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Wissenschaftskommunikation,ein Sanierungsfall !
ScienceComm ’15, Solothurn – Donnerstag, 24. September 2015Beat Gerber, Wissenschaftsjournalist, Zürich
Chemiehörsaal,1917 (BildarchivETH-Bibliothek)
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Inhalt
● HaupttheseGeringer sozialer Mehrwert der Wissenschaft
● Neue Rolle der ForschendenRaus aus dem Elfenbeinturm, an den Tisch der Mächtigen !
● Wissenschaftskommunikation steht am BergDas Transmissionsriemen-Prinzip und weitere Defizite
● Andere Formate, Kanäle und AnsprechgruppenNeue Aktionsfelder in Journalismus und Hochschul-PR
● Diskussion
2Donnerstag, 24. September 2015 ScienceComm ‘15 – Wissenschaftskommunikation, ein Sanierungsfall! – Beat Gerber
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Zu meiner PersonVom ETH-Ingenieur zum Journalisten und Kommunikator
Bauingenieur ETHF+E StrukturdynamikPlaner/Berater Energie/UmweltWissenschaftsredaktor Tages-AnzeigerPräsident SKWJ (1996–2001)Kommunikationsleiter PSIPersönlicher Referent ETH-PräsidentFreier Journalist, Freiwilliger (Namibia,CH) und nebenbei noch Rentner www.dot-on-the-i.ch; @beatgerber
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HaupttheseManko der Wissenschaft beim sozialen Mehrwert
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In der Schweiz betragen die Ausgaben von Bund undKantonen für F+E jährlich über 5 Milliarden Franken. Vor allem in politisch umstrittenen Gebieten wieKlimaschutz, Energie, Städtebau und Ernährung bringtdie öffentlich finanzierte Forschung der Gesellschaftzu wenig Nutzen für das investierte Geld. Zu diesem Mangel trägt auch die Wissenschafts-kommunikation (aus Hochschulen und Medien) bei.
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Stets detailliertere und genauere Klimamodelle –Noch nie ein derart hoher anthropogener CO2-Ausstoss(Kohle-Boom in China/Indien, Fracking in USA/Kanada,Rebound-Effekt), Zwei-Grad-Ziel eine Farce
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Versagen bei den grossen HerausforderungenBeispielsweise im zaudernden Klimaschutz
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Energiewende in Europa: Ausstieg aus der Atomenergie –Massiver AKW-Ausbau in China, Russland und Indien: in den 3Staaten total 45 Anlagen im Bau und 109 projektiert (2014)
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Versagen in der paradoxen Energiefrage
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Versagen beim unkontrollierten Städtebau
Slums, Favelas und Townships boomen chaotisch (Wasser, Abfall,Energie etc.) – Mehrere 100 Millionen Menschen strömen künftig inStädte: Geplante Umsiedlungen in China, anhaltende Stadtflucht inAfrika, Asien, Lateinamerika
7Donnerstag, 24. September 2015 ScienceComm ‘15 – Wissenschaftskommunikation, ein Sanierungsfall! – Beat Gerber
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Versagen bei der planlosen Ernährungssicherheit
Rekordstand (in absoluten Zahlen) an unterernährten Menschen –Konzeptlose globale Ernährungssicherheit: betreffendMarktgerechtigkeit, Produktionssteigerung, Bio-landwirtschaft,Einsatz Gentechnik
8Donnerstag, 24. September 2015 ScienceComm ‘15 – Wissenschaftskommunikation, ein Sanierungsfall! – Beat Gerber
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Wo bleibt die Stimme der Hochschulen?Stillhalteabkommen zwischen Politik und Wissenschaft
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Welche Lösungen schlagen Unis undFH für die grossen globalenHerausforderungen vor? Was meintdie ETH (und ihre Leitung) zuEnergiewende, Klimawandel,Städtebau und Welternährung?
ETH-Institut für Aerodynamik, 1955(Bildarchiv ETH-Bibliothek)
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Neue Rolle der WissenschaftRaus aus dem Elfenbeinturm, an den Tisch der Mächtigen !
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▶ Um Lösungsvorschläge aus der Forschung einzubringen (Honest Broker), mitzureden und Feedback aufzunehmen (keine Expertokratie).
▶ Bedingt ein erweitertes Rollenverständnis der Wissenschaft: Förderung und Belohnung auch anderer Werte, wie kommunikative und soziale Kompetenzen (Teamplayer).
▶ Medien und Hochschul-PR müssen diesen Paradigmenwechsel kommunikativ begleiten und unterstützen.
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Die Debatte läuftSchweiz hält sich (noch) zurück
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«Professors, We Need You!»,The NYT, 15.02.2014«Geht in die Politik!», SR FelixGutzwiller in der SoZ, 21.06.2015«Wo seid ihr, Professoren?»,DIE ZEIT, 12.08.2015«ETH-Professoren wollenÖlheizungen verbieten», TA/NZZ,25.08.2015«Mischt Euch endlich wieder ein!»,DIE ZEIT, 27.08.2015
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Defizite der WissenschaftskommunikationMedienkrise und massiver Ausbau der Hochschul-PR
Die moderne Wissenschaft ist durchdrungen von Propaganda,PR und Promotion. Was heute effektiv zählt, sind Brand(neudeutsch für Marke) und Bewertung (sprich: Ranking).Dazu trägt bei:▶ Wachsendes Ungleichgewicht zwischen Journalismus und PR (Abbau von Ressourcen hier, Ausbau dort)In den Medien fehlen demzufolge Hintergründe, Vertiefung,Zusammenhänge, Einordnung, Analyse, Meinung, Kommentar(in der Wissenschaft elementar).
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Verlautbarung der HochschulpropagandaHeute vorherrschend: das Transmissionsriemen-Prinzip
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Medien (Angetriebene)TA/SoZ, NZZ, NZZaS, SRF (Radio, TV)WW, WoZ, 20 Minuten, Le Temps, L’Hebdodiverse Zeitschriften, SDA, Online-Portale
Hochschulen(Antreibende)Unis, ETHZ/EPFL, FHöff. ForschungsinstitutionenSNF, Akademien, div. Lobbys
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Das Resultat (mit fraglicher Relevanz):Zusammenhangslose Erfolgsmeldungen
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Aber … wie sagte schon derfranzösische Universalgelehrte HenriPoincaré, Mathematiker, Physikerund Philosoph (1854–1912):«Man macht Wissenschaft ausTatsachen, so wie man ein Hausaus Steinen baut. Aber eine An-sammlung einzelner Tatsachen istebenso wenig Wissenschaft, wieein Haufen Steine ein Haus ist.»
Schmelzofen am ETH-Institut fürMetallurgie, 1953
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Fassen wir das Fazit zusammenDie wichtigsten Barrieren
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Gesellschaftlich relevante wissenschaftliche Erkenntnisse werden zuwenig effektiv in die Praxis umgesetzt. Die wichtigsten Hindernissedabei sind:▶ Starke Interessen der Wirtschaft, mit «Sonderbeilagen» zu wiss./techn. Themen in den Medien, Betrug (VW u.a.), Korruption (Petrobras & Co.)
▶ Präferenzen der Politik (bei Bildung, Finanzierung etc.)
▶ Mangelnde Präsenz der Wissenschaft in wichtigen Entscheidungsprozessen zu forschungsrelevanten Themen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft
▶ Information: Hochschulkommunikation mit befangenen News sowie Events für ein bereits interessiertes Publikum, Medien als (meist unkritisches) Sprachrohr der Unis (alias «Schulradio»)
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Die Wissenschaftskommunikationsteht am Berg, sie ist ein Sanierungsfall!
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Reliefmodell einer alpinen Berggruppe, ETH-Professurfür Kartografie, 1939
Angesagt sindGegenmassnahmen.
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Andere Formate, Kanäle und AnsprechgruppenNeue Aktionsfelder in Journalismus und Kommunikation
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1. Zusammenhänge aufzeigen und einordnen bezüglichRelevanz: Kampagnen/Serien zu aktuellen Themen (Online,Print, Social Media, gekoppelt mit Storytelling)
2. Vertiefung anbieten: Blogs (Hintergründe, Argumente fürkleinere, interessierte Publika, auch aus erster Hand)
3. Bewusstsein wecken: Impact Journalism (über Projekte, die dieWelt verbessern und Lösungen aufzeigen, Nord/Süd)
4. Anderes Publikum ansprechen: «Wissen» in Gratismedien(Migros, Coop), Scientainment (Theater, Performance etc.)
5. Mächtiges Publikum beeinflussen: Public Affairs/Lobby- arbeitin Politik (Bundesbern) und Wirtschaft (Energie etc.)
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Beispiele aus Medien und Hochschulen (1)Zusammenhänge aufzeigen und einordnen, Debatten fördern
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ETH-News: Breites Spektrum aus Forschung, aber zusammen-hangslos,früher gab es Dossiers zu SchwerpunkthemenUZH News: Thema der Woche, sonst viel InstitutionellesEPFL NEWS MEDIACOM: Reine Erfolgsmeldungen («Wir sind super»),attraktiv und multimedial aufgemachtFachhochschulen: Nachrichtenlage eher dürftig (schade!)
DIE ZEIT – Serie: Wo seid ihr, Profs? (4)Träumt nicht von gestern!Der Medienwissenschaftler Bernhard Pörksen schrieb: Wo seid ihr, Professoren?Eine Dozentin antwortet: Unsere Gesellschaft bekommt die Professoren, die sieverdient. Ein Gastbeitrag von Sandra Richter, 14. August 2015.
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Beispiele aus Medien und Hochschulen (2)Vertiefung anbieten (von Übersee lernen)
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ETHZ Zukunftsblog (früher ETH-Klimablog): Forschung aus ersterHand (von Profs geschrieben, journalistisch redigiert) DIE ZEIT – TEILCHEN-BLOGIm Netz verstecken sich kleine Schätze aus der Wissenschaft – ZEITONLINE findet sie. Diverse Blogs von Unis, Forschungsinstitutionen und NGOszu verschiedenen Wissenschaftsthemen (Vorreiter USA,z.B. Ecointernet – Earth Blog)
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Beispiele aus Medien und Hochschulen (3/4)Bewusstsein wecken und grosses Publikum anpeilen
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Impact Journalism (neu jeden Montag im TA) Die Lösung Der «Tages-Anzeiger» setzt auf konstruktiven Journalismus. Künftig erscheint jeden Montag in der neuen Rubrik «Die Lösung» ein Artikel, der Lösungs ansätze für ein aktuelles Problem aufzeigt.
Beispiele: «Entstopfte» Stauseen (Verlandung), Elektroautos in Norwegen; wo bleibt Nord/Süd? Grosse (potenzielle) Multiplikatoren sind Gratismedien:MIGROS MAGAZIN, nun in jedem Briefkasten (Aufl. 1,5 Mio.)coopzeitung (Auflage 2,5 Mio.)20 mit Wissen am Freitag (gesponsert von Mercator Schweiz)
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Beispiele aus Medien und Hochschulen (4/5)Anderes und einflussreiches Publikum ansprechen
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«Mit Wissenschaftskommunikation zuden Leuten»: Gebert Rüf Stiftungfördert Scientainment.Z.B. am Zürcher Theater Spektakel:«Hirni», Stück von und mit MattoKämpf und Gerhard Meister, initiiertvon Science et Cité.
Das Netzwerk FUTURE, eineInteressengemeinschaft vonHochschulen und Politik, vertritt dieInteressen von Wissenschaft undBildung im Bundesparlament.
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Medialer Ausblick
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Eidgenössische Sternwarte, ohne Datum.
Weniger Nabelschau, wenigerTabus.Mehr über Rebound-Effekt,CO2-Abscheidung,mehr über Generation IV,Umsiedlungen in China,grüne Gentechnik ausserhalbEuropas,Ethanol in Brasilien,globale Abhängigkeiten.
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