Ernährung in der Chirurgie
R.StockerAbteilung Chirurgische Intensivmedizin
Universitätsspital Zürich
Geschichte
• Zusammenhang zwischen “Essen” und “Wohlfühlen” seit Jahrtausenden bekannt
• Schon primitive Kulturen suchten nach und verabreichten Nahrungsmittel an Schwache und Kranke, denen sie magische und heilende Eigenschaften zusprachen
Geschichte
• Erkenntnisse über zentrale Rolle des Darmes bei der Entstehung post-chirur-gischer Komplikationen führte nach einer Phase konsequenten Fastens über den Umweg der parenteralen Ernährung zum Konzept der frühenteralen Ernährung, welches heute eine der wenigen “evidence based” Therapien in der Intensivmedizin darstellt
Stoffwechsel I•Ernährungstechnisch 3 Kompartimente– Fettfreies Gewebe: Skelettmuskulatur: labiler Protein-Pool für Körper und Leber, Glykogenspeicher
– Körperfett: Hauptenergiespeicher, wenig metabolische Aktivität, wenig strukturelle Funktionen
– extrazelluläres Wasser: Hauptzuordnungsort der Glukose; quantitativ wenig, qualitativ sehr wichtig. Pool stellt Substrat für Muskulatur zur Verfügung stellt Abtransport "metabolischer Abfälle" sicher.
Stoffwechsel II•Antwort auf Fasten und Verletzung / Infektion
Netto-Katabolie von Körpersubstanz zur Energie- und Substratgewinnung unter Präservation der vitalen Organe (Hirn, Herz, Leber, Niere..) auf Kosten von Muskulatur und Bindegewebe
Stoffwechsel III•Fasten
– Angepasst an cyklische bzw. saisonale Nahrungszufuhr: •In Überschusszeit: Hauptenergielieferant=Kohlehydrate. Überschusszufuhr wird in der dichtesten Form als Fett gespeichert
Stoffwechsel IV•Fasten
– Bei Mangelzufuhr: Energiegewinnung aus Fett-speicher, Reduktion des Energieverbrauches.•1. Glykogenolyse (72 h)•2. Glukoneogenese: Glukosegewinnung aus glukoplastischen AS (u.a. Glutamin) und Glyzerol für obligate Glukoseverbraucher (Ec,RES, Makrophagen, Hirn)
•3. Lipolyse: Energie aus Fettspeicher
Stoffwechsel V•Kritisch Kranke, Verletzung, Infektion
– Akutphasenantwort (TNF, IL-1....) mit Ziel, Leber- und Immunsystem-volumen zu vergrössern um Infek-tabwehr zu verbessern und Wundreparation zu initiieren => Energieintensiv (v.a. Glukoneogenese und Proteinsynthese)
– erhöhter Energieverbrauch– Katabolie von Speichern
Stoffwechsel VI•Kritisch Kranke, Verletzung, Infektion
– Katabolie durch gegenregulatorische Hormone (antiinsulinär, Stresshormone)•Katabolie nur reduzierbar aber nicht umkehrbar solange Trigger weiterbesteht
– Insulinresistenz peripherer Gewebe
Nur bei gutem Ernährungszustand und unkompliziertem Verlauf gilt "5-Tage-Regel" für Ernährungsbeginn
Stoffwechsel VIICharakteristik Fasten (Marasmus) Metabolische Antwort
auf VerletzungEnergieverbrauch erniedrigt erhöhtPrimärer Energie-lieferant
Fett (RQ 0.75) gemischt (RQ 0.85)
Insulin erniedrigt erhöht (Resistenz!!)Ketonkörper vorhanden fehlendGegenregulations-hormone (ACTH, STH,Katecholamine, Kortisol,Glukagon)
basal erhöht
Totales Körperwasser erniedrigt erhöhtProteolyse erniedrigt beschleunigtGlycogenolyse erhöht beschleunigtLipolyse erhöht erhöht
Stoffwechsel VIIICharakteristik Fasten (Marasmus) Metabolische Ant-
wort auf VerletzungKörperspeicherMuskulaturFettViszerale Proteine
reduziertreduzierterhalten
reduziertreduzierterhöht(Leber,Immunsystem)
„Refeeding“-Antwort Anabolismus reduz. KatabolieGewichtsverlust graduell beschleunigtTypisches Vorkommen chronische
KrankheitenSpital, ICU
Stoffwechsel IX
– Aggressionsstoffwechsel (ebb phase)• unmittelbar nach Trauma für Stunden bis 1-2 Tage• Metabolische Paralyse• Energieverbrauch tief• initiale der Insulinsekretion• starke der katabolen (gegenregulatorischen) Hormone• Energiebereitstellung, Glukose- und Fettoxidation• Entleerung der Energiespeicher
– verminderte Eiweissynthese
Stoffwechselveränderungen nach Verletzung, Trauma und Sepsis
Stoffwechsel X
– Postagressionsstoffwechsel (flow phase)• ab h bis 1-2 d, bei unkompl. Verlauf ca. 10 Tage• Stressstoffwechsel: toxin-/zytokinbed. Überwiegen antiinsulinärer Faktoren
• Katabolie, Hypermetabolismus• Insulinresistenz (Glukoseverwertungsstörung trotz hoher Insulin-sekretion)
• EN-Gewinn aus Lipolyse, Glukoneogen.aus(körpereig.) Proteinen
• Katecholamin-/Glukagon-/Insulin-/Kortisolanstieg • Umstellung auf Fastenstoffwechsel nicht möglich
Stoffwechselveränderungen nach Verletzung, Trauma und Sepsis
Stoffwechsel XI
– Septikämiestoffwechsel•Wie Postaggressionsstoffwechsel mit zusätzlicher partieller Lipid- und Ketonkörperverwertungsstörung bei maximalem Energiebedarf
•Maximale Proteolyse für Glukoneogenese unter Energieaufwand (septischer Autokannibalismus) mit beschleunigter Muskelproteolyse und AS-Freisetzung trotz Verwertungsstörung
Stoffwechselveränderungen nach Verletzung, Trauma und Sepsis
Stoffwechsel XII
• Rekonvaleszenzstoffwechsel– anabol, insulinbetont– bessere Glukoseverwertung, Eiweissresynthese– Wiederauffüllen der Reserven
Stoffwechselveränderungen nach Verletzung, Trauma und Sepsis
Stoffwechsel XIII• Patienten brauchen in der Postaggressionsphase
– mehr Kalorien (1500-2500 kcal/die); CAVE Überernährung– mehr Proteine: 80-150 kcal/g Stickstoff– initial weniger Kohlehydrate– initial mehr Lipide– mehr Vitamine und Spurenelemente
Physiologie
• Oberer GI-Trakt (Magen, Dünndarm) normalerweise steril
• Kolon, Rektum: Oekologisches Gleichgewicht verschiedenster (apathogener und potentiell pathogener) Mikroorganismen
• Intakte Darmwand (Mukus,Epithel,Zell-desquamation, IG-A-Opsonierung) verhindert normalerweise Translokation
• Bei vereinzelter Translokation: Vorsorgliche systemische IG-Produktion
Pathophysiologie
Physiologie• Bakterielle Flora
von neutralen Mucinen und Sulfomucinen, von Sialomucinen im Dünndarm
von neutralen Mucinen und Sulfomucinen, Sialomucinen in Zoekum und Kolon
• Ausdruck der bakteriellen mukolytischen Aktivität und der Effekte von bakteriellen Metaboliten auf die Mukosa
Meslin et. al. Comp Biochem Physiol A Mol Integr Physiol 1999 123:235
Physiologie• Bakterielle Flora–Degradation von Substraten
•Lösliche Nahrungsfasern werden zu SCFA abgebaut; stellen Hauptnährsubstrat der Kolonozyten dar
Physiologie
• Die Gegenwart einer normalen intestinalen Flora verbessert die Heilung von intestinalen Anastomosen
Okada et. al. 1999 Br J Surg 86:961
Physiologie
• 50% der Nährstoffe des Dünndarmepi-thels und > 80% der Nährstoffe des Dickdarmepithels kommen aus dem Darmlumen
Pathophysiologie
• Kritisch Kranke: empfindlich gegenüber Schädigung der intestinalen Mukosa, Veränderungen der mukosalen Permeabilität, und Versagen der intestinalen Abwehrmechanismen
Pathophysiologie
• Translokation von Bakterien und Endotoxin => SIRS, Sepsis => MOF (Yao et al. Resuscitation 1995)
PathophysiologieBakterielle Translokation:• Für Sepsis verantwortliche Organismen
Organismen, die in mesenterialen Lymphknoten gefunden werden können.
Unterstützt “gut origin hypothesis” der Sepsis beim Menschen.
(OBoyle et al. GUT 1998)
Protektion gegen bakterielle Invasion
• Selective Digestive Decontamination (SDD)???– Selektion von mehrfach-resistenten G+ Kokken. Kein Effekt auf Mortalität. Deutliche finanzielle Belastung
Quino et. al. 1996. Chest 109:765
Pathophysiologie
• Antibiotika selektionieren pathogene Darmkeime und können zu Resistenzbildung führen (z.B. Cl difficile, extended-spectrum-beta-lactamase-producing Klebsiella pneumoniae, Enterokokkus faecalis)
Decre et. al. 1998 Clin Inf Dis 27:834
Protektion gegen bakterielle Invasion
• Erhalt der Darmflora• Erhalt der Darmmukosa
– endoluminale Substratzufuhr– Optimierung der intestinalen Hämodynamik
– Substratangebot für schnell replizierende Zellen (z.B. Glutamin)
• Aufrechterhaltung der Peristaltik
Ziele der Ernährung
• Sicherstellung einer adäquaten Substratzufuhr zur Aufrechterhal-tung der morphologischen und funktionellen Organintegrität sowie zur Adaptation an Akutphasen-reaktion nach Trauma/ Operation....
• Erhalt der funktionellen und morphologischen Integrität des Gastro-Intestinaltraktes
Folgen der Malnutrition
• Beschleunigte Katabolie (u.A. Skelett-/Atemmuskulatur)
• Störung der Wundheilung• Störung der Immunabwehr • Störung der Organfunktionen u.A. auch des Darmes => Risiko für MOV
• Verzögerte Rehabilitation
Ernährungsplanung
• Ernährungszustand?– normal– Malnutrition
• Aktueller Kalorien-/Substrat-bedarf
• Monitoring• Ernährungsroute
Ernährungszustand
• Body Mass Index (BMI): Gewicht (kg)/Grösse (m2)BMI Punkte
20 0– 18-19 1– 15-17 2– <15 3
• Nicht beabsichtigter Gewichtsverlust in den letzten 3 Monaten Gewichtsverlust Punkte– keiner 0– 0-3 kg 1– 3-6 kg 2– >6 kg 3
Ernährungszustand
• Appetit Punkte– gut; 3 Malzeiten/Tag 0– schlecht (weniger alsdie Hälfte/
kleine Portionen 2– kein (isst nichts oder kaum) 3
• Fähigkeit zu essen Punkte– problemlos, selbständig keine Diarrhoe/Erbrechen 0– Kauschwierigkeiten, Nausea
Erbrechen, Durchfall (bis 2 x/die) 1– Kauprobleme, Schluckprobleme
braucht pür./fl. Kost, Hilfe b. Essen,
Erbrechen/Diarrhoe 3-5x/die 2– orale Ernährung unmöglich
schweres Erbrechen u/o massive Diarrhoe > 5x/die 3
Ernährungszustand
• Metabol. Stressfaktor Punkte– kein konsum. Grunderkr. Infekt 0– gering leichter Infekt,minor Surgery 1– mässig grösserer Infekt,Dekubitus,Frakturen,
Verbrennung < 20%,major Surgery,
aktive chron.entzündl.K’heiten 2– gross Polytrauma,mult.Fx. Verbrennung
>20%, mult. Dekubiti, Sepsis,fortgeschr.
Malignome, Leberinsuffizienz, AIDS 3
• BeurteilungPunkte Risiko Massnahmen0-3 gering Überwachung
4-6 erhöht Monitoring,Ergänzungsnahrung
7-15 hoch prä-/postoperative Ernährungstherapie
Ernährungszustand
• Zusatzparameter– Oberarmumfang– Hautfaltendicke– Wadenumfang
Kalorienbedarf
Grundumsatz || Harris Benedict
21 kcal/kg KG/die || 66.5+(13.7xkg)+(5xL)-(4.7xAlter) 24 kcal/kg KG/die || 655+(9.6xkg)+(1.8xL)-(6.8xAlter)
+ Aktivitätsfaktor– liegender Spital-Patient+ 20% GU– mobilis. Spital-Patinent+ 30-40% GU– Ambulant + 50% (Büro)- +70%(Maurer)
+ Krankheitsfaktor– Fieber +10-20% GU/°Fieber, Sepsis +10-40% GU– Verbrennung +40-50% GU, Polytrauma +40-100% GU– .........
Monitoring I
• Indirekte Kalorimetrie (z.B. Deltatrac) = Referenzmethode
(Jolliet et al. Enteral nutrition in intensive care patients: a practical approach. Intensive Care med 1998)
Monitoring II• Albumin (HWZ 2-3 h bis 20 Tage; viele Einflüsse)• Transferrin (HWZ 8-10 Tage; prognostischer Wert, reagiert besser auf nutritive Repletion als Albumin)
• Präalbumin (HWZ 2 Tage; Prädiktiv für Stickstoffstatus und nutritive Repletion)
• Retinol-bindendes Protein (HWZ 12 h; transportiert durch Präalbumin; reagiert sehr schnell auf nutritive Repletion)
• Cholinesterase (HWZ 5-12 Tage; Mass für funktionelle Leberzellmasse; Synthese an Albuminsynthese gekoppelt)
Monitoring III• Fettstoffwechsel
– Cholesterin– Triglyceride
• Stickstoffbilanz:
• Lymphozytenzahl TagNghlmmolUrinhHarnstoff
/2.145.06.16
24]/[)24(
Monitoring IV• Körpergewicht (unbrauchbar bei Capillary Leak)• Antropometrie (unbrauchbar bei Capillary Leak)• indirekte Kalorimetrie• Bioimpedanzanalyse (unbrauchbar bei Capillary Leak)
Ernährungsroute
Total/Partielle Parenterale ErnährungZentral
Peripher
Enterale ErnährungGastral
Postpylorisch
duodenal
Jejunal
Parenterale Ernährung TPN
Indikationen– Unmöglichkeit der oralen/enteralen Ernährung innerhalb der ersten 5-7 Tage bei normalem Ernährungszustand
– Ergänzung unzureichender enteraler Kalorienzufuhr
– Prä-/postoperativ bei schwerer Malnutrition und Unmöglichkeit einer oralen/enteralen Ernährung
– Speicherschutz perioperativ (peripher-venös)
Parenterale Ernährung TPN
SubstrateGlukose
Fette
Aminosäuren, Proteine
Vitamine, Spurenelemente (Zn, Cu, Se)
Parenterale Ernährung TPN
– Glukose: Minimale Glucosezufuhr insulinunabh., endogenen Glucoseverbrauch von Gehirn, Ec, Makroph, RES (ca. 150-200 g/die); Glucoseutili-sation, der Glucosezufuhr. CAVE: CO2-Produktion
Insulin in nicht-Diabetikern ???(Lebersteatose, intrahepatische Cholestase)
– Fette: Stresstoffwechsel, Sepsis: initiale Hauptenergiequelle: Fett (CAVE: gestörte Fettclearance)
– Aminosäuren: Nicht-Proteinkalorien:Stickstoff = 80-150:1 (entspricht 70-150 g/die bzw. 0.8-1,5 g/kg KG)
Spezielle Substrate I• Arginin
Stickstoffbilanz Wundheilung (Kollagensynthese und -deponierung) thymusabhängige und T-Zell-abhängige Immunfunktion
• Glutamin CAVE: Glutamat bei Schädel-Hirn-Trauma– Energiesubstrat für schnell replizierende Zellen wie Immunzellen und Enterozyten
Makrophagenfunktion– Schützt Glutathionspeicher in Leber, oxidativen Stress,
posttraumatischen/septischen Leberschaden Stickstoffbilanz– Trophische Effekte auf Darmmukosa=> Translokation
Spezielle Substrate II• Omega-3-Fettsäuren
Bildung und Metabolismus von proinflammatorischen Prostanoiden (Arachidonsäure, Leukotriene, Thromboxane) und Zytokinen v.a. im Zusammenhang mit Endotoxin, Sepsis, Reperfusion
• Medium-Chain-Triglyceride (MCT)– nicht als Überschussfett gespeichert =>instantane Oxidation– Trsp ohne Chylomikronen=>schnellere Verfügbarkeit und Clearance– Carnitin-Carrier-unabhängiger Transport in Mitochondrien => bessere Clearance, schnellere Verfügbarkeit für Oxidation
– kleinere Aufnahme in RES=>kleinere Beeinträchtigung der RES-Funktion
– CAVE: intrazelluläre Fettüberladung
Spezielle Substrate III• Fasern
Gemisch aus unlöslichen und/oder löslichen, unverdaulichen pflanzlichen Zellwandpolysacchariden
– Lösliche Fasern: Degradation zu SCFA => Primäres Substrat für Kolonmukosa: Translokation, MOV
– Unlösliche Fasern (Regulation intestinaler Transit, Reduktion von Diarrhoe)
– günstige Einflüsse auf gastrointestinale Anastomosen– Verbesserter Erhalt der Kolonintegrität. Verbesserte Wundheilung– Verbesserte Stoffwechseladaptation nach Chirurgie, Trauma– Verzögerte Kohlehydratresorbtion– Reduzierte Absorbtion bis zu Nettoverlust von Eisen, Kupfer
Spezielle Substrate IV• Verzweigtkettige Aminosäuren
– Einflüsse auf Proteindegradation und Synthese im Skelettmuskel– Hauptmetabolisierung in Peripherie (und nicht in Leber)– passieren Bluthirnschranke; Competitieren mit aromatischen AS (Vorläufer von Monoamin-Neurotransmittern)
=>Vorteile bei Leberinsuffizienz (Enzephalopathie)
=>potentielle Vorteile beim septischen Autokannibalismus
Enterale ErnährungIndikation• Grundsätzlich alle Intensivpatienten die nicht ausreichend peroral ernährt werden können
• Auch bei– fehlenden Darmgeräuschen– retroperitonealen Hämatomen– Post-Laparotomie– ................
Positive Effekte der enteralen Ernährung
• Verbesserte Darm Hämodynamik sichert Splanchnikusintegrität (Purcell et al. Am J Surg 1993 ).
• Splanchnische hämodynamische Parameter: während Endotoxin- Schock,EN alle Parameter (Kazamis et al. World J Surg 1998)
Positive Effekte der enteralen Ernährung
• EN septische Morbidität verglichen mit Fasten und TPN . Schlüsselmechanismus: Erhalt mukosalen Barrierenfunktion (VA study JPEN 1992)
• Früher Beginn mit EN: signifikant günstiger Effekt auf septische Komplikationen (Minard G et al. New Horiz 1994)
Wie früh ist früh?
• Beginn der EN innerhalb der ersten 6 Stunden nach Trauma:– intestinale Permeabilität – MOF Score
• verglichen mit einem Beginn später als 6 Stunden
(Kompan et. al Intensive Care Med 1999)
Problem: Gastrische Kolonisierung
Kontinuierliche gastrale Ernährung erhöht gastralen pH. Cutoff point für bei pH 4 für Kolonisation mit G-Bakterien.
(Dive et al. Gastic acidity and duodenogastric reflux during nasojejunal tube feeding in mechanical ventilated patients 1999 Intensive Care Med)
Problem: Gastrische Kolonisierung
Massnahmen:• Nächtliche Pause• Jejunale Ernährung (nur kleiner Reflux mit mittl. pH-Werten von 2,7 => Bakterizidie bleibt erhalten)
(Dive et al. Gastic acidity and duodenogastric reflux during nasojejunal tube feeding in mechanical ventilated patients 1999 Intensive Care Med)
“How to do”• Start innerhalb 2 Stunden nach Eintritt mit 20 ml Sondennahrung/h via Magensonde (Triggerung, Blut-fluss-Redirektion, Ulkusprophylaxe; nicht Kalorienzufuhr)
• Wenn perorale Nahrungsaufnahme möglich: Trinken/Essen sobald gut wach und Bedürfnis vorhanden
“How to do”• Steigerung innerhalb 48-72 h bis kalorische Bedürfnisse gedeckt
• Prokinetika falls erforderlich• Nächtliche Pause wenn möglich
“How to do”• Kalorien-/Proteinbedarf
– 20*-25, 25*-30 non-protein kcal/Tag– 1.0*-1.2-(1.5) g/kg KG Proteine/Tag (*Alter)
– Erhöht bei Fieber,Infekt, Sepsis
“How to do”• Zusätzliche/Spezifische Substrate
– Unlösliche Fasern (Regulation intestinaler Transit, Reduktion von Diarrhoe)
– Lösliche Fasern: Degradation zu SCFA => Primäres Substrat für Kolonmukosa
– Vitamine, Spurenelemente – Glutamin (Energiesubstrat für schnell replizierende Zellen wie Immunzellen und Enterozyten)
-3 Fettsäuren, Arginin, Nucleotide: Immunonutrition
Kontraindikationen• Grundsätzlich keine• Patienten mit ausreichender peroraler Nahrungsaufnahme
• etablierter Ileus• Relativ
– Subileus– proximale Darmanastomosen– “Abdomineller Hochdruck”
Problem: Gastraler Transport, Gastroparese
• Häufig• Ursachen:z.B. ICP ,Zytokine, Corti-cotropin-Releasing Factor, Opiate, Dopamin(Tarling MM et. al. A model of gastric emptying using paracetamol absorption in intensive care patients Intensive-Care-Med. 1997De Deyne C et. al. Early enteral feeding in cranial trauma. Ann-Fr-Anesth Reanim. 1998)
• Magenaspirat > 150 ml ODER > 2 x stündliche Zufuhrrate
Problem: Gastraler Transport, Gastroparese
1. Opioide, Sedation,2.Metoclopramide 10 mg 3 x/Tag
3.Cisapride 10 mg - 20 mg /Tag
4.(Erythromycin)
5.Naso-Jejunal-Sonde(Spitze distal Treitz) mit gastr.Dekompression
6.ggf. Reduktion der Zufuhrrate
Problem: DiarrhoeUrsachen:
1. Verzögerter Beginn/vorgängiger Unter- bruch der enteralen Zufuhr
2. Malnutrition/Hypalbuminämie
3. Fieber/Hypothermie
4. Vorliegen eines Infektfokus
5. Antibiotika (Bleichner et.al. 1997. Saccharomyces boulardii prevents diarrhea
in critically ill tube-fed patients. Intensive Care Med)
Problem: DiarrhoeMassnahmen:
1. oder stop von Antibiotika3. Auschluss einer AB-induzierten Kolitis (Cl.difficile)
2. Saccharomyces boulardii*
4. Zusammensetzung, Intoleranz, Fasern, Osmolarität
(*Bleichner et.al. 1997. Saccharomyces boulardii prevents diarrhea in critically ill tube-fed patients. Intensive Care Med)
Schlussfolgerung
• Die frühe enterale Ernährung dient nebst der Kalorienzufuhr der spezifisch Behandlung des Darmes und des Splanchnikusgebietes und ist deshalb ein essentieller Teil der Intensivtherapie
Schlussfolgerung• Gastrische Stase, Fehlen von Darmgeräuschen, und kürzlich durchgeführte Abdominalchirurgie sind keine Hindernisse für die frühe enterale Ernährung.
• Mit motivierten Mitarbeitern, der Verwendung von Prokinetika und jejunalen Ernährungssonden kann eine früh-enterale Ernährung bei praktisch allen Patienten erfolgreich durchgeführt werden
Schlussfolgerung• Trotz hohem Morbiditätspotential ist die natürliche intestinale Flora entscheidend für eine intakte Darmphysiologie
• Ziel ist nicht die Keimelimination sondern die Integritätserhaltung der mukosalen Barriere gegenüber der Translokation von Toxinen und Mikroorganismen sowie der Erhalt eines physiologischen Darmmilieus
Schlussfolgerung
• Die Enterale Ernährung dient nebst der Kalorienzufuhr der spezifisch Behandlung des Darmes und des Splanchnikusgebietes und ist deshalb ein essentieller Teil der Intensivtherapie