Wahrheit und Verantwortung nach der Postmoderne
Dr. Irmtraud Huber
University of Cambridge
Walter Benjamin Kolleg, Universität Bern
Das Beisammensein von Leichtgläubigkeit und Zynismus war charakteristisch
für die Mobmentalität, bevor es eine alltägliche Erscheinung moderner
Massen wurde. In beiden Fällen entstand diese Mischung dort, wo Menschen
in einer ständig wechselnden und immer unverständlicher werdenden Welt
sich darauf eingerichtet hatten, jederzeit jegliches und gar nichts zu glauben,
überzeugt, daß schlechterdings alles möglich sei und nichts wahr. Das
Beisammensein von Leichtgläubigkeit und Zynismus war an sich merkwürdig
genug, denn es bedeutete das Ende jener Illusion, derzufolge Leichtgläubigkeit
das Zeichen primitiver “ungebildeter” Menschen, während Zynismus das
Laster souveräner und raffinierter Geister ist. Diesem Vorurteil macht die
Massenpropaganda insofern ein Ende, als sie mit außerordentlichem Erfolg ein
Publikum voraussetzt, das jederzeit bereit ist, leichtgläubig alles
hinzunehmen, und sei es noch so unwahrscheinlich, und es doch nicht im
mindesten verübelt, wenn der Betrug sich herausstellt, weil es offenbar jede
Aussage ohnehin für eine Lüge hält.
Totalitäre Führer haben ihre gesamte Propaganda auf die psychologisch
richtige Annahme gegründet, daß dieselben Menschen heute dazu
gebracht werden können, die unglaublichsten Märchen zu akzeptieren, und
morgen, wenn sie sich von der Unrichtigkeit der Märchen überzeugt haben
sollten, dazu gebracht werden können, zynisch zu behaupten, sie hätten die
Lügen von vornherein durchschaut und seien stolz darauf, Führer zu haben,
die so souverän andere Leute an der Nase herumzuführen verstünden.
(Hannah Arendt. Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft, 7. Auflage,
München, Zürich: Piper, 2000. 802)
Linda Hutcheon. “Epilogue.” The Politics of Postmodernism.
2002.
The postmodern moment has passed, even if its discursive
strategies and its ideological critique continue to live on – as do
those of modernism – in our contemporary twenty-first
century world.
(181)
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Rekonstruktion
- Intersubjektiver Konsens
- Narrative Kommunikation
- Pragmatische Fiktionalität
- Ethik/Verantwortung