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Nutzpflanzen
Vorlesung Bickel SoSe 2008 7: Genussmittelpflanzen Kaffee und Tee
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Die Vorlesung gehört zum A-Modul gleichen Namens und befasst sich mit den folgenden Lehrinhalten:
1. Phycokolloide aus Rot- und Braunalgen 2. Senfölglycoside in Brassicaceen 3. Inulin liefernde Pflanzen 4. Farbstoffe aus Pflanzen. 5. Kautschuk und andere Isoprenoide. 6. Etherische Öle aus Gewürz- und Arzneipflanzen 7. Genussmittelpflanzen (Coffein) 8. Chemische Fallen: Alliaceae 9. Cyanogene Glycoside 10. Alkaloide und Herzglycoside
Berücksichtigt werden: Einordnung in das Pflanzenreich, spezielle Botanik der angesprochenen Pflanzen, Züchtung, Pflanzenkultur und Biotechnologie, Biosynthese, Biochemie und Gewinnung der Inhaltsstoffe, Anwendungen, Toxikologie und Pharmakologie, Geschichte der Nutzpflanzen.
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Genussmittelpflanzen Genussmittel sind Nahrungsmittel, die keinen Nährwert enthalten, aber anregende Wirkung auf Nervensystem und/oder Geschmacksorgane besitzen.
Dazu gehören Coffein enthaltenden Lebensmittel, wie Kaffee und Tee. Auch Nicotin (Nicotiana tabacum) und Arecolin enthaltende Pflanzen (Betelnuss, Areca catechu) werden noch zu den Genussmitteln gezählt. Beim Cocain (Erythroxylum coca), Kath (Ephedrine, Catha edulis) und Tetrahydrocannbinol (Haschisch, Cannabis sativa), haben wir es schon eher mit Rauschmitteln zu tun, aber die Übergänge sind fließend.
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Alkaloide
Alkaloide sind alkalisch reagierende, stickstoffhaltige Verbindungen (alkaloid=alkaliähnlich).
Der Stickstoff liegt meistens in einem Heterozyklus vor und stammt von einer Aminosäure ab.
Alkaloide sind also häufig (nicht immer) Abkömmlinge des Aminosäurestoffwechsels.
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Einteilung der Alkaloide
Chemische Einteilung
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Einteilung nach Herkunft (Aminosäure)
Abkömmlinge der Asparaginsäure und des Lysins: Pyridin-Alkaloide Nicotiana-Alkaloide, (Nicotin, Piperin, Arecolin) Abkömmlinge des Glycins Purin-Alkaloide Theophyllin, Theobromin, Coffein
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Genussmittelpflanzen Coffein kommt nur in höheren Pflanzen vor, und zwar hauptsächlich in:
Kaffee - Coffea arabica (canephora, liberica, dewevrei), Rubiaceae, Gentianales Tee - Camellia sinensis (Thea sinensis), Theaceae, Theales Mate - Ilex paraguariensis, Aquifoliaceae, Cornales, Kakao - Theobroma cacao, Sterculiaceae, Malvales, Cola - Cola nitida, Sterculiaceae, Malvales, Guaraná - Paullinia cupana, Sapindaceae, Sapindales.
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Coffein (Thein) Coffein ist ein methyliertes Purinderivat
Es kommt zusammen mit Theobromin und Theophyllin ausschließlich in höheren Pflanzen vor.
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Purinalkaloide Purin-Alkaloide zweigen aus dem Stoffwechselweg der Nucleotidsynthese ab, vermutlich vom Inosin (Adenin- oder Guanin-)-5‘-monophosphat. Dieses wird dephosphoryliert und am N1 oder N7 methyliert. N1-Methylxanthin wird zu Theophyllin, N7-Methylxanthin wird zu Theobromin. Beide können zu Coffein umgewandelt werden. Methylxanthine werden im Körper gut resorbiert, sie passieren die Blut-Hirn-Schranke und treten in die Plazenta über. In geringen Dosen wirken sie als Adenosin- Antagonisten.
1-Methyl-IMP 7-Methyl-IMP
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Coffein-Aufnahme und Abbau
Coffein wird rasch und nahezu vollständig aus dem Magen-Darm-Trakt aufgenommen. 15 - 45 Minuten nach oraler Aufnahme von Coffein erreicht die Konzentration im Blutplasma ihr Maximum. Seine Wirkung entfaltet es nach ca. 30 Minuten. Es wirkt am ZNS und verursacht die Ausschüttung von Neuro-transmittern Es wird in der Leber durch Demethylierung, Oxidierung und Acetylierung umgebaut und seine Wasserlöslichkeit erhöht. Erst dann kann es über die Nieren in den Urin gelangen. Nach 3 - 5 Stunden ist das Coffein im Körper abgebaut.
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Wirkung und Toxikologie
In einer Tasse Filterkaffee (5g Kaffee mit etwa 300 ml Wasser aufgebrüht) sind etwa 70-80 mg Coffein enthalten.
Wirkt: anregend und leistungssteigernd: fördert die Durchblutung des Gehirns, erweitert die Herzkranzgefäße, regt das Atemzentrum an Aber: Zunahme der freien Fettsäuren im Blut, Überreizung des Nervensystems bei zu hohen Dosen LD50 bei Ratten: 200mg/kg Körpergewicht
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Coffein-Wirkung
1,3,7-Trimethylxanthin
(Coffein) Coffein hemmt die cAMP-spezifische Phosphodieesterase, die den intrazellulären Botenstoff cAMP in AMP umwandelt. Das führt zu einer Erhöhung der Konzentration an cAMP in den entsprechenden Zellen und führt zur Freisetzung von Catecholaminen. Coffeinmoleküle verdrängen den chemisch ähnlichen Botenstoff Adenosin, der an den Neuronen des Zentralnervensystems als "Bremse" wirkt, ohne aber dessen hemmende Wirkung auf das Enzym Adenylatcyclase auszuüben.
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Coffein-Wirkung
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Wirkung von Theophyllin und Theobromin
1,3-Dimethylxanthin
(Theophyllin) Theophyllin wirkt diuretisch, bronchienerweiternd und weniger zentral stimulierend. Es wird bei Atemwegser-krankungen und Asthma bronchiale angewendet .
3,7-Dimethylxanthin
(Theobromin) Hat kaum zentrale Wirkungen, wird aber zur Synthese von Coffein verwendet.
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Kaffeeplantage (Brasilien, Saõ Paulo)
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Kaffee (Coffea arabica) Kaffeepflanzen sind kleine Bäume
(bis 6 m hoch), in Kultur werden sie kurz und strauchförmig gehalten. Es handelt sich ursprünglich um eine Unterholzpflanze des tropischen Regenwaldes.
C. arabica ist selbstfertil, die anderen nicht.
Die Blätter sind kurzgestielt, dunkelgrün und länglich-oval.
Die weißen Blüten sind fünfzählig und sitzen in Büscheln in den Blattachseln. Kaffeeblüten werden vom Wind bestäubt.
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Kaffee (Coffea arabica)
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Kaffee (Coffea arabica) Unterständiger
Fruchtknoten mit 2 Samenanlagen.
Entwickeln sich zu roten Kaffeekirschen (Steinfrüchte)
Das Endokarp umgibt die Steinkerne als dünne, hornartige Schicht.
Darin liegt das Silberhäutchen (Samenschale)
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Kaffee (Coffea arabica)
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Anbau Temperaturen 18-24 Grad im Jahresmittel
Hauptanbauländer: Brasilien, Kolumbien, Indonesien
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Anbau Kaffeesetzlinge
Anbau erfolgt meist unter Schattenpflanzen. 40 Tage nach Aussaat werden die Jungpflanzen in Behälter gesetzt, nach 8 Monaten (1/2 m) an Ort und Stelle. Bis zur ersten Vollernte vergehen 7-8 Jahre.
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Kaffee - Aufbereitung Unreife Samen setzen die Qualität des Kaffees herab, daher wurden Vibratoren für Kaffeebäume entwickelt.
frisch geerntete Kaffeekirschen
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Nasse Aufbereitung http://www.mocino.de/kaffee-allgemein/anbau.htm
Nasse Aufbereitung: (westindisch): Wasserbottich, Pulper (Walzen quetschen die Früchte), Fermenter (bis zu 48h), Waschen, Trocknen, Hornschale und Silberhäutchen entfernen, sortieren.
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Kaffee: getrocknete Kirschen
Trockene Aufbereitung: Auf großen Feldern werden die Früchte unter mehrfachem Wenden getrocknet bis sie klappern, dann geschält und sortiert.
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Rösten Ungeröstete Bohnen Rösten bei 200 - 250 Grad
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Andere Inhaltsstoffe
Grüne Kaffeesamen enthalten: 10% Wasser, 11% Proteine, 13% Fett 7% Kohlenhydrate 2-6 % Chlorogensäure 0,3-1,3 % Trigonellin (Derivat der Nicotinsäure)
Gerösteter Kaffee enthält: 2-3 % Wasser, ~11 % Proteine, ~13 % Fett 1,5 % Kohlenhydrate 2-6 % Chlorogensäure 0,3-1,3 % Trigonellin
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Heimat und Geschichte Name: arabisch von der abessinischen Landschaft Kaffa Robusta-Kaffee stammt aus Zentralafrika Arabica-Kaffee aus dem Hochland von Äthiopien. Von dort gelangte er nach Arabien (Jemen), von dort nach Indien, Ende des 14. Jhdts. war in Arabien schon ein belebender Aufguss aus den Früchten bekannt. Der Name des südlichen Ausfuhrhafens Mokka war ein Qualitätsbegriff für Kaffee. Die Holländer brachten den Kaffee nach Ceylon (Sri Lanka), Java (1680) und Surinam (1719). Dominant und sehr ausbeuterisch war die holländische Ostindien-Kompanie! (Zwangsanbau auf Java und andere Sundainseln). Um 1720 gelangte der Kaffee durch holländische Seefahrer nach Mittelamerika. C. liberica und C. canephora wurden erst im 19. Jhdt. aus Westafrika nach Java gebracht und kultiviert.
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Tee (Camellia sinensis) Teebäume (Assam-Tee) werden 10 m hoch, in Kultur aber klein und strauchförmig gehalten. Die Blätter sind immergrün und wechselständig, lanzettlich, leicht gezähnt und etwas ledrig (ähnl. Lorbeer). Die Blüten haben etwa 3 cm Durchmesser, sind ungefüllt und ähneln Camelienblüten. 5-7 Kronblätter an der Basis verwachsen, oberständiger Fruchtknoten. Früchte sind braune Kapseln mit 1-3 Samen.
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Tee
Braune Kapseln mit 1-3 Samen.
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Heimat und Geschichte Heimat: Berghänge der
Provinz Yünnan (China) und Vorgebirge des Himalaya in Burma und Assam.
Teegenuss ist seit 2700 v. Chr. Dokumentiert.
In Japan begann die Teekultur erst 1100 n. Chr.
Europa: 1550 durch die Araber (Spanien und England).
Die Briten brachten den Tee in ihre Kolonien (Indien, Ceylon = Sri Lanka)
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Ernte Ernte: Vom 4.bis zum 12. Jahr.
Es werden junge Triebe (meist eine Knospe mit zwei Blättern) gepflückt.
Es wird 3-5 mal in Abständen von 6 Wochen geerntet.
Auch die Polyphenole (Tannine) verringern sich von der Triebspitze (28%) bis zum 4. Blatt (14%).
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Grüner und schwarzer Tee
Grüner Tee: Die Blätter werden
mit Dampf unter Druck abgetötet, dabei werden die Enzyme inakti-viert.
Danach werden die Blätter gerollt und getrocknet.
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Schwarzer Tee
1. Vorwelken mittels Ventilatoren (30-40% Wasser) 2. Rollen (mechanische Mazerierung mit Maschinen, die die
Blätter komprimieren und in Bewegung halten). Phenole (Vakuole) + Phenoloxidasen (Chloroplasten) + Sauerstoff (Luft) kommen zusammen und bewirken die Bildung von Polyphenolen (braun).
3. Die Fermentation wird bis zum gewünschten Oxidationsgrad auf Regalen fortgesetzt.
4. Die Blätter werden mit Heissluft abgetötet, dabei werden die Enzyme inaktiviert.
5. Trocknen bis auf einen Wassergehalt von 3%
Assam Tee
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Inhaltsstoffe
Wasserlöslich: Flavonoide, Aminosäuren, Alkaloide (Coffein, Theophyllin) Vitamine (A, B1, B2, C, D), Minerale Kohlenhydrate Proteine
Wasserunlöslich: Phenole und Polyphenole (Tannine, Gerbstoffe) Fettsäuren, Lipide Chlorophyll
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Wirkung
Wie beim Kaffee, aber:
Das Coffein (früher: “Thein“) ist an die Gerbstoffkomplexe (Tannine) gebunden. Es wird erst im Magen freigesetzt. Daher wirkt es langsamer und anhaltender.
Tee kann bei Durchfallerkrankungen eingesetzt werden! Tannine verbinden sich mit Proteinen der Darmschleimhaut und verhindern die Resorption von Stoffen bzw. binden Schadstoffe.
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Teeproduktion
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Mate (Ilex paraguariensis) Immergrüner, tropisch-subtropischer Baum, 5-16 cm lange, gesägte Blätter, Heimat: Brasilien und Paraguay; Matetee wurde schon von den Indianern des Amazonas getrunken, bevor die Spanier kamen.
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Saugrohr und Kalebasse
Schon die Inkas tranken Mate aus Kürbisschalen mit Hilfe eines Saugröhrchens
„Mate“ bedeutet in der Inkasprache Kürbis.
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Ernte und Aufbereitung
Zweige (nicht stärker als 4 mm) werden gepflückt und über offenem Feuer kurz geröstet (brauner Mate) oder getrocknet (grüner Mate).
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Aufbereitung von Mate
Röstofen Maschine zum Zerkleinern der Blätter
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Inhaltsstoffe
Der Coffeinanteil liegt bei durchschnittlich 1,5%.
Weiterhin sind Gerbstoffe (Tannine), Theobromin und Theophyllin enthalten, außerdem Spuren von Vanillin als Aromastoff.
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Einteilung nach Herkunft
Abkömmlinge von Tyrosin Phenylalkylamine
Capsaicinoide, Ephedrin, Cathinon, Mescalin (Abbildung)
Isochinolin-Alkaloide Morphin, Codein, Papaverin
Betalaine Tropolon-Alkaloide
Colchicin
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Herkunft der Alkaloide:
Abkömmlinge des Tryptophans Indol-Alkaloide
Ergolin, Lysergsäure (LSD = Lysergsäurediethylamid)
Chinolin-Alkaloide Chinin, Chinidin
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Herkunft (3) Abkömmlinge des Histidins Imidazol-Alkaloide Abkömmlinge der Asparaginsäure und des Lysins Pyridin-Alkaloide
Nicotiana-Alkaloide, (Nicotin, Piperin, Arecolin)
Chinolizidin-Alkaloide Lupinin, Lupanin, Cytisin (aus Goldregen)
Arginin und Ornithin-Abkömmlinge Chinazolin-Alkaloide
Tetrodotoxin
Tropan-Alkaloide Hyoscyamin, Scopolamin, Cocain
Abkömmlinge des Glycins Purin-Alkaloide
Theophyllin, Theobromin, Coffein