Jahresberichtder Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau
Zahlen und Bilder aus den Jahren 2005/2006
Wir antworten auf die Liebe Gottes 4
Vorwort von Kirchenpräsident
Prof. Dr. Peter Steinacker
Die EKHN muss auf Dauer sparen 6
Heinz Thomas Striegler,
Finanzdezernent der EKHN,
zur f inanziellen Lage
Eine Kirche mit vielen Fassetten 8
Die Evangelische Kirche in Hessen
und Nassau (EKHN) im Profil
Politische Verantwortung und 10
Frömmigkeit sind kein Widerspruch
Gabriele Scherle – die neue Pröpstin
für die Propstei Rhein-Main
Die Menschen erreichen 12
Projekte zur Mitgliederorientierung
in den Kirchengemeinden Wiesbaden,
Bleidenstadt und Dausenau
EKHN-Jahresbericht 2005/2006
Inhalt
Glauben feiern 15
Zusammen beten ist eben schöner 16
Religiöse Erziehung
in der Kindertagesstätte Osthofen
bei Worms
Jedes Kind hat ein Recht 18
auf seine Religion
Pfarrer Joachim Dietermann,
Referent für die frühkindliche
Erziehung im Zentrum Bildung,
über religiöse Sozialisation
in Kindertagesstätten
Kirche für die Sinne 19
Aktives Gemeindekonzept der
Andreasgemeinde Niederhöchstadt
Im Labyrinth von Chartres 22
Meditationskurs für
Frankfurter Berufsschüler/-innen
Wie ein Baum, dem ein dicker Ast 24
abgebrochen wurde
Gottesdienste für Angehörige
verstorbener Kinder in Gießen
Gemeinschaft leben 25
Heimat für internationale Gemeinden 26
Globalisierung in der EKHN
Mittwochs in der Ansprech-Bar 29
Gesprächsangebot in der
Darmstädter Petrusgemeinde
Partnerschaft vor und nach der Wende 30
Evangelische Beziehungen
zwischen Ost- und Westdeutschland
Bei mir bist du schön! 32
Jahresprojekt »Frauen Körper Glaube«
Aufbruchstimmung bei den Frauen 33
Verband Evangelische Frauen
in Hessen und Nassau e.V.
und Stabsbereich Gleichstellung
Persönlich geschrieben – 34
professionell gemacht
Verleihung des Förderpreises
Gemeindebrief
Verantwortung übernehmen 35
Nie so oft geküsst, so oft umarmt! 36
Tagesstätte für ältere Menschen
mit Behinderung in Gießen
Kirche am Ball 39
Fußballweltmeisterschaft 2006
Aktiv für das ganze Tal 40
Die Kirchengemeinde Gorxheimertal
im Odenwald
Ballack wechselt nach Ghana 42
Aktion »weltweit wichteln«
in Frankfurt und Neu-Anspach
Das Tabu brechen 44
Reichtums- und Armutsbericht
im Evangelischen Dekanat Hochtaunus
Geschäftsführerin seit April im Amt 46
EKHN-Stiftung
Für eine neue Chance im Beruf 46
Arbeitslosenfonds der EKHN
Kultur fördern 47
Schule, die auf Werte setzt 48
Evangelisches Gymnasium
Bad Marienberg
Mystiker der Moderne 51
Barlach-Ausstellung in Mainz
Aufführung aller 199 Bach-Kantaten 52
BachVespern in Wiesbaden
und Frankfurt
Mut zur Veränderung 54
Immobilien-Konzept in der
Kirchengemeinde
Bad Schwalbach im Taunus
Für Nachtschwärmer geöffnet 56
»Nacht der Kirchen« in Wiesbaden
Zahlen und Fakten
Haushalten 57
Jahresergebnis 2005 58
Einnahmen und Ausgaben der EKHN
im Jahr 2005
Verwendung des Haushalts 2005 60
Ausgaben für kirchliche Arbeit
Adressen 64
Impressum 64
Aufgaben der Kirche 5
Kirchensteueraufkommen 7
Haushaltsplanung 7
EKHN-Mitarbeiter/-innen 8
Pfarrstellen 8
Die EKHN in Zahlen 9
Pröpstin, Propstei und Leitendes Geistliches Amt 11
Verantwortung in der EKHN 11
Mitgliederorientierte Gemeindearbeit 12
Erwartungen an die Kirche 13
Kirchenaustritte seit 1900 14
Finanzierung der Kirchengemeinden 14
Kindertagesstätten 17
Angebote für Kinder in Kirchengemeinden 18
»Just go« – der erste Kirchentag
rund um Gottesdienste 20
Gottesdienst-Teilnahme 21
Ehrenamtliches Engagement in der EKHN 21
Zeit für Gebet, Meditation und innere Einkehr 22
Gemeindepädagogik 23
Gedenken an verstorbene Kinder 24
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK) 28
Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK) 28
Ökumene in der EKHN 28
Gemeindepartnerschaften 31
Die Preisträger des Förderpreises Gemeindebrief 34
Tagesstätte für ältere Menschen mit Behinderung 36
Seelsorge-Dienste 38
Diakonisches Werk in Hessen und Nassau (DWHN) 38
Arbeitskreis Kirche und Sport 39
Gemeindearbeit 41
Kinder und Jugendliche in der EKHN 41
Reichtum und Armut im Dekanat Hochtaunus 45
Mitglieder des Kuratoriums der EKHN-Stiftung 46
Evangelisches Gymnasium Bad Marienberg 49
Kirchenmusik in der EKHN 53
Gebäude-Statistik 54
EKHN am Tag des Denkmals in Hessen 55
Vorwort von Kirchenpräsident Prof. Dr. Peter Steinacker
Wir antworten auf die Liebe GottesMit diesem Jahresbericht legt die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau
(EKHN) Rechenschaft darüber ab, was sie mit den Gaben tut, die ihr anvertraut
sind. Es sind einerseits der Schatz des Evangeliums und andererseits finanzielle
Mittel. Nüchterne Zahlen im Bilanzteil beleuchten die finanzielle Seite. Fotos
und Texte erzählen vom Leben in der Kirche. Das Leben in der Kirche versteht sich
selbst als menschliche Antwort auf Gottes Liebe.
Als Kirche ist es unsere Aufgabe daran mit-
zuwirken, dass Gottes Liebe die Menschen
erreicht, dass sie aus dem Evangelium und
den Sakramenten die Kraft zum Leben und
zur Gestaltung der Welt schöpfen. Damit die
Kirche diese Aufgabe erfüllen kann, muss sie sich über
die geistlichen Fragen ihrer Mitglieder im Klaren sein.
Aus diesem Grund fragen wir immer wieder nach ihren
Vorstellungen und Wünschen und versuchen, diese mit
unserem Auftrag so gut es geht in Einklang zu bringen.
Im Frühjahr 2006 hat die EKHN, zusammen mit der
Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), die vierte
Mitgliedschaftsstudie herausgebracht. Die erste war 1972
auf Initiative der EKHN entstanden, sie wurde dann
ungefähr alle zehn Jahre wiederholt. Die Ergebnisse der
aktuellen Studie sind in einem 500 Seiten starken Buch
unter dem Titel »Kirche in der Vielfalt der Lebensbezüge«
im Buchhandel erhältlich. Die Studie zeichnet einerseits
ein relativ stabiles Bild von der Kirche. So sind die
Kirchenaustrittszahlen so niedrig und die Wiedereintritts-
zahlen so hoch wie seit langem nicht mehr. Die Kirche ist
besonders als Lebensbegleiterin mit Taufe, Konfirmation,
Trauung und Bestattung gefragt. Andererseits zeigt die
Studie auch: Nicht wenige Milieus in der Gesellschaft
haben den Kontakt zur Kirche weitgehend verloren. Viele
Menschen entwickeln ganz individuelle religiöse Vor-
stellungen, die sie losgelöst von einer Gemeinde oder
Organisation pf legen.
Vorbilder gefragt
Die Studie weist aus: Auf Platz eins der wichtigsten
Vermittler von Glauben, Werten und Wissen rangieren
mit weitem Abstand die Familien, vor allem die Eltern
und Großeltern. Die sehen das aber weithin kaum noch
als ihre Aufgabe an. Hier reißt eine jahrhundertealte
Generationenkette ab. Ich kann nur alle Eltern, Groß-
eltern, Paten, Tanten und Onkel bitten, diese große und
großartige Aufgabe für sich anzunehmen. Leben und
beten Sie Ihren Glauben vor! Lesen Sie aus der Bibel vor!
Das beeindruckt Kinder, Angehörige und Nachbarn mehr,
als es die Profis von der Kirche können.
Glauben, Gemeinschaft, Helfen und Kultur
Natürlich tragen Menschen vielfältige Vorstellungen und
Anforderungen an die Kirche heran. Jeder hat sein
eigenes Bild von der Kirche und ihren Aufgaben. Bei
genauerem Hinsehen lassen sich vier grundsätzliche
Aspekte herausdestillieren. Sie alle entfaltet der aktuelle
Jahresbericht 2005/2006, den Sie hier in Händen halten.
Erstens wünschen sich Mitglieder Hilfe bei der
Gestaltung ihrer persönlichen Frömmigkeit. Dazu zählen
verschiedene Angebote zu einer persönlichen Glaubens-
praxis.
Zweitens soll die Kirche, so der Wunsch ihrer
Mitglieder, Gemeinschaft fördern. Das geschieht in den
Gruppen der Gemeinden am Ort und in der Region sowie
in länderübergreifenden Partnerschaften.
Drittens soll die Kirche Mitverantwortung für die
Gesellschaft übernehmen. Dazu zählt ihr Engagement für
Schwache und Hilfsbedürftige sowie für den Zusammen-
halt der ganzen Gesellschaft. Nicht dazu zählt Partei-
politik.
Viertens erwarten die Mitglieder, dass ihre Kirche
Tradition pflegt und Kultur mitgestaltet. Das tut sie, indem
sie eine Vielzahl von wertvollen Bauwerken erhält und mit
Leben erfüllt, indem sie Konzerte und Kunstausstellungen
anbietet und sich im Bildungssystem engagiert.
4
Mit diesen Erwartungen setzen sich die folgenden Texte
auseinander. Nach den oben beschriebenen Aspekten
sind sie in vier Kapitel eingeteilt: Glauben feiern, Gemein-
schaft leben, Verantwortung übernehmen und Kultur
fördern. Natürlich sind die Bereiche in der Realität vor
Ort nicht ganz trennscharf: Eine Gruppe, die sich auf den
Meditationsweg im Labyrinth von Chartres macht, wird
ein intensives Gemeinschaftserlebnis haben und zugleich
wird jeder und jede Einzelne sehr persönlich Spiritualität
erfahren. Unser neues evangelisches Gymnasium in
Bad Marienberg ist zugleich ein Beitrag zur Kultur und
sozialer Kristallisationspunkt für die ganze Region, sie
stiftet Lerngruppen und gestaltet die persönliche Glaubens-
praxis der Schülerinnen und Schüler.
Dank!
Der Jahresbericht bietet Ihnen nur einige Beispiele aus
dem reichhaltigen Wirken unserer Kirche. Dank der Liebe
Gottes sind sie möglich geworden durch das große
Engagement der Beschäftigten, der Ehrenamtlichen und
der finanziellen Förderer. Ihnen allen gilt mein herz-
licher Dank.
Jeder Beitrag – sei es Zeit, sei es Wissen, sei es
die persönliche Kirchensteuer, die Kollekte, die Stiftungs-
einlage oder die konstruktive Kritik – ist ein bedeut-
samer Beitrag für unsere Kirche. Er trägt dazu bei, dass
wir unseren Auftrag erfüllen können, die frohe Botschaft
des Evangeliums zu den Menschen zu tragen und mit den
Sakramenten die Zeichen Gottes zu setzen, dass er sich
unser erbarmt.
Prof. Dr. Dr. h.c. Peter Steinacker
Kirchenpräsident
Prof. Dr. Peter Steinacker
Paulusplatz 1
64285 Darmstadt
Telefon (06151) 405-291
E-Mail kirchenpraesident
@ekhn.de
Aufgaben der Kirche
Das »Augsburger Bekenntnis« nennt im Artikel 7 zwei Kennzeichen
der Kirche. Erstens soll »das Evangelium im reinen Verständnis
gepredigt werden« und zweitens sollen »die Sakramente dem gött-
lichen Wort gemäß gereicht werden«. Das »Augsburger Bekenntnis«,
lateinisch »Confessio Augustana«, ist die wichtigste Bekenntnisschrif t
der lutherischen Tradition und im Evangelischen Gesangbuch (EG)
unter der Nummer 808 zu f inden. Der »Heidelberger Katechismus«,
die wichtigste Bekenntnisschrif t der reformierten Tradition (EG 807),
bezeichnet in der Antwort 54 als Grundlage der Kirche, dass »der Sohn
Gottes durch seinen Geist und sein Wort eine auserwählte Gemeinde
versammelt, schützt und erhält«.
Heinz Thomas Striegler, Finanzdezernent der EKHN, zur finanziellen Lage
Die EKHN muss auf Dauer sparenAnders als in den Vorjahren, in denen immer wieder über einen weiteren Rückgang
bei den Kirchensteuereinnahmen zu berichten war, lagen sie im Jahr 2005 in
Hessen und Nassau um 3,7 Prozent über dem Ergebnis des Vorjahres. Sie über-
stiegen damit den Planansatz um 22 Mio. Euro. Die gesamte Evangelische Kirche in
Deutschland (EKD) verzeichnete demgegenüber für das Jahr 2005 ein durchschnitt-
liches Minus von 1,2 Prozent im Vergleich zum Vorjahr.
Die positive Entwicklung in Hessen und Nassau
beruht auf einer temporären Sonderent-
wicklung bei der Kircheneinkommensteuer,
die nach den vorliegenden Informationen
spätestens im Jahr 2007 auslaufen wird. Diese
Sonderentwicklung hat den weiterhin negativen Trend
bei der Kirchenlohnsteuer (– 4,7 Prozent gegenüber dem
Vorjahr) – die ein Spiegelbild des Arbeitsmarktes ist –
mehr als kompensiert. Die Steuermehreinnahmen in
Kombination mit Personalminderausgaben haben im
Jahr 2005 im Wesentlichen dazu beigetragen, dass statt
des erwarteten strukturellen Defizits in Höhe von
20,4 Mio. Euro im laufenden Haushalt 2005 nach
notwendigen Bereinigungen ein Überschuss von
1,9 Mio. Euro eingetreten ist.
Damit ist die Zielsetzung des synodalen Spar-
konzepts der Jahre 2003/04, ab 2006 wieder einen
strukturell ausgeglichenen Haushalt zu haben, bereits im
Jahr 2005 erreicht. So konnte auch der Verbrauch von
Rücklagemitteln gestoppt werden. Im Rahmen des
Haushaltsabschlusses 2005 wurde im Saldo eine Netto-
Zuführung an die Rücklagen in Höhe von 3,05 Mio. Euro
festgestellt.
Laufenden Haushalt von Versorgungslasten befreien
Beim Finanzausgleich zur Kirchenlohnsteuer zwischen
den Landeskirchen, dem Clearing, zeichnet sich ebenfalls
eine für die EKHN positive Entwicklung ab. Nachdem in
den letzten Jahren kleinere Zahlungen und Rückf lüsse
für die Endabrechnungen der Jahre 1997 bis 2000 zu
verzeichnen waren, ergab die Endabrechnung für das
Jahr 2001 eine Rückzahlung an die EKHN in Höhe von
27,8 Mio. Euro. Entsprechend der Beschlusslage in
Kirchenleitung und Finanzausschuss sollen diese rück-
f ließenden Mittel nicht zu weiteren Ausgaben und
Investitionen führen, sondern zur Aufstockung der
Versorgungsstiftung für Ruhestandsbezüge dienen. Da-
hinter steckt die strategische Zielsetzung, die Versorgungs-
stiftung so weit zu stärken, dass sie ab etwa dem Jahr
2025 in der Lage ist, den Haushalt der EKHN vollständig
von allen Versorgungsverpf lichtungen und laufenden
Beitragszahlungen an die Evangelische Ruhegehaltskasse
zu entlasten.
Auf langfristigen Rückgang einstellen
Anfang des Jahres 2006 hält der positive Trend bei den
Kirchensteuereinnahmen an. In den ersten vier Monaten
wurden zwölf Prozent mehr eingenommen als im Vorjahr.
6
Die Analyse zeigt ein ähnliches Bild wie 2005: Deutliche
Mehreinnahmen bei der Kircheneinkommensteuer, die
von Unternehmen in der Rechtsform einer Personen-
gesellschaft gezahlt wird, überkompensieren die auch
weiterhin rückläufigen Kirchenlohnsteuerzahlungen, die
auch die demografische Entwicklung bei den Mitgliedern
widerspiegeln.
Das wird sich aller Voraussicht nach in Zukunft
ändern. Die vorhandenen Prognosen sahen bei einem
mittleren Szenario hinsichtlich Wirtschaftswachstum,
Arbeitsmarktkenndaten und Inf lationsrate voraus,
dass die wirtschaftliche Entwicklung der nächsten Jahr-
zehnte nicht mehr geeignet sein wird, die strukturellen
Probleme bei der Mitgliederentwicklung zu kompensieren.
Geht man für das Gebiet der EKHN von einem Mitglieder-
rückgang bis 2025 von insgesamt 16 Prozent oder
0,9 Prozent pro Jahr aus, wird dies vor dem Hintergrund
eines mittleren wirtschaftlichen Szenarios zu einem
durchschnittlichen Rückgang der Kirchensteuer-
einnahmen um zirka 3,5 Mio. Euro pro Jahr führen.
Unabhängig von allen notwendigen Bemühungen
zur Verstärkung der Einnahmenseite – speziell durch Fund-
raising und Sponsoring sowie Stärkung der Versorgungs-
stiftung – führt dies zu der langfristigen Annahme: Auch
das Ausgabevolumen des landeskirchlichen Haushalts ist
durchschnittlich um 3,5 Mio. Euro zu reduzieren.
Dieses langfristige Szenario, das deutlich
moderater ausfällt als die Prognosen auf EKD-Ebene, ist
nach übereinstimmender Auffassung der zuständigen
Gremien nunmehr auch Ausgangspunkt für eine breit
angelegte Diskussion über die Prioritäten und Nach-
rangiges in der EKHN mit einem Zukunftshorizont bis
zum Jahr 2025.
Angesichts des bereits weitgehend umgesetzten Spar-
prozesses aus den Jahren 2003/2004 mit einer jährlichen
Reduzierung des Ausgabevolumens um etwa 44 Mio. Euro
erscheint die Grenze erreicht zu sein, an der weitere
Einsparauf lagen nicht mehr ohne Aufgabenkritik, auch
im Sinne eines teilweisen oder vollständigen Wegfalls von
Aufgabenbereichen, umgesetzt werden können. Vor
diesem Hintergrund ist der vor uns liegende Diskussions-
und Meinungsbildungsprozess mit dem Titel »Perspektive
2025« notwendig. Die Ergebnisse sollen der Frühjahrs-
synode 2007 präsentiert werden, die dann darüber
diskutieren und, wenn möglich, Entscheidungen herbei-
führen wird.
Die EKHN bereitet sich also rechtzeitig und aktiv
auf eine Zukunft vor, in der die Kirche immer noch
gebraucht wird und die Gesellschaft aktiv mitgestaltet,
in der sie ihre Aufgaben aber mit geringeren finanziellen
Mitteln erfüllen muss.
Dank!
An dieser Stelle danke ich herzlich allen, die Kirchen-
steuern zahlen und damit die Erfüllung der vielfältigen
Aufgaben der EKHN in Verkündigung, Seelsorge und
Beratung, Diakonie und Ökumene sowie in Bildung und
gesellschaftlicher Verantwortung erst möglich machen.
Heinz Thomas Striegler
Leiter des Dezernats Finanzen, Bau und Liegenschaften
Telefon (06151) 405-344
E-Mail [email protected]
Kirchensteueraufkommen
Die obere Linie zeigt die seit vielen Jahren zurückgehenden Einnahmen
aus der Kirchenlohnsteuer, die Beschäf tigte zahlen. Sie spiegelt
die allgemeine wirtschaf tliche Lage der Beschäf tigten und die negative
Entwicklung der Mitgliederzahlen wider. Die untere Linie zeigt den
uneinheitlichen Verlauf der Einnahmen aus der Kircheneinkommen-
steuer, die Unternehmen in der Rechtsform von Personengesellschaf ten
zahlen. Sie ist seit 2004 vorübergehend gestiegen und hat zur kurz-
fr istigen f inanziellen Entlastung der EKHN maßgeblich beigetragen.
Haushaltsplanung
Die EKHN r ichtet ihr langfr istiges Ausgabeverhalten an der lang-
fr istigen Steuerprognose aus. Dabei legt sie einen Ausgabe-
korr idor und konkrete Zielvereinbarungen für Zeiträume von jeweils
6 Jahren fest.
7
Gemeindepfarrstellen 1.095,25
Regionale Pfarrstellen
Schulpfarrstellen 137,25
Dekanstellen 34,75
Fach- und Profilstellen 63,25
Spezialseelsorge (Seite 38) 133,66
Stadtkirchenarbeit 12,00
Stadtjugendarbeit 5,00
Studierendengemeinden 11,75
397,66
Gesamtkirchliche Pfarrstellen
Synode, Leitendes Geistliches Amt und Kirchenleitung 14,00
Kirchenverwaltung 16,83
Bildungseinrichtungen 27,25
Zentren 36,50
Diakonie 8,20
Sonstige 20,75
123,53
Summe Pfarrstellen 1.616,44
Beschäftigte insgesamt 21.465
Beschäftigte ohne Pfarrdienstmit mehr als einer halben Stelle 9.929
davon
Erzieher/-innen 4.371
Sekretariat/Sachbearbeitung 1.389
Krankenpflegeberufe 755
Gemeinde-/Sozialpädagogik, Sozialarbeit 762
Hauswirtschaft 444
Reinigungskräfte 417
Küster/-innen und Hausmeister/-innen 288
Kirchenmusiker/-innen 150
Andere Berufe 1.353
völkerung weitgehend gemischt. In der EKHN sind
verschiedene reformatorische Traditionen beheimatet.
Dazu gehören Gemeinden, die sich an der Wittenberger
Reformation von Martin Luther und Philipp Melanchthon
orientiert haben, sowie Gemeinden, die eher der
schweizerischen und niederländischen Reformation nach
Ulrich Zwingli und Johannes Calvin gefolgt sind. Die
unterschiedlichen Traditionen blieben bei den Kirchen-
unionen im 19. Jahrhundert erhalten. Bis heute hat
in der EKHN jede einzelne Gemeinde ihr Bekenntnis
behalten. Daraus ist die große Vielfalt von Glaubens-
traditionen und die geistige Liberalität erwachsen, die
die EKHN heute auszeichnen. Allen gemeinsam ist die
Verpf lichtung auf die wichtigsten Bekenntnisschriften
der Reformation, die im Grundartikel der Kirchenordnung
von 1947 festgelegt ist.
Unterschiedliche Lebensstile nebeneinander in Dorf,
Stadt und Ballungsgebiet
In der EKHN findet sich die ganze Bandbreite von Lebens-
situationen und -stilen wieder. Weite Teile in Rheinhessen
sowie in Taunus, Westerwald, Vogelsberg und Odenwald
sind ländlich geprägt. Es gibt eine große Zahl von
kleineren, traditionsreichen Städten. Mit Mainz, Wies-
baden, Darmstadt, Frankfurt und Offenbach gehören fünf
Großstädte dazu. Sie umrahmen den Ballungsraum Rhein-
Main, in dem knapp 2,2 Millionen Menschen leben.
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) im Profil
Eine Kirche mit vielen Fassetten
Alte Grenzen
Geografisch umfasst die EKHN einen großen Teil Mittel-
und Südhessens. Etwas mehr als ein Drittel des
Kirchengebiets liegt in Rheinland-Pfalz, nämlich Rhein-
hessen, der Westerwaldkreis und der Rhein-Lahn-Kreis.
Die Städte Wetzlar und Braunfels mit ihrem Umland
bilden darin eine Enklave und gehören zur Evangelischen
Kirche im Rheinland. Die Grenzen stammen aus der
Feudalzeit und verlaufen noch heute im Wesentlichen
entlang den Territorien alter Fürstentümer.
Unterschiedliche religiöse Traditionen nebeneinander
Die meisten Gebiete haben seit der Reformation, also
seit über 450 Jahren, eine evangelische Tradition.
Ausnahmen sind der Rodgau und die Bergstraße, die
traditionell katholisch geprägt sind. Heute ist die Be-
Pfarrstellen
EKHN-Mitarbeiter/-innen
Die Zahl der Bestattungen ist
zwar seit über 20 Jahren rück-
läuf ig, da die betrof fenen
Jahrgänge wegen des Ersten
Weltkr ieges und der folgenden
Wirtschaf tskr ise deutlich
kleiner waren. Sie übersteigt
die Zahl der Taufen dennoch
erheblich. Deshalb wird die Zahl
der Mitglieder trotz gegen-
läuf iger Tendenzen bei den
Austr itten und Wiedereintr itten
dauerhaf t sinken, zumal in
den kommenden Jahren auch
die Zahl der Bestattungen
wieder steigen wird, da die
Geburtenraten ab 1930 wieder
höher waren.
8
Baden-Württemberg
Hessen
Rheinland-Pfalz
Bayern
Nordrhein-Westfalen
OffenbachWiesbaden
Mainz
Darmstadt
Siegen
Koblenz
Ludwigshafen
Kassel
Frankfurt
Heidelberg
Korbach
Bad Hersfeld
Fulda
Marbur
Frankenberg
Bad Arolsen
g
Schw
Freiensteinau
almtal
Alsfeld
Homberg
Gießen
DillenburgHaiger
Limbur
Weilburg
Bad Marienberg
g
Lahns
St.Goars-hausen
Dausenau
Montabaur
tein
Hanau
Aschaffenburg
Nidda
Butzbac
Freienseen
h
Bad Nauheim
Friedberg
Idstein
BingenIngelheim
Alz
Neu-Bamberg
ey
Worms
Eltville
BleidenstadtTaunusstein
Bad Kreuznach
Heppenheim
Gorxheimertal
Neckar-steinach
Bensheim
OsthofenMichelstadt
Seeheim-Jugenheim
Riedstadt
Dieburg
Groß-GerauRödermark
Rodgau RüsselsheimMör Egelsbachfelden
Pfungstadt
Neu-Anspach
Friedrichsdorf
Hochheim
Bodenheim
Uelversheim
HofheimBadSchwalbach Hattersheim
Bad Homburg
Oberursel
KönigsteinNiederhöchstadt
Kronberg
Wetzlar
Groß-Umstadt
Seligenstadt
Karben
Büdingen
Herborn
Bieden-kopf
Viern-heim
Mannheim
Die EKHN in Zahlen
Kirchengebiet der EKHN 13.358,77 km2
Bevölkerung im Kirchengebiet 4,9 Mio.
davon EKHN-Mitgliedermit erstem Wohnsitz innerhalb der EKHN 1.810.157
Dekanate 49
Gemeinden 1.175
Austritte 8.161
Eintritte 3.375
Kindertaufen 14.313
Erwachsenentaufen 1.268
Konfirmationen 20.162
Trauungen 4.406
Bestattungen von EKHN-Mitgliedern 21.736
9
Gabriele Scherle – die neue Pröpstin für die Propstei Rhein-Main
Politische Verantwortung und Frömmigkeit sind kein WiderspruchAm 04. Mai 2006 wählte die Kirchensynode der EKHN Gabriele Scherle mit großer
Mehrheit zur Pröpstin für die Propstei Rhein-Main. Sie wird damit ab Oktober
2006 Nachfolgerin von Helga Trösken. In ihrer Bewerbungsrede verband sie
Informationen zu ihrer Person und ihren Arbeitsschwerpunkten, die hier leicht
gekürzt wiedergegeben werden.
»Ich bin auf einem Bauernhof mit zwei
Brüdern aufgewachsen, habe die Handels-
schule besucht und eine Ausbildung auf
dem Finanzamt gemacht. Nach Ansicht
meiner Eltern war das schon ein großer
Sprung. Nur schwer konnten sie akzeptieren, dass ich
meine sichere Beamtenlaufbahn aufgab, um Sozial-
arbeiterin zu werden. Ich konnte das Fachabitur nach-
machen und Sozialarbeit studieren, dank der damaligen
Bildungspolitik. Ich habe nicht vergessen, dass mir nicht
allein meine Intelligenz und mein Gestaltungswille dies
ermöglichten, sondern wesentlich die politischen
Rahmenbedingungen, um die mich heute Jugendliche
aus ähnlichen Verhältnissen beneiden müssen. Nach dem
Examen habe ich zwei Jahre im Psychiatrischen Landes-
krankenhaus in Marburg und zwei Jahre bei der Aktions-
gemeinschaft Dienst für den Frieden in Bonn gearbeitet.
Dort habe ich unter Juristen, Ärzten und Pfarrern
gearbeitet. Ich weiß, was es heißt, in untergeordneter
Position zu arbeiten und, je nach dem, wertgeschätzt
oder ausgenutzt zu werden.
Ich komme aus einer Waldenserfamilie aus dem
süddeutschen Pietismus. Ich bin sehr dankbar für das
existenzielle Gottvertrauen, das mir aus meiner dörf-
lichen Umgebung mitgegeben wurde und das bis heute
von meiner Familie genährt wird. Beten, singen, zur
Kirche zu gehen, das war selbstverständlich, auch das
Engagement in der evangelischen Jugend.
Der Evangelischen Kirche habe ich viel zu ver-
danken. Menschen aus der Kirche haben mich gefördert
und mir oft mehr zugetraut als ich mir selber. Darunter
auch das Evangelische Studienwerk Villigst, das mir das
Theologiestudium ermöglichte. Vieles von dem, was wir
in der Kirche heute unterstützen und fördern, habe ich
in meinem eigenen Leben positiv erfahren. Auch deshalb
liegt mir so am Herzen, dass wir wissen, was wir alles als
Kirche für die Menschen tun und leisten. Wir haben allen
Grund, stolz und selbstbewusst zu sein – bei allen
Problemen und Grenzen, die ich natürlich auch sehe. Mir
sind aber die Brillen, durch die wir unsere Arbeit
betrachten, oft einfach zu grau getönt.
Mit großer Begeisterung habe ich Theologie
studiert, in Bonn, Berlin, Bochum und Jerusalem. Dabei
habe ich gelernt, dass Theologie nicht Selbstzweck sein
darf, sondern die Aufgabe hat, von Gott her die Wirklich-
keit in einem anderen Licht zu sehen. Auch dass Jesus-
frömmigkeit und politische Verantwortung kein Gegen-
satz sein müssen. Ausdruck davon ist mein Engagement
bei der Aktion Sühnezeichen und bei der Martin-Niemöller-
Stiftung. Ich schätze solche Initiativen, weil sie den
»In Rhein-Main sind viele Spannungen vorhanden, die die EKHN
insgesamt beschäf tigen: Stadt und Land, Zuzug und Bevölkerungs-
verlust, wirtschaf tlicher Niedergang und wachsende Prosperität.
Ohne Verständnis füreinander, ohne gegenseitige Stärkung und
Wertschätzung wird es schwer sein, missionarisch und diakonisch
wirksam zu sein.«
10
Spielraum der verfassten Kirche erweitern und zeigen,
dass der Protestantismus größer ist als die verfasste
Kirche. Ich bin froh, dass wir solche Gruppen fördern.
Als Gemeindepfarrerin in Neu-Isenburg habe ich
Menschen aus allen Milieus der Gesellschaft erreicht. Gut
zu sein in den klassischen Arbeitsfeldern, daran lag mir.
Wichtig war mir aber auch immer, die Stadt und den
Lebensraum der Menschen im Blick zu haben und die
Schwerpunkte der Gemeindearbeit darauf abzustimmen.
Bei meiner Arbeit als Pfarrerin für Friedensarbeit habe
ich mit Friedensforschern, Friedensdiensten und Militärs,
aber auch mit Schulen, der Polizei und mit vielen Kirchen-
gemeinden zusammengearbeitet. Dabei habe ich als
Christin in die politischen Diskussionen die Perspektive
des Evangeliums eingebracht, und zwar, weil sie hilft,
die jeweils bessere Lösung für die Menschen zu finden.
Was ich an Kompetenzen im Bereich der Mediation
und Konf liktbearbeitung und an praktischer Erfahrung,
öffentliche Theologie zu treiben, gewonnen habe, ist
auch für das Propstamt von Rhein-Main von Bedeutung.
Zum Beispiel, wenn es um den Flughafen und seinen
möglichen Ausbau geht. Ich habe in Neu-Isenburg erlebt,
wie die Auseinandersetzungen um die Startbahn-West
tiefe Gräben in Gemeinden gerissen haben, die teilweise
bis heute bestehen. In solchen Situationen sind zentrale
christliche Ressourcen wie das Benennen von Schuld und
die Bitte um Vergebung von unschätzbarem Wert.
Pröpstin, Propstei und Leitendes Geistliches Amt
Die EKHN ist in sechs Propsteien untergliedert. Die Propstei Rhein-Main
mit Sitz in Frankfurt reicht von Ginsheim-Gustavsburg im Westen bis
nach Seligenstadt im Osten und vom nördlichen Stadtrand Frankfurts bis
nach Egelsbach im Süden. Zur Propstei gehören 338.000 evangelische
Christen in 144 Gemeinden und neun Dekanaten.
Die Pröpstin ist als geistliche Repräsentantin zuständig für die
Begleitung und Visitation der Gemeinden sowie der Pfarrer innen und
Pfarrer, für die Besetzung der Stellen und Ordinationen. Zusammen mit
ihren fünf Kolleginnen und Kollegen sowie dem Kirchenpräsidenten und
dessen Stellvertreter in bildet die Pröpstin das Leitende Geistliche Amt,
das als Gremium die Bischofsfunktion, also die geistliche Leitung, in der
EKHN ausübt.
Verantwortung in der EKHN
Die EKHN gliedert sich in Kirchengemeinden, Dekanate, Propsteien
sowie die gesamtkirchlichen Organe und Einr ichtungen. Sie werden von
demokratisch gewählten Gremien verantwortet. Alle Leitungsämter
werden durch Wahlen besetzt. Das verteilt die Verantwortung auf viele
Schultern und bindet viele Menschen mit ihren persönlichen Kompetenzen
in die Entscheidungsprozesse ein.
»Mir ist wichtig, gegenwärtige Herausforderungen und christliche
Glaubensüberzeugungen in ein fruchtbares Gespräch zu br ingen. Die
Kluf t zwischen Arm und Reich gehört dazu, wie auch die Bedeutung der
Ewigkeitshof fnung für unseren Umgang mit Zeit. Entscheidend ist für
mich, wie Orientierung gewonnen werden kann: durch Aufmerksamkeit
für die Themen, durch Achtsamkeit im Umgang mit anderen Meinungen,
durch theologische Nachdenklichkeit und dann auch durch Mut zur
Einmischung. Und Sie können davon ausgehen, dass ich das dialogisch
und werbend tun werde.«
Pfarrerin Gabriele Scherle
Propstei Rhein-Main
Telefon (069) 287388
E-Mail ev.propstei.rhein-main
@ekhn-net.de
Der Schatz unserer Vergebungskultur kann aber auch
noch in einer anderen Hinsicht bedeutsam sein: nämlich
für den Umgang mit Strukturveränderungen in der
Kirche. In meiner jetzigen Tätigkeit als Gemeinde-
beraterin und Leiterin des Weiterbildungszentrums
Führung und Leitung im Burckhardthaus habe ich mich
mit Kooperations- und Fusionsprozessen beschäftigt.
Wichtig ist mir vor allem ein Lernertrag: Erfolg oder Miss-
erfolg hängen entscheidend vom Umgang mit den so
genannten weichen Faktoren ab.
Nur wo es gelingt, die Menschen mitzunehmen,
wo verlässliche Vorgaben bestehen und wo Gewinne und
Verluste von Veränderungen deutlich benannt werden,
nur da stärken solche Prozesse das Vertrauen in den
gemeinsamen Weg – und das Zutrauen, dass es letztlich
Gott ist, der die Kirche trägt und erhält.«
11
Projekte zur Mitgliederorientierung in den Kirchengemeinden Wiesbaden, Bleidenstadt und Dausenau
Die Menschen erreichenDie großen Volkskirchen unterliegen einem tief greifenden Wandel. Viele
Menschen sind heute nicht mehr aus Tradition Mitglied, sondern aus vielen
verschiedenen und persönlichen Gründen. Entsprechend unterschiedlich
sind auch die Vorstellungen von der Kirche.
Religion und Glaube sind im Pluralismus und im
Individualismus der Postmoderne ange-
kommen. Damit wird die kirchliche Arbeit
anspruchsvoller – bei schrumpfenden
Ressourcen. Der Umbau von der Amtskirche zu
einer mitgliederorientierten Kirche ist im Gange und er
dauert mindestens Jahrzehnte. Eine Stadtgemeinde,
eine Umlandgemeinde und eine Landgemeinde haben
sich dem in einem Projekt für Mitgliederorientierung
gemeinsam gestellt.
Bis 1918 war die evangelische Kirche noch Teil
des Staats, die Mitgliedschaft darin stand im Prinzip
nicht in Frage. Nach der Trennung von Kirche und Staat
hat sich das allmählich geändert. Zwar ist bei vielen
noch immer die alte, kulturelle und familiäre Tradition
lebendig. Doch daneben sind heute viele aus persön-
licher Überzeugung und aufgrund ihrer individuellen
Entscheidung Mitglied einer Kirche, die sich manche
durchaus jenseits ihrer familiären Wurzeln aussuchen.
Manche ändern ihr Verhältnis zu Glauben und Kirche im
Verlauf ihres Lebens. Das belegen die dynamischen
Zahlen der Austritte, Wiedereintritte und Übertritte.
Viele Menschen wollen heute überzeugt werden und
Kirchen müssen überzeugend sein. Die Kirche steckt
dabei in einer Zwickmühle: Einerseits schrumpfen die
finanziellen Ressourcen. Andererseits soll der Standard
der Angebote steigen, weil er sich an vergleichbaren
Dienstleistungen messen lassen muss.
In der Erklärung »Das Evangelium unter die Leute
bringen« der Synode der Evangelischen Kirche in
Deutschland (EKD) zu Mission und Evangelisation aus
dem Jahr 1999 heißt es: »Die Gefahr unserer Kirche liegt
nicht in zu viel Nähe, die aufdringlich würde und dem
Menschen die Freiheit raubte. Sie liegt in zu viel Distanz
zu den Menschen.« (Kapitel IV.1)
Diese Einsicht ist Grundlage des Projekts Mit-
gliederorientierung, für das die EKHN im Mai 2006 eine
feste Pfarrstelle eingerichtet hat. Sie ist mit Ksenija
Auksutat besetzt. Ihr Auftrag ist es, Methoden für eine
zukunftsfähige Mitgliederkommunikation zu entwickeln.
Mitgliederorientierte Gemeindearbeit
Bergkirche Wiesbaden
Die Bergkirchengemeinde in Wiesbaden-Mitte ist eine traditionsreiche
Gemeinde. In der Kirche aus der Gründerzeit f inden neben Gottesdiensten
regelmäßig herausragende Konzerte statt. Das große Gemeindehaus
beherbergt eine große Kindertagesstätte mit Hort und bietet Raum für
viele Gruppen. Der umliegende Stadtteil hat sich dabei stark gewandelt:
Während der eine Gemeindebezirk eine überwiegend bürgerliche Wohn-
bevölkerung aufweist, ist die andere Hälf te inzwischen von einem
alternativ und kulturell gemischten Milieu geprägt. Die Herausforderung
für die Mitarbeitenden in der Gemeinde besteht darin, allen Mitgliedern
und vielen zugezogenen (Noch-)Nichtmitgliedern gerecht zu werden.
Kirchengemeinde Bleidenstadt
Bleidenstadt war ehemals ein Dorf und wurde Stadtteil der wachsenden
Vorort-Kommune Taunusstein. Viele Familien, Berufstätige, die täglich
nach Wiesbaden zur Arbeit pendeln, und eine große Zahl aktiver Ruhe-
ständler bilden hier die Bevölkerung. Der Kirchengemeinde ist heute
neben dem guten Kontakt zu Familien über Anlässe wie Taufe oder
Konf irmation ein schnellerer Kontakt zu Neuzugezogenen wichtig.
Kirchengemeinde Dausenau
Dausenau liegt, umgeben von einer sehenswerten Stadtmauer, zwischen
Bad Ems und Nassau maler isch am Lahnufer. Die St. Kastorkirche ist
kunstgeschichtlich bedeutend und wird von vielen Touristen aufgesucht.
Die aktive Kirchengemeinde setzt bereits hochmoderne Audio-Guides
ein, die Besucher mit den Informationen versorgen. Der Spagat zwischen
den Erwartungen von Touristen und der verwurzelten Traditionsliebe der
einheimischen Bevölkerung fordert den Kirchenvorstand heraus.
12
In einem Pilotprojekt haben die Bergkirchengemeinde in
Wiesbaden, die Kirchengemeinde Taunusstein-Bleiden-
stadt und die Kirchengemeinde in Dausenau an der Lahn
im Jahr 2005 einen gut einjährigen Prozess zur Mitglieder-
orientierung begonnen. Mit Kirchenvorstand, Pfarrer
und Pfarrerinnen, Gemeindesekretärin und Küster haben
sich fast alle Mitarbeitenden daran beteiligt. Mit Büro-
organisation, Beschilderung der kirchlichen Gebäude
und der Entwicklung neuer Angebotsformen wurden alle
Kontaktf lächen zu den Mitgliedern einbezogen. Im Blick
war dabei immer ihr theologischer Auftrag: die Liebe
Gottes zu den Menschen, zu jeder und jedem Einzelnen,
weiterzugeben. Jesus hat sich den Menschen unter-
schiedslos und ohne Einschränkung zugewandt. Er war
für sie da und ist zu ihnen gegangen. Unter diesem Blick-
winkel kommen die Kriterien der Mitgliederorientierung
schnell in den Blick. Wer Menschen erreichen will, muss
erreichbar sein. Wer ihnen etwas vom Glauben weitergeben
will, muss sie ansprechen.
Die Pilotgemeinden haben ihre Arbeit sehr gründ-
lich unter die Lupe genommen. Veränderte Öffnungs-
zeiten wurden ausprobiert, die Zusammenarbeit der
Mitarbeitenden und der interne Kommunikationsf luss
wurden verbessert. In Fortbildungen trainierten sie
Teamwork und Telefonverhalten. Schilder an Straßen und
Gebäuden machen es interessierten Menschen zukünftig
leichter, die Kirchengemeinde oder die gesuchten
Büros zu finden. Zur Kontaktpf lege mit den Mitgliedern
nutzen die Gemeinden zeitgemäße Informations-
und Kommunikationstechnologien und verwenden an-
sprechend gestaltete Informationsmedien.
Auch bei den Gottesdiensten gab es Veränderun-
gen. So werden in Bleidenstadt Verstorbene jetzt zu
Beginn erwähnt und Kerzen angezündet, was in der
Gemeinde positiv aufgefallen ist. Die Begrüßung am
Kircheneingang wirkt einladend und persönlich, da die
Kirchenvorsteherinnen und -vorsteher nun Namens-
schilder tragen. Den erstmals veranstalteten Brunch für
Neuzugezogene besuchten viele Angeschriebene und
auch die Zeitung berichtete darüber. Aus dem Tanzprojekt,
Die Mitgliedschaf tsstudie der EKD hat nach den allgemeinen Aufgaben
der Kirche und nach den persönlichen Motiven der Mitgliedschaft gefragt.
Demnach beziehen sich die allgemeinen Erwartungen der Mitglieder an
ihre Kirche besonders auf gottesdienstliches und diakonisches Handeln.
Gesellschaf tliche Einmischung und Wertevermittlung stehen dahinter
deutlich zurück. Die persönlichen Motivationen der Mitglieder entsprechen
dem. Sie machen aber den großen Wunsch nach einem kirchlichen Handeln
deutlich, das möglichst direkt auf die einzelne Person zu beziehen ist.
Besonders wichtig sind Taufe, Trauung, Bestattung, Hilfe in der Not und der
Wunsch nach einer persönlichen geistlichen Orientierung. Die Befragung
zeigt aber insgesamt bei den Mitgliedern eine breite Palette von Gründen.
Erwartungen an die Kirche
Auf die Frage »Welcher Aspekt der Religion ist Ihnen besonders
wichtig?« antworten Mitglieder sehr unterschiedlich. Während
Menschen mit einer engen Kirchenbindung den Gemeinschaf tsaspekt
sehr viel mehr hervorheben als das sozial-diakonische Engagement
und die individuelle Glaubenssuche, sehen das Menschen, die sich der
Kirche gegenüber distanziert verhalten, genau andersherum.
13
Evangelische Bergkirche
Wiesbaden
Telefon (0611) 524300
E-Mail [email protected]
Evangelische Kirchen-
gemeinde Bleidenstadt
Telefon (06128) 42950
E-Mail [email protected]
Evangelische Kirchen-
gemeinde Dausenau
Telefon (02603) 6256
E-Mail sommer.monika
@web.de
Projektleiterin
Mitgliederorientierung:
Ksenija Auksutat
Telefon (06151) 405-501
E-Mail mitgliederservice
@ekhn .de
einer Zielgruppenveranstaltung im Rahmen des Projekts,
sind ehrenamtliche Mitarbeiterinnen fürs Gemeindefest
gewonnen worden.
In Dausenau, einer sehr ländlich geprägten
Kirchengemeinde, überwiegt abschließend eher die
Skepsis. Die Methoden passten nicht so einfach in die
ländliche Situation, wo die Bedeutung der Pfarrerin
besonders groß ist.
Die Projektgruppe der Wiesbadener Bergkirchen-
gemeinde bilanzierte am Ende der Projektzeit: Mitglieder-
orientierung ist kein Allheilmittel. Sie bietet wichtige
Anregungen, Denkanstöße und Ideen, aber die
langfristige Umsetzung obliegt einzig den Gemeinden
selbst – sie müssen Mitgliederorientierung leben!
Die Methoden und Materialien der drei Pilot-
gemeinden werden im nächsten Schritt ab Herbst in
einem ganzen Dekanat erprobt. Anschließend stehen sie
Finanzierung der Kirchengemeinden
Kirchenaustritte seit 1900
Direkt nach der Trennung von Kirche und Staat im Jahr 1918 sind viele
Mitglieder aus der Kirche ausgetreten. Sie gehörten zumeist dem
Arbeitermilieu an, zu dem die Kirchen bereits im 19. Jahrhundert den
Zugang weithin verloren hatten. In den bürgerlichen Milieus blieb die
Tradition der Kirchenmitgliedschaf t jahrzehntelang überwiegend
bestehen. Lediglich zu Beginn des Dritten Reiches gab es vermehrt
Austr itte.
Die stabilste Phase erlebten die Kirchen nach dem Zweiten Weltkr ieg,
als ihnen eine wichtige Orientierungsfunktion beigemessen wurde.
Umso hef tiger waren die Austr ittswellen nach 1968, als sich in der
Folge der Studentenrevolte auch viele bürgerliche Mitglieder aus der
Tradition der Kirchenmitgliedschaf t lösten und sie zunehmend als frei-
willig betrachteten.
Die f inanzielle Ausstattung der Gemeinden hängt ab von der Zahl ihrer
Mitglieder und ihrer Gebäude sowie von ihren Arbeitsschwerpunkten.
Neben den Zuweisungen der EKHN können Gemeinden Zuschüsse
von staatlichen Institutionen erhalten. Die Pfarrer innen und Pfarrer
erhalten ihr Gehalt direkt von der Gesamtkirche. Weitere Mitarbeitende
werden im Rahmen des Gemeindehaushalts bezahlt. Unabhängig vom
örtlichen Kirchensteueraufkommen erhalten die Kirchengemeinden
Zuweisungen aus Kirchensteuermitteln:
für Personalkosten [Euro]
einen Sockelbetrag 4.589,80
pro Mitglied 14,20
mindestens jedoch 7.154,00
für Gottesdienst und Gemeindearbeit [Euro]
bis 999 Mitglieder pro Mitglied 4,75
mindestens jedoch 1.969,50
ab 1.000 Mitglieder pro Mitglied 2,81
mindestens jedoch 4.754,00
für Verwaltung [Euro]
pro Mitglied 1,07
pro Pfarr-/Vikarstelle 1.445,60
für die Gebäudeunterhaltung [Euro]
Pauschale pro Gebäude für kleinere Baumaßnahmen 410,00
sowie zusätzlich für kleinere Baumaßnahmeneine Zuweisung, berechnet auf der Basisdes Brandversicherungswertes
für die Gebäudebewirtschaftungpro 1.000 Einheiten des Brandversicherungswertes [Euro]
für das Gemeindehaus 87,55
für die Kirche 42,40
für das Pfarrhaus 21,20
für sonstige Gebäude 42,40
Gemeinden können weitere Zuweisungen bekommen
für zusätzliche Predigtstellen entsprechend der Nutzungsdichte
1.023,55 bis 3.424,80 Euro
auf Antrag Sonderzuweisungen für Personal zur Verstärkung
bestimmter Aufgaben
auf Antrag Mittel für große bauliche Maßnahmen
Ergänzungszuweisungen für Kindertagesstätten, Diakoniestationen
und ähnliche Einr ichtungen
Aufwandsersatz für Grundbesitzverwaltung
mit einem Unterstützungsteam der Gemeindeberatung
und einem Handbuch für Mitgliederorientierung allen
übrigen Kirchengemeinden und Dekanaten zur Ver-
fügung.
Unterstützt wurde der Prozess vom Zentrum
Organisationsentwicklung und Supervision in Friedberg
und der Agentur 2SBM, Netzwerk für integrierte
Kommunikation und Value Marketing, aus Darmstadt.
Ksenija Auksutat hat weitere Hilfsmittel und
-methoden entwickelt, mit denen Gemeinden und Ein-
richtungen die Kontaktf lächen zu den Mitgliedern ver-
bessern können. Hierzu zählen Informationsbroschüren,
Materialpakete, Fortbildungen, Beratungen und ein
Konzept zur Qualitätssicherung im Mitgliederkontakt.
Auch die Arbeit im Bereich Fundraising steht in enger
Beziehung zur Mitgliederorientierung, denn Fundraising
ist in erster Linie Beziehungspf lege.
Häuf ig lösen Änderungen im Steuerrecht Austr ittswellen aus. Wenn
Belastungen steigen, wie etwa 1991 nach der Einführung des Solidaritäts-
zuschlags, steigt die Zahl der Kirchenaustr itte. In den beiden letzten
Jahren war ihre Zahl allerdings deutlich rückläuf ig und religiöse Fragen
f inden wieder ein größeres Interesse.
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»Die Kirche sollte meditative Formen von Spiritualitätstärker in den Blick nehmen. Das kann Menschen zu ihrer Mitte führen und mit Gottin Berührung bringen.«Magda Lucas [51], Gemeinde-pädagogin, Frankfurt-Sossenheim
Glauben feiern
»Mir gefällt es gut, wenn wir zusammen beten – das istinnen drin ein schönes Gefühl.Alleine zu Hause beten istauch schön, aber zusammenist es besser.«Leonhardt Kuntz [6], Osthofen
»Als Protestanten haben wir verlernt, alle Sinne mit ein-zubeziehen. Es muss wieder mehr Sinnlichkeit in unsere evangelische Kirche.«Klaus Douglass [47], Gemeinde-pfarrer Niederhöchstadt
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Religiöse Erziehung in der Kindertagesstätte Osthofen bei Worms
Zusammen beten ist eben schönerSie sind christlich, ungetauft oder haben eine andere Religion. Kinder, die
evangelische Kindertagesstätten besuchen, sollen neben dem sozialen Lernen auch
Erfahrungen mit dem christlichen Glauben machen können. Die anderen Religionen
sollen dabei nicht missachtet werden, ein Spagat, der auch eine Chance ist.
Die Kinder sind klein, die Hoffnungen der
Eltern groß, auch im Religiösen. »Viele haben
den Wunsch nach religiöser Erziehung ihrer
Kinder«, sagt Pfarrer Joachim Dietermann, im
Zentrum Bildung der EKHN zuständig für die
frühkindliche Erziehung. Nur würden viele sagen: »Wir
können das nicht, macht ihr das mal.« Die Erzieherinnen,
die Kinder stellvertretend christlich erziehen sollen,
fühlen sich gelegentlich überfordert. Schließlich sind
auch sie von Glaubenszweifeln nicht frei.
So sei etwa auf Fortbildungen zu hören: »Das mit
Ostern verstehe ich nicht.« Joachim Dietermann, der
Pfarrer, antwortet dann: »Ostern ist ja auch schwer ver-
ständlich.« Es wird aufgeatmet. Und gemeinsam tauche
man immer wieder neu ein »in die biblischen Geschichten
gegen den eigenen Unglauben«. Das Problem mit der
religiösen Erziehung liege eher bei den Erwachsenen,
nicht bei den Kindern. »Sie bringen alles mit. Fragend
stoßen Kinder Fenster auf. Wir können das Fenster
schließen oder hinausschauen und uns mit den Kindern
gemeinsam auf einen Weg begeben.«
Waltraud Becker: »Merkt ihr, dass unser Kindergarten zur
Kirche gehört?«
Rebecca: »Ja, na klar! Wir gehen doch of t zur Kirche und in
den Gottesdienst und wir glauben an Jesus.«
Waltraud Becker: »Wie merkt ihr im Kindergarten, ohne dass
wir einen Gottesdienst feiern, dass wir zur Kirche gehören?«
Rebecca: »Wir erzählen doch ganz viele Geschichten von Gott
und Jesus, weißt du, die, die in dem Buch – ähm – in der Bibel
stehen.«
Leonhardt: »Mir gefällt es gut, wenn wir zusammen beten –
das ist innen dr in ein schönes Gefühl. Alleine zu Hause beten
ist auch schön, aber zusammen ist es besser.«
Annalena: »Ja, ich merke, dass wir zur Kirche gehören, wir
glauben doch an Jesus! Und in der Gruppe gibt es auch ein
Buch mit Geschichten von Gott – die gibt es auch als Pixi-
bücher! Mir gefällt besonders, wenn wir mit dem Kindergarten
zur Kirche gehen. Dann läuten extra für uns die Glocken – die
rufen uns.«
Waltraud Becker: »Wie wäre es, wenn wir ein Kindergarten
wären, der nicht zur Kirche gehört?«
Annalena: »Das wäre traurig, weil du uns dann nicht die
Geschichten erzählen würdest, und wir würden ja nicht vorm
Essen beten.«
16
Biblischer Lärm
In der Kita Osthofen geht die Tür auf, Jungen und Mäd-
chen gehen auf Strümpfen ins Zimmer. Heute ist Erzähl-
tag. Dafür wird die Jesuskerze angezündet. Waltraud
Becker, die Kindertagesstättenleiterin, lässt den Gong
dreimal tönen. Rasch wirkt das Ritual: Stille – und
Erwartung, Erwartung auf das erste Wort. Der Fußboden
gleicht einem Meer, ein blaues Tuch breitet sich in
Wellen aus, umgeben ist es von Muscheln. Über das
Wasser gleitet ein Schiff, darin Jesus mit den Jüngern.
Die Kinder lauschen der Geschichte, hören den auf-
kommenden Sturm, die Kinder stürmen jetzt selbst: Sie
lassen Tücher f lattern, es pfeift und jault, Instrumente
dröhnen, Donner grollen. »Biblische Geschichten
können mit Lärm verbunden sein«, sagt Waltraud Becker.
Im Geräuschgetümmel ein traumverlorener Klang, den
Annalena aus dem Xylofon herausstreichelt. Jesus schläft
im wogenden Schiff, der zarte Klang erinnert an einen
Träumer, so lebendig fein, dass Jesus dem Traum kraft-
voll entsteigen kann und – jetzt! – hellwach die Gefahr
mit Ruhe überlistet. Still. Alles ruhig.
»Ich war so wütend, wäre fast geplatzt«
In Innern aber klingt der Sturm nach, die Mädchen und
Jungen übertragen ihn auf andere Situationen in ihrem
Leben und erzählen von einem Wüten, das sie zuweilen in
sich selber spüren: »Der Fuß meiner Schwester hat mich
am Mund getroffen, das hat so weh getan«, erinnert sich
ein Mädchen. »Es war im Wohnzimmer«, sagt Leo und
ballt die Fäuste. »Ich war voll wütend. Fast wäre ich
geplatzt!« Die so ein inneres Rumoren kennen, erzählen
auch von einer Kraft, die Ruhe bringt. Manche erfahren
sie bei Mama oder Papa. Ein Mädchen erzählt: »Ich gehe
in mein Zimmer und mache hinter mir die Tür zu.« Ein
Junge weiß, was draußen gegen den pochenden Schmerz
einer Wunde hilft: »Ich lege ein Blatt darauf, das kühlt.«
Kindertagesstätten
1996 2006
Zahl der Kitas 620 621
Zahl der Plätze 40.179 41.074
Belegte Plätze 38.517 36.495
Plätze mit Mittagessen 6.657 15.737
Nachmittagsbetreuung 11.130 16.638
Religionszugehörigkeit der Kinder 1996 2006
evangelisch 20.416 16.714
römisch-katholisch 7.763 6.820
muslimisch 3.385 4.366
ohne Religionszugehörigkeit 3.848 6.825
ohne Angaben 3.105 1.770
Entsprechend dem Bedarf hat die EKHN ihr Angebot an
Ganztagsbetreuung mit Mittagessen ausgeweitet.
Erzieherinnen und Erzieher sind die größte Berufsgruppe in
der EKHN. Derzeit arbeiten 5.213 Personen auf 2.705 Stellen.
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»Nichts überstreifen, nicht beliebig werden«
Auch türkische Kinder schauen ins Licht der Jesuskerze,
singen mit beim Segenslied. Nicht alle Kinder in
evangelischen Kindertagesstätten gehören einer Kirche
an. »Manchmal sind mehr als die Hälfte der Jungen und
Mädchen nichtchristlich«, sagt Pfarrer Joachim Dieter-
mann. Für das gemeinsame Leben müssen immer neu
Lösungen ausgehandelt werden. Umgekehrt liegt darin
auch »ein Schatz an Begegnungen, die man unter
Erwachsenen bestenfalls unter großen Mühen organi-
sieren kann«. Waltraud Becker hat für sich den Leitsatz
gefunden: »Nichts überstreifen, nicht beliebig werden.«
Angebote für Kinder in Kirchengemeinden
Pfarrer Joachim Dietermann, Referent für die frühkindliche Erziehung im Zentrum Bildung, über religiöse Sozialisation in Kindertagesstätten
Jedes Kind hat ein Recht auf seine Religion
Alle Kinder bringen Religion mit, auch Kinder aus
atheistisch geprägten Familien. Sie sind auf Menschen
angewiesen, die sie in ihrer Suche nach Orientierung und
ihren Fragen nach Gott und der Welt begleiten.
Evangelische Kinder dürfen sich in der religiösen Prägung
der Kindertagesstätte (Kita) zu Hause fühlen und sagen:
»Das ist unsere Kirche, da bin ich getauft worden, das ist
unser Pfarrer.« Während sie ihre eigenen religiösen
Wurzeln entwickeln und pf legen, begegnen sie gleich-
zeitig anders geprägten Kindern, nehmen dabei Unter-
schiede wahr und können sie bejahen. Die religiös anders
verwurzelten Kinder sind dabei als Gäste willkommen.
Sie sind eingeladen, christliche Feste mitzufeiern, im
klaren Bewusstsein darum, dass sie es als religiöse Gäste
tun, die in solchem Feiern nicht zu Hause sind. Es gilt,
dabei einen Stil zu entwickeln, der den Anschein der Ver-
einnahmung von vornherein ausschließt.
Das evangelische Profil der Kita zeigt sich in der offenen
Haltung der Erzieherinnen und Erzieher vor Ort. Sie
müssen keine fest gefügten Glaubensüberzeugungen mit-
bringen, sondern an der gemeinsamen Suchbewegung
nach Jesus teilhaben wollen. Dafür müssen sie bereit sein,
die Kinder anzuregen und ihre Fragen herauszukitzeln.
Nur wer in Fragen des Glaubens selbst sprachfähig ist,
kann mit Kindern darüber ins Gespräch kommen.
Die EKHN unterstützt das, indem sie die Fach-
beratung ausgebaut und trotz des Finanzdrucks gerade
hier nicht gekürzt hat. Evangelische Kitas haben eine
bessere Personalausstattung als die des Landes, sie
haben unterstützende Verwaltungen und neue Qualitäts-
standards. Regionale Fortbildungen helfen die religions-
pädagogische Kompetenz zu erweitern.
[Zahl]
Kindergottesdienste 28.129
Schulgottesdienste 1.687
Kinderbibelwochen 558
Teilnehmer/-innen 19.879
Eltern-Kind-Kreise 1.420
Teilnehmer/-innen 10.914
Kinderkreise 1.652
Teilnehmer/-innen 14.125
Kinderchöre 170
Viele Geschichten verbinde das Christentum mit dem
Islam, in dem Jesus als Prophet gelte. Bei Jesu Auf-
erstehung markiere sie allerdings deutlich den Unter-
schied. Gemeinsamkeiten treten dennoch immer wieder
zu Tage. Als das moslemische Zuckerfest in den Advent
fiel, erzählte eine moslemische Mutter von Ablauf und
Bedeutung des Festes. »Auch die türkischen Kinder
kennen eine Art Adventskalender«, war zu erfahren,
was selbst für die äußerst religionskundige Kindertages-
stättenleiterin Waltraud Becker überraschend war.
»Den Fastenmonat über wird an jedem der 30 Tage ein
Päckchen geöffnet, das letzte am Zuckerfest.«
Pfarrer Joachim Dietermann
Zentrum Bildung
Telefon (06151) 6690-215
E-Mail joachim.dietermann.zb
@ekhn-net.de
Angebote für Kinder sind ein zentrales kirchliches Anliegen.
Die Zahl der Angebote ist seit 1980 leicht gesunken.
Die Zahl der Teilnehmenden hat sich auf etwas mehr als die Hälf te
reduziert – den sinkenden Geburtenraten entsprechend.
18
Aktives Gemeindekonzept der Andreasgemeinde Niederhöchstadt
Kirche für die SinneDie Andreasgemeinde in Eschborn-Niederhöchstadt ist Medienrummel gewohnt.
Denn ihre Gottesdienste »GoSpecial« sorgen seit zehn Jahren weit über die Region
hinaus für Furore und ziehen nicht selten bis zu 1.000 Menschen an. Sie sind
Baustein in einem breit gefächerten Gemeindekonzept, das auf Beteiligung und
frische Ideen setzt.
»Was würde Jesus zu Angela Merkel sagen?«
– »Knocking on Heaven’s Door« – »Im
Himmel ist die Hölle los«. Schon die
Themen lassen traditionelle Kirchgänge-
rinnen und -gänger stutzen. Zehn Jahre
gibt es ihn nun, den besonderen Gottesdienst in Nieder-
höchstadt und mehr als 100 Mal erlebte eine begeisterte
Gemeinschaft diesen spektakulären Mix aus Musik,
Theater, Kabarett, Sketschen und schrillen Effekten.
Ungewöhnlich für einen Gottesdienst sind auch die
Besucherinnen und Besucher: Denn zu einem großen Teil
handelt es sich um Menschen, die vorher nur wenig oder
überhaupt nichts mit der Kirche zu tun hatten. Auch
Heike Becht gehörte zu ihnen, bis ein Freund sie zu
einem GoSpecial-Gottesdienst mitbrachte. »Das ist
typisch für unsere Gemeinde«, erklärt die Frau, die heute
Vorsitzende des Kirchenvorstandes ist, »wir vermehren
uns stark über private und familiäre Netzwerke.«
Lebensthemen und Sinnlichkeit
Vater der rasanten Entwicklung ist Dr. Klaus Douglass:
»Früher war das eine normale Landgemeinde mit
ungefähr 30 Leuten im Gottesdienst«, erinnert sich der
Pfarrer, der 1989 nach Niederhöchstadt kam. Durch
19
persönliche Ansprache von Menschen und Predigten, bei
denen er stets aktuelle Themen als Aufhänger nahm,
stieg die Besucherzahl schnell auf mehr als das Dreifache
an. Doch der Pfarrer wollte mehr: Auf einer Reise in die
USA lernte er unter anderem die Erlebnis-Gottesdienste
der Willow-Creek-Gemeinde bei Chicago kennen, bei
denen Zweif ler und nicht zuletzt ungewöhnliche Formen
im Mittelpunkt stehen. Die Idee für GoSpecial war
geboren und bewährte sich. 800 bis 1.000 Menschen
nehmen heute an den Gottesdiensten teil, die mittler-
weile in einem Saal des »Kinopolis« neben dem Main-
Taunus-Zentrum in Sulzbach stattfinden, wo sich manche
Leute wie bei einer Filmvorführung mit Getränken und
Popkorn eindecken.
»Als Kirche des Wortes vergessen wir Protestanten
oft die Sinnlichkeit«, sagt Douglass, »aber Gott ist nun
mal nicht nur über den Verstand erfahrbar.« Die Nieder-
höchstädter wollen daher auch »Kirche für die Augen
sein«, wie Geschäftsführerin Anke Wiedekind betont.
Und damit meint sie längst nicht nur GoSpecial. Ins-
gesamt sieben unterschiedliche Gottesdienstformen gibt
es in Niederhöchstadt, darunter der Jugendgottesdienst
eXperience oder der Gottesdienst Kompakt, der weniger
Evangelische Andreasgemeinde
Langer Weg 2
65760 Eschborn
Telefon (06173) 63534
E-Mail buero
@andreasgemeinde.de
www.andreasgemeinde.de
als eine Stunde dauert. Gemeinsam ist ihnen, »dass sie
jeweils von einem Lebensthema ausgehen und das dann
mit der Bibel in Verbindung bringen«. Um was es
demnächst gehen soll, darüber kann die Gottesdienst-
gemeinde abstimmen.
Kirche neu erfinden
Eine tragende Rolle kommt in Niederhöchstadt den
Glaubenskursen zu. »Für das Hineinwachsen in die
Gemeinde hat sich eine Art ›idealtypischer Weg‹ mit acht
Schritten herausgebildet. Und dabei begleiten wir die
Menschen gezielt«, erklärt Wiedekind. Außerdem gibt es
verschiedene Hauskreise, an denen bis zu zwölf Personen
teilnehmen und in ungezwungener Atmosphäre über
Glaubensthemen ins Gespräch kommen.
»Wir haben«, so Klaus Douglass, »ein besonderes
Klima der Ermutigung und Erbauung. Von den ersten
Christen sagte man: ›Seht, wie sie einander lieben.‹ Das
war ihr Erkennungszeichen.« Orientiert am »besucher-
freundlichen Konzept« der amerikanischen Gemeinde-
wachstumsbewegung von Saddleback entwickelte die
Gemeinde eine Philosophie, die klare Ziele für die Arbeit
enthält: Gott kennen lernen, miteinander leben, im
Glauben wachsen, für andere da sein, Gott von ganzem
Herzen lieben. Jedes dieser Ziele bildet einen eigenen
Arbeitsschwerpunkt. Der Sozialwissenschaftler und
Theologe Kai Scheunemann zum Beispiel ist für die Go-
Special-Gottesdienste zuständig und setzt auf Dialog:
»Das Geheimnis ist, sich jedes Mal dem Feedback zu
stellen und kritikfähig zu bleiben«, sagt er und Pfarrer
Douglass ergänzt: »Wir müssen Kirche immer wieder neu
erfinden und die Traditionen für die heutige Zeit lebendig
deuten – schließlich gibt es viele Türen zu Gott.«
»Just go« – der erste Kirchentag rund um Gottesdienste
Über 2.000 Menschen aus dem ganzen Bundesgebiet nahmen am ersten
Kongress für neue Gemeinde- und Gottesdienstformen in Höchst teil.
Ihn veranstaltet hatte die Andreasgemeinde in der Jahrhunderthalle im
Mai 2006. Sie bot damit den Gruppen, die an neuen Gottesdienstformen
arbeiten, ein Forum für Anregungen und Erfahrungsaustausch.
Die Vision hinter diesem Großprojekt zielt auf liturgische Feiern, die
auch jene Menschen als of fen, einladend und verständlich empf inden,
denen kirchliche Traditionen fremd geworden sind. In der EKHN sind
150 Gemeinden bekannt, in denen neue Gottesdienstformen praktiziert
werden. Sie fanden in der Jahrhunderthalle, die sich vorübergehend zur
Kirche verwandelt hatte, ein breites Spektrum an Ideen und kreativen
Köpfen.
Informationen über alternative Gottesdienste
in der EKHN f inden Sie unter
www.evangelische-sonntagszeitung.de/alternative-godis/
20
Ehrenamtliches Engagement in der EKHN
Nicht nur der Pfarrer zählt
Dafür stehen mehr als 50 Gruppen und Angebote, zu
denen unter anderem 20 Haus-, Gesprächs- oder Gebets-
kreise und Seminare gehören. »Als Gemeinde ist es unser
biblischer Auftrag, Ausstrahlung auf Menschen mit ganz
unterschiedlichen Lebensentwürfen zu haben«,
bekräftigt Heike Becht. Ermöglicht wird das auch durch
den »Verein zur Unterstützung des geistlichen Gemeinde-
aufbaus in der evangelischen Andreasgemeinde Nieder-
höchstadt e.V.«, der sich vor zwölf Jahren gründete. Mit
Hilfe einer Erbschaft von 100.000 Euro, regelmäßigen
Spenden und Gemeindegliedern, die den zehnten Teil
ihres Einkommens beisteuern, beschäftigt er mittlerweile
sechs bezahlte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter für ver-
schiedene Arbeitsbereiche.
Und das Erfolgsrezept? »Wir sind eine Mitarbeiter-
gemeinde«, sagt Douglass, »Verantwortung verteilt sich
auf viele Schultern.« Als Pfarrer spiele er zwar eine
wichtige Rolle in der Gemeinde, doch die Zentrierung
auf eine Person gebe es in Niederhöchstadt nicht mehr.
»Vieles hier läuft ganz selbstverständlich ohne mich,
weil andere ihre Kompetenz zur Verfügung stellen.«
Edgar Tilly ergänzt: »Es geht darum, Ehrenamtliche nicht
in Aufgaben hineinzupressen, weil an einer bestimmten
Stelle gerade Mangel herrscht, sondern Menschen eine
Plattform zu bieten, ihre Ideen und Talente zu verwirk-
lichen«, erklärt der Mann, der im Finanzbereich mit-
arbeitet und sich als »typischen Späteinsteiger über
GoSpecial« bezeichnet. Mit ihm engagieren sich in
Niederhöchstadt 360 Ehrenamtliche in Teams, die sich
um Theater, Kinderbetreuung, Seniorennachmittage
oder Seelsorge kümmern. Acht Bands, so genannte
»LobpreisTeams«, sorgen für die Musik. »Bei Gottesdienst-
vorbereitungen leisten oft über 100 Menschen insgesamt
tausend Arbeitsstunden«, betont Douglass.
An zentraler Stelle präsent
Ein weiterer neuer Mosaikstein im Niederhöchstädter
Konzept der »offenen Gemeinde« ist der Buchladen
»7. Himmel«. Im Frühjahr 2006 eröffnete er seine Pforten
am Niederhöchstädter Marktplatz, direkt gegenüber dem
örtlichen Supermarkt. »Man kann jedes Buch kaufen
oder bestellen, doch es gibt vor Ort ein großes Sortiment
an christlicher Literatur.« Und nicht nur das: Mitarbeiter
stehen auf Wunsch für Informationen, Gespräche und
auch Seelsorge zur Verfügung. »Damit sind wir an einer
zentralen Stelle präsent, wo viele Menschen täglich auf
dem Weg zum Einkauf oder zur S-Bahn vorbeikommen«,
freut sich Heike Becht.
2000 2005
Ehrenamtlich Engagierte insgesamt 63.390 63.402
davon weiblich 68,9 % 69,0 %
davon männlich 31,1 % 31,0 %
Schwerpunkte ehrenamtlicher Tätigkeit in den Gemeinden der EKHN
Arbeitsbereich 2000 2004
Kirchenvorstand, Gemeindeausschüsse 13.366 13.209
Gottesdienst und Kirchenmusik 37.513 37.176
darunter: Kirchenchor, Posaunenchor, Instrumentalgruppen 25.228 24.729
Angebote für Kinder und Jugendliche 6.186 5.912
Angebote Erwachsenenbildung 4.838 4.529
gemeindliche Diakonie 9.593 9.379
gemeindlicher Besuchsdienst 5.243 5.376
Öffentlichkeitsarbeit und Gemeindebrief (einschließlich Verteilung) 17.381 17.434
Dritte-Welt-Arbeit in Gemeinden 2.561 2.166
Gemeindefeste/Basare 17.957 17.752
andere Felder 3.990 3.384
Summe der Funktionen 118.628 115.976
Viele Ehrenamtliche haben mehrere Aufgaben in den Gemeinden über-
nommen. Deshalb erscheinen fast doppelt so viele Funktionen wie
Personen. Wie fast überall wird ehrenamtliche Arbeit in der Kirche
überwiegend von Frauen übernommen. Mit über 80 Prozent ist ihr
Anteil dort besonders hoch, wo das Ehrenamt Elemente traditioneller
Frauenrollen aufgreif t, also einen Bezug zu Kindern und Jugend-
lichen oder zum diakonischen Handeln hat. Zwei klassische Beispiele
sind die Hilfe bei Kindergottesdiensten (85,7 Prozent) und Kranken-
hausbesuche. In den Leitungsgremien sind Männer und Frauen an-
nähernd gleich stark vertreten.
Gottesdienst-Teilnahme
Gegen die of f izielle Gottesdienstpflicht in der katholischen Kirche hat
die Reformation die Teilnahme am Gottesdienst freigestellt. Schon früh
haben viele Protestanten davon ausgiebig Gebrauch gemacht.
Während einer kurzen Zeit nach dem Zweiten Weltkr ieg gingen deutlich
mehr Menschen in die Kirche. Danach sanken die Zahlen wieder und
halten sich seitdem auf einem weitgehend stabilen Niveau von zirka
4 Prozent der Mitglieder.
Auf dem Land und in den kleinen Städten sind Gottesdienste traditionell
besser besucht, fast doppelt so hoch. Jedoch gleichen sich auch hier die
Lebensgewohnheiten allmählich an.
Vier Mal im Jahr werden die Gottesdienstbesucher/-innen gezählt:
Invokavit (Beginn der Passionszeit im Februar) 57.307
Karfreitag 82.696
Erster Advent 90.048
Heiligabend 558.873
Kindergottesdienste pro Sonntag 14.606
Insgesamt wurden im Jahr 2005 76.054 Gottesdienste gefeiert.
21
Meditationskurs für Frankfurter Berufsschüler/-innen
Im Labyrinth von ChartresErstmalig wurde an der Frankfurter Stauffenbergschule der Kurs »Entspannung –
Körperarbeit – Meditation« angeboten. Weil mehr Schülerinnen und Schüler teil-
nehmen wollten, als Plätze da waren, konnte nur ein Teil von ihnen aufgenommen
werden. Ein Höhepunkt war der Gang in das uralte Symbol des Labyrinths unter
Anleitung der Gemeindepädagogin Magdalene Lucas.
»Geil, wir meditieren«, freut sich der
angehende Lagerlogistiker Ertugrul. Noch
lieber als Meditieren hätte er zwar Fuß-
ball gewählt. »Das gab’s aber nicht.« So
widmet er sich mit 19 anderen Schülern
und Schülerinnen der Frankfurter Stauffenbergschule
einmal in der Woche Stille-Erfahrungen sowie Körper-
und Atemübungen. Geleitet wird der Kurs von Berufs-
schullehrer und Qigong-Lehrer Jörg Wessel und Pfarrerin
Meike Obermann, die auch Exerzitienbegleiterin ist.
Ungewöhnlich sei das Angebot schon, sagt Benjamin
Ebert, Groß- und Außenhandelskaufmann im zweiten
Ausbildungsjahr. »Mein Chef hat ganz schön verdutzt
Zeit für Gebet, Meditation und innere Einkehr
In Westeuropa schwankt der Anteil der Christen, die sich Zeit
für Meditation und Gebet nehmen, zwischen 45 und 87 Prozent.
Deutsche Christen liegen mit 68 Prozent im Mittelfeld.
[Quelle: Wertestudie]
22
geschaut, als ich erzählte, dass wir jetzt lernen in uns
reinzuschlafen.« Auch für den Mitschüler Dennis Beetz
ist der Kurs etwas »ganz Neues und Ungewisses«. Aber:
»Ich probiere lieber etwas aus, als immer nur das Gleiche
zu machen.«
»Das ist kein Event«, sagen die Eventkauffrauen
Den angehenden Veranstaltungskauffrauen ist die bisher
erlebte Ereignisarmut nicht unsympathisch. »Das ist kein
Event«, sagt Julie Behr, es sei eher eine willkommene
Unterbrechung. »Die Arbeit in der Firma kann einen
schon manchmal total auslaugen.« Das Meditieren sei
»ein Ausgleich zu der extrem stressigen Arbeit«,
bestätigen Anne Schmidt und Simone Rotzal. An diesem
Tag werden sie ins Labyrinth gehen. Ein Ritual, das von
außen betrachtet »eher langweilig aussehen kann«,
erläutert die eingeladene Gemeindepädagogin und
Labyrinthexpertin Magdalene Lucas aus Frankfurt-
Sossenheim. Das Abenteuer spiele sich eher im Innern ab,
der Weg durchs Labyrinth bilde nicht weniger als das
Leben selber ab. 28 Umdrehungen hat der Pfad, bis er ins
Zentrum trifft.
Wie in der U-Bahn und im richtigen Leben
Über Jahrhunderte gab es in Kirchen und Kathedralen
Labyrinthe, wenige sind geblieben. Jetzt liegt ein Tuch
mit dem Labyrinth aus der gotischen Kathedrale von
Chartres in der Turnhalle der Stauffenbergschule
ausgebreitet: zehn Meter lang, zehn Meter breit,
königsblau mit goldenen Linien. Meike Obermann und
Magdalene Lucas bereiten den Gang vor: »Wir bewegen
uns auf die Mitte zu – erleben dort Wandlung, nehmen
dort dieses Geschenk der Wandlung mit hinaus in den
Alltag.« Beruhigend: »Das ist kein Irrgarten!« Jeder wird
ins Zentrum finden. Dort wartet eine brennende Kerze.
Ein Spruch lässt sich ziehen, der die gemachte Erfahrung
deutet, bündelt, erweitern soll.
Die Klangschale ertönt, das Ritual beginnt. Die
Meditationsneulinge starten, gehen still, jeder im
eigenen Tempo in die Mitte, um dann den Weg wieder
Gemeindepädagogik
hinauszuschreiten. Es kommt zu Begegnungen, immer
wieder bleibt einer der Hineinwandernden stehen, um
einen Zurückkehrenden vorbeizulassen. Oder umgekehrt.
»Man muss auch mal parken oder ausweichen, das ist wie
in der U-Bahn und im richtigen Leben«, sagt Magdalene
Lucas.
Viele Wendungen liegen hinter ihnen
»Erst habe ich gedacht: Och, da gehe ich mal schnell über
diesen Teppich spazieren«, resümiert Benjamin Ebert,
»dann aber war ich erstaunt, wie lange das dauert!« Für
ihn war das Labyrinth »befreiend«. Andere schildern,
wie angenehm die wunderbar langen Wege fern des
Mittelpunktes gewesen seien, andere hatten das Gefühl
eines mühsamen Schleichens, dann wieder spürte sich
das Gehen wie tänzelndes Schreiten an. Manche erzählen
von einem längeren Zögern an Wegkehren. Für Pfarrerin
Meike Obermann nicht verwunderlich: »Viele der Schüler
und Schülerinnen haben so manche Wendungen und Neu-
anfänge in ihrem Leben hinter sich.«
Ein Wort wie eine Faust
Die meisten Kursteilnehmer haben kaum Erfahrungen
mit Kirche, auch sind bei weitem nicht alle in dem Kurs
evangelisch. Für Meike Obermann ist das nicht ent-
scheidend. »Sie wissen, dass ich Pfarrerin bin.« Statt
ihnen »die reine evangelische Lehre« vorzusetzen, hält
sie es für sinnvoller, »die Möglichkeit einer religiösen
Erfahrung anzubieten«. Das Ref lektieren im Anschluss
sei so viel intensiver. Die Erlebnisse beim Gehen ins
Labyrinth an diesem Tag scheinen vielen nahe gegangen
zu sein. Der in der Mitte gezogene Spruch habe »wie die
Faust aufs Auge gepasst«, sagen gleich mehrere. »Wir
hatten unsern Spaß«, sagen andere. Für Tanja Simon war
der Weg eine »tiefe Erfahrung«. Das Labyrinth könne auch
»negative Schattierungen« verstärken, vermutet sie.
»Ich bin zwischendurch in ein Loch gefallen.« Dann hält
sie inne, zögert – so, als schwinge da noch etwas anderes
mit in der Erfahrung, die sie auf dem Weg gemach hat.
»Ob das auch entlasten kann, das Negative einmal
zuzulassen?«, befragt sie sich selbst. »Mein Kopfweh
wenigstens ist weg.«
[Stellen]
Gesamtzahl 285
davon über den gesamten kirchlichen Stellenplan finanziert 232
davon von Gemeinden oder Dekanaten finanziert 11
davon kommunal refinanziert 25
davon über Religionsunterricht, Schulprojekteund Fördervereine refinanziert 17
Arbeitsschwerpunkte [%]
Arbeit für Kinder und Jugendliche 78
Spezialseelsorge (Seite 38) 12
Senioren, Familien und Erwachsenenbildung 10
Gemeindepädagogin
Magda Lucas
Regenbogengemeinde Frankfurt
Telefon (069) 342075
E-Mail [email protected]
23
Gottesdienste für Angehörige verstorbener Kinder in Gießen
Wie ein Baum, dem ein dicker Ast abgebrochen wurdeIm Klinikum Gießen sterben im Jahr bis zu 50 Kinder. Ihr Tod ist für Eltern, Geschwister, Ver-wandte und Freunde ein schrecklicher Verlust. Um sie zu trösten, bietet Klinikpfarrer Thomas Born, zusammen mit einem Pastoralreferenten und zwei Selbsthilfegruppen für verwaiste Eltern, seit fünf Jahren einen Gottesdienst speziell für die Angehörigen verstorbener Kinder an. Beim anschließenden Kirchencafé begegnen sich Eltern, die eines verbindet: der Tod ihrer Kinder. Längst kommen Betroffene jeweils am zweiten Sonntag im Dezember aus der ganzen Region nach Gießen. Und auch an anderen Orten in der EKHN gibt es mittlerweile dieses Angebot.
»Ich steh vor dir mit leeren Händen« – dieses Lied aus
dem Evangelischen Gesangbuch darf nicht fehlen. Darauf
bestehen die Eltern, weil es so treffend ihr Gefühl
beschreibt. Das Gefühl des Verlusts, sei es beim
vorzeitigen Ende einer Schwangerschaft, wenn ein Früh-
geborenes nicht überlebt, wenn ein Kind nach ein paar
Lebensjahren an Krebs stirbt oder wenn ein erwachsenes
Kind bei einem Unfall umkommt. Gemeinsam ist ihnen
das Gefühl. Einer sagt: »Es fühlt sich an wie ein Baum,
dem ein dicker Ast abgebrochen wurde. Der Baum lebt, er
treibt aus, aber der Verlust wird immer da sein.« Viele
merken erst im Nachhinein, dass »da ein riesiges Loch
klafft«, beschreibt Born dieses Gefühl. Viele Betroffene
scheuen sich darüber zu sprechen. Für das, was im Alltag
oft keine Worte und keine Orte findet, bietet der
Gottesdienst in der Petruskirche, die in der Nähe des
Gießener Klinikums liegt, beides. Im Jahr 2005 kamen
etwa 150 Angehörige, die 78 Kinder betrauert haben.
Manche hatten schon vor vielen Jahren ihr Kind verloren.
Damals mussten ein paar aufmunternde Worte des Arztes
reichen: »Sie können ja noch viele Kinder bekommen.«
Jetzt merken sie, ihnen fehlt zum inneren Frieden noch
etwas, was der Gottesdienst ihnen bringen kann. Manche
kommen mehrmals. Nicht immer sind sie Mitglieder einer
Kirche. Auch eine muslimische Familie kommt seit
einigen Jahren. Alle sind willkommen. Die Liturgie ist
behutsam genug für sie.
Die Mitglieder der Selbsthilfegruppen hatten am
Anfang einige Wünsche an Pfarrer Born und Pastoral-
referent Rüdiger Keimer. Sie sollten sich zurückhalten
und behutsam durch diese Stunde hindurchführen. Dafür
sind eigene Formen entstanden: Am Eingang liegen zwei
Bücher aus. Dort schreiben die Angehörigen die Namen
der Kinder auf, um die sie trauern. Später werden die
Bücher zum Altar getragen, die Namen vorgelesen und
für jedes Kind wird eine Kerze entzündet. Dann ist es
ganz still in der Kirche. Manche Träne rollt über die
Wange. Für Pfarrer Born ist das der dichteste Moment.
Anschließend – auch das ist den Eltern sehr wichtig –
wird noch eine große weiße Kerze für die Kinder ange-
zündet, deren Angehörige nicht da sind. In jedem Jahr
kommen neue Gestaltungsideen dazu. Beim letzten Mal
war es das Bild vom Weg durch die Wüste, das die Gefühls-
lage der Angehörigen ebenfalls gut beschreibt. Eltern
formulierten dazu: »Unsere Kinder sind den Weg ins Licht
gegangen. Sie sind uns auf diesem Weg ein Stück voraus.
Wir haben noch ein gutes Stück des Weges vor uns. Aber
wir wissen unsere Kinder aufgehoben bei Gott.« Damit
drückten sie etwas von der tiefen Hoffnung aus, die viele
Angehörigen in sich tragen: Unser Kind ist ein von Gott
gewolltes Geschöpf. Und deutlicher, als das ein Seelsorge-
gespräch oder eine Therapie machen könnte, erfahren
Eltern in der Kirche, dass sie ihr Schicksal mit vielen
anderen teilen.
Nach dem Gottesdienst trifft man sich im
Gemeindesaal bei Kaffee und Kuchen. Schnell und leicht
entstehen dort gute Gespräche. Die gemeinsamen Ein-
drücke und das gemeinsame Schicksal bauen Brücken
zwischen Eltern, Paten, Großeltern und Geschwistern.
Gedenken an verstorbene Kinder
Die UNESCO hat den zweiten Sonntag im Advent zum Gedenktag für
verstorbene Kinder erklärt. Das entspricht dem Gefühl der Gießener
Eltern, die ihren Gottesdienst nicht am allgemeinen Totensonntag,
sondern im Advent feiern wollen, wenn in der Dunkelheit das Licht der
Hof fnung besonders hell leuchtet.
Gedenkgottesdienste
in Darmstadt am 2. Samstag nach Ostern
in Erbach am 2. Sonntag im Dezember
in Frankfurt am 2. Sonntag im November in der Heiliggeistkirche
sowie viermal im Jahr auf dem Fr iedhof
in Gießen am 2. Sonntag im Dezember
in Limburg in jedem Quartal am Grabfeld für fehlgeborene und
totgeborene Kinder auf dem Limburger Fr iedhof
in Mainz am 2. Sonntag im Dezember
in Ranstadt/Wetterau am 3. Advent (2007: 4. Advent)
in Rödermark unregelmäßig auf beiden Fr iedhöfen an den Gedenk-
stätten für verstorbene Kinder
24
Gemeinschaft leben
»In Brasilien wird in Gottes-diensten getanzt und gefeiert. Davon könnten wir mehr gebrauchen – und von dieser Freundlichkeit. Ich wünschemir auch, dass die Kirche mehrfür Arme im eigenen Land tut.«Margret Weigel [39], Bürokauffrau, Mörl
»Als Christen sind wir Teil diesergroßen Familie. Gemeindebedeutet für mich Hilfsbereit-schaft und voneinander zu lernen,wie man ein besserer Christ wird. Das macht auch Spaß.«Fitnat Aboagye-Fahrner [38],Journalistin, Frankfurt
»Die Kirche wird nur dannden Mut zu wirklichen Veränderungen aufbringen, wenn sie sich ihres unverrück-baren Grundes, des Glaubensan Jesus Christus, ganz sicher ist.«Axel Noack [56], Bischof, Magdeburg
25
Globalisierung in der EKHN
Heimat für internationale GemeindenIm Gebiet der EKHN leben viele Menschen aus anderen Ländern und Kulturen.
Viele von ihnen sind Christinnen und Christen mit verschiedenen Konfessionen
und Traditionen. Sie haben die ökumenische Landschaft nachhaltig verändert.
Die EKHN reagiert darauf mit flexiblen Lösungen. Sie ist die erste Landeskirche,
die zwei Gemeinden mit einer anderen Sprache offiziell integriert hat.
Sie kommen aus fernen Ländern. Und wie alle
Menschen schauen sie sich in Deutschland
nach dem um, was sie aus ihrem Herkunfts-
land gewohnt sind. Viele Christinnen und
Christen suchen ihr Zuhause in einer
Gemeinde, die zugleich wie eine Familie ist, in der jeder
jeden kennt, und die Gottesdienste voller Bewegung und
Gefühl feiert. In Deutschland treffen sie dabei auf große
Kirchen, soziale Projekte und finden darin eher selten
die Gemeinde, wie sie ihnen vertraut ist.
Unterschiedliche Kulturen, Mentalitäten und
Kirchenmodelle stoßen dabei aufeinander. Doch beide
Seiten haben einander etwas zu bieten. Mitglieder
deutscher Gemeinden können etwas von der Vitalität
ihrer Geschwister aus anderen Ländern lernen. Die
wiederum finden in der EKHN Menschen, die ihnen bei
der Integration und beim Aufbau ihrer eigenen Gemeinde
im Gebiet der EKHN helfen können. So bietet der Frank-
furter Ökumenebeauftragte Dietmar Will zusammen mit
Jean-Félix Belinga Belinga vom Zentrum Ökumene seit
Jahren Begegnungs- und Fortbildungsseminare für Leiter
ausländischer Gemeinden an, in denen er Netzwerke für
Migranten-Gemeinden knüpft und ihnen die Mechanis
men der deutschen Gesellschaft und der deutschen
Traditionen erläutert. Sie erfahren dabei Qualifizierung
und Stärkung für ihre eigene Arbeit und werden auf den
Austausch mit Inländern vorbereitet. Beide Seiten
werden dadurch kulturell und theologisch bereichert.
Will sieht darin nicht nur ein Modell von Integration für
die ganze Gesellschaft, sondern löst damit auch etwas
vom biblischen Anspruch ein, demzufolge alle
Christinnen und Christen weltweit zu einem Volk Gottes
gehören. Das kann sich auch leichtfüßig ausdrücken, wie
etwa in der Mini-Weltmeisterschaft, die Will im Mai 2006
in Frankfurt für Mannschaften internationaler
Gemeinden organisiert hat.
Aber auch unbequeme Fragen gehören zum Dialog
dazu. Die Deutschen werden gefragt, wo ihre Jugend-
lichen und ihre klaren ethischen Regeln seien, die sie
von der Gesellschaft sichtbar unterschieden. Anders-
herum ist die fundierte Theologie im Land der Reformation
eine gute Korrektur für alle, die ansonsten sehr der geist-
lichen Spontaneität folgen. Für Orthodoxe ist die
diakonische Kompetenz der evangelischen Kirche als
Ausdruck tätiger Nächstenliebe ein neuer Glaubensaspekt.
Heimische Wurzeln der Ökumene
Vor wenigen Jahrzehnten konzentrierte sich der öku-
menische Dialog noch auf die evangelisch-katholischen
Kontakte und fand damit im Wesentlichen innerhalb des
westlichen Kulturkreises statt. Dann kamen griechische
»Gastarbeiter« und ihre orthodoxen Gemeinden sorgten
nicht nur für eine konfessionelle, sondern auch eine
interkulturelle Differenzierung.
Seitdem hat sich der Prozess der Globalisierung
beschleunigt und Menschen aus vielen Ländern in das
26
Gebiet der EKHN gebracht: gut situierte Angestellte inter-
nationaler Firmen, Studierende, angeworbene Kranken-
und Pf legekräfte, Flüchtlinge aus den Krisengebieten der
Welt mitsamt ihren Ehefrauen und -männern. Manche
bleiben nur kurz, manche sind als Migrantinnen und
Migranten schon in der zweiten oder dritten Generation
hier.
Auslands-, Migranten- und Missionsgemeinden
Vergleichsweise gering sind die kulturellen Unterschiede
zu den »Auslandsgemeinden«, in denen sich Europäer
und deutsche Familienangehörige sammeln. Beispiele
hierfür sind die finnische und die niederländische
Gemeinde.
Viel ausgeprägter ist der kulturelle und
geistliche Unterschied bei »Migranten-Gemeinden«. Ihre
Mitglieder sind oft nicht freiwillig nach Deutschland
gekommen, viele bleiben aber auf Dauer. Etliche,
darunter auch manche Pfarrer, leiden unter ausländer-
rechtlichen Restriktionen. Viele stammen aus den
altorientalischen Kirchen, sie sind Kopten, Armenier,
Syrer, Äthiopier oder Eritreer. Andere gehören zu
russlanddeutschen, koreanischen und indonesischen
Gemeinden bis hin zu afrikanischen Gemeinschaften mit
oft charismatischer Spiritualität. Hunderte von ihnen
finden in den Gemeindehäusern der EKHN eine Bleibe.
Mehr als 20 solcher Gemeinden sind Mitglieder im
»Internationalen Konvent Christlicher Gemeinden Rhein-
Main e.V.«.
Kirchengemeinschaft durch Integration
Die EKHN hat als erste Landeskirche in Deutschland
das Modell der Integration realisiert. 2001 wurde die
»Koreanische Evangelische Gemeinde im Rhein-Main-
Gebiet« Teil der EKHN. 2005 folgte die »Evangelische
Indonesische Gemeinde im Rhein-Main-Gebiet«.
Die in der EKHN und den anderen Landeskirchen
übliche territoriale Abgrenzung der Gemeinden passt auf
Migranten-Gemeinden allerdings nicht, denn ihre Mit-
glieder leben über größere Räume verteilt, die sogar die
Grenzen zu anderen Landeskirchen überschreiten
können. Die evangelische Kirche muss also neue, inter-
kulturell taugliche Gemeindemodelle entwickeln.
Die französisch-reformierte Gemeinde Frankfurt
war ursprünglich von französischen Hugenotten ge-
gründet worden und wurde in den vergangenen Jahren
zu einem Anlaufpunkt frankofoner Christinnen und
Christen aus Afrika. Für sie finanziert die Gemeinde
nun eine zusätzliche Pfarrstelle, auf der ein französisch-
sprachiger Pfarrer aus dem Kongo arbeitet. Gesucht
werden derzeit Förderer, die diese Stelle langfristig
finanziell sichern helfen.
Gelebte Gemeinschaft unter einem Dach
Die Frankfurter Gemeinde der Presbyterian Church of
Ghana (PCG) – einer Partnerkirche der EKHN –, ist in den
Räumen der evangelischen Gemeinde Cantate Domino
in der Nordweststadt zu Hause. Auch diese Form der
Hausgemeinschaft ist aus evangelischer Sicht wert, unter-
stützt zu werden.
27
In ökumenischen Zentren wie der Christuskirche im
Frankfurter Westend und der Luthergemeinde Worms
treten die EKHN-Gemeinden als Gastgeberinnen für eine
Reihe von Migranten-Gemeinden auf. Sie sind Orte, an
denen das Zusammenleben von deutschen und aus-
ländischen Gemeinden in ökumenischem Geist konkrete
Gestalt gewinnt.
Im ökumenischen Gemeindezentrum Darmstadt-
Kranichstein existieren seit mehr als 30 Jahren eine
evangelische und eine katholische Gemeinde zusammen
in einem Gemeindezentrum – Ökumene der ersten Stunde.
Gemeinschaft kann sich auch in finanzieller Hilfe
ausdrücken, welche die EKHN Gemeinden gewährt, die
sich aktiv an der Ökumene beteiligen.
Nicht alle Gemeinden arbeiten am ökumenischen
Dialog in der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen
(ACK) mit. Viele sind einfach zu klein dazu. Andere
Gemeinden wie die von Missionskirchen aus Amerika
oder Korea halten wenig davon. Sie kommen nach
Deutschland, um gezielt zu missionieren und Mitglieder
anderer Kirchen abzuwerben.
Neue Herausforderungen
Die vielfältigen Formen ökumenischer Gemeinschaft
fordern die EKHN heraus. Ihre Strukturen stammen aus
einer Zeit, in der diese Entwicklung nicht absehbar war.
Sie müssen aktualisiert werden. Das Ziel ist, Modelle zu
entwickeln für ökumenische Kooperation, Konvivenz
(Zusammenleben) und bundesweite Gemeinschaft, also
im Kontext der Evangelischen Kirche in Deutschland
(EKD) und darüber hinaus. Daran arbeiten derzeit die
»Konferenz der Beauftragten für die Gemeinden anderer
Sprache und Herkunft«, die ACK und Migranten-
Organisationen. Erste Ergebnisse sind die Kooperationen,
welche die EKD mit der Finnisch-Lutherischen Kirche
und der Niederländischen Kirche vertraglich vereinbart
hat. Den Weg bereiten konkrete Erfahrungen vor Ort, für
die in der EKHN das Zentrum Ökumene zuständig ist. Es
kooperiert dabei eng mit den Profil- und Fachstellen für
Ökumene in den Dekanaten.
Grundlegende Bezugspunkte sind derzeit die
Basisformel des Ökumenischen Rates der Kirchen (ÖRK)
und die Bestimmungen der ACK. In der ÖRK-Formel
erkennen sich zwar nicht alle Kirchen gegenseitig an,
sie legen ihrem Handeln jedoch gegenseitigen Respekt
als Geschwister in Christo, gelebte ökumenische Spiri-
tualität und praktizierte Zusammenarbeit zugrunde.
Die so genannte »ACK-Klausel« besagt: Mitglieder der
ACK-Kirchen können bei anderen ACK-Kirchen beschäftigt
werden. Diese gegenseitige Zusammenarbeit gilt auch
bei der Raumvergabe und dem Verkauf kirchlicher
Gebäude.
Ökumene in der EKHN
Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK)
Ökumenischer Rat der Kirchen (ÖRK)
Die ACK ist das gemeinsame Forum und Arbeitsorgan der christlichen
Kirchen in Deutschland. Ihr gehören derzeit 16 Kirchen als Mitglieder
und 4 als Gastmitglieder an, die fast alle kirchlichen Traditionen ver-
treten.
Arbeitsgemeinschaf t Christlicher Kirchen in Deutschland e.V.
Ökumenische Centrale, Frankfurt
Telefon (069) 247027-0
E-Mail [email protected]
www.oekumene-ack.de
Dem ÖRK gehören mehr als 340 Kirchen und kirchliche Gemein-
schaf ten mit zusammen 400 Millionen Christen in über 100 Ländern
an. Zu ihnen zählt die Mehrzahl der orthodoxen Kirchen, der
protestantischen Reformation, wie Anglikaner, Baptisten,
Lutheraner, Methodisten und Reformierte sowie viele vereinigte
und unabhängige Kirchen. Die Katholische Kirche genießt einen
Gaststatus und arbeitet regelmäßig mit. Ziel des ÖRK ist die
Einheit der Christen.
Ökumenischer Rat der Kirchen
Genf, Schweiz
Telefon (+41 22) 7916111
www.wcc-coe.org
Die EKHN fördert auf gesamtkirchlicher Ebene die Ökumene mit über
10,5 Mio. Euro, das sind knapp 2,2 Prozent des Gesamthaushalts.
Finanziert oder unterstützt werden damit:
das Zentrum Ökumene in Frankfurt mit zwölf Referenten und
Referentinnen
die Pflege der Partnerschaf ten mit Kirchen in Ghana, Indien,
Indonesien, Italien, Korea, Polen, Südafr ika, Tansania und
Tschechien
Ökumenische Organisationen und ihre Projekte
die Aktion »Brot für die Welt« sowie die Hunger- und
Katastrophenhilfe des Diakonischen Werkes der EKD
die Aktion »Hof fnung für Osteuropa«
der Evangelische Entwicklungsdienst (EED)
die Aktion »Kirchen helfen Kirchen«
die Aktionsgemeinschaf t »Dienst für den Fr ieden« (AGDF)
das Evangelische Missionswerk in Deutschland (EMW)
Die EKHN ist Mitglied
im Ökumenischen Rat der Kirchen
in der Konferenz Europäischer Kirchen (KEK)
in der Gemeinschaf t Evangelischer Kirchen in Europa (GEKE) –
Leuenberger Kirchengemeinschaf t
in der Union Evangelischer Kirchen (UEK)
in der Arbeitsgemeinschaf t Christlicher Kirchen (ACK)
im Evangelischen Missionswerk in Südwestdeutschland (EMS)
in der Vereinten Evangelischen Mission (VEM)
Viele Gemeinden der EKHN verstehen sich als Teil der weltweiten
Ökumene und engagieren sich zum Beispiel entwicklungspolitisch
und diakonisch, in Partnerschaf tsbeziehungen und im Dialog mit
anderen Konfessionen und Religionen.
Die Ökumene vor Ort – die Zusammenarbeit mit den katholischen,
freikirchlichen und Migranten-Gemeinden – ist heute vielerorts eine
Selbstverständlichkeit.
Im Rahmen der Strukturreform err ichten viele Dekanate
(Teil-)Stellen für Ökumene.
Pfarrer Jörg Bickelhaupt
Zentrum Ökumene
Telefon (069) 976518-23
E-Mail joerg.bickelhaupt
@zoe-ekhn.de
28
Gesprächsangebot in der Darmstädter Petrusgemeinde
Mittwochs in der Ansprech-BarWer den Pfarrer der Bessunger-Kirche in Darmstadt sprechen will, kann das immer mittwochs im Vorbeigehen auf der Straße tun. Wenn an der Ansprech-Bar die rote Fahne weht, dann ist Pfarrer Manfred Raddatz dort ansprechbar. Das Angebot wird gerne genutzt, besonders für Kontakte, die sonst vielleicht in der Flüchtigkeit des Alltags verloren gegangen wären.
Ursprünglich war die kleine weiße Bude für die Konfir-
mandinnen und Konfirmanden gezimmert worden.
Damals hieß sie noch Bibel-Kiosk und war der Ausgangs-
punkt für die Konfis, die Passanten die Bibel in ver-
schiedener Form nahe bringen wollten: Da gab es einen
Büchertisch mit Bibelausgaben, Bibelkuchen, Wunder-
tüten mit Bibelversen und manches mehr. Mit dieser Idee
hatten die Konfis der Petrusgemeinde an einem Wett-
bewerb der Frankfurter Bibelgesellschaft teilgenommen
und den ersten Platz belegt.
Dann war die Bude einfach da und Pfarrer
Raddatz hatte die Idee, diesen Kontaktpunkt weiter zu
besetzen. Aus dem Bibel-Kiosk wurde die Ansprech-Bar.
Inzwischen ist sie fast schon eine Art Markenzeichen
geworden, das die Leute im Stadtteil Bessungen nicht
mehr missen wollen. Mindestens mittwochs von 16.30 bis
17.30 Uhr, und manchmal auch darüber hinaus, ist
Raddatz dort, neben der Kirche, anzutreffen, sofern das
Wetter es zulässt. Wenn die rote Fahne gehisst ist, dann
ist der Pfarrer da, das wissen die Leute. Selten ist
Raddatz dort alleine. Meist nutzt jemand die Gelegenheit,
etwas mit dem Pfarrer zu besprechen. Weniger als fünf
pro Stunde sind es nie. Manchmal werden Tauf- oder
Traugespräche dort angebahnt. Meist aber wollen die
Leute ihrem Pfarrer etwas erzählen oder fragen. Auch so
manches Lob hat Raddatz dort gehört, was ihm sonst
entgangen wäre. Das ist die Chance der Ansprech-Bar.
An ihrem Tresen ist der Kontakt zufällig und ohne Hemm-
schwelle. Hier fehlt die inhaltsschwere Bedeutung eines
Briefes oder der Druck einer Verabredung. Im Vorbei-
gehen lässt sich dem Pfarrer sagen, dass der Gottesdienst
am Sonntag sehr schön war oder dass der Hausbesuch
bei der Mutter gut getan hat. Oder man nutzt die Chance,
um etwas über Gott und die Welt zu fragen, was man
schon immer mal wissen wollte. Raddatz erfährt die
Ansprech-Bar aber auch als Chance, ernsthafte Kontakte
zu verabreden. Die Bude sei sogar eine »anerkannte
Wiedereintrittstelle«. »Es gibt keine andere Möglichkeit,
so verlässlich und völlig unaufdringlich Kontakt zu
ermöglichen«, betont Raddatz. Die Passanten sehen,
dass er zu sprechen ist. Aber es bleibt ihre Entscheidung,
ob sie darauf eingehen wollen oder nicht. Oft entsteht
nur ein freundlicher Blickkontakt. Auch das ist Kontakt.
Auf diese Weise hatte sich auch Jesus häufig im öffent-
lichen Raum bewegt. Dort war er ansprechbar und hat
angesprochen.
29
Evangelische Beziehungen zwischen Ost- und Westdeutschland
Partnerschaft vor und nach der WendeWas 1949 als Hilfsaktion evangelischer Kirchen in Westdeutschland für ostdeutsche Kirchen begann,
entwickelte sich während der DDR-Zeit zu einem Geflecht von Partnerschaften, bei der sich die EKHN
und die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck (EKKW) mit der Evangelischen Kirche in der
Kirchenprovinz Sachsen (EKKPS) verschwisterten. Die Kontakte reichten von den Gemeinden bis zu
den Kirchenleitungen. Manche, wie die Partnerschaft der Gemeinden in Neu-Bamberg und Oppin,
dauern heute noch an. Auf einem Symposium wurde dieses Kapitel der geteilten deutschen Geschichte
erstmals gemeinsam reflektiert.
Vor 1989 waren kirchliche Ost-West-Beziehungen
für die ostdeutschen Gemeinden eine
praktische Hilfe im Überlebenskampf: Den
Glaubensgeschwistern im Westen gaben sie
Glaubensanstöße aus einer anderen Welt und
das Gefühl, gebraucht zu werden. Aus Angst vor Über-
wachung existieren allerdings kaum Aufzeichnungen
von den zahlreichen Treffen. Auf Anregung von Gotthard
Scholz-Curtius, dem langjährigen Leiter der EKHN-
Kirchenverwaltung, wurde das Thema im Rahmen des
Projekts »Erzählte Geschichte der EKHN« aufgegriffen.
Die Historikerin Anette Neff vom EKHN-Zentralarchiv
befragte Zeitzeugen. Über 70 von ihnen kamen Ende
Mai 2006 zu einem Symposium in Darmstadt zusammen.
Dabei übergaben Holger Bogs, Leiter des EKHN-Zentral-
archivs, und Gotthard Scholz-Curtius dem Bischof
der Kirchenprovinz Sachsen, Axel Noak, ein gestohlenes
Kirchenbuch aus Zaunrod aus dem Jahr 1667. Ein »reuiger
Sünder« hatte es in der EKHN abgegeben mit der Bitte, es
an die richtige Gemeinde zurückzugeben.
Die Osthilfe hat nie jemand angezweifelt
Materielle Hilfe war eine Hauptsäule: 1952 wurden
92.000 Pakete von Hessen in die Kirchenprovinz geschickt.
Scholz-Curtius erinnert sich an 48 Tonnen Farbe, eine
Tonne Nägel oder zwei Schornsteine für marode Kirchen
und Gemeindehäuser. Auch die Versorgung der Pfarrer
mit Fahrzeugen gehört dazu. EKHN-Gelder f lossen zum
einen über die Evangelische Kirche in Deutschland
(EKD) zum Bund Evangelischer Kirchen in der DDR (BEK)
und zum anderen direkt zur Partnerkirche. »Es gab
nie ein kritisches Wort in der Synode über die doch
beträchtlichen Summen«, erinnert sich Scholz-Curtius.
1988 zahlte die EKHN 5 Mio. DM in den Topf der EKD,
900.000 DM an die EKKPS direkt. Martin Kramer, 1980
bis 1990 Konsistorialpräsident der EKKPS in Magdeburg,
erinnert sich: »Wir machten uns Gedanken, wie wir auf
eigenen Füßen stehen könnten.« Aus der Patenschaft
sollte eine Partnerschaft werden.
Das gelang vor allem über theologische Inhalte,
in denen die Ostkirchen ein starkes Profil zeigten. »In
wichtigen Fragen, etwa der Friedenspolitik, argumen-
tierten sie viel klarer«, findet Prälat a.D. Erhard Giesler,
der 1990 die kurhessische Kirche als Bischofsvertreter
mit führte. Kirchenpräsident a.D. Helmut Spengler be-
stätigt: »Die theologische Sorgfalt der Texte hat uns
beschämt.« Sie erklärt Christian Demke, von 1983 bis
1997 Bischof der EKKPS: »Wir wussten, das wird gelesen.
Deshalb mussten wir ganz genau formulieren.« Demkes
Nachfolger Axel Noack ergänzt: »Unsere Theologie
musste eben auch nicht gesellschaftsfähig sein. Wenn
ich keinen einzigen Offizier in der Kirche habe, kann ich
gut Frieden predigen.«
30
Nicht ans Eingemachte gekommen
Während die Hessen-Nassauer meist zum Treffen nach
Ostberlin reisten, nutzten die Kurhessen die Grenzlage
ihrer Kirche und fuhren direkt in die Kirchenprovinz.
Die Atmosphäre war freundschaftlich. Bei den West-
deutschen gab es aber auch Beklemmung, mitausgelöst
durch die Kontrollen an der Grenze. »Wir sind nicht
immer ans Eingemachte gekommen«, findet Helga
Trösken, bis März 2006 Pröpstin in Frankfurt. Demke
ergänzt, bei manchen Themen sein man »zu schonend
miteinander« umgegangen – etwa bei der Regelung, dass
kirchliche Mitarbeiter aus dem Osten ohne Freigabe ihrer
Heimatkirche bei den Kirchen im Westen nicht angestellt
werden können, um sie am Verlassen der DDR zu hindern,
oder beim Thema »Kirche im Sozialismus«. Das hätten
viele im Westen als Anpassungsformel missverstanden.
Für Demke meinte es aber: »Wir mischen uns in die Gesell-
schaft ein.«
Auch eisige Kälte hält die Menschen aus Neu-Bamberg
im rheinhessischen Dekanat Wöllstein nicht davon ab,
ihren regelmäßigen Besuch bei ihrer Partnergemeinde
in Oppin bei Halle rund um den 01. Mai abzustatten.
Wolfgang Rauh setzt einen Rosenstock am dortigen
Gemeindehaus in die Erde. Eine solche Pf lanzaktion
hatte es im vorigen Jahr bereits beim Gegenbesuch in
Neu-Bamberg gegeben, Zeichen einer Partnerschaft,
die über die »Wende« hinweg seit 20 Jahren besteht.
Freundschaften sind entstanden, die Kirchenvorstände
fahren gemeinsam auf Fortbildung und lernen von der
Perspektive des jeweils anderen. Etliche Partnerschaften
haben sich seit der »Wende« allerdings aufgelöst.
1992 zählte eine Fragebogenaktion in der EKHN
noch 66 Gemeindepartnerschaften. Die in Neu-Bamberg
und Oppin hat sich nicht nur erhalten, sondern sogar
erweitert: Beide Gemeinden sind sehr klein und teilen
sich ihren Pfarrer mit den Nachbargemeinden. Pfarrer
Wolfgang Theile ist für die Orte Fürfeld und Tiefenthal
zuständig. Sie haben Partnergemeinden in Brachstedt
und Maschwitz. Diese Orte liegen bei Oppin und werden
auch vom Oppiner Pfarrer Stefan Domke betreut.
Gemeindepartnerschaften
Obwohl sich alle bewusst waren, abgehört zu werden,
hat sich niemand das Denken und Reden verbieten
lassen. Dass die Staatssicherheit aber in Person von
Detlev Hammer, Kirchenjurist und Konsistorialpräsident
der EKKPS (1990/1991), selbst mit am Tisch saß, hat
viele nachträglich doch bestürzt.
Die »Wende« hat die Partnerschaft der Kirchen-
leitungen verändert, aber nicht beendet. Bei den Plänen
für eine stärkere Zusammenarbeit der EKHN und der
EKKW dient die gemeinsame Partnerkirche als Vorbild.
Sie bildet seit 2004 eine Föderation mit der Evangelisch-
Lutherischen Kirche in Thüringen. Bischof Axel Noack
hat den Westdeutschen deshalb eine Erfahrung voraus:
»Auch nach Strukturveränderungen kann man weiter-
leben.«
Jahresprojekt »Frauen Körper Glaube«
Bei mir bist du schön!Mit dem ersten gemeinsamen Projekt »Frauen Körper Glaube« greift der neue
Verband Evangelische Frauen ein drängendes Thema auf und treibt die Vernetzung
von Frauengruppen voran. Ihr nähern sich bei regionalen Veranstaltungen, wie
zum Beispiel im rheinhessischen Bodenheim, ehrenamtliche Gruppenleiterinnen
mit gemeinsamem Singen, Tanzen und Diskutieren.
»Doppelkinn, Besenreiser, Krampfadern!«,
jammert die eine. – Ach was: »Bei mir
bist du schön!«, beruhigt die andere.
Immer abwechselnd schlüpfen Kristin
Flach-Köhler und Irène Baur in die Rollen
der einen, an sich selbst herummäkelnden oder der
anderen, ermunternden Freundin. Die rund 20
anwesenden Gruppenleiterinnen schmunzeln und werden
dann gleich aufgefordert: Sagt es euch doch mal
gegenseitig, gebt eurer Nachbarin das Gefühl, »ich nehm
dich an, wie du bist«. Ein kurzes Stocken, doch plötzlich
summt es im Gemeindesaal, dazu fällt nun wirklich jeder
Frau etwas ein. Die Referentin für Frauen, Bildung und
Spiritualität in Rheinhessen, Kristin Flach-Köhler,
lauscht zufrieden den Gesprächen. Gleich wird sie mehr
über das Jahresmotto »Frauen Körper Glaube« erzählen
und Vorschläge für die Gestaltung von Themenabenden
machen. Das Leitmotiv »Bei mir bist du schön« ist einem
amerikanisch-jiddischen Song aus den 30er Jahren
entliehen. Geschrieben wurde er aus Protest gegen das
damals schon übermächtige Ideal glatthaariger, blonder
Frauen. Viele jüdische Frauen schämten sich damals
wegen ihres Aussehens, ließen ihre Nasen begradigen
oder ihr Haar entkrausen. Jenen Frauen wollten die
Autoren Mut machen, die eigene Identität nicht zu
verleugnen.
Wunderbar gemacht
Auch in der christlichen Geschichte war eine positive
Wertschätzung des (Frauen-)Körpers lange verschüttet.
Die neuere Bibelauslegung zeige überdies, das alte
Testament kennt eine Trennung von Körper und Geist gar
nicht, unterstreicht die Referentin. »Du bist schön,
meine Freundin, schön bist du!«, zitiert sie das Hohelied
und spürt in der beschwingten Melodie des jiddischen
Songs »etwas von dem Lebensgefühl aus Psalm 139: Ich
danke dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin!« Tat-
sächlich aber haben bis heute sehr viele Frauen Probleme
mit ihrem Körper. Irène Baur zitiert eine offizielle
Statistik, nach der es im vorletzten Jahr allein in Deutsch-
land 70.000 Schönheitsoperationen gab – sechsmal so
viele wie 1992. Nicht zuletzt wegen des aus der Balance
geratenen Körperbilds haben die evangelischen Frauen
das Jahresthema ausgewählt. Es gehe darum, »die zu
sein, die ich bin, und die zu werden, die ich sein kann«,
betont Kristin Flach-Köhler.
Unterschiedliche Reaktionen
»Zugegeben, als ich zum ersten Mal unser neues Jahres-
thema gelesen hab, dachte ich: ›Au weia!‹«, gesteht die
Udenheimer Ansprechpartnerin für Frauenarbeit Irène
Baur. »Unsere Frauen sind alle um die achtzig ...«, über-
legt die 54-jährige Hildegard Geske, die in Uelversheim
eine Frauengruppe leitet, skeptisch. Ursula Köhler (40)
und Claudia Hippchen (41) sehen für ihre ökumenische
Frauengruppe »kreuz & quer« kein Problem und haben
für September die Veranstaltung »Frauen und Erotik« ge-
plant. Die älteren Frauen in der Runde nähern sich indes
eher zögerlich dem Thema und wehren zugleich das Vor-
urteil der Jüngeren ab, sie interessierten sich sowieso
nicht mehr für ihren Körper. »Das stimmt nicht!«, kontert
die 62-jährige Almut Jakob. Früher habe sie Reisegruppen
für Senioren geleitet, »die achten sehr darauf, dass sie
ästhetisch aussehen«.
Kein Wunder, dass die Reaktionen so verschieden
ausfallen: Jede, die hier sitzt, hat einen anderen Beruf.
Neben der Bankerin sitzt die Sozialarbeiterin, neben
der Grundschullehrerin die Briefträgerin, neben der
Stewardess die Diakonisse. Sie sind zwischen 38 und
75 Jahre alt. Gemeinsam ist diesen Müttern, Tanten und
Großmüttern der Wunsch nach einem im Heute ver-
ankerten, lebendigen Glauben.
Verband Evangelische Frauen
in Hessen und Nassau e.V.
Telefon (06151) 6690-166
E-Mail info@
evangelischefrauen.de
www.evangelischefrauen.de
Zentrum Bildung
Fachberatung für Frauen- und
Familienbildung
Telefon (06151) 6690-187/195
Stabstelle Gleichstellung
Telefon (06151) 405-423/434
32
Wie vieles in der Evangelischen Kirche sind auch die
Organisationen für Frauen historisch gewachsen. So
schlossen sich 1907 über 300 Gruppen in der EKHN zum
Landesverband der Evangelischen Frauenhilfe e.V.
zusammen. Ihre Interessen waren überwiegend auf die
Ortsgemeinde gerichtet. Sie engagierten sich sozial,
beschäftigten eine Gemeindeschwester oder gründeten
einen Kindergarten und wurden vielerorts zum Rückgrat
ihrer Gemeinden. Später beschäftigte der Verband auf
Propsteiebene hauptamtliche Mitarbeiterinnen, betrieb
vier Familien-Bildungsstätten und eine zentrale
Geschäftsstelle mit jeweils eigenen Bildungsangeboten.
Mit zirka 40 hauptamtlich Beschäftigten im Jahr 2005
war die Frauenhilfe der größte Verband.
1947 wurde der Verband der Evangelischen
Frauenarbeit gegründet, dem im Jahr 2005 19 Vereine
und Gruppen mit überregionalen Interessen angehörten.
Beide Verbände zusammen vertraten über 700 Gruppen
und Initiativen mit mehr als 30.000 Mitgliedern.
Daneben richtete die Synode 1992 eine »Arbeits-
stelle für Frauen in der Kirche« und 1998 die Stelle der
zentralen Frauenbeauftragten ein, welche die Gleich-
stellung von Frauen in die verfasste Kirche integrieren
sollten.
Überschaubarere Strukturen, Vermeidung von Doppel-
arbeit und effizienterer Umgang mit den Mitteln waren
die Ziele der Neuorganisation, die 2000 begonnen und
2005 erfolgreich beendet wurde. Entstanden war der
neue Verband »Verband Evangelische Frauen in Hessen
und Nassau e.V.« mit einer Geschäftsstelle in den
Räumen der bisherigen Frauenhilfe in Darmstadt. Ein
Kooperationsvertrag mit dem Zentrum Bildung, das im
selben Haus untergebracht ist, soll die Zusammenarbeit
regeln. Das Zentrum bietet für den Bereich Frauen und
Familie die Fachberatung an.
Pilotprojekt und Wegweiser
»Die neue Struktur hat zu einer Aufbruchstimmung bei
den Frauen geführt«, berichtet Pfarrerin Helga Engler-
Heidle, die Projektbeauftragte der Neuorganisation.
Das zeigen das gemeinsame Pilotprojekt »Bei mir bist
du schön. Frauen Körper Glaube«, das sich durch das
gesamte Jahr 2006 zieht, und der »Wegweiser Frauen,
Bildung, Familie, Gender«, der einen Überblick über
den neuen Verband, seine Angebote und Ansprech-
partnerinnen bietet. Die Themen-Palette reicht von ört-
licher Geselligkeit über weibliche Spiritualität, Gender-
Aspekte, Beratung für Migrantinnen, Weltgebetstags-
gruppen, Bildungskurse und Trauerkreise bis zur Inter-
essenvertretung für lesbische Frauen.
Mann und Frau wachen über die Gleichstellung
Im November 2005 hat die Kirchensynode ein neues
Gleichstellungsgesetz beschlossen, das die bisherigen
Aufgaben der Zentralen Gleichstellungsbeauftragten und
der Arbeitsstelle Frauen in der Kirche im »Stabsbereich
Gleichstellung« zusammenführt. Hier arbeiten seit
Anfang Februar 2006 die Juristin Maren Cirkel und der
Pfarrer Andreas Schwöbel. Ziel ist, die Gleichstellung als
durchgängiges Leitprinzip in allen Entscheidungen und
Aufgabenbereichen zu verankern und in der EKHN eine
Kultur zu schaffen, die die Verschiedenheit der Lebens-
verhältnisse von Männern und Frauen anerkennt und in
der Frauen und Männer gleichberechtigt Einf luss und
Gewicht haben.
Verband Evangelische Frauen in Hessen und Nassau e.V. und Stabsbereich Gleichstellung
Aufbruchstimmung bei den FrauenDie EKHN hat die Organisationen und Strukturen für Frauen neu geordnet. Die Arbeit von zwei bislang unabhängig arbeitenden Institutionen wurde im neuen »Verband Evangelische Frauenin Hessen und Nassau e.V.« gebündelt. Neu konzipiert wurde auch der Aufgabenbereich Gleich-stellung.
33
initiiert und wurde vom Gemeinschaftswerk der
Evangelischen Publizistik (gep) in Frankfurt, der Zeit-
schrift Evangelisches Frankfurt, dem Medienhaus der
EKHN in Frankfurt und der Evangelischen Kreditgenossen-
schaft (EKK) mit Sitz in Kassel und Frankfurt gesponsert.
Den mit 1.500 Euro dotierten ersten Preis erhielt
die Kirchengemeinde Frankfurt-Bockenheim. Die
weiteren Preise, jeweils 500 Euro, gingen an die Christus-
kirchengemeinde Darmstadt-Eberstadt und an die
Kirchengemeinden in Rossdorf, Siegbach bei Herborn,
Alten-Buseck/Trohe bei Gießen, Hattersheim und
Georgenhausen-Zeilhardt bei Darmstadt. Den Sonder-
preis für besonderes Layout bekam die Kirchengemeinde
Ober-Ramstadt. Den Preis für Gemeindebriefe außerhalb
der EKHN sicherte sich die Kirchengemeinde Korbach aus
der Evangelischen Kirche von Kurhessen-Waldeck.
124 Gemeinden hatten sich um die Preise
beworben. Kriterien der Preisvergabe sind Originalität,
Themenvielfalt, Aktualität, journalistische Darstellungs-
formen, überschaubares Layout, Druckqualität und die
Verwendung des Fassettenkreuzes.
Die Preisträger des Förder-
preises Gemeindebrief:
1999:
Kirchengemeinde Gräfen-
hausen-Schneppenhausen
2000:
Kirchengemeinde
Am Hauptbahnhof, Frankfurt
2001:
Lutherkirche Wiesbaden
2003:
Kirchengemeinde Erbach
2005:
Kirchengemeinde Frankfurt-
Bockenheim
Verleihung des Förderpreises Gemeindebrief
Persönlich geschrieben –professionell gemachtDie kirchliche Publikation mit der größten Reichweite sind die Gemeindebriefe, die neun von zehn Kirchengemeinden herausbringen und die in der EKHN eine Gesamtauflage von etwa 1,3 Mio. erreichen. Um ihre Qualität weiter zu fördern, vergibt die EKHN seit 1999 einen Förderpreis. Bei der fünften Verleihung im September 2005 hielt Nikolaus Brender, Chefredakteur des ZDF, die Laudatio.
»Die Gemeindebriefe sind keine ausgeklügelten, gezielt
formatierten Datenträger interner oder öffentlicher
Kommunikation eines Großunternehmens. Sie sind
persönlich geschrieben. Man spürt in ihnen den freien
Willen der Briefschreiber und man hat das Gefühl, dass es
den Mitarbeitern eine Ehre ist zu schreiben. Ein Anliegen,
kein bloßer Job!« Dieses Fazit zog Nikolaus Brender in
seiner Laudatio. Die Redaktionen seien offenbar
»mittendrin im Gemeindeleben und nahe an denen, über
die sie schreiben. Im besten Sinn Gemeinde und damit
ein Stück Heimat. Der Ort also, an dem man nicht nach
dem Wege fragen muss – zumindest nicht nach dem Weg
zum Nachbarn, im räumlichen und ideellen Sinne.«
Kirchenpräsident Steinacker lobte bei der Über-
gabe der Preise im Frankfurter Medienhaus den »deut-
lichen Qualitätssprung«, den viele Gemeindebriefe in
den vergangenen Jahren gemacht hätten. Die meisten
würden heute nicht mehr von Hand zusammen-
geschnippelt, sondern halbprofessionell auf dem
Bildschirm gestaltet und seien »optisch viel attraktiver«
geworden. Viele Gemeinden hätten verstanden, dass ihr
Erscheinungsbild die Beziehungen sowohl zu ihren Mit-
gliedern als auch zur lokalen Öffentlichkeit mitpräge.
Der Förderpreis Gemeindebrief der EKHN ist der
höchstdotierte Preis seiner Art und wurde von Wolfgang
Weinrich, Fachreferent für Kommunikationsprojekte,
34
Verantwortung übernehmen
»Die Kirche ist für mich eineheilsame Störung in der Gesell-schaft. Hier finden wir denMut, uns für Barmherzigkeitund Gerechtigkeit stark zumachen. Gott hat sich in Jesus Christus für uns stark gemacht.«Dr. Wolfgang Gern [55], DWHN-Vorsitzender, Frankfurt
»Ich wünsche mir eine Kirche, die sich um die Probleme und Sorgen der Menschen bemüht und Konflikte nicht scheut.«Dirk Weigand [36],Lehrer, Bad Marienberg
»Menschen fragen wieder nachGott und der Kirche. Die Kirchemuss ihnen glaubwürdiger vonder Freiheit und Verantwortungunseres Glaubens erzählen undsie mit dem Geist, der Kraft,der Liebe und der Besonnenheit ermutigen.«Marlehn Thieme [49], Ratsmitgliedder EKD, Frankfurt
35
Ein Luftballon wird in die Luft geschickt. Die
Besucher werden zu Piloten und Routen-
erfindern für das leichte Luftgefährt. Immer
wenn der Ballon auf dem Tisch landen will,
schlägt ihn einer in die Luft zurück, blitz-
schnell nimmt er Fahrt auf. Der Ruhestand wirkt sehr
lebendig in der Tagesstätte für ältere Menschen mit
Behinderung. Irma besucht sie häufig. »Sonst käme ich
kaum vor die Tür.« Als sie vor einigen Jahren ihre Arbeit
in einer Behindertenwerkstätte beendet hatte, blieb sie
tagsüber in der Wohnanlage. »Das war zu ruhig. Meine
einzige Gesellschaft war die Frau vom Büro und die, die
putzten.«
Wohlfahrtsverbände kooperierten
Seit Oktober 2003 existiert das in Hessen einmalige
Angebot. Die Frage nach Betreuung älterer Menschen –
besonders mit geistiger Behinderung – habe sich in den
Jahren zuvor kaum gestellt, sagt Pfarrer Armin Gissel,
der zusammen mit der Gemeindepädagogin Kornelia
Marschner die evangelische Behindertenseelsorge leitet.
Das Euthanasieprogramm des Nationalsozialismus habe
furchtbar nachgewirkt. »In der NS-Zeit hat nur überlebt,
wer versteckt wurde oder vielleicht nicht so behindert
geguckt hat.« Die Tagesstätte konnte entstehen, weil
sonst zuweilen in Konkurrenz stehende Wohlfahrts-
verbände miteinander kooperierten. Caritas, Arbeiter-
wohlfahrt, Diakonisches Werk, vor allem aber die
Lebenshilfe haben sich in das Projekt der evangelischen
Behindertenseelsorge eingehakt.
»So oft geküsst, so oft umarmt«
Neben der Seniorentagesstätte bietet die evangelische
Behindertenseelsorge in Gießen Familienfreizeiten an
sowie eine integrative Jugendarbeit. Es gibt Eltern-
gesprächskreise, Religions- und Konfirmandenunterricht
und außerdem werden Kunstwettbewerbe ausgeschrieben
und betreut. »Die Arbeit fordert sehr, aber ich bin noch
nie so oft umarmt, geküsst und gedrückt worden«, sagt
Kornelia Marschner. Besonders sei für sie auch das
religiöse Gespür von Menschen mit Behinderungen.
Tagesstätte für ältere Menschen mit Behinderung in Gießen
Nie so oft geküsst, so oft umarmtDie erste hessische Tagesstätte für Senioren mit Behinderung in Gießen ist ein
Modellprojekt. Federführend ist die evangelische Behindertenseelsorge, die
nicht nur mit diesem Angebot belegt: Menschen mit Behinderungen sind für die
Gesellschaft ein Gewinn.
Tagesstätte für ältere Menschen mit Behinderung
Anzahl der Tagesplätze (zurzeit auf 29 Personen verteilt) 15
davon Männer 11
davon Frauen 18
Personal
Heilerziehungspfleger/-innen (80-%-Stelle) 2
Ehrenamtliche und Praktikant(inn)en ca. 15
Ausgaben [Euro]
Personal 65.616,73
Laufende Sachausgaben für Gebäudeund bewegliches Vermögen 38.459,13
Sächliche Verwaltungs- und Betriebsausgaben 36.433,25
Vermögenswirksame Ausgaben 6.304,47
146.813,58
Einnahmen [Euro]
Zuweisung der Landeskirche 25.941,00
Landkreis Gießen 2.425,97
Landeswohlfahrtsverband 79.120,42
Lebenshilfe e.V. 39.108,49
Sonstige Einnahmen 217,70
146.813,58
Ansprechpartner: Pfarrer Armin Gissel
Telefon (0641) 97269570
E-Mail [email protected]
www.behindertenseelsorge-giessen.de
36
»Wenn sie in eine Kirche kommen, werden sie sofort
ruhig.« Aber sie empfänden nicht nur eine besondere
Atmosphäre, ergänzt Armin Gissel. »Sie strahlen diese
Atmosphäre auch aus.« Wenn Behinderte ihre
Konfirmation feiern, würden viele Besucher nach dem
Gottesdienst sagen: »Das war großartig!«
Eingetragen in Willis Buch des festlichen Lebens
Ohne die Unterstützung Ehrenamtlicher wäre die viel-
fältige Arbeit kaum möglich. 70 Freiwillige engagieren
sich in der Gießener Behindertenseelsorge, Christel
Brusius bereits seit vielen Jahren. »Das sind tolle
Menschen, die ihre Meinung sagen«, schildert sie ihre
Motivation. Elke Eimer hilft seit einigen Wochen in der
Tagesstätte mit, die herrschende Atmosphäre der Ehrlich-
keit empfindet sie als frappierend. »Du wirst betrachtet,
sie warten ab«, erzählt sie während des Mittagessens.
Umgekehrt bedeute das: »Sie sind freundlich, wenn sie
es auch wirklich freundlich meinen.« Das Essen ist
beendet. Jetzt wischt sie die Tische ab. »Elke, wann hast
du eigentlich Geburtstag?«, fragt Willi. Ihre Antwort
schreibt er in sein Notizbuch, in dem alle wichtigen
Geburtstage eingetragen sind. Nun steht auch Elke Eimer
in Willis Buch des festlichen Lebens.
37
Mitglieder
187 Rechtsträger
mit 338 Einr ichtungen
und 21.952 Betten/Plätzen
14 Vereine für Jugend- und Erwachsenenhilfe/Betreuungsvereine
49 Dekanate der EKHN
250 Mitglieder des DWHN
mit insgesamt rund 15.500 hauptamtlichen Mitarbeiter innen und Mitarbeitern
Einrichtungen der Mitglieder
des Diakonischen Werks
in Hessen und Nassau
[Arbeitsbereiche] [Einrichtungen] [Betten/Plätze]
Krankenhilfe 16 Krankenhäuser 3.041
Jugendhilfe 32 stationäre Einrichtungen 1.11023 teilstationäre Einrichtungen 1.08715 Beratungsstellen
sowie ambulante Dienste 70
Familienhilfe 11 stationäre Einrichtungen 7231 Tageseinrichtung
20 Beratungsstellensowie ambulante Dienste 91
Altenhilfe 86 vollstationäre Einrichtungeninkl. Kurzzeitpflege 7.857
32 betreutes Wohnen für Seniorenund Altenwohnungen 1.292
10 Tages- und Nachtpflege-einrichtungen 157
Behindertenhilfe 21 stationäre Einrichtungen 2.01815 Tageseinrichtungen 1.959
6 Beratungsstellensowie ambulante Dienste 238
Hilfen für Personen 16 stationäre Einrichtungen 431in besonderen sozialen 5 Tageseinrichtungen 20Situationen 2 Beratungsstellen
Ausbildung 12 Ausbildungsstätten 1.309
Sonstige Einrichtungen 6 stationäre Einrichtungen 3811 Tageseinrichtung 758 weitere Einrichtungen 93
Gesamt 338 21.952
Finanziert werden die Angebote des DWHN durch Zuweisungen der EKHN, Zuschüsse
und Leistungsentgelte aus öf fentlichen Kassen sowie durch Erträge aus Sammlungen,
Spenden und Kollekten. Für das Jahr 2005 betrug der Etat 49 Mio. Euro. [Stand: 2006]
Das DWHN gibt einen eigenen Jahresbericht heraus,
den Sie direkt anfordern können:
Diakonisches Werk in Hessen und Nassau e.V.
Ederstraße 12
60486 Frankfurt
Telefon (069) 7947-0
E-Mail [email protected]
www.dwhn.de
Diakonisches Werk in Hessen und Nassau (DWHN)
Trost, der nicht von oben kommt
Die ehemalige Lehrerin versteht ihre Arbeit als Gewinn,
was in ihrer Umgebung aber nicht immer auf Verständnis
trifft. »Ich könnte das nicht!«, höre sie häufig, wenn sie
von ihrer neuen Aufgabe erzählt. »Bei anderen sehe ich,
wie sie diesen Satz denken, aber nicht aussprechen.«
Eine Art mittägliche Feierabendstimmung hat die
Seniorentagesstätte inzwischen erfasst, leise parliert
Musik im Hintergrund. Angelika malt. Irma plaudert.
Erwin sucht nach dem entscheidenden Puzzleteil. »Was
ist denn das?«, schreckt Irma auf. »Das gab’s doch noch
nie: Willi weint! Hat er sich verletzt?« »Das Knie, das
Knie«, bricht es aus ihm heraus. Christel Brusius hilft
ihm, sein schmerzendes Bein auf einen Stuhl zu legen.
»Ich kenne das von mir«, sagt sie. Ihr Trost beruhigt. Er
kommt aus seiner Welt.
Seelsorge-Dienste
Spezialseelsorge-Dienste für ... [Pfarr- [Gemeinde- stellen] pädagogen- stellen]
Altenheime 15,0 7,5
Asylbewerber/-innen 1,0 1,75
Flughafenpersonal und -gäste 1,0 –
Gehörlose, Blinde und Behinderte 12,6 3
Krankenhäuser, Kur, Hospiz 65,5 19,75
Notfallseelsorge 9,4 –
Polizei 2,5 –
Schausteller/-innen und Marktleute 1,0 –
Strafgefangene und Gefängnisbedienstete 12,5 –
Schulseelsorge 13,6 –
Telefonseelsorge 5,0 –
38
Fußballweltmeisterschaft 2006
Kirche am Ball
Etwa 200 der 1.100 EKHN-Gemeinden haben sich dem
von der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD)
geschlossenen Rahmenvertrag für das Public Viewing,
also der kostenlosen Übertragung der Spiele über Groß-
leinwand, angeschlossen. Für deren Rahmenprogramm
stellte nicht nur die EKD Plakatmotive und Materialien
her, sondern auch die EKHN. Deren Motive Glaube,
Hoffnung und Liebe verbanden Sport und Evangelium
miteinander. Die EKHN-Notfallseelsorge war mit
80 Personen am Bereitschaftsdienst zur psychosozialen
Notfallversorgung beteiligt, der von der Fifa vorge-
schrieben war.
Auch die Schattenseiten des Großereignisses
waren im Blickfeld: Flughafenseelsorge, Bahnhofsmission
und soziale Dienste stellten sich auf mehr Einsätze für
desorientierte Menschen ein. EKHN und EKD unter-
stützten die Kampagne gegen Zwangsprostitution und
wiesen kritisch darauf hin, dass viele Sportartikel in
Entwicklungsländern unter unwürdigen Bedingungen
produziert werden.
Kirchenpräsident Steinacker begründete das
Engagement zur WM: »Unser Auftrag ist es, die Menschen
zu erreichen, wo sie sind, um ihnen durch das Zeugnis
des Wortes, der Tat und des Sakraments das Evangelium
nahe zu bringen. Bei der WM sind sie großen Themen
begegnet, die Sport und Glaube gemeinsam haben. Beide
sorgen sich um den Sonntag. Beide formen und brauchen
Gemeinschaft. Beide haben es mit existenziellen Themen
zu tun, wie Fairplay und Foul, Schuld und Gerechtigkeit,
die Verbindung von Leib und Seele, die Bewältigung von
Niederlagen und Erfolgen samt der Frage nach dem
eigenen Wert und den eigenen Werten. Als Christen
haben wir für Fans und Spieler die schönste Botschaft
der Welt: Gottes Liebe, die den Menschen verändert,
erfahrbar in Jesus Christus und dem Heiligen Geist.«
Als Auftakt fand auf dem Frankfurter Römerberg
am Pfingstmontag ein ökumenischer Festgottesdienst
statt. Er wurde von Kirchenpräsident Dr. Peter Steinacker,
Bischof Dr. Martin Hein aus der Evangelischen Kirche von
Kurhessen-Waldeck und dem katholischen Stadtdekan
Raban Tilmann geistlich geleitet. Ein vom Evangelischen
Regionalverband in Frankfurt organisiertes Inter-
nationales Fest der Nationen mit Beiträgen aus Afrika,
Amerika, Asien und Europa schloss sich an. Das deutsche
Motto der WM »Die Welt zu Gast bei Freunden« wurde so
in der EKHN umgesetzt.
Arbeitskreis Kirche und Sport
Seit über 30 Jahren gibt es in der EKHN den Arbeitskreis Kirche und
Sport, der den Kontakt zwischen diesen beiden wichtigen gesellschaf t-
lichen Bereichen hält. Beide sind auf lokaler und landesweiter Ebene
flächendeckend präsent und bieten Aktivitäten im Freizeitbereich an.
Bei den regelmäßigen Tref fen von Repräsentanten beider Seiten werden
einerseits wichtige gesellschaf tspolitische Themen wie die Gestaltung
des Sonntags und andererseits geistige Themen wie der Umgang mit
Foul und Schuld, mit Versagen und Gewinnen besprochen.
Der Arbeitskreis verantwortet jährlich eine Tagung zum Dialog
zwischen Kirche und Sport. Er organisiert den jährlich stattf indenden
Kirchenlauf, der im Jahr 2006 am 17. September in Butzbach statt-
f indet. Der Arbeitskreis stellt die Pfarrer-Fußballmannschaf t der EKHN,
die regelmäßig durch Kirchenpräsident Steinacker verstärkt wird.
Vorsitzender des Arbeitskreises:
Pfarrer Rolf Noormann, Frankfurt
Telefon (069) 95153967
E-Mail [email protected]
Die Fußballweltmeisterschaft hat viel und viele bewegt, nicht nur an den Spielorten wie Frankfurt. Als Volkskirche hat die EKHN dieses Großereignis an vielen Orten mit gestaltet und dabei die eigene Perspektive eingebracht. Sie war die einzige Landeskirche, die für ein Jahr die Projekt-stelle eines WM-Pfarrers eingerichtet hat, der die verschiedenen Aktivitäten koordinierte.
39
Die Kirchengemeinde Gorxheimertal im Odenwald
Aktiv für das ganze TalDie Arbeit der Kirchengemeinde Gorxheimertal trägt viele Früchte. Da ist ein
Besuchsdienstkreis, das Projekt »Senioren ans Netz« oder die florierende
Jugendarbeit. Stets sind die kirchlichen Angebote in die örtlichen Strukturen
der Kirchengemeinde in der Nähe Weinheims eingebunden.
»Wir haben uns früher in der Leichenhalle
getroffen«, erinnert sich Charlotte
Schmitt an die evangelischen Gottes-
dienste, nachdem sie vor 44 Jahren nach
Gorxheim gezogen war. »Es gab damals
weniger als 15 Evangelische.« Bald kamen immer mehr
Protestanten in das lang gestreckte Tal: Sie hatten Arbeit
in Heidelberg, Mannheim oder Darmstadt gefunden. Weil
im Tal kein Platz mehr war, bauten sie Häuser am Hang,
womit sie auf die alteingesessenen Katholiken hinunter-
sehen konnten. Die wiederum sprachen unter Anspielung
auf manch teures Schmuckstück am Berg schon mal vom
»Bonzebuckel«.
Pommern, Magdeburg und China
Heute lächelt man im Gorxheimertal über die zurück-
liegenden Spötteleien, zumal sich die Protestanten ganz
und gar nicht als eine selbstgenügsame, über dem Tal
schwebende Gemeinde verstehen. Ihr offener Charakter
ist am Kirchengebäude erkennbar. »Die Fenster sind
kalligrafisch gestaltet, von einem Muslim«, sagt Helmut
Steigler, seit mehr als 30 Jahren Pfarrer der Gemeinde,
viele Jahre davon auch Dekan. Neben den Fenstern sind
auf einer dezent angebrachten Spendentafel Namen
von Geschäftsleuten aus der Region zu lesen. Ein Bilder-
zyklus vom Bibelzentrum der pommerschen Landeskirche
stellt die Stationen des Kirchenjahres dar. Außerdem
gibt es einen verzierten Stein vom Westportal des
Magdeburger Domes. »Und dieses Bild ist aus China:
Jesus und die Frau am Brunnen.« Bei aller Unterschied-
lichkeit wirken alle Elemente sorgfältig aufeinander
abgestimmt. Alle können etwas über die Geschichte der
Gemeinde erzählen. »Traditionen waren kaum vorhanden,
also haben sich neue gebildet«, sagt Helmut Steigler.
»Sie entwickelten sich, indem man miteinander lebte.«
Aufgestoßene Türen
Das gemeinsame Leben spielt sich nicht nur auf dem
Kirchengrundstück ab. Die sieben Frauen vom Besuchs-
dienstkreis besuchen ältere Menschen zu Hause. »Mensch
besucht Mensch, Christ besucht Christ, um Freude zu
machen«, sagt Helge Kleinwächter, was wie ein einfacher,
rhythmisch gesprochener Vers anmutet. Als einfach
empfand sie ihre ehrenamtliche Arbeit anfangs aber
nicht: »Ich komme aus Hamburg und habe mich gefragt:
Werde ich die hiesige Sprache der Menschen verstehen?«
Ein Gefühl »wie eine Mauer« sei das gewesen. Bald habe
40
sie aber erlebt, wie die Begegnungen immer wieder eine
»Tür aufstießen«. Manche dieser seelsorgerlich-pastoralen
Besuche wirken lange nach. Gisela Kahl erinnert sich:
»Ich erzählte bei einem Krankenbesuch von Afrika. Dort
habe ich früher nämlich gelebt. Wie schön und entlastend
das gewesen ist, etwas davon zu hören, erzählt mir die
Familie heute noch.«
»Voll lockere und goldige Senioren«
Gisela Kahl sucht nicht nur Menschen auf, sondern auch
das Internet. Zumindest war sie Teilnehmerin beim
Projekt »Senioren ans Netz«, einem Gemeinschafts-
projekt der örtlichen Feuerwehr und des evangelischen
Jugendcafés (JuCa). »Wir sind bis zur Suchmaschine
Google gekommen«, erinnert sich Gisela Kahl, »und weit
darüber hinaus. Tief ins Internet sind wir eingedrungen.«
Die Senioren seien »voll locker und sehr goldig« gewesen,
kommentiert Kerstin Knapp, eine der jugendlichen
Lehrerinnen vom JuCa. »Wir haben selbstverständlich
niemals gelacht, wenn die Senioren etwas nicht wussten,
höchstens mal mit ihnen zusammen.« Enttäuschend sei
aber gewesen, dass manche der betagteren Schüler ihre
Stunden bald geschwänzt hätten.
Verlässlichkeit ist ihr und Bianca Schmitt wichtig,
sie sind die Sprecherinnen des JuCas. »Wir sind katholisch
und trotzdem hier«, sagen sie lächelnd. »Früher saßen
wir vor dem Bürgerhaus und viele beschwerten sich.«
Jetzt haben sie einmal monatlich sogar die Schlüssel-
gewalt über das JuCa. Dann ist der offene Jugendtreff
etwas weniger offen als sonst – zumindest für die Be-
treuer, denn die haben dann keinen Zutritt, sagen die
jungen Frauen schmunzelnd. Die Betreuer selbst haben
diese Sitte angeregt. Dank der so entstehenden höheren
Verantwortung werde die Gemeinschaft gestärkt, meint
Armin Steigler, einer der Betreuer. »Entscheidend an der
Jugendarbeit sind Beziehung, Freundschaft, Clique.« Als
Jugendlicher besuchte er selbst das JuCa, aus Freund-
schaften bildete sich die Irish-Folk-Band »Waiting for
Frank«, deren Musik und Ruhm inzwischen weit über das
Tal hinausklingen.
Kommunal vernetzt
Bei der Jugendarbeit in den evangelischen Räumlich-
keiten arbeiten Kirche und Kommune Hand in Hand, was
auch im Kleinen sichtbare Folgen hat. »Ein Freund von
mir hat eine Spielhalle, von ihm habe ich den Kicker hier-
her geholt«, sagt Bürgermeister Uwe Spitzer. Die Arbeit
der Kirchengemeinde ist im Gorxheimertal kommunal
vernetzt und stärkt damit das Zusammenleben über kirch-
lich-konfessionelle Grenzen hinweg. »Die Menschen
messen uns nicht an der Theologie, daran, ob sie richtig
oder falsch ist«, sagt Pfarrer Helmut Steigler. »Für sie ist
entscheidend, was wir tun: das diakonische Handeln, die
Zuwendung zu den Menschen.«
Gemeindearbeit
Kirchenmusikalische Veranstaltungen 3.893
Teilnehmer/-innen 323.101
Seminare zu Glaubensfragen 1.844
Teilnehmer/-innen 42.974
Seminare zu gesellschaftlichen Fragen 1.329
Teilnehmer/-innen 22.719
Jugendkreise 1.201
Teilnehmer/-innen 9.597
Veranstaltungen und Feste 2.226
Teilnehmer/-innen 277.972
Eintägige Bildungsfahrten und Freizeiten 1.522
Teilnehmer/-innen 43.448
Mehrtägige Bildungsfahrten und Freizeiten 2.435
Teilnehmer/-innen 46.342
Kinder und Jugendliche in der EKHN
Der Fachbereich Kinder- und Jugendarbeit im Zentrum Bildung
verantwortet auf landeskirchlicher Ebene die inhaltlichen Programme
für Kinder und Jugendliche. Daneben hat sich der Arbeitsbereich auch
als Jugendverband »Ev. Jugend in Hessen und Nassau e.V.« (EJHN)
organisiert.
Fachbereich und Verband arbeiten mit freien Werken und Verbänden
zusammen, die ebenso Angebote für Kinder und Jugendliche in der EKHN
machen. Es sind
der Christliche Verein junger Menschen (CVJM)
das Entschiedene Christentum (EC)
das Evangelische Jugendwerk (EJW)
der Verein christlicher Pfadf inder/-innen (VCP)
In den Gemeinden und Dekanaten der EKHN bieten Dekanatsjugend-
referent(inn)en, Gemeindepädagog(inn)en und ehrenamtlich Mit-
arbeitende ein breites Spektrum an Leistungen an. Dazu gehören
Krabbelgruppen, Jungscharen, Mädchentreffs für Teenies, Dritte-Welt-
Projekte für Kinder, Jugendkulturtage, Dekanatsjugendtage,
Osterfreizeiten, Fahrradtouren, internationale Jugendbegegnungen,
Kr ippenspiele, PC-Kurse und Gottesdienste.
Hinzu kommt die schulbezogene Arbeit mit Schülercafés, Hausaufgaben-
hilfe, Schulseelsorge, Schulsozialarbeit und Reflexionstagen. Über die
regionalen Angebote informieren Sie die Dekanatsjugendstellen.
Die EKHN unterhält mit der Burg Hohensolms bei Gießen und der Jugend-
bildungsstätte Kloster Höchst zwei Tagungshäuser für diese Zielgruppe.
Fachbereich Kinder- und Jugendarbeit im Zentrum Bildung
Landesjugendpfarrer Eberhardt Klein, Darmstadt
Telefon (06151) 6690-111
E-Mail [email protected]
www.ev-jugendarbeit-ekhn.de
Evangelische Jugend in Hessen und Nassau e.V., Darmstadt
Telefon (06151) 15988-50
E-Mail [email protected]
www.ejhn.de
41
Aktion »weltweit wichteln« in Frankfurt und Neu-Anspach
Ballack wechselt nach GhanaBislang waren die internationalen ökumenischen Kontakte der EKHN eher etwas
für Erwachsene, allenfalls frei ab 16. Die neue ökumenische Aktion »weltweit
wichteln« bietet erstmals Kindern eine angemessene Chance, eigene ökumenische
Kontakte zu knüpfen und Partnerschaften mit Kindern in anderen Regionen der
Welt einzugehen. Die EKHN startete »weltweit wichteln« im Dezember 2005 in
Kooperation mit dem Evangelischen Missionswerk Süddeutschland (EMS) sowie der
gepa und gehört damit zu den Pilotkirchen dieser bundesweit angelegten Aktion.
Das Leben von Christen in Afrika und Asien ist
vielfach von Armut, Ungerechtigkeit und
Krieg geprägt. Diese Themen sind nur bedingt
für Kinder geeignet. Deshalb werden die
Partnerschaften in der EKHN bislang fast
ausschließlich von interessierten Erwachsenen und
Jugendlichen gepf legt. Die Aktion »weltweit wichteln«
ändert das. Der Name greift den vorweihnachtlichen
Brauch des Wichtelns auf und gibt ihm einen tieferen
entwicklungspolitischen Sinn. Bei dem Brauch, der in
Norddeutschland als Julklapp bekannt ist, beschenken
sich Menschen gegenseitig mit kleinen Aufmerksam-
keiten, ohne sich zu kennen.
Kernstück der Aktion »weltweit wichteln« sind
Handpuppen. Etwa 25 Zentimeter große Puppenhüllen
aus Baumwolle werden von der Frauenkooperative Co-
Optex in Indien, einem langjährigen Partner des fairen
Handelshauses gepa, genäht. Das schafft dort weitere
Arbeitsplätze mit fairen Löhnen für körperbehinderte
Frauen, die auf dem regulären Arbeitsmarkt in ihrer
Heimat keine Chance haben. Im ersten Jahr verkaufte
die gepa 23.500 Puppenhüllen.
Zu kaufen sind die Puppenhüllen, zu denen noch
ein Säckchen für kleine Geschenke gehört, für 2,50 Euro
bei der gepa, beim EMS, in Eine-Welt-Läden oder im
Zentrum Ökumene der EKHN. Mitmachen können
interessierte Kindergruppen aller Art, indem sie aus
einer Puppenhülle nach Lust und Laune eine individuelle
Puppe gestalten. Anschließend werden die Puppen,
zusammen mit einem Brief, einer besungenen Kassette,
Fotos oder anderen Botschaften zu einer Kindergruppe
in einem anderen Land geschickt. Dafür werden bereits
vorhandene Partnerschaften der Erwachsenen genutzt.
Wenn es noch keine gibt, dann hilft »weltweit wichteln«
beim Aufbau einer neuen, die dann mit den Kindern
wachsen kann, bis sie groß ist. Die Kinder, die solche
Aufmerksamkeiten erhalten, können antworten, indem
sie entweder auch Puppen gestalten oder sich etwas
42
anderes ausdenken. Die Aktion regt an zu individuellen
Kontaktideen. Kinder sollen Spaß am interkulturellen
Lernen und an entwicklungspolitischem Engagement
haben. Wichtig ist den Initiatoren aber auch, einseitige
Klischees zu vermeiden: hier die deutschen Kinder
als reiche Geber, dort die Kinder in Afrika als arme
Beschenkte. Die Ziele sind: Tuchfühlung der Kinder auf
Augenhöhe, Beginn nachhaltiger Kontakte, die gegen-
seitiges Interesse und Wissen hervorrufen, und die Ver-
breitung der Idee des fairen Handels.
Feierlicher Abschied
Kirchenpräsident Steinacker, der die Schirmherrschaft
übernommen hat, eröffnete die Aktion kurz vor dem
Ersten Advent in der Kindertagesstätte der Auferstehungs-
gemeinde in Frankfurt-Praunheim. Die Leiterin der Kita
Nicole Frede hatte zuvor mit den Kindern die Puppen
gestaltet. Eifrig hatten die Kleinen Gesichter gemalt, Woll-
haare geklebt, Sommersprossen aufgepunktet, Kleider
geschneidert und Pailletten angeheftet. Auf einem
Globus hatten sich die Kinder angeschaut, wo genau die
Stadt Tamale, die Heimat ihrer künftigen Partnergruppe
in Ghana, liegt. Große farbige Bilder hatten den Kindern
etwas von den dortigen Lebensbedingungen anschaulich
gemacht: die rote Erde, das spezielle Grün der Bäume,
der lange Weg zum Brunnen und die einfache Hütte der
Kita. Mit einem afrikanischen Lied verabschiedeten die
Kinder die Puppen und übergaben sie dem Kirchen-
präsidenten. Nicht allen Kindern ist das leicht gefallen,
denn sie hatten ihren Puppen Namen gegeben und mit
ihnen gespielt. Der fünf-jährige Rafael zum Beispiel
hatte seine Puppe »Ballack« genannt. Ein Kurier hat die
Puppen mitgenommen und von Ghana aus digitale Fotos
von der Übergabe geschickt. Sie zeigen, dass Ballack und
die anderen mittlerweile in Ghana spielen. Ganz offen-
weltweit wichteln
Annette Schumm, Stuttgart
Telefon (0711) 63678-44
E-Mail schumm
@ems-online.org
www.weltweit-wichteln.org
gepa Fair Handelshaus,
Wuppertal
Telefon (0202) 266830
E-Mail [email protected]
www.gepa.de
sichtlich haben die Kinder Spaß mit den fremden Puppen
aus Deutschland. Und die Kinder in Frankfurt können
sich auf ihre Antwort freuen.
Mädchenpuppen sind anders
Auch die Kita »Regenbogenland« in Neu-Anspach ge-
hört zu den ersten, die die Aktion durchgeführt haben.
Ihre Puppen sind nach Moshi in Tansania am Fuße des
Kilimandscharo gereist. Mit der dortigen evangelischen
Gemeinde pf legt die Kirchengemeinde in Idstein eine
Partnerschaft. Dorthin haben die Kinder aus Neu-
Anspach nun einen direkten Kontakt angebahnt. Die
Leiterin Bettina Nussbaum berichtet, dass Mädchen die
Puppen mit sehr vielen Details verzieren. Die meisten
Jungen geben den Puppenhüllen nur das Nötigste: ein
Gesicht, Haare und einfache Kleidung. Sie sind schneller
fertig und spielen dann mit den Puppen. Auch hier
bietet »weltweit wichteln« f lexible Möglichkeiten für ver-
schiedene Interessen.
Erzieherinnen berichten, dass die Kinder die
Aktion in vielen Bildern aufgreifen und weit mehr Fragen
zu fremden Kulturen stellen als vorher. Eine besondere
Chance haben Kinder mit Migrationshintergrund. Sie
können bei der Aktion ihr Wissen und ihre Kultur ein-
bringen sowie als Dolmetscher und Wichtelüberbringer
eine neue Rolle bekommen.
Die Aktion wird fortgesetzt. Im Jahr 2006 legt
die EKHN den Schwerpunkt auf Kindergottesdienst-
gruppen.
43
Reichtums- und Armutsbericht im Evangelischen Dekanat Hochtaunus
Das Tabu brechenDer Hochtaunuskreis zeichnet sich durch eine besonders niedrige Arbeitslosenquote
aus. Allerdings gibt es auch dort Arme, die wie überall in doppelter Weise leiden:
Sie stehen kaum im Blickfeld und haben darüber hinaus mit überdurchschnittlichen
Lebenshaltungskosten zu kämpfen. Das Evangelische Dekanat Hochtaunus hat sich
des Problems angenommen. Im November 2005 veröffentlichte es einen »Reichtums-
und Armutsbericht« und versucht nun konkret soziale Not zu lindern.
Treibende Kraft des Projekts ist Dr. Alexander
Dietz, seit Januar 2005 Inhaber der Profil-
stelle für gesellschaftliche Verantwortung im
Dekanat, das aus der Vereinigung der Dekanate
Bad Homburg und Usingen hervorgegangen
ist. Ein Gespräch mit dem Initiator und Eva Reiß, bis Mai
2006 kommissarische Dekanin:
Herr Dr. Dietz, Frau Reiß, was war der Anlass, einen
»Reichtums- und Armutsbericht« zu erstellen?
D I E T Z : »Der Hochtaunuskreis ist zwar der reichste Kreis
Deutschlands, aber auch hier leben immer mehr
Menschen, die das Nötigste nicht mehr finanzieren
können. In den Kirchengemeinden wird das schon seit
einiger Zeit deutlich: Immer mehr Menschen, zum
Beispiel Alleinerziehende, bitten um finanzielle
Unterstützung, wenn etwa die Waschmaschine oder der
Kühlschrank kaputt gegangen ist.«
R E I S S : »Bisher ist das Thema hier tabuisiert worden. In
allen Nachbarkreisen gibt es schon seit einiger Zeit
offizielle Armutsberichte. Die große Leistung unseres
Berichts liegt darin, dass er Menschen Gehör verschafft,
die vorher nicht wahrgenommen wurden.«
Wie sind Sie vorgegangen?
D I E T Z : »Wir haben uns an Verbände, Politiker und
Organisationen gewandt und um Kurzbeiträge gebeten.
Es kamen dann über 40 Texte zusammen. Da es schwierig
war, beim Landratsamt an Zahlen zu gelangen, liegt der
Schwerpunkt auf persönlichen Statements, die beispiel-
haft stehen.«
Welche Probleme bringt der Bericht ans Licht?
D I E T Z : »Arme sind in einem reichen Kreis zusätz-
lich noch von besonders hohen Lebenshaltungskosten
betroffen, vor allem für Kinderbetreuung und Wohnung.
Hunderte Empfänger von Arbeitslosengeld II (ALG II)
haben vom Kreis Briefe mit der Aufforderung erhalten,
sich eine angemessene Wohnung zu suchen, da die
Kosten ihrer Wohnung über der festgelegten Mietober-
grenze liegen. Da preiswerter Wohnraum hier jedoch
kaum zu finden ist, bliebe für diese Menschen nur die
»Flucht« in eine andere Region.«
R E I S S : »Dazu kommt, dass Ausländer und Migranten
besonders häufig von Arbeitslosigkeit und Armut
betroffen sind. Auch bei denjenigen, die schon lange in
Deutschland leben, ist die soziale Integration oftmals
nicht gelungen.«
Und die Resonanz ...?
D I E T Z : »... war sehr groß. Es gab eine viel beachtete
Pressekonferenz, wir haben zahllose Gespräche geführt
und Veranstaltungen organisiert. Zum Beispiel haben wir
in Kirchengemeinden informiert, Politiker, Gewerkschafts-
Buchtipp:
Der »Reichtums- und Armuts-
bericht« ist für 9,90 Euro
erhältlich bei
Alexander Dietz,
Referent für Gesellschaftliche
Verantwortung im Dekanat
Hochtaunus, Bad Homburg
Telefon (06172) 3088-69
E-Mail: alexander.dietz
@evangelisch-hochtaunus.de
44
bund, Organisationen und Arbeitsloseninitiativen an
einen Tisch gebracht und vernetzt. Ein »Gesellschafts-
politisches Forum«, das die Folgen von Hartz IV
thematisiert, startet in diesem Jahr. Insgesamt haben
wir sehr viel Zustimmung erfahren.«
Gab es auch kritische Stimmen?
D I E T Z : »Ja sicher. Dass wir einseitig Partei
ergreifen. Aber das läuft ins Leere, denn gerade die Viel-
falt ist eine der großen Stärken des Berichtes. Zum
Beispiel erörtert dort auch die Ehefrau des ehemaligen
Bundesbankpräsidenten, Gabriele Lademacher, welche
Vorurteile ihr als einer »Wohlhabenden« Tag für Tag
entgegengebracht werden.«
Hatte der Bericht bisher greifbare Konsequenzen?
D I E T Z : »Der Kreis zeigt sich, das haben wir fest-
gestellt, gegenüber ALG-II-Empfängern mittlerweile viel
kulanter, zum Beispiel was die Quadratmeterbemessung
von Wohnraum angeht. Es werden mehr Ausnahmen ge-
macht, während die Gesetze vorher sehr hart angewendet
wurden.«
R E I S S : » Allgemein ist eine Sensibilisierung zu spüren.
Bürgermeister haben mich von sich aus auf das Thema
Armut angesprochen und mir versichert, dass sie von
nun an größeres Augenmerk auf die Wohnungspolitik
legen werden.«
Haben Sie selbst auch Wohnraum vermittelt?
R E I S S : » Gemeinsam mit der Ökumenischen Wohn-
raumhilfe in Hofheim haben wir begonnen, gezielt An-
bieter von preiswertem Wohnraum zu finden und sie mit
Menschen zusammenzuführen, die ihn benötigen. Doch
das muss noch ausgebaut werden, denn konkret helfen
konnten wir bisher nur vereinzelt.«
Sind weitere Projekte geplant?
D I E T Z : »Wir bereiten gerade im Moment eine Tafel
für Bedürftige vor, eine Art Laden, in der sie sich Lebens-
mittel abholen können, die anderswo übrig geblieben
sind. Das Diakonische Werk hat die Federführung,
Caritas und »Grüne Damen« – die ja in Krankenhäusern
ehrenamtlich arbeiten – sind ebenfalls mit im Boot ...«
R E I S S : »... und dass uns der Bürgermeister von Oberursel
konkrete Hilfe zugesagt hat, was geeignete Räumlich-
keiten betrifft, ist ein weiterer Beleg für den Erfolg des
Berichts.«
Zeigt das auch die Chancen einer Kirche, die sich
einmischt?
D I E T Z : »Ganz sicher. Es beweist vor allem, was starke
Dekanate bewirken können. Die Strukturreform und die
damit verbundene Einrichtung von Profilstellen für
spezielle übergemeindliche Aufgaben sind ja von vielen
Gemeinden sehr skeptisch beäugt worden, weil sie
befürchteten, dass die Basis geschwächt würde. In
unserem Fall hat sich gezeigt, dass die Kirche so viel
stärker sozialpolitisch Einf luss nehmen kann. Es gibt
klare Ansprech- und Diskussionspartner für Politik,
Wirtschaft und Verbände. Und das Dekanat wird als
regionale Größe wahrgenommen. Schließlich kommt
unsere Arbeit ja auch den Gemeinden zugute, die ebenso
Mitglieder haben, die von Armut betroffen sind.«
R E I S S : »Wir haben ein deutliches Signal gesetzt, dass
Kirche ein kompetenter Ansprechpartner für soziale
Themen ist. Es geht nicht darum, jemanden zu verur-
teilen, sondern Menschen zu aktivieren. Hier im Kreis
gibt es viele, die wissen, dass es ihnen gut geht, und die
daher bereit sind, sich für andere zu engagieren.«
Reichtum und Armut im Dekanat Hochtaunus
Einwohner 227.034
Durchschnittliches Nettoeinkommen 23.852 Euro(Rang 1 in Deutschland,Durchschnitt Deutschland zum Vergleich: 16.926 Euro)
Einkommensmillionäre 272(höchste Millionärsdichte in Hessen)
Vermögensmillionäre 1. 429(Stand 1995, Rang 3 in Deutschland)
Durchschnittliches Steueraufkommen pro Einwohner im Hochtaunus 10.616 Euro(im Vergleich: durchschnittliches Steueraufkommen pro Einwohner in Hessen: 7.496 Euro)
Arbeitslose offiziell und ohne noch nicht bewilligteoder abgelehnte Arbeitslosengeld-II-Empfänger 7.035(Arbeitslosenquote: 6,3 %)
Arbeitslosengeld-II-Bedarfsgemeinschaften 4.006(Stand: Januar 2006)
Zahl der Personen darin 7.622
davon unter 18 Jahren mehr als 2.200
Registrierte Obdachlose 808
45
EKHN-Stiftung
Geschäftsführerin seit April im AmtErste Geschäftsführerin der im Jahr 2005 neu gegründeten EKHN-Stiftung ist die Diplom-Kauf-frau Friederike von Bünau. Sie wurde vom Vorstand des Stiftungskuratoriums berufen.
Mitglieder des Kuratoriums der EKHN-Stiftung
Prof. Dr. Peter Steinacker, Kirchenpräsident (Vorsitzender)
Andreas de Maizière (stellvertretender Vorsitzender)
Silvia von Metzler, Bankhaus Metzler, Frankfurt (stellvertretende
Vorsitzende)
Prof. Dr. Albrecht Beutelsbacher, Professor für Mathematik,
Universität Gießen
Dieter Buroch, Intendant und Geschäf tsführer, Künstlerhaus
Mousonturm Frankfurt GmbH
Prof. Hans Drewanz, Generalmusikdirektor a.D., Darmstadt
Gundula Gause, Journalistin und Moderatorin, ZDF-Heute-Journal,
Mainz
Prof. Dr. Heinz-Jürgen Kluge, Gesellschaf t für Schwer ionen-
forschung (GSI), Darmstadt
Dr. Thomas Kreuzer, Akademieleiter, Fundraising Akademie,
Frankfurt
Frank Lehmann, Leiter der ARD-Börse (TV), Frankfurt
Cornelia Richter, Bereichsleiter in Planung und Entwicklung,
Deutsche Gesellschaf t für technische Zusammenarbeit GmbH (GTZ),
Eschborn
Dore Struckmeier-Schubert, Journalistin, Frankfurt, Mitglied der
Kirchenleitung
Die 34-jährige Friederike von Bünau stammt aus
Schleswig-Holstein und hat unter anderem in Frankfurt
studiert. Sie arbeitete mehrere Jahre in der Protokoll-
abteilung der Lufthansa und wechselte 1999 zur
Deutschen Bank. Frau von Bünau ist verheiratet und hat
zwei Kinder.
Die Stiftung, die von der EKHN mit einem
Anfangskapital von 5 Mio. Euro ausgestattet wurde und
auf weitere Zustiftungen angelegt ist, hat laut ihrer
Satzung den Zweck, »in evangelischer Verantwortung
den ständigen Dialog von Kirche und Theologie mit
Wissenschaft, Bildung, Technik, Wirtschaft, Kunst und
Politik zu fördern«. Ihre Geschäftsstelle ist in der Kirchen-
verwaltung untergebracht.
Arbeitslosenfonds der EKHN
Für eine neue Chance im BerufJeden an den Arbeitslosenfonds gespendeten Euro verdoppelt die EKHN. Wer also 50 Euro jeden Monat von seinem Konto an den Fonds abbuchen lässt, spendet im Ergebnis 1.200 Euro im Jahr. In den 20 Jahren seines Bestehens hat der Fonds auf diese Weise 12 Mio. Euro ausgegeben und damit mehr als 2.000 Beschäftigungsverhältnisse gefördert.
Ziel des Fonds ist es, arbeitssuchende Menschen in ein
langfristiges Arbeitsverhältnis zu bringen. Dafür schafft
der Fonds die Voraussetzung, indem er sich zunächst an
der Finanzierung einer befristeten Stelle beteiligt. Von
dort aus können die Geförderten dann leichter auf eine
unbefristete Stelle wechseln. Wegen der angespannten
Lage auf dem Ausbildungsmarkt wendet sich der Fonds
neuerdings verstärkt einer anderen Zielgruppe zu:
Er bietet arbeitslosen Jugendlichen die Möglichkeit, eine
Ausbildung zu machen oder sich dafür zu qualifizieren.
Der Fonds sucht weitere Spenderinnen und Spender.
Am liebsten solche, die einen Dauerauftrag einrichten.
Fast sechs Jahre lang hatte niemand Otto Bierwagen eingestellt, weil
die Firmen of fenbar befürchteten, ihn wegen seiner 70-prozentigen
Schwerbehinderung »nie wieder loszuwerden«. Dann vermittelte der
Arbeitslosenfonds der EKHN den aus Kasachstan stammenden Mann
an das Kinder- und Beratungszentrum Sauerland in Wiesbaden. Deren
Berater innen und Berater haben zusammen mit den Spenderinnen
und Spendern des Arbeitslosenfonds zum Erfolg beigetragen. Eine
unbefr istete Arbeitsstelle fand Otto Bierwagen gleich vor Ort, heute
sind sein Wissen als studierter Zootechniker und sein Know-how in der
Garten- und Landschaf tspflege gefragt.
Arbeitslosenfonds der EKHN
Oberkirchenrätin
Dr. Petra Knötzele
Telefon (06151) 405-422
E-Mail petra.knoetzele
@ekhn-kv.de
www.ekhn.de/
arbeitslosenfonds
Bankverbindung:
Gesamtkirchenkasse der EKHN
Evangelische Kredit-
genossenschaft Kassel (EKK)
Konto 4 100 000
BLZ 500 605 00
Kennwort »Arbeitslosenfonds«
EKHN-Stiftung
Paulusplatz 1
64285 Darmstadt
Telefon (06151) 405-361
E-Mail friederike.buenau
@ekhn-kv.de
Bankverbindung:
Gesamtkirchenkasse der EKHN
Evangelische Kredit-
genossenschaft Kassel (EKK)
Konto 4 100 000
BLZ 500 605 00
Kennwort »EKHN-Stiftung«
46
Kultur fördern
»Die Kirche sollte mehr Mut haben, neue Dinge anzupacken. Dabei darf sie ihre Wurzelnund reichhaltigen Schätzenicht aus den Augen verlieren.Und das geht nur mit einer positiven Grundstimmung,nicht mit Resignation.«Günter Beucherth [70], Rentner, Bad Schwalbach
»Chorsingen ist für mich ein spirituelles Erlebnis. Kirchen-musik öffnet Menschenemotional für Bibelworte.Sie wirken in ganz andererWeise, als wenn man sichnur intellektuell mit ihnenauseinander setzt.«Simone Grün-Sonnabend [44],Studienrätin, Wiesbaden
»Die christlichen Wert-vorstellungen haben sich in 2.000 Jahren tief in dasabendländische Bewusstseineingegraben. Sie lebendig zu halten und sichtbar zu machen, ist Aufgabe der Kirche. Siemuss Orientierung bieten.«Gundula Gause [41], ZDF-Moderatorin und Journalistin, Mainz
47
Evangelisches Gymnasium Bad Marienberg
Schulpraxis, die auf Werte setztAm 02. September 2005 öffnete das Evangelische Gymnasium in Bad Marienberg
für die ersten 56 Schülerinnen und Schüler seine Pforten. Als Ganztagsschule
mit modernen Unterrichtskonzepten ist es ein Modellprojekt für die evangelische
Bildungsarbeit. Für die Schülerinnen und Schüler vor Ort bietet die EKHN mit
Förderung des Landes Rheinland-Pfalz das einzige Gymnasium weit und breit.
»Kirche steht für mich für Menschlichkeit
und Fairness«, erklärt Margret Weigel.
Und darum sei es für sie auch keine Frage,
ihren Sohn am Evangelischen Gymnasium
anzumelden. Eine Entscheidung, die sie
mit zahlreichen Eltern der Region teilt. »Viele trauen
uns eine besondere Kompetenz bei der Vermittlung
von Werten zu«, weiß Oberstudienrat im Kirchendienst
Dirk Weigand. Und so gab es aus dem Stand weit mehr
Anmeldungen als Plätze.
Ein solch starkes Interesse hat noch einen
weiteren Grund. Denn das Evangelische Gymnasium
schließt eine Lücke in der regionalen Bildungsland-
schaft. Wie wichtig die Schule für die Region ist, belegen
Zahlen: Bislang besuchten mit 15 Prozent eines Jahr-
gangs auffällig wenige Schülerinnen und Schüler aus der
Verbandsgemeinde Bad Marienberg ein Gymnasium.
Bereits jetzt ist durch das evangelische Gymnasium die
für das Land Rheinland-Pfalz durchschnittliche Zahl von
28,6 Prozent eines Jahrgangs erreicht.
Schule für die Region
»Wir sehen uns nicht als Konkurrenz zu den anderen
Gymnasien, sondern als zusätzliches Angebot mit
evangelischem Profil, als Schule in der Region und für
die Region«, erklärt Dietmar Köhler, Präses des Dekanats
Bad Marienberg und Vorsitzender des Fördervereins.
Momentan ist das Gymnasium mit seinen zwei
fünften Klassen in Räumen der Verbandsgemeinde Bad
Marienberg untergebracht. Zum Schuljahr 2007/2008
sollen die Kinder dann in ihr eigenes neues Gebäude
einziehen. Das Grundstück dafür hat die Verbands-
gemeinde unentgeltlich übertragen. Am 24. April 2006
erfolgte dort der erste Spatenstich für das neue Gebäude
des Schulzentrums. Dabei betonte Kirchenpräsident
Steinacker: »Wir wollen als Kirche modellhaft und
nachvollziehbar belegen, wie wir unsere Vorstellungen
von evangelischer Bildungsarbeit in schulische Praxis
umsetzen.« Insgesamt sucht die Schule vielfältige
Formen der Vernetzung. Bereits jetzt arbeitet sie mit der
Kirchengemeinde, dem Dekanat und den umliegenden
Schulen zusammen und strebt eine intensive Kooperation
mit Wirtschaft und Ausbildungsbetrieben an.
Lebensfragen im Blick
Schulleiter Scheidt kann sich gut vorstellen, dass
Schülerinnen und Schüler eine Patenschaft für ein Alten-
heim übernehmen. »Zum evangelischen Profil gehören
außer Fachwissen auch diakonische Aktivitäten, die in
die Gesellschaft hineinwirken und Verantwortung be-
weisen«, betont er. Wie im letzten Winter. Da sammelten
die Kinder 600 Euro für Aids-Waisen in Südafrika.
Ähnlich sieht das auch der Kirchenpräsident:
»Höf lichkeit, den Mitmenschen wertzuschätzen, Pünkt-
lichkeit, soziales Engagement, Leistungs- und Lernbereit-
schaft zu entwickeln, die eigene Religiosität altersgemäß
zu entfalten, sind uns wichtige Werte«, erklärt er. Und so
haben grundlegende Lebensfragen im Bad Marienberg
auch außerhalb des Religionsunterrichts ihren Platz.
Andrea Minor, Studienrätin im Kirchendienst und Klassen-
lehrerin der 5a, findet es wichtig, dass die Kirche ihren
Beitrag zum gesellschaftlichen Bildungsauftrag leistet:
»Sie kann Augen für Dinge öffnen, die im Schulalltag auf
den ersten Blick oft zweitrangig sind: sich Zeit nehmen,
da sein, Engagement vermitteln.« Genau das gefällt
48
Evangelisches Gymnasium Bad Marienberg
Das Evangelische Gymnasium Bad Marienberg wird getragen von
einer gGmbH, an der das Dekanat Bad Marienberg und die
Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) je zur Hälf te
beteiligt sind. In Sachfragen wird sie von einem Kuratorium
beraten.
Das Gymnasium hat mit 56 Schüler innen und Schülern in 2 Klassen
sowie 4 Lehrkräf ten begonnen. Es ist zweizügig geplant und soll
2012/2013, wenn der erste Jahrgang Abitur macht, mit 10 Lehr-
kräf ten 450 Schüler innen und Schüler in 16 Klassen unterr ichten.
Finanzierung Neubau
Ausgaben: 10,6 Mio. Euro (davon 6,2 Mio. Euro im Jahr 2005)
Die Baukosten und die bis zum Beginn der staatlichen
Ref inanzierung entstandenen Aufwendungen werden von der
Kirche langfr istig als Darlehen f inanziert.
Die Ausgaben werden zu 70 Prozent aus staatlichen Ganztags-
schulmitteln und zu 30 Prozent aus Mitteln des Kreises für
Förderschule sowie von der Renate-Knautz-und-Eberhard-Heer-
Stif tung und dem Förderverein gedeckt.
Laufende Kosten
Das Land Rheinland-Pfalz erstattet alle Personalkosten nach der
staatlichen Anerkennung, in der Regel nach 3 Jahren, in Höhe des
durchschnittlichen Gehalts einer Lehrkraf t sowie die Sachkosten
in Höhe von 10 Prozent der Personalkosten.
Weitere Kosten tragen die Renate-Knautz-und-Eberhard-Heer-
Stif tung und der Förderverein. Darüber hinaus arbeiten die Eltern
mit und ersparen dadurch Kosten.
Ausgaben 2005 [Euro]
Personal 142.824
Sach- und Einrichtungskosten, inkl. Renovierung 101.000
Einnahmen 2005 [Euro]
Stiftungskapital der Renate-Knautz-und-Eberhard-Heer-Stiftung 300.000
Mitgliedsbeiträge des Fördervereins 32.400
Margret Weigel, die demnächst auch ihre neunjährige
Tochter Eva an der Schule anmelden möchte: »Anderswo
werden diese Werte oft vernachlässigt – das ist der Grund,
warum unsere Gesellschaft so egoistisch geworden ist«,
sagt sie.
Demnächst soll einheitliche Schulkleidung für
noch mehr Gemeinschaftsgefühl und Identifikation sorgen.
»Es wirkt nicht zuletzt dem Markenterror entgegen«,
findet Weigand.
49
Intensive Begleitung
»Nur eine gute Schule zu sein, reicht uns nicht. Wir
möchten uns bewusst am Standard der allgemein
bildenden Schulen messen lassen und richten darüber
hinaus einen besonderen Schwerpunkt auf die indivi-
duelle Förderung unserer Schülerinnen und Schüler«,
erklärt Gründungsdirektor Scheidt. Das bezieht sich
sowohl auf den Ausgleich von Defiziten als auch auf die
Entfaltung besonderer Begabungen. Dabei spielen die
Angebote der Ganztagsschule eine besondere Rolle:
»Ankommen, Essen und Freizeit sind wichtige Elemente,
die soziales Miteinander und Klassengemeinschaft
prägen«, bekräftigt Studienrat im Kirchendienst Timo
Meier.
Und so berichten sich die Schülerinnen und
Schüler am Montagmorgen zunächst einmal ausgiebig
von ihren Erlebnissen am Wochenende und jeden Mitt-
woch feiern sie gemeinsam Gottesdienst. Dem
evangelischen Profil gemäß spielt Spiritualität eine
wichtige Rolle. »Wir ermutigen unsere Schülerinnen und
Schüler, ihre eigenen Ausdrucksformen von Glauben zu
entwickeln«, sagt Direktor Scheidt. Kirche und Kunst, Raum und Skulptur gingen
im Sommer 2005 eine besondere Symbiose in
Mainz ein. 46 Plastiken des norddeutschen
Bildhauers, Grafikers und Schriftstellers Ernst
Barlach (1870–1938) wurden knapp acht
Wochen gezeigt. Darunter der berühmte »Schwebende
Engel«, der inmitten der hohen Kuppel über dem Altar
hing, so als wäre er genau für diesen Ort geschaffen.
Über 100 weitere Exponate wie die Zyklen »Wandlungen
Gottes« und »An die Freude« zeigten das grafische Werk.
Hinzu kamen viele persönliche Dokumente, darunter
Original-Briefe. Über 40 Begleitveranstaltungen ver-
tieften verschiedene Aspekte seines künstlerischen
Schaffens.
Barlach entwickelte einen ganz eigenen Stil,
indem er das Äußere seiner Figuren auf das Wesentliche
reduzierte, um in ihren Gesichtern und Händen ihre
innere Verfassung darzustellen. Erfahrungen in Russ-
land und im Ersten Weltkrieg haben Barlach entscheidend
geprägt. Öffentliche Aufträge zu Denkmälern (unter
anderem 1928/1929 Ehrendenkmal im Magdeburger Dom,
1928 »Geistkämpfer« in Kiel) fanden Lob und Kritik.
1937, ein Jahr vor seinem Tod, beschlagnahmte das Nazi-
Regime 371 seiner Arbeiten und erteilte ihm als »ent-
artetem Künstler« Ausstellungsverbot.
Evangelisches Gymnasium Bad Marienberg
Telefon (02661) 983831
E-Mail [email protected]
Weitere EHKN-Schulen:
Grundschule in Freienseen/Vogelsberg
Grundschule in Weiten-Gesäß im Odenwald
Oberstufengymnasium mit Wohnheim,
Laubach-Kolleg, bei Gießen
50
Barlach-Ausstellung in Mainz
Mystiker der ModerneMit der Ausstellung »Ernst Barlach – Mystiker der Moderne« wurde die Mainzer Christuskirche kurz
nach ihrer Renovierung einem großen Publikum geöffnet. Über 20.000 Besucherinnen und Besucher
vor allem aus dem süddeutschen Raum bis hin zur Schweiz folgten der Einladung, sich mit dem
Anliegen von »Mystik« auseinander zu setzen. Eine Ausstellung mit über 150 Original-Exponaten des
expressionistischen Künstlers und »Gottsuchers« Ernst Barlach sowie ein vielfältiges Begleitprogramm
mit über 40 Veranstaltungen boten dazu eine außergewöhnliche Gelegenheit.
Referenten aus Berlin, Hamburg, Kiel, Heidelberg und
anderswo entfalteten Barlachs Leben und Werk zu den
Themen »Mystik« und »Expressionismus« in Mainz.
Geführt wurde ein Trialog der abrahamitischen
Religionen zum Thema »Gott suchen«. Barlach, seine
Kunst und seine Sujets waren schließlich Thema eines
Lehrertags. Eigene Zugänge boten die »Barlach-Mystik-
Nacht«, die Verfilmung von Alfred Anderschs Roman
»Sansibar« von Bernhard Wicki und eine szenische
Lesung des Barlach-Dramas »Sündf lut« mit Schau-
spielern des Staatstheaters Mainz. Prominente Persön-
lichkeiten aus Mainz, darunter der Rektor der Johannes
Gutenberg-Universität, Dr. Jörg Michaelis, und Karl
Kardinal Lehmann, Bischof von Mainz, setzten sich in der
Reihe »Ernst Barlach – persönlich betrachtet« jeweils mit
einem ausgewählten Exponat auseinander.
Unter der Schirmherrschaft von Kirchenpräsident
Prof. Dr. Peter Steinacker wurde bei der Eröffnung ein
speziell dafür komponiertes mehrteiliges Werk von Tilo
Medek uraufgeführt. Der Mainzer Bachchor unter der
Leitung von Prof. Ralf Otto führte das Werk mit Texten
von Ernst Barlach und Bearbeitungen des Chorals
»Gott ist gegenwärtig« von Gerhard Tersteegen vor über
800 Besuchern auf.
Initiator und Gesamtverantwortlicher des
Projekts war Rainer Beier, Evangelischer Stadtkirchen-
pfarrer von Mainz, der die Ausstellung in Kooperation
mit der Ernst Barlach Gesellschaft Hamburg ermöglichte.
»Vor allem hat mich die Intensität der Auseinander-
setzung mit dem Leben und Schaffen Barlachs gefreut,
sowohl im Ausstellungsbesuch als auch in den vielen
hervorragend besuchten Begleitveranstaltungen. Die
vielen tiefen und bewegenden Gespräche im Rahmen der
Ausstellung haben mich sehr berührt«, resümierte Beier.
Auch der Mainzer Dekan Jens Böhm freute sich über den
positiven Zuspruch zu Barlach: »Es hat mich sehr beein-
druckt, wie stark dieses Projekt viele Menschen angeregt
hat, über die eigene Gotteserfahrung neu nachzudenken.«
Über 60 Ehrenamtliche wirkten bei über 250 Führungen
und der täglichen Aufsicht mit. Die Kasse und der Bücher-
tisch wurden von zehn Personen mit Ein-Euro-Jobs
geführt. Neben 30 unterstützenden Einrichtungen aus
Stadt und Region konnte der »Kultursommer Rheinland-
Pfalz« als Hauptförderer gewonnen werden.
Weitere Informationen:
www.barlach-mainz.de
Buchtipp:
Texte zur Ausstellung,
Vorträge und Predigten
aus der Reihe »Mainzer Texte«,
zu bestellen bei
Rainer Beier, Stadtkirchen-
pfarrer von Mainz,
Telefon (06131) 2120847,
E-Mail [email protected]
51
BachVespern in Wiesbaden und Frankfurt
Aufführung aller 199 Bach-KantatenIn einer ambitionierten Kooperation führen zwei EKHN-
Kantoreien und die Frankfurter Musikhochschule alle
199 Bach-Kantaten auf und bereichern damit das Kultur-
angebot in der Rhein-Main-Region.
Die Kantorei St. Katharinen in Frankfurt und
die Schiersteiner Kantorei führen, zusammen
mit der Frankfurter Musikhochschule, alle
199 Kantaten von Johann Sebastian Bach auf.
Der Zyklus ist auf 20 Jahre angelegt. Im Ab-
stand von etwa einem Monat, die Ferienmonate März und
August ausgenommen, erklingt jeweils eine Kantate im
Rahmen eines Abendgottesdienstes, einer so genannten
BachVesper. Sie finden jeweils in der Katharinenkirche,
der Marktkirche in Wiesbaden und der Christophorus-
kirche in Wiesbaden-Schierstein statt. Vorab werden die
Kantaten eine halbe Stunde lang in einem »Gesprächs-
konzert« erläutert. Der Zyklus hat im Mai 2004 begonnen.
Er wird voraussichtlich bis 2024 dauern und soll nach
dem Wunsch der Verantwortlichen eigentlich gar nicht
aufhören.
Für Landeskirchenmusikdirektor Michael Graf
Münster, der das Projekt angestoßen hatte, sind Bachs
Kantaten »großartige, für die Öffentlichkeit bestimmte
Musik. Sie in den großen City-Kirchen Frankfurts und
Wiesbadens kontinuierlich zu pf legen ist ein Beitrag zur
Musikkultur der Rhein-Main-Region.«
Die Bedeutung der Bach-Kantaten ...
... für die evangelische Kirchenmusik
Bach konnte als Leipziger Generalmusikdirektor sein
Lebensziel – regelmäßige Kantaten im Gottesdienst –
verwirklichen. Ihre ästhetische und theologische
Qualität ist ohne Vergleich. Weil ihre Aufführung mit
hohem Aufwand verbunden ist, erklingen Bachs
Kantaten jedoch nicht häufig. Ihre Pf lege in den
BachVespern ist ein Signal für die evangelische
Kirchenmusik. Es zeigt ihre Bedeutung für die Kirche
wie für die Pf lege öffentlicher Kultur gleichermaßen.
... für die Staatliche Hochschule für Musik und
Darstellende Kunst Frankfurt
Studierende erwerben durch die BachVespern speziali-
sierte Fertigkeiten in der Interpretation barocker Musik
im Allgemeinen und Bach’scher Werke im Besonderen.
Die Hochschule wird die BachVespern in Curricula und
Prüfungsordnungen integrieren. Zugleich präsentiert
sie mit dieser Kooperation ihre Arbeit der Öffentlichkeit.
... für das Musikleben des Rhein-Main-Gebietes
Bachs Kantaten gehören zum Kernbestand des
musikalischen Weltkulturerbes. Sie sind ein Meilen-
stein in der Entwicklung vokaler wie instrumentaler
Musik. In den BachVespern sind sie in den beiden
großen City-Kirchen des Rhein-Main-Gebietes regel-
mäßig zu erleben.
Weitere BachVespern:
09./10. September 2006
07./08. Oktober 2006
04./05. November 2006
02./03. Dezember 2006
Weitere Informationen über Zeiten,
Orte und Kantaten finden Sie im Internet unter
www.bach-wiesbaden.de
52
Kirchenmusik in der EKHNFür den Wiesbadener Propsteikantor Martin Lutz ent-
stammen Bachs Kantaten dem Gottesdienst und gehören
in den Gottesdienst. Sie verbinden Glaube und Öffentlich-
keit. Sie zeigen die Kirchenmusik als Grundbestandteil
des evangelischen Gottesdienstes und sind christlicher
Glaube in Tönen.
Beteiligt sind neben der Kantorei St. Katharinen
in Frankfurt und der Schiersteiner Kantorei in Wiesbaden
erstrangige Instrumentalisten der Frankfurter und Wies-
badener Opernhäuser, das Barockensemble »Febiarmonici«
der Staatlichen Hochschule für Musik und Darstellende
Kunst Frankfurt sowie das Freiburger Barockensemble
»Parnassi musici«. Als Solisten singen Professoren und
Studierende der Frankfurter Musikhochschule. Martin
Lutz und Michael Graf Münster dirigieren.
Da es sich um Gottesdienste handelt, ist der
Eintritt grundsätzlich frei. Zur Deckung der Unkosten
bitten die Kantoreien um eine Kollekte. In Frankfurt
wird das Projekt von der Cronstett’ und Hynspergischen
evangelischen Stiftung, der Ernst-Max-von-Grunelius-
Stiftung und der Deutsche Bank Stiftung gefördert. In
Wiesbaden engagierten sich die Wiesbaden-Stiftung und
ein dafür gegründeter Förderverein.
Kirchenmusik gehört zur evangelischen Kirche seit der Reformation.
Organisten, Chöre und Posaunenchöre singen und spielen im
Gottesdienst und bei Gemeindeveranstaltungen, bieten Abend-
musiken und Konzerte an und besuchen Krankenhäuser und Alten-
heime.
Die Zahl der Besucher bei kirchenmusikalischen Veranstaltungen
lag im Jahr 2005 bei 323.000 (siehe S. 41).
Neben der gemeindebezogenen Kirchenmusik, die sich überall in
der EKHN f indet, gibt es an Schwerpunktorten, meist in den
Städten, auch konzertante Kirchenmusik in herausragender Qualität
und professioneller Darbietung.
Mitgliederzahlen der Chöre im Chorverband der EKHN: Zahl Mitglieder
Kinderchöre 170 4.850
Jugendchöre 35 686
Instrumentalgruppen 82 1.026
Frauenchöre 73 1.764
Gemischte Chöre 487 14.001
Gospelchöre 22 460
Seniorenchöre 6 80
Zahl der Sängerinnen und Sänger insgesamt 22.867
Mitgliederzahlen der Posaunenchöre im Posaunenwerk der EKHN
Posaunenchöre 310 ca. 4.700
Andere Gemeinde-Chöre sind dem Christlichen Sängerbund oder dem
CVJM-Westbund angeschlossen.
Landeskirchenmusik-
direktor Michael Graf Münster
Zentrum Verkündigung
Telefon (o69) 71379-129
E-Mail lkmd@zentrum-
verkuendigung.de
53
Immobilien-Konzept in der Kirchengemeinde Bad Schwalbach im Taunus
Mut zur VeränderungIn der beschaulichen Kurstadt Bad Schwalbach hat die evangelische Kirchen-
gemeinde Weichen für die Zukunft gestellt: Sie trennte sich von drei Gebäuden
und errichtete ein Gemeindehaus, das als Begegnungsstätte für eine moderne
Gemeinde dient. Ein Beispiel dafür, wie sich eine Kirchengemeinde in schwierigen
Zeit neu orientieren kann.
Gebäude-Statistik
Von der Terrasse des neuen Gemeindehauses
bietet sich ein faszinierender Blick auf Bad
Schwalbach. Und auch die großzügige
Architektur mit ihren lichtdurchf luteten
Räumen lässt keinesfalls vermuten, dass die
Idee für das Haus aus der Not geboren ist. Doch zur
Kirchengemeinde gehörten ursprünglich einmal sechs
Gebäude. »Deren Unterhaltskosten hätten auf Dauer
den Haushalt einer Gemeinde mit immer weniger Mitteln
massiv überstiegen«, erklärt Günther Beuchert, seit
fast 30 Jahren Mitglied im Kirchenvorstand, »wir mussten
handeln und haben es frühzeitig getan.«
Gebäude im Eigentum der Kirchengemeinden,Dekanate und Gemeindeverbände
Kirchen 1.278
Gemeindehäuser 965
Pfarrhäuser 967
Kindergärten 309
Sonstige Gebäude (etwa Jugendheime,Wohnhäuser, Büros, Nebengebäude) 592
4.111
Gebäude im Eigentum der Gesamtkirche 61
Gesamter Gebäudebestand 4.172
Rund 40 Prozent der Gebäude stehen unter Denkmalschutz.
54
Raus aus dem Druck
Die Gemeinde verkaufte ihr altes Gemeindehaus, ein
Pfarrhaus und das Diakonissenhaus und setzte den Erlös
ein, um einen Teil des neuen Gemeindehauses zu
finanzieren, das auf den Bedarf der zukünftigen Arbeit
zugeschnitten ist. Bis es im Herbst 2005 eingeweiht
werden konnte, durchlief die Gemeinde einen intensiven
Erneuerungsprozess. Die beiden Pfarrer Hanns-Ulrich
Becker und Rüdiger Müller-Gerbes waren sich einig: »In
vielen Reformprozessen verliert man die Inhalte aus den
Augen und redet nur noch über Strukturen – das wollten
wir auf keinen Fall.«
Begleitet von der Gemeindeberatung der EKHN
begann der Kirchenvorstand an einem Leitbild zu
arbeiten, das die Bad Schwalbacher im Jahre 2000 nach
18 Monaten intensivster Beratungen als eine der ersten
Gemeinden der EKHN vorstellten. Alle weiteren Planungen
orientierten sich dann eng am Entwurf einer Gemeinde,
die »einladend ist für alle Menschen, die den Glauben
und die christliche Gemeinschaft suchen«. Einig war
man sich, dass sowohl die 1740 erbaute Reformations-
kirche als auch die 1471 erbaute Martin-Luther-Kirche
erhalten werden soll. »Nicht nur weil beide Gebäude den
höchsten emotionalen Wert haben, sondern auch weil
geistliches Leben und Kirchenmusik Schwerpunkte
unserer Arbeit sind«, betont Beuchert. Deshalb entstand
im Gemeindehaus auch noch ein eigener Meditations-
raum.
Tradition und Moderne im Dialog
Das Leitmotiv für das neue Gemeindehaus »Kirche unter
einem Dach« ist ganz wörtlich zu verstehen. Das Haus
wurde an die Reformationskirche gebaut. Es bietet nicht
nur Räume für die verschiedenen Gruppen, sondern auch
mehrere Zugangsmöglichkeiten zur Kirche. Architekto-
nisch spiegelt es das Gemeindebild wider: eine Symbiose
aus Tradition und Moderne. Und für Bad Schwalbachs
Bürgermeister Michael Kalhoff ist es damit ein Sinnbild
Bauprojekt Bad Schwalbach
Bauherr: Kirchengemeinde
Bad Schwalbach
Planung und Bauleitung:
Architekten Zaeske + Maul,
Wiesbaden
Denkmalpflegerische
Beratung: Dr. Gisela Knif fler,
Landesamt für Denkmalpflege,
Wiesbaden
Kirchliche Bauberatung:
Dipl.-Ing. Barbara Schmidt
und Kirchenbaudirektor
Georg Weber, Baureferat
der Kirchenverwaltung,
Darmstadt
Projektsteuerung:
Dipl.-Ing. Karl-Heinz Walter,
Bad Schwalbach
für »die Förderung des Dialogs zwischen der älteren und
der jüngeren Generation«.
Auch die Reformationskirche wurde renoviert,
die Kanzel versetzt. Ein Künstler wird einen neuen Altar
gestalten. »Der neue Altarraum soll gottesdienstliches
Geschehen mit seiner Wechselwirkung von Liturgie und
Abendmahl, Verkündigung und Musik symbolhaft und
lebendig zum Ausdruck bringen«, erklärt Pfarrer Müller-
Gerbes, »er wird das Herz unserer Kirche sein.«
Loslassen kann befreien
Wenn an den Gebäuden der Kirche etwas verändert werden
soll, sind fast immer kritische Stimmen zu hören. Zu hoch
ist deren emotionale Bedeutung. In Bad Schwalbach
verstummte die Kritik im Laufe des Planungsprozesses
nach und nach: »Wenn man Menschen mit ihren Ideen
bewusst einbindet und ihre speziellen Fähigkeiten nutzt,
kann man sie für sich gewinnen«, hat Beuchert festge-
stellt. Und so bekam die Gemeinde große Unterstützung
von Seiten der Bad Schwalbacher Bevölkerung, zum
Beispiel auch durch das Projekt »Entdecke dein Talent«,
bei dem die Gemeinde den Teilnehmern jeweils 10 Euro
aushändigte und ihnen die Aufgabe mit auf den Weg gab,
diese zu vermehren. 900 Euro investierte die Gemeinde,
über 4.000 erhielt sie zurück. Zudem wurden
350.000 Euro durch eine Spendenaktion zusammen-
getragen.
Wie der Propst für Süd-Nassau, Sigurd Rink,
bekräftigt, bedeute Mut heutzutage auch die Fähigkeit,
etwas Vorhandenes aufzugeben. Da dieser Mut in Bad
Schwalbach groß sei, sei das Projekt ein Vorbild für
andere Gemeinden. »Loslassen ist immer ein Prozess,
der Seelsorge erfordert, und damit eine Kernaufgabe
für die Pfarrer«, resümiert Hanns-Ulrich Becker. »Man
muss im gemeindlichen Alltag Kopf und Herz für das frei
bekommen, was gerade dran ist. Dann kann sich auch
ein Abschiedsschmerz von den alten Gebäuden in eine
positive Stimmung von Aufbruch wandeln.«
EKHN am Tag des Denkmals in Hessen
Das Programm des Landesamts für Denkmalpflege listete 581 Veran-
staltungen und denkmalgeschützte Bauten auf, die am »Tag des
of fenen Denkmals« am 11. September 2005 in Hessen öf fentlich
präsentiert wurden. – Fast die Hälf te der Angebote trugen die
Evangelischen Kirchen.
Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau (EKHN) präsentierte
140 Kirchen und kirchliche Gebäude. Zum Programm gehörten auch
zwei Gebäude der Gesamtkirche, die in den Jahren 2002 und 2003
gründlich saniert worden waren: das gründerzeitliche Gebäude der
Kirchenverwaltung in Darmstadt und die Jugendburg Hohensolms bei
Gießen.
Die Evangelische Kirche von Kurhessen-Waldeck öf fnete 121 Kirchen.
Die evangelischen Kirchengemeinden und Einrichtungen dokumentierten
damit eindrücklich ihr Engagement und ihre Verantwortung für die
Pflege des kulturellen Erbes in der Gesellschaf t.
55
»Nacht der Kirchen« in Wiesbaden
Für Nachtschwärmer geöffnetIn zahlreichen Städten hat die Kirche die Nacht entdeckt. Nach dem Vorbild von Theatern und Museen öffnen Gemeinden zu einer ungewohnten Zeit ihre Türen und laden ein, Kirche einmal anders zu erleben. Mit großem Erfolg: In Wiesbaden zum Beispiel hat sich die Besucherzahl der »Nacht der Kirchen« innerhalb von drei Jahren verdoppelt.
Klassik, Rock, Pop, Jazz, Gospel, Improvisationstheater,
Kulinarisches und Kino: Der Flyer der Wiesbadener Nacht
der Kirchen liest sich wie der Kulturkalender einer
pulsierenden Großstadt. In den Abendstunden des
01. September wird die City zum fünften Mal zu einer ganz
besonderen Meile, wenn 13 Kirchen öffnen und Gäste mit
einem bunten Programm einladen.
Kirche zeigt Profil(e)
»Es gibt eine Menge Events, aber unser Schwerpunkt liegt
eindeutig bei Spiritualität und Andacht«, erklärt
Organisator und City-Pfarrer Dr. Holger Saal und verweist
sogleich auf die besonderen Chancen: »In der Nacht
werden Fragen und Gefühle wie Einsamkeit, Trauer oder
Sehnsucht besonders deutlich spürbar. Körper und Seele
schöpfen Kraft – all das bietet die Grundlage für
besondere Begegnungen mit Gott.« Der Freitagabend sei
zudem eine Zeit, in der vor allem jüngere Leute sowieso
gerne etwas unternehmen, und Dunkelheit biete die
Chance für besonders geheimnisvolle Stimmungen. »In
eine Kirche zu kommen, die nur durch Kerzen erleuchtet
ist, bewegt auch Menschen, die sonst wenig oder nie da
sind«, verweist Saal auf eine seiner Hauptzielgruppen.
Wichtig ist ihm, »nicht wahllos Aktionen aus dem Hut zu
zaubern«, sondern ein »Schaufenster mit Schätzen zu
bieten, die es auch im normalen Gemeindealltag reich-
lich gibt«. Die besonderen Profile der Gemeinden möchte
er dabei gezielt herausstellen.
Fünf Konfessionen
2002 fand in Wiesbaden die erste »Nacht der Kirchen«
statt. Saal war gerade in sein Amt als City-Kirchenpfarrer
eingeführt, als er das Konzept in Frankfurt kennen
lernte. »In Wiesbaden bin ich damit gleich auf offene
Ohren gestoßen – nicht nur bei den evangelischen
Gemeinden.« Dass er neben katholischen Gemeinden
noch die Anglikanische, die Russisch-Orthodoxe sowie
die Altkatholische Gemeinde gewinnen konnte, freut den
Pfarrer besonders. Zahlen belegen den Erfolg: Startete die
erste »Nacht der Kirchen« mit insgesamt 3.000 Besuche-
rinnen und Besuchern, so waren es 2005 bereits über
7.000. Um Mitternacht feierten 300 Menschen einen
zentralen Gottesdienst auf dem Mauritiusplatz, wo bis
1850 die älteste Kirche Wiesbadens stand. Neben den
Innenstadtkirchen gibt es in jedem Jahr eine »Außen-
stelle«, die mit einem besonderen Event wie etwa einer
Skate- oder Schiffstour angesteuert wird. Im Jahr 2006
wird das die Autobahnkirche im Vorort Medenbach sein.
Eine beliebte »Marke«
Insgesamt ist die »Nacht der Kirchen« ein Paradebeispiel
für die erfolgreiche Vernetzung der Kirche mit anderen
gesellschaftlichen Gruppen wie Wirtschaft, Handel sowie
städtischen Einrichtungen und Ämtern: Saal hat das
Projekt Banken, den Stadtwerken und renommierten
Geschäften vorgestellt und ist dort auf großes Interesse
gestoßen. »Das hat mir gezeigt, welch große Wert-
schätzung die Kirche auch heute erfährt, wenn sie auf
andere zugeht«, resümiert er. Insgesamt 7.000 Euro
kamen im letzten Jahr an Sponsorengeldern zusammen.
Die Deutsche Städte Marketing stellte zudem Werbe-
f lächen auf insgesamt 150 Litfaßsäulen im Stadtgebiet
zur Verfügung und die ESWE-Verkehrsbetriebe richteten
einen kostenlosen Bus-Pendelverkehr zwischen den
Veranstaltungsorten ein. »Auf unseren Plakaten und
Programmen als Sponsor genannt zu werden ist attraktiv«,
freut sich Saal und betont, die »Nacht der Kirchen« sei
innerhalb kürzester Zeit zu einer beliebten Marke ge-
worden: »In Werbematerialien der Touristen-Information
werden wir in einem Atemzug mit den großen Veran-
staltungen wie Theatrium oder Weinwoche genannt«,
so der Pfarrer, »und auf der Internationalen Tourismus-
Börse in Berlin hat Wiesbaden in diesem Jahr mit der
»Nacht der Kirchen« geworben.«
»Nacht der Kirchen«
am 09. September 2006
in den Dekanaten Dillenburg,
Herborn, Gladenbach und
Biedenkopf
am ersten Freitag
nach den Sommerfer ien
in Erbach, Michelstadt und
Frankfurt
am 01. September 2006
in Mainz, Mühlheim,
Heusenstamm, Dietzenbach
und Wiesbaden
56
Haushalten
»Haushalten, sparen, reformieren – diese Pflicht-aufgaben sind unausweichlich und wecken Ängste. Ich wünsche, dass es unserer Kirche gelingt, die Menschen mit-zunehmen und in ihren Nöten nicht allein zu lassen.«Hans Hermann Reschke [73], Aufsichtsrat Bankhaus Metzler, Frankfurt
»Ich wünsche, dass meine Kirche den schwierigen Anpassungs-prozess an die Aufgaben der Zukunft in gutem christlichen Einvernehmen gestalten kann.Die Globalisierung erfordertauch von ihr diesen Mut.«Wolfgang Leue [67], Vorsitzenderdes Finanzausschusses der Synode, Wiesbaden
»Ich danke der Kirche für ihre Erziehungsarbeit, die den Wert jedes Menschen bekennt. Menschen sind keine Kosten-faktoren mit zwei Ohren. Politik und Kirche müssen gemeinsam Sorge tragen, dass die Kirchefür ihre Arbeit angemessen aus-gestattet ist.«Kurt Beck [58], Ministerpräsident, Mainz
57
2004 2005 2005 2005 2006 Anteil an den Veränderung Planzahlen
Gesamt gegenübereinnahmen 2004
[T Euro] [T Euro] [%] [%] [T Euro]
Laufende Einnahmen
Kirchensteuer netto [1, 2] 347.425,29 360.182,59 78,9 + 3,7 348.000,00
Erlöse, Kostenerstattungen 22.943,91 24.887,76 5,5 + 8,5 27.689,03
Staatsleistungen und -erstattungen 14.680,31 14.817,14 3,2 + 0,9 15.280,36
Zins- und Vermögenserträge 15.190,11 14.250,01 3,1 – 6,2 13.410,57
Sonstige 21.240,12 23.534,56 5,2 + 10,8 22.200,31
421.479,75 437.672,06 95,9 + 3,8 426.580,26
Vermögenswirksame Einnahmen
Veräußerungen [3] 982,47 43,23 0,0 – 95,6 1,60
Kreditaufnahmen [4] 97.119,88 0,00 0,0 – 100,0 0,00
Rücklagenentnahmen [5] 34.282,14 18.505,50 4,1 – 46,0 8.254,41
Sonstige vermögenswirksame Einnahmen 60,66 71,25 0,0 + 17,5 1,20
132.445,15 18.619,98 4,1 – 85,9 8.257,21
Summe aller Einnahmen 553.924,89 456.292,04 100 – 17,6 434.837,46
Einnahmen und Ausgaben der EKHN im Jahr 2005
Jahresergebnis 2005Einnahmen
HaushaltsüberschussNachdem in den vergangenen 3 Jahren der Haushalt nur mit Hilfe von Rücklagen-
entnahmen gedeckt werden konnte, weist die Jahresrechnung 2005 erstmals wieder
einen strukturellen Überschuss in Höhe von 1,9 Mio. Euro aus. Bedingt durch
temporäre Sonderef fekte bei der Kircheneinkommensteuer hatte die EKHN höhere
Einnahmen als geplant. Die kamerale Darstellung des Haushalts weist diese Größe
nicht separat aus. Sie ergibt sich unter Berücksichtung sämtlicher Rücklagen-
zuführungen und -entnahmen, speziell für Investitionen und einmalige Vorhaben.
RücklagenDie EKHN hat ihre Rücklagen, mit denen sie die kontinuierliche Arbeit auch bei
schwankenden Einnahmen sicherstellt, langfr istig angelegt. Dabei hat sie die
Kr iter ien ethische Vertretbarkeit und sichere Erträgnisse zugrunde gelegt. Deren
Kurswerte sind trotz der teilweise massiven Kurseinbrüche an den Kapitalmärkten in
den vergangenen Jahren insgesamt gestiegen. Um zu verhindern, dass die Kurswerte
der Rücklagen und deren Buchwerte immer weiter auseinander fallen, hat die EKHN
zum 01. Januar 2006 eine Anpassung der Buchwerte vorgenommen. Durch diese
Entscheidung hat sich die Höhe der gesetzlichen Rücklagen von 174,8 auf
251,4 Mio. Euro erhöht. Nach dem erheblichen Rücklagenverzehr der vergangenen
Jahre strebt die EKHN nun an, jeweils ein Haushaltsvolumen als gesetzliche Rücklage
vorzuhalten.
Weitere Rücklagen hat die EKHN in der Versorgungsstif tung zur Absicherung der
Versorgungsbezüge der Beschäf tigten sowie in der Clear ing-Rückstellung für den
Betr iebsstättenausgleich unter den Finanzämtern.
[1] Im Jahr 2005 übersteigt das Ergebnis der Kirchensteuereinnahmen die Planzahl
um 22,2 Mio. Euro. Statt der erwarteten 338,0 Mio. Euro wurden tatsächlich
360,2 Mio. Euro eingenommen.
[2] Für die Planung 2005 war aufgrund der konjunkturellen Rahmenbedingungen
von deutlich niedrigeren Einnahmen ausgegangen worden; ein temporärer
Sonderef fekt bei der Kircheneinkommensteuer wird jedoch auch 2006 Mehr-
einnahmen bringen. Erwartet werden Kirchensteuereinnahmen von insgesamt
348,0 Mio. Euro.
[3] Das hohe Ergebnis im Jahr 2004 war geprägt durch den Verkauf von mehreren
Liegenschaf ten.
[4] Für die Verlagerung der Altersversorgung von der Bundesversicherungsanstalt
für Angestellte auf die Evangelische Ruhegehaltskasse wurde im Jahr 2004 eine
einmalige Kreditaufnahme erforderlich. Diese Maßnahme erscheint auf der
Einnahmen- und auf der Ausgabenseite.
[5] Gemeinsam für Gesamtkirche und Kirchengemeinden.
-
58
2004 2005 2005 2005 2006Anteil an den Veränderung Planzahlen
Gesamt gegenüberausgaben 2004
[T Euro] [T Euro] [%] [%] [T Euro]
Zuweisungen an Kirchengemeinden und Dekanate
Kirchengemeinden 132.153,81 129.967,52 – 1,7 125.118,67
Gebäudeinvestitionen und -unterhaltung 46.288,59 37.690,56 – 18,6 35.308,30
Dekanate, regionale Verwaltung 21.805,73 29.629,41 + 35,9 24.150,15
Zuführungen an kirchengemeindliche Rückstellungen und -lagen 2.755,48 2.795,08 + 1,4 2.400,00
[6] 203.003,62 200.082,57 43,8 – 1,4 186.977,12
Zuweisungen an kirchliche Einrichtungen
Z.B. Diakonisches Werk 15.822,27 15.709,80 – 0,7 13.823,57
Z.B. kirchlicher Entwicklungsdienst/»Bekämpfung der Not in der Welt« 4.630,90 4.584,13 – 1,0 4.429,85
Zuweisungen an andere kirchliche Einrichtungen 12.381,83 15.035,28 + 21,4 17.158,28
32.835,00 35.329,22 7,7 + 7,6 35.411,70
EKD-Umlagen
Allgemeine Umlage 7.614,76 7.627,79 + 0,2 7.447,30
Finanzausgleich an östliche Landeskirchen 18.145,85 18.048,24 – 0,5 18.052,10
Ostpfarrerversorgung 1.900,93 1.701,92 – 10,5 1.662,00
Andere Umlagen 812,53 662,09 – 18,5 649,50
28.474,07 28.040,05 6,1 – 1,5 27.810,90
Personalausgaben
Pfarrdienst (inkl. Altersvorsorge und -versorgung) 106.395,60 105.991,94 – 0,4 109.778,76
Einmaliger Aufwand durch BfA-Ausstieg [4] 97.119,88 0,00 – 100,0 0,00
Beamte 5.587,45 5.546,48 – 0,7 5.112,26
Angestellte und Arbeiter 21.485,59 21.236,54 – 1,2 19.971,15
Nebenamtlich Beschäftigte 833,71 695,76 – 16,5 822,16
Personalnebenkosten (inkl. Beihilfe) 13.013,66 13.507,35 + 3,8 15.064,05
[7] 244.435,90 146.978,07 32,2 – 39,9 150.748,39
Laufende Sachausgaben
26.431,16 26.018,26 5,7 – 1,6 22.421,56
Vermögenswirksame Ausgaben
Investitionen und Instandhaltung [8] 9.595,90 7.710,44 – 19,6 7.769,70
Zuführungen an Rückstellungen und -lagen der Gesamtkirche [9, 10] 9.149,24 12.133,43 + 32,6 3.698,10
18.745,15 19.843,87 4,3 + 5,9 11.467,80
Summe aller Ausgaben 553.924,89 456.292,04 100,0 – 17,6 434.837,46
[6] Umsetzung der synodalen Sparbeschlüsse.
[7] Absenkung der Personalkosten auf normales Ausgabenniveau.
[8] Deutliche Verr ingerung der Zuweisungen 2005 durch Abschluss der Bauprojekte
und Umsetzung der synodalen Sparbeschlüsse.
[9] Im Jahr 2004 Einr ichtung des Überbrückungsfonds zur Vermeidung
unvertretbarer Härten aufgrund des Synodenbeschlusses zum Stellenabbau.
Im Jahr 2005 Einstellung des 2. Teilbetrages.
[10] 2005 konnte aufgrund des Jahresergebnisses erstmals wieder eine Aufstockung
der Rücklagen vorgenommen werden.
Ausgaben
-
59
Ausgaben Anteil an Veränderung den Gesamt gegenüber ausgaben 2004 [T Euro] [%] [%]
Budgetbereich Kirchliche Arbeit auf Gemeinde-
und Dekanatsebene
Kirchengemeinden und Dekanate
Kirchengemeinden 129.967,52 – 1,7
davon Kindertagesstätten 28.845,72 – 2,9
davon Diakoniestationen 3.737,32 + 4,8
Gebäudeinvestitionen und -unterhaltung 37.690,56 – 18,6
Dekanate, regionale Verwaltung 29.629,41 + 35,9
Zuführungen an kirchengemeindliche Rückstellungen/Rücklagen 2.795,08 + 1,4
Summe Kirchengemeinden und Dekanate 200.082,57 43,8 – 1,4
Gemeindepfarrdienst (ohne Beihilfe und Versorgung)
Gemeindepfarrdienst einschließlich Dekanpfarrstellen [11] 54.917,03 – 15,9
Poolstellen, übergemeindlich 239,24 – 54,8
Profilstellen, Pfarrstellen Evangelischer RegionalverbandFrankfurt 1.285,38 + 33,4
Pfarrerausschuss und sonstige Vertretungen 59,80 – 4,8
Summe Gemeindepfarrdienst (ohne Beihilfe und Versorgung) 56.501,44 12,4 – 15,5
[12] 256.584,01 56,2 – 4,9
Budgetbereich Verkündigung
Gottesdienst 255,31 + 12,6
Bibelgesellschaften 117,00 – 4,1
Sonstige Kirchenmusik 167,88 + 25,1
Evangelische Kirchentage 23,32 + 20,2
Evangelische Studierendengemeinden 1.208,16 – 2,7
Sonstige Verkündigungeinschließlich Stadtkirchenarbeit [13] 771,40 + 65,3
Zentrum Verkündigung [14] 501,51 + 244,2
Gottesdienstgestaltung und Kunst 376,62 – 2,2
Kirchenmusik [14] 1.092,32 – 11,6
Missionarisches Handeln und geistliches Leben [14] 703,76 – 20,7
Summe Zentrum Verkündigung 2.674,20 + 0,8
5.217,27 1,1 + 7,2
Vom Jahr 2004 auf das Jahr 2005
wurde die Darstellung des
Haushalts auf Budgetierung
umgestellt und teilweise neu
strukturiert. Deshalb ist ein
direkter Vergleich mit den Vor-
jahren nur begrenzt möglich.
Um die Daten aus dem Jahr 2004
besser vergleichen zu können,
wurden sie für diese Übersicht in
der neuen Darstellungsweise auf-
bereitet.
[11] Die Neuberechnung der Eck-
personen (Modellrechnungen)
führte zur Absenkung der Personal-
kosten für Pfarrstellen.
[12] Umsetzung der synodalen
Sparbeschlüsse und Beendigung
der Bauprojekte.
[13] Neue Zuordnung von über-
gemeindlichen Pfarrdienststellen,
Verschiebungen zwischen den
Budgetbereichen Verkündigung
und Seelsorge.
[14] Umzugskosten sowie
Veränderungen in der Zuordnung
innerhalb des Budgets Ver-
kündigung.
Ausgaben für kirchliche Arbeit
Verwendung des Haushalts 2005-
60
Ausgaben Anteil an Veränderung den Gesamt gegenüber ausgaben 2004 [T Euro] [%] [%]
Budgetbereich Seelsorge
Krankenhausseelsorge 3.238,41 – 1,5
Altenheimseelsorge 856,99 + 2,6
Hospizarbeit [15] 230,77 + 2.201,5
Gehörgeschädigten-, Gehörlosenseelsorge 343,57 – 5,9
Behindertenseelsorge [16] 292,65 + 21,9
Blindenseelsorge [16] 100,60 – 24,2
Polizei- und Zollgrenzdienstseelsorge 233,97 + 9,5
Flughafenseelsorge 153,54 + 4,7
Schaustellerseelsorge 79,58 – 1,3
Gefangenenseelsorge 761,35 + 8,9
Notfall- und sonstige Seelsorge [16] 800,30 – 21,2
Zentrum Seelsorge und Beratung 817,78 + 1,4
7.909,51 1,7 + 1,0
Budgetbereich Bildung
Stadtjugendpfarrstellen 245,04 + 0,3
Jugendkulturkirche Frankfurt [17] 517,34 + 32,3
Religionspädagogisches Zentrum 1.417,33 – 1,3
Religionspädagogische Ämter 1.286,93 – 3,1
Religionsunterricht, Schulseelsorge [11] 8.528,89 – 4,2
Konfirmandenunterricht 6,66 – 89,4
Kirchliche Grundschulen – 360,08 – 122,6
Laubach-Kolleg (gymnasiale Oberstufe und Internat) 1.960,36 – 16,9
Evangelisches Gymnasium Bad Marienberg [18] 160,72 + 2.881,2
Evangelische Akademie Arnoldshain [19] 745,20 ± 0,0
Tagungsstätte Martin-Niemöller-Haus [19] – 95,00 – 116,6
Freizeitheim (Ebernburg) [12] 13,30 – 60,1
Evangelische Jugendbildungsstätte Kloster Höchst [19] 138,28 – 89,4
Evangelische Jugendburg Hohensolms [19] 113,10 – 40,4
Geschäftsführung Tagungsstätten [20] 11,65 + 100,0
Sonstige Bildung 1.414,57 – 4,4
Zentrum Bildung und Erziehung [21] 5.020,08 – 2,9
davon Leitung/interne Verwaltung 1.254,39 – 21,8
davon Kinder- und Jugendarbeit 1.776,35 + 3,7
davon Erwachsenenbildung 851,99 + 84,6
davon Fachbereich Kindertagesstätten 868,60 + 23,9
davon Fachbereich Frauen 147,41 – 28,4
davon Kinder- und Jugendkirchentag [22] 121,34 – 74,9
21.124,35 4,6 – 15,8
Budgetbereich
Gesellschaftliche Verantwortung und Diakonie
Diakonisches Werk in Hessen und Nassau 16.343,64 – 0,7
Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung [23] 1.667,52 – 40,4
18.011,16 3,9 – 6,5
[15] Zweckgebundene Mittel aus
Kollekten.
[16] Verlagerung von Stellen-
umfängen innerhalb des Budgets
Seelsorge.
[17] Restliche Mittel aus dem
Jahr 2004, die 2005 ausgegeben
wurden.
[18] Ausgaben zu 100 Prozent
gedeckt durch Ref inanzierung der
Personalkosten.
[19] Neustrukturierung der
Zuschüsse und Abschluss der Bau-
maßnahmen.
[20] Einr ichtung einer Projekt-
stelle für die zentrale Verwaltung
der Tagungsstätten bis 2009.
[21] Interne Veränderungen in der
Zuordnung.
[22] Der Jugendkirchentag f indet
nur jedes 2. Jahr statt. Der über-
wiegende Teil der Ausgaben erfolgt
im Jahr 2006.
[23] Ende der Bautätigkeit.
-
61
Ausgaben Anteil an Veränderung den Gesamt gegenüber ausgaben 2004 [T Euro] [%] [%]
Budgetbereich Ökumene
Missionswerke und Partnerkirchen 3.540,54 – 6,5
Friedensarbeit 41,51 – 1,3
Bekämpfung der Not in der Welt (Kirchlicher Entwicklungsdienst) 4.591,43 – 2,1
Ökumenische Bildungsarbeit, interkonfessionellerund interreligiöser Dialog [24] 307,94 + 61,9
Zentrum Mission und Ökumene 2.312,72 + 8,2
10.794,13 2,4 – 0,5
Budgetbereich Theologische Ausbildung
Vorbereitungsdienst der Vikarinnen und Vikare 2.090,97 – 12,9
Theologisches Seminar Herborn [23] 1.034,40 – 69,1
Theologisches Konvikt 181,79 + 2,2
Universitäten, Theologiestudium 140,97 + 6,6
Evangelische Fachhochschule Darmstadt [17] 3.804,41 + 20,5
Theologischer Nachwuchs 1,84 – 68,7
Berufspraktikum Gemeindepädagogen/Sozial-pädagogische Fachschulen sowie Aus- und Fortbildung [25] 363,01 + 234,3
Kirchliche Personalberatung 162,00 ± 0,0
Sonstige Aus- und Fortbildung 124,96 + 14,1
Zentrum für Organisationsentwicklung und Supervision 1.069,20 + 14,8
8.973,54 2,0 – 14,8
Budgetbereich Gesamtkirchliche Dienstleistungen
Leitung interne Verwaltung 488,39 – 24,6
Organisationsentwicklung und Steuerungsunterstützung [26] 222,18 + 252,1
Koordinationsstelle Öffentlichkeitsarbeit 462,46 + 3,9
Gleichstellungsbeauftragte [27] 76,38 + 44,7
Zentralbibliothek, Leitungsbereich [21] 311,04 + 22,2
Zentralbibliothek 164,72 + 23,5
Zentralarchiv 310,58 – 19,5
Erzählte Geschichte der EKHN 42,09 – 27,9
Karl-Herbert-Stipendium [28] 2,56 – 83,5
Kirchliches Philippsjahr [29] 15,24 – 91,1
Dezernat 1 – Kirchliche Dienste 1.677,91 – 9,4
Dezernat 2 – Personal und Organisation 6.779,42 – 10,7
Dezernat 3 – Finanzen, Bau und Liegenschaften 4.163,86 – 11,1
Kantine Kirchenverwaltung [21] 197,84 + 100,0
Fortbildung, Weiterbildung externer Mitarbeiter 113,92 + 27,2
Sonstige Verwaltung [30] 1.089,86 + 27,3
Übergangsstellenplan [31] 19,48 + 100,0
16.137,91 3,5 – 6,7
[24] Anstieg durch »Fonds zur
Überwindung von Gewalt« (rück-
lagenf inanzierte Projektarbeit).
[25] Übernahme der sozial-
pädagogischen Fachschulen (vor-
mals Diakonissenhaus Frankfurt).
[26] Mitteleinstellung für Projekt-
arbeit zur Pr ior itätendebatte.
[27] Umsetzung neues Gleich-
stellungsgesetz.
[28] Weniger Anfragen für
Stipendien.
[29] Abschluss des Projektes.
[30] Arbeitsbeginn der Ehrenamts-
akademie, Besetzung der Stellen
des zentralen Konfliktbeauf tragten
und der Arbeitssicherheit.
[31] Überbrückungsfonds und Über-
gangsstellenplan zur Umsetzung
der synodalen Sparbeschlüsse.
Ausgaben für kirchliche ArbeitVerwendung des Haushalts 2005[Fortsetzung]
-
62
Ausgaben Anteil an Veränderung den Gesamt gegenüber ausgaben 2004 [T Euro] [%] [%]
Budgetbereich Öffentlichkeitsarbeit
Regionale Öffentlichkeitsarbeit [32] 71,75 – 79,3
Medienhaus 2.069,33 + 8,5
Sonstige Medienarbeit 2.134,66 – 0,1
Interne und externe Kommunikation 509,28 – 6,4
Projekte »Evangelisch aus gutem Grund« [33] 108,66 + 64,5
4.893,69 1,1 – 2,2
Budgetbereich Zentrales Gebäudemanagement
[34] 7.039,07 1,5 – 11,5
Budgetbereich Synode
[35] 604,80 0,1 – 13,0
Budgetbereich Kirchenleitung
[36] 658,24 0,1 + 12,6
Budgetbereich Leitendes Geistliches Amt
[11, 37] 983,47 0,2 – 11,1
Budgetbereich Vermögensverwaltung, Altersversorgung
Umlagen [38] 166,45 + 6,7
Versorgungsleistungen Pfarrer/-innen [39] 35.825,10 – 72,8
Versorgungsstiftung 200,00 ± 0,0
Sonstige Altersversorgung 49,32 – 72,1
Beihilfen, Unterstützungen [37] 12.708,19 + 100,0
Überbrückungsfonds/Übergangsstellenplan [31] 3.000,00 + 100,0
Kirchensteuerverwaltung/Clearing 0,21 – 1,9
Sammelversicherungen 1.977,51 + 2,6
Ausgleichsrücklage [40] 4.273,16 + 100,0
Betriebsmittelrücklage [40] 2.692,62 – 14,1
Sonstige Vermögensverwaltung [41] 7.236,76 + 22,2
68.129,32 14,9 – 52,5
Budgetbereich Rechnungsprüfung
1.191,53 0,3 – 1,2
EKD
EKHN-Anteil am EKD-Haushalt und Finanzausgleichmit östlichen Landeskirchen [38] 28.040,05 6,1 – 1,5
Summe 456.292,03 100,0 – 17,6
[32] Verlagerung der regionalen
Öf fentlichkeitsarbeit aus den
Propsteien in die Dekanate.
[33] Projektmittel für Hessentag
und Rheinland-Pfalz-Tag.
[34] Keine Zuführung zu den
Rücklagen aus Veräußerungs-
erlösen.
[35] Verkleinerung der Synode.
[36] Besetzung einer Planstelle
und Erhöhung der Fahrtkosten.
[37] Beihilfen 2005 erstmals
zentral veranschlagt.
[38] Ab 2005 geänderte
Darstellung der EKHN-Umlagen.
[39] Im Jahr 2004 Kreditaufnahme
für BfA-Ausstieg; im Jahr 2005
Absenkung der Kosten auf
normales Niveau.
[40] 2005 geänderte Auf teilung
bei den Rücklagenzuführungen.
[41] Beteiligung am
evangelischen Krankenhaus-
verbund Agaplesion gAG.
-
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Wir freuen uns über Ihre Fragen, Anregungen, Kritiken oder Kommentare:
KirchenpräsidentProf. Dr. Dr. h.c. Peter SteinackerPaulusplatz 164285 DarmstadtTelefon (06151) 405-291E-Mail [email protected]
Stellvertreterin des Kirchen-präsidentenOberkirchenrätin Cordelia KopschPaulusplatz 164285 DarmstadtTelefon (06151) 405-297E-Mail [email protected]
Leiterin der KirchenverwaltungOberkirchenrätinSigrid Bernhardt-MüllerPaulusplatz 164285 DarmstadtTelefon (06151) 405-296E-Mail [email protected]
Weitere Mitglieder derKirchenleitung:
Elke Schulze, Seeheim-JugenheimDr. Gerhard Th. Walter, FrankfurtPropst Michael Karg, HerbornPfarrerin Erdmuthe Druschke-Borschel, FrankfurtDr. Ulrich Oelschläger, Worms
Präses der KirchensynodeDirektor beim Rechnungshof Prof. Dr. Karl-Heinrich SchäferPaulusplatz 164285 DarmstadtTelefon (06151) 405-308E-Mail [email protected]
Weitere Mitglieder des Kirchen-synodalvorstands
Pfarrerin Erdmuthe Druschke-Borschel, FrankfurtPfarrer Martin Freise, KönigsteinDr. Ulrich Oelschläger, WormsDore Struckmeier-Schubert,Frankfurt
Propstei Nord-NassauPropst: Pfarrer Michael KargFriedrich-Birkendahl-Straße 3135745 HerbornTelefon (02772) 3304E-Mail [email protected]
Propstei OberhessenPropst: Pfarrer Klaus EibachLonystraße 1335390 GießenTelefon (0641) 7949610E-Mail [email protected]
Propstei RheinhessenPropst: Pfarrer Dr. Klaus-Volker SchützAm Gonsenheimer Spieß 155122 MainzTelefon (06131) 31027E-Mail [email protected]
Propstei Süd-NassauPropst: Pfarrer Dr. Sigurd RinkHumperdinckstraße 7A65193 WiesbadenTelefon (0611) 522475E-Mail [email protected]
Propstei Rhein-MainPröpstin: Pfarrerin Gabriele ScherleSaalgasse 1760311 FrankfurtTelefon (069) 287388E-Mail [email protected]
Propstei StarkenburgPröpstin: Pfarrerin Karin HeldOhlystraße 7164285 DarmstadtTelefon (06151) 41151E-Mail [email protected]
Leiter des Dezernats Finanzen,Bau und LiegenschaftenOberkirchenrat Heinz Thomas StrieglerPaulusplatz 164285 DarmstadtTelefon (06151) 405-344E-Mail [email protected]
Leiter der ÖffentlichkeitsarbeitOberkirchenrat Dr. Joachim SchmidtPaulusplatz 164285 DarmstadtTelefon (06151) 405-289E-Mail [email protected]
Zentrum Seelsorge und BeratungLeitung: Pfarrer Gerhard HelbichKaiserstraße 261169 FriedbergTelefon (06031) 162950Telefax (06031) 162951E-Mail [email protected] für Organisations-entwicklung und SupervisionLeitung: Kersti WeißKaiserstraße 261169 FriedbergTelefon (06031) 162970Telefax (06031) 162971E-Mail [email protected] für kirchliche PersonalberatungLeitung: Sylta Stautner undHans-Georg BergKaiserstraße 261169 FriedbergTelefon (06031) 162990Telefax (06031) 162991E-Mail [email protected]
Zentrum BildungFachbereiche:
KindertagesstättenKinder- und JugendarbeitErwachsenen- und Familienbildung
Erbacher Straße 1764287 DarmstadtTelefon (06151) 6690-100Telefax (06151) 6690-140E-Mail [email protected]
Zentrum Gesellschaftliche VerantwortungArbeitsbereiche:
BildungÖkumenische SozialethikÖkonomie und SozialpolitikWirtschaftsräumeJugend und GesellschaftArbeitslosenfragenLändlicher RaumUmweltHandwerk
Leitung: Pfarrerin Gundel NevelingAlbert-Schweitzer-Straße 113 – 11555128 MainzTelefon (06131) 28744-0Telefax (06131) 28744-11E-Mail [email protected]
Zentrum ÖkumeneFachbereiche
Entwicklung und PartnerschaftFrieden und KonfliktZeugnis und DialogBildung und BegegnungÖkumenische Diakonie
Leitung: Pfarrer Dr. Jochen KrammPraunheimer Landstraße 20660488 FrankfurtTelefon (069) 97651811Telefax (069) 97651819E-Mail [email protected]
Zentrum VerkündigungArbeitsbereiche:
Missionarisches Handeln und Geistliches LebenGottesdienst, Kunst und Kultur, Kirchenmusik
Leitung: Pfarrerin Christine NoschkaMarkgrafenstraße 460487 FrankfurtTelefon (069) 71379-0E-Mail [email protected]
Der Jahresbericht 2005/2006 ist der sechste, den die Evangelische Kirchein Hessen und Nassau (EKHN) heraus-gibt. Die Reihe der ersten fünf Berichte aus den Jahren 2000 bis 2005 hatder Deutsche Designer Club (DDC)im Rahmen seines Wettbewerbs»Gute Gestaltung 06« mit einerBronze-Medaille ausgezeichnet.Die Reihe ist zudem nominiert für den Designpreis der Bundesrepublik Deutschland 2007. Er wird erst nach Druck dieses Jahresberichts verliehen.
Impressum
EKHN © Juli 2006Herausgegeben von der Kirchenleitungder Evangelischen Kirche in Hessen und NassauPaulusplatz 164285 DarmstadtTelefon (06151) 405-504E-Mail [email protected]
Verantwortlich:Oberkirchenrat Dr. Joachim Schmidt
Redaktion/Koordination:Kirchenrat Stephan Krebs
Darstellung des Haushalts:Dipl.-Betriebswirtin Ulrike Gaube-Franke
Statistische Daten/soziologische Befunde:Oberkirchenrat Dr. Peter Höhmann
Gestaltung:Prof. Gregor Krisztian,Prof. Marian Nestmann
Produktion:Eva Giovannini,Melanie Kühnlein,Prof. Marian Nestmann
Korrektorat:Peter Schughart,Iljitsch Rumpf
Texte:Ksenija Auksutat: Seite 12Jörg Bickelhaupt: Seite 26Joachim Dietermann: Seite 18Jörn Dietze: Seiten 19, 44, 48, 54, 56Jörg Echtler: Seite 30Stephan Krebs: Seiten 8, 10, 12, 24, 26, 29,34, 39, 42, 46, 52Georg Magirius: Seiten 16, 22, 36, 40Sylvia Meise: Seiten 32, 33Gabriele Scherle: Seite 10Peter Steinacker: Seite 4Heinz Thomas Striegler: Seite 6Gregor Ziorkewicz: Seite 50
Fotos:Eva Giovannini: Seiten 5 oben, 5 Mitte, 6, 7,10, 11, 12, 13, 15, 16, 17, 18, 21, 22, 23,25 links, 25 rechts, 28, 29, 32, 33, 35 links,36, 37, 38, 40, 44, 45, 46 oben, 47 links,47 Mitte, 48, 49, 50 links, 52, 53, 54, 55, 56Friedericke Schaab: Seiten 26, 27, 42, 43...Fabian Berg/Gregor Ziorkewicz:Seiten 50 rechts, 51 (© Ernst Barlach Lizenz-verwaltung Ratzeburg)Dietmar Burkhardt: Seite 39 untenDWHN: Seite 35 rechtsJörg Echtler: Seite 31 untenEKD: Seite 35 MitteEKKPS: Seite 25 MitteKlaus-Dieter Jung: Seite 24Kinder- und Beratungszentrum Sauerland: Seite 46 untenJohannes G. Krzeslack: Seite 41Alexandra Loos: Seiten 19, 20Bernd-Christoph Matern: Seite 34Hans Hermann Reschke: Seite 57 MitteThomas Rohnke: Seite 5 untenJoachim Schmidt: Seiten 30, 31 oben, 39 obenStaatskanzlei Mainz: Seite 57 rechtsMarita Steuernagel: Seite 57 linksZDF: Seite 47 rechts
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