNG 6: KONSTRUKTIVISTISCHES LERNMODELL 39
ABBILDUNG 7: MULTIMEDIALE NUTZUNGSKONZEPTE 68
ABBILDUNG 8: SIMULATIONSMODELL 72
ABBILDUNG 9: WISSENSERWERB ODER WISSENSVERMITTLUNG 80
ABBILDUNG 10: ALTERSVERTEILUNG DER BEFRAGTEN 94
ABBILDUNG 11: WIRKUNGEN VON ERFAHRUNGEN MIT
COMPUTERLERNEN 97
ABBILDUNG 12: ART DES EINSATZES DER LERNSOFTWARE ZU HAUSE 98
ABBILDUNG 13: BEURTEILUNG DES LERNENS MIT DER SOFTWARE 99
ABBILDUNG 14: KOMPLEXITÄT DER LERNSOFTWARE 101
ABBILDUNG 15: VORSCHLAG FÜR EINEN ANWENDUNGSKONTEXT
EINER MULTIMEDIALEN COMPUTERBASIERTEN
LERNUMGEBUNG 109
Tabellen
TABELLE 1: FRAGENKATALOG ZUR ÜBERPRÜFUNG VON
LERNSITUATIONEN 64
TABELLE 2: POTENZIALE VON APPLIKATIONSTYPEN 82
TABELLE 3: LERNINHALTSMATRIX 95
v
(Escher, Andere Welt II)
„Wenn die Anschauung sich nach der Beschaffenheit der Gegenstände rich-ten müßte, so sehe ich nicht ein, wie man a priori von ihr etwas wissen könne; richtet sich aber der Gegen-stand (als Objekt der Sinne) nach der Beschaffenheit unseres An-schauungsvermögens, so kann ich mir diese Möglichkeit ganz wohl vor-stellen.“ (Kant 1787, XVII)
EINLEITUNG
1
EINLEITUNG
Auf den ersten Blick mag es schwierig erscheinen, einen Zusammenhang
zwischen „Multimedia“ und „Konstruktivismus“ zu erkennen, stammen beide
Begriffe doch aus völlig unterschiedlichen Entwicklungskontexten. „Multime-
dia“ als technologische Entwicklung stellt ein informationstechnisches Kon-
zept dar, bei dem mit Hilfe von technischen Geräten und Hilfsmitteln eine
Verbindung von unterschiedlichen Informationsarten, wie z.B. Text, Bild und
Ton, hergestellt werden soll.1 Die Grundlinien des „Konstruktivismus“ ent-
stammen einer langen philosophischen erkenntnistheoretischen Diskussion
und werden momentan auf die unterschiedlichsten Gegenstandsbereiche an-
gewendet.2 Eine offensichtliche Gemeinsamkeit beider Begriffe liegt aller-
dings darin, dass3 sich beide Begriffe im Kontext von Lern- und Informations-
zusammenhängen zunehmender Beliebtheit erfreuen.
In den letzten Jahren ist die Popularität des Konstruktivismus rasant anges-
tiegen, was sich laut Schmidt in vielzähligen Artikeln zum Thema Konstrukti-
vismus sowohl in Fachzeitschriften aus unterschiedlichen Wissensgebieten als
auch in Tageszeitungen ausdrückt.4 Vor diesem Hintergrund kann man sa-
gen, dass der Konstruktivismus zu einer neuen Modephilosophie avanciert.
Seit Anfang der 90er Jahre hat sich im erziehungswissenschaftlichen Kontext
eine breite Diskussion über die konstruktivistischen Konsequenzen für päda-
gogische Prozesse etabliert. Als wichtige Vertreter im Hinblick auf die An-
wendung konstruktivistischer Erkenntnisse auf die Bereiche Erwachsenenbil-
dung und berufliche Bildung sind u.a. Siebert, Arnold und Mandl zu nennen.
Ein Indikator für die allgemein wachsende Bedeutung von „Multimedia“ lässt
sich an den ständig steigenden Verkaufszahlen von multimedialen Anwen-
dungen festmachen. In allen möglichen Formen werden multimediale Appli-
kationen vertrieben und so haben sich in den Jahren von 1989 bis 1993 die
1 Vgl. Euler/ Twardy 1995, S. 356. 2 Vgl. Gumin/ Meier 1998. 3 In der vorliegenden Arbeit wird die neue Rechtschreibung nach Duden verwendet. 4 Vgl. Schmidt 1998, S. 11.
EINLEITUNG
2
Umsätze, die allein mit elektronischen Publikationen auf CD-Rom, wie z.B.
Nachschlagewerke, Lernprogramme oder Bücher, erzielt werden konnten,
verneunfacht.5 Glaubt man den Prophezeiungen einschlägiger Computerma-
gazine, so ist Multimedia nicht nur als eine neue Technologie mit wachsender
ökonomischer Bedeutung, sondern darüber hinaus als ein neues Lernmedium
mit starken didaktischen Potenzialen für Informations- und Lernprozesse zu
sehen. Unter diesem Gesichtspunkt wurden in den vergangenen Jahren unter
Verwendung moderner Computertechnologie unterschiedliche didaktische
Lehr-/Lernanwendungen, die sich unter dem Begriff "multimediale computer-
basierte Lernumgebungen“ subsumieren lassen, entwickelt.6 Diese neuen
Lernanwendungen können aus unterschiedlichen Blickwinkeln diskutiert und
bewertet werden. 7
Abbildung 1: Betrachtungsperspektiven auf multimediale com-
puterbasierte Lernumgebungen
MultimedialecomputerbasierteLernumgebungen
Informatiker
DidaktikerHändler
TechnischeRealisierbarkeit
Kosten/ErtragRelation
Erschließungneuer Märkte
DidaktischePotenziale
(Eigene Darstellung)
5 Vgl. Issing/ Klimsa 1997, S. 1. 6 Vgl. Euler 1992, S. 11. 7 Siehe Abbildung 1.
EINLEITUNG
3
So steht für Informatiker8 die Frage nach der technischen Realisierbarkeit,
für Softwareanbieter die Suche nach ungesättigten Märkten, für Bildungs-
ökonomen das Verhältnis von Kosten und Erträgen und schließlich für den
Didaktiker die Nutzung der didaktischen Potenziale für Lernprozesse im Mit-
telpunkt.
Nicht selten stehen die drei zuerst genannten Perspektiven im Zentrum der
Diskussion. Sogar aus didaktischer Perspektive geführte Auseinandersetzun-
gen enden häufig in der Explizierung technischer Details. Kritische Anmer-
kungen in Bezug auf die Lernpotenziale werden häufig von einem technologi-
schen Optimismus übertönt, der das Motto „durch Technologieentwicklung
wird in Zukunft alles machbar“ propagiert. An dieser Stelle soll nicht der Ein-
druck entstehen, dass die extradidaktischen Perspektiven im Hinblick auf
Multimedia unwichtig oder gar unnötig sind, dennoch soll darauf aufmerksam
gemacht werden, dass es notwendig ist, sich verstärkt aus didaktischer Pers-
pektive mit dem Thema Multimedia auseinander zu setzen, um im Ergebnis
multimediale computerbasierte Lernumgebungen didaktisch begründet in
Lernkontexten einsetzen zu können.
Unter diesem Aspekt nimmt die vorliegende Arbeit die didaktische Perspekti-
ve ein und versucht u.a., die didaktischen Potenziale von multimedialen
computerbasierten Lernumgebungen zu erarbeiten. Als theoretische Legiti-
mation soll die konstruktivistische Erkenntnistheorie dienen, die in der didak-
tischen Theoriediskussion, insbesondere in der Erwachsenenbildung zuneh-
mend Berücksichtigung findet.9
Die „konstruktivistische Erkenntnistheorie“ stellt vor allem die Annahme in
Frage, dass man durch Erkenntnis und den daraus resultierenden technologi-
schen Entwicklungen einer objektiven Wirklichkeit tatsächlich näher kommt,
um diese letztendlich zu entdecken und zu beherrschen. Dies widerspricht
der Behauptung der Technologieoptimisten, die davon ausgehen, dass die
technologische Entwicklung alle Differenzen zwischen Wissen und Wirklich-
8 Der Einfachheit halber wird in der vorliegenden Arbeit durchgängig die männliche Form
verwendet, im Bewusstsein, dass adäquat auch die weibliche eingesetzt werden kann. 9 Vgl. Siebert 1997a, S. 285 ff.
EINLEITUNG
4
keit schließen wird. V. Foerster nennt dies den Optimismus, der die Idee des
Fortschritts in der Wissenschaft vertritt10. Anstatt auf eine „perfekte Techno-
logie“ zu hoffen, die Lernen ohne Anstrengung möglich machen soll, scheint
es aus konstruktivistischer Perspektive sinnvoller zu sein, kontinuierlich den
gegenwärtigen Nutzen der Technologien in Bezug auf Lernprozesse zu erfor-
schen, um didaktisch begründete Lernumgebungen zu entwickeln, die nicht
zum Ziel haben, Technologieentwicklungen zu fördern, sondern Lernpoten-
ziale für die Adressaten von Bildungsprozessen zu schaffen.
Aus diesem Grund beschäftigt sich die vorliegende Arbeit mit der zentralen
Frage, wie sich vor dem Hintergrund der konstruktivistischen Erkenntnistheo-
rie der Einsatz von multimedialen computerbasierten Lernumgebungen legi-
timieren lässt und welche Ergebnisse die Evaluation einer solchen, im An-
wendungskontext der beruflichen Bildung eingesetzten Lernumgebung lie-
fert.
Zur Abhandlung dieser komplexen Fragestellung wird folgendermaßen vor-
gegangen:
Das erste Kapitel soll den theoretischen Referenzrahmen der Arbeit aufzei-
gen. Einleitend werden einige allgemeine erkenntnistheoretische Überlegun-
gen angestellt. Dabei wird aufgezeigt, in welcher erkenntnistheoretischen
Tradition der Konstruktivismus steht und auf welche erkenntnistheoretischen
Vorläufer sich gegenwärtige Konstruktivisten beziehen. Im Anschluss daran
wird das zentrale konstruktivistische Postulat der Nicht-Erkennbarkeit von
Wahrheit begründet. Vor der Ausarbeitung der zentralen Kritikpunkte am
Postulat der Nicht-Erkennbarkeit von Wahrheit, wird der Viabilitätsbegriff
eingeführt, der aus konstruktivistischer Perspektive den Wahrheitsbegriff er-
setzen soll. Ferner sollen mit Maturanas und Varelas Theorie der Autopoiesis
und der genetischen Epistemologie von Piaget zwei grundlegende konstrukti-
vistische Erkenntnistheorien in ihren wesentlichen Grundzügen dargestellt
und im Anschluss daraus ein konstruktivistisches Erkenntnismodell abgeleitet
werden.
10 Vgl. von Foerster 1998, S. 53.
EINLEITUNG
5
Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit der Frage, welche didaktischen Kon-
sequenzen sich aus den Erkenntnissen der konstruktivistischen Erkenntnis-
theorie ableiten lassen. Zuerst wird ein verändertes Verständnis von allge-
meiner didaktischer Theorie entwickelt. Nachfolgend soll die konstruktivisti-
sche Auffassung des Lernbegriffs erörtert werden, um anschließend daraus
ein konstruktivistisches Lernmodell zu entwickeln. Darüber hinaus wird die
Vorraussetzung, der Gegenstand und das Ergebnis von Lernprozessen abge-
handelt. Unter Berücksichtigung des Anwendungskontextes der im vierten
Kapitel zu evaluierenden multimedialen computerbasierten Lernumgebung
soll auf die spezifischen didaktischen Konsequenzen, die sich für die berufli-
che Bildung ergeben, eingegangen werden. Dabei werden konstruktivistische
Impulse vor allem für die Entwicklung neuer didaktischer Konzepte der beruf-
lichen Bildung dargestellt und spezifische Aspekte des Lernens von Erwach-
senen, als Hauptadressaten beruflicher Bildung erörtert. Daraus wird die
Notwendigkeit einer verstärkten Subjekt- und Teilnehmerorientierung abge-
leitet. Abschließend soll auf die veränderten Anforderungen an Dozenten und
Ausbilder als Initiatoren von Lernprozessen eingegangen werden, die sich
aus einem konstruktivistischen Lernverständnis ergeben.
Im dritten Kapitel soll schließlich der Frage nachgegangen werden, welche
didaktischen Ansätze sich im Hinblick auf die Gestaltung von Lernumgebun-
gen aus der konstruktivistischen Diskussion entwickelt haben und welche
spezifischen didaktischen Potenziale multimediale computerbasierte Lernum-
gebungen im Gegensatz zu klassischen Lernmedien und klassisch-
seminaristischen Lernformen bieten. Dabei werden zuerst grundlegende As-
pekte für allgemeine Lernumgebungen erarbeitet. Insbesondere wird auf An-
sätze eingegangen, die sich innerhalb der konstruktivistischen „Situated Cog-
nition Bewegung“ ausdifferenziert haben. Aus diesen Ansätzen werden Ge-
staltungsprinzipien für Lernumgebungen abgeleitet. Ferner sollen Konse-
quenzen für die Modellierung von Lernumgebungen gezogen werden. Im
Anschluss daran wird auf die spezifischen Aspekte von multimedialen compu-
terbasierten Lernumgebungen eingegangen. Nach einer Begriffsexplikation
von „Multimedia“ folgt eine Typisierung von multimedialen computerbasier-
EINLEITUNG
6
ten Lernumgebungen mit der Zielsetzung, diese Idealtypen in Bezug auf die
im Anschluss zu erarbeitenden didaktischen Potenziale, aus konstruktivisti-
scher Perspektive einzuschätzen.
Im vierten Kapitel soll anhand der empirischen Untersuchung einer im An-
wendungskontext der beruflichen Bildung eingesetzten Planspielsimulation
erforscht werden, wie Lernende den Einsatz von multimedialen computerba-
sierten Lernumgebungen bewerten. Dabei wird zuerst das Verhältnis zwi-
schen der konstruktivistischen Erkenntnistheorie und empirischer Forschung
thematisiert. Nachfolgend wird das Forschungsvorgehen geschildert und be-
gründet, bevor schließlich die Evaluationsergebnisse dargestellt werden.
In Kapitel fünf werden abschließend die zentralen Erkenntnisse der vorlie-
genden Arbeit diskutierend zusammengefasst. Dabei sollen sowohl Möglich-
keiten als auch Realisierungsgrenzen in Bezug auf den Einsatz von multime-
dialen computerbasierten Lernumgebungen aufgezeigt werden. Aus den Er-
gebnissen dieser Erörterung soll schließlich eine Anregung in Form einer
idealtypischen medienunterstützten Lernumgebung vorgeschlagen werden,
die vor allem mit den aufgezeigten Grenzen konstruktiv umzugehen versucht.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
7
1. Kapitel
DIE KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE ALS
THEORETISCHER REFERENZRAHMEN
1.1 Allgemeine erkenntnistheoretische Überlegungen
Die Wurzeln der Epistemologie [griech. epistēmē = Kenntnis, Erkennen] sind
bereits in den philosophischen Zirkeln der Antike zu finden. In dieser Phase
gilt Erkenntnistheorie in einem weiteren Sinne als die Lehre vom Wesen und
den Voraussetzungen von Erkenntnis.11 Epistemologische Diskurse werden
allerdings nur von wenigen Eingeweihten geführt. Der Anspruch der soge-
nannten Väter der Erkenntnistheorie liegt nicht darin, eine strenge, unfehlba-
re methodologische Grundlage der Wissenschaften zu bieten.
Eine radikale epistemologische Reflexion beginnt in der zweiten Hälfte des
16. Jahrhunderts, in der sich wirtschaftliche Veränderungsprozesse abzeich-
nen, die sich nachhaltig auf die Bedeutung der Gewinnung von Wissen aus-
wirken. Wissen wird jetzt als Voraussetzung für eine technologisch effiziente
Ökonomie verstanden, welche die Bedarfsdeckung der expandierenden Be-
völkerung sichert. Außerdem wird das bis dahin unumstrittene teleologische
Denken von Seiten der Wissenschaften in Frage gestellt und stattdessen die
Natur als ein von göttlicher Regie losgelöstes selbstreferentielles System de-
finiert. Es wird versucht, die Naturerkenntnis auf ein „neues Fundament“ zu
stellen. Als Hauptvertreter dieser „Neuen Wissenschaft“ sind u.a. Keppler,
Galilei und Bacon zu nennen.12
Im Kontext dieses Paradigmenwechsels in der Wissenschaft verändert sich
ebenfalls das Verständnis von Epistemologie. Sie wird zu einer typisch mo-
dernen Disziplin, die sich nun im engeren Sinne durch spezifische Vorausset-
11 Vgl. Röd 1994, S. 52 ff. 12 Vgl. Schneider 1998, S. 9 ff.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
8
zungen wie der Korrespondenztheorie der Wahrheit, dem Postulat der Letzt-
begründung und der Annahme, dass die unmittelbaren Objekte des Bewuss-
tseins Ideen sind, charakterisieren lässt.13 Das Hauptziel besteht in der Be-
antwortung der Frage nach der Wahrheit.
Ihren ersten Höhepunkt erreicht sie im Laufe des 18. Jahrhunderts mit den
Werken von Kant, der erstmals einen objektiven Wahrheitsbegriff in Frage
stellt. Kant wird daher von Konstruktivisten wie v. Glasersfeld und v. Foerster
auch als Urvater der konstruktivistischen Erkenntnistheorie bezeichnet. Ab
diesem Zeitpunkt driften zwei erkenntnistheoretische Stränge auseinander.
Zum einen sind die „traditionellen“ Erkenntnistheoretiker, die sich weiterhin
hauptsächlich mit der Korrespondenztheorie der Wahrheit beschäftigen, zu
nennen, zum anderen sehen die „modernen“ Erkenntnistheoretiker in der
Erkenntnistheorie ein Instrument ihrer Selbstverständigung und ihrer Selbst-
überprüfung. Letztere beschäftigen sich stärker mit den Konditionen des sub-
jektiven Bewusstseins und weniger mit der Natur als einem ontologischen
Gegenstand. So wird die „moderne“ Erkenntnistheorie zur Theorie und Ana-
lyse des Bewusstseins und seiner kategorialen Potenziale. 14
In dieser Tradition ist auch der Konstruktivismus als eine Erkenntnistheorie
zu verstehen, in der die Momente, die in der klassischen Epistemologie von
vorrangiger Relevanz waren, keine Rolle mehr spielen. Wahrheit wird nicht
mehr als ein idealer, den wahrnehmbaren Gegebenheiten zugrundeliegender
Sachverhalt verstanden, sondern lediglich als Resultat eines erfolgreich ab-
geschlossenen kommunikativen Austausches.15
13 Vgl. Röd 1994, S. 52 ff. 14 Vgl. Schneider 1998, S. 11. 15 Vgl. ebenda, S. 197 f.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
9
1.2 Grundannahmen konstruktivistischer Erkenntnis-
theorien
1.2.1 Das Postulat der Nicht-Erkennbarkeit der Wahrheit
Der Konstruktivismus wird in den Sozialwissenschaften als eine Alternative zu
konventionellen wissenschaftstheoretischen Denkweisen verstanden. Obwohl
unterschiedliche konstruktivistische Ansätze diskutiert werden, lässt sich
dennoch ein Hauptgedanke ausmachen, der allen Denkweisen gemeinsam ist
und demzufolge gefordert wird die Annahme einer objektiv gegebenen Wirk-
lichkeit, die unabhängig von einem handelnden und erkennenden Subjekt
erkennbar ist, aufzugeben.16
Aus konstruktivistischer Perspektive basieren Wahrnehmungen immer auf
Konstruktionen und Interpretationen von Subjekten. Die Objektivität des
Wissens sowie ein vom Subjekt unabhängiges Denken und Verstehen sind
demnach unmöglich.17 Wirklichkeit wird zwar nicht geleugnet, aber alle Aus-
sagen über diese Wirklichkeit entspringen den Wahrnehmungen von erken-
nenden Subjekten.18 Wahrgenommene Wirklichkeit wird folglich immer von
Subjekten kognitiv konstruiert.
„Unser Wissen ist kein Abbild, es ist ein »Schlüssel« zu einer Wirklichkeit, die
sich nicht ein für alle Male erschließen läßt, sondern ständig neu erschlossen
werden muß.“19
Knorr-Cetina unterscheidet folgende Varianten des Konstruktivismus: Sozial-
konstruktivismus, methodischer Konstruktivismus, kommunikationstheoreti-
scher Konstruktivismus, konstruktivistische Systemtheorie und den kognitivis-
tischen Konstruktivismus. 20
16 Vgl. Bardmann 1994, S. 45. 17 Vgl. Gerstenmaier/ Mandl 1995, S. 868. 18 Vgl. Schmidt 1987, S. 35. 19 Bardmann 1994, S. 66. 20 Vgl. Knorr-Cetina 1989.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
10
Grundlage für die vorliegende Arbeit ist der kognitivistische Konstruktivismus,
der von Ernst von Glasersfeld auch als „der radikale Konstruktivismus“ be-
zeichnet wird und der mit dem konventionellen Denken in radikalerer Weise
bricht als zum Beispiel der Sozialkonstruktivismus. Er eignet sich in besonde-
rer Weise als Basis für didaktische Theorien, weil er explizit den Vorgang der
Aneignung von Wissen durch Subjekte und die Wirkungen und Resultate von
Erkenntnis in den Blick nimmt.
Der radikale Konstruktivismus wird von seinen Hauptvertretern als erkenn-
tnistheoretischer Ansatz verstanden, der traditionelle Erkenntnistheorien in
Frage stellt und so laut Schmidt neue Argumente für die Überwindung von
alten Denktraditionen liefert.21 Das Hauptinteresse der radikalen Konstrukti-
visten besteht nicht mehr in der Suche nach einer absoluten ontologischen
Wahrheit, sondern in der Schaffung einer Theorie der Erkenntnis und des
Wissenserwerbs. Das Verhältnis von Wissen und ontologischer Wirklichkeit
wird neu definiert. Wurde in traditionellen Erkenntnistheorien, wie zum Bei-
spiel dem kritischen Rationalismus nach Popper, diesem Verhältnis noch eine
Korrespondenz, Übereinstimmung oder Gleichförmigkeit unterstellt22, so ver-
stehen radikale Konstruktivisten die Beziehung zwischen der ontologischen
Wirklichkeit und der Welt der fassbaren Erlebnisse als kompatibel oder via-
bel.23 Im Gegensatz zu traditionellen Erkenntnistheorien, die noch immer die
Frage nach der objektiven Wirklichkeit stellen, beschäftigt sich der Konstruk-
tivismus mit dem Erkenntnisvorgang und dessen Resultaten und Wirkungen.
Wahrnehmung und Bewusstsein werden dabei nicht auf elementare Objekte
oder Prozesse fixiert.24
V. Glasersfeld begründet das Postulat der Nicht-Erkennbarkeit einer objekti-
ven Wahrheit vor dem Hintergrund der Philosophie- bzw. Ideengeschichte. Er
macht darauf aufmerksam, dass bereits die „Pyrrhons Schule“25 die Auffas-
21 Vgl. Schmidt 1996, S. 11 ff. 22 Vgl. Albert 1992, S. 177 ff. 23 Vgl. v. Glasersfeld 1998a, S. 18 f. 24 Vgl. Schmidt 1987, S. 13 f. 25 Pyrrhon von Elis war ein griechischer Philosoph und lebte von 360 bis 270 v. Chr. in
Athen. Um 300 begründete er die Schule der Pyrrhon, die auch als Schule der älteren Skepsis bezeichnet wird. Ausgehend von der Annahme, dass praktische Urteile und Wer-
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
11
sung vertrat, dass der Erlebende niemals erkunden kann, ob sein Erlebtes
mit einer von ihm unabhängigen Welt übereinstimmt oder nicht, weil dazu
ein Vergleich zwischen Erlebnis und Wirklichkeit vollzogen werden müsste. In
Folge dessen wäre eine Gegenüberstellung von bereits Erlebtem und noch
nicht Erlebtem unumgänglich. Genau dies ist laut Glasersfeld unmöglich,
denn der einzige Zugang zu noch nicht Erlebtem führt eben durch das Erle-
ben selbst.26 Von Glasersfeld und Richards kommen zu dem Ergebnis, dass
alle Versuche von Philosophen, aufzuzeigen, dass sich aus subjektivem Erle-
ben sicheres Wissen über eine postulierte objektive Wahrheit ableiten lässt,
fehlgeschlagen seien27.
Am Beispiel von Descartes, dessen Ziel darin bestand, den Skeptizismus28 zu
widerlegen, wird gezeigt, dass dieser mit seinem berühmten Satz „cogito er-
go sum – ich denke also bin ich“, lediglich ausdrückt, dass für den Erleben-
den nur fraglos sicher ist, dass er erlebt.29 Er sagt nichts über das Verhältnis
zwischen Erlebtem und einer ontologischen Wirklichkeit aus. Die Antwort
Descartes auf die Frage nach der Wahrheit des Erlebten gibt v. Glasersfeld
folgendermaßen wider:
„Gott könne nicht so böswillig gewesen sein, den Menschen trügerische Sinne
einzubauen.“30
Folgt man von Glasersfeld, so trägt Descartes gegen seine eigentliche Ab-
sicht zur Stärkung der Position des Skeptizismus bei. 31 Folglich bleibt die
Frage, ob die wahrgenommene Wirklichkeit einer objektiven Wirklichkeit ent-
tungen nur auf Konventionen beruhen und nicht zu begründen seien, bestreitet Pyrrhon auch die Begründbarkeit theoretischer Aussage. Vgl. Meyers Lexikonredaktion 1995, S. 28.
26 Vgl. v. Glasersfeld 1998a, S. 9,10. 27 Vgl. v. Glasersfeld/ Richards 1996, S. 192 ff. 28 „Die philosophische Skepsis vertritt die Auffassung, daß die Wahrheit eines Urteils nicht
erkennbar sei. Dabei wird die Wahrheit - zumindest bei den Skeptikern der Antike - als Übereinstimmung des im Urteil ausgedrückten Sachverhaltes mit dem wirklichen, erkenn-tnisunabhängigen Sachverhalt verstanden, auf den sich das Urteil beziehe. Der Skeptiker geht davon aus, dass wir in unseren Urteilen den Anspruch erheben, einen Gegenstand so zu beschreiben, wie er an sich selbst und unabhängig von unseren jeweiligen Vorstellun-gen von ihm beschaffen sei.“ (Lexikon der Philosophie: Online im Internet: http://www.phillex.de/skepsis3.htm#thesen. Stand: 15.5.2000).
29 Vgl. v. Glasersfeld 1998a, S. 10. 30 Ebenda. 31 Vgl. v. Glasersfeld/ Richards 1996, S. 192 ff.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
12
spricht, unbeantwortet. Während ein solches Ergebnis die Erkenntnis- und
Wissenschaftstheorien, die einen objektiven Wahrheitsbegriff postulieren, in
Bedrängnis bringt, ist sie mit der Position des radikalen Konstruktivismus
kompatibel, denn genau die Frage nach dem Verhältnis zwischen wahrge-
nommener und objektiver Wirklichkeit ist es, die der radikale Konstruktivis-
mus aus dem Zentrum der Erkenntnistheorie verbannt und anstelle dessen
die Frage nach dem Erkenntnisvorgang und den Wirkungen von Erkenntnis
stellt.
Ein für von Glasersfeld wichtiger Vorläufer des konstruktivistischen Denkens
ist Kant, denn
„bereits Kant habe erkannt, daß unsere Erkenntnis keine Dinge an sich dar-
stelle, sondern lediglich Vorstellungen von Dingen hervorbringe, und daß diese
hervorgebrachten Vorstellungen nun nicht etwa ein Bild von etwas anderem
seien, geschweige denn von einer ontischen Welt, die erkenntnistunabhängig
existieren könne.“32
Folgt man v. Glasersfelds Interpretation, so geht es Kant bereits um die Fra-
ge, wie Erkenntnis möglich ist und nicht mehr um die Erkennbarkeit der Welt
an sich.
Objektivität ist folglich die Illusion, dass Beobachtungen von der Welt ohne
Beobachter und deren Erkenntnisapparat gemacht werden können.33 Dies
hat zur Folge, dass das traditionelle Verständnis von Wahrheit als Abbild ei-
ner objektiven Wirklichkeit unbrauchbar wird. Das konstruktivistische Ver-
ständnis von Wahrheit lässt sich ideengeschichtlich auf Vico zurückführen,
der bereits um 1700 den Satz „Verum est eum ipsum“ (etwas verstehen
heißt wissen, wie wir es gemacht haben) formulierte34. Dinge können folglich
erst als „wahr“ erkannt werden, nachdem Erklärungsmuster von wahrge-
nommenen Objekten konstruiert worden sind und sich als brauchbar erwie-
sen haben.
32 V. Glasersfeld 1987, zitiert nach Bardmann 1994, S. 67. 33 Vgl. v. Glasersfeld 1987, S. 21. 34 Vgl. v. Glasersfeld 1987, S. 23.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
13
„ ‚Wahre Ideen’ sind diejenigen, die sich bewähren, die uns helfen, unseren
Weg durch eine letztlich unerkennbare Welt zu finden, die verhindern, daß wir
uns allzu oft an den Schranken und Hindernissen der uns unzugänglichen
Wirklichkeit verletzen.“35
Eine weitere Begründung des Postulats liefert v. Foerster mit dem Prinzip der
undifferenzierten Codierung. Zur Veranschaulichung dieses Prinzips be-
schreibt v. Foerster die Ergebnisse eines Experiments der Gehirnforschung.
Hier wird eine Mikrosonde in die Nähe einer Nervenfaser gebracht, die auf
die abgegebenen Impulse der Nervenzelle reagiert. Das elektrische Signal,
das die Mikrosonde abgibt, wird verstärkt und auf einen Lautsprecher über-
tragen. Jedes Mal, wenn die Nervenzelle gereizt wird, überträgt der Lauts-
precher ein „Klick“. Bei einer dauerhaften Reizung hört man eine Folge von
„Klicks“. Die Geschwindigkeit der Abfolge ist abhängig von der Stärke des
Reizes36.
Abbildung 2: Periodische Entladungen einer Tastsinnzelle bei
unterschiedlichen Reizzuständen.
(Entnommen aus: v. Foerster 1996, S. 139.)
35 Bardmann 1994 S. 67. 36 Siehe Abbildung 2.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
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V. Foerster zieht daraus die Schlussfolgerung, dass das Vokabular der Ner-
vensprache „Klick“ ist. Dabei ist die Funktion von unterschiedlichen Nerven-
zellen, z. B. der Retina des Auges oder der Membran des Ohres, gleich.37
Dies bedeutet, dass alle Reize, die auf eine Nervenzelle einwirken, in einen
zellinternen Code transformiert und als „Klickfolge“ codiert an das Gehirn
weitergegeben werden.
„Die Signale, die dem Gehirn zugeführt werden, sagen also nicht, blau, heiß,
cis, au usw. usw., sondern »Klick, Klick, Klick« d. h. sie sprechen nur von der
Intensität einer Störung und nicht von »was«, nur von »wie viel« und »wo-
her«. [...] Die Erregungszustände einer Nervenzelle codieren nur die Intensi-
tät, aber nicht die Natur der Erregungsursache.“38
Dies hat unmittelbar zur Folge, dass das Gehirn das codierte Signal decodie-
ren muss und somit aus den Sinnesinformationen und bereits gemachten
Erfahrungen eine subjektive Wirklichkeit kognitiv konstruiert.39
Abschließend soll anhand von einigen Beispielen aufgezeigt werden, wie
leicht sich die menschlichen Wahrnehmungsorgane täuschen lassen. Abbil-
dung 3 verdeutlicht in einem Selbstexperiment das Vorhandensein eines
„blinden Flecks“. Hält man sich ein Auge zu und fixiert mit dem anderen das
Kreuz auf der linken Seite, so kann man feststellen, dass der dicke schwarze
Punkt (A) auf der rechten Seite verschwindet. Dreht man das Schaubild um
90 Grad gegen den Uhrzeigersinn und wiederholt das Experiment mit Punkt
(B), so sieht man, wie auch hier der schwarze Punkt verschwindet, die Linie
allerdings nicht unterbrochen wird.
Das Phänomen des blinden Flecks lässt sich biologisch erklären.40 Interessant
ist allerdings die Tatsache, dass man diesen blinden Fleck normalerweise
nicht bemerkt. Eigentlich müsste in allen von uns wahrgenommenen Bildern
eine Lücke sein. Dies ist aber nicht der Fall, weil das Gehirn diesen blinden
Fleck schließt, indem es ein Bild für die Lücke konstruiert. Die Differenz zwi-
37 Vgl. v. Foerster 1996, S. 137 ff. 38 v. Foerster 1996, S. 138 f. 39 Vgl. Roth 1995, S. 48 ff. 40 Ein Bereich der Netzhaut ist lichtempfindlich, weil an dieser Stelle der Sehnerv austritt. An
dieser Stelle kann die Netzhaut folglich keinen Lichtimpuls wahrnehmen. Dieser Bereich wird „Blinder Fleck“ genannt (vgl. Maturana/ Varela 1987, S. 23).
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
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schen konstruiertem und nichtkonstruiertem Bereich ist für den Beobachter
nicht wahrnehmbar, so dass man sich letztendlich nicht sicher sein kann,
welcher Anteil des wahrgenommenen Bildes konstruiert ist und welcher
nicht.
Abbildung 3: Der ‚blinde Fleck’
(Entnommen aus: Maturana/ Varela 1987, S. 22.)
Maturana und Varela versuchen mit diesem und noch weiteren Beispielen,
auf die hier jedoch nicht näher eingegangen werden soll, deutlich zu ma-
chen, dass man nicht die wirkliche Welt erkennen kann, sondern dass jeder
nur sein eigenes visuelles Feld erlebt.
„[...]wir sehen nicht die »Farben« der Welt, sondern wir erleben unseren
chromatischen Raum.“41
41 Maturana/ Varela 1987, S. 28.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
16
Als Fazit dieses Kapitels wird festgehalten, dass die erkenntnistheoretische
Frage nach der objektiven Wahrnehmbarkeit einer ontologischen Welt letz-
tendlich nicht plausibel beantwortet werden kann. Während traditionelle Er-
kenntnistheorien, wie z.B. der Rationalismus, ihre Theorien auf der Prämisse
der Erkennbarkeit der Wahrheit aufbauen, akzeptiert der Konstruktivismus
eben die Nichtbeantwortbarkeit dieser Frage und vertritt die Auffassung,
dass das Wahrgenommene nicht mit einer ontologischen Welt überein-
stimmt, sondern lediglich kompatibel gemacht wird. Im Zentrum der kons-
truktivistischen Forschung steht folglich nicht die Frage nach der „Wahrheit
oder Falschheit“ von Erkenntnis, sondern der Erkenntnisprozess und dessen
Bedeutung für das erkennende Subjekt.
1.2.2 Viabilität statt Wahrheit
Wie vor dem Hintergrund der konstruktivistischen Epistemologie aufgezeigt
wurde, kann die Relation zwischen dem Erlebten und der Wirklichkeit nicht
mit den klassischen Kriterien der Übereinstimmung oder der Korrespondenz
beschrieben werden. Der Konstruktivismus postuliert ein grundsätzlich an-
dersartiges Verhältnis zwischen der Welt der fassbaren Erlebnisse und der
ontologischen Welt, welches von den Konstruktivisten mit dem Begriff der
Viabilität bezeichnet wird.42
Viabilität, [etymologisch abgeleitet vom lateinischen Wort via = Weg] be-
zeichnet die Gangbarkeit eines Weges oder auch das Passen im Sinne von
funktionieren.43 Arnold und Siebert z.B. wenden den Viabilitätsbegriff auf
Wissen an und kommen zu folgendem Schluss:
„... Wissen ist viabel, wenn es uns eine Orientierung erleichtert und unser
Handeln begründet und insgesamt Überleben ermöglicht [...] wenn es zu mei-
ner Umwelt »paßt« und die Erreichung meiner Ziele erleichtert. Die Frage, ob
dieses Wissen objektiv richtig ist, ist irrelevant.“ 44
42 Vgl. v. Glasersfeld 1998a, S. 18. 43 Vgl. ebenda, S. 19. 44 Arnold/ Siebert 1997, S. 103.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
17
Folglich ist Erkanntes veränderbar, nämlich genau dann, wenn es sich nicht
mehr als viabel erweist. Der Auslöser liegt in einer neuen Erkenntnis. So
können z.B. wissenschaftliche Erklärungsmodelle, die sich jahrhundertelang
als nützlich erwiesen haben, durch neue Erkenntnisse nutzlos werden. Würde
es sich hierbei um objektive Wahrheiten handeln, so wären die Erklärungs-
modelle unveränderbar, weil sie angeblich der Wahrheit entsprächen, es sei
denn, die Realität hätte sich verändert.
1.2.3 Kritik am Postulat der Nicht-Erkennbarkeit von Wahrheit
Die Kritik an der konstruktivistische Erkenntnistheorie richtet sich in erster
Linie gegen das Postulat, dass es keine vom Subjekt unabhängige Realität
gäbe. So leitet zum Beispiel Schlutz eine Differenz auf der Basis eines Buches
von Searle her, der davon ausgeht, dass die Welt vollständig aus physischen
Teilchen in Kraftfeldern besteht, von denen einige in Systemen organisiert
sind. Für ihn kann folglich die Wirklichkeit nicht in Gänze gesellschaftlich
konstruiert sein. Dennoch negiert er nicht, dass es auch konstruierte Wirk-
lichkeiten gibt. In seinem Modell differenziert er zwischen immanenten und
beobachterrelevanten Eigenschaften der Welt.45
Wie bereits in Kapitel 1.2.1 erwähnt, stand lange Zeit der Streit entlang der
Differenz im Zentrum erkenntnistheoretischer Diskurse und wurde zwischen
Realisten und Idealisten ohne abschließendes Ergebnis ausgetragen. Genau
diese Frage versucht der radikale Konstruktivismus zu umgehen. Dies macht
v. Glasersfeld deutlich, indem er zu dem Ergebnis kommt, dass diese Frage
letztlich unbeantwortbar sei. Zur Beantwortung dieser Frage wäre es unum-
gänglich, einen Vergleich zwischen bereits wahrgenommener und noch nicht
wahrgenommener Realität zu machen. Dies ist aber deshalb unmöglich, weil
der einzige Zugang zu unbekannter Realität für lebende über deren Sinne
führt, das heißt, in einer subjektiven Aneignung liegt.
45 Vgl. Schlutz, 1999, S. 44.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
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Außerdem scheint es an dieser Stelle wichtig zu sein, darauf hinzuweisen,
dass radikale Konstruktivisten eine äußere Realität nicht leugnen, sondern
lediglich aufzeigen, dass jeglicher Zugang zu dieser Realität nur subjektiv
herstellbar ist. Für sie ist nicht die Frage entscheidend, ob es eine solche
„objektive“ Realität gibt, sondern wie dieser subjektive Aneignungsprozess
stattfindet und welche Wirkungen und Resultate daraus konstruiert werden.
Als einen weiteren Kritikpunkt am radikalen Konstruktivismus führt u.a. Groe-
ben an, dass die konstruktivistischen Erkenntnisse keineswegs neu seien und
dass sich die Ersetzung des Wahrheits- durch das Nützlichkeitskriterium be-
reits im Pragmatismus oder auch im Neomarxismus finden lässt.46 Folgt man
v. Glasersfeld, so erhebt der Konstruktivismus nicht den Anspruch, völlig
neue Erkenntnisse hervorzubringen. Er selbst liefert in seiner Interpretation
des Konstruktivismus immer wieder ideengeschichtliche Verknüpfungen des
Konstruktivismus zum Skeptizismus sowie zum Pragmatismus.47
Ausgehend von der konstruktivistischen Behauptung, dass es keinen vom
Subjekt unabhängigen Zugang zur Welt gäbe und folglich die Objektivität der
Wahrheit nicht feststellbar sei, versucht Groeben ferner, ein Argument der
Selbstwiderlegung des radikalen Konstruktivismus zu entwickeln, indem er
das Postulat der Nicht-Erkennbarkeit von Wahrheit als widersinnig bezeich-
net, und leitet daraus folgende Aussage ab:
„Wenn der radikale Konstruktivismus wahr ist, dann ist er falsch.“48
Dazu ist anzumerken, dass die Bewertungskriterien ‚wahr’ oder ‚falsch’ nicht
kompatibel zur konstruktivistischen Erkenntnistheorie sind. Konstruktivisten,
wie v. Foerster und v. Glasersfeld erheben nicht den Anspruch, mit dem
Konstruktivismus eine wahre, sondern eine viable Erkenntnistheorie zu lie-
fern.
„Natürlich kann der Konstruktivismus selbst kein Modell einer Wirklichkeit sein,
denn er unterliegt seinen eigenen Gesetzen. Der Konstruktivismus muß sich
46 Vgl. Groeben 1998, S. 153. 47 Vgl. v. Glasersfeld 1998a, S. 9 ff. 48 Groeben 1998, S. 154.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
19
einzig und allein durch die Praxis bewähren. Alles Rechthaberische verliert auf
diesen Hintergründen seinen Sinn.“49
Eine ausführliche philosophische Diskussion der oben genannten Kritikpunkte
würde den Rahmen dieser Arbeit sprengen, diesbezüglich soll an dieser Stelle
auf Nüse verwiesen werden.50
1.3 Ausgewählte konstruktivistische Erkenntnistheorien
Da der Konstruktivismus sich als naturalistische Erkenntnistheorie versteht,
versuchen seine Hauptvertreter die Antworten auf die erkenntnistheoreti-
schen Fragen nicht vor dem Hintergrund von Philosophie, sondern auf der
Basis empirischer Wissenschaften zu geben.51 Im Mittelpunkt aller Theorien
steht die Funktionsweise des menschlichen Gehirns.52
1.3.1 Die Theorie der Autopoiesis von Maturana und Varela
Eine weit verbreitete konstruktivistische Erkenntnistheorie liefern die beiden
Neurobiologen Maturana und Varela mit ihrer seit den sechziger Jahren ent-
wickelten Theorie autopoietischer Systeme. Sie haben den Anspruch, eine
empirische Erkenntnistheorie zu liefern. Dabei wollen sie eine biologische
Aufklärung über die Grundlagen und Bedingungen des Erkenntniserwerbs
entwickeln.53 Als Grundlage ihrer Erkenntnistheorie dient Maturana und Vare-
la die neurobiologische Begründung, dass alle Lebewesen, vom Einzeller bis
zum Menschen, dadurch zu klassifizieren sind, dass sie autopoietisch organi-
siert, d.h. sich selbst erzeugende Systeme sind. Lebewesen unterscheiden
sich durch verschiedene Strukturen voneinander, sie sind aber in Bezug auf
ihre Organisation gleich.54
49 Goorhuis 1998, S. 10. 50 Vgl. Nüse u.a. 1991. 51 Vgl. Fischer 1995, S. 19 f. 52 Vgl. Schmidt 1996, S. 13. 53 Vgl. Fischer 1993, S. 10 f. 54 Vgl. Maturana/ Varela 1987, S. 55 f.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
20
Der Begriff Autopoiesis leitet sich aus den beiden griechischen Wörtern [au-
tos = selbst] und [poiein = machen] ab und wurde 1972 von Maturana ge-
schaffen.55
Autopoiesis bedeutet, dass lebende Systeme ihre eigene Organisation entwi-
ckeln und aufrechterhalten. Unter Organisation verstehen Maturana und Va-
rela
„die Relationen [...], die zwischen den Bestandteilen von etwas gegeben sein
müssen, damit es als Mitglied einer bestimmten Klasse erkannt wird.“56
So gehört z.B. ein System, dessen Organisation autopoietisch ist, zur Klasse
der lebenden Systeme. Die Aufgabe der autopoietischen Organisation führt
unweigerlich zum Tod und somit zum Ausschluss aus der Klasse der leben-
den Systeme. Anders gesagt ist das oberste Ziel lebender Systeme die kons-
tante Aufrechterhaltung ihrer Organisation, da ansonsten ihre Klassenidenti-
tät verloren geht. In diesem Sinne sind lebende Systeme organisational ge-
schlossen. Die Struktur lebender Systeme hingegen kann variieren. Struktur
meint
„die Bestandteile und Relationen, die in konkreter Weise eine bestimmte Ein-
heit konstituieren und ihre Organisation verwirklichen.“57
Sie besagt zwar nichts über die Eigenschaften eines Systems als Einheit, al-
lerdings über seine spezifische Ausformung. Die Strukturen eines Systems
können sich unter der Bedingung der Aufrechterhaltung der Organisation,
verändern, daher sind lebende Systeme strukturell offen. Anders ausgedrückt
gibt es eine relative strukturelle Plastizität.58
Maturana und Varela veranschaulichen die Theorie autopoietischer Systeme
am Beispiel einer Zelle. Jede Zelle setzt sich aus Molekülen zusammen, die so
organisiert sind, dass sie auf molekularer Ebene über den Stoffwechsel ihre
eigenen Bestandteile reproduziert und so sowohl ihre Organisationsform als
auch die Zelle als materielle Einheit aufrecht erhält. Die Zellmembran hat
55 Vgl. Kneer/ Nassehi 1997, S. 48. 56 Vgl. Maturana/ Varela 1987, S. 54. 57 Vgl. ebenda. 58 Vgl. Bardmann 1994, S. 74 ff.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
21
dabei eine besondere Aufgabe. Sie markiert die Grenze nach außen und
schafft so die Vorraussetzung, dass die Zelle als Einheit59 funktioniert und ist
darüber hinaus operationaler Teil des Zellinneren und somit an den Repro-
duktionsprozessen beteiligt. Die Membran erzeugt die Zelle und die Zelle er-
zeugt die Membran. Folglich ist der Erzeuger gleich dem Erzeugten und um-
gekehrt. Diese Zirkularität macht die Zelle zu einer operational geschlossenen
Einheit. Die Zelle ist organisational geschlossen in dem Sinn, dass sie in ei-
nem zirkulären Prozess alles fortlaufend reproduziert, was sie zu ihrer eige-
nen Aufrechterhaltung benötigt. Energetisch allerdings sind autopoietische
Systeme offen, weil sie nicht ohne eine Umwelt, aus der sie z.B. Nährstoffe
und Energie beziehen, existieren können. Folglich sind Zellen als autopoieti-
sche Systeme zwar organisational geschlossen aber strukturell offen oder
anders gesagt autonom aber nicht autark.60
Autonomie meint in diesem Zusammenhang die Eigengesetzlichkeit des au-
topoietischen Systems. So werden, wenn z.B. eine Zelle Moleküle aus ihrer
Umwelt in ihre Prozesse mit einbezieht, die zellinternen Folgen nicht von den
Eigenschaften des aufgenommenen Moleküls bestimmt, sondern durch die
Art und Weise, in der das Molekül von der Zelle integriert wird.61
Die strukturelle Offenheit lebender Systeme ist die Grundvoraussetzung für
eine Interaktion eines autopoietischen Systems mit seiner Umgebung. Diese
Umgebung ist der Bereich, in dem das System existiert und als Einheit ope-
riert. Sie wird von Maturana und Varela auch als Medium bezeichnet62.
Das Medium ist durch den möglichen Wahrnehmungs- oder Sensibilitätsbe-
reich des Systems und folglich durch dessen Organisation und dessen orga-
nisationskohärente Struktur bestimmt.63 Zum Medium können sowohl auto-
als auch allopoietische, das heißt nicht lebende Systeme gehören. Jede Ver-
59 Nach Maturana ist eine Einheit eine begriffliche, dynamische oder statische Entität, die
durch Abgrenzung bestimmt bzw. definiert wird. Hiermit soll ein komplexes Ganzes be-schrieben werden, dass zwar aus Bestandteilen bestehen kann, aber trotzdem das Charak-teristikum einer Ganzheit aufweist (vgl. Fischer 1993, S. 18).
60 Vgl. Kneer 1997, S. 312 f.; siehe Abbildung 4. 61 Vgl. Maturana/ Varela 1987, S. 60. 62 Vgl. Maturana 1996, S. 100. 63 Vgl. Bardmann 1994, S. 76 f.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
22
änderung im Medium kann eine Perturbation64 oder Turbulenz darstellen, auf
die das autopoietische System mit unterschiedlich starken Strukturmodifika-
tionen reagiert.
Abbildung 4: Eigenschaften autopoietischer Systeme
operationaleGeschlossenheit(Systemgrenze)
organisationaleGeschlossenheit(Selbsterhaltung)
strukturelleOffenheit
(z.B. Stoffwechsel)
Autopoietisches System
Umwelt
Umwelt Umwelt
(In Anlehnung an: Fischer 1993, S. 23.)
Die Geschichte der strukturellen Modifikationen eines autopoietischen Sys-
tems bezeichnen Maturana und Varela als dessen Ontogenese, dabei können
entweder Interaktionen mit der Umwelt oder innere Dynamiken der Einheit
Auslöser für Strukturveränderungen sein. Die Perturbationen bzw. Störungen
können zwar Strukturveränderungen einleiten, diese aber nicht determinieren
oder instruieren. Die einzige Bedingung für Interaktionen des autopoietischen
Systems mit seinem Medium ist, dass deren Resultat ein funktionierender
Organismus ist.65
64 Der Begriff der Perturbation wird in Kapitel 2.1.3 näher erläutert. 65 Vgl. Schmidt 1997, S. 25 f.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
23
Interagieren zwei oder mehrere autopoietische Einheiten in einer rekursiven,
stabilen Art und Weise und resultiert daraus eine Geschichte wechselseitiger
Strukturveränderungen, so sprechen Maturana und Varela von einer struktu-
rellen Koppelung der Einheiten.66
Durch solche strukturellen Koppelungen können neue autopoietische Syste-
me entstehen. Dies verdeutlicht Maturana am Beispiel der Honigbiene. Eine
Biene ist eine autopoietische Interaktionseinheit zweiter Ordnung, die sich
aus vielen einzelnen autopoietischen Einheiten (Zellen) erster Ordnung zu-
sammensetzt, die so im Dienst der übergeordneten Einheit Biene stehen. Die
Biene wiederum interagiert mit einem ihr übergeordneten Bienenstaat, wel-
cher folglich ein System dritter Ordnung darstellt.67
Im Folgenden werden noch einmal die wichtigsten Charakteristika autopoieti-
scher Systeme zusammengefasst:
• Autopoiesis bezeichnet die Art der Organisation, die in lebenden Orga-
nismen angetroffen wird.
• Autopoietische Systeme sind organisational geschlossen. Sie sind auto-
nome Einheiten, indem sie ihre eigenen Gesetzlichkeiten selbst spezifizie-
ren und so ihre Klassenidentität bestimmen.
• Autopoietische Systeme sind operational geschlossen. Die Operationen
hängen von dem jeweiligen Zustand des Systems ab und erzeugen neue
Zustände des Systems, das heißt, sie erzeugen alle Komponenten, die sie
zur Fortsetzung ihrer Operationen benötigen, selbst.
• Autopoietische Systeme sind strukturell offen und können so mit ihrer
Umwelt interagieren (strukturelle Koppelung).
Welche Bedeutung hat nun die oben beschriebene Theorie der Autopoiesis
für menschliche Kognition? Für Maturana ist jedes lebende System gleichzei-
tig auch ein kognitives System und Leben als Prozess ist ein Prozess der
66 Vgl. Bardmann 1994, S. 83 ff. 67 Vgl. Maturana 1985, S. 37.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
24
Kognition.68 Das bedeutet, dass nicht das Nervensystem die Grundvorausset-
zung für Kognition darstellt, es erweitert lediglich den kognitiven oder struk-
turell offenen Bereich des Systems, erzeugt aber selbst keine Kognition.69
Das Nervensystem ermöglicht es lebenden Systemen, durch Selbstbeobach-
tung ein Selbstbewusstsein zu erzeugen. Das Nervensystem ist ebenfalls eine
in sich geschlossene Einheit, die mit der geschlossenen Einheit des Organis-
mus interagiert. Varela bezeichnet das Nervensystem als ein biologisches
System, für das organisationelle Geschlossenheit explizit nachgewiesen wor-
den sei.70 Diese Annahme wird von Maturana bestätigt und weiter ausge-
führt.
„Ein Nervensystem ist ein System, das als ein Netzwerk interagierender Neu-
ronen organisiert ist, in dem jeder Zustand relativer neuronaler Aktivität zu ei-
nem Zustand relativer Neuronalität führt. [...] Das Nervensystem operiert als
ein geschlossenes System. Als solches erzeugt es nur Zustände der selben
Art.“71
Folglich gelten die oben beschriebenen Eigenschaften autopoietischer Syste-
me laut Maturana und Varela ebenfalls für das menschliche Nervensystem.
Weil das Nervensystem ein Bestandteil eines lebenden Systems ist, dienen
die neuronalen Aktivitäten, die es erzeugt, der Autopoiese des lebenden Sys-
tems. Es ist folglich dem Ziel der Autopoiesis untergeordnet. Wäre dies nicht
der Fall, so wäre die Existenz des lebenden Systems bedroht. Es ist anzu-
merken, dass unterschiedlich organisierte lebende Systeme auch unter-
schiedliche Nervensysteme haben.72 Zum Beispiel ist die Farbwahrnehmung
von Bienen anders als die vom Menschen, weil es für das „autopoietische
System Biene“ erforderlich ist, bestimmte Farben wahrzunehmen, um seine
Autopoiesis aufrechtzuerhalten. Kognition findet also ausschließlich vor dem
Hintergrund der Nützlichkeit für die Aufrechterhaltung eines autopoietischen
Systems statt.
68 Vgl. Maturana 1985, S. 39. 69 Vgl. Bardmann 1994, S. 79. 70 Vgl. Varela 1996, S. 125. 71 Maturana 1997, S. 98. 72 Vgl. ebenda, S. 99.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
25
„Wenn alles, was in einem lebenden System stattfindet, durch dessen Struktur
spezifiziert ist, und wenn ein lebendes System sich nur in Zuständen der Au-
topoiese befinden kann, weil es sonst zerfiele (und aufhörte, ein lebendes Sys-
tem zu sein), dann ist das Phänomen der Kognition, dass dem Beobachter als
erfolgreiches Verhalten in einem Medium erscheint, in Wirklichkeit die Realisie-
rung der Autopoiese des lebenden Systems in diesem Medium.“73
Vor dem Hintergrund der oben beschriebenen Erkenntnistheorie ist Erkennen
folglich immer eine aktive Handlung des autopoietischen Systems im Sinne
seiner eigenen Autopoiesis und nicht etwa die passive Akzeptanz eines Input
an ontologischer Wirklichkeit.
„Erkennen ist effektive Handlung, das heißt, operationale Effektivität im Exis-
tenzbereich des Lebewesens.“74
Eine effektive oder wirksame Handlung ist eine Handlung, die es einem Le-
bewesen erlaubt, seine Existenz in einer bestimmten Umgebung fortzuset-
zen.75
1.3.2 Grundzüge aus der genetischen Epistemologie von Piaget
Häufig wird darüber diskutiert, ob Piaget ein Konstruktivist ist oder nicht. Er
selbst betitelt seine Erkenntnistheorie zwar als genetische Epistemologie,
bezeichnet sie aber auch des öfteren als konstruktivistisch, was z.B. in fol-
gendem Zitat deutlich wird:
„Fünfzig Jahre von Erfahrung haben uns gelehrt, daß Kenntnis, Wissen, Ver-
stehen nicht lediglich aus einem Registrieren von Beobachtungen erwächst,
ohne daß nicht gleichzeitig eine strukturierende Aktivität des Subjekts stattfin-
det. Eine Erkenntnistheorie, die mit der genetischen Psychologie überein-
stimmt, [...] kann nur auf einem Konstruktivismus basieren, mit einer sich
stets erneuernden Ausweitung neuer Operationen und Strukturen.“76
73 Ebenda, S. 100 f. 74 Maturana/ Varela 1987, S. 35. 75 Vgl. ebenda, S. 36. 76 Piaget 1979, S. 53. Zitiert nach v. Foerster 1998, S. 69.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
26
Diese Aussage wird u.a. von Seiler gestützt, der bei der Studie der Werke
Piagets zu dem Ergebnis kommt, dass an vielen Stellen konstruktivistische
Grundgedanken zu finden sind.77 So schreibt Piaget z.B. des Öfteren, dass
neue kognitive Strukturen nicht von außen übernommen, sondern vom er-
kennenden Subjekt selbst konstruiert werden. Nach Piagets Auffassung ist
die Entwicklung von Vorstellungen, Begriffen und logischen Operationen ein
konstruktiver Prozess, der auf der Eigendynamik von bereits entwickelten
kognitiven Strukturen beruht. Obwohl Erkenntnisse sich auf Wahrnehmung
begründen, stellen sie für ihn kein einfaches Abbild der Wirklichkeit dar.78
Unter Wahrnehmung versteht Piaget die Organisation aktueller sensorischer
Gegebenheiten79. Er begründet seine Behauptungen damit, dass für ihn
Wahrnehmung immer einen Anschluss an bereits vorhandene Strukturen auf
der Seite des Erkennenden impliziert. Folglich stellen Strukturen für Piaget
die Instrumente des Handelns und Erkennens dar. 80 Auch für v. Glasersfeld
steht außer Frage, dass Piaget ein Pionier der konstruktivistisch ausgerichte-
ten Kognitionsforschung ist.81
Piaget widmet sein Leben der biologischen Erklärung des Entstehens von
Wissen. Laut v. Glasersfeld liegt die Absicht Piagets darin, ein kohärentes
Modell der menschlichen Kognition und ihrer Entwicklung zu erarbeiten.82 Mit
den Worten Piagets:
„Die Suche nach den Mechanismen der biologischen Anpassung und die Ana-
lyse jener höheren Form der Anpassung, die wir wissenschaftliches Denken
nennen, dessen epistemologischen Interpretation stets mein Hauptziel war.“83
Durch dieses Zitat wird deutlich, dass es Piaget nicht genügt, Erkenntnis im
Sinne der evolutionären Erkenntnistheorie84 als eine Form der biologischen
Anpassung zu beschreiben, in der sich subjektive Erkenntnisstrukturen durch
77 Vgl. Seiler 1994, S. 43 f. 78 Vgl. Kesselring 1999, S. 63 f. 79 Piaget 1974, S. 2. 80 Vgl. ebenda., S. 4. 81 Vgl. v. Glasersfeld 1998b, S. 100 82 Vgl. ebenda., S. 100 f. 83 Piaget 1981, zitiert nach v. Glasersfeld 1998b, S. 102. 84 Evolutionäre Erkenntnistheorien behaupten, dass unser Erkenntnisapparat ausschließlich
ein Ergebnis der Evolution sei. Vgl. Vollmer 1994, S. 102 f.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
27
Anpassung an die reale Welt herausbilden, sondern dass sein Forschungs-
interesse sich darüber hinaus auf die Prozesse, die der Erkenntnis zu Grunde
liegen, richtet. Der biologische Begriff der Anpassung85 ist für Piaget nicht
hinreichend, um die menschliche Erkenntnisfähigkeit zu erklären. Im Gegen-
satz zu Maturana und Varela unterscheidet er explizit zwischen der Anpas-
sung physiologischer Organismen und Kognition. Kognition bezeichnet er als
eine höhere Form der Anpassung und meint damit mentale Mechanismen.
Kognitive Systeme sind für ihn im Gegensatz zu physiologischen Systemen in
der Lage, mögliche Perturbationen bereits im Voraus zu antizipieren und folg-
lich durch bestimmte Interventionen zu verhindern.
Wie bereits oben erwähnt, knüpfen für Piaget Wahrnehmungen von Objekten
oder Ereignissen an bereits bestehende Handlungsschemata des erkennen-
den Subjekts an.86 Dies bedeutet, dass jede neue Wahrnehmung kognitive
Strukturen des Subjekts voraussetzt, auf die sie zurückzuführen ist bzw. auf
deren Basis sie konstruiert wird. Die Wurzeln der Strukturen liegen für Piaget
in den biologischen Fähigkeiten des erkennenden Organismus, die dem Über-
leben in einer Umwelt dienen.87
Ein Handlungsschema besteht für Piaget aus sensomotorischen Handlungs-
und Wahrnehmungsstrukturen, die er im Kontext von Erkenntnis auch kogni-
tive Strukturen nennt. Beispiele für diese Strukturen sind u.a. Teile des Ver-
haltensrepertoires eines Organismus.
Der Auslöser für kognitive Veränderungen liegt für Piaget, wie auch für Matu-
rana und Varela in Perturbationen, Stimuli oder Reizen, die auf das erken-
nende System einwirken. Von Kybernetikern wird ein solches System als ein
Regelungssystem bezeichnet, das mit negativen Rückkoppelungen arbeitet.88
Das Ziel des erkennenden Systems besteht laut Piaget immer darin, diese
negativen Rückkoppelungen oder auch Perturbationen zu eliminieren, um so
wieder ein kognitives Gleichgewicht zu erzeugen. Ein kohärentes Handeln
85 Anpassung im evolutionstheoretischen Sinn meint den fortlaufenden Prozess der zwischen
Lebewesen und deren Umwelt stattfinden muss, deren Art zu erhalten (vgl. Kull 1977, S. 146).
86 Vgl. Piaget 1967, S. 14 f. 87 Vgl. Seiler 1994, S. 56. 88 Vgl. v. Glasersfeld 1998, S. 119.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
28
des erkennenden Subjekts ist abhängig vom Erfolg bei der Erzeugung jenes
kognitiven Gleichgewichts.89 Diesen internen Regulationsprozess bezeichnet
Piaget als Äquilibration.90
Die Äquilibration besteht aus einer Vielfalt zusammenwirkender Prozesse,
deren Ergebnis in der Konstruktion neuer bzw. in der Erweiterung bereits
vorhandener Strukturen besteht.91 Erkenntnisstrukturen sind demgemäß dy-
namisch und operativ. Bei jedem Erkenntnisvorgang wird der potenzielle Er-
kenntnisgehalt der Strukturen aktualisiert und auf die Situation angewen-
det.92
Im Folgenden soll auf die beiden wesentlichen Prozesse der Äquilibration,
nämlich die Assimilation und die Akkommodation, näher eingegangen wer-
den.
Wie bereits vorher beschrieben, liegt der Auslöser für kognitive Entwicklun-
gen in einer Wahrnehmung. Vorraussetzung für eine Assimilation ist, dass die
Wahrnehmung so anschlussfähig an bereits bestehende kognitive Strukturen
ist, dass sie keine Perturbation auslöst. Allgemein kann der Prozess der As-
similation folgendermaßen verstanden werden:
Eine Assimilation eines wahrgenommenen Elements B an einen erkennenden
Organismus hat dann stattgefunden, wenn dieser Organismus, obwohl er B
in seinen Kreislauf integriert hat, seine Organisationsstruktur konstant hält.93
V. Glasersfeld spricht von einer Fehlinterpretation des Assimilationsbegriffs,
wenn behauptet wird, dass die Funktion der Assimilation darin liegt, ver-
schiedene Objekte der Umwelt in den Organismus hineinzubringen. Er be-
hauptet vielmehr, dass kognitive Assimilation dadurch gekennzeichnet ist,
dass ein kognitiv aktiver Organismus eine Erfahrung in eine bereits vorhan-
dene konzeptuelle Struktur einpasst.94 Dies bedeutet, dass sich bei einem
kognitiven Assimilationsprozess nicht das erkennende Subjekt an die Umwelt
adaptiert, indem es Objekte der Umwelt eins zu eins abbildet, sondern dass
89 Vgl. Kesselring 1999, S. 79. 90 Vgl. Piaget 1996, S. 97. 91 Vgl. Kesselring 1999, S. 77 ff. 92 Vgl. Seiler 1994, S. 62 f. 93 Vgl. Piaget 1974, S. 175. 94 Vgl. v. Glasersfeld 1994, S. 27 f.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
29
das Wahrgenommene in einem Assimilationsprozess solange modifiziert wird,
bis es in die Begriffsstrukturen des Subjekts hineinpasst. Diese Interpretation
des Assimilationsbegriffs durch v. Glasersfeld wird durch folgendes Zitat von
Piaget gestützt:
„[...] kein Verhalten stellt einen absoluten Anfang dar, selbst dann nicht, wenn
es für das Individuum völlig neu ist. Es gründet immer auf vorhandene Hand-
lungsschemata und bedeutet daher die Assimilation neuer Elemente durch be-
reits konstruierte Strukturen (seien sie angeboren, wie die Reflexe, oder zuvor
erworben)“.95
Hieraus lässt sich folgern, dass ein Organismus nur das wahrnimmt, was er
in die jeweils bereits bestehenden Strukturen einpassen kann. Das heißt,
dass die Assimilation Perturbationen immer auf die bereits vorhandene sen-
somotorische Strukturen reduziert, indem gewisse Unterschiede „übersehen“
werden.
Die Ursache für eine Akkommodation liegt immer in einer Perturbation, die
daraus resultiert, dass Wahrnehmungen von einem kognitiven System nicht
assimiliert werden können. Die Reaktion des kognitiven Systems äußert sich
in einer Modifikation seiner Strukturen. In genau diesem Fall spricht Piaget
von einer Akkommodation.96
Assimilations- und Akkommodationsprozesse sind folglich gegenläufiger Na-
tur. Die Assimilation ist auf Objekte, die Akkommodation auf die Struktur des
Erkennenden gerichtet.97 Zusammenfassend kann man sagen, dass Assimila-
tion und Akkommodation nicht zwei getrennte Funktionen, sondern die funk-
tionellen Pole jeder Anpassung darstellen. Assimilationen sorgen für eine Er-
weiterung bereits vorhandener kognitiver Strukturen, Akkommodationen er-
zeugen neue kognitive Strukturen. Damit sind die im Rahmen dieser Arbeit
relevanten Begriffe der genetischen Erkenntnistheorie Piagets dargestellt.
95 Piaget 1976, S. 71. Zitiert nach v. Glasersfeld 1994, S. 28. 96 Vgl. Piaget 1974, S. 175. 97 Vgl. Seiler 1994, S. 65 f.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
30
1.3.3 Ein konstruktivistisches Erkenntnismodell
Der hier verwendete Modellbegriff geht auf die Kybernetik zurück. Demnach
besteht die Funktion von Modellen darin, einen möglichen Weg zur Ausfüh-
rung einer Funktion mit einem gegebenen Resultat zu beschreiben und nicht
etwa darin, eine Struktur wahrhaftig abzubilden.98 Mit dem im Folgenden
beschriebenen Erkenntnismodell soll eine mögliche Art der Weltwahrneh-
mung aufgezeigt werden. Es soll also nicht um die Beschreibung einer „rea-
len Erkenntnis“, sondern um eine Struktur menschlicher Erfahrungswirklich-
keit gehen. Das Erkenntnismodell99 wird aus den beiden vorher erarbeiteten
konstruktivistischen Erkenntnistheorien abgeleitet.
Der Ausgangspunkt für einen Erkenntniszyklus ist eine wahrgenommene Si-
tuation (W), die als Startpunkt eines kognitiven Schemas wiedererkannt wird.
Weil jede Situation einzigartig und allenfalls bereits erlebten Situationen ähn-
lich ist, findet bei diesem Schritt bereits eine Assimilation statt. Interessant
ist, dass eine vom erkennenden Subjekt als gleiche und damit wiedererkenn-
bare Situation wahrgenommen werden kann, die allerdings einem Beobach-
ter stark different zu einer vorherigen Auslösersituation erscheint.
Die so assimilierte Situation löst auf Grund von Erfahrungen des erkennen-
den Subjekts eine zur Situation spezifische Aktivität oder Handlung (H) aus,
mit der ein bestimmtes Resultat oder Ergebnis (E) erwartet wird. Im An-
schluss versucht das Subjekt das von der Handlung (H) erzeugte Ergebnis an
sein erwartetes Resultat zu assimilieren. Gelingt dies, so ist der Handlungs-
zyklus beendet und hat eine Erweiterung der kognitiven Struktur um die as-
similierte Situation zur Folge. Der Zustand kann als relativ kognitiv stabil (K)
bezeichnet werden.
Abbildung 5: Konstruktivistisches Erkenntnismodell
98 Vgl. v. Glasersfeld/ Richards 1996, S. 195. 99 Siehe Abbildung 5.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
31
WahrgenommeneSituation (W)
Erwartetes Resultat (E)
Perturbation (P) Handlung (H)
Unerwartetes Resultat (U)
Kognitive Stabilität (K)
(In Anlehnung an: Von Glasersfeld 1998b, S. 115-117.)
Ist das erkennende Subjekt allerdings nicht in der Lage, das Ergebnis der
Handlung (H) an sein erwartetes Resultat zu assimilieren, so führt dies un-
mittelbar zu einer weiteren Perturbation (P), die einen neuen Zyklus auslöst.
Eine Perturbation kann sich beim erkennenden Subjekt zum Beispiel in Form
von Enttäuschung, Unzufriedenheit, Verwunderung, Verwirrtheit oder Über-
raschung äußern. Bei dem neu eingeleiteten Erkenntniszyklus erfolgt die
Wahrnehmung der neuen Ausgangssituation differenzierter, indem sie in
sensorische Elemente zerlegt wird, die bei der Assimilation des ersten Zyklus
vernachlässigt wurden. Wenn die Perturbation negativer Art war, so versucht
das kognitive System neu erkannte sensorische Elemente in sein Erken-
nungsmuster zu integrieren, um in Zukunft in dieser Situation ein richtiges
Ergebnis zu assoziieren. Wenn allerdings die Perturbation positiver oder nütz-
licher Art war, so kann der Organismus daraus ein neues Erkennungsmuster
bilden, welches das neue sensorische Element einschließt und daraus ein
neues Handlungsschema formt.100 Wenn es auch bei diesem Handlungszyk-
lus erneut zu einer Differenz zwischen erwartetem und tatsächlichem Ergeb-
100 Vgl. v. Glasersfeld 1998b, S. 116 ff.; vgl. v. Glasersfeld 1994, S. 30 ff.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
32
nis kommt, resultiert daraus eine neue Perturbation und der Zyklus beginnt
von Neuem. Dieser zirkuläre Prozess wird so lange durchlaufen, bis ein kog-
nitiv stabiler Zustand erreicht ist. Einen solchen stabilen Zustand bezeichnet
v. Foerster auch als Eigenwert.101 Dieser Prozess der Erzeugung eines kogni-
tiven Gleichgewichts, den Piaget Äquilibration nennt, hat Erkenntnis zur Fol-
ge.102
1.4 Zusammenfassung der Ergebnisse konstruktivisti-
scher Erkenntnistheorien
Die Theorie der Autopoiesis liefert eine Definition für lebende Systeme und
erklärt dessen Funktionsweise. Nach dieser Theorie sind Systemveränderun-
gen oder auch Anpassungen an die Umwelt grundsätzlich möglich. Vorraus-
setzung hierfür ist die strukturelle Offenheit. Die Darstellung der Prozesse,
welche bei kognitiven Veränderungen in einem System ablaufen, beschreibt
Piaget in seiner genetischen Epistemologie mit den zentralen Begriffen der
Äquilibration, Assimilation und der Akkommodation.
Im Folgenden sollen noch einmal die wichtigsten Ergebnisse dieses Kapitels
festgehalten werden:
(1) Der Wahrheitsbegriff wird in konstruktivistischen Erkenntnistheorien
durch den Begriff der Viabilität ersetzt.
(2) Wissenschaftsfortschritte können aus konstruktivistischer Sichtweise
zwar zur Verbesserung der menschlichen Lebensverhältnisse beitra-
gen, haben aber keine asymptotische Annäherung an eine objektive
Wahrheit zur Folge.
(3) Der menschliche Erkenntnisapparat ist ein autopoietisches System.
Dies beinhaltet, dass er selbstreferentiell, operational und organisatio-
nal geschlossen, aber strukturell offen ist. Dies hat zur Folge, dass das
101 Vgl. v. Foerster 1998, S. 154. 102 Vgl. Piaget 1999, S. 77 f.
KONSTRUKTIVISTISCHE ERKENNTNISTHEORIE
33
Gehirn keinen direkten physischen Kontakt zur Außenwelt hat, aber
dennoch über das Nervensystem mit ihr strukturell gekoppelt ist.
(4) Die strukturelle Koppelung ermöglicht somit Interaktionen zwischen
dem Subjekt und der Umwelt. Dabei ist festzuhalten, dass Reize aus
der Umwelt lediglich Strukturveränderungen auslösen, sie aber nicht
determinieren.
(5) Das Gehirn konstruiert eine subjektiv verfärbte Außenwelt und bildet
diese nicht eins zu eins ab.
(6) Erkennen ist ein aktiver Prozess des Subjekts und damit untrennbar
mit Handeln verbunden.
(7) Neue Konstrukte werden immer auf der Basis bereits vorhandener
kognitiver Schemata (Erfahrungen) gebildet und sind folglich mit der
Lebensgeschichte des erkennenden Subjekts verwoben.
(8) Die Entstehung von Erkenntnis wird nicht als linearer, sondern als zir-
kulärer Prozess verstanden.
(9) Voraussetzung für strukturelle Veränderungen sind Perturbationen, die
sich aus Differenzen bereits gemachter Erfahrungen und neuen Wahr-
nehmungen ergeben.
(10) Perturbationen werden von kognitiven Systemen durch Assimilationen
oder Akkommodationen ausgeglichen. Diese Prozesse werden solange
wiederholt, bis ein kognitiv stabiler Zustand hergestellt wird.
(11) Anpassung ist ein aktiver Vorgang des lebenden Subjekts. Sie wird als
ontogenetische Evolution verstanden, die durch Selbstorganisation des
Subjekts stattfindet.
Aus diesen Ergebnissen konstruktivistischer Erkenntnistheorie sollen im fol-
genden Kapitel Konsequenzen für eine Didaktik der Erwachsenenbildung ab-
geleitet werden.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
34
2. Kapitel
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN VOR DEM HINTERGRUND
KONSTRUKTIVISTISCHER ERKENNTNISSE
2.1 Allgemeine didaktische Konsequenzen
2.1.1 Didaktik als Theorie des Lernens
Der Begriff Didaktik leitet sich aus dem griechischen Wort [didaskein = leh-
ren, unterrichten, etc.] ab. Die Spannbreite an Übersetzungsmöglichkeiten
und Ableitungen ist so vielfältig, dass sich bis heute kein einheitliches Ver-
ständnis von Didaktik entwickelt hat.103 Was die Qualität des Begriffsver-
ständnisses angeht, so lassen sich engere und weitere Definitionen unter-
scheiden. In einem engeren Sinne kann Didaktik als Anwendung psychologi-
scher Lehr- und Lerntheorien, im weiteren Sinne als die Wissenschaft vom
Lehren und Lernen umschrieben werden.104 Eine allgemeine Definition liefert
u.a. Peterßen:
„Allgemeine Didaktik bezeichnet jene wissenschaftliche Disziplin, deren Ge-
genstand das Lehren und Lernen schlechthin ist, die aber als integrierende
Teildisziplin der Erziehungswissenschaft das umfassende gesamte Erziehungs-
geschehen perspektivisch im Blick behält; ..., sie integriert die maßgeblichen
Ergebnisse aller in Frage kommenden Wissenschaften unter dem Ge-
sichtspunkt ihres Beitrages für die Lösung von Lehr- und Lernproblemen“.105
In diesem Sinne kann Didaktik als Mischung aus einer verstehenden Sozial-
und Kulturwissenschaft und einer Handlungswissenschaft verstanden wer-
den. Als Sozial- und Kulturwissenschaft, weil sie das gesamte umfassende
103 Vgl. Wulf 1984, S. 117. 104 Vgl. Kron 1994, S. 43 ff. 105 Peterßen 1983, S. 46.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
35
Erziehungsgeschehen berücksichtigt und als Handlungswissenschaft, weil das
Erkenntnisinteresse auf die didaktische Handlungspraxis gerichtet ist.
Obwohl dies eine weite Definition von Didaktik ist, beschränken sich daraus
abgeleitete didaktische Theorien in der Regel auf den Bereich Schule. Dies
wird immer wieder deutlich, wenn von Didaktik als Reflexion von Theorie und
Praxis des Unterrichts (gemeint ist Schulunterricht) gesprochen wird. Mit die-
ser Interpretation hat allerdings schon eine erhebliche Einschränkung des
Begriffes stattgefunden.106
Diese Einschränkung geht über die Einengung der Zielgruppe hinaus, denn
mit Schulunterricht werden in der Regel bestimmte Lehr-/Lernformen antizi-
piert. Beim Unterrichtslernen geht es in den meisten Fällen um planmäßig
geleitetes oder bewirktes Lernen.107 Hinter diesem Verständnis verbirgt sich
die Annahme, dass mit Hilfe von didaktischen Erkenntnissen die Lehre so zu
gestalten sei, dass sie einen planmäßigen zielgerichteten und strukturierten
Lernprozess zur Folge hat. Überspitzt formuliert könnte man sagen, dass
daraus eine Auffassung resultiert, die Didaktik auf eine Wissenschaft vom
Lehren reduziert.108 Ein solches Verständnis von Didaktik baut auf der er-
kenntnistheoretischen Prämisse auf, dass der Mensch in der Lage sei, seine
äußere Umwelt so zu erkennen, wie sie tatsächlich ist. Laut Varela basiert sie
auf einem kognitiven Repräsentationsmodell.109 In einem solchen Modell eig-
net sich der Lerner die „objektive Wahrheit“ an, indem er die Welt abbildet,
widerspiegelt und verinnerlicht. Es wird davon ausgegangen, dass dieser
Prozess der Aneignung von Wissen von einem Lehrer direkt gesteuert wer-
den kann. Der Hauptunterschied zwischen Lehrer und den Lernenden besteht
in einem unterschiedlichen Potenzial an „Realitätswissen“.110
Arnold bezeichnet einen solchen didaktischen Ansatz auch als Erzeugungsdi-
daktik, weil versucht wird, durch einen Input Wissen beim Lernenden zu er-
106 Vgl. Heursen 1995 S. 207. 107 Vgl. Glöckel 1990, S. 317. 108 Vgl. Heursen 1995, S. 207. 109 Vgl. Varela 1990, S. 88 ff. 110 Vgl. Siebert 1997b, S. 16.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
36
zeugen.111 Ein solches Verständnis von Didaktik entspricht in keiner Weise
den Erkenntnissen aus der konstruktivistischen Erkenntnistheorie.
Wie in Kapitel 1 dargestellt, erfolgt aus konstruktivistischer Perspektive die
Aneignung von Wissen gerade nicht durch eine exakte Abbildung der äuße-
ren Realität im Sinne einer objektiven Wirklichkeit, sondern jeder Lernende
erzeugt seine eigene Wirklichkeit. Die Zielüberprüfung erfolgt nicht nach den
Kategorien „wahr“ oder „falsch“, sondern über den Viabilitätsgrad des Erlern-
ten für das erkennende Subjekt.
Vor dem Hintergrund einer solchen erkenntnistheoretischen Prämisse gibt es
kein kausales Input-Output-Verhältnis zwischen Lehre und Lernen. Folglich
darf nicht die Lehre, sondern es muss das Lernen zum zentralen Punkt einer
didaktischen Theorie werden, was eine andere Definition von Didaktik erfor-
dert.
Im Kontext dieser Arbeit wird Didaktik als Theorie der Begünstigung des Ler-
nens definiert. Mit didaktischem Handeln ist das Handeln in ganz allgemeinen
Lernsituationen gemeint, wie sie sich sowohl in organisierten Bildungssitua-
tionen als auch in informellen Kontexten unseres alltäglichen Lebens finden
lassen. Dieses Verständnis von Didaktik teilt auch Siebert, der das Handeln in
Situationen, wie z.B. die Beantwortung der Fragen eines Kindes durch die
Mutter oder die Demonstration eines Staubsaugers durch einen Verkäufer,
bereits als didaktisches Handeln bezeichnet.112 Sein Verständnis von Didaktik
soll folgendes Zitat zum Ausdruck bringen:
„Didaktik ist prinzipiell die Vermittlung zwischen der Sachlogik des Inhalts und
der Psychologik des/der Lernenden. Zur Sachlogik gehört eine Kenntnis der
Strukturen und Zusammenhänge der Thematik, zur Psychologik die Berück-
sichtigung der Lern- und Motivationsstrukturen der Adressat/innen.“113
Wenn das Lernen zum Zentrum einer konstruktivistisch-didaktischen Theorie
wird, so ist es notwendig, die Erkenntnisse, die eine konstruktivistische Er-
111 Vgl. Arnold 1996a, S. VI. 112 Vgl. Siebert 1997b, S. 1. 113 Siebert 1997b, S. 2.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
37
kenntnistheorie über das Lernen liefert, zu berücksichtigen und auf deren
Basis ein konstruktivistisches Verständnis des Lernbegriffs zu skizzieren.
2.1.2 Lernen als selbstorganisierte Strukturveränderung
Wie bereits in Kapitel 1.3.1 beschrieben, ist für Maturana und Varela der
mögliche Interaktionsbereich eines autopoietischen Organismus durch seine
Strukturen determiniert. Autopoietische Systeme sind u.a. dadurch gekenn-
zeichnet, dass sie strukturell offen sind. Dies bedeutet, dass ihre Strukturen
sich durch Interaktion mit der Umwelt oder auch ihrem Medium unter der
Voraussetzung, dass die autopoietische Organisation unverändert bleibt, ver-
ändern können.114
Strukturen, die innerhalb einer Spezies unabhängig von der Ontogenese der
Einzelorganismen sind, bezeichnen Maturana und Varela als genetisch de-
terminiert. Sie ermöglichen dem Organismus ein instinktives Handeln. Als
Beispiel hierfür wird die Fähigkeit des Saugens genannt, die bei Säuglingen
bereits direkt nach der Geburt vorhanden und die unabhängig von dem Ort
ist, an dem der Säugling zur Welt kommt.115
Entstehen allerdings Strukturen im Kontext von Interaktionen, so sprechen
Maturana und Varela von erlerntem Verhalten.116 Dabei weisen sie ausdrück-
lich darauf hin, dass Lernen nicht als Verinnerlichung der Umwelt verstanden
werden darf. Lernen sorgt im Kontext einer strukturellen Koppelung lediglich
für eine verträgliche Koexistenz zwischen dem autopoietischen Organismus
und dessen Umwelt.117 Folglich stellt Lernen eine kognitive Bearbeitung einer
Differenz zwischen Organismus und Umwelt dar.118
Piagets Verständnis von Lernen lässt sich mit den beiden in seiner geneti-
schen Epistemologie zentralen Begriffen der Assimilation bzw. der Akkommo-
dation erklären. Eine Assimilation kann als anpassendes, eine Akkommodati-
114 Vgl. Maturana/ Varela 1987, S. 85 ff. 115 Ebenda. 116 Ebenda, S. 187, 188. 117 Ebenda, S. 188, 189. 118 Vgl. Siebert 1999, S. 17.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
38
on als veränderndes Lernen beschrieben werden.119 Anpassendes Lernen
kommt dann zu Stande, wenn das erkennende Subjekt Erfahrungen in be-
reits bestehende Strukturen integriert, indem es sie assimiliert und dabei se-
lektiv reduziert. Dies geschieht ständig in jeder wahrgenommenen Situation.
Zu veränderndem Lernen kommt es nur dann, wenn ein Handlungsschema,
das auf eine Situation angewendet wird, nicht zu dem erwarteten Ergebnis
führt, damit eine Perturbation auslöst und den Akkommodationszyklus solan-
ge wiederholt, bis wieder eine kognitive Stabilität erreicht ist.120 Auf diese
Weise konstruiert das Individuum, entsprechend seiner subjektiven Sichtwei-
se der Wirklichkeit, auf der Basis bereits vorhandener kognitiver Strukturen
neue Handlungsschemata. Ein solcher Lernprozess, besser vielleicht Kons-
truktionsprozess, setzt folglich eine Handlung des Subjekts voraus und wird
somit zu einem aktiven Vorgang, dessen Auslöser in einer Perturbation liegt.
Für Piaget fungiert in diesem Konstruktionsprozess das lernende Individuum
allein als Konstruktionsinstanz, indem es sich so aktiv an seine äußere Um-
welt anpasst. Das Resultat dieses Konstruktionsprozesses bezeichnet Piaget
als Erkenntnis.121 Der Lerneffekt äußert sich in einer kognitiven Strukturver-
änderung. Die Art der Erkenntnis ist abhängig von der Sozialisation, der
Lerngeschichte, den Lebensverhältnissen, sprich den biographischen Erfah-
rungen des erkennenden Subjekts. Dies führt zu dem Ergebnis, dass eine
bestimmte Lehrmethode oder ein bestimmter Lehrinhalt zu den unterschied-
lichsten subjektiven Lernergebnissen führen kann. In diesem Sinne ist Lernen
folglich immer ein selbstgesteuerter Prozess.122 Abbildung 6 soll das kons-
truktivistische Lernverständnis auf Basis der zentralen Begriffe Piagets visua-
lisieren und zusammenfassen.
119 Vgl. Siebert 1999, S. 22. 120 Vgl. Kapitel 1.3.3. 121 Vgl. Vollmers 1997, S. 80 f. 122 Vgl. Arnold/ Siebert 1997, S. 88 ff.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
39
Abbildung 6: Konstruktivistisches Lernmodell
KognitiveStabilität
Wahrnehmung
HandlungUnerwartetes
Ergebnis
ErwartetesErgebnis
Perturbation
Akkommodation(Strukturveränderung)
Assimilation(Strukturerweiterung)
(Eigene Darstellung)
Vor diesem Hintergrund müssen Definitionen von Lernen, die dem Verhältnis
zwischen Lehren und Lernen eine direkte Kausalität unterstellen oder direkte
Instruktionen postulieren, in Frage gestellt werden. Reinmann-Rothmeier und
Mandl fassen die Merkmale für Lernprozesse aus konstruktivistischer Pers-
pektive folgendermaßen zusammen:
„• Lernen ist nur über die aktive Beteiligung des Lernenden möglich. Dazu
gehört, daß der Lernende zum Lernen motiviert ist und daß er an dem,
was er tut und wie er es tut, Interesse hat oder entwickelt.
• Beim jedem Lernen übernimmt der Lernende Steuerungs- und Kont-
rollprozesse. Wenn auch das Ausmaß eigener Steuerung und Kontrolle
je nach Lernsituation variiert, so ist doch kein Lernen ohne jegliche
Selbststeuerung denkbar.
• Lernen ist ein Konstruktionsprozeß.
• Lernen ist in jedem Fall konstruktiv: Ohne den individuellen Erfah-
rungs- und Wissenshintergrund und eigene Interpretationen finden im
Prinzip keine kognitiven Prozesse statt.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
40
• Lernen erfolgt stets in spezifischen Kontexten, so dass jeder Lernpro-
zeß auch als situativ gelten kann.
• Lernen ist schließlich immer auch ein sozialer Prozeß: Zum einen sind
der Lernende und all seine Aktivitäten stets soziokulturellen Einflüssen
ausgesetzt, zum anderen ist jedes Lernen ein interaktives Gesche-
hen.“123
Wie Lernprozesse ausgelöst bzw. angeregt werden können, soll im folgenden
Kapitel genauer beschrieben werden.
2.1.3 Perturbationen als Voraussetzung für kognitive Veränderun-
gen
Wie bereits vorher erläutert, äußert sich Lernen in einem konstruktivistischen
Sinne stets in einer Strukturveränderung. Wie diese Strukturveränderungen
entstehen, wurde im vorigen Abschnitt beschrieben. Als Ergebnis lässt sich
festhalten, dass jeder Strukturveränderung eine Perturbation voraus geht,
dass heißt Perturbationen veranlassen das erkennende System, seine Erfah-
rungswirklichkeit zu rekonstruieren.
Perturbationen sind subjektiv wahrgenommene Störungen oder Irritationen,
die von Zuständen des Umfelds eines Systems ausgelöst werden und zu Zu-
standsveränderungen in der Struktur des Systems führen, diese aber nicht
determinieren.124 Die daraus resultierende pädagogische Konsequenz in Be-
zug auf Lernen formuliert Siebert wie folgt.
„Perturbation ist ein pädagogisch brauchbarer Begriff: Menschen können
durch pädagogische Maßnahmen nicht belehrt, aufgeklärt oder instruiert wer-
den, Bildungsangebote können aber ein Auslöser von Perturbationen, das
123 Reinmann-Rothmeier/ Mandl 1996, S. 41. 124 Vgl. Maturana/ Varela 1987, S. 27, 106.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
41
heißt von Irritationen und Anregungen sein. In diesem Fall wird Perturbation
zu einem Lernmotiv.“125
Von zentralem pädagogischem Interesse ist nun die Frage, wie sich Perturba-
tionen auslösen lassen. Für v. Glasersfeld liegt der Auslöser einer Perturbati-
on in einer Differenz zwischen einem in einer Situation erwarteten Ereignis
und dem tatsächlich eintretenden Ereignis.126 Folglich kann die Erzeugung
von Differenzen zwischen Lerner und Umwelt Perturbationen zur Folge ha-
ben. Für Piaget liegt eine der häufigsten Quellen für solche Differenzen und
damit für Perturbationen in Interaktionen, insbesondere in sprachlichen
Interaktionen. 127
Auch Treml kommt zu dem Ergebnis, dass der Ausgangspunkt für Verände-
rungsprozesse lebender Systeme in der Differenz zwischen System und Um-
welt liegt. Er bezeichnet diese Differenz als Information, welche auf der Basis
eines selbstorganisierten Selektionsprozesses ausgewählt und verarbeitet
werden.128
Eine Differenz wird folglich durch Informationen, die nicht an bereits beste-
hende kognitive Strukturen des erkennenden Subjekts assimiliert werden
können, also als ‚neu’ erscheinen, ausgelöst. Dementsprechend liegt in sol-
chen aufgezeigten Differenzen stets ein Lernpotenzial verborgen, das von
den Lernenden entdeckt werden kann. Der folgende Abschnitt soll sich mit
der Frage beschäftigen, welche Bedingungen die Umwandlung von Informa-
tionen in Wissen begünstigen.
2.1.4 Information als Gegenstand und Wissen als Ergebnis von
Lernprozessen
Aus konstruktivistischer Perspektive ist zwischen Information und Wissen
eindeutig zu unterscheiden. Der Begriff der Information wird abgeleitet aus
125 Siebert 1999, S. 124. 126 Vgl. v. Glasersfeld 1998b, S. 117. 127 Vgl. v. Glasersfeld 1994, S. 33. 128 Vgl. Treml 1987, S. 30 f.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
42
dem lateinischen Wort „informare“, was soviel besagt wie einformen, bilden
durch Unterweisung, etwas eine Form geben, etc.129 Hieraus wird deutlich,
dass es sich bei Informationen immer um von einem Sender ausgestrahlte
Inhalte handelt. Wenn jemand informiert wird, dann erhält er z.B. eine Mit-
teilung, eine Auskunft oder einen Hinweis von einer anderen Person. Aus der
Perspektive des erkennenden Subjekts kann eine Information nur dann als
Differenz wahrgenommen werden, wenn sie sich von bereits vorhandenem
Wissen unterscheidet. Als Folge einer solchen Differenzerfahrung können
Informationen Auslöser für Perturbationen sein und folglich Lernprozesse in
Gang setzen.
Wissen ist das Ergebnis von Lernprozessen. Es entsteht im Gegensatz zu In-
formationen aus einer Leistung des Subjekts. Wissen lässt sich auch als kog-
nitive Operation oder als Kompetenz des Subjekts definieren.130
Nach v. Glaserfeld wird Wissen nicht passiv aufgenommen, sondern vom
denkenden Subjekt selbst aufgebaut.131 Wissen wird aus konstruktivistischer
Perspektive nicht im Sinne eines „Wissen was“, sondern von „Wissen wie“
verstanden, dass heißt, es geht um „können“ nicht um „kennen“.132 Unter
einem solchen funktionalen Gesichtspunkt gewinnt das Subjekt durch Wissen
eine relative Kontrolle über seine Erlebniswelt. Aus diesem Verständnis von
Wissen folgt, dass Wissen immer durch Lernende selbst konstruiert wird, in-
dem wahrnehmungsbedingte Erfahrungen in Abhängigkeit von Vorwissen
interpretiert werden.133
Trotz der deutlichen Differenz im konstruktivistischen Verständnis zwischen
Information und Wissen sind sie nicht völlig voneinander zu entkoppeln. Ihre
Beziehung wird vor allem dadurch bestimmt, dass ein erkennendes Subjekt
aus Informationen Wissen generieren kann.
129 Vgl. Treml 1987, S. 30. 130 Vgl. Siebert 1999, S. 112. 131 Vgl. v. Glasersfeld 1997, S. 96. 132 Vgl. v. Glasersfeld 1998a, S. 13 f. 133 Vgl. Mandl 1995, S. 874 f.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
43
Nach Arnold und Siebert werden Informationen dann in Wissen generiert,
wenn sie die folgenden Bedingungen erfüllen: Informationen müssen für das
Subjekt
„a) relevant, d.h. bedeutsam oder sinnvoll,
b) viabel, d. h. praktisch, hilfreich, oder nützlich,
c) neu, d. h. nicht redundant,
d) anschlussfähig, d. h. in ein vorhandenes kognitives System integrier-
bar“134
sein.
Wissen muss sich in der Interaktion mit der Außenwelt ständig bewähren
und sich gegebenenfalls verändern. Daraus folgt, dass Wissen kein statisches
Potenzial darstellt, sondern dynamisch veränderbar ist. Es ist keine messbare
Stoffmenge, sondern stellt einen lebensdienlichen Zugang zur Umwelt dar.135
Eine solche prozessuale dynamische Vorstellung von Wissen schützt davor,
Wissen als Gegensatz zum Lernen zu verstehen, weil solches Wissen dem
Wissenden nur temporär oder situationsgebunden eine Überlegenheit gege-
nüber den Lernenden verschafft.
2.2 Spezifische didaktische Konsequenzen für die beruf-
liche Bildung
2.2.1 Konstruktivistische Impulse für die berufliche Bildung
Die Begriffe „berufliche Bildung“ und „Berufsbildung“ werden in der Literatur
synonym verwendet. Im Sinne des Berufsbildungsgesetzes aus dem Jahre
1969 fallen unter den Begriff „Berufsbildung“ die Berufsausbildung, die beruf-
liche Fortbildung und die berufliche Umschulung.136 Der 1970 vom Deutschen
Bildungsrat geschaffene Begriff der „Weiterbildung“ überschreibt im gesam-
134 Arnold/ Siebert 1997, S. 113. 135 Vgl. Siebert 1999, S. 113. 136 Vgl. §1 (1) Berufsbildungsgesetz 1969.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
44
ten Bildungssystem den quartären, nachschulischen Bereich und subsumiert
die beruflich orientierten Fortbildungen und Umschulungen, die Erweiterun-
gen der Grundbildung und die politische Bildung.137 Damit ist unter der be-
ruflichen Bildung die berufliche Aus- und Weiterbildung zu verstehen. Mit den
Worten Arnolds meint dies, dass der Begriff Berufsbildung sowohl für die Bil-
dung zu einem Beruf als auch für die Bildung in einem Beruf steht.138
Ziel der beruflichen Ausbildung ist eine breit angelegte berufliche Grundbil-
dung im Hinblick auf einen spezifischen Berufsbereich.139 Durch Weiterbil-
dung dagegen werden die erworbenen Fertigkeiten vertieft, erweitert oder
sogar im Hinblick auf sich verändernde Anforderungen erneuert. Aus- und
Weiterbildung lassen sich allerdings nicht nur anhand der inhaltlichen Funk-
tionen, sondern auch durch differente Organisationsformen unterscheiden.
So findet Ausbildung in staatlich geregelten Bildungseinrichtungen bzw. Aus-
bildungsgängen, Weiterbildung hingegen vornehmlich in nichtstaatlich gere-
gelten Bildungsmaßnahmen statt.140
Bereits 1990 weist Wittwer darauf hin, dass der beruflichen Bildung eine
Neuorientierung bevorstünde, deren Auswirkung sich in einer reduzierten
Vermittlung von speziellen Kenntnissen und Fertigkeiten im Hinblick auf die
später auszuübenden Erwerbstätigkeiten ausdrückt.141 Ein fachspezifisches
Lernen für das gesamte Berufsleben erscheint allein unter dem Aspekt der
sich ständig verändernden Technologien unmöglich. Daher ist es nötig, dass
sich die Arbeitskräfte kontinuierlich und zwar lebenslang in Bezug auf die
Anforderungen des beruflichen Kontextes weiterbilden. Infolge dessen ist mit
einer Zunahme der Bedeutung der Weiterbildung innerhalb der beruflichen
Bildung zu rechnen.142 Daraus lässt sich die These formulieren, dass sich,
weil die Bildungsanforderungen des Arbeitsplatzes an die Mitarbeiter sowie
das Angebot an beruflichen Weiterbildungsmaßnahmen sehr unterschiedlich
sind, die Berufskarrieren zunehmend individualisieren und folglich die Adres-
137 Vgl. Wittwer 1982, S. 9; vgl. Deutscher Bildungsrat 1970, S. 197. 138 Vgl. Arnold 1994, S. 1 f. 139 Vgl. §1 (2) Berufsbildungsgesetz 1969. 140 Vgl. Wittwer 1992, S. 27 ff. 141 Vgl. Wittwer 1990, S. 79. 142 Vgl. Wittwer 1992, S. 26 ff.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
45
saten von beruflicher Weiterbildung heterogener werden. Dies hat zur Folge,
dass bei der Gestaltung von Lernprozessen auch in der beruflichen Bildung
zunehmend die Berufsbiographie der Lernenden mit berücksichtigt werden
muss. Diese Forderung ist durch die konstruktivistische Erkenntnistheorie zu
stützen, weil Lernen nur vor dem Hintergrund von Erfahrungen von Subjek-
ten denkbar ist.143
Auch Arnold stellt Veränderungen in der beruflichen Bildung fest und beob-
achtet unter diesem Aspekt in der Berufspädagogik144 zunehmende Einflüsse
von evolutionären Erkenntnistheorien, wie sie u.a. der radikale Konstrukti-
vismus darstellt. Er beschreibt einen Paradigmenwechsel, weg von einer me-
chanistischen hin zu einer evolutionären Berufspädagogik. Als die zentralen
Merkmale eines evolutionären berufspädagogischen Paradigmas nennt er
1. ein integratives Verständnis des Verhältnisses von Bildung und Qualifi-
kation,
2. die (wachsende) „fachliche“ Bedeutung des außerfachlichen Lernens
in der Berufsbildung und
3. einen didaktischen Realismus der Selbstorganisation.145
In Punkt (1) kommt zum Ausdruck, dass das Ziel beruflicher Bildungsprozes-
se nicht mehr ausschließlich in der Vermittlung von Qualifikation im Sinne
einer Anpassung an Anforderungen gesellschaftlicher Arbeit gesehen werden
kann, sondern dass Bildung als Entwicklung eines konstitutiven Persönlich-
keitsideals zukünftig integrativer Bestandteil von beruflicher Bildung sein
muss.
„Ausgangspunkt und Ziel der betrieblichen Bildung ist [...] nicht die bloße Qua-
lifizierung des Erwerbstätigen als Träger einer ganz bestimmten betrieblichen
Funktion, sondern die Entwicklung des einzelnen hinsichtlich seiner ganz be-
sonderen Möglichkeiten, Fähigkeiten, Fertigkeiten und Erfahrungen.“146
143 Vgl. Kapitel 2.1.2 144 Für Arnold bezeichnet der Begriff Berufspädagogik die wissenschaftliche Disziplin, die die
berufliche Bildung zum Forschungsgegenstand hat. (Vgl. Arnold 1994, S. 15.) 145 Vgl. Arnold 1996a S. 93. 146 Wittwer 1992, S. 70.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
46
Logisch anknüpfen lässt sich die in Punkt (2) angeführte „fachliche“ Bedeu-
tungszunahme des außerfachlichen Lernens. Als Begründung führt Arnold
sich verändernde Arbeitsprozesse an, die über die fachspezifischen Qualifika-
tionen hinaus weitere Anforderungen an die Mitarbeiter stellen. Diese neuen
Anforderungen liegen im außerfachlichen Bereich und werden mit Begriffen
wie Eigenaktivität, Selbstständigkeit und Kreativität beschrieben.147 Wittwer
weist allerdings darauf hin, dass auch in Zukunft nicht völlig auf beruflich-
fachliche Qualifikationen verzichtet werden kann, dass diese aber zunehmend
durch überberufliche Qualifikationen ergänzt werden müssen.148
Ein für die vorliegende Arbeit zentraler Aspekt liegt in dem in Punkt (3) an-
gedeuteten, sich wandelnden didaktischen Selbstverständnis der Berufspä-
dagogik. Diese Art der Veränderung soll durch folgendes Zitat verdeutlicht
werden:
„Teil dieses - notwendigen - Paradigmenwechsels ist dabei eine Überwindung
der didaktischen Illusion der Machbarkeit durch eine realistische(re) Didaktik
der Selbstorganisation“149
Dies drückt eine Umorientierung von einer instruktions- und planungsorien-
tierten Didaktik hin zu einem am Subjekt orientierten didaktischen Realismus
aus, der es den Lernenden ermöglicht, eine aktive Rolle im Lernprozess zu
übernehmen und mit der Vorstellung bricht, man könne durch die „richtige
Lehre“ beliebige Lerneffekte erzeugen. Diese Umorientierung entspricht in
hohem Maße einem Verständnis von Didaktik als Theorie des Lernens, wie es
in Kapitel 2.1.1 aus der konstruktivistischen Erkenntnistheorie abgeleitet
wurde. In Bezug auf die Gestaltung von Lernprozessen lässt sich hieraus in
logischer Konsequenz eine stärkere Berücksichtigung von subjektiven Le-
benswirklichkeiten der Lernadressaten fordern.
Im Zuge dieses veränderten Verständnises von Didaktik werden in der beruf-
lichen Bildung zunehmend neue didaktische Ansätze entwickelt, in deren Mit-
147 Vgl. Arnold 1994, S. 151 f. 148 Vgl. Wittwer 1992, S. 51. 149 Arnold 1994, S. 148.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
47
telpunkt Begriffe wie Personen-, Situations- und Handlungsorientierung ste-
hen.150
Welche besonderen Einflüsse ein konstruktivistisches didaktisches Verständ-
nis in Bezug auf die Adressaten von beruflicher Bildung hat, soll im nachste-
henden Kapitel erläutert werden.
2.2.2 Erwachsenenspezifisches Lernen
Hinsichtlich der Adressaten wird im Handbuch der Berufsbildung formal zwi-
schen Jugendlichen und Erwachsenen unterschieden, wobei die Jugendlichen
der beruflichen Erstausbildung, die Erwachsenen hingegen der Weiterbildung
zugeordnet werden.151 Es lässt sich beobachten, dass sich das Durchschnitts-
alter der Jugendlichen, die sich in beruflicher Erstausbildung befinden, zwi-
schen 1970 und 1990 kontinuierlich erhöht hat. Das Alter der Auszubildenden
lag 1990 durchschnittlich bei über 19 Jahren, 1970 hingegen waren es noch
16,6 Jahre.152 Wählt man das Lebensalter als Kriterium für die Differenzie-
rung von Jugendlichen und Erwachsenen, so kann man im Hinblick auf die
oben beschriebene Altersentwicklung der Auszubildenden anstelle von Ju-
gendlichen auch von jungen Erwachsenen sprechen. Wenn im Folgenden von
Erwachsenen als Adressaten von beruflicher Bildung gesprochen wird, so
sind damit sowohl die Teilnehmer der beruflichen Weiterbildung als auch die
Auszubildenden gemeint.
Vorrausgehend wurde vom Lernen immer in einem allgemeinen Sinne ge-
sprochen, das heißt, dass bisher nicht zwischen dem Lernen Erwachsener
und dem Lernen von Kindern differenziert wurde. Vor dem Hintergrund, dass
die Adressaten beruflicher Bildung in der Regel Erwachsene sind, soll an die-
ser Stelle der konstruktivistische Lernbegriff speziell auf diese Zielgruppe an-
gewendet werden. Aus konstruktivistischer Perspektive basieren Lernprozes-
se immer auf bereits vorhandenen kognitiven Strukturen oder Konstrukten
150 Vgl. Kösel/ Dürr 1995, S. 262. 151 Vgl. Arnold/ Lipsmeier 1995, S. 67,75. 152 Vgl. Berufsbildungsbericht 1999, S. 63; vgl. Wittwer 1997, S. 380.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
48
des Lernenden. Diese Konstrukte sind biographisch determiniert, das heißt,
sie haben sich im Laufe des Lebens entwickelt und sich bereits in gelebten
Situationen bewährt. Ein grundsätzlicher Unterschied zwischen Kindern und
Erwachsenen liegt aufgrund des unterschiedlichen Lebensalters und den dar-
aus resultierenden biographischen Erlebnissen in einer differenten Qualität
und Quantität der kognitiven Konstrukte. Dies bedeutet, dass ein konstrukti-
vistischer Lernansatz für das Lernen von Erwachsenen eine besonders hohe
Relevanz hat, weil beim Lernen als selbstreferentiellem Prozess immer auf
frühere Lernerfahrungen zurückgegriffen wird. Ob schließlich biographisch
entstandene Erklärungsmuster korrigiert oder bestärkt werden, liegt dabei in
der Entscheidung des Lernenden selbst. Daraus zieht Siebert den Schluss,
dass der Konstruktivismus die Biographizität für Erwachsene als Adressaten
von Bildungsprozessen bestätigt, und leitet daher eine verstärkte Relevanz
konstruktivistischer Erkenntnisse in Bezug auf das Lernen von Erwachsenen
ab.153
Dieses Argument stützt die starke Determination des Lernens durch das Sub-
jekt und damit die konstruktivistische These, dass Lehren nicht zwangsläufig
zu Lernen führt und dass die Lehre in einem positiven Sinne lediglich eine
Einflussgröße für Lernen darstellen kann. Der eigentliche Lernprozess hinge-
gen liegt in einem selbstgesteuerten, aktiven Handlungsprozess des lernen-
den Subjekts. Folglich muss der Lernende gerade in Kontexten der berufli-
chen Bildung zum zentralen Punkt bei der Gestaltung von Lernprozessen
werden. Folgendes Zitat aus den Ergebnissen der „Ontario Studie“154 soll die-
se Forderung bestärken:
„Da jeder Lerner ein einmaliges Modell der Wirklichkeit in die Lernsituation
einbringt, bringt er auch einmalige Bedürfnisse und Ziele ein. Das Bildungssys-
tem muß deshalb bereit sein, diese individuellen Bedürfnisse und Ziele zu ak-
zeptieren, zu respektieren und sich ihnen anzupassen.“155
153 Vgl. Siebert 1997b, S. 27. 154 Die Ontario Studie wurde 1980 im Auftrag des kanadischen Bildungsministeriums durch-
geführt und hatte zum Ziel, eine Spezifik für das Lernen von Erwachsenen zu erarbeiten. (Vgl. Klimsa 1993, S. 255)
155 Brundage/ Mac Keracher 1990, S. 7, zitiert nach: Klimsa 1993, S. 256.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
49
Die Planung von Lernprozessen in der beruflichen Bildung kann daher aus
konstruktivistischer Sichtweise nur unter der Berücksichtigung der spezifi-
schen Erfahrungen der lernenden Individuen erfolgreich sein. Anders gesagt
muss sich die berufliche Bildung verstärkt am lernenden Subjekt orientieren.
2.2.3 Subjekt- und Teilnehmerorientierung
Eine wie oben erläuterte Bedingtheit des Lernens durch die biographischen
Erfahrungen der Lernenden hat zur Folge, dass die Teilnehmerstruktur in
Weiterbildungsveranstaltungen unter diesem Gesichtspunkt nur heterogen
sein kann und dass folglich auch die Lerninhalte für die einzelnen Teilnehmer
völlig unterschiedliche subjektive Bedeutungen haben können. Daher be-
kommt das Lernen Erwachsener erst im Kontext ihrer Biographien seinen
Sinn und seine subjektive Bedeutung.156 Lernen geschieht folglich immer im
Kontext einer Reinterpretation von bereits Bekanntem, mit anderen Worten,
es folgt der Logik einer „biographischen Synthetisierung“.157
Holzkamp kommt sogar zu dem Ergebnis, dass überhaupt nur vor dem Hin-
tergrund eines „subjektiven Handlungsgrundes“ gelernt werden kann.158
Da von der subjektiven Bedeutsamkeit des Lerninhalts die Lernmotivation
und folglich der Lernerfolg abhängt, muss die berufliche Bildung dieser Tat-
sache durch eine verstärkte Subjekt- beziehungsweise Teilnehmerorientie-
rung Rechnung tragen.
Zu einer Teilnehmerorientierung in der Erwachsenenbildung gehören nach
Arnold folgende Bedeutungselemente:159
• Partizipationsmöglichkeit der Teilnehmer.
• Berücksichtigung der subjektiven und sozialbiographischen Bedin-
gungen der Lernenden, um einen stärkeren Identitätsbezug zu er-
möglichen.
156 Vgl. Arnold 1996a, S. 179. 157 Vgl. Stubenrauch/ Ziehe 1982, S. 191. 158 Vgl. Holzkamp 1995, S. 25 f. 159 Vgl. Arnold 1996a, S. 163 f.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
50
• Die Kompetenzen und die Autonomie der Lernenden muss ernst ge-
nommen werden.
• Eine einseitige Hierarchie zwischen dem Dozenten und den Teilneh-
mer muss möglichst aufgehoben werden.
• Als ein wesentlicher Aspekt der Erwachsenenbildung ist die Selbst-
steuerung zu berücksichtigen.
• Die Lernenden übernehmen in den Lernsituationen eine aktive Rolle.
Die oben genannten Bedeutungselemente entsprechen den Forderungen ei-
ner konstruktivistischen Erkenntnistheorie, indem sie Räume schaffen, die
den Lernenden eine Möglichkeit der aktiven Auseinandersetzung mit Lernin-
halten bieten. Dies hat zur Folge, dass man sich von der klassischen Sozial-
form der Belehrung, die mittels der Dominanz der Darstellung der eigenen
Inhalte ein Gefühl der Überlegenheit des Lehrenden konstruiert und folglich
die Teilnehmer nicht ernst nimmt, verabschieden muss.160
Die Illusion der Beherrschbarkeit des Subjekts durch didaktische Planung
muss daher aufgegeben werden. Im Gegensatz zu technokratischen didakti-
schen Konzepten, die unterstellen, man könne Unsicherheiten, die sich aus
gesteigerten Komplexitäten ergeben, durch präzisere Planung minimieren,
fordert eine konstruktivistische Didaktik eine gesteigerte Anpassungsfähigkeit
der Lernumgebung während des Lernprozesses, um so den Lernenden im-
mer wieder von neuem Lernen zu ermöglichen.161 Arnold kommt zu dem
Schluss, dass ein wesentlicher Baustein für eine solche Ermöglichungsdidak-
tik in der Offenheit und dem Facettenreichtum von Lernarrangements
liegt.162
An dieser Stelle ist es wichtig, darauf hinzuweisen, dass die Subjektorientie-
rung aus konstruktivistischer Perspektive nicht zur Folge haben darf, dass
eine Didaktik der beruflichen Bildung ausschließlich das Ziel verfolgt, die Be-
160 Vgl. Arnold 1997, S. 17. 161 Vgl. Arnold 1997, S. 16. 162 Vgl. ebenda, S. 17.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
51
dürfnisse der Lernenden zu befriedigen, weil dies ja immer nur eine Stabili-
sierung bereits bestehender Strukturen zur Folge hätte.163 Daher muss ein
weiteres Ziel bei der Gestaltung von Lernprozessen in der beruflichen Bildung
darin bestehen, permanent Perturbationen bei den Lernenden zu provozie-
ren, um damit immer neue Lernpotenziale zu eröffnen. Aus den erzeugten
Differenzen sollen Reflexionspotenziale resultieren, die für die Lernenden die
Möglichkeit schaffen, selbstorganisierte Strukturveränderungen durchzufüh-
ren.
„Erwachsenenbildung ist eine Gelegenheit, in relativer Distanz zu den Zwän-
gen und Handlungsnotwendigkeiten des Alltags seine Wirklichkeitskonstrukti-
on zu überdenken, mit anderen zu vergleichen, durch neues Wissen anzurei-
chern, neue Sichtweisen kennenzulernen.“164
Vor dem Hintergrund der Subjektorientierung ergibt sich in Bezug auf das
Lernen von Erwachsenen die zwingende Notwendigkeit, in Lernumgebungen
Bedingungen für die Selbstorganisation der Lernenden zu schaffen und somit
Prozesse der selbständigen Wissensgenerierung zu ermöglichen. Das Gelin-
gen von solchen subjektiven Lernprozessen lässt sich durch das Arrangieren
von Lernumwelten nicht erzwingen, aber fördern oder zumindest begünsti-
gen.165 Ein solches Verständnis von lernfähigen, aber nicht belehrbaren Teil-
nehmern an Bildungsangeboten der beruflichen Bildung impliziert neue An-
forderungen für das pädagogische Personal. Hierauf soll im folgenden Ab-
schnitt näher eingegangen werden.
2.2.4 Lehrende als Gestalter von Lernumgebungen
Auf der Basis eines traditionellen Verständnisses von Lehre lässt sich ein
klassisches Bild „des Lehrers“ skizzieren. In diesem Sinne werden Lehrer
oder Dozenten als reine Wissensexperten verstanden. Für Arnold ist die gän-
gige traditionelle Lehrpraxis Ausdruck einer „objektivistischen Illusion“ und er
163 Vgl. Siebert 1997b, S. 53 f. 164 Arnold/ Siebert 1997, S. 119. 165 Vgl. Arnold 1996a, S. 192.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
52
leitet daraus eine undemokratische Struktur des Lehrer-Lerner-Verhältnisses
ab.166 Dieses Verhältnis ist gekennzeichnet durch eine Experten-Laien-
Beziehung, die impliziert, dass ein Gefälle an „objektivem“ Wissen zwischen
dem Lehrenden und dem Lernenden besteht. Solche normativen Höherwer-
tigkeits- und Überlegenheitsansprüche beschreibt Siebert als grundsätzlich
suspekt.167
Ein solches Verständnis impliziert eine technokratische Vorstellung von der
planmäßigen Erzeugbarkeit von Bildungseffekten und folglich von Mündig-
keit.168 Diese Hoffnung, die auf eine direkte Erzeugbarkeit eines gewünsch-
ten Effekts bei einem erkennenden Subjekt abzielt, ist aus konstruktivisti-
scher Perspektive unbegründet, weil Lernen, wie bereits in Kapitel 2.1.2 be-
schrieben, nicht aus der bloßen Übernahme von Neuem besteht, sondern
strukturdeterminiert ist.
Vor dem Hintergrund des Konstruktivismus ist das Verhältnis zwischen Leh-
renden und Lernenden durch ein Wechselspiel zwischen allen handelnden
Akteuren gekennzeichnet. Sowohl die Dozenten als auch die Teilnehmer sind
autopoietische Systeme, die in einer Lehr-/Lern-Situation koexistieren, im
günstigen Fall strukturell gekoppelt sind und sich somit gegenseitig pertur-
bieren. Arnold und Siebert verwenden zur Beschreibung dieses Verhältnisses
den Begriff der Koevolution und meinen damit die wechselseitig bedingte
Entwicklung zweier Systeme.169 In diesem Verständnis ist der Dozent ein Teil
der Lernumgebung des Lernenden und umgekehrt. Folglich können durch
gegenseitige Perturbationen bei beiden Akteuren Lernpotenziale und daraus
neues Wissen entstehen.
Was die daraus resultierenden Anforderungen an Dozenten als Wissensver-
mittler in der beruflichen Bildung angeht, so kommt Arnold zu dem Schluss,
dass die Beherrschung eines „reinen“ Wissens nur noch die Basisqualifikation
darstellt.170 Der Lehrende muss erkennen,
166 Vgl. Arnold 1996b, S. 721 f. 167 Vgl. Siebert 1998, S. 116 f. 168 Vgl. Arnold 1999, S. 18. 169 Vgl. Arnold/ Siebert 1997, S. 92 f. 170 Vgl. Arnold 1997, S. 15.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
53
a) dass es das „reine“, „wahre“ Wissen nicht gibt, denn auch Experten-
wissen ist konstruiertes, vorläufiges und unfertiges Wissen
b) und dass die Wahrscheinlichkeit des Gelingens einer direkten Vermitt-
lung von Wissen gering ist.
Unter diesen Voraussetzungen muss der Lehrende sein „Expertenwissen“
ständig kritisch hinterfragen und darf nicht davon ausgehen, dass sein Wis-
sen das einzig Richtige ist. Der Lehrende wird vom Wissensvermittler zum
Lernförderer oder anders formuliert vom Steuermann zum Perturbator. Im
Sinne Piagets könnte man die Rolle des Lehrers als die eines Gärtners be-
schreiben, der seine Pflanzen gießt und ihnen ermöglicht, sich zu entwi-
ckeln.171
Dies bedeutet, dass die Hauptaufgabe der Lehrenden darin besteht, Bedin-
gungen für die Selbstorganisation der Lernenden zu schaffen, um somit Pro-
zesse der selbsttätigen und selbständigen Wissenserschließung zu ermögli-
chen. Die neue Aufgabe der Lehrenden besteht demzufolge darin, Lernen zu
fördern, indem sie Lernumgebungen gestalten, die Situationen mit möglichst
hohen Lernpotenzialen beinhalten, die mit anderen Worten viable Lernange-
bote für die Lernenden darstellen.172
2.3 Zusammenfassung der didaktischen Konsequenzen
In diesem Kapitel wurden, die didaktischen Konsequenzen erarbeitet, die sich
aus den Erkenntnissen des Konstruktivismus ergeben. Zusammenfassend soll
festgehalten werden:
(1) Aus konstruktivistischer Perspektive muss sich das grundlegende Ver-
ständnis von einer Didaktik als der Theorie des Lehrens zu einer Auf-
fassung von Didaktik als Theorie des Lernens wandeln. Damit wird die
Ermöglichung von Lernen zum zentralen didaktischen Aspekt.
171 Kesselring 1999, S. 180. 172 Vgl. Sloane 1999, S. 62.
DIDAKTISCHE KONSEQUENZEN
54
(2) Dabei ist zwischen anpassendem und veränderndem Lernen zu unter-
scheiden. Bei anpassenden Lernprozessen werden Informationen so
stark in ihrer Komplexität reduziert, bis sie in bereits vorhandene kog-
nitive Schemata integriert werden können. Beim verändernden Lernen
dagegen werden neue kognitive Strukturen konstruiert.
(3) Perturbationen entstehen aus wahrgenommenen Informationen, die
vom Lernenden nicht in bereits bestehende kognitive Strukturen inte-
griert werden können und somit eine Differenz erzeugen. Sie sind
Voraussetzung für verändernde Lernprozesse und folglich für die Ge-
nerierung neuen Wissens.
(4) Wissen wird aus Informationen generiert, wenn es dem Lernenden re-
levant, viabel, neu oder anschlussfähig erscheint.
(5) Auch im Bereich der beruflichen Bildung spielt der Konstruktivismus
als evolutionäre Erkenntnistheorie eine zunehmend wichtigere Rolle.
(6) Dies drückt sich u.a. darin aus, dass sich das didaktische Verständnis
von einer Illusion der Machbarkeit hin zu einem Realismus der Selbst-
organisation verändert.
(7) Dies hat zur Folge, dass sich neuere didaktische Konzepte der berufli-
chen Bildung zunehmend am lernenden Subjekt orientieren.
(8) In Bezug auf die Adressaten beruflicher Bildung bleibt festzuhalten,
dass mit zunehmendem Lebensalter und den damit verbundenen biog-
raphischen Erfahrungen die Konsequenzen konstruktivistischer Er-
kenntnisse von zunehmender Bedeutung sind.
(9) Die Rolle der Lehrenden in der beruflichen Bildung verändert sich, so
dass Lehrende keine reinen Wissensvermittler mehr darstellen, son-
dern zu Lernförderern werden, deren einzige Möglichkeit, Lernprozes-
se anzuregen, darin besteht, Lernumgebungen zu gestalten.
Mit der Gestaltung von Lernumgebungen als Möglichkeit der Initiierung von
Lernprozessen befasst sich das nachfolgende Kapitel.
LERNUMGEBUNGEN
55
3. Kapitel
LERNUMGEBUNGEN ALS MÖGLICHKEIT ZUR INITIIE-
RUNG VON LERNPROZESSEN
3.1 Grundlegende Aspekte von Lernumgebungen
3.1.1 Lernumgebungen und Lernsituationen
Der Begriff der „Lernumgebungen“ beschreibt die Umwelt oder die äußeren
Bedingungen eines lernenden Systems. Zu einer Lernumgebung zählen u.a.
Lernmaterialien, Lernaufgaben, Personen, Medien und Räume.173 Lernumge-
bungen können unterschiedliche konkrete Situationen enthalten, die Auslöser
für Lernprozesse darstellen, sofern sie bei den Lernenden Perturbationen
erzeugen.
Das Lernen in konkreten Situationen hat eine lange pädagogische Tradition.
Bereits Dewey (1859-1952), ein Vorläufer der Konstruktivisten, kommt zu der
Erkenntnis, dass sich Lernprozesse nicht vom soziokulturellen und histori-
schen Kontext des Lernenden trennen lassen. Er kommt zu der Schlussfolge-
rung, dass handlungs- und erfahrungsorientierte Lernmethoden von beson-
ders hoher Wichtigkeit sind.174 Auch die Reformpädagogen erkennen bereits
zu Beginn des 20. Jahrhunderts, dass Lernen nur dann erfolgreich sein kann,
wenn Lernende mit authentischen Situationen konfrontiert werden, in denen
sie selbsttätig sein können. Nachdem diese frühen konstruktivistischen Ideen
viele Jahre kaum beachtet werden, erhält selbständiges Handeln und Erfah-
ren in der Lernsituation in den 60er Jahren mit Konzepten, wie z.B. dem
„entdeckenden Lernen“, in der didaktischen Diskussion wieder zunehmend
173 Vgl. Maul/ Strittmatter 1997, S. 51 f. 174 Vgl. Reinmann-Rothmeier/ Mandl 1996, S. 42.
LERNUMGEBUNGEN
56
größere Relevanz. Bruner u. a. vertritt die These, dass man direkte Interak-
tionen mit realen Situationen in Lernkontexte implementieren müsse, um den
Lernenden die Möglichkeit zu geben, sich selbständig und explorativ neues
Wissen zu erschließen.175
Bis heute hat sich die Bedeutung von Lernen in konkreten Problemsituatio-
nen kontinuierlich erhöht. Innerhalb der beruflichen Bildung entwickelt Witt-
wer bereits Anfang der 80er Jahre ein situationsorientiertes Lehr-Lern-
Konzept, dass speziell auf die pädagogische Ausbildung von betrieblichen
Ausbildern abzielt.176 Im Kontext beruflicher Bildung werden zunehmend si-
tuationsorientierte didaktische Ansätze, wie zum Beispiel das Lernen am Ar-
beitsplatz, erprobt und umgesetzt.177 Wittwer spricht in diesem Zusammen-
hang von einer Integration von Ausbildungs- und Arbeitsprozess mit dem Ziel
einer arbeitsplatzbezogenen Ausbildung, wobei der Arbeitsplatz als Lernplatz
erschlossen wird, bzw. Methoden zum Einsatz kommen, die konkrete Arbeits-
situationen simulieren.178
3.1.2 Situated Cognition
Situated Cognition bezeichnet einen Ansatz, der versucht, Anwendungsas-
pekte von Wissen kontextualistisch in Lernprozesse zu integrieren. Anders
formuliert soll der Wissenserwerb so in situative Kontexte eingepasst werden,
dass den Lernenden die Relevanz des Lerngegenstands deutlich wird.179 Die
theoretischen Grundlagen des Ansatzes fußen auf konstruktivistischen Er-
kenntnissen. Als Grundprämisse gilt dementsprechend, dass Wissen immer
durch das aktiv handelnde und somit erkennende Subjekt infolge von sozia-
len Interaktionen mit seiner Umwelt konstruiert wird. Lernen findet folglich
immer in Kontexten und dementsprechend situiert statt.180 Nach Reinmann-
175 Vgl. ebenda. 176 Vgl. Wittwer 1985 177 Vgl. Dehnbostel/ Holz/ Novak 1992 178 Vgl. Wittwer 1992, S. 73. 179 Vgl. Müller 1996, S. 84. 180 Vgl. Reinmann-Rothmeier/ Mandl 1996, S. 42.
LERNUMGEBUNGEN
57
Rothmeier und Mandl sind als wichtige Vertreter der Situated Cognition Be-
wegung Lave, Rogoff, Grenno und Resnik zu nennen. Trotz den unterschied-
lichen Betrachtungsperspektiven und spezifischen Verschiedenheiten der
Konzepte kommen alle zu dem Schluss, dass Lernen immer in sozialen Kon-
texten stattfindet.181 Da diese Kontexte oder Situationen stets individuelle
und situationsspezifische Konstruktionsvorgänge der Lernenden bedingen,
sind genaue Lernergebnisse nur schwer voraussagbar. Dennoch bestätigen
Experimente, dass Lernsituationen, in denen Probleme und Aufgabenstellun-
gen in konkrete Handlungskontexte oder Verwendungssituationen eingebet-
tet sind, von den Lernenden besser bewältigt werden als abstrakt formulierte
Lernaufforderungen.182 Das zentrale didaktische Ziel, dass mit dem Arrange-
ment von Lernumgebungen verbunden wird, besteht darin, die Lernenden
dazu anzuregen, sich kognitiv mit einem Lerngegenstand auseinander zu set-
zen.
Ein weiteres Hauptziel dieses Situationsansatzes liegt darin, durch Verknüp-
fungen von theoretischen Problemen und praxisrelevanten Situationen den
späteren Wissenstransfer zu begünstigen.183
Aus einem solchen konstruktivistisch didaktischen Ansatz lassen sich folgen-
de didaktische Anforderungen an Lernumgebungen ableiten:184
• Lernumgebungen sollen Lernbedürfnisse provozieren und motivie-
ren.
• Lernumgebungen sollen Lernprozesse erleichtern.
• Lernumgebungen sollen den Lernenden ständige Feedbacks über
deren Lernerfolge liefern.
• Lernumgebungen sollen Prozesse einleiten, die zur Entwicklung von
Kooperationsfähigkeit beitragen.
• Die Lernenden sollen mit authentischen, kontextsensitiven Lernauf-
gaben konfrontiert werden. 181 Vgl. ebenda. 182 Vgl. Siebert 1999, S. 97. 183 Vgl. ebenda, S. 98. 184 Vgl. Friedrich/ Eigler/ Mandl/ Schnotz/ Schnott/ Seel 1997, S. 90 f.
LERNUMGEBUNGEN
58
• Lernumgebungen sollen die Identifikation, die Definition sowie das
Lösen von Problemen ermöglichen und begünstigen.
• Nicht die Reproduktion, sondern die Konstruktion von Wissen durch
die Lernenden soll im Vordergrund stehen.
• Lernumgebungen sollen unterschiedliche Perspektiven auf den Lern-
gegenstand implizieren.
• Lernumgebungen müssen grundsätzlich ein größtmögliches Maß an
Freiheitsgraden in Bezug auf Problemlösungsstrategien erlauben.
Vor dem Hintergrund der oben beschriebenen theoretischen Anforderungen
an Lernsituationen wurden seit Ende der 80er Jahre im Kontext der Situated
Cognition Bewegung unterschiedliche Konzepte zu deren Umsetzung entwi-
ckelt.185
Anchored Instruction
Anchored Instruction bezeichnet einen Ansatz, der versucht, die oben ge-
nannten Funktionen von Lernumgebungen zu erfüllen, indem er konkrete
Problemsituationen in Geschichten narrativ verankert. Es werden mit anderen
Worten spezifische Lernanlässe in realistische, komplexe Handlungskontexte
eingebettet. Dadurch soll in Bezug auf den Lerngegenstand eine höhere
Sinnhaftigkeit für die Lernenden geschaffen, ein Praxisbezug hergestellt so-
wie eine Anschlussfähigkeit in Bezug auf die Lernbiographie der Lernenden
ermöglicht werden.186 Ähnlich wird die Zielsetzung des Anchored Instruction
Ansatz auch von Reinmann-Rothmeier und Mandl formuliert:
„Die Geschichten sollen bei den Lernenden Interesse wecken, Vorwissen akti-
vieren, aktives Lernen fördern und auf diese Weise „träges“ Wissen vermei-
den.“ 187
185 Vgl. ebenda, S. 95. 186 Vgl. Siebert 1999, S. 98. 187 Reinmann-Rothmeier/ Mandl 1996, S. 43.
LERNUMGEBUNGEN
59
Zur Gestaltung der Geschichten ist zu sagen, dass es für eine Problemstel-
lung unterschiedliche Geschichten geben kann, um die Betrachtung des
Problems aus unterschiedlichen Perspektiven zu ermöglichen. Außerdem sol-
len verschiedene Wissensbereiche miteinander verknüpft werden.188
Cognitive Flexibility
Auch der Cognitive Flexibility Ansatz geht davon aus, dass ein erfolgreiches
Lernen komplexe Lernkontexte voraussetzt. Hier wird besonders betont, dass
bei Szenarien eine zu starke Reduktion der Komplexität zu vermeiden sei.
Vielmehr liegt die Zielsetzung darin, den Lernenden eine Lernumgebung als
reale Komplexität aufzuzeigen, die auch gewisse Unregelmäßigkeiten produ-
ziert.189 Solche Unregelmäßigkeiten können z.B. unerwartete simulierte
Ereignisse sein, die den Lernenden eine hohe kognitive Flexibilität abverlan-
gen. Eine weitere Möglichkeit zur Verbesserung der kognitiven Flexibilität
kann darin liegen, dass die Lernenden ihr Wissen in unterschiedlichen Situa-
tionen erproben und so in die Lage versetzt werden, ihr Wissen aus unter-
schiedlichen Perspektiven zu bewerten.190 Lernen findet folglich multidimen-
sional statt. Die Aufgabe der Lernenden besteht darin, Erkenntnisse selbst zu
systematisieren und sich ihre eigene „kognitive Landkarte“ zu konstruieren.
Ein auf diese Weise selbstgesteuerter explorativer Lernprozess soll die Ler-
nenden zu flexiblen Problemlösern machen und sie dadurch in die Lage ver-
setzen, ihr generiertes Wissen auch später in analogen Anwendungssituatio-
nen nutzen zu können.191
Cognitive Apprenticeship
Der Cognitive Apprenticeship Ansatz versucht anwendungsorientierte Ver-
mittlungsprinzipien aus der traditionellen Handwerkslehre auf modernes kog-
nitives Lernen anzuwenden. Nach diesem Ansatz werden Lernumgebungen
188 Vgl. Reinmann-Rothmeier/ Mandl 1996, S. 43. 189 Vgl. ebenda. 190 Vgl. Siebert 1999, S. 98. 191 Vgl. Müller 1996, S. 78 f.
LERNUMGEBUNGEN
60
so arrangiert, dass Lehrende und Lernende gemeinsam an realitätsnahen
Aufgaben arbeiten und Lernen im Kontext einer „guided participation“ statt-
findet.192 Auf diese Art und Weise sollen die Lernenden sowohl über authen-
tische Aktivitäten als auch durch soziale Interaktionen in eine Expertenkultur
eingeführt werden.193
Ziel ist es, den Lernenden anwendungsrelevantes, strategisches Handlungs-
wissen zu vermitteln. Mit strategischem Wissen ist ein implizites, heuristi-
sches Wissen gemeint. Erst ein solches strategisches Wissen ermöglicht die
Anwendung von Sachwissen in unterschiedlichen Verwendungszusammen-
hängen.194
Ein Lernprozess im Sinne des Cognitive Apprenticeship Ansatzes beginnt mit
einer globalen, allgemeinen Problemstellung, um den Lernenden den Hand-
lungskontext zu verdeutlichen. Im Laufe des Lernprozesses werden die Auf-
gaben kontinuierlich ausdifferenziert. Außerdem sollen die Lernumgebungen
variiert werden, um den Lernenden, ähnlich wie beim Cognitive Flexibility
Ansatz, die Möglichkeit zu bieten, bereits während der Wissensanwendung
eine hohe Handlungsflexibilität zu erwerben und somit den Wissenstransfer
in spätere Anwendungskontexte zu erleichtern.195
Die Aufgabe des Lehrenden besteht darin, den Lernenden durch Hilfestellun-
gen und Hinweise während der Problembearbeitung zu unterstützen. Dabei
ist es wichtig, dass der Lehrende sein Handeln verbalisiert, um auf diese
Weise seine kognitiven Prozesse für die Lernenden beobachtbar zu machen.
Diese Unterstützung nimmt im Laufe des Lernprozess antagonistisch zum
Erkenntnisgewinn der Lernenden ab.196
192 Vgl. Müller 1996, S. 91. 193 Vgl. Reinmann-Rothmeier/ Mandl 1996, S. 43. 194 Vgl. Arzberger/ Brehm 1994, S. 48 f. 195 Vgl. Siebert 1999, S. 98. 196 Vgl. Reinmann-Rothmeier/ Mandl 1996, S. 43.
LERNUMGEBUNGEN
61
3.1.3 Gestaltungsprinzipien für Lernumgebungen
Aus den oben beschriebenen Ansätzen lassen sich folgende Grundprinzipien,
die aus konstruktivistischer Perspektive bei der Konzeption von Lernumge-
bungen zu berücksichtigen sind ableiten:
Authentizität der Lernumgebung
Dieses Prinzip weist darauf hin, dass eine Lernumgebung reale Situationen
mit ihrer ganzen Komplexität wiedergibt. Dies ermöglicht den Lernenden ne-
ben dem inhaltlichen Wissen auch dessen Anwendungsbedingungen kennen
zu lernen. Hinter diesem Prinzip verbirgt sich die Annahme, dass die Bearbei-
tung von authentischen Lernaufgaben und Problemen den Transfer des Wis-
sens auf spätere Praxisprobleme erleichtert.197
Situierte Anwendungskontexte
Im Unterschied zur Authentizität von Lernumgebungen geht es bei diesem
Prinzip nicht um die komplexe Realität, sondern es wird versucht, konkrete
Probleme und Aufgaben in Kontexte einzuflechten. Dies geschieht z.B. durch
eine offene Geschichte oder einem für die Zielgruppe relevanten, unvollende-
ten Handlungskontext. Ein Auswahlkriterium für die dargestellte Szenerie ist
deren Problempotenzial. Auf diese Weise soll es den Lernenden ermöglicht
werden, Lernprobleme selbständig zu identifizieren, zu definieren und Lösun-
gen zu erarbeiten.198
Multiple Kontexte
Multiple Kontexte ermöglichen eine Betrachtungsweise des Lerngegenstan-
des aus unterschiedlichen Perspektiven. Diese Unterschiedlichkeit kann z.B.
durch eine hohes Maß an Interdisziplinarität erzeugt werden. Auch verschie-
197 Vgl. ebenda. 198 Vgl. ebenda, S. 46 f.
LERNUMGEBUNGEN
62
dene soziale Sichtweisen sind sich in der Regel gut geeignet, multiple Kon-
texte zu bilden. Auf diese Weise können den Lernenden verschiedene Prob-
lemdimensionen deutlich werden, indem sie den Lerngegenstand aus unter-
schiedlichen Perspektiven betrachten. Dadurch soll sichergestellt werden,
dass das generierte Wissen nicht auf den Lernkontext fixiert bleibt, sondern
auf andere Problemsituationen adaptiert werden kann.199
Soziale Kontexte
Da Lernen immer Interaktionen voraussetzt, spielt auch in Lernsituationen
der soziale Kontext eine entscheidende Rolle. Deshalb sollen Lernumgebun-
gen die Kooperation zwischen allen am Lernprozess beteiligten Akteuren för-
dern. Soziale Interaktionen sollen dementsprechend sowohl zwischen Leh-
renden und Lernenden als auch innerhalb von Lernteams möglich sein. Ein
teamorientiertes Arrangement fördert neben sozialen und kommunikativen
Fertigkeiten auch die Perspektivenvielfalt des Lernkontextes im Hinblick auf
den zu bearbeitenden Lerngegenstand.200
Im folgenden Kapitel soll erarbeitet werden, wie Lernumgebungen vor dem
Hintergrund der oben aufgeführten Gestaltungsprinzipien arrangiert werden
können.
3.1.4 Konsequenzen für die Modellierung von Lernumgebungen
An dieser Stelle muss grundsätzlich darauf hingewiesen werden, dass es aus
konstruktivistischer Sichtweise nicht darum geht, grundsätzlich richtige und
falsche Methoden zu klassifizieren. Vielmehr hängt die Eignung einer Metho-
de immer von dem Kontext ab, in den sie integriert werden soll.201 Daraus
lässt sich ableiten, dass es keine explizite und standardisierte konstruktivisti-
sche Lernumgebung geben kann, weil unterschiedliche Szenarien in Abhän-
199 Vgl. ebenda, S. 47. 200 Vgl. ebenda, S. 48. 201 Vgl. Siebert 1999, S. 140 f.
LERNUMGEBUNGEN
63
gigkeit vom lernenden Subjekt differente Viabilitäten bedeuten können. Sie-
bert bezeichnet die Suche nach einer einzig richtigen Methode als „unkons-
truktivistisch“, weil eine daraus resultierende Methodengläubigkeit auf so-
zialtechnologischen Annahmen beruhen würde, deren Kausalität die kons-
truktivistische Erkenntnistheorie in Frage stellen muss.202 Es ist allerdings
darauf hinzuweisen, dass die konstruktivistischen Erkenntnisprinzipien unab-
hängig von der Methodenwahl Gültigkeit haben. Aus der konstruktivistischen
Erkenntnistheorie lässt sich dementsprechend nicht zwingend eine Vermitt-
lungsmethode ableiten, sie impliziert allerdings eine bestimmte pädagogische
Haltung, die Arnold auch als pädagogische Gelassenheit bezeichnet. Diese
Haltung fordert eine Abkehr von der Illusion der Beherrschbarkeit und Plan-
barkeit von komplexen Lernsystemen und Prozessen.203 Aus dieser Perspekti-
ve können auch Lernumgebungen kein direktes Wissen bei den Lernenden
erzeugen, sie sollen allerdings Lernprozesse unterstützen und anregen.
Lernsituationen und Lernumgebungen sollten sich vor dem Hintergrund die-
ser Grundhaltung durch Offenheit und Facettenreichtum auszeichnen. Laut
Arnold sind Methoden, die die Selbsterschließungskompetenzen der Lernen-
den fördern und die Lebendigkeit der Lehrinputs erhöhen, zu bevorzugen.204
Folgt man Siebert, so eignen sich zur Erreichung dieser didaktischen Forde-
rung aktivierende Methoden, wie sie aus der Reformpädagogik205 bekannt
sind in besonderer Weise, weil sie die Eigenaktivität der Lernenden in der
Regel stärker stimulieren als rezeptive Methoden.206 Exemplarisch sind hier
Projektunterricht, Planspiele und entdeckende Lernmethoden zu nennen.
202 Vgl. ebenda, S. 141. 203 Vgl. Arnold 1997, S. 16. 204 Vgl. ebenda. 205 Mit Reformpädagogik bezeichnet man die an der bürgerlichen Kulturkritik orientierten
pädagogischen Reformversuche. Die reformpädagogische Bewegung beginnt gegen Ende des 19. Jahrhunderts und erreicht im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts ihren Höhe-punkt. Die Ziele lagen u.a darin, die Kluft zwischen Schulbildung und Lebenspraxis zu überwinden, Individualisierung statt erzwungener Unterordnung sowie die Selbstbe-stimmung des Schülers bei Relativierung der gesellschaftlichen curricularen Ansprüche zu fördern und eine entsprechende Ändrung der Rolle des Lehrers zu beanspruchen (vgl. Wulf 1984, S. 487 ff.).
206 Vgl. Siebert 1999, S. 141.
LERNUMGEBUNGEN
64
Die relative Offenheit des Konstruktivismus erschwert es an dieser Stelle,
eine konkretere Handlungsanleitung zur Gestaltung von Lernumgebungen zu
liefern, dennoch soll vor dem Hintergrund der in Kapitel 2.3.2 erarbeiteten
Gestaltungsprinzipien versucht werden, ein Fragenkatalog zu entwickeln, der
bei der Reflexion über die Eignung von Lernumgebungen behilflich sein kann.
Tabelle 1: Fragenkatalog zur Überprüfung von Lernsituationen
1. Wird eine Lebenssituation aus dem Alltag der Lernenden dargestellt?
2. Entspricht die Problemstellung den Erfordernissen des Alltags der Ler-
nenden?
3. Ist das Angebot an Informationen zur Problemsituation in Bezug auf die
Präsentationsformen ausreichend variabel?
4. Hat die Problemstellung eine hohe subjektive Relevanz für die Lernen-
den?
5. Ermöglicht die Lernumgebung die Betrachtung der Problemstellung aus
unterschiedlichen Perspektiven?
6. Können sich die Lernenden mit Akteuren der Problemsituationen identifi-
zieren?
7. Bietet die Lernumgebung dem Lernenden die Möglichkeit, seinen Lern-
prozess selbst zu gestalten?
8. Liefert die Lernumgebung wirkliche Entscheidungsoptionen für die Ler-
nenden?
9. Lassen sich aus der konkreten Problemstellung auch allgemeinere Er-
kenntnisse ableiten?
10. Bietet die Lernsituation Räume, um Lern- und Gruppenprozesse zu the-
matisieren und zu reflektieren?
(In Anlehnung an: Sloane 1999, S. 65 ff.)
Insgesamt ist nicht zu erkennen, dass das Ergebnis aus den bisherigen kons-
truktivistischen Diskursen in einer konsistenten Theorie zur Gestaltung von
Lernumgebungen besteht, sondern lediglich in unterschiedlichen Spielarten
und Ideen. Dennoch legt das konstruktivistische Lernverständnis bestimmte
Konsequenzen nahe. Weil Lernen nur situations- und kontextgebunden statt-
LERNUMGEBUNGEN
65
finden kann, wird die Lernumgebung zum zentralen didaktischen Gestal-
tungsfeld. In der Konsequenz bedeutet dies, dass Wissen immer in Verbin-
dung mit bestimmten Situationen entsteht, und dass demzufolge die Lernsi-
tuation bedingt, in welchen Anwendungskontexten das Wissen später ange-
wendet werden kann.207
Dies stützt die Forderung, authentische Probleme in Lernumgebungen zu
implementieren. Das heißt, dass die Komplexität der Realsituation in der
Lernsituation nur soweit reduziert werden darf, dass die zentralen Merkmale
der Anwendungssituation erhalten bleiben. Eine solche Lernumgebung soll
Informationen bereitstellen, die die Lernenden als viabel im Hinblick auf die
zu lösende Problemstellung identifizieren und in einem selbstbestimmten,
selbstorganisierten Lernprozess zu Wissen generieren können.
Reale authentische Lernarrangements zu erstellen ist mit einem hohen Auf-
wand verbunden. Unter diesem Gesichtspunkt werden zunehmend die Poten-
ziale von multimedialen computerbasierten Lernumgebungen diskutiert, zu-
mal sich durch die rasante technische Entwicklung immer realistischere vir-
tuelle Umwelten erzeugen lassen. Daher scheinen sich multimediale compu-
terbasierte Lernformen in besonderer Weise zur Gestaltung von Lernumge-
bungen zu eignen.208
Was unter multimedialen computerbasierten Lernumgebungen zu verstehen
ist und welche didaktischen Erwartungen mit deren Einsatz verbunden wer-
den, soll nachfolgend geklärt werden.
207 Vgl. Bruhn/ Fischer/ Gräsel/ Mandl 1997, S. 6. 208 Vgl. Schulz 1997, S. 477.
LERNUMGEBUNGEN
66
3.2 Spezifische Aspekte von multimedialen computerba-
sierten Lernumgebungen
3.2.1 Begriffsexplikation
In den letzten Jahren ist das Wort Multimedia zu einem Modewort geworden,
das ständig in der Medienwelt in den unterschiedlichsten Kontexten verwen-
det wird. Dabei verbirgt sich hinter dem Begriff Multimedia keine außerge-
wöhnliche Neuigkeit. Vielmehr ist die gegenwärtige Aktualität von Multimedia
als etwas völlig Neuem aus didaktischer Perspektive eher unverständlich, weil
Multimedia unter Begriffen wie z.B. Audiovisuelle Medien oder Mehrmedien-
systeme im didaktischen Sprachgebrauch eine lange Tradition aufweist. So
stellen Euler und Twardy fest, dass bereits in der Ausgabe des Brockhaus
von 1967 der Begriff Multimedia als die didaktisch inszenierte Verbindung
mehrerer Medien auftaucht.209 Mit anderen Worten handelt es sich bei Mul-
timedia um eine mehrdimensionale mediale Darstellungsform. Nach diesem
Begriffsverständnis müsste bereits ein Diavortrag bei dem zusätzlich Sprache
und Musik zur Illustration verwendet werden, als eine multimediale Inszenie-
rung gelten, weil hier Bildmedium und Tonmedium gleichzeitig zum Einsatz
kommen.
Nicht zuletzt die rasante Entwicklung der Computertechnologie hat neue Po-
tenziale für den Einsatz von multimedialen Produkten geschaffen. Durch im-
mer leistungsfähigere Computersysteme ist es heute möglich, unterschiedli-
che Darstellungsformen, wie z.B. Text, Pixelbild, Grafik, Video und Ton, in
einer kompakten Maschine zusammenzufassen und somit die Handhabbarkeit
von multimedialen Arrangements deutlich zu vereinfachen.
Diese neue Technologie erweitert die Potenziale von multimedialen Applika-
tionen, die es für Lernzwecke zu erschließen und zu nutzen gilt. Unter die-
sem Aspekt vertritt Klimsa die Ansicht, dass eine Definition von Multimedia
209 Vgl. Euler/ Twardy 1995, S. 356.
LERNUMGEBUNGEN
67
als Integration von unterschiedlichen medialen Darstellungsformen nicht aus-
reicht und beschreibt Multimedia anhand folgender Aspekte von:210
• Multimedialität: Parallele Ausgabe von unterschiedlichen medialen
Darstellungsformen.
• Interaktivität: Interaktion zwischen Input und Output.
• Multitasking: Simultane Eingabe von Daten über mehrere Geräte
(Maus, Stimme, Touchscreen).
• Umsetzung einfacher Eingabesignale in komplexe Datenstrukturen.
Es lässt sich erkennen, dass die Haupterweiterungen im Verständnis von Mul-
timedia sowohl in der Ermöglichung von Interaktivitäten zwischen Anwender
und Applikation als auch in der Steigerung der Komplexität der multimedialen
Arrangements liegen.
Da diese erweiterten Eigenschaften nur in Verbindung mit neuer Computer-
technologie realisierbar sind, soll im Folgenden der traditionelle Multimedia-
begriff durch das Adjektiv computerbasiert erweitert werden. Als multimedia-
le computerbasierte Applikationen werden nachfolgend alle Anwendungen
verstanden, die auf der Basis von moderner Computertechnologie realisiert
sind. Dies bedeutet, dass der Zugriff auf unterschiedliche mediale Darstel-
lungsformen über einen Computer zentral ermöglicht und von dem Anwender
selbst gesteuert wird.211
3.2.2 Typisierung von multimedialen computerbasierten Lernum-
gebungen
Im vorherigen Abschnitt wurde der hier verwendete Multimediabegriff auf
den Bereich der multimedialen computerbasierten Applikationen reduziert.
Weil das Angebot an solchen Applikationen sehr vielfältig ist, wird nachfol-
210 Vgl. Klimsa 1997, S. 7. 211 Vgl. Friedrich/ Eigler/ Mandl/ Schnotz/ Schnott/ Seel 1997, S. 27.
LERNUMGEBUNGEN
68
gend eine Typisierung vorgenommen, die als Systematisierungs- und Unter-
scheidungshilfe dienen soll.
Aus technischer Perspektive bietet sich eine Differenzierung anhand der
idealtypischen Nutzungskonzepte offline, online und offline/online an.212
Abbildung 7: Multimediale Nutzungskonzepte
Offline-MM Online-MM
Lern- undInformationssoftware
ComputerbasierteKommunikationsnetze
Online/Offline-MM
(In Anlehnung an: Euler 2000, S. 5.)
Offline-Multimedia meint die Bearbeitung von Applikationen an einem
Computer, ohne darüber hinaus Netzzugriff auf Informationen oder Personen
an anderen Standorten zu haben.
Online-Multimedia zeichnet sich dadurch aus, dass die Anwendungen ex-
plizit auf ein Netzwerk zur Datenfernübertragung zurückgreifen und damit
z.B. Kommunikationen über große Distanzen oder Zugriffe auf dezentrale
Informationsdatenbanken ermöglichen.
212 Vgl. Stang/ Nispel 1998, S. 235 f.; siehe Abbildung 7.
LERNUMGEBUNGEN
69
Online/offline-Multimedia stellt eine Mischform der beiden oben genann-
ten Kategorien dar. Hiermit sind Fälle gemeint, bei denen z.B. eine offline
Applikation zur Anwendung kommt, die zusätzlich gewisse Schnittstellen zu
Datennetzen bereitstellt und somit kontextuelle temporäre Onlinephasen er-
möglicht. Weil es in der vorliegenden Arbeit um den didaktischen Nutzen von
multimedialen computerbasierten Lernumgebungen in Form von Lern- und
Informationssoftware und nicht um erweiterte Telekommunikationspotenziale
gehen soll, spielen online-multimediale Nutzungskonzepte im Kontext dieser
Arbeit nur eine untergeordnete Rolle.
Über diese technische Unterscheidung hinaus lassen sich innerhalb des Be-
reichs der Lern- und Informationssoftware aus didaktischer Perspektive ideal-
typische Varianten von multimedialen computerbasierten Lern- und Informa-
tionsapplikationen charakterisieren, die nachfolgend vorgestellt werden.
Bei tutoriellen Lernsystemen steht die Vermittlung neuer Inhalte und die
anschließende Überprüfung des Lernerfolgs durch die Software im Vorder-
grund. Dazu werden die Lerninhalte in der Regel in kurze Lernsequenzen
unterteilt, die von dem Lernenden abgearbeitet werden sollen. Der Computer
stellt einen apersonalen Lernhelfer (Tutor) dar, der die Inhalte über aktivie-
rende Dialoge darbietet und den Lernenden anschließend z.B. durch inhaltli-
ches Nachfragen zu einer Eingabe animiert. Die Eingaben des Lernenden
werden anschließend von der Lernsoftware analysiert, korrigiert und kom-
mentiert. Der weitere Verlauf ist von der Qualität der Eingabe des Lernenden
abhängig. Entsprechend verweist die Lernsoftware auf ein neues Lernkapitel,
einen höheren Schwierigkeitsgrad oder auf eine Wiederholung der bereits
absolvierten Lernsequenz. Bei einer Wiederholung werden gegebenenfalls
erweiterte inhaltliche Informationen dargeboten. Je linearer der Ablauf der
Software programmiert ist, desto weniger kann auf spezielle Bedürfnisse der
Anwender reagiert werden.213
Intelligente tutorielle Systeme (ITS) stellen eine Weiterentwicklung von
traditionellen tutoriellen Systemen dar. Hier wird versucht, auf die spezifi-
213 Vgl. Euler/ Twardy 1995, S. 357.
LERNUMGEBUNGEN
70
schen Eigenschaften des Lernenden besonderes intensiv einzugehen. Dabei
ist das System um eine kontinuierliche Adaption an den Lernenden bemüht.
Aus der Diagnose der Eingaben werden die Kompetenzen und die Defizite
der Lernenden ermittelt. Auf der Grundlage dieser Diagnose wird ein indivi-
dueller Navigationsplan für den aktuellen Anwender erstellt, der sich mit je-
der neuen Eingabe aktualisiert und somit auf Lernerreaktionen flexibel rea-
gieren kann.214
Übungs- oder auch Drill & Praktice Anwendungen haben in erster Linie
die Funktion, vorhandenes Wissen einzuüben und zu festigen. Hierbei dient
der Computer als Frageautomat. Die Fragen werden nach bestimmten Krite-
rien aus einem Inhaltsgebiet ausgewählt. Die Eingabe des Anwenders wird
auf Korrektheit überprüft und das Ergebnis wird zurückgemeldet. Das Niveau
der Fragen, sowie die Auswahlkriterien können in der Regel durch den An-
wender verändert werden.215
Als typische Beispiele für Übungsprogramme sind u.a. Vokabeltrainer oder
Programme zu nennen, die bei Vorbereitung auf Wissensreproduktionsprü-
fungen eingesetzt werden. Eine moderne Form von Übungsprogrammen stel-
len Lernspiele dar. Hier werden die Fragen in eine spielerische Rahmenhand-
lung eingebettet.216
Hypermedia bezeichnet eine besondere Form eines Tutorials, das in hohem
Maße von dem Lernenden selbst gesteuert wird.217 Darüber hinaus stellen
hypermediale Lernumgebungen hochkomplexe Informationsdatenbanken zu
einem bestimmten Lerninhalt dar. Der Zugriff auf die Informationen findet
über den Computer statt und ist daher im Gegensatz zu traditionellen Nach-
schlagewerken, wie z.B. Lexika, wesentlich schneller. Auch ist durch die Digi-
talisierungstechnik die zur Verfügung stehende Datenmenge um ein Vielfa-
ches höher. Neben Textinformationen können in Informationsdatenbanken
auch Bilder, Filme und Klänge abgelegt werden. Die hohe Komplexität kenn-
214 Vgl. Pätzold/ Lang 1999, S. 136 f. 215 Vgl. Euler/ Twardy 1995, S. 357. 216 Vgl. Pätzold/ Lang 1999, S. 134. 217 Vgl. Euler 1992, S. 19 f.
LERNUMGEBUNGEN
71
zeichnet sich durch ein hohes Maß an inhaltlichen Verweisen und einer dar-
aus resultierenden netzwerkartigen Struktur. In einer solchen virtuellen En-
zyklopädie kann der Lernende frei navigierend nach Informationen suchen,
die zur Erweiterung seines Wissens erforderlich sind. Die Lernsequenzen fol-
gen dabei keinem linear strukturierten vorgegebenen Ablauf, vielmehr kons-
truiert der Lernende entsprechen seiner Lernbedürfnisse seinen individuellen
Lernweg. Dadurch birgt diese Form der multimedialen Applikation ein beson-
ders hohes Potenzial an Selbststeuerung. Dies äußert sich darin, dass der
Lernende ständig aufgefordert ist, Lernentscheidungen in Bezug auf die Ab-
folge und die inhaltliche Tiefe zu treffen. Pätzold und Lang bezeichnen diese
Art des Navigierens in Informationsnetzen als eine Form des entdeckenden
Lernens.218
Simulationen219 zeichnen sich dadurch aus, dass Abläufe von Prozessen
und Zusammenhängen durch den Computer nachgeahmt werden.220 So kön-
nen z.B. Fahrzeuge, Kraftwerke oder auch Planetensysteme simuliert wer-
den. An solchen Simulationsmodellen können kausal determinierte Wirkun-
gen im Zeitablauf beobachtet und analysiert werden.221 Hierzu kann die Si-
mulationssequenz angehalten, fortgesetzt und beliebig oft wiederholt wer-
den.
Von solchen technischen Simulationen lassen sich Entscheidungs- und Ver-
haltenssimulationen unterscheiden. Der Ausgangspunkt liegt hier in einem
realistischen oder auch fiktiven, vom Computer simulierten Modell, dessen
Ausgangszustand eine bestimmte Situation beschreibt. Der Anwender kann
in diese Situation eingreifen, indem er Simulationsparameter variiert und
damit Veränderungsprozesse in Gang setzt, die eine neue Situation entste-
hen lassen. Als Simulationsobjekte dienen neben komplexen physikalischen
218 Vgl. Pätzold/ Lang 1999, S. 137 f. 219 Auf den Applikationstypus der Simulation wird im Hinblick auf die in Kapitel 4 untersuchte
multimediale computerbasierte Planspielsimulation an dieser Stelle etwas ausführlicher eingegangen.
220 Vgl. Friedrich/ Eigler/ Mandl/ Schnotz/ Schott/ Seel 1997, S. 28. 221 Vgl. Pätzold/ Lang 1999, S. 134 f.
LERNUMGEBUNGEN
72
Systemen auch sozial-kommunikative Handlungssysteme, wie z.B. Unter-
nehmen, Institutionen oder volkswirtschaftliche Systeme.222
Abbildung 8: Simulationsmodell
Ausgangssituation
Aktionsauf-forderung
Lernerhandlung
Aktualisierung derAusgangssituation
Zufallser-eignisse
Rahmenhandlung
(In Anlehnung an: Euler 1992, S. 23 ff.)
Abbildung 8 zeigt eine idealtypische Struktur eines Simulationsmodells. Nicht
selten wird als Einstieg in die Lernsoftware eine Rahmenhandlung inszeniert,
was im Hinblick auf die Situierung (vgl. Kapitel 2.3.2) von großer Wichtigkeit
sein kann. Die Rahmenhandlung, die z.B. in Form einer Einführungsgeschich-
te realisiert werden kann, mündet in eine Problemsituation, die gleichzeitig
den Ausgangspunkt für die Simulation darstellt. Das in die Anfangssituation
integrierte Problem stellt eine Aktionsaufforderung an den Lernenden dar.
Durch die Veränderung von vorgegebenen Interventionsvariablen kann der
Anwender in die Situation eingreifen. Die durch die Handlung des Lernenden
erzeugten Veränderungen werden auf der Basis von algorithmischen Funk-
tionen errechnet und ausgewertet. Unter der Berücksichtigung der Ergebnis-
se wird die Ausgangssituation verändert und aktualisiert. Die dadurch ent-
222 Vgl. Euler 1992, S. 22.
LERNUMGEBUNGEN
73
standene neue Ausgangssituation impliziert eine neue Aktionsaufforderung
für den Anwender.223
Weil alle Veränderungen auf der Basis von mathematischen Funktionen er-
rechnet werden, ist es notwendig, alle Simulationsprozesse durch mathema-
tische Modelle hinreichend abzubilden.224 Diese unterliegen in der Regel de-
terministischen Gesetzmäßigkeiten. Um diese Gesetzmäßigkeiten zu verber-
gen, werden die Ausgangssituationen zusätzlich durch Zufallsereignisse ma-
nipuliert. Dadurch soll dem Lernenden die Illusion der vollständigen Planbar-
keit von Prozessen genommen werden. Darüber hinaus können unerwartete
Ereignisse den Lernenden irritieren und zu Fehlern provozieren, aus denen
sich neue Lernpotenziale ableiten lassen.225
Virtuelle Realitäten sind von einem Computer erzeugte dreidimensionale
künstliche Wirklichkeiten, in die man mit Hilfe von Datenhandschuhen, Da-
tenbrillen oder anderen Datentransmittern eintauchen kann.226 Dabei lassen
sich bestimmte Parameter interaktiv durch den Anwender in Echtzeit manipu-
lieren. Als Vorstufe von virtuellen Realitäten gelten u.a. mausgesteuerte,
interaktive Videospiele oder Modellbegehungen. In modernen virtuellen Rea-
litäten wird durch ein entsprechendes Interface (z.B. Datenbrille) die Wahr-
nehmung adaptiert, so dass der Anwender das Gefühl hat, er sei von einer
dreidimensionalen Welt umgeben. Datenhandschuhe ermöglichen z.B. durch
Fingerbewegungen einen Eingriff in dieses virtuelle Modell. Dabei wird bei
jeder Bewegung des Anwenders die virtuelle Realität in Echtzeit neugene-
riert, so dass er einen Eindruck erhält, sich in einem Raum zu befinden.
Durch den Einsatz der neuesten Technologien ist es mittlerweile in Einzelex-
perimenten gelungen, auf Interaktionsinterfaces weitgehend zu verzichten.
Dabei werden Mimik, Gestik, Körper und Augenbewegungen gescannt. Die
Informationen werden direkt an den Computer weitergegeben.227 Durch sol-
che virtuelle Realitäten könnten hochkomplexe Lernsituationen simuliert wer-
223 Vgl. Euler 1992, S. 22 ff. 224 Vgl. Zimmer 1997, S. 347. 225 Vgl. Euler 1992, S. 23. 226 Vgl. Issing/ Klimsa 1997, S. 488. 227 Vgl. Alsdorf/ Bannwart 1997, S. 438 f.
LERNUMGEBUNGEN
74
den, in denen die Lernenden selbstgesteuert in realistischen Scheinwelten
navigieren können.
Eines der Hauptprobleme von virtuellen Realitäten liegt in den enormen
technischen Anforderungen an die Hardware und den damit einhergehenden
Kosten. Dies hat zur Folge, dass der Einsatz von virtuellen Realitäten vorwie-
gend in der Forschung und Entwicklung zum Einsatz kommt und nicht etwa
in üblichen Lernkontexten.
Die oben beschriebenen Applikationsformen stellen nur idealtypische Varian-
ten von multimedialen computerbasierten Lernanwendungen dar. Obwohl im
Handel Lernsoftware häufig als Mischformen zu finden ist, soll diese Syste-
matisierung eine Hilfe bei der analytischen Einordnung von Lernsoftware lie-
fern. Insgesamt lässt sich feststellen, dass ein breites Spektrum an verschie-
denen multimedialen computerbasierten Lernanwendungen existiert. Im An-
schluss sollen nun die Hauptpotenziale, die für den Einsatz von multimedialen
Anwendungen in Lernprozessen sprechen, dargestellt werden.
3.2.3 Didaktische Potenziale von multimedialen computerbasierten
Lernumgebungen
Nachfolgend sollen die didaktischen Potenziale von multimedialen computer-
basierten Lernumgebungen vorgestellt werden. Dabei wird zu jedem Poten-
zial jeweils eine Grundthese vorgestellt und anschließend näher ausgeführt.
Präsentationspotenzial
Hinter diesem Potenzial verbirgt sich die These, dass durch die besonderen
Präsentationsmöglichkeiten, die multimediale computerbasierte Lernumge-
bungen bieten, die Anschaulichkeit von Lerninhalten erhöht und dass somit
die Verarbeitung des Lerngegenstandes durch die Lernenden erleichtert
wird.228
228 Vgl. Euler 1992, S. 36.
LERNUMGEBUNGEN
75
Die Präsentationsvielfalt stellt vielleicht das offensichtlichste Potenzial von
multimedialen computerbasierten Lernsystemen dar. So können z.B. in einer
Bewegtgrafik Entwicklungen und Veränderungen dargestellt werden oder
eine Zoomtechnik ermöglicht es, immer tiefer in die Details eines komplexen
Gegenstandes vorzudringen. Darüber hinaus können durch Animationen In-
halte dynamisch hervorgehoben werden. Diese Aufzählung stellt nur einen
Ausschnitt an Präsentationsmöglichkeiten dar und erhebt keinen Anspruch
auf Vollständigkeit, denn ständig entwickeln Softwareautoren neue Darstel-
lungsmöglichkeiten. Dabei können verschiedene Symbolsysteme wie Schrift,
Sprache, Formel, Grafik, Bild, Film, Musik, etc. beinahe beliebig kombiniert
und integriert werden.229
Diese Vielfalt ermöglicht es, den Lerngegenstand auf unterschiedliche Weise
darzustellen und somit unterschiedliche Wahrnehmungstypen anzusprechen.
Ferner können bei multimedialen Lernsystemen unterschiedliche Sinne des
Lernenden gleichzeitig angesprochen werden. Für diese gleichzeitigen Infor-
mationsaufnahmen über verschiedene Sinneskanäle wird auch der Begriff der
Multimodalität verwendet.230
Eine weitverbreitete These besagt, dass Multimodalität die Behaltenswahr-
scheinlichkeit erhöht.231 Hinter dieser These verbirgt sich nach Weidenmann,
die aus dem Realismus stammende pädagogische Annahme von der Höher-
wertigkeit des realen Gegenstandes gegenüber seiner symbolischen Darstel-
lung.232 Diese These wird durch die Doppelcodierungstheorie von Pavio ge-
stützt.
„Pavio postuliert einen Gedächtnisvorteil, wenn Inhalte sowohl eine verbale
wie eine imaginale Codierung im mentalen Repräsentationssystem der Rezi-
pienten erfahren.“233
229 Vgl. Zimmer 1997, S. 346. 230 Vgl. Klimsa 1997, S. 7. 231 Vgl. Wohlleben 1994, S. 83. 232 Vgl. Weidenmann 1997, S. 68. 233 Weidenmann 1997, S. 69.
LERNUMGEBUNGEN
76
Weidenmann weist kritisch darauf hin, dass zu bezweifeln sei, dass jede mul-
timodale Präsentation zwangsläufig vom Rezipienten multicodiert repräsen-
tiert wird.234
Weidenmann kommt zu dem Schluss, dass multimodale Präsentationen zwar
eine mentale Multicodierung des Lerngegenstandes durch den Lerner anre-
gen können, bestreitet allerdings die Vorstellung, man könne den Behalten-
seffekt der verschiedenen Sinneskanäle, wie in vielen populärwissenschaftli-
chen Darstellungen zu finden, einfach addieren und den Behaltenseffekt er-
rechnen.235
Interaktionspotenzial
Multimedialen computerbasierten Lernumgebungen wird ein besonders ho-
hes Interaktionspotenzial unterstellt.
Der Begriff Interaktivität leitet sich aus den lateinischen Wörtern [inter =
zwischen] und [agere = handeln] ab und beschreibt im klassischen Sinne das
Handeln zwischen Individuen. In den 80er Jahren wurde der Begriff erweitert
und auch für Handlungsabläufe zwischen Mensch und Computer verwen-
det.236 In diesem Kontext dient heute Interaktion u.a. als Unterscheidungs-
merkmal zur Klassifizierung von Medienformen (vgl. Kapitel 3.1.1). So sind
z.B. bei Tonbandaufnahmen oder Videofilmen die Inhalte immer an eine star-
re lineare Sequenzzierung gebunden und damit in hohem Maße rezeptiv. Die
einzige Einflussmöglichkeit für den Betrachter besteht im Anhalten, Vor- und
Zurückspulen zu einer bestimmten Film- oder Tonsequenz. Bei fremdge-
steuerten Ausstrahlungen, wie z.B. bei einem Fernsehfilm, entfällt sogar die-
se Möglichkeit der Steuerung. Im Gegensatz dazu bieten multimediale com-
puterbasierte Darstellungen die Möglichkeit, innerhalb von kürzester Zeit jede
beliebige Stelle einer Sequenz zu erreichen.237 Informationssequenzen, die
hypermedial aufgebaut sind, ermöglichen darüber hinaus kontextuelle Navi-
gationen. Durch die Aufgabe der linearen Sequenzierung existiert in hyper-
234 Vgl. ebenda, S. 69 f. 235 Vgl. ebenda, S. 80. 236 Vgl. Haack, 1997, S. 152. 237 Vgl. Kerres 1997, S. 33.
LERNUMGEBUNGEN
77
medial organisierten Lernumgebungen kein eindeutiger Anfangs- bzw. End-
punkt. Der Lernweg wird durch die Navigation des Lernenden individuell
selbstbestimmt. Online-multimediale Applikationen bieten über die Interak-
tionen des Anwenders mit der Software zusätzlich die Möglichkeit, mit Hilfe
von Kommunikationstechniken (E-Mail, Chat, Videokonferenz) interpersonal
zu interagieren. Insofern ermöglicht multimediale Interaktivität auch eine
Annäherung an soziale Kommunikationsformen.238 So ist es z.B. zur Zeit
schon möglich, als handelndes Individuum in virtuellen Realitäten mit ande-
ren virtuell dargestellten Individuen in Kontakt zu treten, mit ihnen zu kom-
munizieren und folglich zu interagieren.
Aus kognitionspsychologischer Sichtweise stellt die Interaktionsmöglichkeit
eine Grundvoraussetzung für einen aktiven Umgang des Lernenden mit den
Lerninhalten dar. Dies entspricht auch einem konstruktivistischen Lernver-
ständnis.
Motivationspotenzial
Multimediale computerbasierte Lernumgebungen gelten als besonders moti-
vationsfördernd und sollen daher genutzt werden, um das Interesse des Ler-
nenden an dem Lerngegenstand zu erhöhen.239
In der Motivationstheorie wird im Kontext von Lernen zwischen den beiden
Formen der extrinsischen und der intrinsischen Lernmotivation unterschie-
den. Eine extrinsische Lernmotivation ist dadurch gekennzeichnet, dass der
Anlass für eine Lernhandlung darin liegt, positive Folgen herbeizuführen bzw.
negative Folgen zu vermeiden. Dabei haben diese Folgen keinen direkten
Bezug zu der Lernhandlung oder zu dem Lerngegenstand selbst.240
Bei intrinsischer Motivation verfolgt der Lernende die Absicht, eine Lernhand-
lung um ihrer selbst willen durchzuführen, weil er sie interessant, spannend
oder herausfordernd findet.241
238 Vgl. Euler/ Twardy 1995, S. 359 f. 239 Vgl. Euler 1992, S. 38. 240 Vgl. Schiefele/ Schreyer, 1994, S. 2. 241 Vgl. ebenda, S. 1 f.
LERNUMGEBUNGEN
78
Schiefele und Schreyer kommen zu dem Ergebnis, dass sich vor allem intrin-
sische Lernmotivationen positiv auf die Lernergebnisse auswirken. Bei extrin-
sischer Motivation sind die Effekte wesentlich geringer.242
Als Begründung für eine gesteigerte intrinsische Lernmotivation dient in der
Regel das vorher beschriebene Interaktionspotenzial von multimedialen com-
puterbasierten Lernsystemen, welches es dem Lernenden erlaubt, seinen
individuellen Interessen und Lernbedürfnissen im Rahmen der Lernapplikati-
on nachzugehen. Aus dieser aktiven Einbeziehung des Lernenden in das
Lerngeschehen leitet u.a. Strzebkowski eine Förderung der Motivation des
Lernenden ab.243 Darüber hinaus kann die Neuheit des Mediums zu einem
erhöhten Interesse führen und folglich Lernmotivationen auslösen. Es stellt
sich allerdings die Frage ob solche, durch Neugier bedingte Motivationen
nachhaltig erhalten bleiben.244 Des Weiteren enthalten multimediale compu-
terbasierte Lernapplikationen häufig spielerische Momente, die die Attraktivi-
tät des Umgangs mit dem Lerngegenstand erhöhen können.
Durch klassische computerbasierte Lernapplikationen wie z.B. Tutoriellen
Lernsystemen oder Drill & Practice Anwendungen wird der Lernende stärker
extrinsisch motiviert. Diesen Applikationen liegt häufig ein behavioristischer
Ansatz zu Grunde.245 Es wird versucht, durch unmittelbare Rückmeldungen
auf die Eingaben des Lernenden bestimmte Folgehandlungen auszulösen.
Der Lerner muss sich an die Lernsoftware anpassen und nicht umgekehrt.246
Hierbei steht die Vermittlung von Faktenwissen im Mittelpunkt. In der Regel
enthalten solche Anwendungen weniger Freiheitsgrade als z.B. Hypermediale
Lernumgebungen, Simulationen oder virtuelle Realitäten.
242 Vgl. ebenda, S. 10. 243 Vgl. Strzebkowski, S. 271 f. 244 Vgl. Euler/ Twardy 1995, S. 359. 245 Vgl. Mahrin 1998, S. 17. 246 Vgl. Euler 1992, S. 31.
LERNUMGEBUNGEN
79
Selbststeuerungspotenzial
Multimediale computerbasierte Lernernumgebungen sind als Selbstlernme-
dium besonders geeignet, weil sie den Lernenden ermöglichen, ihren Lern-
prozess selbst zu steuern.247
Ein hohes Selbststeuerungspotenzial ist dadurch gekennzeichnet, dass der
Lernende die Lerninhalte, Lernwege und Präsentationsformen der Inhalte
selbst auswählt und ferner sein Lerntempo individuell bestimmen kann. Auch
die Erfolgskontrolle wird vom Lernenden selbst durchgeführt.248 Dies setzt
voraus, dass multimediale computerbasierte Lernsysteme sehr flexibel und
offen gestaltet sein müssen, um den Lernenden die oben genannten Frei-
heitsgrade zu bieten. Vor allem im Vergleich zu traditionellen autodidakti-
schen Lernmedien scheinen diese Freiheitsgrade in höherem Maße realisier-
bar, weil durch z.B. hypermediale Strukturen tatsächlich individuelle Naviga-
tionen möglich werden. Ferner bietet die digitale Datentechnik Zugriff auf
riesige Datenmengen und erlaubt es den Lernenden somit, die unterschied-
lichsten Inhalte aus einem großen Informationspool frei auszuwählen. Auch
die Präsentationsformen können annähernd beliebig kombiniert werden. Auf
diese Weise können Lernprozesse selbstgesteuerter, individueller und infor-
meller gestaltet werden.249
Der Grad des Selbststeuerungspotenzials ist stark abhängig von dem Interak-
tionspotenzial, denn wenn die Lernsoftware kaum Interaktionen ermöglicht,
dann wird der Lernende zum passiven Rezipienten und folglich vom Lernsys-
tem fremdgesteuert.
3.2.4 Bewertung der didaktischen Potenziale aus konstruktivisti-
scher Sichtweise
Hinter den in Kapitel 3.2.3 beschriebenen Idealtypen von multimedialen
computerbasierten Lernumgebungen verbergen sich unterschiedliche Zielset-
247 Vgl. Hahne 1998, S. 34. 248 Vgl. Euler 1992, S. 38 f. 249 Vgl. Hahne 1998, S. 35.
LERNUMGEBUNGEN
80
zungen. Mahrin kommt zu dem Ergebnis, dass das Ziel von tutoriellen Lern-
systemen und Drill & Practice Anwendungen in der Wissensvermittlung fach-
spezifischer Inhalte liegt. Simulationen, Hypermedia und virtuelle Realitäten
dagegen ermöglichen in einem hohen Maße einen aktiven Wissenserwerb
durch den Lernenden.250
Abbildung 9: Wissenserwerb oder Wissensvermittlung
TutorielleSysteme
lineare oder(teil-)hierarchi-sche) Inhaltsstrukturierung
Drill & Anwendungen
Hauptstrukturmerkmalsind Kontrollfragen
Practice Intelligente tuto-rielle Systeme
Hauptstrukturmerkmalsind Kontrollfragen
Simulationen
Manipulation der System-parameter durch den
Anwender
Virtal Reality
komplexe realistischeWechselwirkungenzwischen Computer
und Anwender
Hypermedia
freie Navigation bestimmt durch den Anwender
Wissensvermittlung
Wissenserwerb
(In Anlehnung an: Mahrin 1998, S. 17.)
Dies ist nicht verwunderlich, weil die beschriebenen Lernapplikationen auf
unterschiedlichen didaktischen Theorien aufbauen. Traditionellere Applikatio-
nen wie tutorielle Lernsysteme und Drill & Practice Anwendungen sind eng
mit dem Behaviorismus verwurzelt und haben deshalb ein tendenziell instruk-
tionsorientiertes Design. Durch instruierende Lehrinterventionen durch den
Computer sollen demnach Inhalte vom Lehrsystem zum Lernenden übertra-
gen werden.251 Daraus wird deutlich, dass sich dieser Typ von Lernanwen-
dung nicht durch ein besonders hohes Selbststeuerungs- und Interaktionspo-
250 Siehe Abbildung 9. 251 Vgl. Euler 2000, S. 12.
LERNUMGEBUNGEN
81
tenzial auszeichnet. Interaktionen sind vielmehr dadurch gekennzeichnet,
dass der Lernende reaktiv auf Aktionen des Computers eingeht. Auch die
Motivation der Lernenden wird tendenziell extrinsisch durch Aufforderungen
der Lernsoftware stimuliert.
Aus konstruktivistischer Perspektive wird der Lernerfolg von solchen multi-
medialen computerbasierten Lernformen in Frage gestellt, weil auf diese Art
und Weise träges Wissen erzeugt wird, dass in Anwendungssituationen nur
schwer abrufbar und transferierbar ist.252
Im Gegensatz dazu liegen den Lernapplikationstypen Simulation, virtuelle
Realität und Hypermedia in der Regel kognitivistische Ansätze zu Grunde.253
Durch solche Applikationen soll ein problemorientiertes, entdeckendes Lernen
ermöglicht werden. Der Konstruktivismus hat sich dabei gerade in den letz-
ten Jahren zu einem der populärsten Kognitionsansätze entwickelt. In neue-
ren Texten wird er sogar explizit als Gegenposition zu traditionellen Instruk-
tionsansätzen genannt.254 Dabei werden in multimedialen computerbasierten
Lernumgebungen besondere Potenziale zur Umsetzung der in Kapitel 3.2.2
beschriebenen Gestaltungsprinzipien von allgemeinen Lernumgebungen ge-
sehen. Dementsprechend zeichnen sich multimediale Simulationen, virtuelle
Realitäten und Hypermedia durch ein besonders hohes Selbststeuerungspo-
tenzial aus, weil, wie in Kapitel 2.1.2 erörtert, aus konstruktivistischer Pers-
pektive Lernen ohne jegliche Selbststeuerung undenkbar ist.255
Darüber hinaus sollen durch kognitionspsychologische gestaltete Lernumge-
bungen eine hohe Sinnhaftigkeit der Lernaufgaben und folglich intrinsische
Motivationen beim Lernenden ausgelöst werden. Dadurch wird der Lernende
zum aktiv handelnden Subjekt, so dass die Interaktionen mit dem Computer
eher als proaktiv zu beschreiben sind.
Die Hauptdifferenzen zwischen instruktionsorientierter und kognitionsorien-
tierter Lernsoftware liegen wie beschrieben im Bereich des Selbststeuerungs-
, des Interaktions- und des Motivationspotenzials. Das Präsentationspotenzial
252 Vgl. Reinmann-Rothmeier/ Mandl, 1996, S. 41. 253 Vgl. Mahrin 1998, S. 17. 254 Vgl. Euler 2000, S. 12. 255 Vgl. Reinmann-Rothmeier/ Mandl 1996, S. 41.
LERNUMGEBUNGEN
82
von multimedialen computerbasierten Lernanwendungen kann im Gegensatz
dazu in beiden idealtypischen Formen von Lernsoftware in ähnlicher Weise
genutzt werden.
Tabelle 2: Potenziale von Applikationstypen256
Potenzial Applikationstyp
Präsentation Interaktion Motivation Selbststeuerung
reaktiv proaktiv extrinsisch intrinsisch Tutorielle Lernsys-teme
Intelligente tutorielle Lernsysteme
Drill & Practice
Hypermedia
Simulationen
Virtuelle Realitäten
(Eigene Darstellung)
In Tabelle 2 werden die Ausprägungen der vorher beschriebenen Potenziale
in Bezug auf die unterschiedlichen Applikationstypen noch einmal zusam-
mengefasst. Diese Einschätzungen sind thesenartig zu verstehen und müss-
ten gegebenenfalls empirisch überprüft werden. Da eine solche Überprüfung
den Rahmen dieser Arbeit sprengen würde, soll im Folgenden nur exempla-
risch am Beispiel einer multimedialen computerbasierten Planspielsimulation
untersucht werden, in wie weit die Anwender die in diesem Kapitel erarbeite-
ten Ergebnisse bestätigen oder ihnen widersprechen. Dabei soll die Untersu-
chung lediglich explorativen Charakter haben und als eine Art Pilotstudie an-
gesehen werden, die später gegebenenfalls mit einer größeren Stichprobe
und unterschiedlichen multimedialen computerbasierten Lernapplikationen
repliziert werden müsste.
256 Die Tabelle ist folgendermaßen zu interpretieren: = hohes Potenzial; = neutrales
Potenzial; = niedriges Potenzial.
LERNUMGEBUNGEN
83
3.3 Zusammenfassung der Aspekte von Lernumgebun-
gen
Das vorherige Kapitel sollte aufzeigen, welche didaktischen Ansätze sich aus
der konstruktivistischen Diskussion in Bezug auf die Gestaltung von Lernum-
gebungen entwickelt haben und welche spezifischen didaktischen Potenziale
mit dem Einsatz von multimedialen computerbasierten Lernumgebungen
verbunden werden. Zusammenfassend werden folgende Ergebnisse festge-
halten:
(1) Lernumgebungen können unterschiedliche Situationen enthalten, die
dadurch, dass sie bei den Lernenden Perturbationen erzeugen, Lern-
potenziale bieten.
(2) Als Konsequenz der Konstruktivismusdiskussion hat sich die „Situated
Cognition Bewegung“ entwickelt, deren zentrales Anliegen darin be-
steht, den Wissenserwerb in situative Kontexte einzubetten.
(3) Konkret haben sich innerhalb der „Situated Cognition Bewegung“ die
drei zentralen Ansätze „Anchored Instruktion“, „Cognitive Flexibility“
und „Cognitive Apprenticeship“ herausgebildet.
(4) Die aus diesen Ansätzen abgeleiteten didaktischen Grundprinzipien für
die allgemeine Gestaltung von problemorientierten Lernumgebungen
liegen in der Schaffung von authentischen, situierten, multiplen und
sozialen Lernkontexten.
(5) In Bezug auf die konkrete Modellierung können aus konstruktivisti-
scher Perspektive keine „rezeptartigen“ Handlungshinweise gegeben
werden.
(6) Das Ergebnis aus den bisherigen konstruktivistischen Diskursen liegt
nicht in einer konsistenten konstruktivistischen Theorie zur Gestaltung
von Lernumgebungen, sondern lediglich in unterschiedlichen Spielar-
ten und konstruktivistischen Ideen.
LERNUMGEBUNGEN
84
(7) In Bezug auf multimediale computerbasierte Lernumgebungen lässt
sich aus technischer Perspektive zwischen offline, online und offli-
ne/online Applikationen differenzieren. Aus didaktischer Perspektive
wird zwischen computerbasierten Informationsdatenbanken, tutoriel-
len Lernsystemen, intelligenten tutoriellen Lernsystemen, Drill & Prac-
tice Anwendungen, Hypermedia, Simulationen und virtuellen Realitä-
ten als Idealtypen von computerbasierten Lernanwendungen unter-
schieden.
(8) Besondere didaktische Potenziale von multimedialen computerbasier-
ten Lernumgebungen werden im Bereich der Präsentation, Interakti-
on, Motivation und der Selbststeuerung gesehen.
(9) Multimedialen computerbasierten Lernumgebungen, wie z.B. Simula-
tionen, Hypermedia und virtuellen Realitäten, die auf der Basis eines
kognitionsorientierten oder konstruktivistischen Ansatzes entwickelt
worden sind, wird in Bezug auf die Interaktion, Motivation und Selbst-
steuerung besonders hohe Potenzialität unterstellt.
Ob sich die beschriebenen Erwartungen, die an kognitionsorientierte, multi-
mediale computerbasierte Lernumgebungen gestellt werden, bei der Anwen-
dung in der Praxis bestätigen lassen, soll im nachstehenden Kapitel exempla-
risch anhand der Evaluation einer Planspielsimulation, die im Anwendungs-
kontext einer beruflichen Bildungsmaßnahme eingesetzt wurde, überprüft
werden.
EVALUATION
85
4. Kapitel
EVALUATION EINER MULTIMEDIALEN COMPUTERBA-
SIERTEN LERNUMGEBUNG IM KONTEXT DER BERUFLI-
CHEN BILDUNG
4.1 Zum Verhältnis von Konstruktivismus und empiri-
scher Forschung
Auf den ersten Blick scheinen sich die starke Subjektorientierung der kons-
truktivistischen Erkenntnistheorie und die empirische Forschung zu wider-
sprechen. Dieser Widerspruch kommt aber nur deshalb zustande, weil von
empirischer Forschung in der Regel objektive Erkenntnisse erwartet werden,
welche die Differenz zwischen Wissen und Wirklichkeit verringern sollen. Das
Kriterium der Objektivität wird zwar von den Konstruktivisten angezweifelt,
allerdings ohne dass die Nützlichkeit von Erkenntnissen aus empirischer For-
schung grundsätzlich in Frage gestellt wird. Dies bringt auch folgendes Zitat
zum Ausdruck:
„Ich will dieses Wissen, das wir da Tag für Tag vermehren, keineswegs herab-
setzen. Ich bin ihm nicht nur zugetan, sondern ganz und gar verschrieben. Es
ist ein wertvolles, bewundernswertes, zuweilen sogar lebenswichtiges Wissen
- doch es ist ein »Wissen wie« und nicht das »Wissen was«, das die Erkenn-
tnistheorien der Philosophen seit jeher zu erfassen suchten.“257
V. Glasersfeld erhebt sogar den Anspruch, dass der Konstruktivismus selbst
eine empirische Kognitionstheorie sei. Dabei ginge es allerdings nicht darum,
dass der Konstruktivismus sich als wahr, sondern lediglich als viabel beim
Problemlösen in einem instrumentellen Sinne erweise.258
257 V. Glasersfeld 1998a, S. 13. 258 Vgl. v. Glasersfeld 1998b, S. 13.
EVALUATION
86
Der Empiriebegriff wird in konstruktivistischen Kontexten sehr allgemein und
umfassend verwendet. So beginnt für v. Glasersfeld Empirie bereits dann,
wenn ein Subjekt die Funktionalität seiner aus Sinneserfahrungen koordinier-
ten Erklärungsmuster ausprobiert und überprüft.259
Solches aus individuellen Erfahrungen generiertes Wissen bezieht sich zu-
nächst nur auf das Subjekt und ist damit figurativ und nicht operational. Das
Beschäftigen mit der Operationalisierung von Wissen nach bestimmten For-
schungsregeln bezeichnet v. Glasersfeld als empirische Wissenschaft. Die
Aufgabe empirischer Forschung besteht demzufolge darin, Hypothesen auf-
zustellen und deren intersubjektive Viabilität, anhand der durch Forschung
gewonnenen Erkenntnisse zu überprüfen. Was das methodische Vorgehen
anbelangt, so gibt es kaum Differenzen zwischen den Empiristen und den
Konstruktivisten, mit der Ausnahme, dass Empiristen die Eigenschaften der
realen Wirklichkeit, Konstruktivisten hingegen die Nützlichkeit von konstruier-
ten Wirklichkeiten zu untersuchen glauben.260
Erkenntnisse aus empirischer Forschung können daher aus konstruktivisti-
scher Sichtweise nur relative intersubjektive Gemeinsamkeiten beschreiben,
die Viabilitäten höherer Ordnung darstellen, sich also mit höherer Wahr-
scheinlichkeit für viele Subjekte als nützlich erweisen können, aber keine ob-
jektiven Gültigkeiten zum Ausdruck bringen.
Laut Luhmann bringen uns empirische Erkenntnisse der Wirklichkeit nicht
näher, wir lernen nur, sie differenzierter zu beobachten. Er behauptet wei-
terhin, dass es eine ständige Komplexitätsunterlegenheit des Wissens gege-
nüber der Umwelt gibt und jeder Versuch der Reduzierung dieser Differenz
im Ergebnis mehr Rekombinationsmöglichkeiten vorstellbar macht.261
Daraus resultiert, dass konstruktivistisch orientierte Wissenschaftler die Er-
gebnisse empirischer Forschung vorsichtiger einschätzen als Forscher, die
objektive direkte Kausalitäten annehmen.262
259 Vgl. v. Glasersfeld 1998b, S. 417 f. 260 Vgl. ebenda, S. 422. 261 Vgl. Luhmann 1998, S. 370 f. 262 Vgl. v. Glasersfeld 1998b, S. 423 f.
EVALUATION
87
Die Frage, ob sich empirische Erkenntnisse für ein Individuum als viabel er-
weisen, kann letztendlich nur vom Subjekt selbst beantwortet werden. Vor
dem Hintergrund einer konstruktivistischen Lerntheorie kann dementspre-
chend nur der Lernende selbst beurteilen, ob er überhaupt und wenn ja,
welches Wissen er im Laufe des Lernprozesses erworben hat bzw. welche
kognitiven Veränderungen bei ihm stattgefunden haben.
4.2 Evaluation der Planspielsimulation HeiCon
4.2.1 Kontext der Evaluation
Im Rahmen des Modellversuchs CONWIZ „Konzeption zur Vermittlung von
Controlling-Wissen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in kleinen und mit-
telständigen Unternehmen“, der durch die DEKRA Akademie an den beiden
Standorten Stuttgart und Nagold durchgeführt wurde, kam in dem Qualifizie-
rungsmodul „Einführung in Controlling-Wissen“ das multimediale computer-
basierte Planspiel HeiCon zum Einsatz. Durch das Planspiel soll ein Handels-
unternehmen in Bezug auf einen ökonomischen Hintergrund in seiner umfas-
senden Komplexität abgebildet und in einem Simulationsmodell unternehme-
risches Entscheidungsverhalten im Rahmen eines ganzheitlichen Netzwerkes
ermöglicht werden.263 Bei dem Planspiel HeiCon handelt es sich um eine rei-
ne offline-multimediale Anwendung. Es ist dem Applikationstypus der multi-
medialen computerbasierten Simulation zuzuordnen.
Die Dauer des Einsatzes betrug insgesamt zwei Wochen. Dabei wurde das
Planspiel an zwei Präsenztagen in einem seminaristischen Kontext eingesetzt.
Des Weiteren sollten die Teilnehmer das Planspiel an ihrem Arbeitsplatz oder
zu Hause als Selbstlernmedium nutzen, soweit ihnen die technischen Mög-
lichkeiten zur Verfügung standen.
263 Vgl. Ballin/ Ebert/ Espe, 1999, S. 4,16.
EVALUATION
88
4.2.2 Zielsetzung und Forschungsfragen
Bei der Evaluation des Planspiels HeiCon sollen folgende Fragekomplexe un-
tersucht werden.
1) Welche kognitiven Lernerfolge können die Teilnehmer feststellen?
Dieser Fragenkomplex bezieht sich auf kognitive Wirkungen, die das Plan-
spiel nach Einschätzung der Lernenden erzielt hat. Die Ergebnisse werden
vor dem Hintergrund der Lernziele, die die Modellversuchsleitung mit dem
Einsatz des Planspiels in der Qualifizierungsmaßnahme bzw. die Autoren des
Planspiels intendierten, beurteilt.
2) Wie schätzen die Lernenden die Nützlichkeit von multimedialen com-
puterbasierte Lernumgebungen als Lernmethode ein?
In diesem Fragekomplex soll das methodische Potenzial von multimedialen
computerbasierten Lernumgebungen in Lernprozessen erfragt und im Hinb-
lick auf die in Kapitel 3.2 erörterten Potenziale verglichen werden.
3) Wie beurteilen die Teilnehmer die produktspezifische Qualität der
Lernsoftware?
In diesem Teil der Befragung soll eine Einschätzung der Qualität und der
Eignung der Software durch die Teilnehmer erfolgen. Ferner soll überprüft
werden, ob die Software den Ansprüchen der Teilnehmer an multimediale
computerbasierte Lernsoftware gerecht wird.
4.2.3 Forschungsmethode
Bei der für die Evaluation verwendeten Forschungsmethode handelt es sich
um eine Befragung. Dies ist die am häufigsten eingesetzte Forschungsme-
thode (70%) und gilt als Standardinstrument empirischer Sozialforschung.264
Befragungen können entweder schriftlich durch Fragebogen oder mündlich
durch ein Interview erfolgen. Durch Befragungen können im Gegensatz zu
Beobachtungen immer nur die subjektiven Antworten der Befragten auf die
264 Vgl. Abel/ Möller/ Treumann 1998, S. 52.
EVALUATION
89
jeweils gestellten Fragen ermittelt werden. Bei Beobachtungen erfolgt
zwangsläufig eine Einschätzung oder eine Bewertung durch den Beobachter,
aber nicht durch die Beobachteten selbst. Der Einsatz eines Fragebogens
wurde in erster Linie mit kosten- sowie zeitökonomischen Argumenten be-
gründet. Interviews haben zwar den grundsätzlichen Vorteil, dass der Inter-
viewer auf situationsbedingte Besonderheiten gezielt eingehen kann, z.B. um
bestimmte Fragen durch Nachfragen zu präzisieren, allerdings sind sie mit
einem hohen Organisationsaufwand, sowohl während der Durchführung der
Evaluation als auch bei der anschließenden Ergebnisanalyse verbunden. Fer-
ner kann bei einem Fragebogen im Gegensatz zum Interview die Anonymität
der Befragten besser gewährleistet werden, was unter Umständen zu au-
thentischeren Aussagen führen kann.265
Der eingesetzte Fragebogen wurde entsprechend den vorher aufgezeigten
Forschungsfragen konstruiert. Die Qualität des Fragebogens stellt eine der
entscheidenden Determinanten für das spätere Untersuchungsergebnis dar,
weil die Auswertungsergebnisse auf die Inhalte begrenzt sind, die der ausge-
füllte Fragebogen tatsächlich enthält.
Bei den Fragetechniken lässt sich zwischen offenen und geschlossenen Fra-
gen unterscheiden. Geschlossene Fragen beinhalten über die Fragestellung
hinaus auch die möglichen Antwortalternativen, offene Fragen hingegen be-
schränken sich auf die Fragestellung und ermöglichen es dem Fragebogen-
ausfüllenden somit, frei formulierte, spontane Antworten zu geben.266
Um den Befragten über die geschlossenen Fragen hinaus die Möglichkeit von
persönlichen Äußerungen zu geben, können offene Fragen in den Fragebo-
gen integriert werden. Beide Frageformen wurden in dem eingesetzten Fra-
gebogen angewendet. Bei der Erststellung des Fragebogens wurden u.a. fol-
gende Kriterien berücksichtigt:267
• Es sollen möglichst einfache Formulierungen gewählt werden.
• Die Fragen sollen nicht zu lang sein.
265 Vgl. Stolze 1983, S. 19 f. 266 Vgl. Hippmann 1994, S. 34. 267 Vgl. Stolze 1983, S. 17 ff.
EVALUATION
90
• Auf die Eindeutigkeit der Fragen ist besonders zu achten.
• Die Fragen dürfen die Befragten nicht überfordern.
• Konkrete Fragen sind allgemeinen Fragen vorzuziehen.
• Die Fragen sollen möglichst neutral formuliert sein, suggestive Fra-
gen sind zu vermeiden.
4.2.4 Der Fragebogen
Der Fragebogen268 gliedert sich in die vier Fragenkomplexe A bis D, wobei in
Fragekomplex A) die für die Untersuchung relevanten Sozialdaten erfragt
werden. Die Fragenkomplexe B bis D entsprechen den im Kapitel 4.2.2 ge-
nannten Forschungsfragen.
Sozialdaten
Bei den Sozialdaten wurde nach dem Alter, dem Geschlecht, dem Standort
der Qualifizierungsmaßnahme und den Erfahrungen der Befragten mit multi-
medialen computerbasierten Lernumgebungen gefragt. Auf detailliertere Fra-
gen, z.B. nach der Art der Beschäftigung, wurde bei der kleinen Stichprobe
(n=20) im Hinblick auf die Wahrung der Anonymität verzichtet.
Lernziele und Lerninhalte
Die Fragen in diesem Fragenblock wurden auf der Basis der Ziele, die die
Modellversuchsleitung mit dem Einsatz des Planspiels HeiCon erreichen woll-
te, sowie allgemeiner Zielsetzungen des Planspiels konstruiert. Die allgemei-
nen Zielsetzungen wurden aus dem, dem Planspiel beiliegenden Handbuch
entnommen. Die allgemeinen Lernziele des Planspiels werden folgenderma-
ßen beschrieben. Die Teilnehmer sollen lernen,
• in komplexen Zusammenhängen zu denken,
268 Siehe Anlage 1.
EVALUATION
91
• dynamische Prozesse und komplizierte Strukturen in sozialen Syste-
men zu beherrschen
• und die Kompliziertheit und Dynamik eines Controllingprozesses soll
erkennbar, transparent, trainierbar, steuerbar und damit beherrsch-
bar gemacht werden.269
Die konkreten Zielsetzungen der Projektleitung wurden durch eine Befragung
einer für den didaktischen Planungsprozess verantwortlichen Person ermit-
telt. Vor dem Hintergrund der Befragung lassen sich folgende Hauptziele be-
nennen:
• Kenntnisse über verschiedene Unternehmensbereiche, deren Zu-
sammenhänge und die Auswirkungen von Veränderungen in Einzel-
bereichen auf andere Unternehmensbereiche sollen vermittelt wer-
den.
• Zukünftige Entscheidungen im Rahmen von vernetzten Systemen
sollen überlegter und bewusster getroffen werden.
• Die Teilnehmer sollen einen möglichst realistischen Controllingpro-
zess (Zielbildung; Planung und Entscheidung; Kontrolle und Auswer-
tung; Information) an Hand des Planspiels durchführen.
• Es soll Wissen über die grundsätzlichen Abläufe von Controllingpro-
zessen erworben werden.
• Die Fähigkeit, in komplexen Zusammenhängen zu denken, soll ge-
steigert werden.
Aus den Ergebnissen wurde ein Lernzielfrageblock erstellt. Darüber hinaus
wurden noch das Niveau der Lerninhalte sowie deren Bedeutung für die be-
rufliche Praxis der Teilnehmer erfragt.
269 Vgl. Ballin/ Ebert/ Espe, 1999, S. 16.
EVALUATION
92
Lernmethode
Auf der Grundlage von didaktischen Theorien zum Lernen in multimedialen
computerbasierten Lernumgebungen wurden die folgenden Thesen kons-
truiert.270
• Es besteht eine hohe Akzeptanz der Methode von Seiten der Ler-
nenden, was zu einer gesteigerten Motivation führt.
• Die Lerneffektivität ist im Vergleich zu herkömmlichen Seminaren
mindestens genauso hoch.
• Durch das Ansprechen von unterschiedlichen Sinnen durch die Kom-
bination mehrerer Medientypen wird der Lerneffekt erhöht.
• Multimediale computerbasierte Lernumgebungen bieten die Möglich-
keit des selbstgesteuerten Lernens unter subjektiver Bestimmung
des Lernweges und des Lerntempos.
• Multimediale computerbasierte Lernumgebungen erlauben realitäts-
nahe Anwendungssituationen; deshalb kann das Gelernte auch
leicht in realen Problemsituationen angewendet werden (Transferun-
terstützung).
Aus diesen Thesen und den in Kapitel 3.2 erarbeiteten Potenzialen von
multimedialen computerbasierten Lernanwendungen wurden konkrete
Fragen erarbeitet, die sich in dem Fragebogen in Abschnitt C wiederfinden
lassen.271
Software
Die Fragen dieses Abschnitts wurden aus einem Fragebogen zur Bewertung
von Lernsoftware272 ausgewählt.
270 Vgl. Jäger 1991, S. 167 ff.; vgl. Friedrich/ Eigler/ Mandl/ Schnotz/ Schott/ Seel 1997, S. 31 ff. 271 Vgl. Anlage 1. 272 Vgl. Meder 2000.
EVALUATION
93
4.2.5 Zeitlicher Ablauf der Erhebung
Im Juli 1999 wurde das Erhebungsinstrument konzipiert. Unter der Berück-
sichtigung der vorher genannten zentralen Forschungsfragen wurde ein
standardisierter Fragebogen entwickelt. In der letzten Juniwoche wurde ein
Pretest mit insgesamt zehn Studierenden der Universität Bielefeld durchge-
führt.
Die eigentliche Erhebung fand in Stuttgart am 7. Juli 1999 und in Nagold am
13. Juli 1999 statt, was an beiden Standorten jeweils dem letzten Seminar-
tag, an dem das Planspiel eingesetzt wurde, entsprach. Außerdem wurden
Fragebogen an die Teilnehmer verschickt, die am Erhebungstag nicht anwe-
send waren. Bedingt durch die Sommerpause im Modellversuch CONWIZ la-
gen die vollständigen Daten erst im September 1999 vor. Der Fragebogen
wurde von allen 20 Befragten ausgefüllt.
4.2.6 Evaluationsergebnisse
Beschreibung der Stichprobe
Im Rahmen der Erhebung wurden insgesamt 20 Personen befragt, die sich
zu jeweils 10 auf die beiden Standorte der Qualifizierungsmaßnahme Stutt-
gart und Nagold verteilen. Ferner sind von den 20 Probanden 10 männlichen
und 10 weiblichen Geschlechts, wobei der Frauenanteil in Stuttgart mit
70%273 deutlich höher liegt als in Nagold mit 30%. Mehr als die Hälfte (55%)
der Befragten sind zwischen 20 und 24 Jahren alt. Die genauen Häufigkeiten
der Altersverteilung sind Abbildung 10 zu entnehmen.
273 Im Folgenden werden alle Häufigkeitsangaben in Prozent gemacht; dies soll jedoch nicht
darüber hinwegtäuschen, dass die Stichprobe nur 20 Testpersonen umfasst.
EVALUATION
94
Abbildung 10: Altersverteilung der Befragten
20%
55%
5%10% 10%
0
0,1
0,2
0,3
0,4
0,5
0,6
unter 20 20-24 25-29 30-34 35-39
Alter
Lerneffekte
Einen allgemeinen Überblick über die Einschätzungen der Lerneffekte durch
die Teilnehmer gibt Tabelle 3. Drei Viertel (75%) der Befragten geben an,
dass es ihnen nach der Bearbeitung des Planspiels leichter fällt, Zusammen-
hänge zwischen verschiedenen Unternehmensbereichen zu erkennen. Es ist
auffällig, dass nur sehr selten controllingspezifische Lerneffekte genannt
werden. Weniger als die Hälfte (45%) der Teilnehmer sagen, sie hätten nach
Bearbeitung der Lernsoftware einen besseren Überblick über die grundsätzli-
chen Abläufe eines Controllingprozesses und sogar nur ein Viertel (25%)
können einen Zuwachs an Controllingwissen bestätigen. Dass die Planspiel-
simulation zu einer gesteigerten Kreativität führt, stellen nur ein Zehntel der
Befragten fest. Die Inhalte des Planspiels haben nach Einschätzung der Teil-
nehmer keine hohe Praxisrelevanz. Dieses Ergebnis wird durch Aussagen von
Testpersonen in der offenen Frage zu den Nachteilen von multimedialen
computerbasierten Lernumgebungen gestützt. Hier wird u.a. bemängelt,
dass die Inhalte zu allgemein dargestellt sind und daher nur wenig Praxisbe-
zug aufweisen.
EVALUATION
95
Tabelle 3: Lerninhaltsmatrix
Aussagen Nennungen
Es fällt mir jetzt leichter, Zusammenhänge zwischen verschiedenen
Unternehmensbereichen zu erkennen.
75 %
Mir ist jetzt bewusster, dass Veränderungen in einzelnen Unterneh-
mensbereichen Auswirkungen auf andere Bereiche haben.
70 %
Ich habe gelernt, wie spezifische Unternehmensbereiche miteinander
vernetzt sind.
50 %
Ich werde in Zukunft bei Entscheidungen, die ich im Rahmen eines
vernetzten Systems treffen muss, überlegter handeln.
50 %
Ich habe einen Überblick über die grundsätzlichen Abläufe eines
Controllingprozesses bekommen.
45 %
Ich bin jetzt in der Lage, stärker in komplexen Zusammenhängen zu
denken.
35 %
Ich habe unterschiedliche Unternehmensbereiche besser kennen ge-
lernt.
30 %
Das Programm hat mein Wissen über Controlling erweitert. 25 %
Das Spiel hat meine Kreativität gesteigert. 15 %
Das dargestellte Netzwerk hat mir nicht geholfen, Probleme des
Controlling besser zu verstehen.
10 %
Die vermittelten Inhalte haben für mich eine hohe Praxisrelevanz. 0 %
Das Planspiel hat bei mir zu keinem mir bewussten Lernerfolg ge-
führt.
0 %
Gesamt 100 %
(n = 20)
Insgesamt liegen die Lerneffekte stärker im Bereich des vernetzten Denkens
und im Erlernen von Funktionszusammenhängen von unterschiedlichen Un-
ternehmensbereichen. Fachspezifische Lerneffekte sind relativ unbedeutend.
Das Schwierigkeitsniveau der Lerninhalte bezeichnen knapp zwei Drittel
(65%) der Befragten als angemessen, 30% empfinden es als eher hoch und
ein Befragter fühlt sich sogar unterfordert.
EVALUATION
96
Vor dem Hintergrund der gesamten Qualifizierungsmaßnahme, in dessen
Kontext die Planspielsimulation eingesetzt wurde, sagen nur 35% der Test-
personen aus, dass die Lernsoftware für sie zu neuen Erkenntnissen geführt
hat. Gut die Hälfte (55%) beschreiben eine Vertiefung bereits vorhandenen
Wissens, für 10% wird durch die Lernsoftware lediglich bereits Bekanntes
wiederholt.
In einer offenen Frage werden von den Testpersonen folgende, durch die
Lernsoftware unbeantwortete Fragen zum Thema Controlling gestellt:
• Wie kann ich dieses Wissen auf praktische Controllingprozesse an-
wenden?
• Wie lassen sich äußere Einflüsse auf Controllingprozesse steuern?
• Was sind die konkreten Controllingaufgaben in einem Betrieb?
• Wie sieht ein konkreter Jahresablauf in einem Betrieb aus?
Lernmethode
Gut zwei Drittel (70%) der Befragten sagen, dass sie bisher noch gar keine
Erfahrungen im Umgang mit computerbasiertem Lernen gemacht haben. Da-
gegen haben nur knapp ein Drittel (30%) bereits mit computerbasierten
Lernanwendungen gearbeitet. Es fällt auf, dass die weiblichen Testpersonen
deutlich weniger Erfahrung im Umgang computerbasierten Lernanwendun-
gen angeben als die männlichen. Nur eine Frau gibt an, dass sie bereits Er-
fahrungen mit computerbasiertem Lernen gemacht habe, bei den Männern
sind es dagegen immerhin fünf. Als Beispiele für Lernerfahrungen werden
computerunterstütztes Lernen im Betrieb oder in Schulungen, Spracher-
werbssoftware, Einführung in Computersprachen, Lexikonquiz und Schreib-
maschinentrainer genannt.
Keine der befragten Personen gibt an, kaum oder gar kein Interesse an com-
puterbasiertem Lernen zu haben. Dagegen bezeichnen drei Viertel (75%) ihr
Interesse als groß bis sehr groß, ein Viertel (25%) schätzen ihr Interesse
neutral ein. Die Anwendung des Planspiels macht vier Fünftel (90%) aller
Befragten viel bis sehr viel Spaß. Annähernd zwei Drittel (65%) geben an,
dass sie im Vergleich zu klassisch-seminaristischen Lernformen stärker moti-
EVALUATION
97
viert waren. Zwei Testpersonen (10%) bringen sogar eine viel stärkere Moti-
vation zum Ausdruck. Keiner der Befragten fühlt sich beim Abreiten mit der
Planspielsimulation weiniger motiviert als in traditionellen Lernkontexten.
Bei diesen drei Items zur Motivation ist unter den positiven Einschätzungen
der Anteil derjenigen, die bereits Erfahrungen mit computerbasiertem Lernen
haben, geringer als der Anteil derer ohne Erfahrungen.274
Abbildung 11: Wirkungen von Erfahrungen mit Computerlernen
75%40%
60%
90%28%
72%
75%33%
67%
0 0,2 0,4 0,6 0,8 1
großes bis sehrgroßes Interesse an
der Anwendung
viel bis sehr vielSpaß an derAnwendung
stärkere bis vielstärkere Motivation
im Vergleich zu trad.Methoden
Gesamt mit Erfahrung ohne Erfahrung
In Bezug auf die Selbststeuerung äußern 90% der Befragten, dass sie ihr
Lerntempo selbstständig bestimmen konnten. Unter diesen empfinden annä-
hernd neun von zehn (88,9%) diese Möglichkeit als sehr angenehm, nur ei-
ner von zehn (11,1%) hingegen würde eine stärkere zeitliche Kontrolle durch
einen Dozenten für sich persönlich besser finden. Beinahe drei Viertel (70%)
der Befragten geben an, dass sie die Lernsoftware außerhalb des Seminars
auch zu Hause eingesetzt haben. Immerhin knapp ein Drittel (30%) haben
die Simulation sogar mehrmals ausführlich durchgespielt.275
274 Siehe Abbildung 11. 275 Siehe Abbildung 12.
EVALUATION
98
Abbildung 12: Art des Einsatzes der Lernsoftware zu Hause
30%
15%
25%
30%
0%
5%
10%
15%
20%
25%
30%
Nein, ich habedie Simulation
nicht eingesetzt
Ich habe michmal kurz mit der
Simulationbeschäftigt
Ich habe dieSimulation
einmalausführlich
durchgespielt
Ich habemehrere
Simulationenausführlich
durchgespielt
Als Hauptgrund, warum die Lernsoftware gar nicht zu Hause angewendet
wurde, wird vornehmlich die fehlende Möglichkeit, über einen adäquaten
Computer zu verfügen, angeführt. Allerdings können sich neun von zehn
(90%) aller Befragten vorstellen, auch in Zukunft multimediale computerba-
sierte Lernumgebungen zu Hause oder am Arbeitsplatz einzusetzen. Unter
den Testpersonen sind 85% der Ansicht, dass solche Lernumgebungen eine
stärkere Berücksichtigung in Qualifizierungsmaßnahmen finden sollten, 15%
sind mit einem einmaligen Einsatz zufrieden. Fast alle Befragten (95%) ver-
treten allerdings den Standpunkt, dass diese Form des Lernens nur als Er-
gänzung zu klassischen Seminaren zum Einsatz kommen sollte, nur 5% kön-
nen sich multimediale computerbasierte Lernumgebungen anstelle von klas-
sischen Seminaren vorstellen.
Auf die offene Frage nach den Vor- bzw. Nachteilen von multimedialen com-
puterbasierten Lernumgebungen wurden von den Probanden mehr positive
als negative Aspekte genannt. Die von 90% der Befragten genannten Vortei-
EVALUATION
99
le werden vor allem in einem hohen Selbststeuerungspotenzial gesehen. So
wird z. B. „die Selbstbestimmungsmöglichkeit des Lerntempos“, „die indivi-
duelle Setzung von Schwerpunkten“, „die hohe zeitliche Unabhängigkeit“ so-
wie „die Ungebundenheit an einen bestimmten Seminarort“ hervorgehoben.
Unter motivationalen Gesichtspunkten empfinden die Probanden „die soforti-
gen relativ authentischen Rückmeldungen auf Handlungen“ sowie „eine
interessante Verbindung von Inhalt und Medium“ als positiv. Darüber hinaus
werden auch Vorteile wie „eigenes Wissen kann besser eingeschätzt wer-
den“, „Zusammenhänge sind besser zu erkennen“, „eine hohe eigene Aktivi-
tät“, „einfacher durch bildliche Darstellung“, „spielerisches Lernen und Ausei-
nandersetzung mit zukunftsorientierter Technologie“ genannt.
Immerhin annähernd zwei Drittel (65%) der Testpersonen stellen auch Nach-
teile von multimedialen computerbasierten Lernumgebungen fest. Als einer
der am häufigsten genannten Nachteile wird „die eingeschränkte Interakti-
onsmöglichkeit mit der Lernsoftware“ angegeben. Die möglichen Interaktio-
nen mit der Software werden zudem als unpersönlich empfunden. Außerdem
vermissen die Befragten „die Möglichkeit des Nachfragens bei spezifischen
Problemen, auf die die Software nicht eingehen kann“. Ferner befürchten
einige Probanden, dass „durch das spielerische Lernen die Ernsthaftigkeit in
der Auseinandersetzung mit den Inhalten verloren gehen kann“. Auch eine
starke Ermüdung der Augen durch die Bildschirmarbeit wird von einigen als
negativ beschrieben. Außerdem könne „durch eine komplizierte Bedienung
der Lernsoftware das Lernen sogar erschwert werden“.
Wie in Abbildung 13 deutlich zu erkennen, wird die Bearbeitung der Lern-
software insgesamt sehr positiv bewertet.276
Abbildung 13: Beurteilung des Lernens mit der Software
276 Die roten Punkte stellen jeweils die Mittelwerte der polarisierten Items zwischen 2 und –2
dar. Die negativen Zahlenwerte stehen nicht für eine Negativbewertung der Inhalte.
EVALUATION
100
ansprechend
flexibel
strukturiert
verworren
langatmig
ermüdend
geringer Lernerfolg
motivierend
aktivierend
vielfältig
langweilig
starr
unstrukturiert
übersichtlich
abwechslungsreich
anregend
hoher Lernerfolg
demotivierend
einschläfernd
eintönig
2 1,5 1 0,5 0 -0,5 -1 -1,5 -2
2 1,5 1 0,5 0 -0,5 -1 -1,5 -2
Es lässt sich erkennen, dass das Lernen mit der multimedialen computerba-
sierten Lernanwendung auf die Teilnehmer besonders aktivierend und ans-
prechend wirkt. Dabei wird die Applikation als vielfältig, abwechslungsreich,
flexibel und dennoch strukturiert beschrieben. In Bezug auf die Übersichtlich-
keit und den Lernerfolg äußern sich die Testpersonen verhalten positiv.
Software
In Bezug auf die Bedienung der Software geben acht von zehn (80%) der
Befragten an, dass sie keine Probleme im Umgang mit der Software gehabt
hätten. Knapp zwei Drittel (60%) sind der Ansicht, dass zur Bearbeitung des
Planspiels inhaltliche Vorkenntnisse notwendig gewesen seien.
Bei der Beantwortung der Frage nach der Abbildung von komplexen Abläufen
durch die Software ergibt sich keine eindeutige Aussage. Mehr als die Hälfte
(55%) der Testpersonen antworten, dass die Komplexität teilweise reduziert
wird, aber auch teilweise erhalten bleibt. Es lässt sich dennoch eine leichte
Tendenz (30%) in Richtung des Erhalts der Komplexität erkennen, aber im-
EVALUATION
101
merhin 15% aller Befragten bezeichnen die Komplexität der abgebildeten
Abläufe als stark bzw. sehr stark reduziert.277
Abbildung 14: Komplexität der Lernsoftware
5%
10%
55%
30%
0%
0% 10% 20% 30% 40% 50% 60%
sehr stark reduziert
stark reduziert
teils/teils
stark erhalten
sehr stark erhalten
Komplexität der abgebildeten Abläufe
Obwohl durch die kontinuierliche Einspielung von Zufallsereignissen durch die
Software vermieden werden soll, dass auf Seiten der Anwender der Eindruck
entsteht, es existiere eine immer funktionierende Lösungsstrategie für das
Planspiel, geben drei Viertel (75%) der Probanden an, eine Spielstrategie
entwickelt zu haben, die mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einem hohen
Punktergebnis führt. Die Frage nach dem Zeitpunkt der Bewusstwerdung der
Strategie bringt allerdings das Ergebnis, dass von denjenigen, die angeben
eine Spielstrategie entwickelt zu haben, nur 14,3% sagen, diese schon nach
wenigen Spielzügen erkannt zu haben. Dagegen äußern annähernd zwei Drit-
tel (64,3%), dass ihnen die Spielstrategie erst nach mehrfachem Durchspie-
len der Planspielsimulation klar geworden sei.
277 Siehe Abbildung 14.
EVALUATION
102
Die optische Aufbereitung der Software finden 65% aller Befragten anspre-
chend oder sogar sehr ansprechend. Ein Fünftel (20%) findet die Darstellung
akzeptabel. Nur 15% beschreiben die Darbietungsform als wenig anspre-
chend.
4.3 Zusammenfassung der Evaluationsergebnisse
(1) In Bezug auf die Lerninhalte wurden die Erwartungen der Projektlei-
tung nur teilweise erfüllt. Es fällt auf, dass durch das Planspiel HeiCon
in erster Linie allgemeine Inhalte vermittelt werden. Die fachspezifi-
schen Inhalte scheinen etwas zu kurz zu kommen.
(2) Vor allem die Praxisrelevanz der Inhalte ist den Teilnehmern nicht
deutlich geworden. Gerade im Bezug auf die Konkretisierung von
controllingspezifischen Aufgaben und Abläufen bleiben auf Seite der
Befragten einige Fragen unbeantwortet.
(3) Multimediale computerbasierte Lernumgebungen werden als Lernme-
thode von den Befragten insgesamt als positiv bewertet und als eine
interessante Ergänzung zu klassisch-seminaristischen Lernformen ge-
sehen.
(4) Die Hauptvorteile werden im Bereich der Selbststeuerung des Lern-
prozesses und einer hohen Motivation gesehen.
(5) Es kann sowohl eine hohe intrinsische Motivation, geäußert in Form
von Interesse, als auch extrinsische Motivation durch die Attraktivität
des Mediums festgestellt werden, allerdings kann die These formuliert
werden, dass die Neugier an dem Medium mit zunehmender Erfah-
rung der Probanden mit computerbasiertem Lernen abnimmt.
(6) Als Hauptdefizit wurde die unpersönliche Kommunikation sowie lerner-
unspezifische Rückmeldungen durch das System festgestellt.
EVALUATION
103
(7) Vor dem Hintergrund dieser Einschätzung ist es plausibel, dass die Be-
fragten sich multimediale computerbasierte Lernumgebungen nur als
Ergänzung zu traditionellen Seminaren vorstellen können.
(8) Die Anwendung der in diesem Kontext eingesetzten Lernapplikation
bereitete den Testpersonen kaum Probleme.
(9) Der Komplexitätsgrad der abgebildeten Abläufe scheint noch steige-
rungsfähig zu sein. Eine Erhöhung der Komplexität würde vor allem
dem Gestaltungsprinzip der Authentizität Rechnung tragen.
Im nachfolgenden, abschließenden Kapitel sollen die Ergebnisse der vorlie-
genden Arbeit diskutiert und vor dem Hintergrund der gewonnenen Erkenn-
tnisse eine Anregung für die Gestaltung einer multimedialen computerbasier-
ten Lernumgebung gegeben werden.
ZWISCHEN POTENZIAL UND REALISIERUNG
104
5. Kapitel
MULTIMEDIALE COMPUTERBASIERTE LERNUMGEBUNGEN
ZWISCHEN POTENZIAL UND REALISIERUNG
Die vorliegende Arbeit hat gezeigt, dass sich der Einsatz von multimedialen
computerbasierten Lernumgebungen in der beruflichen Bildung vor dem Hin-
tergrund der konstruktivistischen Erkenntnistheorie legitimieren lässt. Ein-
schränkend ist allerdings anzumerken, dass nur bestimmte Applikationsty-
pen, wie z.B. Simulationen, Hypermedia und virtuelle Realitäten, ein so ho-
hes Potenzial an Freiheitsgraden liefern, dass dadurch Lernen als aktiver,
entdeckender Prozess des Lernenden ermöglicht werden kann. Instruktions-
orientierte Lernanwendungen, wie z.B. Drill & Practice oder tutorielle Unter-
weisungssysteme, sind aus konstruktivistischem Blickwinkel eher kritisch zu
beurteilen. Hier steht die Intention im Vordergrund, durch die Software ledig-
lich extrinsische Motivationen auszulösen, die dazu beitragen sollen, Wissen
bei dem Lernenden zu erzeugen. Da dies zu einer relativen Passivität des
Lernenden im Lernprozess führt, sind solche Lernapplikationen kaum an-
schlussfähig an ein konstruktivistischen Lernverständnis.
Aber auch multimediale computerbasierte Lernumgebungen, die auf der Ba-
sis von kognitionsorientierten Ansätzen entwickelt wurden, genügen nicht
gänzlich allen didaktischen Gestaltungsprinzipien für Lernumgebungen, wie
sie in Kapitel 3.1.3 erarbeitet worden sind. Im Hinblick auf die didaktischen
Potenziale von multimedialen computerbasierten Lernumgebungen sind
ebenfalls Defizite zu erkennen. Die Evaluation der Planspielsimulation HeiCon
liefert zwar insgesamt ein positives Ergebnis, sie macht aber auch deutlich,
dass das Etikett „Multimedia“ nicht zwangsläufig mit weniger Aufwand und
Mühe zu größeren, besseren, schnelleren und nachhaltigeren Lernerfolgen
führt.
Teilweise ergibt sich ein Spannungsfeld zwischen den verkündeten Potenzia-
len und den Erfahrungen aus Anwendungsrealitäten von multimedialen com-
ZWISCHEN POTENZIAL UND REALISIERUNG
105
puterbasierten Lernumgebungen. Wie die Antworten der Befragten in der
empirischen Untersuchung der Planspielsimulation HeiCon gezeigt haben,
besteht derzeit ein großes Interesse an multimedialen computerbasierten
Lernumgebungen. Dabei wird diese Form des selbstorganisierten Lernens im
Vergleich zu traditionellen Lernmedien als interessanter, lebendiger und ab-
wechslungsreicher beschrieben. Dies scheint die Motivation der Anwender im
Umgang mit den dargebotenen Inhalten zu erhöhen und wirkt damit Ermü-
dungserscheinungen, wie sie z.B. beim Lernen mit Texten auftreten können,
entgegen. Dieser positive Motivationseffekt kann genutzt werden, um bei
Lernenden Hemmungen vor abstrakten, unattraktiven Inhalten abzubauen.
Darüber hinaus ist es dadurch möglich, auch die Lernenden anzusprechen,
die es auf Grund ihrer Lernsozialisation weniger gewohnt sind, sich mit Bü-
chern und Texten auseinander zu setzen.278
Ein weiteres Ergebnis der empirischen Untersuchung liegt darin, dass das
Interesse an multimedialem computerbasiertem Lernen von Testpersonen,
die bereits Lernerfahrungen mit Lernsoftware gemacht haben, geringer zu
sein scheint als das von unerfahrenen. Dies lässt zumindest die Vermutung
zu, dass die Motivationssteigerung beim Lernen in multimedialen computer-
basierten Lernumgebungen zu einem großen Anteil durch ein Interesse am
„Neuen“ determiniert ist. Es ist daher möglich, dass die hohe Motivation im
Laufe der Zeit kontinuierlich abnimmt und schließlich ein Niveau erreicht, das
mit dem anderer Medien vergleichbar ist.
Über diese durch die Attraktivität des „Neuen“ bedingte Motivation hinausge-
hende motivationale Effekte werden u.a. durch ein erhöhtes Präsentationspo-
tenzial begründet. Als Argument hierfür dient in erster Linie die enorme Viel-
falt an Präsentations- und Visualisierungsmöglichkeiten, die es ermöglichen,
unterschiedliche Modalitäten, wie z.B. Video- und Tonsequenzen, in einer
multimedialen computerbasierten Lernumgebung zu integrieren. Allein diese
technische Realisierungsmöglichkeit bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass
die Technikpotenziale für Lernprozesse wertvoll sind.279 So ergibt beispiels-
278 Vgl. Brater/ Maurus 1997, S. 37. 279 Vgl. ebenda.
ZWISCHEN POTENZIAL UND REALISIERUNG
106
weise die Analyse empirischer Befunde im Bezug auf die Verarbeitung von
multimedial dargebotenen Inhalten, dass sehr rasche Bildsequenzen, gleich-
zeitig angebotenes Bild und Sprache sowie Spezialeffekte eine intensivere
Informationsverarbeitung nicht unbedingt unterstützen, sondern diese sogar
erschweren können. Weidenmann kommt zu dem Ergebnis,
„...dass multimediale, multicodale und multimodale Lernangebote zwar als an-
genehm und interessant erlebt, aber u.U. weniger intensiv verarbeitet werden,
weil zum einen bildhafte Darstellungsformen, besonders wenn sie durch Be-
wegung, Farbe usw. realitätsnah sind, eher als „leicht“ perzipiert werden und
zum anderen der Wechsel bzw. das gleichzeitige Angebot an Codes eine nur
automatische Encodierung zulassen.“280
Werden allerdings Videosequenzen in Lernumgebungen mit hohem Interakti-
onspotenzial integriert, so dass die Lernenden aktiv in die Handlung eingrei-
fen können, so resultieren daraus positive Effekte.281
Dieses Ergebnis verdeutlicht die Bedeutung eines hohen Interaktionspoten-
zials in Bezug auf Lernumgebungen und erweist sich so mit dem konstrukti-
vistischen Lernverständnis als kompatibel, weil dadurch in hohem Maße ein
aktives und entdeckendes Lernen ermöglicht wird. Das wesentlich höhere
Interaktionspotenzial von multimedialen computerbasierten Lernumgebungen
im Gegensatz zu klassischen Lernmedien stellt laut Brater und Maurus das
eigentlich Neue dieser Lernform dar. Unter diesem Aspekt heben sie beson-
ders Simulationen hervor, die, wie bereits in Kapitel 3.2.2 beschrieben,
komplexe Wirkungsnetzwerke darstellen und auf die interaktiven Verände-
rungen von Parametern durch den Anwender mit einer entsprechend verän-
derten Gesamtsituation reagieren.282 Erst Interaktionen integrieren den Ler-
nenden in die Problemsituation, dadurch wird er zum handelnden Akteur.
Dies stellt gerade im Bezug auf handlungsorientiertes Lernen eine Grundvor-
aussetzung dar.283
280 Weidenmann 1997, S. 76. 281 Vgl. ebenda. 282 Vgl. Brater/ Maurus 1997, S. 38. 283 Vgl. Ballin/Brater 1996, S. 41.
ZWISCHEN POTENZIAL UND REALISIERUNG
107
Allerdings sind die Interaktionen mit der Software auch bei hochkomplexen
Lernapplikationen auf den vom Medium thematisierten Erfahrungsraum ein-
geschränkt.284 Im Vergleich zu interpersonalen Interaktionen fehlt es bei me-
dialen Interaktionen mit einer Lernsoftware erheblich an Dynamik. Dies re-
sultiert daraus, dass bei medialen Interaktionen kaum Gefühle artikuliert,
Beziehungen definiert oder etwa Konflikte reguliert werden. Es handelt sich
hierbei folglich nicht um wirkliche Interaktionen, bei denen ein Subjekt auf
ein anderes eingeht, sondern um eine Auswahl von vorher geplanten Reakti-
onsmöglichkeiten, die mehr oder weniger auf den Input des Anwenders pas-
sen. Brater und Maurus sprechen in diesem Kontext von einer „Strukturellen
Simplifizierung der Wirklichkeit“ 285. Dies führt dazu, dass multimediale com-
puterbasierte Lernumgebungen nur sehr bedingt dem allgemeinen didakti-
schen Gestaltungsprinzip der Schaffung eines sozialen Kontextes entsprechen
können.
Unter diesem Gesichtspunkt erscheint es nicht verwunderlich, dass die Pro-
banden bei der Evaluation der Planspielsimulation HeiCon die Interaktionen
mit der Software als unpersönlich beschreiben.
Diese Beschränkungen im Interaktionsbereich haben ferner Auswirkungen
auf den Selbststeuerungsprozess der Lernenden. Dadurch, dass die Lern-
software nur innerhalb eines von den Autoren bestimmten Rahmens auf den
Anwender reagieren kann, ist die Vielfältigkeit an Lernwegen begrenzt. Die
Lernenden können folglich keine neuen Lösungsalternativen konstruieren,
sondern lediglich bereits vorgedachte Lösungszusammenhänge rekonstruie-
ren. Durch diese relative Geschlossenheit der Lernsoftware können vor allem
neue innovative Ideen, die Lernende zur Lösung einer Problemstellung ent-
wickeln, nicht berücksichtigt werden und gehen daher als Lösungspotenzial
verloren. Dies stellt eine allgemeine Grenze von multimedialen computerba-
sierten Lernumgebungen dar, die infolgedessen deren Nutzen als Selbstlern-
medium zumindest in diesem Punkt stark einschränkt.286
284 Vgl. Euler 2000, S. 10. 285 Brater/ Maurus 1997, S. 38. 286 Vgl. ebenda, S. 39.
ZWISCHEN POTENZIAL UND REALISIERUNG
108
Die Lernunabhängigkeit in Bezug auf die Zeit und den Ort bietet dagegen
einen enormen Vorteil im Hinblick auf das Selbststeuerungspotenzial. Dies
wird auch durch die Planspielevaluation gestützt. Dadurch eignen sich derar-
tige Lernform in besonderem Maße für den Einsatz in informellen Lernkon-
texten, was sie in besonderer Weise für Lernkonzepte im Kontext der berufli-
chen Bildung, wie z.B. dem Lernen am Arbeitsplatz, interessant macht. Vor
allem im Kontext der beruflichen Weiterbildung kommt diesem Potenzial eine
besonders starke Bedeutung zu, weil aufgrund der in der Regel nicht staat-
lich geregelten Bildungsmaßnahmen gerade hier der Anteil an informellen
Lernprozessen besonders hoch ist.
Die Softwareindustrie reagiert auf solche kritischen Bemerkungen, wie sie
hier beschrieben werden, immer mit dem Versprechen, dass die zukünftige
technologische Entwicklung auch diese Defizite überwinden wird. Die Frage,
ob eine Lernsoftware in naher Zukunft tatsächliche menschliche Kommunika-
tionen ersetzen kann, muss allerdings vorerst offen bleiben. Als Alternative
zu einem statischen Warten auf technologische Entwicklungen bietet sich die
Konstruktion einer didaktischen Theorie an, die es schafft, computerbasierte
multimediale Lernumgebungen so in ein Lernarrangement zu integrieren,
dass die vorher aufgezeigten Möglichkeiten genutzt und gleichzeitig die auf-
gezeigten Defizite konstruktiv kompensiert werden. Die Entwicklung einer
solchen konstruktivistisch-didaktischen Theorie würde den Rahmen dieser
Arbeit erheblich sprengen. Dennoch soll abschließend versucht werden, eine
Anregung für ein Lernarrangement zu geben.287
Ziel des nachfolgenden Modells ist es, eine Lernumgebung so zu gestalten,
dass sie zwar ein medienunterstütztes Lernszenario als Ausgangssituation für
Lernprozesse bietet, darüber hinaus aber gleichzeitig soziale Interaktionen
provoziert. Dabei übernimmt die multimediale computerbasierte Lernumge-
bung nur einzelne didaktische Funktionen. Diese Funktionen können z.B. in
der Präsentation eines Problemszenarios oder in der Simulation der Auswir-
kungen von unterschiedlichen Lösungsalternativen liegen. Ebenfalls vorstell-
bar ist die Simulation eines virtuellen Arbeitsplatzes. 287 Siehe Abbildung 15.
ZWISCHEN POTENZIAL UND REALISIERUNG
109
Abbildung 15: Vorschlag für einen Anwendungskontext einer
multimedialen computerbasierten Lernumgebung
Multimediale computer-basierte Lernumgebung
Lernberater
Experten
Praxis
Informations-datenbanken
Seminar-teilnehmer
Literatur
Lernende
(Eigene Darstellung)
Interaktionen, die über ein Wechselspiel zwischen Anwender und Lernsoft-
ware hinausgehen, können z.B. dadurch provoziert werden, dass das Aus-
gangsszenario nicht alle Informationen bereitstellt, die zur Lösung des aufge-
zeigten Problems notwendig sind. Die Lernenden werden dadurch aufgefor-
dert sich aus anderen Kontexten Informationen zu beschaffen. Zu diesem
Zweck sollte das Lernarrangement unterschiedliche Informationskontexte
bereitstellen. Exemplarisch für Kontexte mit interpersonalen Interaktionspo-
tenzialen seien hier die Ermöglichung von Gesprächen mit Fachexperten, mit
anderen Seminarteilnehmern oder mit einem Lernberater genannt. Darüber
hinaus kann die Lernumgebung so offen gestaltet sein, dass die Lernenden
sich selbstständig weitere Informationskontexte erschließen können. So
könnten u.a. auch die Erfahrungen von Arbeitskollegen aus der betrieblichen
Praxis eingeholt werden. Als Hilfsmittel sollten dabei moderne online-
multimediale Kommunikationstechniken zur Verfügung gestellt werden. Dar-
über hinaus können auch Informationsdatenbanken sowie Fachliteratur zur
ZWISCHEN POTENZIAL UND REALISIERUNG
110
Lösung des Problems herangezogen werden. Es ist wichtig, darauf hinzuwei-
sen, dass die aus einem solchen Lernarrangement entstehenden Interaktio-
nen aus der Perspektive der Lernenden immer proaktiv sind, dass heißt, sie
werden vom Lernenden selbst initiiert. Damit wird der Lernende zu einem
aktiv handelnden Akteuren der die Informationen, die zur Lösung seines
Problems notwendig sind, in seiner Umwelt sucht. Wissen wird folglich nicht
von einem Lehrenden, Dozenten oder Ausbilder steuernd vermittelt, sondern
von den Lernenden selbst generiert.
Eine weitere unkomplizierte Möglichkeit zur Schaffung sozialer Kontexte ist
die Bearbeitung der multimedialen computerbasierten Lernsoftware durch
Lernteams. Die Teams werden aufgefordert, z.B. bei einer Planspielsimulati-
on sowohl Veränderungen an den entsprechenden Parametern als auch die
Auswirkungen der Interventionen zu diskutieren.
Ein solches Lernarrangement bietet darüber hinaus weitere Potenziale im
Hinblick auf die übrigen, in Kapitel 3.1.3 erörterten, Gestaltungsprinzipien
von Lernumgebungen. Indem sich die oben genannten Informationskontexte
analog zu realen Arbeitszusammenhängen der Adressaten ausgestalten, wird
eine hohe Authentizität erzeugt. Ferner können z.B. die Problemstellungen
durch die multimediale computerbasierte Lernumgebung in realistische Situa-
tionen eingeflochten und dadurch situiert werden. Außerdem können die In-
formationskontexte so vielfältig angelegt werden, dass sie multiple Kontexte
eröffnen, indem sie den Lernenden ermöglichen, die Problemstellung aus
unterschiedlichen Perspektiven zu betrachten.
Diese zuvor angeführten Vorschläge sollen lediglich anregenden Charakter
haben und sind entsprechend den speziellen Anwendungskontexten zu konk-
retisieren. Es sollte aufgezeigt werden, dass es unterschiedliche Möglichkei-
ten gibt, multimediale computerbasierte Lernumgebungen bei der Gestaltung
von Lernprozessen zu berücksichtigen. Die aus konstruktivistischer Perspekti-
ve veränderte Rolle der Lehrenden führt folglich nicht zu deren Arbeitslosig-
keit, vielmehr stellt die Modellierung von Lernumgebungen eine neue He-
rausforderung dar, die den Gestaltern von Lernprozessen eine hohe Kreativi-
tät abverlangt.
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ANLAGEN
121
ANLAGEN
I. DER FRAGEBOGEN 124
II. STATISTISCHE ROHDATEN 133
II.I Häufigkeitstabellen 133
Tabelle 1: Fragebogennummer 133
Tabelle 2: Standort der Qualifizierung (A1) 133
Tabelle 3: Geschlechterverteilung (A2) 133
Tabelle 4: Alter (A3) 134
Tabelle 5: Erfahrungen mit computerbasiertem Lernen (A4) 134
Tabelle 6: Lernergebnis nach eigenen Worten (B1 offene Frage) 134
Tabelle 7: Ich habe unterschiedliche Unternehmensbereiche besser
kennen gelernt (B2A) 134
Tabelle 8: Es fällt mir jetzt leichter, Zusammenhänge zwischen
verschiedenen Unternehmensbereichen zu erkennen (B2B)
134
Tabelle 9: Mir ist jetzt bewusster, dass Veränderungen in einzelnen
Unternehmensbereichen Auswirkungen auf andere Bereiche
haben (B2C) 135
Tabelle 10: Ich habe gelernt, wie spezifische Unternehmensbereiche
miteinander vernetzt sind (B2D) 135
Tabelle 11: Ich werde in Zukunft bei Entscheidungen, die ich im Rahmen
eines vernetzten Systems treffen muss, überlegter handeln
(B2E) 135
Tabelle 12: Ich habe einen Überblick über die grundsätzlichen Abläufe
eines Controllingprozesses bekommen (B2F) 135
Tabelle 13: Ich bin jetzt in der Lage, stärker in komplexen
Zusammenhängen zu denken (B2G) 135
ANLAGEN
122
Tabelle 14: Das Planspiel hat bei mir zu keinem mir bewussten Lernerfolg
geführt (B2H) 136
Tabelle 15: Die vermittelten Inhalte haben für mich eine hohe
Praxisrelevanz (B2I) 136
Tabelle 16: Das Spiel hat meine Kreativität gesteigert (B2J) 136
Tabelle 17: Das Programm hat mein Wissen über Controlling erweitert
(B2K) 136
Tabelle 18: Das dargestellte Netzwerk hat mir nicht geholfen, Probleme
des Controlling besser zu verstehen (B2L) 136
Tabelle 19: Einschätzung des Lernniveaus (B3) 136
Tabelle 20: Bedeutung der vermittelten Inhalte für die Praxis (B4) 137
Tabelle 21: Unbeantwortete Fragen zum Thema Controlling (B5) 137
Tabelle 22: Interesse an computerbasiertem Lernen (C1) 137
Tabelle 23: Spaß in der Auseinandersetzung mit dem Planspiel (C2) 137
Tabelle 24: Vergleich Motivation im Planspiel - klassische Seminare (C3)
137
Tabelle 25: Vorteile von computerbasierten Lernumgebungen (C4) 138
Tabelle 26: Nachteile von computerbasierten Lernumgebungen (C5) 138
Tabelle 27: Möglichkeit der selbstständigen Bestimmung des Lerntempos
(C6A) 138
Tabelle 28: Einsatz des Planspiels zu Hause (C7) 138
Tabelle 29: Einsatz des Planspiels in Zukunft zu Hause oder am
Arbeitsplatz (C8) 139
Tabelle 30: Häufigkeit des Einsatzes von computerbasierten
Lernumgebungen (C9) 139
Tabelle 31: Einsatzform von computerbasierten Lernumgebungen (C10)
139
Tabelle 32: Beurteilung in Bezug auf ansprechend/langweilig (C11A) 139
Tabelle 33: Beurteilung in Bezug auf flexibel/starr (C11B) 140
Tabelle 34: Beurteilung in Bezug auf strukturiert/unstrukturiert (C11C)
140
Tabelle 35: Beurteilung in Bezug auf verworren/übersichtlich (C11D) 140
ANLAGEN
123
Tabelle 36: Beurteilung in Bezug auf monoton/ abwechslungsreich
(C11E) 140
Tabelle 37: Beurteilung in Bezug auf ermüdend/anregend (C11F) 141
Tabelle 38: Beurteilung in Bezug auf geringer Lernerfolg/hoher
Lernerfolg (C11G) 141
Tabelle 39: Beurteilung in Bezug auf motivierend/ demotivierend (C11H)
141
Tabelle 40: Beurteilung in Bezug auf aktivierend/einschläfernd (C11I) 141
Tabelle 41: Beurteilung in Bezug auf vielfältig/eintönig (C11J) 142
Tabelle 42: Probleme im Umgang mit der Software (D1) 142
Tabelle 43: Wurde eine Spielstrategie entwickelt? (D2A) 142
Tabelle 44: Zeitpunkt des Bewusstwerden der Spielstrategie (D2B) 142
Tabelle 45: Das Planspiel vor dem Hintergrund der bereits absolvierten
Module (D3) 142
Tabelle 46: Abbildung komplexer Abläufe (D4) 143
Tabelle 47: Optische Aufbereitung des Planspiels (D5) 143
Tabelle 48: Eignung der Methode im Bezug zu den Lerninhalten (D6) 143
Tabelle 49: Notwendigkeit von inhaltlichen Vorkenntnissen (D7) 143
II.II Kreuztabellen 144
Tabelle 50: Erfahrungen mit computerbasierten Lernumgebungen/
Geschlecht 144
Tabelle 51: Interesse an computerbasiertem Lernen / Erfahrungen mit
computerbasiertem Lernen 144
Tabelle 52: Spaß mit dem Planspiel / Erfahrungen mit
computerbasiertem Lernen 145
Tabelle 53: Motivation im Vergleich zu traditionellen Seminaren /
Erfahrungen mit computerbasiertem Lernen 146
Tabelle 54: Möglichkeit der selbständigen Bestimmung des Lerntempos /
Bewertung 146
II.III Mittelwerttabellen 147
Tabelle 55: Mittelwerte zu Frage C11 147
ANLAGEN
124
I. Der Fragebogen
Fragebogen zur Evaluation des computersimulier-
ten Planspiels HeiCon im Rahmen des Modellver-
suchs CONWIZ
Universität Bielefeld
Prof. Dr. Wolfgang Wittwer
Stefan Hummelsheim
Markus Walber
ANLAGEN
125
A) Sozialdaten
1) An welchem Standort findet die Qualifizierung statt?
� Stuttgart
� Nagold
2) Bitte geben Sie Ihr Geschlecht an.
� männlich
� weiblich
3) Bitte geben Sie Ihr Alter an.
� unter 20 Jahren
� 20 – 24 Jahre
� 25 – 29 Jahre
� 30 – 34 Jahre
� 35 – 40 Jahre
� über 40 Jahren
4) Haben Sie früher bereits Erfahrungen mit multimedialem computerbasier-
tem Lernen gemacht?
� �
Ja Nein
wenn Ja, in welcher Form?
_____________________________________________________
_____________________________________________________
_____________________________________________________
ANLAGEN
126
B) Lernziele und Lerninhalte
1) Beschreiben Sie mit einigen Worten, was Sie bei der Durchführung des
Planspiels gelernt haben.
________________________________________________________
________________________________________________________
________________________________________________________
2) Welche der folgenden Aussagen trifft für Sie nach der Bearbeitung des
Planspiels „HeiCon“ zu?
� Ich habe unterschiedliche Unternehmensbereiche besser kennen gelernt.
� Es fällt mir jetzt leichter, Zusammenhänge zwischen verschiedenen Unter-
nehmensbereichen zu erkennen.
� Mir ist jetzt bewusster, dass Veränderungen in einzelnen Unternehmensbe-
reichen Auswirkungen auf andere Bereiche haben.
� Ich habe gelernt, wie spezifische Unternehmensbereiche miteinander ver-
netzt sind.
� Ich werde in Zukunft bei Entscheidungen, die ich im Rahmen eines vernetz-
ten Systems treffen muss, überlegter handeln.
� Ich habe einen Überblick über die grundsätzlichen Abläufe eines Controlling-
prozesses bekommen.
� Ich bin jetzt in der Lage, stärker in komplexen Zusammenhängen zu denken.
� Das Planspiel hat bei mir zu keinem mir bewussten Lernerfolg geführt.
� Die vermittelten Inhalte haben für mich eine hohe Praxisrelevanz.
� Das Spiel hat meine Kreativität gesteigert.
� Das Programm hat mein Wissen über Controlling erweitert.
� Das dargestellte Netzwerk hat mir nicht geholfen, Probleme des Controlling
besser zu verstehen.
ANLAGEN
127
3) Bitte schätzen Sie das Niveau der Lerninhalte ein?
� � � � �
zu hoch hoch angemessen sehr niedrig zu niedrig
4) Welche Bedeutung haben die in diesem Modul vermittelten Inhalte für
Ihre berufliche Praxis?
� � � � �
sehr hoch hoch kaum gering sehr gering
5) Haben Sie noch Fragen zum Thema Controlling, die Ihnen das Planspiel
nicht beantworten konnte?
� �
Ja Nein
wenn Ja, welche fallen Ihnen ein?
________________________________________________________
________________________________________________________
________________________________________________________
C) Methode
1) Wie groß ist Ihr grundsätzliches Interesse an multimedialen computerba-
sierten Lernumgebungen einzuschätzen?
� � � � �
sehr groß groß neutral gering sehr gering
2) Die Auseinandersetzung mit dem Planspiel hat mir Spaß gemacht.
� � � � �
trifft stark zu trifft zu teils/teils trifft kaum zu trifft gar nicht
zu
ANLAGEN
128
3) Wie würden Sie Ihre Motivation während der Bearbeitung des Planspiels
im Gegensatz zu den klassischen Seminarsituationen im Modellversuch
CONWIZ beschreiben?
� � � � �
Ich war viel stärker moti-
viert
Ich war stär-ker motiviert
Ich war gleich stark motiviert
Ich war schwächer
motiviert
Ich war viel schwächer
motiviert
4) Haben multimediale computerbasierte Lernumgebungen Vorteile gegenü-
ber klassischen Seminaren?
� �
Ja Nein
wenn Ja, welche fallen Ihnen ein?
________________________________________________________
________________________________________________________
________________________________________________________
5) Sehen Sie Nachteile multimedialer computerbasierter Lernumgebungen
gegenüber klassischen Seminaren?
� �
Ja Nein
wenn Ja, welche sind besonders wichtig?
________________________________________________________
________________________________________________________
________________________________________________________
6) Konnten Sie während der Bearbeitung des Planspiels ihr Lerntempo
selbständig bestimmen?
� �
Ja Nein
`wenn Ja, wie beurteilen Sie das?
ANLAGEN
129
� Habe ich als sehr angenehm empfunden
� Eine stärkere zeitliche Kontrolle durch einen Dozenten wäre für mich besser
gewesen
7) Haben Sie das Planspiel über den Einsatz im Seminar hinaus auch zu
Hause bearbeitet?
� �
Ja Nein
wenn Ja, in welchem Umfang?
� Ich habe mich mal kurz mit der Simulation beschäftigt.
� Ich habe die Simulation einmal ausführlich durchgespielt.
� Ich habe mehrere Simulationen ausführlich durchgespielt.
wenn Nein, warum nicht? __________________________________
8) Können Sie sich vorstellen, auch in Zukunft multimediale computerbasier-
te Lernumgebungen zu Hause oder am Arbeitsplatz einzusetzen?
� �
Ja Nein
9) Wie häufig sollten Ihrer Meinung nach multimediale computerbasierte
Lernumgebungen in der Qualifizierungsmaßnahme eingesetzt werden?
� Solche Lernumgebungen sollten stärker berücksichtigt werden.
� Ein einmaliger Einsatz solcher Lernumgebungen ist ausreichend.
� Diese Lernumgebungen sollten überhaupt nicht in der Qualifizierungsmaß-
nahme eingesetzt werden.
ANLAGEN
130
10) In welcher Form sollten multimediale computerbasierte Lernumgebungen
in der Qualifizierung eingesetzt (zugelassen) werden?
� anstelle von klassischen Seminaren
� als Ergänzung zu klassischen Seminaren
� gar nicht
� nur wenn ___________________________
11) Bitte beurteilen Sie anhand der nachstehenden Skala das Lernen mit dem
Planspiel
sehr etwas neutral etwas sehr
ansprechend � � � � � langweilig
flexibel � � � � � starr
strukturiert � � � � � unstrukturiert
verworren � � � � � übersichtlich
langatmig � � � � � abwechslungsreich
ermüdend � � � � � anregend
geringer Lernerfolg � � � � � hoher Lernerfolg
motivierend � � � � � demotivierend
aktivierend � � � � � einschläfernd
abwechslungsreich � � � � � eintönig
ANLAGEN
131
D) Software
1) Hatten Sie Probleme im Umgang mit der Software?
� �
Ja Nein
wenn Ja, welche?
________________________________________________________
________________________________________________________
________________________________________________________
2) Haben Sie eine bestimmte Spielstrategie entwickelt, die mit hoher Wahr-
scheinlichkeit zu einer hohen Punktzahl führt?
� �
Ja Nein
wenn Ja,
a) Beschreiben Sie die Spielstrategie.
________________________________________________________
________________________________________________________
________________________________________________________
b) In welcher Spielphase ist Ihnen die Strategie bewusst gewor-
den?
� schon nach wenigen Spielzügen
� zum Ende des ersten Spiels
� erst nach mehrfachen Spieldurchläufen
ANLAGEN
132
3) Hat das Planspiel vor dem Hintergrund der bereits absolvierten Module
� zu neuen Erkenntnissen geführt?
� das vorhandene Wissen vertieft?
� nur Bekanntes wiederholt?
� keinen Informationsgehalt geliefert?
� sonstiges _________________________________
4) Wie exakt bildet das Planspiel komplexe betriebliche Abläufe und
Strukturen ab?
� � � � �
Die Komplexität wird sehr
stark reduziert
Die Komplexität wird stark re-
duziert
teils/teils Die Komplexität bleibt stark
erhalten
Die Komplexität bleibt sehr
stark erhalten
5) Wie ansprechend finden Sie die optische Aufbereitung des Planspiels?
� � � � �
sehr anspre-
chend
ansprechend akzeptabel wenig anspre-
chend
gar nicht ans-
prechend
6) Für wie geeignet halten Sie diese Methode für die Vermittlung der
dargebotenen Lerninhalte?
� � � � �
sehr geeignet geeignet teils/teils kaum geeignet gar nicht geeig-
net
7) Hätten Sie das Planspiel ohne inhaltliche Vorkenntnisse absolvieren
können?
� �
Ja Nein
Bitte geben Sie mir den Fragebogen gefaltet zu- rück!
ANLAGEN
133
II. Statistische Rohdaten
II.I Häufigkeitstabellen
Tabelle 1: Fragebogennummer
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente 1 1 5,0 5,0 5,0 2 1 5,0 5,0 10,0 3 1 5,0 5,0 15,0 4 1 5,0 5,0 20,0 5 1 5,0 5,0 25,0 6 1 5,0 5,0 30,0 7 1 5,0 5,0 35,0 8 1 5,0 5,0 40,0 9 1 5,0 5,0 45,0 10 1 5,0 5,0 50,0 11 1 5,0 5,0 55,0 12 1 5,0 5,0 60,0 13 1 5,0 5,0 65,0 14 1 5,0 5,0 70,0 15 1 5,0 5,0 75,0 16 1 5,0 5,0 80,0 17 1 5,0 5,0 85,0 18 1 5,0 5,0 90,0 19 1 5,0 5,0 95,0 20 1 5,0 5,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 2: Standort der Qualifizierung (A1)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Stuttgart 10 50,0 50,0 50,0 Nagold 10 50,0 50,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 3: Geschlechterverteilung (A2)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente männlich 10 50,0 50,0 50,0 weiblich 10 50,0 50,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
ANLAGEN
134
Tabelle 4: Alter (A3)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente unter 20 Jahren 4 20,0 20,0 20,0 20-24 Jahre 11 55,0 55,0 75,0 25-29 Jahre 1 5,0 5,0 80,0 30-34 Jahre 2 10,0 10,0 90,0 35-39 Jahre 2 10,0 10,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 5: Erfahrungen mit computerbasiertem Lernen (A4)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 14 70,0 70,0 70,0 Ja 6 30,0 30,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 6: Lernergebnis nach eigenen Worten (B1 offene Frage)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Gültig Nennung 20 100,0 100,0 100,0
Tabelle 7: Ich habe unterschiedliche Unternehmensbereiche bes-
ser kennen gelernt (B2A)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 14 70,0 70,0 70,0 Ja 6 30,0 30,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 8: Es fällt mir jetzt leichter, Zusammenhänge zwischen
verschiedenen Unternehmensbereichen zu erkennen
(B2B)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 5 25,0 25,0 25,0 Ja 15 75,0 75,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
ANLAGEN
135
Tabelle 9: Mir ist jetzt bewusster, dass Veränderungen in einzel-
nen Unternehmensbereichen Auswirkungen auf andere
Bereiche haben (B2C)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 6 30,0 30,0 30,0 Ja 14 70,0 70,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 10: Ich habe gelernt, wie spezifische Unternehmensberei-
che miteinander vernetzt sind (B2D)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 10 50,0 50,0 50,0 Ja 10 50,0 50,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 11: Ich werde in Zukunft bei Entscheidungen, die ich im
Rahmen eines vernetzten Systems treffen muss, über-
legter handeln (B2E)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 10 50,0 50,0 50,0 Ja 10 50,0 50,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 12: Ich habe einen Überblick über die grundsätzlichen Ab-
läufe eines Controllingprozesses bekommen (B2F)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 11 55,0 55,0 55,0 Ja 9 45,0 45,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 13: Ich bin jetzt in der Lage, stärker in komplexen Zusam-
menhängen zu denken (B2G)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 13 65,0 65,0 65,0 Ja 7 35,0 35,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
ANLAGEN
136
Tabelle 14: Das Planspiel hat bei mir zu keinem mir bewussten
Lernerfolg geführt (B2H)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Gültig Nein 20 100,0 100,0 100,0
Tabelle 15: Die vermittelten Inhalte haben für mich eine hohe Pra-
xisrelevanz (B2I)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Gültig Nein 20 100,0 100,0 100,0
Tabelle 16: Das Spiel hat meine Kreativität gesteigert (B2J)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 17 85,0 85,0 85,0 Ja 3 15,0 15,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 17: Das Programm hat mein Wissen über Controlling erwei-
tert (B2K)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 15 75,0 75,0 75,0 Ja 5 25,0 25,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 18: Das dargestellte Netzwerk hat mir nicht geholfen, Prob-
leme des Controlling besser zu verstehen (B2L)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 18 90,0 90,0 90,0 Ja 2 10,0 10,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 19: Einschätzung des Lernniveaus (B3)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente hoch 6 30,0 30,0 30,0 angemessen 13 65,0 65,0 95,0 niedrig 1 5,0 5,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
ANLAGEN
137
Tabelle 20: Bedeutung der vermittelten Inhalte für die Praxis (B4)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente hoch 5 25,0 26,3 26,3 kaum 9 45,0 47,4 73,7 gering 3 15,0 15,8 89,5 sehr gering 2 10,0 10,5 100,0
Gültig Gesamt 19 95,0 100,0 Fehlend System 1 5,0 Gesamt 20 100,0
Tabelle 21: Unbeantwortete Fragen zum Thema Controlling (B5)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 15 75,0 75,0 75,0 Ja 5 25,0 25,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 22: Interesse an computerbasiertem Lernen (C1)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente sehr groß 3 15,0 15,0 15,0 groß 12 60,0 60,0 75,0 neutral 5 25,0 25,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 23: Spaß in der Auseinandersetzung mit dem Planspiel (C2)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente trifft stark zu 5 25,0 25,0 25,0 trifft zu 13 65,0 65,0 90,0 teils/teils 2 10,0 10,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 24: Vergleich Motivation im Planspiel - klassische Seminare
(C3)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Ich war viel stärker moti-
viert 2 10,0 10,0 10,0
Ich war stärker motiviert 13 65,0 65,0 75,0 Ich war gleich stark moti-
viert 5 25,0 25,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
ANLAGEN
138
Tabelle 25: Vorteile von computerbasierten Lernumgebungen (C4)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 2 10,0 10,0 10,0 Ja 18 90,0 90,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 26: Nachteile von computerbasierten Lernumgebungen
(C5)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 7 35,0 35,0 35,0 Ja 13 65,0 65,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 27: Möglichkeit der selbstständigen Bestimmung des Lern-
tempos (C6A)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 1 5,0 5,3 5,3 Ja 18 90,0 94,7 100,0
Gültig Gesamt 19 95,0 100,0 Fehlend System 1 5,0 Gesamt 20 100,0
Tabelle 28: Einsatz des Planspiels zu Hause (C7)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein, weil... 6 30,0 30,0 30,0 Ich habe mich mal kurz
mit der Simulation be-schäftigt
3 15,0 15,0 45,0
Ich habe die Simulation einmal ausführlich durch-
gespielt
5 25,0 25,0 70,0
Ich habe mehrere Simula-tionen ausführlich durch-
gespielt
6 30,0 30,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
ANLAGEN
139
Tabelle 29: Einsatz des Planspiels in Zukunft zu Hause oder am Ar-
beitsplatz (C8)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 2 10,0 10,0 10,0 Ja 18 90,0 90,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 30: Häufigkeit des Einsatzes von computerbasierten Lern-
umgebungen (C9)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Solche Lernumgebungen
sollten stärker berücksich-tigt werden
17 85,0 85,0 85,0
Ein einmaliger Einsatz solcher Lernumgebungen
ist ausreichend
3 15,0 15,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 31: Einsatzform von computerbasierten Lernumgebungen
(C10)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente anstelle von klassischen
Seminaren 1 5,0 5,0 5,0
als Ergänzung zu klassi-schen Seminaren
19 95,0 95,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 32: Beurteilung in Bezug auf ansprechend/langweilig
(C11A)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente sehr anspsrechgend 8 40,0 42,1 42,1 etwas anspsrechgend 10 50,0 52,6 94,7 neutral 1 5,0 5,3 100,0
Gültig Gesamt 19 95,0 100,0 Fehlend System 1 5,0 Gesamt 20 100,0
ANLAGEN
140
Tabelle 33: Beurteilung in Bezug auf flexibel/starr (C11B)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente sehr flexibel 6 30,0 33,3 33,3 etwas flexibel 9 45,0 50,0 83,3 neutral 1 5,0 5,6 88,9 etwas starr 1 5,0 5,6 94,4 sehr starr 1 5,0 5,6 100,0
Gültig Gesamt 18 90,0 100,0 Fehlend System 2 10,0 Gesamt 20 100,0
Tabelle 34: Beurteilung in Bezug auf strukturiert/unstrukturiert
(C11C)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente sehr strukturiert 5 25,0 26,3 26,3 etwas strukturiert 8 40,0 42,1 68,4 neutral 6 30,0 31,6 100,0
Gültig Gesamt 19 95,0 100,0 Fehlend System 1 5,0 Gesamt 20 100,0
Tabelle 35: Beurteilung in Bezug auf verworren/übersichtlich
(C11D)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente etwas verworren 2 10,0 11,1 11,1 neutral 8 40,0 44,4 55,6 etwas übersichtlich 5 25,0 27,8 83,3 sehr übersichtlich 3 15,0 16,7 100,0
Gültig Gesamt 18 90,0 100,0 Fehlend System 2 10,0 Gesamt 20 100,0
Tabelle 36: Beurteilung in Bezug auf monoton/ abwechslungsreich
(C11E)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente etwas monoton 1 5,0 5,3 5,3 neutral 5 25,0 26,3 31,6 etwas abwechslungs-
reich 7 35,0 36,8 68,4
sehr abwechslungsreich 6 30,0 31,6 100,0 Gültig Gesamt 19 95,0 100,0
Fehlend System 1 5,0 Gesamt 20 100,0
ANLAGEN
141
Tabelle 37: Beurteilung in Bezug auf ermüdend/anregend (C11F)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente etwas ermüdend 2 10,0 10,5 10,5 neutral 5 25,0 26,3 36,8 etwas anregend 8 40,0 42,1 78,9 sehr anregend 4 20,0 21,1 100,0
Gültig Gesamt 19 95,0 100,0 Fehlend System 1 5,0 Gesamt 20 100,0
Tabelle 38: Beurteilung in Bezug auf geringer Lernerfolg/hoher
Lernerfolg (C11G)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente etwas geringer Lerner-
folg 2 10,0 10,5 10,5
neutral 5 25,0 26,3 36,8 etwas hoher Lernerfolg 10 50,0 52,6 89,5 sehr hoher Lernerfolg 2 10,0 10,5 100,0
Gültig Gesamt 19 95,0 100,0 Fehlend System 1 5,0 Gesamt 20 100,0
Tabelle 39: Beurteilung in Bezug auf motivierend/ demotivierend
(C11H)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente sehr motivierend 7 35,0 38,9 38,9 etwas motivierend 9 45,0 50,0 88,9 neutral 1 5,0 5,6 94,4 etwas demotivierend 1 5,0 5,6 100,0
Gültig Gesamt 18 90,0 100,0 Fehlend System 2 10,0 Gesamt 20 100,0
Tabelle 40: Beurteilung in Bezug auf aktivierend/einschläfernd
(C11I)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente sehr aktivierend 10 50,0 50,0 50,0 etwas aktivierend 9 45,0 45,0 95,0 neutral 1 5,0 5,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
ANLAGEN
142
Tabelle 41: Beurteilung in Bezug auf vielfältig/eintönig (C11J)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente sehr vielfältig 6 30,0 31,6 31,6 etwas vielfältig 9 45,0 47,4 78,9 neutral 4 20,0 21,1 100,0
Gültig Gesamt 19 95,0 100,0 Fehlend System 1 5,0 Gesamt 20 100,0
Tabelle 42: Probleme im Umgang mit der Software (D1)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 16 80,0 80,0 80,0 Ja 4 20,0 20,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 43: Wurde eine Spielstrategie entwickelt? (D2A)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 5 25,0 25,0 25,0 Ja 15 75,0 75,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 44: Zeitpunkt des Bewusstwerden der Spielstrategie (D2B)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente schon nach wenigen
Spielzügen 2 10,0 14,3 14,3
zum Ende des ersten Spiels
3 15,0 21,4 35,7
erst nach mehrfachen Spieldurchläufen
9 45,0 64,3 100,0
Gültig Gesamt 14 70,0 100,0 Fehlend System 6 30,0 Gesamt 20 100,0
Tabelle 45: Das Planspiel vor dem Hintergrund der bereits absol-
vierten Module (D3)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente zu neuen Erkenntnissen
geführt 7 35,0 35,0 35,0
das vorhandene Wissen vertieft
11 55,0 55,0 90,0
nur Bekanntes wiederholt 2 10,0 10,0 100,0 Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
ANLAGEN
143
Tabelle 46: Abbildung komplexer Abläufe (D4)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Die Komplexität wird sehr
stark reduziert 1 5,0 5,0 5,0
Die Komplexität wird stark reduziert
2 10,0 10,0 15,0
teils/teils 11 55,0 55,0 70,0 Die Komplexität bleibt
stark erhalten 6 30,0 30,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 47: Optische Aufbereitung des Planspiels (D5)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente sehr anspsrechgend 5 25,0 25,0 25,0 anspsrechgend 8 40,0 40,0 65,0 akzeptabel 4 20,0 20,0 85,0 wenig ansprechend 3 15,0 15,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 48: Eignung der Methode im Bezug zu den Lerninhalten
(D6)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente geeignet 15 75,0 75,0 75,0 teils/teils 5 25,0 25,0 100,0
Gültig Gesamt 20 100,0 100,0
Tabelle 49: Notwendigkeit von inhaltlichen Vorkenntnissen (D7)
Label Häufigkeit Prozent Gültige Prozente Kumulierte Prozente Nein 6 30,0 33,3 33,3 Ja 12 60,0 66,7 100,0
Gültig Gesamt 18 90,0 100,0 Fehlend System 2 10,0 Gesamt 20 100,0
ANLAGEN
144
II.II Kreuztabellen
Tabelle 50: Erfahrungen mit computerbasierten Lernumgebungen/
Geschlecht
A2 Geschlecht Gesamt männlich weiblich
A4 Erfahrungen mit computerbasiertem Ler-
nen
Nein Anzahl 5 9 14
% von A4 Erfahrungen mit computerbasiertem
Lernen
35,7% 64,3% 100,0%
% von A2 Geschlecht 50,0% 90,0% 70,0% Ja Anzahl 5 1 6 % von A4 Erfahrungen
mit computerbasiertem Lernen
83,3% 16,7% 100,0%
% von A2 Geschlecht 50,0% 10,0% 30,0% Gesamt Anzahl 10 10 20
% von A4 Erfahrungen mit computerbasiertem
Lernen
50,0% 50,0% 100,0%
% von A2 Geschlecht 100,0% 100,0% 100,0%
Tabelle 51: Interesse an computerbasiertem Lernen / Erfahrungen
mit computerbasiertem Lernen
Erfahrungen mit computerbasier-
tem Lernen
Gesamt
Nein Ja Interesse an
computerbasier-tem Lernen
neutral Anzahl 5 5
% von Interesse an computerba-siertem Lernen
100,0% 100,0%
% von Erfahrun-gen mit compu-
terbasiertem Ler-nen
35,7% 25,0%
% der Gesamtzahl 25,0% 25,0% großes/ sehr gro-
ßes Interesse Anzahl 9 6 15
% von Interesse an computerba-siertem Lernen
60,0% 40,0% 100,0%
% von Erfahrun-gen mit compu-
terbasiertem Ler-
64,3% 100,0% 75,0%
ANLAGEN
145
nen % der Gesamtzahl 45,0% 30,0% 75,0%
Gesamt Anzahl 14 6 20 % von Interesse
an computerba-siertem Lernen
70,0% 30,0% 100,0%
% von Erfahrun-gen mit compu-
terbasiertem Ler-nen
100,0% 100,0% 100,0%
% der Gesamtzahl 70,0% 30,0% 100,0%
Tabelle 52: Spaß mit dem Planspiel / Erfahrungen mit computerba-
siertem Lernen
Erfahrungen mit computerbasier-
tem Lernen
Gesamt
Nein Ja Spaß mit dem
Planspiel teils/teils Anzahl 1 1 2
% von Spaß mit dem Planspiel
50,0% 50,0% 100,0%
% von Erfahrun-gen mit compu-
terbasiertem Ler-nen
7,1% 16,7% 10,0%
% der Gesamtzahl 5,0% 5,0% 10,0% trifft zu/trifft stark
zu Anzahl 13 5 18
% von Spaß mit dem Planspiel
72,2% 27,8% 100,0%
% von Erfahrun-gen mit compu-
terbasiertem Ler-nen
92,9% 83,3% 90,0%
% der Gesamtzahl 65,0% 25,0% 90,0% Gesamt Anzahl 14 6 20
% von Spaß mit dem Planspiel
70,0% 30,0% 100,0%
% von Erfahrun-gen mit compu-
terbasiertem Ler-nen
100,0% 100,0% 100,0%
% der Gesamtzahl 70,0% 30,0% 100,0%
ANLAGEN
146
Tabelle 53: Motivation im Vergleich zu traditionellen Seminaren /
Erfahrungen mit computerbasiertem Lernen
Erfahrungen mit computerbasier-
tem Lernen
Gesamt
Nein Ja Motivation im
Vergleich zu trad. Seminaren
gleich stark Anzahl 4 1 5
% von Motivation im Vergleich zu trad. Seminaren
80,0% 20,0% 100,0%
% von Erfahrun-gen mit compu-
terbasiertem Ler-nen
28,6% 16,7% 25,0%
% der Gesamtzahl 20,0% 5,0% 25,0% stärker/ viel stär-
ker Anzahl 10 5 15
% von Motivation im Vergleich zu trad. Seminaren
66,7% 33,3% 100,0%
% von Erfahrun-gen mit compu-
terbasiertem Ler-nen
71,4% 83,3% 75,0%
% der Gesamtzahl 50,0% 25,0% 75,0% Gesamt Anzahl 14 6 20
% von Motivation im Vergleich zu trad. Seminaren
70,0% 30,0% 100,0%
% von Erfahrun-gen mit compu-
terbasiertem Ler-nen
100,0% 100,0% 100,0%
% der Gesamtzahl 70,0% 30,0% 100,0%
Tabelle 54: Möglichkeit der selbständigen Bestimmung des Lern-
tempos / Bewertung
Bewertung der Selbständigen Be-
stimmung des Lerntempos
Gesamt
Ich habe das als sehr angenehm
empfunden.
Eine stärkere zeitli-che Kontrolle durch
einen Dozenten wäre
Möglichkeit der selbständigen Be-
stimmung des Lerntempos
Ja Anzahl 16 2 18
ANLAGEN
147
% von Möglichkeit der selbständigen Bestimmung des
Lerntempos
88,9% 11,1% 100,0%
% von Bewertung der Selbständigen
Bestimmung des Lerntempos
100,0% 100,0% 100,0%
% der Gesamtzahl 88,9% 11,1% 100,0%Gesamt Anzahl 16 2 18
% von Möglichkeit der selbständigen Bestimmung des
Lerntempos
88,9% 11,1% 100,0%
% von Bewertung der Selbstständi-gen Bestimmung des Lerntempos
100,0% 100,0% 100,0%
% der Gesamtzahl 88,9% 11,1% 100,0%
II.III Mittelwerttabellen
Tabelle 55: Mittelwerte zu Frage C11
C11A C11B C11C C11D C11EN Gültig 19 18 19 18 19
Fehlend 1 2 1 2 1Mittelwert 1,3684 1,0000 ,9474 -,5000 -,9474
Standardabweichung ,5973 1,0847 ,7799 ,9235 ,9113Varianz ,3567 1,1765 ,6082 ,8529 ,8304
Minimum ,00 -2,00 ,00 -2,00 -2,00Maximum 2,00 2,00 2,00 1,00 1,00
C11F C11G C11H C11I C11JN Gültig 19 19 18 20 19
Fehlend 1 1 2 0 1Mittelwert -,7368 -,6316 1,2222 1,4500 1,1053
Standardabweichung ,9335 ,8307 ,8085 ,6048 ,7375Varianz ,8713 ,6901 ,6536 ,3658 ,5439
Minimum -2,00 -2,00 -1,00 ,00 ,00Maximum 1,00 1,00 2,00 2,00 2,00
EHRENWÖRTLICHE ERKLÄRUNG
148
Hiermit erkläre ich, dass ich die vorliegende Arbeit selbstständig verfasst und
keine anderen als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel verwendet sowie
Zitate kenntlich gemacht habe.
Bielefeld, 1. Juni 2000 ________________________
(Markus Walber)