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Ringvorlesung des
Kölner Kolloquiums zum Steuerrecht
Öffentliche Hand im Fokus der
Umsatzsteuer
Prof. Dr. Thomas Küffner
Steuerberater, Rechtsanwalt, Fachanwalt für Steuerrecht,
Wirtschaftsprüfer
KÜFFNER MAUNZ LANGER ZUGMAIER
München Düsseldorf 1
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1. Bisherige Rechtslage
2. Versuche des deutschen Gesetzgebers
3. Selbständigkeit von Einrichtungen
4. GmbH als öffentliche Einrichtung?
5. Kostengemeinschaften
Gliederung
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Umsatzsteuergesetz
§ 2 Abs. 3 Umsatzsteuergesetz
„Die juristischen Personen des öffentlichen Rechts sind nur im Rahmen ihrer
Betriebe gewerblicher Art (§ 1 Abs. 1 Nr. 6, § 4 des Körperschaftsteuer-
gesetzes) und ihrer land- oder forstwirtschaftlichen Betriebe gewerblich oder
beruflich tätig. Auch wenn die Voraussetzungen des Satzes 1 nicht gegeben
sind, gelten als gewerbliche oder berufliche Tätigkeit im Sinne dieses Gesetzes
....“
3
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Körperschaftsteuergesetz
§ 4 Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen
Rechts
(1) Betriebe gewerblicher Art von juristischen Personen des öffentlichen Rechts
i.S.d. § 1 Abs. 1 Nr. 6 sind vorbehaltlich des Absatzes 5 alle Einrichtungen,
die einer nachhaltigen wirtschaftlichen Tätigkeit zur Erzielung von
Einnahmen außerhalb der Land- und Forstwirtschaft dienen und die sich
innerhalb der Gesamtbetätigung der juristischen Person wirtschaftlich
herausheben. Die Absicht, Gewinn zu erzielen, und die Beteiligung am
allgemeinen wirtschaftlichen Verkehr sind nicht erforderlich.
….
(5) Zu den Betrieben gewerblicher Art gehören nicht Betriebe, die überwie-
gend der Ausübung der öffentlichen Gewalt dienen (Hoheitsbetriebe). Für
die Annahme eines Hoheitsbetriebs reichen Zwangs- oder Monopolrechte
nicht aus.4
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5
Steuerliche Sphären - bisher
KSt (GewSt)
USt
Steuersatz: 0 %, 7 % oder 19 %
Hoheits-
betrieb
nicht steuerbar
Betrieb
gewerblicher Art
steuerbar
keine USt
keine KSt (GewSt)
Vermögens-
verwaltung
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6
Art. 13 MwStSystRL:
„Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen
Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben oder
Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen,
auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle,
Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.
Falls sie solche Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, gelten sie für
diese Tätigkeiten oder Umsätze jedoch als Steuerpflichtige, sofern eine
Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen
führen würde.
Die Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten in Bezug auf die in Anhang I
genannten Tätigkeiten in jedem Fall als Steuerpflichtige, sofern der Umfang
dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist.“
Unionsrechtliche Grundlage
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7
▌ Tätigkeiten von jPöR nur steuerbar, soweit sie im Rahmen eines Betriebs
gewerblicher Art (BgA) ausgeübt werden, § 2 Abs. 3 UStG
▌ Anbindung des Umsatzsteuerrechts an das Körperschaftsteuerrecht
▌ Auffassung Finanzverwaltung:
▌ BgA erst ab einem Umsatz von EUR 30.678 (mehrere BgA möglich)
▌ Vermögensverwaltung durch jPöR nicht steuerbar
▌ Relativ weite Definition des Hoheitsbetriebs durch die
Finanzverwaltung (Aufgabe muss „eigentümlich und vorbehalten“ sein)
▌ Beistandsleistungen sind durch die Finanzverwaltung als nicht
steuerbar anerkannt
Bisherige Verwaltungsauffassung
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8
▌ Hoheitsbetrieb: Notwendig ist ein Handeln auf öffentlich-rechtlicher
Grundlage, ohne dass es zu größeren Wettbewerbsverzerrungen kommt
▌ Öffentlich-rechtliche Grundlage
▌ BFH, V R 41/10: Wenn die jPöR auf privatrechtlicher Grundlage handelt,
übt sie keine öffentliche Gewalt aus.
▌ BFH, V R 10/09, Rn. 36 f.: Entscheidend ist, ob die jPöR im Rahmen einer
öffentlich-rechtlichen Sonderregelung oder unter den gleichen
rechtlichen Bedingungen wie private Wirtschaftsteilnehmer tätig ist.
Unerheblich sind demgegenüber Gegenstand oder Zielsetzung der
Tätigkeit. Es ist ohne Belang, ob die juristische Person des öffentlichen
Rechts durch ihre Tätigkeit öffentliche Aufgaben wahrnimmt, die ihr aus
Gründen des Gemeinwohls und unabhängig von jedem unternehmerischen
oder geschäftlichen Ziel durch Gesetz zugewiesen sind.
Neuere Rechtsprechung des BFH
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9
▌ BFH sieht damit öffentlich-rechtlichen Vertrag (oder andere öffentlich-
rechtliche Handlungsform wie z. B. Verwaltungsakt) als notwendig an
▌ Engere Auslegung der Begriffe „Hoheitsbetrieb“ / „öffentliche Gewalt“ als
durch die Finanzverwaltung
▌ Europarecht lässt wohl andere Auslegung als diejenige des BFH zu
▌ BFH erkennt EUR 30.678-Grenze nicht an
▌ BFH sieht Leistungen im Rahmen der Vermögensverwaltung als steuerbar
an
▌ BFH erkennt Beistandsleistungen nicht an
Neuere Rechtsprechung des BFH
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10
Prüfungsschema in der Umsatzsteuer(nach neuerer Rechtsprechung)
Betätigungen auf
privatrechtlicher Grundlage
Betätigungen auf
öffentlich-rechtlicher
Grundlage
Unternehmerische
TätigkeitGrundsatz: Hoheitsbetrieb
Ausnahme:
wettbewerbsrelevante
Tätigkeit (unternehmerisch)
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1. Bisherige Rechtslage
2. Versuche des deutschen Gesetzgebers
3. Selbständigkeit von Einrichtungen
4. GmbH als öffentliche Einrichtung?
5. Kostengemeinschaften
Gliederung
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12
§ 2b Juristische Personen des öffentlichen Rechts
(1) Vorbehaltlich des Absatzes 4 gelten juristische Personen des
öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer im Sinne des § 2, soweit sie
Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt
obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten
Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Satz 1 gilt
nicht, sofern eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren
Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
Aktueller Gesetzesbeschluss
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13
….
(2) Größere Wettbewerbsverzerrungen liegen insbesondere nicht vor,
wenn
1. der von einer juristischen Person des öffentlichen Rechts im
Kalenderjahr aus gleichartigen Tätigkeiten erzielte Umsatz
voraussichtlich 17 500 Euro jeweils nicht übersteigen wird oder
2. vergleichbare, auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistungen
ohne Recht auf Verzicht (§ 9) einer Steuerbefreiung unterliegen.
Aktueller Gesetzesbeschluss
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14
…
(3) Sofern eine Leistung an eine andere juristische Person des öffentlichen
Rechts ausgeführt wird, liegen größere Wettbewerbsverzerrungen
insbesondere nicht vor, wenn
1. die Leistungen aufgrund gesetzlicher Bestimmungen nur von
juristischen Personen des öffentlichen Rechts erbracht werden
dürfen oder
Aktueller Gesetzesbeschluss
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15
….
2. die Zusammenarbeit durch gemeinsame spezifische öffentliche
Interessen bestimmt wird. Dies ist regelmäßig der Fall, wenn
a) die Leistungen auf langfristigen öffentlich-rechtlichen
Vereinbarungen beruhen,
b) die Leistungen dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur und der
Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen
Aufgabe dienen,
c) die Leistungen ausschließlich gegen Kostenerstattung erbracht
werden und
d) der Leistende gleichartige Leistungen im Wesentlichen an andere
juristische Personen des öffentlichen Rechts erbringt.
(4) …
Aktueller Gesetzesbeschluss
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16
§ 27 Abs. 22 UStG - Übergangsregelung
„§ 2 Abs. 3 in der am 31. Dezember 2015 geltenden Fassung ist auf
Umsätze, die nach dem 31. Dezember 2015 und vor dem 1. Januar 2017
ausgeführt werden, weiterhin anzuwenden. § 2b in der am 1. Januar 2016
geltenden Fassung ist auf Umsätze anzuwenden, die nach dem 31.
Dezember 2016 ausgeführt werden. Die juristische Person des
öffentlichen Rechts kann dem Finanzamt gegenüber einmalig erklären,
dass sie § 2 Abs. 3 in der am 31. Dezember 2015 geltenden Fassung für
sämtliche nach dem 31. Dezember 2016 und vor dem 1. Januar 2021
ausgeführte Leistungen weiterhin anwendet. Eine Beschränkung der
Erklärung auf einzelne Tätigkeitsbereiche oder Leistungen ist nicht
zulässig. Die Erklärung ist bis zum 31. Dezember 2016 abzugeben. Sie
kann nur mit Wirkung vom Beginn eines auf die Abgabe folgenden
Kalenderjahres an widerrufen werden.“
Aktueller Gesetzesbeschluss
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▌ Dritte Ebene
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17
Prüfungsschema in der Umsatzsteuer(nach Änderung durch § 2b UStG neue Fassung)
Betätigungen auf
privatrechtlicher Grundlage
Betätigungen auf
öffentlich-rechtlicher Grundlage
§ 2 UStG
(keine Sonderreglungen)
§ 2b UStG
(mit Sonderregelung)
Ausnahmen:
Größere Wettbewerbsverzerrung
Keine Wettbewerbsverzerrung:
Gleichartige Tätigkeiten < 17.500 EUR
Steuerfreie Tätigkeiten
Begünstigte Kooperation
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18
Anhängige Verfahren:
▌ EuGH, C- 520/14: Schülerbeförderung durch Gemeinde als wirtschaftliche
Tätigkeit (Art. 9 vor Art. 13 MwStSyStRL)
▌ BFH XI R 52/13: Unterkunft und Verpflegung von Klinikmitarbeiter (ent-
scheidend ist nach FG Münster die Handlungsform)
▌ BFH XI R 26/13: Qualitätssicherung durch Landesärztekammer ->
Abgrenzung von privatrechtlichen und öffentlich-rechtlichen Verträgen
erfolgt nach dem Gegenstand und dem Zweck der vertraglichen Regelung
Rechtskräftig: FG Rheinland-Pfalz v. 22.08.2013 – 6 K 1961/09
▌ Übt eine auf privatrechtlicher Grundlage handelnde juristische Person
des öffentlichen Rechts Tätigkeiten aus, die sicherheitsrelevant sind und
deshalb für einen Wettbewerb nicht in Frage kommen, ist sie insoweit
nicht als Steuerpflichtiger anzusehen
Weitere Verfahren
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1. Bisherige Rechtslage
2. Versuche des deutschen Gesetzgebers
3. Selbständigkeit von Einrichtungen
4. GmbH als öffentliche Einrichtung?
5. Kostengemeinschaften
Gliederung
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▌ Dritte Ebene
▌ Vierte Ebene
20
EuGH, Urt. v. 29.09.2015 (Rs. C-276/14 - Gmina Wroclaw)
▌ Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006
über das gemeinsame Mehrwertsteuersystem ist dahin auszulegen, dass
Einrichtungen des öffentlichen Rechts wie die im Ausgangsverfahren in
Rede stehenden haushaltsgebundenen Einrichtungen einer Gemeinde nicht
als Mehrwertsteuerpflichtige angesehen werden können, da sie das in
dieser Bestimmung vorgesehene Kriterium der Selbständigkeit nicht
erfüllen.
….
Begriff der Selbständigkeit
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21
EuGH, Urt. v. 29.09.2015 (Rs. C-276/14 - Gmina Wroclaw)
▌ Eine Gemeinde und ihre haushaltsgebundenen Einrichtungen können als
ein und derselbe Steuerpflichtige im Sinne von Art. 9 Abs. 1 Richtlinie
2006/112/EG anzusehen sein, wenn die haushaltsgebundenen Einheiten
die ihnen übertragenen wirtschaftlichen Tätigkeiten im Namen und für
Rechnung der Gemeinde durchführen und für die durch diese Tätigkeiten
hervorgerufenen Schäden nicht haften, da die Gemeinde hierfür allein die
Verantwortung übernimmt, außerdem das mit der Ausübung dieser
Tätigkeiten verbundene wirtschaftliche Risiko nicht tragen, da sie über keine
eigenen Vermögenswerte verfügen, keine eigenen Einnahmen erzielen und
die mit diesen Tätigkeiten in Zusammenhang stehenden Aufwendungen
nicht tragen, weil die erzielten Einnahmen an den Haushalt der Gemeinde
gezahlt werden und die Aufwendungen unmittelbar zulasten des Haushalts
der Gemeinde gehen.
Begriff der Selbständigkeit
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22
EuGH, Urt. v. 29.09.2015 (Rs. C-276/14 - Gmina Wroclaw)
▌ Art. 9 MwStSystRL als „Grundnorm“:
Als Steuerpflichtiger gilt, wer eine wirtschaftliche Tätigkeit unabhängig
von ihrem Ort, Zweck und Ergebnis selbständig ausübt.
▌ Art. 13 MwStSystRL regelt als „Spezialnorm“, wann juristischen Personen
des öffentlichen Rechts Steuerpflichtige sind
„Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des
öffentlichen Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die
Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der
öffentlichen Gewalt obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit
diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle, Gebühren, Beiträge oder
sonstige Abgaben erheben.
Begriff der Selbständigkeit
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▌ Vierte Ebene
23
EuGH, Urt. v. 29.09.2015 (Rs. C-276/14 - Gmina Wroclaw)
▌ EuGH: Nicht selbständig nach Art. 9 Abs. 1 MwStSystRL, wenn
▌ sog. Unterordnungsverhältnis besteht,
▌ Einrichtung im Namen und für Rechnung der Gemeinde handelt (oder)
▌ Einrichtung kein wirtschaftliches Risiko trägt.
▌ Auswirkungen auf die Praxis
▌ Besondere Relevanz für Gebietskörperschaften
▌ Bislang: Einzelne Organisationseinheiten = „Unternehmer“
▌ Vgl. Abschn. 1a.1 Abs. 3 Satz 2 und Abschn. 27a.1 Abs. 3 UStAE.
Begriff der Selbständigkeit
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▌ Dritte Ebene
▌ Vierte Ebene
24
Beispiel: § 8 LHG Rechtsnatur von Hochschulen in BaWü
▌ (1) Die Hochschulen sind rechtsfähige Körperschaften des öffentlichen
Rechts und zugleich staatliche Einrichtungen….
▌ Innenumsatz?
Begriff der Selbständigkeit
LeistungUniversität
FreiburgUniversität
Stuttgart
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▌ Dritte Ebene
▌ Vierte Ebene
1. Bisherige Rechtslage
2. Versuche des deutschen Gesetzgebers
3. Selbständigkeit von Einrichtungen
4. GmbH als öffentliche Einrichtung?
5. Kostengemeinschaften
Gliederung
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▌ Zweite Ebene
▌ Dritte Ebene
▌ Vierte Ebene
26
EuGH, Urt. vom 29.10.2015, C 174/14 Saudacor
Öffentliche Einrichtung
Regionale Gesetzgebende Verordnung
• Art. 2: Erbringung von Dienstleistungen von
allgemeinen wirtschaftlichen Interesse
• Ar. 4: AG unterliegt öffentlichen Regelungen
und den Regeln des Privatrechts
• Art. 10: gleiche hoheitliche Befugnusse wie ARA
100 %
ARA
Autonome Region Azoren
Saudacor
Aktiengesellschaft
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▌ Dritte Ebene
▌ Vierte Ebene
27
EuGH, Urt. vom 29.10.2015, C 174/14 Saudacor (1)
▌ In Bezug auf die dritte Frage stellen unter Umständen wie denen des
Ausgangsrechtsstreits die „Finanzbeiträge“, die eine öffentliche Einrichtung
aufgrund eines Programm-Vertrags „als Gegenleistung für die Erbringung der im
Vertrag vorgesehenen Dienstleistungen“ an eine zu 100 % von ihr gehaltene,
dem Privatrecht unterliegende Aktiengesellschaft zahlt, die Gegenleistung für die
von dieser Aktiengesellschaft an diese öffentliche Einrichtung erbrachten
Dienstleistungen dar.
▌ In Bezug auf die erste Frage kann der Begriff „sonstige Einrichtungen des
öffentlichen Rechts“ im Sinne von Art. 13 Abs. 1 Unterabs. 1 der Richtlinie
2006/112/EG des Rates vom 28. November 2006 über das gemeinsame
Mehrwertsteuersystem nicht im Licht des Begriffs „Einrichtung des öffentlichen
Rechts“ im Sinne der Definition in Art. 1 Abs. 9 der Richtlinie 2004/18/EG des
Europäischen Parlaments und des Rates vom 31. März 2004 über die
Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Bauaufträge,
Lieferaufträge und Dienstleistungsaufträge ausgelegt werden.
Öffentliche Einrichtung
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▌ Zweite Ebene
▌ Dritte Ebene
▌ Vierte Ebene
28
EuGH, Urt. vom 29.10.2015, C 174/14 Saudacor (2)
▌ In Bezug auf die zweite und die vierte Frage kann gemäß der Richtlinie
2006/112 eine Aktiengesellschaft mit ausschließlich öffentlichem Kapital, die
nach dem anwendbaren innerstaatlichen Recht nicht in die Organisation der
öffentlichen Verwaltung eingegliedert ist, dem Privatrecht unterliegt und
nach den allgemeinen Rechtsvorschriften veranlagt und besteuert wird,
nicht als Einrichtung des öffentlichen Rechts im Sinne von Art. 13 Abs. 1
Unterabs. 1 dieser Richtlinie eingestuft werden.
Öffentliche Einrichtung
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▌ Zweite Ebene
▌ Dritte Ebene
▌ Vierte Ebene
29
Art. 13 MwStSystRL:
„Staaten, Länder, Gemeinden und sonstige Einrichtungen des öffentlichen
Rechts gelten nicht als Steuerpflichtige, soweit sie die Tätigkeiten ausüben
oder Umsätze bewirken, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt obliegen,
auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten oder Umsätzen Zölle,
Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben.
Falls sie solche Tätigkeiten ausüben oder Umsätze bewirken, gelten sie für
diese Tätigkeiten oder Umsätze jedoch als Steuerpflichtige, sofern eine
Behandlung als Nichtsteuerpflichtige zu größeren Wettbewerbsverzerrungen
führen würde.
Die Einrichtungen des öffentlichen Rechts gelten in Bezug auf die in Anhang I
genannten Tätigkeiten in jedem Fall als Steuerpflichtige, sofern der Umfang
dieser Tätigkeiten nicht unbedeutend ist.“
Öffentliche Einrichtung
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▌ Zweite Ebene
▌ Dritte Ebene
▌ Vierte Ebene
30
Nationale Regelung
§ 2b Juristische Personen des öffentlichen Rechts
(1) Vorbehaltlich des Absatzes 4 gelten juristische Personen des
öffentlichen Rechts nicht als Unternehmer im Sinne des § 2, soweit sie
Tätigkeiten ausüben, die ihnen im Rahmen der öffentlichen Gewalt
obliegen, auch wenn sie im Zusammenhang mit diesen Tätigkeiten
Zölle, Gebühren, Beiträge oder sonstige Abgaben erheben. Satz 1 gilt
nicht, sofern eine Behandlung als Nichtunternehmer zu größeren
Wettbewerbsverzerrungen führen würde.
Öffentliche Einrichtung
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▌ Zweite Ebene
▌ Dritte Ebene
▌ Vierte Ebene
31
EuGH, Urt. vom 29.10.2015, C 174/14 Saudacor
▌ „Sonstige Einrichtung des öffentlichen Rechts“
▌ Autonomer Begriff
▌ Art. 1 Abs. 9 RL 2994/18 (Vergaberecht) hat andere Zielsetzung
▌ Zwei Voraussetzungen für Art. 13 MwStSystRL (Sonderfall)
▌ Öffentliche Einrichtung
▌ Vornahme Tätigkeit im Rahmen der öffentlichen Gewalt
Öffentliche Einrichtung
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▌ Dritte Ebene
▌ Vierte Ebene
32
EuGH, Urt. vom 29.10.2015, C 174/14 Saudacor
▌ Öffentliche Einrichtung
▌ Bisher: EuGH, C-456/07 Mihal:
▌ nicht, wenn „Person“ unabhängig ohne Eingliederung in
Organisation der öffentlichen Verwaltung tätig wird.
▌ Nicht allein bei Vornahme öffentlicher Gewalt
▌ Neu: EuGH, C 174/14 Saudacor
▌ Hier Eingliederung wegen
▌ 100 % und ARA einziger „Kunde“
▌ Aufsicht durch ARA und Aufgabenerfüllung von ARA
Öffentliche Einrichtung
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▌ Dritte Ebene
▌ Vierte Ebene
33
EuGH, Urt. vom 29.10.2015, C 174/14 Saudacor
▌ Vornahme öffentliche Gewalt
▌ Bisher: EuGH, Facenda Publica, C-446/98: Tätigkeit im Rahmen der
eigenen rechtlichen Regelung (nicht Tätigkeiten unter gleichen
rechtlichen Bedingungen)
▌ Hier: Saudacor verfügt über hoheitliche Befugnisse nach Art. 10 der
Regionalen Gesetzgebenden Verordnung Nr. 41/2003/A
▌ Zusätzlich: keine größere Wettbewerbsverzerrung (Art. 13 Abs. 2
MwStSystRL)
▌ Vgl. zum Ganzen Anm. Küffner in UR 2015, S. XXX
Öffentliche Einrichtung
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34
EuGH, Urt. vom 29.10.2015, C 174/14 Saudacor
▌ Auch juristische Personen des Privatrechts können Einrichtungen des
öffentlichen Rechts sein
▌ Richtlinienkonforme Auslegung des § 2 Abs. 3 UStG (a.F.) bzw. § 2b UStG
(n.F.) möglich
▌ Starke Eingliederung
▌ Hoheitliche Befugnisse
▌ Kein Wettbewerb
▌ Beliehener?
▌ § 2b Abs. 3 UStG (n.F.): Begünstige Kooperationen mit Privaten denkbar
Öffentliche Einrichtung
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1. Bisherige Rechtslage
2. Versuche des deutschen Gesetzgebers
3. Selbständigkeit von Einrichtungen
4. GmbH als öffentliche Einrichtung?
5. Kostengemeinschaften
Gliederung
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36
Beispiel:
Forschungseinrichtung A und Forschungseinrichtung B schaffen im Rahmen
einer gemeinsamen Gesellschaft ein Forschungsgerät an. Dieses wollen sie
gemeinsam nutzen. Die Kosten für die Anschaffung und die laufende
Unterhaltung werden gemeinsam getragen.
Ausweg Kostenzusammenschlüsse?
36
Forschungs-
einrichtung A
Forschungs-
einrichtung B
Eingangsleistung Umlagevertrag
(Außengesellschaft)
Gemeinsame
Kostentragung
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37
▌ Voraussetzung für Steuerbarkeit:
▌ Zuwendung eines konkreten wirtschaftlichen Vorteils von Gesellschaft
an Gesellschafter = Leistung und
▌ Vorliegen eines Rechtsverhältnisses (ausreichend
Gesellschaftsverhältnis, vgl. BFH, Urt. v. 05.12.2007, V R 60/05)
▌ Ausnahme:
▌ Kein Entgelt, wenn Gesellschafter lediglich Kosten für Erwerb und
Unterhaltung eines Wirtschaftsgutes ihrer Gesellschaft gemeinschaftlich
tragen.
▌ BFH, Urteil vom 28.11.2002, V R 18/01, BStBl II 2003, 443
Ausweg Kostenzusammenschlüsse?
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38
Lösung:
Zu einem Leistungsaustausch zwischen der Gesellschaft und dem
Gesellschafter kommt es nur dann, wenn die beiden Forschungseinrichtungen
die angeschafften Forschungsgeräte nicht gemeinsam (zu einem
gemeinsamen Forschungsprojekt) nutzen wollen.
Vorsicht: Sofern jede Forschungreinrichtung für sich selbst das Gerät nutzt,
wird die Grenze zur Steuerbarkeit überschritten. Die Leistungen werden dann
gegen Entgelt an die Gesellschafter erbracht.
▌ U. U. aber steuerfrei nach Art. 132 Abs. 1 Buchst. f) MwStSystRL:
▌ Derzeit aber keine Umsetzung in § 4 ff. UStG
Ausweg Kostenzusammenschlüsse?
38
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39
Art. 132 Abs. 1 Buchst. f) MwStSystRL
„Dienstleistungen, die selbstständige Zusammenschlüsse von Personen, die eine
Tätigkeit ausüben, die von der Steuer befreit ist oder für die sie nicht
Steuerpflichtige sind, an ihre Mitglieder für unmittelbare Zwecke der Ausübung
dieser Tätigkeit erbringen, soweit diese Zusammenschlüsse von ihren Mitgliedern
lediglich die genaue Erstattung des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten
fordern, vorausgesetzt, dass diese Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung
führt;“
§ 4 Nr. 14 Buchst. d) UStG:
„sonstige Leistungen von Gemeinschaften, deren Mitglieder Angehörige der in
Buchstabe a bezeichneten Berufe oder Einrichtungen im Sinne des Buchstaben b
sind, gegenüber ihren Mitgliedern, soweit diese Leistungen für unmittelbare Zwecke
der Ausübung der Tätigkeiten nach Buchstabe a oder Buchstabe b verwendet
werden und die Gemeinschaft von ihren Mitgliedern lediglich die genaue Erstattung
des jeweiligen Anteils an den gemeinsamen Kosten fordert“
Ausweg Kostenzusammenschlüsse?
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40
Mitglied 2
Zusammenschluss
Lieferant
Mitglied 1
nichtwirtschaftlicher
Bereich
wirtschaftlicher
Bereich
steuerfreie
Tätigkeit
kein Vorsteuerabzug!
19 %
0 %0 %
Kostenersatz Kostenersatz
Ausweg Kostenzusammenschlüsse?
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41
Kooperationen: Art. 132 Abs. 1 f) MwStSystRL
Unmittelbare Berufung auf Unionsrecht
▌ BFH: Noch keine Entscheidung
▌ BFH-Urteil vom 05.12.2007 (V R 60/05): Entwicklung IT durch GmbH für
Gesellschafter
▌ BFH-Urteil vom 23.04.2009 (V R 5/07): Genossenschaft von Kran-
kenkassen)
▌ Finanzgerichte: bejahend
▌ FG Düsseldorf, Urt. v. 04.04.2012, 5 K 3139/09 U, MwStR 2013, 250
▌ FG Nürnberg, Urt. v. 17.02.2009, 2 K 1138/2008, EFG 2009, 1783 ff.
Ausweg Kostenzusammenschlüsse?
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42
▌ Mitteilung der EU-Kommission am 26.02.2015, dass Deutschland vor
dem EuGH wegen Nichtumsetzung verklagt werden soll.
▌ Laut der Mehrwertsteuerrichtlinie sind Dienstleistungen, die Kostentei-
lungszusammenschlüsse (also Zusammenschlüsse von Steuerpflichti-
gen zu dem Zweck, gemeinsam Dienstleistungen von Dritten zu
erwerben) ihren Mitgliedern erbringen, von der Mehrwertsteuerbefreit,
sofern die Tätigkeit der Mitglieder von der Mehrwertsteuer befreit ist, die
geteilten Dienstleistungen unmittelbar für die Ausübung der Tätigkeit der
Mitglieder erforderlich sind, die Zusammenschlüsse die genaue Erstat-
tung des jeweiligen Anteils der gemeinsamen Kosten fordern und die
MwSt-Befreiung nicht zu einer Wettbewerbsverzerrung führt. Die in der
Richtlinie vorgesehene MwSt-Befreiung ist nicht auf bestimmte Wirt-
schaftszweige beschränkt.
Kooperationen: Art. 132 Abs. 1 f) MwStSystRL
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