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Universitätslehrgang Palliative Care – Vertiefungslehrgang Palliativpflege Stufe II 2011 Name: Hildegard Schulze Beckendorf Adresse: Von-Nagel-Str. 25 48336 Sassenberg Deutschland Betreuerin: Meike Schwermann Abgabedatum: 25.09.2011
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Wer das Ziel kennt,
kann entscheiden, wer entscheidet,
findet Ruhe, wer Ruhe findet,
ist sicher, wer sicher ist,
kann überlegen, wer überlegt,
kann verbessern.
(Konfuzius)
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Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung………………………………………………………………………………4
2. Beschreibungen von Lebensqualität…………….……………………………………..5
2.1 WHO – Definition…………………………………………………………………..5
2.2 Gerontospezifische Definition……………………………………………………….5
2.3 Pflegewissenschaftliche Definition I……………………………….……………….5
2.4 Pflegewissenschaftliche Definition II…………………………………………….…5
2.5 Psychoonkologische Darstellung……………………………………………………6
3. Vorstellung von Messinstrumenten zur Bestimmung von Lebensqualität…………….6
4. Auswirkungen von Lebensqualitätsmessungen………………………………………..8
5. Wie können Pflegekräfte palliativ betreute Patienten und ihre Familien
unterstützen, damit sie Lebensqualität erfahren……………………………………….9
5.1 Fachliches und fundiertes Wissen………………………………………………....10
5.2 Ganzheitliche, individuelle Pflege………………………………………………....10
5.3 Betreuung der Angehörigen……………………..………………………………....11
5.4 Autonomie des Patienten …………………………………………………………..13
5.5 Teamarbeit………………………………………………………………………….13
5.6 Phantasievolle Pflege……………………………………………………………….13
5.7 Qualitätssicherung………………………………………………………………….14
5.8 Kommunikation…………………………………………………………………….14
5.9 Palliativ - Pflegekräfte……………………….…………………………………….14
6. Schlusswort……………………………………………………………………………15
7. Literaturliste…………………………………………………………………………..16
8. Anhang……………………………………………………………………………..…16
9. Checkliste zu Symptomen und Problemen……………………………..………….…17
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1. Einleitung
Lebensqualität ist heutzutage ein Begriff, der häufig verwendet wird. In der Medizin ist dieser
Begriff in den letzten 20 Jahren mehr und mehr geprägt worden, aber auch die Werbung hat diesen
Begriff für sich erkannt, ebenso die Politik. Ist Lebensqualität ein Modebegriff geworden?
Diejenigen, die diesen Beitrag lesen, sollten kurz überlegen: Was bedeutet für mich Lebensqualität?
Kam diese Antwort spontan oder musste erst überlegt werden? Waren es die materiellen Dinge oder
bezog sich Lebensqualität mehr auf die Gefühlsseite? War es nur ein Gesichtspunkt oder gehören
mehrere Gesichtspunkte zum Bestimmen von Lebensqualität?
Ralf Rabeder, ein mehrfacher Millionär, trennt sich von seinem Vermögen, da dieses ihm das Gefühl
der Angst gegeben hat. Er sagte:“ Ich hab nur immer mehr Angst verspürt, je mehr ich gehabt habe:
Angst, was zu verlieren und mir dann Dinge nicht mehr leisten zu können – die ich eh nicht
brauche.“
Wenn Gesunde sich schon schwer tun, für sich den Begriff Lebensqualität zu definieren, wie muss
es dann Patienten ergehen, die sich bewusst darüber sind, dass sie an ihrer Erkrankung versterben
werden?
Das Ziel der Palliativmedizin ist die Erhaltung der bestmöglichen Lebensqualität.
Aber wie wird dieses Ziel erreicht? Es gibt eine Vielzahl von Definitionen und eine Vielzahl
Lebensqualitätsskalen. Dennoch bleibt die Frage: Wie kann Lebensqualität für palliativ betreute
Patienten gegeben sein.
Marie-Luise Friedemann geht in ihrem Pflegemodell davon aus, dass Gesundheit auch bei Krankheit
bestehen kann, wenn keine Angst vorhanden ist und somit ein Gleichgewicht oder eine Harmonie
zwischen den Systemen – Stabilität-Spiritualität-Wachstum-Regulation/Kontrolle – herrscht.
Ein weiterer wichtiger Ansatz ist die Einbeziehung der Dazugehörigen in ihr Pflegemodell, wie es
auch in der Definition von Palliative Care gefordert wird, die besagt, dass Palliativmedizin ein
Ansatz zur Verbesserung der Lebensqualität von Patienten und deren Familien ist.
Dem Leben Qualität zu geben, ganz besonders den Palliativpatienten und ihren Familien, ist
Aufgabe von Ärzten, Pflegekräften, Psychologen, Physiotherapeuten, ehrenamtlichen
Hospizmitarbeitern und Seelsorgern.
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2. Beschreibungen von Lebensqualität
Im Folgenden werden ein paar Definitionen von VertreterInnen verschiedener Disziplinen und
Gesellschaften wiedergegeben, um die Vielfältigkeit des Verständnisses über die Lebensqualität
darzustellen.
2.1 WHO – Definition
„Lebensqualität ist eine subjektive Wahrnehmung einer Person über ihre Stellung im Leben in
Relation zur Kultur und den Wertesystemen, in denen sie lebt und in Bezug auf ihre Ziele,
Erwartungen Standards und Anliegen“. (WHO, 1993)
2.2 Gerontospezifische Definition
„ Lebensqualität ist die Differenz zwischen dem Soll- und dem Istwert, wobei der Sollwert die
Ansprüche des Menschen ausdrückt und der Istwert die Realität. Ist die Differenz sehr groß, ist die
Lebensqualität schlecht. Ist die Differenz gering, ist die Lebensqualität gut.“
(Prof. Franz Porzolt, 2009, Tagung „Lebensqualität im Alter“)
2.2 Pflegewissenschaftliche Definition I
„Lebensqualität ist ein multidimensionales Konstrukt, das Wahrnehmungen sowohl positiver als
auch negativer Aspekte körperlicher, emotionaler, sozialer und kognitiver Funktionen sowie die
negativen Aspekte körperlichen Unwohlseins und anderer Symptome umfasst, die durch eine
Krankheit oder deren Behandlung hervorgerufen werden.“
(King/Hinds, 2001, S. 449)
2.4 Pflegewissenschaftliche Definition II
Die Definition von Lebensqualität ist laut Cella und Tulsky: „Die Einschätzung des Patienten in
Bezug auf sein aktuelles Funktionieren und die Zufriedenheit mit diesem Zustand im Vergleich zu
dem, was er als möglich oder ideal wahrnimmt.“ (King/Hinds, 2001, S.449)
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2.5 Psychoonkologische Darstellung
Auf der 1. Gemeinsamen Tagung der Arbeitsgemeinschaft für Psychoonkologie in der Deutschen
Krebsgesellschaft e. V. (PSO) und Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft für epidemiologische und
klinische Krebsforschung (SAKK) wurde ein Konsens formuliert, der sich in der
Lebensqualitätsforschung etabliert hat.
„Hierbei wird „Lebensqualität“ als multidimensionales Konstrukt verstanden, welches die subjektive
Be-wertung des körperlichen, seelischen und sozialen Erlebens enthält, die sich auf einen definierten
Zeitraum bezieht und als wichtigste Dimensionen für Lebensqualität 3 Globaldimensionen umfasst:
die somatische, psychische und sozioökonomische Dimension.“
(Journal Onkologie, Zeitschrift Online-Ausgabe 01-03)
3. Vorstellung von Messinstrumenten zur Bestimmung von Lebensqualität
Bis in die 80-iger Jahren des letzten Jahrhunderts war der Behandlungserfolg einer Krebstherapie
gemessen worden an der Überlebensrate von Patienten, an den Resultaten der Laborbefunde und an
den bildgebenden Verfahren. Mittlerweile wird aber auch verstärkt das subjektive Befinden eines
Patienten während einer Behandlung berücksichtigt.
Es gibt heute eine Vielzahl von Messinstrumenten zur Erfassung der Lebensqualität, man spricht von
ca. 1000 Erfassungsbögen, aber keinem „Goldstandard“.
„Im Jahr 2000 berichteten Küchler, Flechtner und Hirschbach, dass die Frage nach der
Lebensqualität zwar zunehmend gestellt wird, dass aber bis dato bedeutsame Ergebnisse aus solchen
Untersuchungen nur in geringer Zahl verfügbar waren. Zwar wurden seit 1980 über 20.000 Arbeiten
publiziert, die sich im weitesten Sinn mit Lebensqualität befassen, bei näherem Hinsehen
entsprechen aber höchstens drei (!) Prozent dieser Publikationen den qualitätsmäßigen
Mindestanforderungen, die an derartige Studien zu stellen sind.“ (Röttgen, 2003, S. 40/41)
Der Karnofsky - Index wird heute als erster Versuch angesehen um Lebensqualität zu bestimmen.
Dieser Index ist allerdings ein Fremdeinschätzungsinstrument, der nur den körperlichen Status
bestimmt.
Heutzutage sind die Lebensqualitäts-Erfassungsinstrumente wesentlich ausführlicher. Sie sind in der
Regel Selbsteinschätzungsinstrumente, die die vier Dimensionen – physisch, psychisch, sozial und
spirituell – umfassen.
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Der bekannteste Fragebogen wurde von der Lebensqualität-Studiengruppe der Europäischen
Organisation zur Erforschung von Tumorerkrankungen erstellt. Dieser EOROTC QLQ 30
umfasst 30 Fragen und soll von Patienten innerhalb von 20 Minuten auszufüllen sein.
(Röttgen, 2003, S.37/38)
Für den palliativen Bereich gibt es unter anderem den POS (= Palliative-Care Outcome Scale) der
1999 entwickelt wurde und aus Multiple-Choice Fragen und einer offenen Frage besteht. Ein weitaus
ausführlicher und aufwändiger Bogen ist der SEIQol (= Schedule for the Evaluation of Individual
Quality). Dieser bewertet individuell wie sich Patienten den Verlauf ihrer Erkrankung anpassen und
sich ihre persönlichen Werte verändern. (Vgl. Aulbert, Nauck, Radbruch, 2004, S.19-27)
Für die Messung von Lebensqualität bei demenziell Erkrankten gab es das Forschungsprojekt
H.I.L.DE. (Heidelberger Instrument zur Erfassung von Lebensqualität bei Demenz). Dieses
H.I.L.DE. Instrument legt acht Dimensionen zugrunde – räumliche Umwelt, soziale Umwelt,
Betreuungsqualität, Verhaltenskompetenz, medizinisch-funktionaler Status, Psychopathologie und
Verhaltensauffälligkeiten, subjektives Erleben, emotionale Befindlichkeiten. Es ist ein Selbst- sowie
ein Fremdeinschätzungsinstrument. „Die Messung dieser acht Dimensionen beruht auf
medizinischer Untersuchung, Interviews mit Bewohnern, Pflegekräften und Angehörigen,
ökopsychologischen Einschätzungen räumlicher Umwelt und Analysen von Pflegedokumenten.“
(Z.Gerontol Geriat 38:1-14, Steinkopf Verlag 2005)
Für Patienten, die an der Amyotrophen Lateralsklerose erkrankt sind, gibt es den ALS Assessment
Questionnaire (=ALSAQ-40) der fünf Bereiche –Essen und Trinken, Kommunikation,
Unabhängigkeit, Mobilität und emotionaler Status – abfragt. Eine Kurzversion mit nur fünf Fragen
ist für die Patienten, die im fortgeschrittenen Stadium ihrer Erkrankung sind. (Vgl. Aulbert, Nauck,
Radbruch, 2004, S. 42)
Ein spezielles Assessment für die Beurteilung von Lebensqualität der pflegenden Angehörigen
existiert anscheinend noch nicht. Studien über die Belastung von Familienangehörigen, die in einer
Betreuungssituation sind, gibt es schon. Zum Beispiel hat die Universität Leipzig ein
Forschungsprojekt im Zeitraum von 2006-2008 durchgeführt. Diese Studie stand unter dem Thema
„Möglichkeiten und Grenzen der ambulanten palliativmedizinischen Versorgung – Lebensqualität
der pflegenden Angehörigen“.
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4.Auswirkungen von Lebensqualitätsmessungen
Anhand von Lebensqualitätsmessungen kann zum einen eine Therapie beurteilt werden, aus der sich
wiederum Therapieempfehlungen oder sogar medizinische Leitlinien entwickeln lassen. Ein weiterer
Gesichtspunkt ist die Verbesserung der Kommunikation zwischen Arzt/Ärztin und PatientIn bzw.
zwischen Pflegekraft und PatientIn, da hier die Ängste und Sorgen des Patienten/der Patientin im
Mittelpunkt stehen. Aber auch durch die verbesserte Kommunikation und die Auseinandersetzung
des Patienten/der Patientin mit seiner Erkrankung kann die Krankheitsverarbeitung positiv
beeinflusst werden. (Vgl. Aulbert, Nauck, Radbruch, 2007, S. 43)
Hinsichtlich der Bedeutung von Lebensqualität untersuchten Ferrel und MitarbeiterInnen im Jahre
1992 Überlebende einer Knochenmarkstransplantation. Eine der vielen Fragen lautete: Was können
Ärzte oder Pflegepersonen tun, um Lebensqualität zu verbessern? Aus den Antworten wurden sechs
Themen herausgearbeitet.
Im ersten Thema ging es um die Zugänglichkeit der in der Gesundheitsversorgung Tätigen. Der
Wunsch der Patienten war, dass Ärzte und Pflegepersonen sich mehr Zeit nehmen um Fragen zu
beantworten und Probleme wahrzunehmen.
Im zweiten Thema ging es um das Überleben der Patienten, was als „Eine Form der Heilung finden“
identifiziert wurde.
„Für Gruppenhilfe zu sorgen“, das dritte Thema, kehrte immer wieder, sowohl bei Überlebenden
einer Knochmarkspunktion, als auch bei Patienten nach einer Tumorerkrankung und den
Angehörigen.
Beim vierten Thema ging es um die Unterstützung und Schulung der Betroffenen nach der
Behandlung.
Im fünften Thema wurden „Coping-Strategien“ angesprochen, in Form von individueller Beratung
und Gruppenhilfe.
Ferner wurde eine „erhöhte Beteiligung des Patienten an der Entscheidungsfindung“ durch die in
der Gesundheitsversorgung Tätigen angeregt, da die Patienten weiterhin ihre Entscheidungen auf der
Grundlage von Informationen treffen möchten.
Die erwähnte Studie bestätigt die Notwendigkeit, dass Pflegepersonen durch die vielen Stadien einer
Tumorerkrankung hindurch Anteil nehmen und sich um die Belange der Lebensqualität von
Patienten und deren Familien Gedanken machen müssen. (Vgl. King/Hinds, 2001, S. 289)
In einem Forschungsprojekt der Universität Leipzig (Götze et al, 2007) ging es um die
Lebensqualität der pflegenden Angehörigen.
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Die Forscher kamen zu dem Ergebnis, dass die pflegenden Angehörigen zum größten Teil Frauen
sind.
Wird der Palliativpatient von seinem Kind gepflegt, so handelt es sich bei neun von zehn Pflegenden
um die Tochter.
Die Lebensqualität des Kranken ist zu Beginn der häuslichen Versorgung in allen Bereichen bei
pflegenden Töchtern und Söhnen höher als bei den pflegenden Lebenspartnern. Diese sind vielfach
durch ein höheres Alter körperlich eingeschränkt und können dadurch die täglichen
Grundbedürfnisse nicht mehr optimal bewältigen. Interviews unterstreichen, dass die Angehörigen
durch die Erkrankung und die Pflege des Partners oder Elternteils nicht nur körperlich, sondern auch
seelisch belastet sind. Dies trifft im besonderen Maße zu, wenn es sich bei dem Pflegenden um den
Lebenspartner handelt.
Die körperliche und seelische Überbelastung der pflegenden Angehörigen wird von den Hausärzten
als häufiger Grund für das Scheitern der häuslichen Versorgung gesehen.
Somit besteht ein hoher Bedarf an psychosozialer Unterstützung und Begleitung für die Angehörigen
von häuslich versorgten Palliativpatienten.
(Vgl. Götze et al.,2007)
5. Wie können Pflegekräfte palliativ betreute PatientenInnen und ihre Familien
unterstützen, damit sie Lebensqualität erfahren?
Eine Antwort bietet die Sektion Pflege der Deutschen Gesellschaft für Palliativmedizin in dem
entwickelten Pflegeleitbild.
Darin sind folgende Ziele und Aufgaben für Pflegekräfte dokumentiert:
1. Den Patienten im fortgeschrittenen Stadium einer inkurablen Erkrankung sollte durch eine
individuelle und phantasievolle fachlich fundierte, ganzheitliche Pflege eine möglichst hohe
Lebensqualität unter größtmöglicher Selbstbestimmung gewährleisten werden.
2. Angehörige und Freunde des Patienten müssten in das Pflegekonzept integriert werden.
3. Die Pflegequalität müsste definiert und gesichert werden.
4. Das Konzept der Palliativpflege sollte transparent gemacht werden.
(Vgl. Deutsche Gesellschaft für Palliativmedizin – Arbeitkreis Palliativpflege)
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5.1 Fachliches und fundiertes Wissen
Eine der Grundvoraussetzungen für die Unterstützung in der Palliativpflege ist das Wissen über
Krankheitsbilder, deren Behandlung, Verlauf und das Erkennen von Komplikationen.
Der besondere Schwerpunkt in der palliativen Pflege ist die Symptomenkontrolle.
Hierbei geht es zum einen um die Wahrnehmung der physischen Symptome und zum anderen um
die psychischen Symptome.
Hilfreich wäre hier die Einführung einer Symptom-Checkliste, wie zum Beispiel das Instrument aus
der Kerndokumentation von HOPE, die die aktuelle Situation von Symptomen und Problemen
erfasst. Das dokumentieren von Symptomen und Problemen sollte zum Behandlungsbeginn, im
Verlauf und zum Behandlungsende erfolgen. (Checkliste in der Anlage beigefügt)
Symptome haben Auswirkungen auf das seelische Wohlbefinden. Sie können Angst, Depressionen
und Frustration erzeugen, ebenso eine zunehmende Bedeutung der Spiritualität. In Studien wurde
festgestellt, dass ein verschlechternder körperlicher Zustand ein verschärftes Bewusstsein für die
eigene Sterblichkeit bewirkt und oft die spirituellen Bedürfnisse des Individuums erhöht. (Vgl.
King/Hinds, 2001, S. 210)
Cicely Saunders prägte den Begriff „Total Pain“. Dieser bedeutet soviel wie umfassendes Leid oder
ganzheitlicher Schmerz. Die Leidensmomente beziehen sich auf das physische, psycho-soziale,
spirituelle und kulturelle Leiden. Diese doch so unterschiedlichen Dimensionen sind letztendlich
ganz eng miteinander verbunden. So können starke Schmerzen Ängste auslösen oder Ängste
schmerzverstärkend wirken. Das Verständnis vom „Total Pain“ -Konzept kann als ein hilfreiches
Instrument für eine multidisziplinäre Fallbesprechung im Team genutzt werden, um die
Zusammenhänge für das Erleben eines Palliativpatienten besser nachvollziehen zu können und
darauf aufbauend unterstützende Maßnahmen für ihn und seine Familie zu entwickeln.
Des Weiteren zeigen sich Veränderungen in der Familie, aber auch bei Freunden; die Familie
übernimmt in besonderem Maße Verpflichtungen, Freunde ziehen sich aufgrund der schweren
Symptomatik der Krankheit häufig zurück. (Vgl. Cornelia Knipping, Pallium-Atelier)
5.2 Ganzheitliche, individuelle Pflege
Damit Lebensqualität und Autonomie gewährleistet werden können, sollte ein Pflegemodell
implementiert werden, welches die Bedürfnisse des Patienten und seiner Familie berücksichtigt.
Ein Modell ist das System der familien- und umweltbezogenen Pflege, das von Marie-Luise
Friedemann entwickelt worden ist. Das Besondere an diesem Modell ist, dass es den Patienten und
seine Familie in den Mittelpunkt der Pflege stellt und die Umwelt, in der der Mensch nun lebt, mit
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einfügt. In diesem Pflegemodell wird die Ganzheitlichkeit des Menschen gesehen, die sich an den
Fähigkeiten und Ressourcen eines Menschen orientiert und nicht an den Defiziten.
Mit gleicher Wertigkeit betrachtet Marie-Luise Friedmann die Familie. Zu beachten ist, dass Familie
vom Kranken definiert wird.
Marie-Luise Friedemann hat Aspekte der Systemtheorie in ihr Pflegemodell eingefügt. Diese
Theorie beinhaltet, dass jedes einzelne System auf ein oder mehrere Systeme reagiert, z.B. Mensch –
Familie, Mensch – Familie - Umwelt, also ständige Anpassung und Wiederanpassung. Somit
entsteht eine Kongruenz, ein Gleichgewicht zwischen den einzelnen Systemen, was nach
Friedemann notwendig ist, um bestehen zu können.
In dem Konzept „Mensch“ schreibt sie: „ Der Mensch ist bestrebt, ein angstfreies und sinnvolles
Leben zu führen. Das Leben erscheint dann sinnvoll, wenn es auf klar definierten Werten, die
unumstritten in die Tat umgesetzt werden können, beruht. Der wichtigste menschliche Prozess laut
der Theorie des systemischen Gleichgewichts ist es, Ängste abzubauen. Dies ist maßgebend für die
Gesundheit und gesundheitsfördernde Maßnahmen.“ (Friedemann/Köhlen, 2010, S. 27)
Um Angstfreiheit erreichen zu können, hat jeder einzelne Mensch gewisse Ziele. Marie-Luise
Friedemann hat sie formuliert. Sie gibt vier Ziele vor: Stabilität, Regulation/Kontrolle, Wachstum
und Spiritualität. Um diese Ziele erreichen zu können, hat der Mensch bestimmte Verhaltensweisen
erlernt wie Systemerhaltung, Systemänderung, Kohärenz und Individuation.
Für palliativ betreute Patienten ist die Angstfreiheit besonders wichtig, damit sie sich umorientieren
können, das heißt unter anderem die Erkrankung lernen anzunehmen, neue Perspektiven für sich zu
finden, neue Werte für sich zu definieren und letztendlich das Sterben und den Tod zu akzeptieren.
Das Gleiche gilt auch für die betroffenen Familienangehörigen.
5.3 Betreuung der pflegenden Angehörigen
Der pflegende Angehörige ist für die Palliativpatienten Begleiter in Bezug auf die emotionale
Unterstützung, Berater in Bezug auf Entscheidungen, Pflegende/r in Bezug auf körperlichen
Defizite, Koordinator in Bezug auf Organisation. Eine hohe Flexibilität und die Bereitschaft,
eingefahrene Regeln und Beziehungsmuster zu verändern, sind erforderlich.
Angehörige befinden sich in einer Doppelrolle, als Mitbetroffene mit eigenen Belastungen und zum
anderen als Unterstützer. Untersuchungen haben ergeben, dass Partner von Krebskranken ähnlich
belastet sind wie die Patienten selbst. Sie werden auch als „Patienten zweiter Ordnung“ bezeichnet.
Es lassen sich drei Bereiche an Belastungen für den Partner beschreiben.
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1. Psychische Belastungen wie Angst, Unsicherheit, Gefühle der Hilflosigkeit, Trauer und Wut,
Resignation und Niedergeschlagenheit
2. Belastungen durch organisatorischen Mehraufwand
3. Rollenveränderungen im partnerschaftlichen und familiären Zusammenleben wie
Kommunikationsschwierigkeiten oder Auswirkungen im sexuellen Bereich.
(Vgl. Röttger, 2003, S. 45)
( Röttger, 2003, S. 46)
Auch bei der Betreuung der pflegenden Angehörigen ist die Einbindung in das schon erwähnte
systemische Pflegemodell von Marie-Luise Friedemann sinnvoll.
Die Familie ist der wichtigste Bezugspunkt für den Patienten. Friedemann betrachtet die Art der
Beziehung innerhalb der Familie und die Art der Kommunikation untereinander. Durch
Hilfestellung, Förderung und Informationsgabe für alle soll dies zu einem verständnisvollen
Miteinander führen, das durch Offenheit geprägt ist. Auch wird die Umwelt in Friedemanns
Pflegemodell mit einbezogen, das kann z.B. das Sozialamt, der Arbeitgeber als unterstützendes
System sein.
(Vgl. Friedemann/ Köhlen, 2010, S. 61)
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5.4 Autonomie des Patienten
Patienten in der palliativen Versorgung müssen besonders gut aufgeklärt und informiert werden, da
es die Gestaltung ihrer letzten Lebensphase betrifft. Damit Patienten Entscheidungen treffen können,
müssen Informationen verständlich, aber auch einfühlsam formuliert werden. Möglichkeiten für
weitere Gespräche müssen geschaffen werden. (Vgl. Margulies, Kroner, Gaisser, Bachmann-Mettler,
2011, S.215/216)
Eine gute Aufklärung und Information über Diagnose, erforderliche Untersuchungen und
Untersuchungsergebnisse, über therapeutische Maßnahmen und prognostische Möglichkeiten
vermindern die Angst der PatientenInnen.
(Vgl. Aulbert, Nauck, Radbruch, 2008, S. 28)
Die Wahrhaftigkeit der Aussagen am Krankenbett ist heutzutage eine Selbstverständlichkeit, sie darf
aber dem Patienten/der Patientin die Hoffnung nicht nehmen. Hoffnung ist unentbehrlich für jeden
Menschen. Jedoch für palliative PatientenInnen ist Hoffnung gleich zu setzen mit Lebenserhaltung.
Die Hoffnung des Kranken bezieht sich nicht nur auf die Prognose der Erkrankung, entscheidend für
ihn ist das Erleben des eigenen Wertes und das Gefühl des Einbezogenseins in die Gemeinschaft, des
nicht Verlassenseins. (Vgl. Aulbert, Nauck, Radbruch, 2008, S.29)
„Dabei wirkt Hoffnung, ohne sich erfüllen zu müssen.“
(Aulbert, Nauck, Radbruch, 2008, S. 60)
5.5 Teamarbeit
Das bedeutendste Ziel der Palliativmedizin ist die Erreichung von Lebensqualität für
Schwerstkranke und Sterbende. Dies kann nur mit einem inter- und multidisziplinären Team erreicht
werden, da niemand die vielfältigen und verantwortungsvollen Aufgaben allein bewältigen kann.
(Vgl. Aulbert, Nauck, Radbruch, 2008, S. 81)
Damit der Patient/die Patientin von dieser Teamarbeit profitiert, müssen Teambesprechungen
stattfinden. Jede Profession informiert über die Bedürfnisse, Probleme und Ressourcen des
jeweiligen Patienten und kann somit gemeinsame Ziele erarbeiten.
5.5 Phantasievolle Pflege
Phantasievolle Pflege bedeutet auch Kreativität und Flexibilität. Die Situation von schwerstkranken
Patienten kann sich schnell verändern, so dass sich auch die Bedürfnisse der Patienten verändern.
Dies erfordert von den Pflegekräften eine rasche Neuanpassung der Pflegemaßnahmen.
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Auch die Einbindung von „Komplementärer Pflege“, einer ergänzenden Pflege, die sich an den
Bedürfnissen der Patienten/Innen orientiert, trägt somit zum Wohlbefinden der PatientenInnen bei.
Ebenso wirken Kunst- und Musiktherapie entspannend, können über körperliche Symptome hinweg
helfen (Ablenkung), können Gefühle nonverbal zum Ausdruck bringen und Zufriedenheit bewirken.
5.6 Qualitätssicherung
Pflegestandards, Pflegeplanung und bestimmte Assessment-Instrumente geben den Pflegekräften
Verbindlichkeit, Informationen, Vergleichbarkeit und Absicherung. Sie können dadurch eine
physische und psychische Belastung der PalliativpatientenInnen mildern aber auch verhindern. (Vgl.
Aulbert, Nauck, Radbruch, 2008, S. 970)
5.7 Kommunikation
Die verbale und nonverbale Kommunikation ist der wichtigste Bestandteil in der Versorgung von
Palliativpatienten. Sie ist die Basis für das Vertrauen. Verbale Kommunikation ist mehr als ein
Informationsaustausch, ein Gespräch oder eine Wissensvermittelung. Kommunikation heißt hier
auch Wertschätzung, Anerkennung und Sorgen mit jemandem teilen. Auch die nonverbale
Kommunikation ist nicht zu unterschätzen. Eine berührende Hand kann Hilfsbereitschaft
signalisieren, jemanden in den Arm nehmen, heißt ihn trösten. Körpersprache, Gestik, Mimik,
Tonfall und Tonhöhe können beim Gegenüber Signale aussenden, die durchaus eine stärkere
Aussagekraft haben können als das gesprochene Wort und intuitiv eine Wahrhaftigkeit spüren
lassen. (Vgl. Röttger, 2003, S. 82/83)
5.7 Palliativ - Pflegekräfte
Pflegekräfte, die Schwerstkranke und Sterbende begleiten, müssen die Fähigkeit besitzen sich auf
besondere Lebenssituationen einzulassen, seelisch belastbar sein und ausreichende Reserven im
psychischen und physischen Bereich haben. Damit Gesundheits- und Krankenpflegekräfte diesen
Belastungen standhalten und über das berufliche Handeln reflektieren können, benötigen auch sie
Unterstützungsangebote wie z. B. die Supervision und sie brauchen zur Entlastung und zur
Gesunderhaltung im privaten Bereich eigene Ausgleichsmöglichkeiten.
Pflegende müssen immer wieder für sich entscheiden, wie viel Nähe sie zum Kranken zulassen
können, damit seine noch verbleibende Lebenssituation nicht zum eigenen Problem wird. (Vgl.
Röttger, 2003, S. 80/81)
Da die Entwicklung im medizinischen und pflegerischen Bereich immer weiter fortschreitet, müssen
Pflegekräfte ständig um ihre Weiterbildung bemüht sein.
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6. Schlusswort
Lebensqualität ist individuell, kann nicht von anderen bestimmt werden, sondern nur unterstützt. Die
individuelle Lebensqualität ist abhängig von der Entwicklung der eigenen Persönlichkeit, die
wiederum mitbestimmt wird von dem Umfeld, in das jeder hineingeboren wird, aufwächst und lebt,
von der Erziehung, von Schule, Religion, Kultur und der Aneignung bestimmter Fähigkeiten im
Laufe des Lebens. Lebensqualität wird nicht nur durch materielle Werte bestimmt, sondern sehr
stark auch durch die seelische Stabilität. Die Sichtweise von Lebensqualität ändert sich im Laufe des
Lebens, bedingt durch veränderte Lebensabschnitte, aber sie kann sich auch im Laufe eines Tages
ändern.
Den Begriff Lebensqualität zu definieren wird sich auch weiterhin schwierig gestalten, da
verschiedene Professionen unterschiedliche Sichtweisen haben und dadurch auch andere
Schwerpunkte setzen. Lebensqualität hat für jeden Menschen eine andere Bedeutung, sie wird von
ihm selbst bestimmt.
Die Erforschung von Lebensqualität führt zu einem besseren Verständnis für die Probleme von
Patienten und deren Angehörigen. Bedingt durch die neuen Erkenntnisse können professionell
Pflegende ihr Fachwissen erweitern, bestehende pflegerische Handlungsabläufe neu bewerten und
sie eventuell ändern.
Pflegende, die im palliativmedizinischen Bereich tätig sind, sollten sich bewusst sein, welche
verantwortungsvolle Rolle sie haben. Sie verbringen viel mehr Zeit mit dem Patienten/der Patientin
als die anderen Teammitglieder und können deshalb besser abschätzen, was diese benötigen und
somit am ehesten eine Basis des Vertrauens aufbauen.
Dem verbleibenden Leben so viel Qualität geben wie möglich und die Krankheitssymptome mildern,
ebenso den Angehörigen bestmögliche Unterstützung geben, sollte das vorrangige Anliegen der
Pflegekräfte sein.
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7. Literaturliste
1. Cynthia R.King/Pamela S. Hinds (Hrsg), 2001: Lebensqualität, 1.Auflage, Hans Huber
Verlag
2. Klaus Röttger, 2003: Psychosoziale Onkologie für Pflegende, Schlütersche,
3. Aulbert-Nauck-Radbruch, 2008: Lehrbuch der Palliativmedizin, 1. unveränderter
Nachdruck, Schattauer Verlag
4. Marie-Luise Friedemann, Christina Köhlen, 2010: Familien- und umweltbezogene Pflege,
3. Auflage, Verlag Hans Huber
5. Margulies, Kroner, Gaisser, Bachmann-Mettler, 2011: Onkologische Krankenpflege,
5.Auflage, Springer Verlag
6. Das Heidelberger Instrument zur Erfassung von Lebensqualität bei Demenz (H.I.L.DE),
Zeitschrift für Gerontologie und Geriatrie,Ms.No.297,Steinkopf Verlag, Provisional page
numbers 1-14, Datum 24.03.2005
7. Guido Lerzynski, Grudrunstraße 5, 40764 Langenfeld, E-mail: lerzynsky@uni-
duesseldorf.de: Die Bewertung der palliativmedizinischen Patientenversorgung mithilfe der
Palliative Care Outcome Scale (POS) in verschiedenen Versorgungsformen,
8. Heide Götze, Claudia Stuhr, Annett Müller, Daniela Anders, Reinhold Schwarz
Universität Leipzig, Möglichkeiten und Grenzen der Ambulanten palliativmedizinischen
Versorgung – Lebensqualität der pflegenden Angehörigen , www. pso-ag.de/beiträge
2007.htm
9. Cornelia Knipping, Umfassendes Leiden bedarf einer umfassenden Aufmerksamkeit,
www. pallium-atelier.com
10. Journal Onkologie, Zeitschrift Online-Ausgabe 01-03; Stellenwert der Lebensqualität beim
Ovarialkarzinom, Dominique Könsgen, Dr. med. Jalid Sehouli für die AG Quality of life,
Universitätsklinikum Charite Berlin, Campus Virchow-Klinikum, Klinik für
Frauenheilkunde und Geburtshilfe
Anhang
1. Checkliste zu Symptomen und Problemen und Behandlungsziel aus HOPE 2005,
aus dem Lehrbuch der Palliativmedizin von Aulbert, Nauck, Radbruch 2008, S. 1303.