Elastisches Tapen bei Schmerzen und funktionellen Störungen des Bewegungsapparates aus der Sicht eines Physiotherapeuten Ein narratives Review zum heutigen Forschungsstand der evidenzbasierten Physiotherapie beim elastischen Tapen
Constantinos Krausse
E-Mail: [email protected]
2010
Betreuer: Piet Biermans
Hogeschool van Arnhem en Nijmegen
II
INHALTSVERZEICHNIS
Abstract IV
Anlass V
Methode & Ziel VI
Praktische Relevanz VII
0. Abkürzungsverzeichnis IX
1. GRUNDLAGE 1
1.1 Entstehung und Geschichte 1
1.1.2 Das Material des neuen Tapes 2
1.1.3 Kinesio-Tape im Vergleich zum klassischen Tape 3
1.1.4 Die Bedeutung der verschiedenen Farben 3
1.2 Verschiedene Anlagetechniken 4
1.2.1 Muskeltechnik 4
1.2.2 Ligamentanlagen 5
1.2.3 Lymphanlage 6
1.2.4 Korrekturanlagen 7
1.3 Wo und durch wen findet Kinesio-Tape seine Anwendung 8
1.3.1 Indikationen 8
1.3.2 Kontraindikationen 9
2. KRITISCHE BETRACHTUNG des HEUTIGEN FORSCHUNGSSTA NDES 9
2.1 Elastisches Tape zur Schmerzdämpfung 10
2.1.1 Allgemeine Definition Schmerzen 10
2.1.2 Studien eingeteilt nach dem Evidence Level 11
2.1.3 Fazit 20
III
2.2 Anwendung von elastischen Tapes zur Unterstü tzung der Muskulatur 21
2.2.1 Studien eingeteilt nach dem Evidence Level 22
2.2.2 Fazit 28
2.3 Elastische Tapes zur Steigerung des Bewegun gsausmaßes 28
2.3.1 Studien eingeteilt nach dem Evidence Level 29
2.3.2 Fazit 33
2.4 Elastisches Tape zur Verbesserung der Gelenksta bilität 34
2.4.1 Studien eingeteilt nach dem Evidence Level 35
2.4.2 Fazit 39
2.5 Elastisches Tape zur Ödemresorption 39
2.5.1 Allgemeine Definition Lymphödem 40
2.5.2 Studien eingeteilt nach dem Evidence Level 40
2.5.3 Fazit 44
3. DISKUSSION 46
3.1 Kritik am heutigen Forschungsstand und Einschrä nkung der Studien 46
3.1.1 Kritik am heutigen Forschungstand 46
3.1.2 Einschränkungen dieser Studien 47
3.2 Schlussfolgerung und Zukunftsausblick 4 8
3.2.1 Schlussfolgerung 48
3.2.2 Zukunftsausblick 49
4. LITERATURVERZEICHNIS 51
5. DANKSAGUNG 59
IV
ABSTRACT
Background: Elastic taping is a relative new therapy method for treating different
functional problems of the human body. Beside physiotherapists more and more
health care professionals use this therapy to treat functional problems like oedema or
muscular imbalances which often cause pain. In the past various researchers attempt
to examine the effects of elastic taping on several impairments of the human body.
The most researches with elastic tapes were done concerning pain reduction,
oedema resorption, joint stability, increasing the range of movement and support of
the musculature.
Objective: This narrative review is done to present the current researches with elastic
taping on functional impairments of the human body by evidence based treatments.
Methods: A search of various studies concerning elastic taping in different search
engines like pub med was made at first. The next step was to read and screen the
literature which was found and to sort out the unsuitable literature. For the final step
all the useful literature was screened again and the relevant studies were classified
by their level of evidence for a good overall view. All studies which are presented in
this narrative review were chosen and read in their totality so that the author was
able to represent them in an as objective as possible way.
Conclusion: The precise basis for the effectiveness of elastic taping is still not proven
scientifically. Up to now all explanations for the effectiveness of elastic tapes are
based on effect theories. Fact is however that 17 of 22 studies (77.3%) in this review
work can show significant results for the expected outcomes. The results found
speak for the effectiveness of elastic tapes.
Keywords: Kinesio taping, elastic tape, physical therapy, tape materials, muscle,
ligament, lymph technique, pain, oedema resorption, muscular imbalances, range of
motion, joint stability, level of evidence
V
Anlass
Mein Interesse und meine Motivation bezüglich des elastischen Tapes zur
Behandlung von Problemen des Bewegungsapparates, ist schon während meiner
Ausbildung in Deutschland geweckt worden.
Immer wieder wurde ich während meiner Praktika mit diesen farbigen, klebenden
Verbänden konfrontiert, die für mich viel mehr eine Modeerscheinung, als ein
effektives Hilfsmittel für körperliche Beschwerden darstellten. Etwa in der Mitte
meiner Ausbildung habe ich mich dann entschieden mit einem Mitstudenten an
einem Wochenende den Einsteigerkurs für elastisches Tape zu belegen. An diesem
Wochenende haben wir verschiedene Anlagen für verschiedene Krankheitsbilder
kennen gelernt. Es ging unter anderem um Krankheitsbilder wie Tennisarm,
Impingement-Syndrom oder habituelle Patellaluxation. Außerdem wurden uns auch
Anlagetechniken zur Stabilisation von Gelenken gezeigt.
Der Dozent, der uns dort unterrichtet hat, ist auch kurz auf die Geschichte und die
Entstehung des elastischen Tapes eingegangen. Als ich ihm jedoch die Frage stellte,
warum diese Tapeanlagen Schmerzen lindern können, bekam ich, die für mich
unbefriedigende Antwort, weil das Tape die Durchblutung und die Ernährung des
Gewebes verbessert. Doch die Frage nach der genauen physiologischen Ursache für
die schmerzlindernde Wirkung blieb nach dieser Antwort noch offen.
In meinen Praktika habe ich verschiedene Tapeanlagen an Patienten angelegt und
ein positives Feedback erhalten. Diese Erfahrungen, die ich in meinen Praktika mit
dem elastischen Tape gesammelt hatte, reichten mir jedoch nicht zu 100% aus um
mich von dem Effekt des elastischen Tapes zu überzeugen. Mir war es wichtig,
herauszufinden ob es sich hier nicht nur um den so genannten Placeboeffekt
handelte. Nach einigen Überlegungen bin ich zu dem Entschluss gekommen, dass
nur evidenzbasiertes Wissen und verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen
zu diesem Thema mir einen Beweis für den Effekt liefern können.
VI
Methode & Ziel
Diese Forschungsarbeit handelt von der Wirkung von Tapeanlagen bezüglich
Schmerzen und funktioneller Störungen des Bewegungsapparates.
Das Modell, welches ich für meine Bachelorarbeit gewählt habe, bezeichnet man als
narratives Review (Collins & Fauser, 2005). In einem narrativen Review werden
verschiedene Studien in einer Erzählform verglichen und an Hand verschiedener
Kriterien auf ihre Validität überprüft. Die Forschungsarbeit die ich durchführen werde,
wird sich mit Studien bezüglich des Tapes befassen. Man darf das narrative Review,
in dem verschiedene Überschriften oder Aussagen von Studien verglichen werden,
nicht mit dem systematischen Review verwechseln, in dem die Überschriften und
Aussagen von verschiedenen Studien hinterfragt und die Ergebnisse statistisch mit
Zahlen belegt werden.
Die Gründe für meine Entscheidung ein narratives Review zu schreiben, ist zum
einen, dass ich so verschiedene Effektstudien oder andere Studien auf ihre Validität
untersuchen kann und so nicht nur an einer Effektstudie, die ich selber praktisch
durchführen würde, den Effekt von elastischen Tapes diskutieren und beweisen
muss. Des Weiteren handelt es sich bei dem elastischen Tape um eine moderne
Therapiemethode, zu der es zwar schon relativ viele Studien gibt, jedoch sind die
Bereiche, die diese Studien untersuchen, zu unterschiedlich um sie systematisch zu
vergleichen. Mein Interesse bezüglich des elastischen Tapes bezieht sich außerdem
nicht nur auf einen bestimmten Anwendungsbereich, sondern auf verschiedene.
Mein Ziel ist es, insbesondere Physiotherapeuten aber auch allen Anderen, welche
dieses Thema interessiert, einen Überblick über den aktuellen Forschungsstand
bezüglich dieses Themas zu verschaffen. Des Weiteren möchte ich auch mehr
wissenschaftlich belegte Aussagen über elastisches Tape liefern. In meiner
Bachelorarbeit möchte ich, durch den Vergleich und die Untersuchung von
verschiedenen Studien, den Effekt von elastischen Tapes auf Schmerzen und
funktionelle Störungen des Bewegungsapparates beweisen. Meine Forschungsfrage
lautet deshalb:
Was sagt der heutige Forschungsstand über den Effek t von elastischen Tapes
bei Schmerzen und funktionellen Störungen des Beweg ungsapparates aus?
VII
Praktische Relevanz
In den letzten Jahren hat sich die Physiotherapie sehr verändert. Die Veränderung
liegt darin, dass Physiotherapie heutzutage immer mehr in Richtung der evidenz-
basierten Praxis geht. Evidenz basierte Praxis als Methode ermöglicht dem Praktiker,
in diesem Fall dem Physiotherapeuten, die Fort- und Weiterbildungen auszuwählen,
die ihnen wahrscheinlich valides Wissen und effektive Therapieansätze, -methoden
bzw. –techniken vermitteln (Scherfer, Hempel, Herbert, Schallert, & Schuster, 2006).
Evidenz basierte Medizin ist der gewissenhafte, ausdrückliche und vernünftige
Gebrauch der gegenwärtig besten externen, wissenschaftlichen Evidenz für
Entscheidungen in der medizinischen Versorgung individueller Patienten (Scherfer et
al., 2006). Das zeigt, wie wichtig es ist, dass ein Physiotherapeut die Wirksamkeit
und den Nutzen seiner Techniken in der Praxis wissenschaftlich belegen kann. Denn
um andere von unseren Fähigkeiten zu überzeugen, müssen wir uns selbst
beweisen, dass unsere Methoden funktionieren (Hislop, 1975, p.1076) Dies ist vor
allem für den selbstständigen Physiotherapeuten von Bedeutung, denn um eine
bestimmte Therapieform in Deutschland abrechnen zu können, müssen die
Krankenkassen von dem Nutzen dieser Therapieform überzeugt sein. Um das zu
erreichen, reicht eine einfache Begründung nicht mehr aus. Wissenschaftliche
Untersuchungen und Fakten sind hier jetzt das Mittel der Wahl. Dass Kostenträger
auf diese Weise das Konzept der Evidence-based practice (EBP) ,,kidnappen“,
wurde auch von den Begründern des Konzepts gesehen und als Missbrauch der
EBP bezeichnet (Scherfer et al., 2006).
Die praktische Relevanz, also die Anwendbarkeit und der Nutzen dieser
Bachelorarbeit, lassen sich auf drei Bereiche beziehen.
Als erstes sind es die eben erwähnten Krankenkassen, die durch evidenzbasiertes
Wissen überzeugt werden müssen, um die Kosten einer bestimmten Therapieform,
in diesem Fall elastisches Tape, zu übernehmen. In dieser Bachelorarbeit wurden
mehrere wissenschaftliche Studien zu diesem Thema untersucht um einen
möglichen Effekt zu beweisen. Mein Wunsch ist es, dass diese moderne
Therapieform in naher Zukunft, Einzug in den Heilmittelkatalog erhält, damit die
Krankenkassen die Kosten übernehmen. Dieses narrative Review soll einen Beitrag
dazu leisten.
VIII
Neben der praktischen Relevanz für die Krankenkassen sollen auch Physio-
therapeuten, die noch nicht mit dem elastischen Tape arbeiten, von seinem Nutzen
überzeugt werden um von dieser modernen Therapieform zu profitieren.
Nicht nur Physiotherapeuten, auch deren Klienten profitieren davon, womit wir beim
dritten Bereich der praktischen Relevanz angelangt sind. Der Profit besteht darin,
einem Klienten mit einer modernen Methode, welche vielleicht besser ist als andere,
zu helfen um zum Beispiel Schmerzen zu lindern oder Regenerationsprozesse zu
beschleunigen, die ohne diese Therapie länger andauern würden.
Im Großen und Ganzen liegt es mir am Herzen mit dieser Bachelorarbeit die
Physiotherapie in diesem Bereich, durch evidenzbasiertes Wissen zu bereichern und
zu stützen. Durch Nutzen dieser Therapie soll der allgemeine Status der
Physiotherapeuten verbessert werden, indem die Kompetenz Qualität zu leisten,
erweitert wird.
IX
0. ABKÜRZUNGSVERZEICHNIS
BWS Brustwirbelsäule
CAIT Cumberland Ankle Instability Fragebogen
CMS Cervical Measurement System
EBP Evidence-based practice
EMG Elektromyogramm
FADI Functional Ankle and Disability Index
HWS Halswirbelsäule
MD maximaler Drehmoment
min Minuten
MLD Manuelle Lymphdrainage
MTS Muskulus Triceps Surea
NDI Neck Disability Index Fragebogen
OL Oswestry Low Back Pain Disability Fragebogen
OP Operativ
PFSS Patellofemorales Schmerzsyndron
QB Quebec Back Pain Disability Scale
RCT´s randomize control trials
RD Roland Disability Fragebogen
ROM Range of Motion
SEBT Star Excursion Balance Test
sec Sekunden
SPADI Shoulder Pain and Disability Index
Std. Stunden
VAS Visuelle Analog-Skala
VL Vastus lateralis
VM Vastus medialis
VMO Muskulus Vastus Medialis Oblicus
WHO Weltgesundheitsorganisation (World Health Organisation)
1
1. GRUNDLAGE
Was ist Kinesio-Taping Der erste Teil dieser Arbeit soll dem Leser einen Überblick über Kinesio-Taping
verschaffen. Da diese Therapieform für viele noch relativ neu ist, ist es wichtig,
zunächst ein paar grundlegende zu diesem Thema zu erläutern. Die Kapitel vor dem
Hauptteil dienen als Einstieg in dieses Thema und befassen sich deshalb, neben der
Entstehung und Geschichte des Kinesio-Tapes auch unter anderem mit dem
Material, verschiedenen Anlagetechniken und der Bedeutung der Farben sowie dem
Unterschied zu den herkömmlichen Tapes. Es ist wichtig einen Gesamtüberblick
über die Grundlagen des Kinesio-Tapes zu bekommen, weil der Hauptteil dieser
Arbeit zum größten Teil auf diesen Grundlagen aufgebaut ist.
1.1 Entstehung und Geschichte
Das Kinesio-Tape hat seinen Ursprung in Japan. Der Erfinder des Kinesio-Tapes ist
Dr. Kenzo Kase, ein japanischer Kinesiologe und Chiropraktiker (Abb. 1). Dr. Kenzo
Kases Ziel war es, die Therapie für akute, chronische Beschwerden und für
Verletzungen zu verbessern. Um an seinem Ziel zu arbeiten probierte er schon vor
etwa 30 Jahren die elastischen Tapes als unterstützende Maßnahme aus. Da er mit
diesen elastischen Tapes Erfolge verzeichnete, arbeitete Dr. Kenzo Kase weiter an
der Entwicklung des Tapes.
Das Ergebnis dieser Entwicklung war das heutige Kinesio-Tape, das auf den
Eigenschaften der Haut und Muskulatur basiert und 1973 in Japan erhältlich war.
Mitte der 80´er Jahre erreichte das Kinesio-Tape die USA bis es schließlich in den
90´er Jahren erstmals durch Portugal nach Europa kam. Nach und nach hat sich
diese Therapiemethode verbreitet. Sie ist heute international bekannt und findet ihre
Anwendung in vielen Bereichen.
Abb. 1 : Dr. Kenzo Kase
2
Dr. Kenzo Kase betrachtete als erfahrener Kinesiologe und Chiropraktiker die Haut
und Muskulatur aus einem anderen Blickwinkel. Er erkannte in der Haut die Funktion
eines Reflexorgans. Das größte Reflexorgan des menschlichen Körpers.
In der Muskulatur sah Dr. Kenzo Kase nicht nur die Eigenschaft auf die Umwelt zu
reagieren. Viel mehr erkannte er die Muskulatur als ein Organ, welches in der Lage
ist, Heilungs- und Regenerationsprozesse zu unterstützen und zu fördern. Prozesse,
die von der Muskulatur gefördert werden, sind z.B. die neuromuskulären Verschal-
tungen, Stoffwechselprozesse wie Wärmeproduktion und die Mikrozirkulation
(Breitenbach, 2004).
1.1.2 Das Material des neuen Tapes
Der Grundgedanke des neuen Tapematerials war, die Eigenschaften der
menschlichen Haut zu imitieren, damit die Rezeptoren in der Haut so gut wie möglich
auf diesen Stimulus reagieren. Das Material ähnelt der menschlichen Haut in der
Elastizität, der Dicke und im Gewicht. Die Idee oder das Ziel, welches Dr. Kenzo
Kase mit diesen nahezu gleichen Eigenschaften des Materials im Vergleich zur Haut
verfolgte war, die Rezeptoren in der Haut zu stimulieren um dadurch körpereigene
Heilungs- und Regenerationsprozesse in Gang zu bringen. Die Nachteile des
klassischen Tapes wie die ´´sensible Belästigung´´ welche gehäuft vorkommt, sollten
durch das neue Material vermieden werden.
Das Ergebnis dieser Überlegungen war das heutige Kinesio-Tape. Es besteht aus
qualitativ hochwertiger Baumwolle die atmungsaktiv ist und ähnliche Eigenschaften
wie die Haut besitzt. Der Kleber, durch welchen das Tape auf der Haut klebt, besteht
aus 100% Acrylat und ist somit sehr gut hautverträglich, wodurch ein längeres
Tragen des Tapes, sofern keine Allergien vorliegen, unbedenklich ist. Nachdem das
Tape auf der Haut angelegt wurde, wird der Kleber durch Wärme, die beim Reiben
über das Tape entsteht, aktiviert. Die sinusförmigen Strukturen, die das Tape bei
genauem Hinsehen aufzeigt, dienen nicht nur der besseren Luft- und
Flüssigkeitszirkulation sondern verbessern auch die Klebeeigenschaften des Kinesio-
Tapes (Breitenbach, 2004).
3
1.1.3 Kinesio-Tape im Vergleich zum klassischen Tape
Der wohl größte Unterschied zwischen den beiden Tapes ist, dass das Kinesio-Tape
elastisch ist und das klassische Sporttape nicht. Aus diesen unterschiedlichen
Eigenschaften ergeben sich auch die unterschiedlichen Funktionen der beiden
Tapes. Das klassische Tape wird eher verwendet um Gelenke und Muskulatur zu
stabilisieren um sie so zu schützen. Bei dem klassischen Tape steht die
Immobilisation im Vordergrund. Neben der Bewegungsfreiheit schränkt es auch die
Mikrozirkulation durch das verwendete Material ein.
Das Kinesio-Tape erlaubt durch seine Elastizität die Bewegungsfreiheit der Haut,
Muskulatur und Gelenke. Durch die Materialeigenschaften des Kinesiotapes wird die
Mikrozirkulation nicht gestört. Ganz im Gegenteil führt die Wellenbildung der Haut
(convolutions), die durch das Kinesio-Tape entsteht, zu einer verbesserten
Mikrozirkulation (Breitenbach, 2004).
1.1.4 Die Bedeutung der verschiedenen Farben
Das erste elastische Tape auf dem Markt war das Kinesio-Tape, welches nach einer
bestimmten Methode auf die Haut geklebt wurde. Kurze Zeit später entstand das
ähnliche Medical Taping Concept und mittlerweile gibt es eine große Anzahl
verschiedener Hersteller von elastischen Tapes. Die Bekanntesten neben dem
Kinesio-Tape und dem Medi-Tape sind wohl das Leukotape oder das Dolor-Tape,
die sich in ihrer Beschaffenheit nur wenig unterscheiden. Beim Kauf sollte man
wissen, dass es auch viele Billiganbieter für elastische Tapes gibt. Nicht selten
führen deren Produkte zu allergischen Hautreaktionen und weisen sehr schlechte
Klebeeigenschaften auf. Wer sich Erfolg von dieser tollen, modernen Therapie
erhofft, der sollte lieber die Qualitativ hochwertigeren Tapes verwenden um sich die
Enttäuschung durch die Billigprodukte zu ersparen. Das originale Kinesiotape wird in
vier Farben angeboten, deren Verwendung sich auf die Farblehre bezieht. Jede
Farbe hat ihre eigene Funktion. Das Kinesio-Tape unterscheidet sich ausschließlich
durch die Farben, nicht durch seine Beschaffenheit.
1. Rot: Die Farbe Rot ist anregend und aktivierend und findet ihre Anwendung
zur Aktivierung schwacher, energiearmer Strukturen sowie zur Tonisierung
hypotoner Muskulatur.
4
2. Blau: Die Farbe Blau wirkt eher beruhigend und wird verwendet um
energiereiche Strukturen zu beruhigen und hypertone Muskulatur zu
detonisieren.
3. Beige/Schwarz: Diese beiden Farben sind neutral und finden häufig ihre
Anwendung in Anlagetechniken zur Beeinflussung der Zirkulation der
Lymphflüssigkeit. Nicht selten ist die Wahl der Farbe auch Geschmackssache
des Patienten. Ein Physiotherapeut sollte die Wirkung der Farben jedoch nicht
unberücksichtigt lassen, auch wenn diese nicht im Vordergrund steht
(Kumbrink, 2009).
1.2 Verschiedene Anlagetechniken
Bei dem Kinesio-taping gibt es vier große Therapiebereiche, die sich durch
verschiedene Anlagetechniken unterscheiden. Die Muskeltechnik, die Ligament-
technik, die Korrekturtechnik und die Lymphtechnik, auf die noch vereinzelnd
genauer eingegangen wird. Das Kinesio-Tape ist bereits mit einer Vordehnung von
10% auf der Trägerfolie aufgeklebt. Diese Vordehnung von 10% sollte bei jeder
Anlage erhalten bleiben. Wenn die Vordehnung nur 10% beträgt spricht man auf
Grund der normalen Vordehnung des Tapes von einer ungedehnten Anlage. Bevor
das Kinesiotape von der Trägerfolie abgezogen wird, wird es je nach Körperstruktur
und Nutzen zurechtgeschnitten. Die Ecken der Tapes sollten mit einer geeigneten
Schere abgerundet werden, weil die Tapes sich dort am schnellsten lösen.
Lymphtapes werden fächerförmig oder zu schmalen Streifen geschnitten. Bei
Muskel- Ligament- und Korrekturanlagen werden die Tapes in eine Y oder I Form
geschnitten oder es werden zwei I Streifen zu einem X angelegt. Um die Tragedauer
der Tapes zu maximieren sollte die Haut trocken und fettfrei sein; des Weiteren
sollten stark behaarte Körperregionen nach Möglichkeit vorher rasiert werden, dies
gilt für alle Anlagen. Um den Acrylkleber zu aktivieren sollte der Anleger mit seiner
Hand über die bereits aufgeklebte Anlage reiben. Während dieses Vorgangs sollte
sich die Körperstruktur noch in Vordehnung befinden (Kumbrink, 2009).
5
1.2.1 Muskeltechnik
Muskelanlagen werden verwendet um den Tonus der Muskulatur zu regulieren,
sowie bei Muskelverletzungen eine schnellere Heilung zu erzielen und die aus der
Verletzung resultierenden Schmerzen zu lindern. Muskelanlagen werden abgesehen
von der normalen 10% Vordehnung des Tapes ohne Vordehnung angelegt, jedoch
sollte sich die Körperregion, die beklebt wird, in Vordehnung befinden um den
gewünschten Effekt zu erzielen (Abb. 2). Man unterscheidet tonisierende Anlagen,
die vom Ursprung zum Ansatz des Muskels geklebt werden und detonisierende
Anlagen, die vom Ansatz zum Ursprung geklebt werden. Um diese Regel richtig
anzuwenden sollte der Anleger des Tapes nicht außer Acht lassen, dass Ursprung
und Ansatz sich je nach Bewegung ändern können, wenn Punktum fixum zu
Punktum mobile wird und umgekehrt.
Abb. 2 : Muskeltechniken (Breitenbach, 2004)
1.2.2 Ligamentanlagen
Diese Technik findet ihre Anwendung bei einer Überlastung oder einer Verletzung
von bandhaften Strukturen wie Sehnen oder Gelenkkapseln. Schmerzpunkte und die
Segmente der Wirbelsäule können auch durch diese Technik behandelt werden.
Durch die unterstützenden Eigenschaften des Tapes und durch seine schmerz-
lindernde Wirkung werden die Heilungsphasen unterstützt und der Heilungsprozess
beschleunigt. Bei Ligamentanlagen wird das Tape bis auf die Enden, die normal
aufgeklebt werden um den Halt zu verbessern, maximal gedehnt (Abb. 3).
Bei dem Tapen von Schmerzpunkten oder der Wirbelsäulensegmente wird der
Körper selbst in Vordehnung gebracht. Sehnen und Bänder sind mit sehr vielen
Sensoren ausgestattet, die durch das Tape beeinflusst werden können. Diese
6
Tatsache wird genutzt, um die Propriozeption (Tiefensensibilität) zu verbessern und
Schmerzimpulse über nozizeptive Afferenzen zu hemmen (Kumbrink, 2009).
Abb. 3 : Ligamenttechnik (Breitenbach, 2004)
1.2.3 Lymphanlage
Diese Technik des Kinesiotapes wird angewendet bei Störungen in der Zirkulation
der Lymphflüssigkeit wie z.B. ein Lymphödem. Ursachen für eine gestörte
Mikrozirkulation der Lymphe können Veränderungen des Filtrationsdruckes im
Gefäßsystem sein, wodurch Lymphflüssigkeit ins Gewebe abgepresst wird. Auch die
Entfernung von Lymphknoten nach einer Krebserkrankung führt häufig zu Ödemen,
weil der Lymphstrom dadurch unterbrochen wird. Durch das Tape wird die Haut
darunter angehoben, wodurch sich der Raum zwischen Haut und subkutanen
Gewebe vergrößert und der Transport der Lymphflüssigkeit gefördert wird. Die
Kombination aus Tape und Bewegung unterstützt diesen Effekt noch zusätzlich.
Die übliche Form ein Lymphtape anzulegen, ist die Fächerform, bei der die einzelnen
Fächer entlang der Lymphbahnen verlaufen (Abb. 4) (Kumbrink, 2009).
Abb. 4 : Lymphtechnik (Breitenbach, 2004)
7
1.2.4 Korrekturanlagen
Bei den Korrekturanlagen wird zwischen der funktionellen Korrektur und der
Fascienkorrektur unterschieden. Fascientechniken werden angewendet um verklebte
Muskelfascien zu lösen und die, durch die Verklebung entstandenen Schmerzen zu
mindern. Die funktionelle Korrektur wird verwendet um körperlichen Fehlstellungen
wie z.B. Genu valgum oder Genu varum entgegenzuwirken.
Für die Fascientechnik werden die Tapes zu einem Y geschnitten. Die beiden
Schenkel von dem Y werden gleichzeitig aufgeklebt und die Basis des Tapes
befindet sich vor dem Schmerzpunkt und wird nicht fixiert, wodurch sich der
Schmerzpunkt verlagert. Das Tape wird mit pulsierenden Bewegungen und mit
maximaler Dehnung aufgeklebt, selbst wenn dabei Hautfalten entstehen sollten. Die
Enden werden ungedehnt aufgeklebt (Abb. 5).
Abb. 5 : Fascientechnik (Breitenbach, 2004)
Bei den funktionellen Korrekturanlagen werden auch überwiegend die Y Form
verwendet, die direkt über die knöchernen Strukturen geklebt werden, welche die in
ihrer Position korrigiert werden sollen. Die funktionellen Korrekturanlagen werden in
maximaler Vordehnung des Tapes aufgeklebt, wobei die Korrektur in Richtung der
Basis gerichtet ist. Im Gegensatz zur Fascienanlage werden die Y Schenkel
nacheinander und nicht gleichzeitig aufgeklebt (Abb. 6).
8
Abb. 6 : Korrekturtechnik (Breitenbach, 2004)
1.3 Wo und durch wen findet Kinesio-Tape seine Anwendung
Diese Therapieform findet ihre Anwendung im Leistungssport, der Physiotherapie
und anderen medizinischen Bereichen, wie der Neurologie. Sei es in Wettkämpfen
der Olympischen Spiele, im Wintersport oder in diversen Ballsportarten; die bunten
klebenden Bänder, die vor einigen Jahren für Aufsehen gesorgt haben und eher die
Ausnahme waren, werden heute immer mehr zur Regel und sind aus dem Sport, ob
Profi oder Amateur, nicht mehr wegzudenken. Durch seine präventive und
rehabilitative Wirkung, ist das Tape ein fester Bestandteil der Trainingstherapie
geworden. Des Weiteren wird das Tape auch immer häufiger in medizinischen
Fachbereichen, wie etwa der Onkologie oder Gynäkologie zur Nachsorge genutzt um
z.B. den gestörten Lymphabfluss nach einer Mastektomie mit Lymphektomie zu
unterstützen. Ob Ärzte, Physiotherapeuten, Ergotherapeuten oder Heilpraktiker,
jeder, der mit dem Kinesio-Tape arbeitet, sollte auch eine entsprechende Ausbildung
absolviert haben um den richtigen Umgang mit dem Tape zu erlernen und mögliche
Schäden durch falsche Anwendung auszuschließen (Kumbrink, 2009).
1.3.1 Indikationen
� Muskelverletzungen wie z.B. Zerrungen, Muskelfaserrisse, Muskelriss und
sogar Muskelkater
� Hypertone Muskulatur/Muskelhartspann
� Hypotone Muskulatur/verminderte Ruhespannung
� Muskelverkürzungen
9
� Hypertrophie und Atrophie
� Fehlende Tiefensensibilität (Propriozeption)
� Störungen der Mikrozirkulation
� Verletzungen des Kapsel- Bandapparates
� Schmerzen des Bewegungsapparates
� Narben (Narben werden mit Cross Tapes, ein gitterartiges Tape behandelt)
1.3.2 Kontraindikationen
� Offene Wunden
� Noch nicht verheilte Narben
� Allergien gegen Acryl
� Keine Tapes in den ersten drei Monaten der Schwangerschaft in der BGM-
Zone des Kreuzbeines (Genitalzone)
� Hauterkrankungen wie Psoriasis und Neurodermitis
2. KRITISCHE BETRACHTUNG des HEUTIGEN FORSCHUNGSSTANDE S
Die Aufgabe des Anfangsteils dieses narrativen Reviews (Übersichtsarbeit ) war es,
dem Leser eine Einführung in die Thematik des elastischen Tapens zu verschaffen.
In dem Hauptteil werden unterschiedliche Studien zu der Thematik aufgeführt,
welche den aktuellen Forschungsstand widerspiegeln. Der Inhalt der untersuchten
Studien wird, wie es für ein narratives Review üblich ist, in erzählter Form
wiedergegeben und am Ende diskutiert. Genau so vielfältig wie die Symptome sind,
die mit elastischen Tapes behandelt werden können, genau soweit ausgedehnt sind
seine Indikationsgebiete. Damit der Leser einen guten Überblick behält, wurden die
folgenden Studien nach fünf verschiedenen Effekten (2.1 Scherzdämpfung, 2.2
Aktivierung der Muskulatur, 2.3 Steigerung der Beweglichkeit, 2.4 Verbesserung der
Gelenkfunktion, 2.5 Ödemresorption), die das elastische Tape bewirken soll,
unterteilt. Die gefundenen Studien sind von unterschiedlicher Qualität, deshalb ist
eine weitere Unterteilung der Studien nach dem Level der Evidence von hoch zu
niedrig erfolgt. Hierfür wurden die ``Oxford Centre for Evidence-based Medicine
Levels of Evidence´´ (2001) aus Tabelle 1 verwendet.
10
Tabelle 1: Oxford Centre for Evidence-based Medicin e Levels of Evidence
(2001) (modifiziert)
Level Therapie/Prävention, Ätiologie/Nebenwirkungen
Level Therapie/Prävention, Ätiologie/Nebenwirkungen
1a Systematischer Review (SR) (mit Homogenität von Randomisiert-kontrollierten Studien (RCTs)
2c Ergebnisforschung ; Ökologische Studien
1b Einzelner RCT (mit engem Konfidenzintervall‡) 3a SR (mit Homogenität*) von
Fall-Kontroll-Studien
1c Alle oder keiner § 3b Einzelne Fall-Kontroll Studie
2a SR (mit Homogenität* ) der Kohortenstudien 4 Fall-Serie (und qualitative
schlechte Kohorten- und Fall-Kontroll-Studien)
2b Einzelne Kohorten Studie (eingeschlossen RCT mit schlechter Qualität; z.B. <80% Nachbeobachtungsrate)
5 Expertenmeinung ohne kritische Analyse oder basiert auf physiologischer oder experimenteller Forschung oder "Grundprinzipien"
*Mit Homogenität meinen wir einen systematischen Review ohne bedeutender Varianz (Heterogenität) in bezug auf die Richtung und die Varianz der Ergebnisse zwischen einzelnen Studien. Nicht alle systematischen Reviews mit statistisch signifikanter Heterogenität müssen zwingend besorgniserregend sein und nicht alle besorgniserregenden Heterogenitäten müssen statistisch signifikant sein. Wie oben erwähnt sollten Studien mit besorgniserregender Heterogenität mit einem “–„ am Ende des gewünschten Grades versehen werden.
‡ Eingruppieren und Gebrauch von Studien mit breiten Konfidenzintervallen.
§ Trifft zu, wenn alle Patienten starben, bevor die Therapie verfügbar war und nach Einführung der Therapie einige überleben; oder wenn einige Patienten starben, bevor die Therapie verfügbar war und keiner nach Einführung der Therapie stirbt.
2.1 Elastisches Tape zur Schmerzdämpfung
Fast Jeder Mensch hatte im Laufe seines Lebens schon einmal eine physische
Schmerzerfahrung. Das Schmerzempfinden ist von Mensch zu Mensch
unterschiedlich und es gibt viele verschiedene Therapieformen, die das Symptom
Schmerz bekämpfen sollen. Die häufigste verwendete Therapieform gegen
Schmerzen sind laut der World Health Organisation (WHO) Analgetika.
2.1.1 Allgemeine Definition Schmerzen
„Schmerz ist ein unangenehmes Sinnes – und Gefühlserlebnis, das mit einer
aktuellen oder potentiellen Gewebeschädigung verknüpft ist oder mit Begriffen einer
solchen beschrieben wird'' (Bonica, 1979).
11
Wenn man diesen kurzen Satz richtig deutet, kann man auch sagen, dass Schmerz
eine unangenehme Sinnesempfindung ist, die mit schlechten Gefühlen einhergeht.
Schmerzen entstehen, wenn eine Schädigung des menschlichen Gewebes droht
oder vorliegt. Ein Mensch kann Schmerz empfinden, wenn ein Gewebeschaden
droht oder vorliegt und auch wenn keine echter Schaden des Gewebes vorhanden
ist.
2.1.2 Studien eingeteilt nach dem Evidence Level
In den folgenden Abschnitten werden einige Studien, die sich zum größten Teil mit
der schmerzlindernden Wirkung von elastischen Tapes auseinandersetzten, kritisch
betrachtet. Wie in allen Kapiteln dieses Reviews (Übersichtsarbeit ) sind die Studien
auch in diesem nach ihrem Grad an Evidence von hoch zu niedrig sortiert worden.
Als erstes geht es um zwei Studien (Evidence Level 1b) in denen Patienten mit
Schulterbeschwerden untersucht wurden.
Schulterschmerzen sind ein Problem, das die Gesamtbevölkerung mit einer
Spannweite von 7% zu 36% betrifft (Guerra de Hoyos, Andrés Martín Mdel, Bassasy
Baena de Leon, Vigára Lopez, Molina López, Verdugo Morilla & González Moreno,
2004; Green, Buchbinder & Hetrick, 2003). Die häufigsten Diagnosen, die
Schulterschmerzen verursachen, sind Verletzungen der Rotatorenmanschette und
das subacromiale Impingement-Syndrom. In der Regel werden diese konservativ
behandelt (Green et al. 2004).
In der ersten Studie, einer randomisierten Studie wurde 2008 von Thelen, Dauber &
Stoneman die klinische Effektivität von Kinesio-Tape bei Schulterschmerzen
untersucht. Zweiundvierzig Probanden zwischen 18 und 24 Jahren mit der Diagnose
Impingement-Syndrom oder Tendinitis an der Rotatorenmanschette, wurden nach
dem Zufallsprinzip einer von zwei Gruppen zugeteilt. Die Versuchsgruppe bekam
eine standardisierte therapeutische Kinesio-Tape Applikation und die Kontrollgruppe
eine neutrale Applikation des Kinesio-Tapes. Die Patienten trugen die Tapes zweimal
direkt hintereinander für drei Tage.
Um die Homogenität beider Gruppen zu erhöhen, wurden alle Probanden mit
Schulterluxation, Schultergürtelfraktur, operativen Eingriffen im Schulterbereich vor
12
weniger als 12 Wochen sowie Schulterschmerzen für länger als sechs Monate aus
der Studie ausgeschlossen. Die Einschlusskriterien wurden an Hand von fünf
verschiedenen Variablen, die für ein Impingement-Syndrom sprechen, festgelegt.
Unter anderem handelte es sich dabei um bestimmte Schultertests, die bei einem
Impingement-Syndrom positiv ausfallen. Die Unterschiede zwischen der
Interventionsgruppe und der Kontrollgruppe wurden durch drei verschiedene
Methoden gemessen. Dazu gehörte der Shoulder Pain and Disability Index (SPADI),
das Messen des aktiven schmerzfreien Bewegungsausmaßes der Schulter (Flexion,
Abduktion, Elevation) mit einem Goniometer und einer visuellen Analogskala, die den
Schulterschmerz am Ende des aktiven Bewegungsausmaßes feststellt.
Das einzige Resultat dieser Studie, das auf einen Effekt des Kinesio-Tapes
hinweisen könnte, war die sofortige Schmerzreduktion bei der Schulterabduktion
nach der Tapeapplikation bei der Versuchsgruppe (P = 0.05). Ansonsten gab es
keinen nennenswerten Unterschied zwischen den Gruppen.
Ein Punkt, der zeigt, wie sorgfältig bei der Studie vorgegangen ist, ist die Applikation
des Kinesio-Tapes bei der Kontrollgruppe. Bei der ersten Applikation, die keinerlei
Wirkung haben sollte, berichteten zwei Patienten über eine Abnahme des
Schmerzes in der Schulter beim Bewegen. Um die Endergebnisse dadurch nicht zu
beeinflussen, wurde die Applikation entsprechend geändert.
Auf der anderen Seite, darf der Placeboeffekt in dieser Studie nicht außer Acht
gelassen werden. Die Probanden wussten zwar nicht in welcher Gruppe sie waren,
aber sie wussten, dass die Möglichkeit besteht in der Interventionsgruppe zu sein.
Bei Patienten mit patellofemoralem Schmerzsyndrom sind in der Vergangenheit auch
starke Placeboeffekte bezüglich des Tapens aufgetreten (Christou, 2004; Wilson,
Carter & Thomas, 2003).
In der nächsten Studie waren die Ergebnisse aussagekräftiger (Hsu, Chen, Lin,
Wang & Shih, 2009). Bei den Untersuchungen mit dem echten Kinesio-Tape kam es
beim Heben des Armes zwischen 30°und 60° zu einer s ignifikanten Neigungs-
zunahme der Scapula nach hinten (P < 0.05). Auch die Muskelaktivität des unteren
Teils des Trapezius Muskels war bei dem Herunternehmen des Armes zwischen
60°und 30° signifikant höher als bei dem Placebo Ta pe.
Diese Studie zeigt, dass Kinesio-Tape die Muskelaktivität verbessern kann.
Trotzdem wird sie in diesem Kapitel (elastisches Taping zur Schmerzdämpfung)
13
erwähnt, weil es sich um Probanden mit einem Impingement-Syndrom handelt und
Schmerz ein Symptom davon ist. Hsu et al., 2009, wollte den Effekt von Kinesio-
Tape auf die Bewegung der Scapula und auf die Muskelaktivität bei Baseball-
spielern mit Impingement-Syndrom untersuchen.
Die Zunahme der Muskelaktivität ist in sofern von großer Bedeutung, weil der
Trapezius Muskel zusammen mit dem Serratus anterior und der
Rotatorenmanschette eine wichtige Rolle bei den kontrollierten Bewegungen der
Scapula spielen. Diese Muskeln, die für die Koordination und kontrollierte
Bewegungen der Scapula verantwortlich sind, sorgen für mehr Platz im
subacromialen Gleitraum, so, dass die subacromialen Strukturen nicht komprimiert
werden und ein Impingement-Syndrom verhindert wird (Michener, McClure &
Karduna, 2003; Solem-Bertoft, Thuomas & Westerberg, 1993).
Alle 17 Probanden, die an der Studie von Hsu et al. (2009) teilgenommen haben,
waren Baseballspieler aus einem Amateur Baseball Team aus Taipei. Die Ein- und
Ausschlusskriterien waren vergleichbar mit denen aus der Studie von Thelen et al.
(2008). Bei der Studie wurde ein Pretest / Posttest Design mit wiederholten
Messungen verwendet, bei dem jeder Proband beide Interventionen erhielt. Das
Tape wurde auf den unteren Teil des Trapezius Muskels angebracht (Abb. 7).
Abb. 7: Tape-Anlage am unteren Teil des Trapezius (Hsu et al., 2009)
Die Bewegungen der Scapula wurde mit einem ''Liberty electromagnetic tracking
system'' (Colchester, VT, USA) gemessen, wodurch die Scapulabewegungen
dreidimensional dargestellt werden können. Die Muskelkraft vom Trapezius Muskel
und dem Serratus anterior wurden mit einem Electromyogramm (Telemyo 900,
14
Noraxon USA, inc., Scottsdale, AZ) aufgezeichnet. Gemessen wurde bei beiden
Tapes vor und nach der Applikation jeweils achtmal. Viermal beim Heben und
viermal beim Senken des Armes. Beide Bewegungen wurden vor den Messungen
eingeübt und während den Messungen hatten die Probanden eine zwei Kg Hantel in
der Hand.
Ein Vorteil dieser Studie gegenüber der Obigen, ist das verwendete cross-over
Design. Dadurch werden mögliche Unterschiede zwischen den einzelnen Probanden
unwichtig, denn alle erhalten beide Interventionen. Das gegenseitige Beeinflussen
beider Interventionen wurde verhindert, indem zwischen beiden Interventionen, drei
Tage lagen und die Probanden wieder ihre Ausgangslage erreichen konnten.
Ein gemeinsames Problem beider Studien, von Thelen et al. (2008) and Hsu et al.
(2009), ist die geringe Menge an Probanden. Darüber hinaus wirft die Tatsache, dass
die Probanden in der einen Studie College Studenten (Thelen et al., 2008) und in der
anderen Baseballspieler (Hsu et al., 2009) sind, die Frage auf, in wie weit sich die
gefundenen Ergebnisse auf die allgemeine Bevölkerung übertragen lassen.
In beiden Studien wird der Soforteffekt von Kinesio-Tape ohne jegliches körperliches
Training untersucht. Laut Kase & Wallis (2002) hat Kinesio-Tape eine bessere
Wirkung in Kombination mit adäquaten körperlichen Übungen. In zukünftigen Studien
sollte das berücksichtigt werden.
Als nächstes geht es um zwei Studien (Evidence Level 2b) bei denen die Probanden
unter dem patellofemoralen Schmerzsyndrom (PFSS) leiden. Das PFSS macht sich
durch Schmerzen im vorderen Kniebereich bemerkbar. Es ist ein diffuser Schmerz,
der typischerweise beim Treppensteigen, in die Hocke gehen, auf dem Boden knien
oder nach langem Sitzen auftritt (Arrol, Ellis Pegler, Edwards & Sutcliffe, 1997; Host ,
Craig & Lehman, 1995). Hypermobilität der Patella und Schwäche des Vastus
medialis (VM) sind oft die Ursache für Störungen beim Gleitverhalten des
patellofemoralen Gelenks (McConnell, 1996, 1986).
Das Ziel der ersten Studie war es, den Effekt von Patellartaping auf Schmerz und
Muskelaktivität bei Probanden mit PFSS zu untersuchen (Ng & Cheng, 2002).
Fünfzehn Probanden (7 Frauen, 8 Männer), im Alter zwischen 15 und 45 Jahren,
haben an diesem Experiment teilgenommen. Probanden mit einer Beinlängen-
differenz, Fußfehlstellung oder Ruheschmerz durften nicht an der Studie teilnehmen.
15
Die Aufgabe der Probanden bestand darin, auf ihrem betroffenen Bein zu stehen und
eine Kniebeuge mit 30° Flexion für fünf sec durchzu führen. Um das Gleichgewicht
nicht zu verlieren durften die Versuchspersonen sich an einem Stuhl, der vor ihnen
platziert war, festhalten. Während der fünf sec wurde die Muskelaktivität des Vastus
medialis (VM) und des Vastus lateralis (VL) mit einem Elektromyogramm (EMG)
gemessen. Anschließend mussten die Probanden den Schmerz auf einer zehn cm
langen visuellen Analog-Skala (VAS) angeben. Der Anfang der VAS stand für keinen
Schmerz und das Ende für maximalen Schmerz. Alle Probanden durchliefen
dieselben Messungen mit und ohne Patellartape. Drei Tapes wurden bei den
Probanden mit Zug angelegt um alle vorhandenen Fehlstellungen zu korrigieren. Bei
den Probanden, die nur eine Fehlstellungskomponente der Patella hatten, wurde ein
Tape mit Zug und die anderen beiden ohne angelegt.
Das Resultat der Messungen mit Tape ergab eine signifikante Abnahme der Aktivität
vom VM (P = 0.05) im Vergleich zum VL und eine signifikante Abnahme des
Schmerzes (P = 0.001). Da jeder Proband mindestens ein Tape mit Zug angelegt
bekommen hat, kann auch in diesem Fall der Placeboeffekt nicht ausgeschlossen
werden.
Physiotherapeuten sind oft bemüht Störung bzw. Fehlstellung der Patella durch
Auftrainieren des VM zu korrigieren (Doucette & Goble, 1992; Hilyard, 1990). Die
Ergebnisse zeigen eine Aktivitätsabnahme des VM im Verhältnis zum VL mit
Patellartape. Das sollte beim Auftrainieren des VM beachtet werden, damit sich die
Effekte nicht gegenseitig aufheben.
An der Studie von Christou (2004) nahmen 30 Frauen (27,3 ± 1.53 Jahre) teil. Die
Hälfte davon mit der Diagnose PFSS. Abhängig waren die Variablen
Schmerzwahrnehmung, Kraft und die Muskelaktivität des VM und VL. Gemessen
wurde mit Patellartape (lateraler Zug oder medialer Zug) als Intervention ohne Tape
zur Kontrolle und mit einer Tapeapplikation ohne Zug um den Placeboeffekt zu
untersuchen (Abb. 8).
16
Abb. 8 : (A) Placebo (Tape ohne Zugrichtung; (B) (mediale Zug auf die Patella) ;
(C) (laterale Zug auf die Patella (Christou, 2004).
Unabhängige Variable war der Kniestatus der Probanden (symptomatisch,
asymptomatisch und gesund). Während die Probanden auf dem Rücken lagen,
hatten sie die Aufgabe mit einem Bein und ihrer maximalen Kraft eine Beinpresse
wegzustemmen. Begonnen hat die Bewegung mit 90° Fle xion im Knie- und
Hüftgelenk und geendet hat sie bei 0° im Kniegelenk . Damit die Geschwindigkeit der
Bewegung homogen bleibt, wurde sie von allen Probanden mit einer
Geschwindigkeit von 30°/s durchgeführt. Um die Mus kelaktivität zu messen, wurde
auch hier ein EMG verwendet. Die Kraft wurde mit einem isokinetischen
Dynamometer (KIN-COM 500H) ermittelt, welches an der Beinpresse angeschlossen
war. KIN-COM 500H ist ein reliables Messgerät um nicht nur bei der Knieextension
die isokinetische Kraft zu messen (Arnold & Perrin, 1993).
Das Schmerzempfinden wurde nach jeder Durchführung mit einem modifizierten
McGill analog Schmerzfragebogen ermittelt. Dieser Fragebogen wurde in der
Vergangenheit verwendet und hat sich als reliabel gezeigt (Flaherty, 1996;
Escalante, Lichtenstein, White, Rios & Hazuda, 1995).
Der Versuch wurde für jeden Probanden einmal durchgeführt und die Bewegung vor
der eigentlichen Messung eingeübt.
Im Gegensatz zu den Ergebnissen von Ng & Cheng (2002) konnte Christou (2004)
Ergebnisse finden, die für eine Zunahme der VM und eine Abnahme der VL
Muskelaktivität sprechen. Dies trifft jedoch nur für Probanden mit PFSS zu. Bei den
gesunden Probanden war es genau umgekehrt.
Bei den Probanden mit PFSS kam es bei allen Tape-Verfahren zu einer signifikanten
Schmerzabnahme. Bei den Tapes mit dem lateralen und medialen Zug wurde der
Schmerz jedoch am meisten reduziert, im Vergleich zu dem Versuch ohne Tape (P <
0.01).
17
Bei dem Tape mit dem Zug nach medial wurde das niedrigste Schmerzlevel
angezeigt. Der Fakt, dass das Schmerzlevel zwischen dem Tape mit medialem Zug
und ohne Zug keinen signifikanten Unterschied hatte, spricht für einen Placeboeffekt.
Ein Kritikpunkt ist jedoch, dass die Ergebnisse sich nur auf weibliche Personen
beziehen.
Die Ergebnisse der nächsten Studie (Evidence Level 2b) zeigen, dass die
Behandlungen mit elastischen Tapes bei akuten funktionellen Beschwerden eine
wesentlich schnellere Wirkung zeigen, als die üblichen physiotherapeutischen und
schulmedizinischen Therapieformen.
Evermann, Arzt für Naturheilverfahren, untersuchte, 2008, in dieser randomisierten
und kontrollierten Studie die Wirksamkeit von elastischem Tape im Vergleich zu der
herkömmlichen schulmedizinischen und physikalischen Therapie bei Patienten mit
der Diagnose Lumbalgie, Halswirbelsäulen (HWS) Syndrom, Pes-anserinus-
Syndrom und Tibialis-anterior-Syndrom. In der Tapegruppe waren 35 (Durchschnitts-
alter = 23 Jahre) und in der Kontrollgruppe 30 (Durchschnittsalter = 25 Jahre)
Probanden. Ob die Probanden in der Kontroll- oder Tapegruppe sind, wurde zufällig
und unabhängig vom Patientenwunsch entschieden. Das Tape wurde bei der
Interventionsgruppe mit Vordehnung und parallel zum Faserverlauf der betroffenen
Muskulatur aufgeklebt. Als Tapeform wurde je nach Applikationsgebiet die I, Y oder
Sternform verwendet. Alle Versuchspersonen aus der Tapegruppe bekamen
während der ganzen Studie keinerlei Schmerzmittel. Zusätzlich sollten sie sich
weiterhin wie üblich belasten. Die Kontrollgruppe bekam Schmerzmittel,
physikalische (Wärme/Kälte) und physiotherapeutische Maßnahmen. Im Gegenteil
zu der Tapegruppe sollte die Kontrollgruppe sich schonen. Mechanische
Gelenkblockaden und chronische Beschwerden waren die wichtigsten
Ausschlusskriterien. Abhängige Variablen waren zum einen, der Muskeltonus
(getestet durch Palpation) und zum anderen das subjektive Schmerzempfinden
(getestet durch persönliche oder telefonische Befragung). Beide Variablen wurden
durch Assistenzpersonal und nicht durch den eigentlichen Behandler sofort, nach 24,
48 und 72 Stunden (Std.) sowie nach 7 und 14 Tagen nach der Tape-Applikation
ausgewertet.
18
Die Resultate zeigen eine deutlich schnellere Beschwerdefreiheit (operationalisiert
als die Verneinung von Beschwerden) der Tapegruppe im Vergleich zur
Kontrollgruppe. Probanden mit HWS-Syndrom waren nach 1,44 (Kontrollgruppe:
11,2 Tage) bei Pes-anserinus-Syndrom nach 1,67 (Kontrollgruppe: 10,5 Tage),
Lumbalgie nach 2,3 Tagen (Kontrollgruppe: 9,6 Tage) und bei Tibialis-anterior-
Syndrom nach 3 Tagen (Kontrollgruppe: 8,73 Tage) beschwerdefrei.
Im Vergleich zu den vorher beschriebenen Studien spricht die relativ große
Probanden Anzahl in der Studie von Evermann (2008) für ihre Aussagekraft.
Dadurch, dass hier ausschließlich schwarzes Tape verwendet wurde und Schwarz
im Gegensatz zu Rot (wärmend) und Blau (kühlend) als neutral gilt, hat man einem
Placeboeffekt bezüglich der Farben entgegengewirkt.
Leider ist das subjektive Schmerzempfinden relativ. Wenn ein Mensch leichten
Schmerz empfindet, kann ein anderer dieses Gefühl auch als beschwerdefrei
bezeichnen. Anstatt der mündlichen Befragung wäre eine reliablere Messmethode
wie z.B. der McGill analog Schmerzfragebogen, wie bei der Studie von Christou
(2004) verwendet wurde, angemessener. Es ist auch fraglich, ob ein anderer
Untersucher den Muskeltonus beim Palpieren anders bewertet hätte. Halseth,
MacChesney, DeBeliso, Vaughn & Lien (2004) fand in seiner Studie keine
signifikanten Ergebnisse bezüglich der Propriozeption und Beeinflussung der
Muskulatur durch Kinesio-Tape bei gesunden Probanden. Die Studie von Evermann
(2008) zeigt eine deutliche Abnahme der Beschwerden (im Durchschnitt nach 48
Std.). Daraus wird deutlich, dass die Ergebnisse aus Studien mit gesunden Patienten
nicht immer auf Kranke übertragen werden können.
Ob Kinesio-Tape zu einer funktionellen Verbesserung und zu einer Reduzierung von
Schmerzen führt, wurde 2009 von González Enciso an Patienten mit unspezifischen
Schmerzen im unteren Rücken untersucht. Es handelt sich hier um eine
randomisierte und kontrollierte Studie mit dem Evidence Level 2b. An der Studie
nahmen 14 Patienten teil, die unter chronischen (länger als 4 Wochen)
unspezifischen unteren Rückenschmerzen leiden. Eine mögliche Ursache für diese
Art von Rückenschmerzen können Arthrose, Degeneration von Bandscheiben,
Wirbelgelenkverletzungen und Verletzungen der Muskeln oder Bänder an der
Wirbelsäule sein (Europäische Kommission 2005). Zu den Ausschlußkriterien
19
gehörten akute Entzündungen an der Wirbelsäule, Bandscheibenvorfälle,
Wirbelkanalstenosen, Osteoporose und schwere Krankheiten, wie HIV oder Krebs.
Die Patienten waren zwischen 20 und 50 Jahre alt. Nach einem zufälligen
Auswahlverfahren waren acht Patienten in der Gruppe, die Kinesio-Tape als
Intervention erhielten und sechs in der Gruppe die Trainingsübungen als Intervention
bekommen haben. Vor und nach den Interventionen wurden die Probanden durch
drei Messmethoden bewertet.
Dazu gehörte die Quebec Back Pain Disability Scale (QB), der Roland Disability
Fragebogen (RD) und der Oswestry Low Back Pain Disability Fragebogen (OL). Der
OL ist ein valider und weitverbreiteter Fragebogen wenn es um Schmerzen im
unteren Rücken geht (Ostelo, de Vet, Knol & van den Brandt, 2004). Um den
funktionellen Status zu bewerten, ist die QB ein valides und häufig verwendetes
Mittel (Calmels, Béthoux, Condemine & Fayolle-Minon, 2005). Zu dem RD wurden
keine relevanten Informationen gefunden. Das Ergebnis der Studie ist nicht sehr
aussagekräftig, da von den 14 Probanden nur acht (vier in jeder Gruppe) vollständig
an der Studie teilgenommen haben. Einige Probanden sind nicht zu den
Interventionen und andere nicht zu der Nachmessung erschienen. Alle Resultate
basieren nur auf diesen acht Patienten. Die Vermutung, dass Kinesio-Tape zu einer
funktionellen Verbesserung und zu einer Linderung der Schmerzen führt, wurde
durch dieses Experiment nicht bestätigt. Im Gegenteil zu der Hypothese kam es bei
der Gruppe mit den Trainingsübungen zu einer Verbesserung auch, wenn diese nicht
signifikant war.
Bei der folgenden Studie wird, wie bei der von Ng & Cheng (2002) untersucht,
welche Effekte das Kinesio-Tape auf die Muskelaktivität und die Schmerzwahr-
nehmung bei Patienten mit PFSS hat. Anders als bei den Untersuchungen von Ng &
Cheng (2002) untersuchten Chen, Hong, Lin & Chen (2008) das Verhalten der
abhängigen Variablen beim Treppensteigen und nicht während einer Kniebeuge. Da
diese Studie ein Evidence Level von 3b hat und somit nach den Medicine Levels of
Evidence (2001) die geringste Aussagekraft hat, wurde sie hier als letzte aufgeführt.
Es nahmen 25 Frauen an der Studie teil. Fünfzehn Probanden mit der Diagnose
PFSS und zehn Patientinnen ohne Kniepathologie machten die Kontrollgruppe aus.
Alle Probanden wurden von einem erfahrenen Physiotherapeuten untersucht. Die
Ein- und Ausschlusskriterien basierten auf denen vorheriger Studien. Ähnlich wie bei
20
der Studie von Christou (2004) wurden drei verschiedene Konditionen untersucht. Mit
Kinesio-Tape, placebo Tape und ohne Tape. Das Kinesio-Tape und das placebo
Tape wurden beide nach den Kinesio taping manual (Kase et al.,1996) angelegt.
Einmal um den Muskulus Vastus Medialis Oblicus (VMO) nach oben zu ziehen und
den VL nach unten zu ziehen. Die Trappe bestand aus vier 25 cm hohen Stufen, die
mitten auf einen geraden Weg gestellt wurden. Als Proband hatte man die Aufgabe,
fünfmal hintereinander die Treppe auf und ab zu steigen. Mit einem EMG wurde bei
allen Probanden die Ausgangskraft gemessen und anschließend wurde das
Verhältnis zwischen der Muskelaktivität vom VMO und VL für alle Konditionen beim
Treppenauf- und absteigen bestimmt. Die Ergebnisse zeigten in der PFSS Gruppe
einen signifikanten Unterschied zwischen Kinesio-Tape und placebo Tape beim
Heruntergehen der Treppe (P < 0.05). Beim Treppensteigen gab es weder in der
Kontrollgruppe noch in der PFSS Gruppe signifikante Unterschiede. Signifikant war
auch die Aktivitätszunahme des VMO mit Kinesio-Tape im Vergleich zu ohne Tape.
Zwischen dem Kinesio-Tape und dem placebo Tape gab es, bezüglich der VMO
Aktivitätsgeschwindigkeit, keine signifikanten Ergebnisse.
In der Zusammenfassung am Ende der Studie wird gesagt, dass Kinesio-Tape
Schmerzen reduzieren kann und das Verhältnis der Aktivität zwischen VMO und VL
bezüglich der Patellastabilität positiv beeinflusst. Leider wurde bei den Ergebnissen
nichts von der schmerzlindernden Wirkung erwähnt. Genau wie Christou (2004)
konnte auch in dieser Studie ein signifikanter Effekt des Kinesio bezüglich der VMO-
Aktivität aufgezeigt werden. Der VMO dient als Stabilisator für die Patella und sorgt
für die richtige Stellung zwischen der Trochlea und dem patellofemoralen Gelenk.
Cowan, Bennell & Hodges (2000) und Gilleard, McConnell & Parsons (1998) haben
auch gezeigt, dass Tapes und Bandagen Schmerzen reduzieren und die VMO-
Aktivität steigern können. Crossley, Bennell, Green & McConnell begründen 2001 die
schmerzlindernde Wirkung von Tapes damit, dass sie die Weiterleitung von
Schmerzinformationen zum Rückenmark durch Stimulierung der Rezeptoren in der
Haut blocken.
2.1.3 Fazit
Wenn man die Studie von Thelen et al. (2008) und Hsu et al. (2009) kritisch
betrachtet, muss man sich fragen, ob die Ergebnisse, die für Baseballspieler und
College Studenten gelten, auf die allgemeine Population übertragen werden können.
21
Denn die Schulter eines Baseballspielers ist sicherlich anderen und evtl. höheren
Belastungen ausgesetzt als z.B. die Schulter eines Bankangestellten. Des Weiteren
ist es wichtig den Placeboeffekt genauer zu untersuchen. Hsu et al. (2009) und
Christou (2004) lösten das Problem, indem sie eine wirkungslose Tapeapplikation
verwendeten um den Placeboeffekt zu berücksichtigen.
Christou (2004) fand heraus, dass bei dem Zug des Tapes nach medial, das
niedrigste Schmerzlevel angezeigt wurde. Doch, dass das Schmerzlevel zwischen
dem Tape mit medialen Zug und ohne Zug keinen signifikanten Unterschied hatte,
spricht für einen Placeboeffekt. In zukünftigen Studien sollte noch mehr Wert darauf
gelegt werden den Placeboeffekt klar zu bestimmen, denn nur so kann die alleinige
Wirkung des Kinesio-Tapes besser herausgefiltert werden. Bis auf die Studien von
Ng & Cheng (2002), González Enciso (2009) und Chen et al. (2008) konnten die
anderen Studien signifikante Ergebnisse zur Schmerzlinderung liefern. Interessant
sind auch die gegensätzlichen Ergebnisse von Chen et al. (2008) und Christou
(2004) gegenüber den von Ng & Cheng (2002). Während die ersten beiden eine
signifikante Zunahme der VMO-Aktivität durch das elastische Tape fanden, stieß Ng
& Cheng (2002) darauf, dass elastische Tapes die VMO-Aktivität senken. Die
Ergebnisse bezüglich der Beeinflussung von Muskelaktivität, sollen in dem Kapitel
elastische Tapes zur Unterstützung der Muskulatur berücksichtigt werden.
2.2 Anwendung von elastischen Tapes zur Unterst ützung der Muskulatur
Elastische Tapes werden oft angewendet um den Tonus eines Muskels zu
beeinflussen. Es wird davon ausgegangen, dass die Tapes eine Normalisierung des
Ruhetonus herbeiführen und dadurch die Belastbarkeit steigern und bei
Muskelverletzungen eine schnellere Heilung bewirken können. Der Ruhetonus eines
Muskels ist die normale Spannung, die ein Muskel hat wenn er nicht bewusst
angespannt wird. Es gibt zwei verschiedene Methoden den Tonus eines Muskels mit
elastischen Tapes zu beeinflussen. Um den Tonus bei einem hypotonen Muskel zu
erhöhen wird das Tape vom Ursprung zum Ansatz des Muskels geklebt. Die Theorie,
die dahinter steckt sagt, dass wenn man ein Tape vom Ursprung zum Ansatz eines
Muskels klebt, wird der Muskel in seiner Funktion (anspannen) unterstützt und
bekommt so einen höheren Tonus. Bei einem hypertonen Muskel ist die Theorie
genau umgekehrt anwendbar. Im folgenden Abschnitt werden einige Studien
22
aufgeführt, welche den Effekt von elastischen Tapes zur Muskelunterstützung
untersucht haben.
2.2.1 Studien eingeteilt nach dem Evidence Level
Athleten verwenden elastische Tapes häufig mit dem Ziel, die Leistung der unteren
Extremität zu steigern. Die Athleten berichten davon, dass eine Applikation mit
elastischem Tape auf dem Muskulus Triceps Surea (MTS) ihnen das Gefühl gibt
mehr Kraft beim Springen zu haben. Da es dies bezüglich noch keine
wissenschaftlichen Untersuchungen gab, war das Ziel von Hsieh, Wu, Liao, Kuo, Wu,
Huang, Chang, Chai & Su (2007) den Effekt, den ein elastisches Tape auf den MTS
während eines maximalen vertikalen Sprungs hat, zu untersuchen. Ein maximaler
vertikaler Sprung ist ein Indikator für die Leistung der unteren Extremität bei Athleten
(Vanezis & Lees, 2005).
An der Studie von Hsieh et al. (2005), (Evidence Level 4), nahmen 31 gesunde
Erwachsene (19 Männer und 12 Frauen), im Alter zwischen 20 und 31 Jahren, teil.
Für die Tapeapplikation wurden entweder Tape A oder Tape B (Probandengruppe A
oder B) verwendet. Tape A und B sind beides elastische Tapes von zwei
verschiedenen Herstellern. Die beiden unterschiedlichen Tapes wurden jedoch in der
gleichen Art und Weise bilateral oberhalb des MTS von einem Physiotherapeuten
aufgeklebt. Ein maximaler vertikaler Sprung war die eigentliche Aufgabe der
Probanden. Dieser Sprung sollte den Untersuchern Information zur Sprungkraft,
Muskelaktivität und Sprunghöhe der Probanden liefern. Die Sprungkraft wurde mit
dem Kistler force plates mit einer sampling Rate von 1000 Hz gemessen. Um die
Muskelaktivität des Muskulus Gastrocnemius, Soleus und Tibialis anterior zu messen
hat man ein EMG (MA-300 EMG System) verwendet. Ein dreidimensionales
Videosystem (video-based motion analysis system) hat die maximale Sprunghöhe
aufgezeichnet. Bevor gemessen wurde, mussten sich alle Probanden aufwärmen
indem sie den maximalen vertikalen Sprung üben. Bei den Messungen hatte jeder
Proband fünf Versuche, von denen nur die besten drei zur Analyse genutzt worden
sind. Gemessen wurde ohne Tape kurz nach Aufkleben des Tapes und 30 min
danach.
23
In der ersten Gruppe mit dem Tape A kam es zu einer signifikanten Zunahme der
Sprungkraft (P = 0.026) während die Sprunghöhe genauso wie ohne war. Gruppe B
zeigte sogar eine Abnahme der Sprunghöhe mit dem Tape B und keine signifikanten
Veränderung bezüglich der Sprungkraft. Die Muskelaktivität zeigte bei beiden
Gruppen keine signifikanten Ergebnisse. Lediglich die Muskelaktivität des Muskulus
Gastrocnemius zeigte mit dem Tape eine leichte Tendenz nach oben.
Die gesteigerte Sprungkraft mit dem Tape A ist laut der Untersucher ein Hinweis
dafür, dass das elastische Tape dazu in der Lage ist, die Muskelkontraktion des MTS
während eines maximalen vertikalen Sprunges zu fascilitieren. In zukünftigen
Studien sollte dies noch einmal genauer untersucht werden. Wie in vielen anderen
Untersuchungen wäre eine Kontrollgruppe geeignet gewesen um die Aussagekraft
der Studie zu erhöhen. Da nur eins von beiden Tapes einen signifikanten Effekt
hatte, wäre es auch sehr interessant zu wissen, vom welchen Hersteller das Tape A
und B war. In dieser Studie fehlen eine Menge Information bezüglich der genauen
Vorgehensweise der Untersucher wie z.B. die Ein- und Ausschlusskriterien und die
Einteilung der Probanden in Gruppe A und B. Dadurch entstehen Fragen, die leider
ohne Antwort bleiben.
Slupik, Dwornik, Bialoszewski & Zych (2007) untersuchten in einem vorläufigen
Report (Evidence Level 4), ob Kinesio-Tape die bioelektrische Aktivität des VM
während einer isometrischen Kontraktion so beeinflussen kann, dass sich der
Muskeltonus verändert. An diesem Experiment nahmen 12 Frauen und 15 Männer
(Durchschnittsalter 23 Jahren) teil. Voraussetzung für die Teilnahme waren, keine
akuten oder frühere Verletzungen und Operationen am Kniegelenk und den
umgebenden Strukturen. Das Kinesio-Tape wurde vom Ursprung zum Ansatz auf
den medialen Teil des Quadriceps (VM) geklebt. Durch diese Zugrichtung wird der
Muskel in seiner Funktion unterstützt und der Muskeltonus wird erhöht. Für die
Messung der bioelektrischen Aktivität wurde ein EMG mit zwei Elektroden verwendet
(Abb. 9).
24
Abb. 9: Kinesio-Tape Applikation und Lokalisation der EMG-E lektroden
(Slupik et al., 2007)
Um den Muskeltonus zu messen, zeichnete das EMG den maximalen Drehmoment
(MD) des Muskels auf. Die Messungen fanden vor der Tapeapplikation, zehn min
danach, einen Tag, drei und vier Tage später statt. Beim Messen nahmen die
Probanden eine sitzende Position ein, bei der die Knie 15° gebeugt waren und vor
beiden Sprunggelenken ein Widerstand war. Außerdem sollten die Fäuste geballt
und die Arme in 90° Flexion gehalten werden (Abb. 9 ). Diese Position wurde gewählt,
weil sie die höchste Rekrutierung von motorischen Einheiten des VM gewährleistet.
Der Test selber bestand daraus, dass die Probanden fünfmal hintereinander den VM
für drei sec anspannen und anschließend wieder entspannen. Das Kommando um
anzuspannen und zu entspannen bekamen die Probanden durch einen Computer.
Bei der Messung zehn min nach der Tapeapplikation gab es keine signifikanten
Veränderungen im MD des VM (P = 0.55); 24 Std. später zeigte das EMG eine
signifikante Zunahme des MD (P = 0.0005). Die durchschnittliche Zunahme betrug
24 Std. nach der Tapeapplikation, 54% mehr als das Ausgangsniveau. Nach drei
Tagen gab es im Vergleich zum Ausgangsniveau immer noch eine signifikante
Zunahme des MD (P = 0.0015). Als am vierten Tag gemessen wurde, zeigte sich
keine signifikante Erhöhung des MD mehr (P = 0.93).
25
Es ist eine sehr interessante Frage, warum es in den ersten zehn min mit dem Tape
zu keiner signifikanten Zunahme des MD kam, sondern erst nach einem Tag. Die
Abwesenheit eines signifikanten Unterschiedes in der Muskelkraft bei den
Untersuchungen von Slupik et al. (2007), konnte in einer anderen Studie, bei einer
isokinetischen Untersuchung, bestätigt werden (Fu, Wong, Pei, Wu, Chou & Lin,
2008).
Was auch immer der Grund für das Ausbleiben der Erhöhung des MD in den ersten
zehn min war, lässt die starke Zunahme des MD nach 24 Std. darauf schließen, dass
eine Zunahme des Muskeltonus (Drehmoment) erst einige Std. nach der Tape-
applikation eintritt. Diese Erkenntnis sollte beachtet werden, wenn Kinesio-Tape kurz
vor einer motorischen Aktivität aufgeklebt wird. Die Abnahme des Muskeltonus nach
vier Tagen bis auf das Ausgangsniveau könnte mit der effektiven Nutzung des
Kinesio-Tapes zu tun haben. In der Zukunft wären deshalb Studien wichtig, die den
Abnutzungsprozess von elastischen Tapes untersuchen.
Bei der nächsten Studie, handelt es sich um eine Pilotstudie mit dem Evidece Level
4. Yasukawa, Patel & Sisung (2006) wollten herausfinden, ob Kinesio-Tape die
funktionellen und motorischen Fähigkeiten der oberen Extremität bei Kindern aus
einem akuten neurologischen Rehabilitationsprogramm verbessern kann. Insgesamt
nahmen 15 Kinder (10 Mädchen / 5 Jungen; 4-16 Jahren alt) an der Untersuchung
teil. Bei den Kindern handelte es sich um Patienten des Rehabilitationsinstitutes in
Chicago. Die Kinder waren dort wegen Schlaganfällen, Enzephalitis, Gehirntumor,
Schädelhirntrauma und Rückenmarksverletzungen in Behandlung. Einschluss-
kriterien waren eine Abnahme der Muskelkraft und/oder eine abnormale
Veränderung des Muskeltonus der oberen Extremität. Darüber hinaus sollten die
Kinder motiviert und in der Lage sein den Anweisungen der Untersucher kognitiv zu
folgen. Kinder mit starken sensiblen und motorischen Ausfällen in dem Bereich, der
beklebt werden sollte, sowie Kinder mit einer starken Spastizität mit Kontrakturen
wurden aus der Studie ausgeschlossen. Das Kinesio-Tape wurde den Probanden
individuell so aufgeklebt, dass es die entsprechende schwache Muskulatur
unterstützt und die Gelenke stabilisiert, damit der Arm in seiner Funktion unterstützt
wird (Kase et al., 2003; Kase, 2000). Um eine Veränderung durch das Kinesio-Tape
zu messen, wurde vor der Tapeapplikation unmittelbar danach und drei Tage später
das Melbourne Assessment durchgeführt. Das Melbourne Assessment ist eine
26
objektive und standardisierte Messmethode, welche die Qualität der Funktionen wie
z.B. Greifen, Loslassen und Reichweite von der oberen Extremität beurteilt (Tab. 2).
Tabelle 2 : Melbourne Assessment Test Items (Randall et al., 1999)
Items Task Items Task
1 Reach forward 9 Manipulation
2 Reach forward to an elevated position
10 Pointing
3 Reach sideways to an elevated position
11 Reach to brush from forehead to back of neck
4 Grasp of crayon 12 Palm to bottom
5 Drawing grasp 13 Pronation/supination
6 Release of crayon 14 Hand to hand transfer
7 Grasp of pellet 15 Reach to opposite shoulder
8 Release of pellet 16 Hand to mouth and down
Diese Messmethode wurde speziell entwickelt um die funktionellen Fähigkeiten von
Kindern mit zerebralen Schäden zu beurteilen.
Insgesamt zeigen die Ergebnisse der Studie über die gesamte Zeit der
Untersuchungen eine signifikante Verbesserung der Melbourne Assessment Kriterien
(P <0.001). Darüber hinaus war die Verbesserung vor und nach dem Kinesio-Tape
signifikant unterschiedlich. Die folgenden Abbildungen (Abb. 10A-B) dienen als ein
Beispiel um die Verbesserung bildlich darzustellen.
27
(A) (B)
Abb. 10 : Ohne Tape-Greifen (A) und mit Tape-Greifen (B) ein es Gegenstandes
(Punkt 7 des Melbourne Assesment )
Trotz der offensichtlichen Verbesserung mit dem Tape, kann man wegen des
Fehlens der Kontrollgruppe aus ethischen Gründen keine endgültigen Schluss-
folgerungen aus den Ergebnissen ziehen. Es steht fest, dass die Probanden
während ihres Krankenhausaufenthaltes neben Medikamenten auch andere
Therapieformen erhielten. Als kritischer Betrachter muss man sich fragen, in wie weit
diese zusätzlichen Interventionen die Ergebnisse beeinflussen.
Murray verglich 2000 in einer Evidence Level 5 Studie die unterschiedliche Wirkung
zwischen den elastischen Kinesio-Tape und dem festen Athletic-Tape auf die
Muskelkraft der Hamstrings und des Quatriceps femoris bei Patienten, die vor
kurzem eine vordere Kreuzbandplastik bekamen. An dieser kleinen Studie nahmen
lediglich zwei gesunde Erwachsene mit einer vorderen Kreuzbandplastik teil. Die
Aufgabe der Probanden bestand darin, im Sitz mit ihrem betroffenen Bein eine
vollständige Extension im Knie durchzuführen. Um die Gradzahl des Bewegungs-
ausmaßes zu messen wurde ein Goniometer verwendet und ein EMG hat während
der Extension die Muskelkraft des jeweiligen Muskels gemessen. Gemessen wurden
beide abhängigen Variablen für die Konditionen: mit Kinesio-Tape, mit Athletic-Tape
und ohne Tape. Da es in dieser Übersichtsarbeit um elastische Tapes geht ist der
Unterschied zwischen den Messergebnissen mit elastischem Tape und ohne Tape
am wichtigsten. Bei dem Versuch mit dem Kinesio-Tape war das Bewegungsausmaß
und die Muskelkraft im Vergleich ohne Tape signifikant verbessert. Auch die beiden
28
Probanden berichteten beim Tragen des Kinesio-Tapes von einem Gefühl mehr Kraft
in dem betroffenen Bein zu haben. Vollständigkeitshalber sollte bemerkt werden,
dass das Kinesio-Tape auch signifikant besser abgeschnitten hat als das Athletic-
Tape.
2.2.2 Fazit
Leider enthält die Studie von Murray (2000) keine detaillierten Angaben zu den
Probanden, wie Krankheitsgeschichte oder ihr Alter. Es wurde auch nicht erwähnt,
ob es sich um Männer oder Frauen handelt. Die Informationen in dieser Studie sind
ähnlich wie in der von Hsieh et al. (2007), insgesamt sehr allgemein gehalten
worden. Wenn sich jemand dazu entschließt in der Zukunft diese Untersuchung zu
wiederholen, sollte er eine randomisierte kontrollierte Studie mit mehr Informationen
daraus machen um aussagekräftigere Ergebnisse zu erzielen.
Dieses Kapitel ist das Einzige von fünf, welches ausschließlich Studien vom
Evidence Level 4 und 5 enthält. In Zukunft müssen weitere Untersuchungen gemacht
werden um die Wirkung von elastischen Tapes zur Muskelunterstützung zu
erforschen. Sicherlich gibt es Leser, die einige Studien, wie die von Hsu et al. (2009)
oder von Ng & Cheng (2002) aus dem Kapitel Schmerzen (2.1.2), lieber in diesem
Kapitel gesehen hätten. Trotz der signifikanten Beeinflussung der Muskelaktivität
(gemessen mit EMG) durch das elastische Tape in diesen beiden Studien gehören
sie nicht in dieses Kapitel der Muskelunterstützung, weil sie zusätzlich den Effekt von
elastischen Tapes auf Schmerzen untersuchten.
2.3 Elastische Tapes zur Steigerung des Bewegung sausmaßes
Das Bewegungsausmaß ist die durchschnittliche Beweglichkeit der Gelenke eines
ausgewachsenen Menschen. Die ermittelten Werte dienen in verschiedenen
medizinischen und paramedizinischen Bereichen wie z.B. der Physiotherapie zur
Befunderhebung und Bewertung eines Gelenks. Zum Messen des Bewegungs-
ausmaßes gibt es verschiedene Geräte. Hier sollen jedoch nur zwei Wichtige
erwähnt werden. Als erstes die Neutral-Null-Methode, die für alle menschlichen
Gelenke anwendbar ist. Um die Ergebnisse bei der Neutral-0-Methode so
aussagekräftig wie möglich zu halten wird immer im Seitenvergleich gemessen. Das
29
Bewegungsausmaß wird vom Physiotherapeuten mit einem medizinischen
Winkelmesser gemessen. Die gefundenen Ergebnisse werden dann nach der
Neutral-0-Methode aufgeschrieben (http://de.wikipedia.org/wiki/Bewegungsausmaß).
Das Cervical Measurement System ist eine weitere Methode, das Bewegungs-
ausmaß speziell für die HWS mit Hilfe von eingebauten Wasserwaagen zu ermitteln.
Für die Schulter z.B. sehen die Bewegungsausmaße nach der Neutral-0-Methode
wie folgt aus.
Normwerte für die aktiven Bewegungsausmaße (Neutral-0-Methode) der Schulter:
• Adduktion / Abduktion: 20-40° - 0 -180°
• Anteversion / Retroversion : 150-170° - 0 - 40°
• Horizontalextension / -flexion: 135° - 0 - 40-50°
• Innen- / Außenrotation in Adduktion: 95° - 0 - 40-6 0°
• Innen- / Außenrotation in 90°- Abduktion 70° - 0 - 70°
2.3.1 Studien eingeteilt nach dem Evidence Level
González-Iglesias, Fernández-de-Las-Penas, Cleland, Huijbregts & Del Resario
Gutiérrez-Vega untersuchten 2009 in einer randomisierten und kontrollierten Studie
(Evidence Level 1b) den Kurzzeiteffekt von Kinesio-Tape bezüglich Schmerzen und
Bewegungsausmaß der HWS bei Probanden mit einem akuten Schleudertrauma.
Laut der Quebec Task Force ist ein Schleudertrauma ein Beschleunigungs- und
Verzögerungsmechanismus bei dem es zu einer Kraftübertragung auf die HWS
kommt. Meistens entsteht ein Schleudertrauma durch Autounfälle, wie Auffahrunfälle
oder Seitenkollisionen. Wassersprünge kopfüber und andere Missgeschicke sind
seltener für ein Schleudertrauma verantwortlich. An dieser Studie nahmen 41
Probanden, darunter 21 Frauen teil. Alle Probanden, die die Quebec Task Force
Kriterien (Nackenschmerzen/Muskuloskelettale Zeichen/Bewegungseinschränkung)
für Schleudertrauma erfüllten, durften an der Studie teilnehmen. Ab 72 Std. vor der
Untersuchung durften die Probanden keinerlei Schmerzmittel zu sich nehmen. Jeder
Proband wurde zu seiner Krankengeschichte befragt und erhielt anschließend eine
standardmäßige Untersuchung eines erfahrenen Physiotherapeuten. Zusätzlich
füllten die Probanden den Neck Disability Index Fragebogen (NDI) aus um zu
30
messen wie die Probanden selbst ihre Behinderung wahrnehmen. Der NDI enthält 10
Fragen zu verschiedenen Themenbereichen, wie persönliche Pflege, Heben,
Arbeiten, Lesen, Fahren, Schlafen, Konzentration und Kopfschmerzen. Zu jeder
Frage gibt es 6 Antwortmöglichkeiten von 0 bis 5. Null steht für keine Behinderung
und fünf für sehr starke Behinderung. Je mehr Punkte am Ende des Fragebogens
vorhanden sind, desto stärker ist die Behinderung (Vernon & Mior, 1991). Außerdem
musste jeder Proband sein Schmerzlevel auf einer Skala von 1-10 angeben. Dann
wurde das Bewegungsausmaß für alle Richtungen der HWS bei jedem Patienten
ermittelt. Nachdem die Probanden die ersten Messungen hinter sich hatten, wurden
sie nach dem Zufallsprinzip in zwei Gruppen eingeteilt. Es gab einmal die
Versuchsgruppe (n = 21), die eine echte Kinesio-Tape Applikation (mit Zug) für die
HWS bekam und die Kontrollgruppe (n = 20), die nur eine Placeboapplikation (ohne
Zug) bekam. Die abhängigen Variablen, wie Schmerz und Bewegungsausmaß der
HWS, wurden kurz vor und kurz nach der Tapeapplikation gemessen sowie in einem
follow up 24 Std. später. Der Prüfer, der die Messungen durchgeführt hatte, wusste
genauso wenig wie die Probanden selbst, zu welcher der beiden Gruppe der
Einzelne gehörte.
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass sich das Schmerzlevel bei der Versuchs-
gruppe im Vergleich zu der Kontrollgruppe unmittelbar nach der Tapeapplikation und
24 Std. danach signifikant reduziert hat. Viel bedeutender für dieses Kapitel, das sich
mit dem Bewegungsausmaß beschäftigt, ist der Fakt, dass sich das Bewegungs-
ausmaß der HWS mit der echten Kinesio-Tapeapplikation in alle Bewegungs-
richtungen signifikant gegenüber der Kontrollgruppe verbessert hat. Für alle
Bewegungsrichtungen war P < 0.001.
Beim Lesen dieser Studie sieht man, dass die Untersucher sehr strukturiert und
ordentlich vorgegangen sind. Alle Variablen wurden genau definiert und in der
Diskussion am Ende sind, wie es sich für einen guten randomize control trial (RCT)
gehört, auch die Begrenzungen der Studie erwähnt worden. Drei dieser
Begrenzungen sollen hier erwähnt werden. Ein Problem ist, dass alle Probanden aus
einem Krankenhaus kommen und deshalb nicht die reale Population von Patienten
mit Schleudertrauma widerspiegeln. Die Probandenzahl von 41 ist auch relativ klein
und deshalb auch nicht unbedingt für die Bevölkerung repräsentativ. Trotz der
interessanten Ergebnisse wäre es auch interessant zu wissen in wie weit sich die
Ergebnisse über einen längeren Zeitraum ändern würden.
31
In der nächsten Studie wird untersucht, welchen Effekt Kinesio-Tape auf das
Bewegungsausmaß des unteren Rückens hat (Yoshida & Kahanov, 2007). An dieser
Studie (Evidence Level 2b) nahmen 15 gesunde Männer und 15 gesunde Frauen teil,
die alle Mitte 20 waren. Probanden mit einer Verletzung oder Schmerzen im unteren
Rücken in einem Zeitraum von weniger als sechs Monaten vor den Messungen,
durften nicht teilnehmen.
Yoshida & Kahanov (2007) untersuchte den Effekt vom Kinesio-Tape am unteren
Rücken für die Bewegungen Flexion, Extension und Lateralflexion. Das
Bewegungsausmaß wurde vor und nach der Applikation des Kinesio-Tapes mit
einem Maßband gemessen. Das Messen mit dem Maßband gilt als zuverlässig wenn
das Messen wiederholt erfolgt. Ausgangsstellung für das Messen war immer der
Stand. Bei der Rumpfflexion und bei der Lateralflexion diente der Abstand zwischen
der Fingerspitze des dritten Fingers und dem Boden als Maßstab. Für die Rumpf-
extension wurde der Abstand zwischen dem siebten Halswirbel und einer gedachten
Linie zwischen den hinteren Beckenpunktpaaren als Maßstab verwendet. Um die
gefundenen Ergebnisse zu bekräftigen wurden alle Messungen dreimal durchgeführt.
Das Kinesio-Tape wurde in einer Y-Form und in Vordehnung auf den unteren
Rückenbereich geklebt. Die Tape Basis begann auf Höhe des Os Sacrums und
verlief dann parallel auf beiden Seiten der Wirbelsäule bis zur unteren Brustwirbel-
säule (BWS).
In dieser Studie gab es zwar zwei Gruppen, jedoch keine echte Kontrollgruppe, weil
alle Probanden die Intervention erhielten. Die Studie verwendet ein Cross-over-
design. Kurz gesagt gab es zwei Gruppen, die zu unterschiedlichen Zeitpunkten die
gleiche Intervention erhielten und jeweils vor und nach der Intervention gemessen
wurden.
Die Messergebnisse zeigen, dass sich die Rumpfflexion mit Kinesio-Tape signifikant
verbessert (P <0.05). Durchschnittlich wurden mit dem Kinesio-Tape 17 cm mehr
erreicht. Für die Rumpfextension und Lateralflexion waren die Ergebnisse nicht
signifikant (P >0.05).
Eine möglicheTheorie, die eine verbesserte Rumpfflexion erklären könnte, ist die
Mehrdurchblutung, die in dem getapten Bereich entsteht. Dieser physiologische
Effekt könnte die Muskeln und die myofascialen Funktionen nach der
Tapeapplikation beeinflussen (Murray 2000; Oliveria 1999; Vorhies 1999; Wallis
1999; Ogura 1998; Kase & Hashimoto 1997).
32
Eine Einschränkung dieser Studie ist das verwendete Cross-over-design. Dadurch
gibt es keine echte Kontrolle zwischen den beiden Gruppen und ein möglicher
Placeboeffekt bleibt verschleiert. Bei ähnlichen Studien in der Zukunft sollte das
beachtet werden. Außerdem sollte neben dem Maßband noch eine weitere evtl.
genauere Messmethode verwendet werden um die Ergebnisse noch
aussagekräftiger zu machen. In zukünftigen Studien wäre es auch interessant
herauszufinden, in wie weit eine andere Form und Applikation des Kinesio-Tapes die
gefundenen Ergebnisse verändern würde.
Röhrs (2008) konnte mit seiner Studie (Evidence Level 5) ebenfalls eine Erweiterung
des Bewegungsausmaßes bei Probanden mit elastischen Tapes feststellen. An
dieser Studie nahmen insgesamt 49 Probanden (30 weiblich/19 männlich;
Durchschnittsalter 42 Jahre) teil. Bei der Anamnese berichteten alle Teilnehmer von
Beschwerden der HWS, Schulter-Nacken und/oder Kopfschmerzen. Der Grund für
die Studie war die These, dass schon eine detonisierende Basisanlage alleine zu
einer deutlichen Verbesserung der Rotationsfähigkeit der HWS führt. Die eigentliche
Tapeanlage für diese Studie bestand aus einer detonisierenden Y-Anlage bei der die
Basis auf das Segment C7 und TH1 geklebt wurde und die beiden Senkel des Tapes
parallel der HWS in Richtung Schädel verliefen. Ein zweiter Zügel verlief quer über
die Segmente C4/C6 und wurde mit der Fascientechnik aufgeklebt (Abb. 11).
Abb. 11: Kinesio-Tape Anlage HWS (Röhrs 2008)
33
Während das Tape aufgeklebt wurde, sollten die Probanden das Kinn auf die Brust
nehmen damit die HWS in maximaler Flexion ist. Bei dem Messgerät, welches die
Bewegungen der HWS messen soll, handelt es sich um das „Cervical Measurement
System - CMS“ der Firma Frei AG (Abb. 12).
Abb. 12 : Cervical Measurement System (CMS) (Röhrs 2008)
Dieses Gerät wird den Probanden wie ein Hut aufgesetzt und es ist in der Lage mit
Hilfe von kleinen Wasserwaagen alle Freiheitsgrade der HWS in Grad zu messen.
Extension-Flexion / Rotation links-rechts / Lateralflexion links-rechts waren die
Bewegungen, die vor und nach der Tapeanlage gemessen wurden.
Bei der zweiten Anamnese nach der Tapeanlage berichteten alle Patienten von einer
Schmerzabnahme und von einem Gefühl der gesteigerten Beweglichkeit. Durch das
CMS konnte das Gefühl der gesteigerten Beweglichkeit bestätigt werden. Bei der
Extension + Flexion betrug die Verbesserung durchschnittlich 8,06° (von 0° bis70°).
Bei 8 Probanden erfolgte eine Verschlechterung der Beweglichkeit von
durchschnittlich 9,25° (von -2° bis -18°). Bei der Rotation betrug die Verbesserung
durchschnittlich 8,68° (von 2° bis 44°). Bei 7 Prob anden erfolgte eine
Verschlechterung der Beweglichkeit von durchschnittlich 7,14° (von -2° bis -16°). Bei
der Lateralflexion betrug die Verbesserung durchschnittlich 11,36° (von 0° bis 34°).
Bei 4 Probanden erfolgte eine Verschlechterung der Beweglichkeit von
durchschnittlich 2,5° (von -2° bis -4°).
2.3.2 Fazit
Wenn man den Inhalt dieses Kapitel betrachtet, ist es schwer zu sagen, dass
elastische Tapes keine Wirkung haben. Ob Gonzalez-Iglesias et al. (2009), Yoshida
34
& Kahanov (2007) oder Röhrs (2008), alle konnte mit ihren Untersuchungen mehr
oder weniger zeigen, dass elastisches Tape einen positiven Einfluss auf das
Bewegungsausmaß der Wirbelsäule hat. Der Fakt, dass die Studien in diesem
Kapitel alle mindestens einen positiven Effekt aufzeigen, könnte einem kritischen
Leser ein Dorn im Auge sein und mit dem Zufall begründet werden. Wenn man
jedoch berücksichtigt, dass es sich hier jedoch nicht um Einzelfallberichte oder
ausschließlich Evidence Level 5 Studien handelt erscheinen die positiven Ergebnisse
in einem ganz anderen Licht. Denn 3 positive Ergebnisse von 3 Evidence Level 5
Studien sind nicht so wertvoll wie 3 positive Ergebnisse von einer 1B, 2B und einer
Level 5 Studie. In den beiden letzten Studien wurde ein möglicher Placeboeffekt
durch Fehlen der Kontrollgruppe außer Acht gelassen. Es wäre jedoch interessant,
ob die Ergebnisse unter Berücksichtigung des Placeboeffektes genauso gut
ausgefallen wären. Ein Kritikpunkt der alle drei Studien betrifft, ist, dass sie sich alle
nur auf das vergrößerte Bewegungsausmaß der Wirbelsäule beziehen. Ob sich die
Vergrößerung des Bewegungsausmaßes durch elastische Tapes auch auf andere
Gelenke des Menschen übertragen lässt, müsste in weiteren Studien untersucht
werden.
2.4 Elastisches Tape zur Verbesserung der Gelenksta bilität
Die Instabilität im Bezug auf den Bewegungsapparat bezeichnet die fehlende
Stabilität eines Gelenks. Gelenkstabilität wird durch die Muskulatur, Ligamente,
Knorpel und die Haut gewährleistet. In diesen Geweben befinden sich zusätzlich
Rezeptoren für die Tiefensensibilität (Propriozeption). Tiefensensibilität ist
verantwortlich für die richtige Gelenkstellung. Eine weitere wichtige Vorrichtung für
die Gelenkstabilität ist das Verhältnis zwischen den artikulierenden Flächen des
konvexen und des konkaven Gelenkpartners. Alle Bedingungen wie z.B.
Operationen, Verletzungen und Krankheiten, die zu einer Veränderung der eben
genannten Strukturen und Funktion führen, können die Ursache für die Instabilität
eines Gelenks sein. Gelenke, wie das Schultergelenk oder Kniegelenk, die eher
durch die Muskulatur stabilisiert werden, neigen eher zu Instabilität als Gelenke, wie
das Hüftgelenk, bei dem der konkave Gelenkpartner den konvexen zu einem relativ
großen Teil umgibt. Durch einige Studien wurde untersucht, ob elastische Tapes auf
die Tiefensensibilität oder die Gelenkstabilität Einfluss haben. In einer dieser
35
Untersuchungen wurde z.B. getestet, welchen Effekt Kinesio-Tape auf die
Tiefensensibilität der Fußknöchel bzw. auf das Sprunggelenk hat (Halseth et al.,
2004).
2.4.1 Studien eingeteilt nach dem Evidence Level
Bei der Studie von Halseth et al. (2004) handelt es sich um einer Studie mit dem
Evidence Level 2b. Dreißig gesunde Probanden (15 Frauen, 15 Männer) wurden
durch einen Fragebogen zu ihrer Krankheitsgeschichte befragt. Probanden mit
vorherigen ernsten Knöchelverletzungen oder Operationen am Sprunggelenk wurden
aus der Studie ausgeschlossen. Des Weiteren wurden die Probanden von einem
ausgebildeten Trainer orthopädisch auf jegliche Auffälligkeiten und Abnormalitäten
untersucht, welche die Ergebnisse der Studie beeinflussen könnten. Die eigentliche
Aufgabe der Probanden bestand darin, aktiv eine von zwei möglichen Ausgangs-
stellungen des Sprunggelenkes zu reproduzieren. Bei den zufällig zugeteilten
Ausgangsstellungen, handelt es sich zum einen um die Plantarflexion und zum
anderen um die Plantarflexion mit 20° Inversion. Zu m Zeitpunkt der Messung waren
die Augen der Probanden geschlossen und durch Kopfhörer konnten sie nichts
hören. Jeder Proband hatte die Endstellung des Sprunggelenks, die reproduziert
werden sollte, kurz vor der Messung für fünf sec gehalten, mit der Aufforderung sich
an diese Gelenkstellung zu erinnern. Gemessen wurde vor und nach der Tape
Applikation. Zur Messung wurde eine bewegliche Fußplatte verwendet, die imstande
war, die genaue Gelenkstellung zu messen. An dieser Fußplatte angeschlossen war
ein precisions Potentiometer (Spectrol, Type 157, Ontario, CA), mit dem die
Messdaten digitalisiert auf einem Bildschirm dargestellt werden konnten. Das
Kinesio-Tape wurde nach der Methode von Dr. Kenzo Kase’s KinesioTM taping
manual (Kase et al., 1996) für verstauchte Knöchel angelegt. In dieser Studie wurde
ein pretest-posttest Design verwendet; die unabhängige Variable war die Kinesio
Tape-Applikation und die abhängige Variable war die Fähigkeit der Probanden die
geforderte Gelenkstellung zu reproduzieren.
Durch die Ergebnisse der Studie wurde die Hypothese, dass Kinesio-Tape einen
Effekt auf die Tiefensensibilität im Sprunggelenk hat, widerlegt. Bei dem Vergleich
zwischen Probanden mit und ohne Kinesio-Tape wurden keine signifikanten
36
Ergebnisse für den Einfluss von Kinesio-Tape auf Tiefensensibilität des Sprung-
gelenkes gefunden. Diese Ergebnisse stimmen nicht mit dem von Murray’s (2000)
überein, welche zeigen, dass es zu einer verbesserten Tiefensensibilität kommt. Die
Ursache dafür war die vermehrte Stimulation der Haut durch das Kinesio-Tape. Heit,
Lephart & Rozzi (1996) untersuchte auch den Einfluss von Tape auf die
Tiefensensibilität und konnte ein signifikantes Ergebnis für eine verbesserte
Tiefensensibilität bei der Plantarflexion aufzeigen. Da die Messmethode von Heit et
al. (1996) sich von der obigen unterscheidet, ist fraglich, in wie weit die Ergebnisse
miteinander verglichen werden können. Durch die Tatsache, dass in der Studie von
Heit et al. (1996) die Gelenkstellungen, die reproduziert werden sollten, über
mehrere Versuche gleich und festgelegt waren, muss auch ein möglicher Lerneffekt
bei der Betrachtung seiner Ergebnisse berücksichtigt werden.
In einer weiteren Studie untersuchte de la Motte (2008) mit dem Star Excursion
Balance Test die Unterschiede in der Beweglichkeit der unteren Extremität unter der
Verwendung von Kinesio-Tape zwischen Patienten mit instabilen und normalen
Sprunggelenken. Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass Kinesio-Tape das
Bewegungsverhalten von Probanden mit instabilen Sprunggelenken signifikant (P =
0.05) von den Probanden mit gesunden Sprunggelenken beeinflusst. Darüber hinaus
kann die Applikation von Kinesio-Tape an distalen Gelenken die Beweglichkeit von
proximalen Gelenken bei Probanden mit instabilen Sprunggelenken beeinflussen.
Das hat sich gezeigt, indem die Patienten mit instabilen Sprunggelenken aus der
Interventionsgruppe eine vermehrte Abduktionsstellung und die Probanden aus der
Kontrollgruppe eine vermehrte Adduktion im Hüftgelenk aufwiesen. Auch der Winkel
des Hüftgelenkes war signifikant unterschiedlich zwischen dem weißen Leinentape
und dem Kinesio-Tape.
Diese Studie kann dem Evidence Level 3b zugeordnet werden. Bei dem Star
Excursion Balance Test (SEBT) handelt es sich um einen validen und zuverlässigen
Gleichgewichtstest, der in der Lage ist, das funktionelle Leistungsverhalten der
unteren Extremität zu bestimmen und dreidimensional zu analysieren. Es handelt
sich hier um eine Fall-controll Studie an der 40 Probanden teilnahmen, die in zwei
Gruppen unterteilt worden sind (20 Probanden mit unilateraler Instabilität
des Sprunggelenkes [Versuchsgruppe] und 20 Probanden ohne jegliche
37
Beeinträchtigung oder Verletzungen der Sprunggelenke [Kontrollgruppe]) und alle
dieselbe Interventionen erhalten haben. Es wurde zum einen mit einem weißen
Leinentape und zum anderen mit Kinesio-Tape getestet. Beide wurden nach der
Kinesiotapemethode angelegt.
Der Begriff Instabilität des Sprunggelenkes wurde operationalisiert als gehäuftes
Auftreten von Umknicken mit dem Sprunggelenk.
Die wichtigste Vorraussetzung um an der Studie teilzunehmen, waren mindestens
drei Std. pro Woche körperlich aktiv zu sein und keine Verletzungen der unteren
Extremität in den letzten Monaten.
Des Weiteren wurden bei der Auswahl der Probanden Fragebögen verwendet. Ein
Fragebogen beinhaltete Fragen zu Verletzungen der unteren Extremität und der
Häufigkeit des Umknickens mit dem Sprunggelenk. Zusätzlich gab es noch den
Cumberland Ankle Instability Fragebogen (CAIT), der die Sprunggelenke der
Probanden als funktionell instabil klassifizierte und den Functional Ankle and
Disability Index (FADI), der die Probanden nach ihrer Instabilität klassifizierte.
Ausschlußkriterien waren Gehirnerschütterungen, Gleichgewichtsstörungen und
Infektionen der Atemwege oder des Gehörgangs.
Die wohl größte Einschränkung dieser Studie ist, dass man sich zu einem großen
Teil auf die Aussagen der Probanden verlassen muss, die sich selbst nach der
Definition von Instabilität des Sprunggelenkes einer der zwei Gruppen zugeordnet
haben. Durch den CAIT und FADI Fragebogen wurde trotzdem so gut wie möglich
versucht, den Status eines instabilen Sprunggelenkes zu bestimmen. Darüber hinaus
treten bei dem SEBT minimale Fehler in Bezug auf die 3-D Analyse auf. Es wurde
sich jedoch darum bemüht alles sorgfältig vorzubereiten und die Geräte und das
Equipment nach bestem Wissen und Gewissen vor der Datensammlung sorgfältig zu
kalibrieren um mögliche Messfehler so gering wie möglich zu halten.
Im Gegensatz zu den Ergebnissen aus der ersten Studie von Halseth et al. (2004),
konnten in der Studie von de la Motte (2008) signifikante Ergebnisse erzielt werden.
Weitere interessante Ergebnisse zu dieser Klinik zeigt eine Studie von Matsusaka,
Yokoyama, Tsurusaki, Inokuchi & Okita (2001). In dieser Studie haben Probanden
mit instabilen Sprunggelenken zwei 1 cm lange Tape-Streifen auf den äußeren
Knöchel geklebt bekommen. Sie waren damit in der Lage, während eines Trainings
38
für das Sprunggelenk, nahezu dieselben Ergebnisse wie Probanden ohne instabile
Sprunggelenke zu erzielen. Sie waren auch schneller in ihren Bewegungen als die
Probanden mit instabilen Sprunggelenken und ohne Tape. Lohrer, Alt & Gollhofer
fanden 1999 heraus, dass es zu einer Zunahme der Tiefensensibilität nach der
Applikation von Tape kommt, die sich nach der Entfernung des Tapes wieder
normalisiert. Ricard, Sherwood, Schulthies & Knight (2000) kam in seinen
Untersuchungen zu dem Ergebnis, dass es bei getapten Sprunggelenken zu einer
Geschwindigkeitsabnahme bei der Inversionsbewegung kommt.
Pfeiffer J (www.kinesioschweiz.ch/downloads/Case%20Study%20Mai.pdf) schildert
eine Fallbeschreibung (Evidence Level 5) von einer Frau mit starker Rumpfataxie auf
Grund von Neuroboreliose. Die Patientin leidet seit 1995 an dieser chronischen,
durch einen Zeckenbiss verursachten Erkrankung. Auf Grund der starken Ataxie
kann die Patientin ihre Arme nicht anheben ohne dabei die Stabilität im Rumpf zu
verlieren. Das gezielte Bewegen von Armen und Schulterblättern ist nur möglich,
wenn Schulterblätter und Rumpf stabil sind und koordiniert werden können. Dadurch,
dass die Patientin über die Fixation der Schulterblätter ihren Rumpf stabilisiert, kann
sie ihre Arme nur 100° abduzieren. Sobald der Patie ntin über die Verschiebung der
Haut leichte manuelle propriozeptive Inputs gegeben wurden, war sie wieder in der
Lage ihre Arme vollständig zu abduzieren. Durch die fascilitierenden Eigenschaften
von elastischen Tapes konnten der Patientin auch in ihrem Alltag diese leichten
propriozeptiven Inputs gegeben werden. Das elastische Tape verschaffte der
Patientin wieder mehr Stabilität im Rumpf, wodurch sie ihre Arme wieder vollständig
abduzieren konnte ohne die Stabilität der Schulterblätter zu verlieren (Abb. 13).
Abb. 13: Schulterabduktion ohne und mit Taping (Pfeiffer J, Kinesio Schweiz
GmbH /www.kinesioschweiz.ch/downloads/Case%20Study%20Mai.pdf)
39
2.4.2 Fazit
Dieser Fallbericht ist in sofern von großer Bedeutung für den Nutzen von elastischen
Tapes weil er gleich zwei wichtige Effekte von elastischen Tapes aufzeigt. Neben der
Zunahme von Stabilität konnte auch das Bewegungsausmaß vergrößert werden. Da
das vergrößerte Bewegungsausmaß aus der Zunahme der Stabilität resultiert,
befindet sich dieser Fallbericht in diesem Kapitel und nicht in dem Teil des Reviews,
der sich mit der Vergrößerung des Range of Motion (ROM) durch elastisches Tape
beschäftigt.
Zusammenfassend kann man sagen, dass es noch weiteren Studien bedarf um
einen Effekt von Kinesio-Tape auf instabile Gelenke ausreichend zu untersuchen.
Ob man nun die Studie von Halseth et al. (2004), die keine signifikanten Effekte von
Kinesio-Tape zur Verbesserung der Instabilität am Sprunggelenk zeigt, betrachtet,
oder die Studie von de la Motte (2008), die dies bezüglich signifikante Ergebnisse
erzielte, ist es wichtig, nicht ausschließlich die Ergebnisse zu betrachten. Die
Ergebnisse spiegeln nämlich oft die Sorgfalt bei der Vorgehensweise der
Untersucher wieder und sind daher kritisch zu betrachten. Ob alle Variablen genau
bestimmt worden sind oder ob unklare Begriffe operationalisiert worden sind, zeigt
z.B., dass die Untersucher sich bemüht haben für Dritte alles klar, verständlich und
nachvollziehbar zu gestalten. In der Fallbeschreibung von Pfeiffer kann man die
Wirkung des Tapes sehr schön erkennen. Allerdings handelt es sich hier um einen
Fallbericht mit dem Evidence Level 5. Das ist jedoch nur die Einstufung nach einer
bestimmten Skala. Sicherlich gibt es gute Fallberichte mit dem Evidence Level 5, die
interessanter und wertvoller sind als eine schlechte randomisierte und kontrollierte
Studie. Es ist wichtig, dass der Leser dieses Reviews sich nicht an einer Studie
festklammert, sondern, an Hand von allen beschriebenen Fällen eine eigene kritische
Betrachtungsweise zu diesem Thema entwickelt.
2.5 Elastisches Tape zur Ödemresorption
Heutzutage finden elastische Tapes auch immer mehr ihre Verwendung bei der
Behandlung von Ödemen. Die Theorie dahinter ist, dass die Convolutions, die durch
das elastische Tape entstehen, die Haut anheben wodurch die Lymphflüssigkeit
40
durch den gewonnenen Platz unter der Haut besser zirkuliert (Kase, Hashimoto &
Okane, 1998 ).
2.5.1 Allgemeine Definition Lymphödem
“ Das Ödem (v. Griechisch οἴδηµα, oidema, „Schwellung“) oder die „Wassersucht“ ist
eine Schwellung des Gewebes aufgrund einer Einlagerung von Flüssigkeit aus dem
Gefäßsystem (http://de.wikipedia.org/wiki/ödem).
Die Ursache für diese Flüssigkeitsansammlung im Gewebe ist ein Ungleichgewicht
bzw. eine Veränderung des Druckes zwischen Resorption (Lymphabfluss) und
Filtration beim Flüssigkeitsaustausch zwischen Gefäßen und Geweben. Der
Filtrationsdruck sorgt dafür, dass Flüssigkeit aus den Gefäßen in das Gewebe
gelangt und der Resorptionsdruck ist dafür verantwortlich die überschüssige
Flüssigkeit aus dem Gewebe in die Gefäße zurück zu resorbieren. Wenn der
Filtrationsdruck den Resorptionsdruck übersteigt entsteht ein Ödem. Häufig
entstehen Ödeme nach Operationen von bösartigen Tumoren, bei denen die
angrenzenden Lymphknoten mit entfernt werden (sekundäres Lymphödem). Die
Gefahr einer Streuung von bösartigen Tumorzellen über das Lymphsystem soll durch
diese Maßnahme bekämpft werden. Neben Operationen können Ödeme auch durch
alle Erkrankungen entstehen, die sich negativ auf das Gefäßsystem und den
Wasserhaushalt auswirken. Am meisten handelt es sich dabei um Erkrankungen des
Herzens oder der Nieren.
2.5.2 Studien eingeteilt nach dem Evidence Lev el
In einer randomisierten und kontrollierten Pilotstudie (Evidence Level 1b) untersuchte
Tsai, Hung, Yang, Huang & Tsauo (2009), ob Kinesio-Tape bei Patienten mit
Lymphödem nach einer Brustkrebsoperation die herkömmlichen Bandagen bei der
Entstauungstherapie ersetzen können.
Insgesamt wurden 41 Probanden ausgesucht und nach einem Zufallsprinzip auf zwei
Gruppen verteilt. Bei den Probanden handelte es sich um durchschnittlich 54,6 Jahre
alte Patienten. Sie kommen alle aus verschiedenen Einrichtungen in der Region
Taipei. Es handelt sich um Einrichtungen, die sich um Patienten nach oder während
Brustkrebserkrankungen sorgen.
41
Alle Patienten wurden nach bestimmten Ein - und - Ausschlusskriterien ausgewählt.
Die wichtigsten Ausschlusskriterien waren eine aktive Krebserkrankung und die
Einnahme von entwässernden Medikamenten. Beide Gruppen erhielten gleiche
Interventionen außer, dass die Versuchsgruppe anstatt elastischer Bandagen, die
elastischen Tapes bekam. Die restliche Behandlung bestand aus der Hautpflege, 30
min manueller Lymphdrainage und einer Std. pneumatischen Kompressions-
therapie. Darüber hinaus erhielten beide Gruppen bei jeder Behandlung 20 min
physiotherapeutische Übungen.
Jeder Patient wurde zuerst für vier Wochen beobachtet und bekam anschließend für
4 Wochen die Interventionen (zwei Std. Behandlung an fünf Tagen pro Woche). Im
Anschluss dieser zwei Monate erfolgte eine dreimonatige Beobachtungsphase, in der
die Effekte genau studiert werden konnten. Bewertet wurden alle Probanden durch
einen erfahrenen Physiotherapeuten. Der Physiotherapeut wusste während der
Bewertung nicht, zu welcher Gruppe die Probanden gehören. Es gab eine Bewertung
vor und nach der Beobachtungsphase, eine weitere nach den Interventionen und die
letzte nach drei Monaten. Neben der physiotherapeutischen Bewertung wurden die
Unterschiede zwischen den Gruppen auch an Hand von den folgenden Variablen
gemessen.
- Umfang der Extremität
- Wassergehalt der oberen Extremität
- typische Symptome des Lymphödems
- Lebensqualität
- Akzeptanz des Verbands oder des Tapes
Die Ergebnisse dieser Studie zeigen bei allen Variablen keine signifikanten
Unterschiede zwischen den Gruppen (P > 0.05) während der ganzen Studie.
Trotzdem war die Akzeptanz des elastischen Tapes höher als die der Bandagen. Die
Probanden berichteten darüber, dass die Bandagen unbequem zu tragen sind und
man bei hohen Temperaturen leicht damit zu schwitzen beginnt. Ein weiterer
Nachteil sei, dass die Patienten durch die Unbequemlichkeit der Bandagen ständig
an ihre Krankheit erinnert werden. Da es zwischen den Gruppen keine signifikanten
Unterschiede gibt, dass Kinesio-Tape atmungsaktiv ist und einen höheren
Tragekomfort hat, zeigt diese Studie, dass Kinesio-Tape die herkömmlichen
Bandagen bei der Behandlung von Patienten mit Lymphödemen ersetzen kann. Zwei
Nachteile des Tapes, welche in dieser Studie bemängelt wurden, waren zum einen
42
die höheren Kosten gegenüber den Bandagen und zum anderen, dass die Tapes nur
einmal verwendet werden können.
Ein wichtiger Kritikpunkt an dieser Studie ist der geringe Stichprobenumfang der
Probanden. Um bei den gefundenen Resultaten dieser Untersuchung signifikante
Ergebnisse zu erzielen, müssten laut Tsai et al. (2009) statistisch gesehen, in jeder
Gruppe 228 Probanden sein. Es ist jedoch fraglich, ob es dann auch wirklich zu
einem signifikanten Unterschied kommen würde. Ein weiteres Problem, das alle
Studien mit Krebspatienten betrifft, ist das Fehlen einer echten Kontrollgruppe (quasi
experimentell). Kontrollgruppen erhalten normalerweise keine Interventionen oder ein
Placebo. Da es sich hier jedoch um Patienten mit einer sehr ernstzunehmenden
Erkrankung handelt, ist das Fehlen einer Intervention ethisch sehr fragwürdig.
Im Vergleich zu der Studie von Tsai et al. (2009) zeigte die Studie von Bialoszewski,
Wozniak & Zarek (2009) signifikante Effekte bei der Verwendung von Kinesio-Tape
zur Reduzierung von Lymphödemen bei Patienten nach einer operativen
Beinverlängerung nach der Ilizarov Methode. Bei der Ilizarov Methode handelt es
sich um eine bewährte operative Methode, die mit Hilfe eines externen Fixateurs eine
vorhandene Beinlängendifferenz korrigiert. Die Behandlungsziele, die ein
Physiotherapeut nach so einem Eingriff verfolgt, sind Maßnahmen zur Zunahme der
Knochendichte, vermeiden von Kontrakturen, Kräftigung der Muskulatur und
selbstverständlich Interventionen zur Reduzierung der Schwellung des operierten
Beines. Das übliche Mittel um den Abfluss der Lymphflüssigkeit zu steigern, ist auch
hier die manuelle Lymphdrainage.
An der Studie von Bialoszewski et al. (2009) (Evidence Level 2b) nahmen insgesamt
24 Probanden teil, die nach der Methode von Iliazarov operiert wurden. Es fand eine
Randomisierung statt, nach der sich zwölf Probanden im Alter zwischen 15 und 40
Jahren (7 mit Oberschenkelverlängerung & 5 mit Unterschenkelverlängerung) in der
Versuchsgruppe befanden und 12 in der Kontrollgruppe mit der selben Verteilung an
Unter- und - Oberschenkelverlängerungen. Das Alter in der Kontrollgruppe lag
zwischen 19 und 46 Jahren. Beide Gruppen erhielten manuelle Lymphdrainage,
wobei die Interventionsgruppe zusätzlich das Tape bekam (Lymphanlage). Der
Krankenhausaufenthalt nach so einer Operation liegt ca. bei 15 Tagen. Da es nach
dem fünften Tag post operativ (OP) bei den meisten Patienten zu einer signifikanten
43
Schmerzabnahme kommt, beschränkte sich der Zeitraum der Interventionen von
dem fünften Tag bis zur Entlassung. Um die Abnahme der Schwellung am operierten
Bein zu messen, wurde ein übliches Maßband verwendet. Um Messfehler zu
vermeiden wurde immer an denselben Stellen gemessen. Gemessen wurde jeweils
fünfmal, wobei extreme Messunterschiede aus Validitätsgründen nicht verwendet
wurden. Die Patienten mit Oberschenkelverlängerung aus der Interventionsgruppe
zeigten auf allen Messebenen signifikante Ergebnisse (Messebene 1: P = 0.02, 2: P
= 0.02, 3: P = 0.02) wobei die Patienten mit Unterschenkelverlängerung nur auf zwei
Messebenen signifikant waren (Messebene 1: P = 0.03, 2: P = 0.03, 3: P = 0.14). Bei
der Kontrollgruppe zeigten, sowohl die Patienten mit Unter-/ als auch Oberschenkel-
verlängerung nur auf zwei Messebenen signifikante Ergebnisse.
Im Großen und Ganzen zeigt diese Studie, dass die Kombination aus Kinesio-Tape
und manueller Lymphdrainage schneller zur Reduzierung eines Lymphödems an der
unteren Extremität führt als manuelle Lymphdrainage alleine. Jedoch ist auch bei
dieser Studie der geringe Stichprobenumfang ein Kritikpunkt. Die Frage bleibt, wie
die Ergebnisse bei einer Studie mit wesentlich mehr Probanden ausfallen würden.
Interessant wäre auch, in wie weit die erzielten Effekte auch bei anderen Patienten-
gruppen mit Lymphödemen der unteren Extremitäten greifen würden.
Man kann sagen, dass die Anzahl an RCT´s in diesem Bereich noch an Zuwachs
bedarf. Im Gegensatz zu der geringen Anzahl an RCT´s gibt es eine Menge
Einzelfallberichte (Evidence Level 5) zu diesem Thema. Nicht selten sind diese
Fallberichte aus Fachzeitschriften, die für ein bestimmtes Tape werben. In der Regel
zeigen diese Zeitschriften nur positive Effekte von Tapes. Als kritischer Betrachter
sollte man sich jedoch fragen, ob und wie häufig sich diese Effekte wiederholen
würden und wie oft sie vorher nicht vorhanden waren. Wenn man diese Fallberichte
in RCT´s untersuchen würde, dann hätte man auf Grund einer größeren
Probandenanzahl wesentlich aussagekräftigere Ergebnisse. Vergessen sollte man
allerdings nicht, dass ein guter Einzelfallbericht besser als eine schlechte Studie sein
kann. Deshalb folgen jetzt auch drei interessante Einzelfallberichte von denen Ruth
Coopee (OTR/CHT) in einem Review (15th Annual Kinesio Taping International
Symposium, 1999) berichtet.
44
Als erstes ist von einem 46 Jahre alten Mann die Rede, der zwei Schädelhirn-
traumen erlitten hat. Eins vor 10 und das zweite vor 5 Jahren. Durch die
Verletzungen sind Schwellungen in seinem Gesicht entstanden, die allmählich dazu
führten, dass er auf seinem rechten Ohr schlechter hörte. Darüber hinaus waren
auch die Augen und der Geruchssinn beeinträchtigt. Sein Gesicht wurde eine Woche
mit Kinesio-Tape behandelt. Nach den sieben Tagen kam es zu einer Abnahme der
Schwellungen in seinem Gesicht. Die stärkste Abnahme der Schwellung am
Unterkiefer betrug 7 mm. Der Mann berichtete auch, dass sich sein rechtes Ohr nach
dem vierten Tag wieder öffnete.
In einem weiteren Fallbericht geht es um eine 59 Jahre alte Frau mit Mastektomie
vor fünf Jahren. Einen Monat post OP kam es zu einem Ödem in ihrem rechten Arm.
Zwei Jahre später bekam die Frau für eine Woche manuelle Lymphdrainage. Jetzt,
ein Jahr später, trägt sie nachts immer noch Bandagen gegen die Schwellung. Nach
der Applikation des Lymphtapes am rechten Arm kam es zu einer messbaren
Abnahme der Schwellung, die Haut wurde weicher und die Cellulitis, welche die Frau
am meisten störte, war weg. Die Frau war sehr zufrieden und setzte die Behandlung
mit dem Kinesio-Tape fort.
Durch den Vorher - Naher Vergleich in dem nächsten Einzelfallbericht wird die
Wirkung vom Kinesio-Tape in Kombination mit manueller Lymphdrainage (MLD) sehr
deutlich. Es handelt sich hier um eine 63 Jahre alte Patientin mit ausgeprägten
Ödemen an den Beinen, verursacht durch venöse Insuffizienz. Die Patientin bekam
für einen Monat vier- bis fünfmal die Woche MLD und eine entsprechende Kinesio-
Tape Applikation. Das Ausgangsvolumen der Beine betrug rechts 238 ml und links
230 ml. Nach den vier Wochen wurde das Flüssigkeitsvolumen der Beine erneut
gemessen und beide Beine wiesen eine Volumenabnahme von 10 ml auf. Das
faserige Gefühl der Beine und die Verschieblichkeit der Haut haben sich auch
merkbar verbessert.
2.5.3 Fazit
Der Letzte Fallbericht und die Studie von Bialoszewski et al. (2009) haben etwas
gemeinsam. Man kann nur schlecht beurteilen in wie weit das Kinesio-Tape oder die
45
MLD zur Reduzierung der Schwellung beigetragen haben. Um das herauszufinden,
wäre eine Studie notwendig, in der die Versuchsgruppe ausschließlich Kinesio-Tape
und die Kontrollgruppe ausschließlich MLD als entstauende Maßnahmen erhält.
Wenn sich in Zukunft herausstellen sollte, dass die Kombination aus beiden am
effektivsten ist, sollte man es als Standardtherapie für Lymphödeme einführen. Tsai
et al. (2009) hat festgestellt, dass es keinen signifikanten Unterschied zwischen den
herkömmlichen verwendeten Bandagen und dem Kinesio-Tape bei der Entstauungs-
therapie gibt. Er bemängelte die höheren Kosten des Kinesio-Tapes durch ihre
einmalige Verwendung und höhere Qualität. Allerdings berichteten die Patienten
über ein angenehmeres Tragegefühl auf der Haut. Im Gegenteil zu der Studie von
Tsai et al. (2009) zeigte die Studie von Bialoszewski et al. (2009) eine signifikante
Abnahme der Schwellungen auf allen Messebenen. Auch die drei Fallberichte
überzeugten durch ihren positiven Verlauf.
46
3. DISKUSSION
3.1 Kritik am heutigen Forschungsstand und Einsch ränkung der Studien
3.1.1 Kritik am heutigen Forschungstand
Ausgenommen der Einzelfallberichte ist ein wesentlicher Kritikpunkt vieler Studien,
die die Effekte von elastischen Tapes untersuchen, die geringe Anzahl an
Probanden. Umso mehr Probanden an einer Studie teilnehmen, desto aussage-
kräftiger sind die gefundenen Ergebnisse.
An der Studie von Tsai et al. (2009) z.B. nahmen insgesamt 41 Probanden teil, was
dazu führte, dass keine signifikanten Ergebnisse gefunden wurden. Statistisch
gesehen wären in dieser Studie 228 Probanden notwendig gewesen, damit die
Ergebnisse signifikant sind. In der Praxis ist es jedoch sehr aufwendig und mit hohen
Kosten verbunden so viele Probanden zu untersuchen. Aus diesem Grund haben die
meisten Studien in diesem Review eine relativ kleine Anzahl an Probanden. Dieses
Problem sollte man bei der Interpretation von Studienergebnissen immer beachten.
Häufig sind die untersuchten Probanden in einer Studie auch aus einem bestimmten
Bereich oder Einrichtung wie z.B. Baseballspieler (Hsu et al., 2009) oder College
Studenten (Thelen et al., 2008). Man muss sich fragen, in wie weit sich die
gefundenen Resultate aus diesen Studien auf die allgemeine Bevölkerung
übertragen lassen.
In Studien in denen Patienten mit ernsten Erkrankungen wie Brustkrebs (Tsai et al.,
2009) oder Kinder mit zerebralen Schäden oder Erkrankungen (Yasukawa et al.,
2006) die Probanden sind, wird es aus ethischen Gründen niemals eine echte
Kontrollgruppe geben. Denn es ist ethisch sehr fragwürdig solchen kranken
Menschen ohne eine Intervention an einem Experiment teilnehmen zu lassen um
irgendwelche Thesen und Vermutungen von Wissenschaftlern zu bestätigen oder zu
widerlegen. Trotzdem ist dies ein Punkt, der eine echte Kontrolle in einem
Experiment verhindert. Für den Leser solcher Studien ist es wichtig, diese Tatsache
in die Interpretation der Ergebnisse mit einfließen zu lassen.
Ein anderer Kritikpunkt in einigen Studien ist, dass wichtige Informationen wie
Geschlecht und Alter der Probanden (Murray, 2000) oder die Ein- und Ausschluss-
47
kriterien sowie die genaue Vorgehensweise bei der Verteilung der Probanden in
einer bestimmten Gruppe (Hsieh et al., 2007), dem Leser vorenthalten werden.
Dadurch entstehen viele Fragen, die ohne Antwort bleiben.
Eine perfekte Studie, in der alles stimmt, wird es mit Sicherheit niemals geben. Es ist
jedoch sehr wichtig, dass Untersucher in einer Studie sorgfältig vorgehen und alle
relevanten Informationen erwähnen um Missverständnissen vorzubeugen.
3.1.2 Einschränkungen dieser Studien
Dieses narrative Review ist eine Übersichtsarbeit über den aktuellen
Forschungsstand zum Thema elastisches Tape. Der Autor hat sich für eine narrative,
also eine erzählende Form entschieden, damit sich der Leser ein besseres Bild über
den gesamten Ablauf der Studien machen kann als bei einem systematischen
Review. Ein narratives Review besteht zum größten Teil aus einem Text, der Inhalte
von Studien nacherzählt und weniger aus Tabellen, in denen die Ergebnisse von
Studien statistisch verglichen werden, wie es für ein systematisches Review üblich
ist. Die Subjektivität des Autors ist bei jedem narrativen Review, wie auch in diesem,
eines der wichtigsten einschränkenden Faktoren. Während ein narratives Review im
weitesten Sinne eine individuelle Interpretation des Autors ist und sich von Autor zu
Autor unterscheiden könnte, bestehen die statistischen Vergleiche in einem
systematischen Review aus eindeutigen Zahlen. Um die Effekte des elastischen
Tapes zu verdeutlichen, wurden die wichtigsten Ergebnisse dennoch erwähnt. Nach
dem Lesen der gefundenen Studien hat der Autor sich bemüht den Inhalt der Studien
so unverfälscht wie möglich wiederzugeben und zu interpretieren. Alle 22 Studien
und Einzelfallberichte, die in dieser Arbeit erwähnt sind, wurden von dem Autor
selber ausgewählt. Die Auswahl der Studien erfolgte nach bestem Wissen und
Gewissen des Autors, mit der Absicht, bei der Auswahl so objektiv wie möglich zu
entscheiden um die besten Studien von 30 zu verwenden. Das Einteilen der Studien
nach den Oxford Centre for Evidence-based Medicine Levels of Evidence (2001), soll
durch ihre klaren Definitionen über die Aussagekraft von Studien die Objektivität
zusätzlich erhöhen.
Eine weitere Einschränkung ist die relativ geringe Anzahl der beschriebenen Studien.
Von etwa 30 gefundenen und gelesenen Studien wurden vom Autor lediglich, die für
ihn besten, 22 vollständig beschrieben. Ein weiterer Grund für die geringe Anzahl der
48
vollständig beschriebenen Studien, war die zeitliche Begrenzung während des
Studiums. Dennoch wurden die Resultate anderer Studien wie z.B. von Matsusaka et
al. (2001), Lohrer & Gollhofer (1999) und Ricard et al. (2000) teilweise erwähnt.
3.2 Schlussfolgerung und Zukunftsausblick
3.2.1 Schlussfolgerung
Der genaue Grund für die Wirksamkeit von elastischen Tapes ist wissenschaftlich
noch nicht bewiesen. Die Erklärung für die Wirksamkeit von elastischen Tapes stützt
sich bis heute ausschließlich auf Theorien. Die schmerzlindernde Wirkung soll laut
Crossley et al. (2001) damit zusammenhängen, dass die elastischen Tapes die
Weiterleitung von Schmerzinformationen zum Rückenmark durch Stimulierung der
Rezeptoren in der Haut blocken. Kase et al. (1998) begründet die Reduzierung eines
Ödems durch Kinesio-Tape damit, dass die Convolutions, die durch das Tape
entstehen, die Haut anheben, wodurch die Lymphflüssigkeit unter der Haut besser
zirkuliert. Dies sind zwei Beispiele für Theorien, die versuchen, den Effekt der
elastischen Tapes zu erklären.
Fakt ist jedoch,
- dass im Kapitel 2.1 (elastisches Tape zur Schmerzdämpfung) 4 von 7 Studien
signifikante Ergebnisse zur Schmerzdämpfung zeigten
- dass im Kapitel 2.2 (elastisches Tape zur Unterstützung der Muskulatur) 4 von
4 Studien signifikante Ergebnisse zur Unterstützung der Muskulatur durch
elastisches Tape lieferten
- dass im Kapitel 2.3 (elastisches Tape zur Steigerung des Bewegungs-
ausmaßes) 3 von 3 Studien signifikante Ergebnisse zu Steigerung des
Bewegungsausmaßes durch elastisches Tape zeigten
- dass im Kapitel 2.4 (elastisches Tape zur Verbesserung der Gelenkstabilität) 2
von 3 Studien signifikante Ergebnisse zur Verbesserung der Gelenkstabilität
durch elastisches Tape zeigten
49
- dass im Kapitel 2.5 (elastisches Tape zur Ödemresorption) 4 von 5 Studien
signifikant zeigten, dass elastische Tapes die Resorption von Ödemen fördert
Insgesamt waren es 17 von 22 Studien (77,3%), die signifikant den gewünschten
Effekt erzielt haben. Mit Hilfe der Einteilung nach dem Evidence Level soll jeder
Leser für sich selber entscheiden, ob diese Zahlen die Wirksamkeit von elastischen
Tapes beweisen können.
3.2.2 Zukunftsausblick
Trotz der relativen Neuheit von den elastischen Tapes als Therapieform, gibt es
mittlerweile schon viele verschiedene Untersuchungen zu diesem Thema. Darunter
fallen gute RCT´s (randomize control trials) und Einzelfallberichte sowie schlechte.
Die guten Einzelfallberichte sollten in Zukunft als Vorreiter für größere Studien mit
ausreichend Probanden und einer echten Kontrollgruppe verwendet werden. Am
häufigsten wurde in guten RCT´s mit Abstand der Effekt von elastischen Tapes
bezüglich Schmerzen und Muskelaktivität untersucht. Es bedarf weiteren Studien in
den Bereichen, verbesserte Stabilität, Ödemresorption und Vergrößerung des
Bewegungsausmaßes durch elastische Tapes.
Gerade die Studien bezüglich des vergrößerten Bewegungsausmaßes beziehen sich
größten Teils auf das Bewegungsausmaß der Wirbelsäule wie z.B. die González-
Iglesias et al. (2009) und Yoshida & Kahanov (2007). Weitere Studien sollten
untersuchen, wie sich das Bewegungsausmaß von anderen Körperteilen durch
elastische Tapes beeinflussen lässt. Die Frage, ob oder wie groß der Placeboeffekt
bei der Anwendung von elastischen Tapes ist, ist immer noch aktuell. Studien wie die
von Ng & Cheng (2002) und Christou (2004) z.B. weisen auf einen Placeboeffekt hin.
In zukünftigen Studien sollte noch mehr Wert auf die Untersuchung des
Placeboeffektes von elastischen Tapes gelegt werden. Im Großen und Ganzen
sprechen die meisten Untersuchungsergebnisse aus Studien für die Wirksamkeit von
elastischen Tapes.
Die wirkliche Begründung für die Wirkung stützt sich jedoch immer noch
hauptsächlich auf Theorien und nicht auf Fakten. Es sind sicherlich noch in jedem
50
Bereich eine Menge Studien notwendig um auch die letzten Zweifeln bezüglich der
Wirksamkeit von elastischen Tapes auszuräumen.
Bis diese Therapieform Einzug in den Heilmittelkatalog erhält und von den
Krankenkassen abgerechnet wird, wird höchst wahrscheinlich noch einige Zeit
vergehen. Die ansteigende Tendenz für die Verwendung von elastischen Tapes ist
sicherlich nicht grundlos und man kann davon ausgehen, dass dieser Trend sich
fortsetzen wird. Schließlich zeigen die meisten Untersuchungen, dass es sich hier
um eine effektive, unkomplizierte und wirkungsvolle Therapieform handelt.
51
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5. DANKSAGUNG
Danken möchte ich, in erster Linie meinem Betreuer Herrn Piet Biermans, der mir mit
seinen Tipps und Ratschlägen sehr geholfen hat. Als weiteres möchte ich mich beim
Herrn Harry Pijnappel bedanken, der mir einen großen Teil an nützlicher Literatur zu
Verfügung stellte. Des Weiterem möchte ich mich bei allen Kommilitonen aus dem
ENPF-Kurs bedanken, die sich die Zeit genommen haben mir Feedback zur meinen
Arbeit zugeben.