Die Bedeutung von Fairness und Reziprozität
bei Arbeitsmotivation und Anreizsystemen –
Eine empirische Analyse am Beispiel des Versicherungsvertriebs
Inaugural-Dissertation
zur Erlangung des akademischen Grades eines Doktors
der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften
(Dr. rer. pol.)
der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen – Nürnberg
vorgelegt von: Dipl.-Kffr. Michaela Wedel
aus: Fürth
Erstreferent: Professor Dr. Martina Steul-Fischer
Zweitreferent: Professor Dr. Nadine Gatzert
letzte Prüfung: 14. Mai 2013
I
Geleitwort
Die Dissertationsschrift von Frau Michaela Wedel widmet sich der Bedeutung von Fairness
und Reziprozität bei der Arbeitsmotivation und in Anreizsystemen, insbesondere im
Versicherungsvertrieb. Frau Wedel greift damit ein bedeutendes Thema aus dem
Vertriebsmanagement und dem Versicherungsbereich auf. Die effiziente Gestaltung von
Vergütungs- und Anreizsystemen ist eine zentrale Frage im Vertriebsmanagement,
insbesondere bei Unternehmen mit einem Außendienst wie dies bei
Versicherungsunternehmen häufig der Fall ist. Die Unternehmen können eine Vielzahl von
Vergütungssystemen einsetzen, jedoch wurden bisher kaum die Wirkung und der Einsatz
dieser Vergütungssysteme im Hinblick auf Fairness und Reziprozität, vor allem im
Versicherungsvertrieb, untersucht. Frau Wedel greift diese Forschungslücke auf und leistet
mit ihrer Dissertationsschrift einen wesentlichen Beitrag zur Gestaltung von Anreizsystemen
im Vertriebsmanagement, insbesondere im Versicherungsbereich.
Frau Wedel geht in ihrer Arbeit vor allem der Frage nach, wie Fairness und Reziprozität die
Motivation und den Arbeitseinsatz von Mitarbeitern beeinflussen können und ein faires
Vergütungs- und Anreizsystem aussehen kann. Weiterhin untersucht sie effiziente
Anreizsysteme im Rahmen des Versicherungsvertriebs. Dabei stehen Ausschreibungen und
Turnierentlohnungen als wichtigste Anreizsysteme des Versicherungsvertriebs im Mittelpunkt
ihrer Studien. Frau Wedel analysiert den Einfluss des Framings bei Ausschreibungen und
zeigt, dass unterschiedliche Darstellungen von Ausschreibungen die Motivation und die
Arbeitsleistung von Versicherungsvertretern beeinflussen können. Weiterhin geht sie der
Frage nach, wie ein Turnier als Anreizsystem gestaltet sein sollte, damit es möglichst effizient
ist. Dabei geht Frau Wedel insbesondere auf Selektionseffekte in der Turnierentlohnung
sowie auf die Aspekte der Fairness und Reziprozität ein.
Insgesamt handelt es sich um eine gelungene Arbeit, die durch zahlreiche empirische
Analysen gekennzeichnet ist. Die Arbeit von Frau Wedel liefert neue Erkenntnisse zur
Anreizgestaltung und Arbeitsmotivation unter Berücksichtigung von Fairness und
Reziprozität und bietet zugleich wertvolle Anregungen für die Forschung und Praxis auf dem
Gebiet des Versicherungsvertriebs.
Prof. Dr. Martina Steul-Fischer
II
Vorwort
In der Wissenschaft herrschte lange das Bild des Homo oeconomicus, eines rational
handelnden Individuums, vor. Allerdings bleiben in diesem Modell Emotionen und soziale
Präferenzen, wie Fairness und Reziprozität, unberücksichtigt, weshalb die Effizienz von
Vergütungs- und Anreizsystemen zu hinterfragen ist. Mit Hilfe der beiden Konstrukte
Fairness und Reziprozität können die Motivation und der Arbeitseinsatz von Individuen
beeinflusst werden. Durch die richtige Wahl der (fairen) Entlohnungsform kann demnach die
Motivation der Arbeitnehmer und somit die Arbeitsleistung gesteigert werden. Daher ist es
nicht verwunderlich, dass Unternehmen einen großen Aufwand in Kauf nehmen, um ein
geeignetes Vergütungs- und Anreizsystem für ihre Mitarbeiter zu entwickeln.
Der richtige Einsatz von Anreizsystemen spielt besonders bei der Entlohnung von
Versicherungsvertretern eine entscheidende Rolle. Gerade in dieser sehr leistungsorientierten
Branche, bei der das Vergütungssystem durch Provisionen und Courtage geprägt ist, stellt die
Motivation der Versicherungsvertreter die Versicherungsunternehmen vor eine große
Herausforderung.
Zielsetzung im ersten Teil dieser Arbeit ist es, mit Hilfe von empirischen Studien die
empfundene Fairness verschiedener Entlohnungsformen zu untersuchen und ein faires
Vergütungs- und Anreizsystem zu identifizieren. Im zweiten Teil der Arbeit liegt der Fokus
auf dem Versicherungsvertrieb. Anreizkompatible Experimente untersuchen die Effizienz der
beiden wichtigsten Anreizsysteme im Versicherungsvertrieb – Ausschreibungen mit
individuellen Zielvorgaben und Turnierentlohnung. Bei Ausschreibung mit individuellen
Zielvorgaben stehen neben der Effizienz der Entlohnungsform die Ausgestaltung mittels
Framing sowie der Einfluss von Reziprozität im Vordergrund. Bei der Turnierentlohnung
liegt der Fokus auf der Effizienz verschiedener Gestaltungsparameter des Turniers.
Die Ergebnisse der theoretischen und empirischen Analysen erweitern die wissenschaftlichen
Erkenntnisse und leiten Implikationen für die Versicherungsbranche im Hinblick auf die
Motivation der Versicherungsvertreter sowie den effizienten Einsatz von Ausschreibungen
mit individuellen Zielvorgaben und Turnieren ab.
An dieser Stelle möchte ich auch die Gelegenheit nutzen, mich bei verschiedenen Menschen
zu bedanken.
Diese Arbeit schrieb ich im Rahmen meiner Anstellung als wissenschaftliche Mitarbeiterin
am Lehrstuhl für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Versicherungs-marketing, von Prof.
Dr. Martina Steul-Fischer an der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. Daher
möchte ich mich zuallererst bei Ihnen, Frau Steul-Fischer – meiner Doktormutter und
Mentorin – bedanken. Vielen Dank für die Möglichkeit, an Ihrem Lehrstuhl zu promovieren.
Vielen Dank für Ihre Unterstützung, die vielen wertvollen Gespräche und konstruktiven
Diskussionen.
Auch bei meinen Kollegen am Lehrstuhl möchte ich mich bedanken. Vielen Dank für Euer
Feedback, Eure Inspiration und dass Ihr mir immer mit Rat und Tat zur Seite standet – ganz
egal in welcher Situation –, ob mit Worten oder einem Kaffee. Ich danke Euch für die tolle
Zeit am Lehrstuhl, in der aus Kollegen Freunde wurden.
Ganz besonders möchte ich meiner Familie danken. Größter Dank gilt meinen Eltern Irene
und Hans-Werner Denzler. Ich danke Euch, dass Ihr mich immer, in allem was ich tat,
unterstützt habt. Vielen Dank für das Babysitten und das stundenlange Spazierengehen, ohne
das ein erfolgreicher Abschluss meiner Promotion nicht möglich gewesen wäre.
III
Danken möchte ich auch meinem Mann Martin A. Wedel. Ich danke Dir für Deine
unterstützenden, aufbauenden Worte und Deine witzigen Sprüche zur rechten Zeit. Danke,
dass Du immer an meiner Seite bist. Du bist mein Fels in der Brandung.
Natürlich möchte ich auch meinem Sohn Fabian Wedel danken. Du kannst zwar noch nicht
mal sprechen, konntest also kein wirkliches Feedback zu meiner Arbeit geben, aber ich danke
Dir für Dein strahlendes Lächeln, das jeden Tag retten kann. Du bist mein größter Goldschatz.
Zu guter Letzt möchte ich noch meinem Schwiegervater Martin Wedel danken. Ich danke Dir,
dass Du mich ermutigt hast zu promovieren.
Michaela Wedel
IV
Inhaltsverzeichnis
Seite
Abbildungsverzeichnis .......................................................................................... VII
Tabellenverzeichnis ............................................................................................... VIII
Anhangsverzeichnis .............................................................................................. IX
I Einleitung ....................................................................................................... 1
1 Problemstellung ................................................................................................ 1
2 Zielsetzung der Arbeit ..................................................................................... 1
3 Aufbau der Arbeit ............................................................................................ 2
II Fairness und Reziprozität – Ein besonderer Aspekt bei
Arbeitsmotivation und Anreizsystemen .......................................... 4
1 Ausgewählte Theorien der Arbeitsmotivation ............................................... 4
1.1 Equity-Theorie ............................................................................................ 6
1.2 Intrinsische und extrinsische Motivation .................................................... 7
2 Einflüsse auf die Arbeitsmotivation ................................................................ 9
2.1 Anreizsysteme und deren Einfluss auf die Arbeitsmotivation .................... 9
2.2 Der Einfluss von Fairness und Reziprozität auf die Arbeitsmotivation ...... 13
3 Empirische Untersuchungen zum Einfluss von Fairness auf die Präferenzen
und die Beurteilung von Anreizsystemen .................................................. 18
3.1 Studie I: Präferenzen und Beurteilung von Anreizsystemen ...................... 18
3.1.1 Zielsetzung und Hypothesen ................................................................ 18
3.1.2 Untersuchungsdesign ........................................................................... 19
3.1.3 Ergebnisse ............................................................................................ 20
3.2 Studie II: Empfundene Fairness bei Anreizsystemen.................................. 26
3.2.1 Zielsetzung und Hypothesen ................................................................ 26
3.2.2 Untersuchungsdesign ........................................................................... 27
3.2.3 Ergebnisse ............................................................................................ 28
3.3 Fazit ............................................................................................................. 33
V
III Ausschreibungen und Turnierentlohnung – Anreizsysteme im
Versicherungsvertrieb ........................................................................... 33
1 Grundlagen des Versicherungsvertriebs ........................................................ 34
2 Ausschreibungen im Versicherungsvertrieb ................................................. 35
2.1 Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben ...................................... 36
2.2 Gestaltung individueller Zielvorgaben durch Framing ............................... 36
2.2.1 Definition und Entstehung von Framing-Effekten ............................... 37
2.2.2 Der Einfluss von Reziprozität auf Framing-Effekte............................. 40
3 Turnierentlohnung im Versicherungsvertrieb .............................................. 42
3.1 Turnierentlohnung aus Sicht des Versicherungsunternehmens................... 43
3.1.1 Vorteile für das Versicherungsunternehmen ........................................ 43
3.1.2 Nachteile für das Versicherungsunternehmen ...................................... 44
3.2 Effizienz von Turnieren im Versicherungsvertrieb ..................................... 45
3.2.1 Gestaltungsparameter des Versicherungsunternehmens ...................... 46
3.2.2 Personenbezogene und externe Einflüsse............................................. 48
3.3 Selektionseffekte bei Versicherungsvertretern ............................................ 51
3.3.1 Aktive Selektionseffekte ...................................................................... 51
3.3.2 Passive Selektionseffekte ..................................................................... 52
3.3.3 Geschlechtsunterschiede ...................................................................... 53
3.4 Auszeichnungen bei der Turnierentlohnung ............................................... 55
3.4.1 Abgrenzung zu monetären Anreizen .................................................... 56
3.4.2 Anreizwirkung von Auszeichnungen ................................................... 57
4 Empirische Untersuchungen zu Ausschreibungen und zur Turnierentlohnung
im Versicherungsvertrieb ............................................................................ 58
4.1 Experimente zu Framing-Effekten bei Ausschreibungen mit individuellen
Zielvorgaben ................................................................................................ 58
4.1.1 Experiment I: Framing-Effekte und der Einfluss auf die Arbeitsmotivation
von Versicherungsvertretern ................................................................. 59
4.1.1.1 Zielsetzung und Hypothesen .............................................................. 59
4.1.1.2 Experimentelles Design ..................................................................... 60
4.1.1.3 Ergebnisse ......................................................................................... 62
VI
4.1.2 Experiment II: Reziprozität zwischen Versicherungsunternehmen und
Versicherungsvertretern bei Framing-Effekten und der Einfluss auf die
Arbeitsmotivation ................................................................................. 64
4.1.2.1 Zielsetzung und Hypothesen .............................................................. 64
4.1.2.2 Experimentelles Design ..................................................................... 65
4.1.2.3 Ergebnisse ......................................................................................... 66
4.2 Empirische Untersuchungen zur Turnierentlohnung im Versicherungsvertrieb 71
4.2.1 Experiment zur Effizienz und zu passiven Selektionseffekten bei der
Turnierentlohnung von Versicherungsvertretern .................................. 71
4.2.1.1 Zielsetzung und Hypothesen .............................................................. 71
4.2.1.2 Experimentelles Design ..................................................................... 72
4.2.1.3 Ergebnisse ......................................................................................... 73
4.2.2 Studie zur Rolle von Auszeichnungen bei der Turnierentlohnung im
Versicherungsvertrieb ........................................................................... 79
4.2.2.1 Zielsetzung und Hypothesen .............................................................. 79
4.2.2.2 Untersuchungsdesign ........................................................................ 80
4.2.2.3 Ergebnisse ......................................................................................... 81
4.3 Fazit ............................................................................................................. 86
IV Schlussbetrachtung ................................................................................. 86
1 Zentrale Erkenntnisse und Implikationen für den Versicherungsvertrieb 86
2 Weiterer Forschungsbedarf ............................................................................ 88
Anhang .................................................................................................................. VIII
Literaturverzeichnis ............................................................................................... XLIV
Verzeichnis der Gesprächspartner ......................................................................... LI
VII
Abbildungsverzeichnis
Abb. 1: Gang der Untersuchung ............................................................................ 3
Abb. 2: Variableninteraktion zur Klärung des Motivationsbegriffes .................... 5
Abb. 3: Übersicht über Theorien zur Arbeitsmotivation ....................................... 5
Abb. 4: Handlungsalternativen zur Reduzierung von Ungleichheit nach der
Equity-Theorie ........................................................................................ 7
Abb. 5: Arten der intrinsischen Motivation .......................................................... 8
Abb. 6: Modell des motivischen Verhaltens – Zusammenhang zwischen Anreiz,
Leistung und Zufriedenheit ..................................................................... 12
Abb. 7: Übersicht über Fairnesstheorien ............................................................... 13
Abb. 8: Ungleichheitsaversion aus Sicht des Individuums 1 ................................ 15
Abb. 9: Reduzierte Ultimatum Spiele ................................................................... 16
Abb. 10: Korrelation zwischen Lohnangebot und Arbeitseinsatz ......................... 18
Abb. 11: Teilnutzenwerte der Variablen Vergütungssysteme und eigene Leistung 30
Abb. 12: Rückerstattung und Bonuszahlung im Vergleich ................................... 37
Abb. 13: Wertefunktion der Prospect-Theorie ...................................................... 38
Abb. 14: Verschiebung des Referenzpunktes bei positivem und negativem Frame 39
Abb. 15: Arbeitseinsatz in den verschiedenen Treatments ................................... 41
Abb. 16: Nutzenfunktion des Individuums 1 ........................................................ 50
Abb. 17: Arbeitseinsatz im Zeitverlauf ................................................................. 64
Abb. 18: Auszahlungsfunktion Turnierentlohnung ............................................... 73
Abb. 19: Interaktionseffekt zwischen Preishöhe und Preisanzahl ........................ 75
Abb. 20: Interaktionseffekt zwischen Preisanzahl und Einblendung von
Zwischenständen ..................................................................................... 76
Abb. 21: Präferenzverteilung der Turniere............................................................ 84
Abb. 22: Persönlichkeitseigenschaften des Kapital- und Prestige-Typs ............... 85
VIII
Tabellenverzeichnis
Tab. 1: Beispielhafte Darstellung materieller und immaterieller Anreize ............ 11
Tab. 2: Präferenzen der Vergütungssysteme (mittlerer Rang) .............................. 20
Tab. 3: Präferenzen von Frauen und Männern ...................................................... 21
Tab. 4: Fairnessempfinden .................................................................................... 22
Tab. 5: Persönlichkeitseigenschaften und Fairnessempfinden .............................. 25
Tab. 6: Vergleich von Präferenzen und Fairnessempfinden ................................. 26
Tab. 7: Stimuli der Conjoint Analyse .................................................................... 27
Tab. 8: Bewertung der Stimuli der Conjoint Analyse ........................................... 28
Tab. 9: Fairnesspräferenzen von Frauen und Männern ......................................... 31
Tab. 10: Fairnessempfinden Vergleich Studie I und Studie II .............................. 32
Tab. 11: Vergleich Präferenzen und Fairness Studie I und Studie II .................... 33
Tab. 12: Arbeitseinsatz und Arbeitsleid (Framing) ............................................... 61
Tab. 13: Auszahlungsfunktion der Treatments Experiment I ............................... 61
Tab. 14: ANOVA Arbeitseinsatz (Framing) ......................................................... 62
Tab. 15: Mittelwert Arbeitseinsatz (Framing) ....................................................... 62
Tab. 16: Auszahlungsfunktionen der Treatments Experiment II .......................... 66
Tab. 17: Wahl Anreizsystem über Geschäftsjahre ................................................ 67
Tab. 18: Mittelwert Arbeitseinsatz über Geschäftsjahre ....................................... 68
Tab. 19: Arbeitseinsatz von Frauen und Männer bei verschiedenen Anreizsystemen 69
Tab. 20: Vergleich der Arbeitseinsätze Experiment I und Experiment II ............. 70
Tab. 21: Arbeitseinsatz und Arbeitsleid (Turnierentlohnung) .............................. 73
Tab. 22: ANOVA Arbeitseinsatz (Turnierentlohnung) ......................................... 74
Tab. 23: Mittelwerte Arbeitseinsatz (Turnierentlohnung) .................................... 74
Tab. 24: ANOVA passive Selektion ..................................................................... 77
Tab. 25: Mittelwerte passive Selektion ................................................................. 77
Tab. 26: Präferenzen der Turniere (mittlerer Rang) .............................................. 82
Tab. 27: Einstufung der einzelnen Turniere .......................................................... 83
Tab. 28: Übersicht über die zwei Cluster .............................................................. 84
IX
Anhangsverzeichnis
A.1 Fragebogen Studie I: Präferenzen und Beurteilung von Anreizsystemen ...... VIII
A.2 Fragebogen Studie II: empfundene Fairness bei Anreizsystemen ................. XV
A.3 Instruktionen Experiment I: Framing-Effekte und der Einfluss auf die
Arbeitsmotivation ........................................................................................... XX
A.3.1 Instruktionen Treatment 1 ....................................................................... XX
A.3.2 Instruktionen Treatment 2 ....................................................................... XXIII
A.3.3 Instruktionen Treatment 3 ....................................................................... XXIV
A.3.4 Instruktionen Treatment 4 ....................................................................... XXVI
A.4 Instruktionen Experiment II: Reziprozität zwischen Versicherungsunternehmen
und Versicherungsvertretern bei Framing-Effekten und der Einfluss auf die
Arbeitsmotivation ........................................................................................... XXVIII
A.5 Instruktionen Experiment zur Effizienz und passiven Selektionseffekten bei
der Turnierentlohnung von Versicherungsvertretern ..................................... XXXII
A.5.1 Instruktionen Treatment 1 ....................................................................... XXXII
A.5.2 Instruktionen Treatment 2 ....................................................................... XXXV
A.5.3 Instruktionen Treatment 3 ....................................................................... XXXV
A.5.4 Instruktionen Treatment 4 ....................................................................... XXXV
A.5.5 Instruktionen Treatment 5 ....................................................................... XXXV
A.5.6 Instruktionen Treatment 6 ....................................................................... XXXV
A.5.7 Instruktionen Treatment 7 ....................................................................... XXXV
A.5.8 Instruktionen Treatment 8 ....................................................................... XXXV
A.6 Fragebogen Studie zur Rolle von Auszeichnungen bei der Turnierentlohnung
im Versicherungsvertrieb ............................................................................... XXXVI
A.7 Interviewleitfaden Expertengespräch ............................................................. XLII
1
I Einleitung
1 Problemstellung Die richtigen Vergütungs- und Anreizsysteme für Mitarbeiter zu finden ist eine der
schwierigsten Aufgaben eines Unternehmens. Vergütungs- und Anreizsysteme müssen so
gestaltet werden, dass Mitarbeiter motiviert werden, ihre Arbeitsleistung zu verbessern und zu
erhöhen. Besonders entscheidend ist das Vergütungs- und Anreizsystem bei der Motivation
des Außendienstvertriebs. Beispielsweise stellen bei Unternehmen aus dem B2B-Bereich die
Ausgaben für die Vergütung des Vertriebs den größten Posten im Rahmen der
Marketinginvestitionen dar. So werden auf dem US-amerikanischen Markt in den Vertrieb
über 800 Milliarden Dollar pro Geschäftsjahr investiert. Im Vergleich dazu betragen die
Ausgaben für Kommunikationsmaßnahmen nur etwa ein Drittel (Steenburgh & Ahearne,
2012, S. 34, 40).
Auch für Versicherungsunternehmen sind die Vergütung und die Motivation der
Versicherungsvertreter von entscheidender Bedeutung. In der Versicherungsbranche in
Deutschland waren im Jahr 2011 558.235 Erwerbstätige beschäftigt, davon 257.572
Versicherungsvertreter (GDV, 2012, S. 17, 20). Versicherungsprodukte werden meist über
den Außendienst und über Versicherungsmakler vertrieben. Gerade hier sind effiziente
Vergütungs- und Anreizsysteme ein entscheidender Erfolgsfaktor. Neben der Motivation der
Mitarbeiter sind vor allem die Steuerung und Kontrolle der Versicherungsvertreter von hoher
Bedeutung für Versicherungsunternehmen. Zudem sind die Außendienstmitarbeiter das
Aushängeschild des Versicherungsunternehmens und für Versicherungskunden ein wichtiger
Sympathieträger. Für 12 % der Versicherungskunden stellt ein sympathischer Versicherungs-
vertreter mit eine der wichtigsten Eigenschaften eines Versicherungsunternehmens dar
(Umhau, 2003, S. 19).
Um die Mitarbeiter zu motivieren, kombinieren Unternehmen immer neue
Vergütungssysteme von Fixgehältern bis Provisionen mit zusätzlichen Anreizen. Dabei stehen
finanzielle und nichtfinanzielle Anreize, wie Sachprämien oder Dienstwagen, im
Vordergrund. Bei der Gestaltung des Vergütungssystems finden Aspekte wie Fairness und
Reziprozität kaum Beachtung. Unter Fairness versteht man, dass die Individuen eine gerechte
Verteilung der materiellen Ergebnisse unter Tauschpartnern anstreben. Bei Reziprozität ist der
Nutzen dagegen nicht nur von den materiellen Ergebnissen, sondern auch von den Intentionen
der Interaktionspartner abhängig. Fairness und Reziprozität sind starke Konstrukte, die in der
Arbeitsbeziehung eine entscheidende Rolle spielen. Werden Vergütungs- und Anreizsysteme
von den Mitarbeitern als unfair wahrgenommen, so verfehlen die eingesetzten Anreizsysteme
ihre Wirkung und eine Steigerung der Arbeitsleistung bleibt aus. Verhalten sich die
Mitarbeiter darüber hinaus reziprok, reduzieren sie sogar ihre Arbeitsleistung aufgrund des
falschen Anreizsystems.
2 Zielsetzung der Arbeit Die Zielsetzung dieser Arbeit ist zum einen, die Bedeutung von Fairness und
Reziprozität bei der Arbeitsmotivation aufzuzeigen. Mit Hilfe von empirischen
Untersuchungen soll ein faires Vergütungs- und Anreizsystem identifiziert werden. Dabei
spielt insbesondere die empfundene Fairness bei verschiedenen Vergütungs- und Anreizsystemen eine Rolle. Es wird theoretisch und empirisch untersucht, wie Fairness und
2
Reziprozität die Motivation und den Arbeitseinsatz von Mitarbeitern beeinflussen können.
Denn verschiedene Vergütungssysteme können die empfundene Fairness und das reziproke
Verhalten der Arbeitnehmer beeinflussen. Je größer beispielsweise der Arbeitnehmer die
Fairness des Vergütungs- und Anreizsystems empfindet, desto höher ist im Gegenzug seine
Arbeitsleistung. Durch die richtige Wahl des Vergütungssystems können demnach die
Motivation der Arbeitnehmer und die Arbeitsleistung gesteigert werden.
Zum anderen wird die Effizienz von Anreizsystemen im Rahmen des
Versicherungsvertriebs untersucht. Es stehen sowohl Ausschreibungen als auch die
Turnierentlohnung, als wichtigste Anreizsysteme des Versicherungsvertriebs, im Fokus der
Untersuchung. Im Rahmen von Ausschreibungen im Versicherungsvertrieb wird untersucht,
wie sich Framing-Effekte in der Darstellung von Ausschreibungen auf die Arbeitsmotivation
von Versicherungsvertretern auswirken. Framing ist die unterschiedliche Darstellung von
Anreizsystemen. Dabei können Ausschreibungen als Gewinn- oder Verlustdarstellung
unterschiedlich geframed werden. Aufgrund des unterschiedlichen Frames können ansonsten
monetär identische Ausschreibungen eine unterschiedliche Motivationswirkung haben und
daher eine unterschiedliche Arbeitsleistung der Versicherungsvertreter nach sich ziehen. Ein
besonderer Fokus liegt dabei auf der Rolle von Reziprozität und deren Einfluss auf die
Arbeitsmotivation. Denn durch Reziprozität kann der Referenzpunkt, der für Framing-Effekte
entscheidend ist, beeinflusst werden.
Als zweites zentrales Anreizsystem im Versicherungsvertrieb wird die
Turnierentlohnung untersucht. Die Turnierentlohnung kann ebenso wie Ausschreibungen zu
Motivations- und Leistungssteigerungen führen. Allerdings sind beim Vorhandensein von
Fairness und Reziprozität die Anreizwirkung und Effizienz der Turnierentlohnung zu
hinterfragen. Untersuchungen haben zudem gezeigt, dass bei der Teilnahme an Turnieren
Selektionseffekte auftreten können. So nehmen beispielsweise Individuen mit einem hohen
Selbstbewusstsein eher an Turnieren teil als weniger selbstsichere Menschen. Daher wird der
Frage nachgegangen, wie ein Turnier ausgestaltet sein sollte, um effizient zu sein, d. h., um
möglichst jeden Versicherungsvertreter zu motivieren am Turnier teilzunehmen und seine
Arbeitsleistung zu steigern.
Mit Hilfe zweier Experimente zu Ausschreibungen sowie eines Experiments und einer
empirischen Studie zur Turnierentlohnung wird die Effizienz dieser Anreizsysteme untersucht
und es werden Implikationen für die Gestaltung von Anreizsystemen im Versicherungs-
vertrieb abgeleitet.
3 Aufbau der Arbeit Diese Arbeit ist in zwei Bereiche eingeteilt. Der erste Bereich (Teil II) untersucht die
Rolle von Fairness und Reziprozität bei der Arbeitsmotivation. Die Grundlage des
theoretischen Teils bilden ausgewählte Theorien zur Arbeitsmotivation. Anschließend werden
Faktoren des Einflusses auf die Arbeitsmotivation dargestellt. Das besondere Augenmerk liegt
dabei auf Anreizsystemen sowie den Konstrukten Fairness und Reziprozität. Im empirischen
Teil wird mit Hilfe einer Studie die empfundene Fairness verschiedener Vergütungs- und
Anreizsysteme untersucht. Darauf aufbauend wird mit Hilfe einer Conjoint-Analyse ein faires
Anreiz- und Vergütungssystem identifiziert.
Der zweite Bereich der Arbeit (Teil III) untersucht Anreizsysteme im Versicherungs-
vertrieb. Zunächst werden die Grundlagen des Versicherungsvertriebs dargestellt.
Anschließend werden zwei Anreizsysteme, die im Versicherungsvertrieb eine zentrale Rolle
spielen – Ausschreibungen und Turnierentlohnung –, näher untersucht. Zunächst werden
3
Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben erläutert. Es wird aufgezeigt, was unter
Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben im Rahmen des Versicherungsvertriebs zu
verstehen ist. Ebenso wird die Gestaltung von Ausschreibungen mittels Framing dargestellt
und der Einfluss von Reziprozität erläutert.
Anschließend werden die Vor- und Nachteile bei der Turnierentlohnung für
Versicherungsunternehmen aufgezeigt. Weiter werden die Effizienz und Selektionseffekte bei
der Turnierentlohnung erläutert. Im Versicherungsvertrieb spielen Auszeichnungen, wie
beispielsweise „Versicherungsvertreter des Jahres“, eine besondere Rolle. Daher werden
weiter Auszeichnungen im Rahmen der Turnierentlohnung vorgestellt.
Der empirische Teil untersucht mit Hilfe zweier Experimente die Ausgestaltung von
Ausschreibungen mit Framing und die daraus resultierenden Effekte auf die
Arbeitsmotivation. Dabei wird insbesondere der Einfluss von Reziprozität untersucht.
Effizienz und Selektionseffekte bei der Turnierentlohnung von Versicherungsvertretern
werden ebenfalls mit einem Experiment untersucht. Die Untersuchung der Anreizwirkung von
Auszeichnungen dagegen erfolgt mit Hilfe einer Umfrage unter Versicherungsvertretern.
Die Arbeit endet mit einer kurzen Zusammenfassung der Ergebnisse und
Implikationen für den Versicherungsvertrieb sowie einem Ausblick auf weiteren
Forschungsbedarf. Abbildung 1 verdeutlicht den Gang der Untersuchung dieser Arbeit.
Abb. 1: Gang der Untersuchung
Quelle: eigene Darstellung.
4
II Fairness und Reziprozität – ein besonderer Aspekt bei Arbeitsmotivation
und Anreizsystemen In sozialen Interaktionen spielen soziale Präferenzen, wie Fairness und Reziprozität,
eine wichtige Rolle. Unter Fairness versteht man, dass die Individuen eine gerechte
Verteilung der materiellen Ergebnisse unter Tauschpartnern anstreben. Bei Reziprozität ist der
Nutzen dagegen nicht nur von den materiellen Ergebnissen, sondern auch von den Intentionen
der Interaktionspartner abhängig. Eine soziale Interaktion kann beispielsweise die
Unternehmen-Kunden-Beziehung sowie die Unternehmen-Mitarbeiter-Beziehung sein. Das
Unternehmen muss sich nicht nur gegenüber seinen Kunden fair verhalten, sondern auch
gegenüber seinen Mitarbeitern. Gerade für die Motivation der Mitarbeiter ist eine gerechte
Entlohnung und Behandlung seitens des Unternehmens von immenser Bedeutung.
Ein Unternehmen kann seine Mitarbeiter auf vielfältige Weise vergüten. Neben einem
Fixgehalt können verschiedene Boni an die Mitarbeiter ausgeschüttet werden. Die Auswahl
der Mitarbeiter, die einen Bonus oder eine Prämie erhalten, kann beispielsweise durch
Turniere erfolgen. Nur die Sieger des Turniers erhalten dann den ausgelobten Bonus. Die
verschiedenen Vergütungs- und Anreizsysteme können dabei die empfundene Fairness und
das reziproke Verhalten der Arbeitnehmer beeinflussen. Je größer beispielsweise die Fairness
des Vergütungssystems aus Sicht des Arbeitnehmers ist, desto höher ist im Gegenzug seine
Arbeitsleistung. Durch die richtige Wahl des (fairen) Vergütungssystems kann demnach die
Motivation der Arbeitnehmer und somit die Arbeitsleistung gesteigert werden.
In diesem Kapitel wird zunächst ein kurzer Einblick in die Arbeitsmotivation, im
Speziellen in die Equity-Theorie sowie die intrinsische und extrinsische Motivation, gegeben.
Anschließend werden soziale Präferenzen erläutert und deren Einfluss auf die Motivation
aufgezeigt. Mit Hilfe empirischer Untersuchungen soll die empfundene Fairness von
verschiedenen Vergütungs- und Anreizsystemen aufgezeigt werden.
1 Ausgewählte Theorien der Arbeitsmotivation Die Motivationsforschung ist ein sehr weites Feld mit verschiedensten Forschungs-
und Erklärungsansätzen. Die Ansätze reichen beispielsweise von einem evolutions-
biologischen über den psychologischen bis hin zum handlungsorientierten Ansatz. Allen
Ansätzen ist gemein, dass sie zum Ziel haben, die Ursachen des menschlichen Verhaltens zu
erklären (Heckhausen, 2003, S. 3; Ursin, 2006, S. 105). Obwohl keine einheitliche Definition
über Motivation existiert, legen alle Ansätze Motive als Auslöser für Motivation zugrunde.
Motive sind im Individuum selbst verankert. Motive können dabei Instinkte, Triebe,
Bedürfnisse, Tendenzen, Intentionen, Ziele, Anliegen oder der eigene Wille sein (Ursin, 2006,
S. 111).
Abbildung 2 verdeutlicht das Konstrukt der Motivation aus Sicht der Konsumenten-
verhaltensforschung nach Kroeber-Riel, Weinberg und Gröppel-Klein (2009). Motivation
entsteht demnach durch das Zusammenwirken von grundlegenden Antriebskräften
(Emotionen, Triebe) und kognitiven Antriebskräften (Zielorientierung, Handlungs-
programme).
5
Abb. 2: Variableninteraktion zur Klärung des Motivationsbegriffes
Quelle: Kroeber-Riel et al., 2009, S. 169.
Die grundlegenden Antriebskräfte lösen eine Handlung aus. Dies kann entweder durch
Triebe (physiologische Mangelzustände) oder Emotionen geschehen. Die kognitiven
Antriebskräfte bestimmen die Richtung der Handlung. Kroeber-Riel et al. (2009) führen ein
einfaches Beispiel zur Erklärung des Motivationskonstruktes an: Wenn ein Individuum
Hunger verspürt (Trieb), so führt die Frage, wie der Hunger gestillt werden kann,
(Zielorientierung) zur Motivation, in ein Restaurant zu gehen (Kroeber-Riel et al. 2009, S.
168–169).
Für die Analyse von Motivation in Arbeitsbeziehungen findet die spezielle
Arbeitsmotivationsforschung Anwendung. In der Arbeitsmotivationsforschung wird die Frage
untersucht, warum Menschen arbeiten. Dabei sind neben dem (Arbeits-)Motiv noch externe
Anreize eine wesentliche Komponente der Arbeitsmotivation. Mit Hilfe externer Anreize
versuchen Unternehmen die Arbeitsmotivation ihrer Mitarbeiter zu steigern. Ebenso wie in
der Motivationsforschung gibt es in der Arbeitsmotivationsforschung keine einheitliche
Definition und viele verschiedene Ansätze. Die Forschungsansätze zur Arbeitsmotivation
lassen sich in Inhaltstheorien und Prozesstheorien zusammenfassen. Darüber hinaus gibt es
noch Situationale Theorien (siehe Abbildung 3).
Abb. 3: Übersicht über Theorien zur Arbeitsmotivation
Quelle: eigene Darstellung.
6
Inhaltstheorien untersuchen Fragestellungen nach der Art, Anzahl und Bedeutung von
Motiven, die ein Individuum zu einem bestimmten Verhalten veranlassen. Zu den
Inhaltstheorien zählen die Bedürfnispyramide nach Maslow, die ERG-Theorie nach Alderfer
und die Zwei-Faktoren-Theorie nach Herzberg. Prozesstheorien dagegen legen den Fokus auf
den Motivationsverlauf und versuchen die kognitiven Prozesse, die in einem Individuum
ablaufen, das etwas anstrebt, zu erklären. Zu den Prozesstheorien zählen die VIE-Theorie
nach Vroom, das Motivationsmodell nach Porter und Lawler sowie die Zieltheorie nach
Locke. Bei den Situationalen Theorien steht weniger das einzelne Individuum im
Vordergrund als vielmehr der Kontext einer Situation. Als Situationale Theorien werden die
Equity-Theorie nach Adams, das Job Characteristics Modell nach Hackmen und Oldham
sowie Gruppennormen zusammengefasst (Ursin, 2006, S. 112–141, 133–39).
Im Folgenden wird die Equity-Theorie nach Adams kurz erläutert, da diese Theorie
auch den Fairnesstheorien zugeordnet werden kann und im späteren Verlauf der Arbeit sowie
in den empirischen Untersuchungen eine Rolle spielt. Anschließend werden die intrinsische
und extrinsische Motivation als Spezialfall der Arbeitsmotivation näher erläutert.
1.1 Equity-Theorie
Adams (1965) geht in seiner Equity-Theorie davon aus, dass Individuen nach Fairness
und Gerechtigkeit streben. Individuen vergleichen dabei ihre eigene Relation von Ertrag
(Outcome) und Aufwand (Input) mit der Relation einer Vergleichsperson. Die
Vergleichsperson kann ein Arbeitskollege aus demselben oder einem anderen Unternehmen
oder eine Gruppe von Personen sein. Ebenso kann das Individuum selbst als Vergleichsperson
dienen, wenn sich der Vergleich auf eine frühere Arbeitsstelle bezieht. Ist die Relation von
Input und Outcome bei beiden Individuen gleich, so liegt Gleichheit (Equity) vor. Weist die
Relation dagegen signifikante Unterschiede auf, so liegt Ungleichheit (Inequity) vor, was zu
einem Spannungszustand führt. Hier geht die Equity-Theorie auf die Theorie der kognitiven
Dissonanz nach Festinger (1957) zurück. Individuen empfinden diesen Spannungszustand als
unangenehm und sind daher motiviert die Ungleichheit aufzuheben. Für die
Wiederherstellung von Gleichheit hat das Individuum folgende Handlungsalternativen
(Koschate, 2002, S. 79–81; Ursin, 2006, S. 133–135):
Senkung bzw. Erhöhung des eigenen Inputs: Der Arbeitseinsatz wird erhöht bzw. gesenkt.
Senkung bzw. Erhöhung der eigenen Outcomes: Lohnerhöhung oder Lohnverzicht.
Abbruch der Vergleichsbeziehung: Kündigung des Arbeitsverhältnisses.
Kognitive Verzerrung des Selbstbildes: Der eigene Input bzw. Outcome wird niedriger oder höher wahrgenommen, als er tatsächlich ist.
Kognitive Verzerrung des Fremdbildes: Der Input bzw. Outcome der
Vergleichsperson wird niedriger oder höher wahrgenommen, als er tatsächlich ist.
Wechsel der Vergleichsperson: Vergleich mit einem Individuum, das gleich oder schlechter ist, als man selbst.
Dabei wählt ein Individuum zur Reduktion von Ungleichheit vorrangig die
Alternativen, die den eigenen Outcome erhöhen und den eigenen Input senken. Die
Alternativen kognitive Verzerrung, Abbruch der Vergleichsbeziehung und Wechsel der
Vergleichsperson werden eher selten herangezogen, um eine Gleichheit wiederherzustellen.
Dabei findet die Verzerrung des Inputs und Outputs der Vergleichsperson wesentlich häufiger
Anwendung als die Verzerrung des Selbstbildes (Adams, 1965, S. 295–296; Koschate, 2001,
S. 79–80). Abbildung 4 verdeutlicht die verschiedenen Alternativen im Umgang mit
Ungleichheit.
7
Abb. 4: Handlungsalternativen zur Reduzierung von Ungleichheit nach der Equity-Theorie
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Koschate, 2002, S. 83.
Ist die Relation zwischen Input und Outcome des Individuums A kleiner als die
Relation seiner Vergleichsperson B, so ist die Ungleichheit zum Nachteil des Individuums A.
Um eine Gleichheit wiederherzustellen, kann das Individuum entweder sein Outcome steigern
(Lohnerhöhung verlangen) oder seinen Input senken (Reduzierung des Arbeitseinsatzes). Die
Verzerrungsstrategie, der Abbruch der Vergleichsbeziehung sowie der Wechsel der
Vergleichsperson finden dagegen eher selten Anwendung. Ist die Ungleichheit dagegen zum
Vorteil von Individuum A, so ist die vorrangige Strategie zur Reduktion von Ungleichheit die
kognitive Verzerrung des Fremdbildes. Der Input bzw. Output der Vergleichsperson wird
höher oder niedriger wahrgenommen, als er tatsächlich ist, so dass eine Gleichheit
wiederhergestellt ist. Nachranging ist dagegen die Handlungsalternative der Anpassung des
eigenen Inputs bzw. Outputs, da das Individuum nicht freiwillig auf Lohn verzichten würde.
Auch eine Erhöhung des Arbeitseinsatzes bei einer Überbezahlung wird nur von Personen mit
einem sehr großen Pflichtbewusstsein zur Wiederherstellung von Gleichheit angewendet
(Feldmann & Arnold, 1983, S. 117; Koschate, 2002, S. 81–82; Ursin, 2006, S. 134–135).
Motivation ist bei der Equity-Theorie daher abhängig von Anreizen und dem Vergleich mit
Dritten.
1.2 Intrinsische und extrinsische Motivation
Eine weitere Theorie zur Erklärung der (Arbeits-)Motivation sind die intrinsische und
extrinsische Motivation. Dieser Ansatz stellt allerdings keine klassische Theorie der
Arbeitsmotivation dar (Ursin, 2006, S. 141).
Intrinsische und extrinsische Motivation lassen sich dabei in ihrer Wirkungsweise nur
schwer voneinander trennen. Darüber hinaus gibt es kein einheitliches Verständnis und keine
einheitlichen Definitionen über intrinsische und extrinsische Motivation. Grundsätzlich
bezeichnet intrinsische Motivation das von innen heraus motivierte Verhalten und
extrinsische Motivation das von außen motivierte Verhalten (Ursin, 2006, S. 141–142).
8
Jede Handlung hat demnach zu einem gewissen Grad eine eigenständige Motivation,
die intrinsische Motivation. Diese Handlung führt eine Person freiwillig, um ihrer selbst
willen aus und die Zielerreichung steht im Vordergrund (Deci, 1971, S. 105; Frey & Benz,
2001, S. 19; Gneezy & Rustichini, 2000, S. 793; Ursin, 2006, S. 142). Die intrinsische
Motivation setzt sich aus drei Teilbereichen zusammen (siehe Abbildung 5). Neben Freude an
der Arbeit und dem Erreichen selbstgesetzter Ziele besteht die intrinsische Motivation noch
aus dem Aspekt des Einhaltens von Normen um ihrer selbst willen. Fairness ist ein Teil dieser
Normen. Fairness spielt vor allem im Kontext von Arbeitsbeziehungen eine Rolle. Wenn sich
Arbeitnehmer unfair behandelt fühlen, kann dies demotivierend wirken und eine Reduzierung
des Arbeitseinsatzes zur Folge haben (Frey & Osterloh, 2002, S. 24). Soziale Präferenzen
erweitern dabei die Arbeitsmotivationsforschung, da Arbeitnehmer nicht mehr einzeln
betrachtet werden, sondern die Interaktion mit dem Arbeitgeber und der Vergleich zwischen
den Arbeitnehmern entscheidend sind (Ursin, 2006, S. 134).
Abb. 5: Arten der intrinsischen Motivation
Quelle: Frey & Osterloh, 2002, S. 25.
Extrinsische Motivation dagegen ist von außen motiviert. Die Handlung ist also nur
Mittel zum Zweck und wird durch Anreize (Belohnung oder Bestrafung) erzeugt (Frey &
Benz, 2001, S. 19).
Durch das Setzen von externen Anreizen kann es zur Verdrängung von intrinsischer
durch extrinsische Motivation kommen. Der Verdrängungseffekt kann mit der Cognitive
Evaluation Theory und der Selbstwahrnehmungstheorie erklärt werden (Sliwka, 2003, S.
300). Die Cognitive Evaluation Theory geht davon aus, dass jedes Individuum ein Bedürfnis
nach Selbstbestimmung hat. Liegt intrinsische Motivation vor, so entscheidet sich ein
Individuum bewusst und aus freien Stücken für eine Aufgabe, da es einen Nutzen aus der
Aufgabe selbst zieht. Durch das Setzen eines Anreizes wird diese Selbstbestimmung
untergraben. Der Anreiz steht jetzt im Vordergrund und das Individuum erfüllt die Aufgabe,
um den Anreiz zu erhalten. Der Nutzen des Individuums aus der Aufgabe selbst sinkt (Sliwka,
2003, S. 300).
Die Theorie der Selbstwahrnehmung unterstellt, dass Individuen sich nicht bewusst
sind, aus welchen Gründen sie Aufgaben ausführen. Wird eine Aufgabe mit einem Anreiz
belohnt, so gehen Individuen allerdings davon aus, dass dieser Anreiz sie zum Erfüllen der
Aufgabe bewogen hat. Fehlt dagegen ein Anreiz, so geht das Individuum davon aus, dass es
intrinsisch motiviert war (Sliwka, 2003, S. 300).
Dabei ist zu beachten, dass der Verdrängungseffekt hauptsächlich bei Aufgaben
entsteht, bei denen keine Belohnung erwartet wird. Ein Anreiz untergräbt die freiwillige
9
Aufgabenerfüllung und die Aufgabe wird nur noch erfüllt, um den Anreiz zu erhalten. Bei
Aufgaben, die generell mit einer Bezahlung verbunden sind, wie Arbeitsbeziehungen, kann
der Verdrängungseffekt einen anderen Effekt oder sogar gar keinen Effekt haben, da
Individuen von vornherein eine Bezahlung erwarten. Im Entlohnungskontext muss sich das
Unternehmen also nicht fragen, ob durch die Lohnzahlung ein Verdrängungseffekt von
intrinsischer durch extrinsische Motivation entsteht. Vielmehr muss das Unternehmen
überlegen, in welcher Form es seine Mitarbeiter entlohnt und für zusätzliche Leistungen
belohnt. Allerdings muss das Unternehmen in diesem Zusammenhang soziale Präferenzen
berücksichtigen, da diese in der Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehung eine entscheidende
Rolle spielen. Somit können soziale Präferenzen eine starken Einfluss auf die Motivation und
den Arbeitseinsatz der Arbeitnehmer ausüben (Fehr & Falk, 2002, S. 718).
2 Einflüsse auf die Arbeitsmotivation Arbeitsmotivation kann durch Anreize und Anreizsysteme gesteigert werden. In
diesem Zusammenhang müssen aber die Konstrukte Fairness und Reziprozität berücksichtigt
werden. Wird ein Anreizsystem beispielsweise von den Arbeitnehmern nicht als fair
angesehen, kann ein Effekt auf die Arbeitsmotivation ausbleiben. Wenn sich die
Arbeitnehmer reziprok verhalten, kann sich die Arbeitsleistung sogar reduzieren.
Daher wird in diesem Kapitel zunächst erläutert, was man unter einem Anreizsystem
versteht und welchen Einfluss Anreizsysteme auf die Arbeitsmotivation ausüben, bevor die
Rolle von Fairness und Reziprozität bei der Arbeitsmotivation analysiert wird.
2.1 Anreizsysteme und deren Einfluss auf die Arbeitsmotivation
Schon Adam Smith stellte im Jahr 1776 fest, dass ein Anreizproblem bei der Delegation
von Aufgaben besteht. Smith stellte fest, dass die Manager eines Unternehmens sich
eigennützig und nicht im Sinne des Unternehmens verhalten, wenn sie nicht die Eigentümer
des Unternehmens sind (Smith, 2005, S. 606–607). Dieses Beispiel ist ein klassisches Beispiel
der Prinzipal-Agent-Theorie. Die Prinzipal-Agent-Theorie ist neben der Transaktionskosten-
theorie, der Informationsökonomik und dem Property-Rights-Ansatz eine zentrale Theorie der
Neuen Institutionenökonomie (Kuss, 2009, S. 171; Lehmann, 2006, S. 3). Die Neue
Institutionenökonomie beinhaltet zentrale Annahmen, die die verschiedenen Ansätze
entscheidend prägen. Die zentralen Annahmen sind (Richter & Furubotn, 2003, S. 2–8):
Methodologischer Individualismus: Individuen werden als eigenständig und einzigartig angesehen. Da die Individuen verschieden sind, unterscheiden sie sich auch
in ihren Präferenzen, Zielen, Zwecken und Ideen.
Nutzenmaximierung: Die Individuen haben ihre eigenen Interessen und streben an, ihren eigenen Nutzen zu maximieren. Dabei berücksichtigen die Individuen die
Nebenbedingungen, die von den institutionellen Organisationen vorgegeben werden.
Individuelle Rationalität: Es müssen die Sichtweisen der vollkommenen und unvollkommenen individuellen Rationalität unterschieden werden. Die vollkommene
individuelle Rationalität ist eng an der Sichtweise der Neoklassik angeknüpft und geht
davon aus, dass Individuen konstante und stabile Präferenzen haben. Diese Sichtweise
ist besonders bei der Prinzipal-Agent-Theorie von Bedeutung. Bei der Sichtweise der
unvollkommenen Rationalität dagegen werden die Präferenzen als unvollständig und
über die Zeit veränderbar angesehen. Dies spielt besonders im Hinblick auf die
Transaktionskostentheorie eine Rolle, da es für die Wirtschaftssubjekte zu kostspielig
ist alle Präferenzen zu kennen.
10
Opportunismus: Individuen können sich opportunistisch verhalten. Die Individuen
können unter Zuhilfenahme von List beispielsweise ihre tatsächlichen Präferenzen
verschleiern oder Informationen zurückhalten.
Verfügungsrechte: Neben den Wirtschaftssubjekten besteht jede Gesellschaft aus Verfügungsrechten. Verfügungsrechte sind sowohl das Recht, „physische Güter oder
geistige Leistungen zu gebrauchen und Nutzen aus ihnen zu ziehen“ (Richter &
Furubotn, 2003, S. 6), als auch das Recht, „von anderen Personen ein bestimmtes
Verhalten zu fordern“ (Richter & Furubotn, 2003, S. 6).
Überwachungs- und Durchsetzungssysteme: Überwachungs- und Durchsetzungs-systeme dienen zur Umsetzung von Regeln und Verfügungsrechten. Durch Gesetz
oder Gewohnheit werden Sanktionsmechanismen in einer Gesellschaft etabliert. Diese
Sanktionen schränken die Verhaltensweisen der Individuen ein.
Institutionen und Organisationen: Mit Hilfe von Institutionen wird versucht das Verhalten von Individuen in bestimmte Richtungen zu lenken und dadurch eine
gewisse Ordnung und eine Reduktion von Unsicherheit zu erreichen. Institutionen
„definieren die Anreizstruktur von Gesellschaften und insbesondere Wirtschaften“
(North, 1994, S. 359).
Diese Annahmen legen auch die Grundlagen für die Prinzipal-Agent-Theorie. Im Rahmen
der Prinzipal-Agent-Theorie beauftragt ein Prinzipal (Auftraggeber) einen Agenten
(Auftragnehmer) Handlungen in seinem Namen durchzuführen. Der Agent hat bei der
Erfüllung der Aufgabe einen gewissen Handlungsspielraum. Prinzipal-Agenten-Beziehungen
können in verschiedenen Situationen vorliegen (Lehmann, 2006, S. 3; Richter & Furubotn,
2003, S. 173–174). Für diese Arbeit soll der Arbeitgeber als Prinzipal und der Arbeitnehmer
als Agent agieren.
Liegen Informationsasymmetrien zwischen dem Prinzipal und dem Agenten vor,
kommt es zu Agenturproblemen, da sich beide Parteien eigennützig verhalten und ihren
eigenen Nutzen maximieren wollen. Die Informationsasymmetrien sind zu Gunsten des
Agenten, d. h., der Arbeitnehmer hat einen Wissensvorsprung vor dem Arbeitgeber. So kann
es zur Problematik von Hidden Information und Hidden Action kommen (Lehmann, 2006, S.
4; Richter & Furubotn, 2003, S. 174–175). Hidden Action und Hidden Information entstehen,
wenn der Prinzipal das Verhalten des Agenten nicht beobachten (Hidden Action) oder
aufgrund von fehlenden Informationen nicht beurteilen kann (Hidden Information) (Meffert &
Bruhn, 2006, S. 96). Das Unternehmen kann daher oft nicht erkennen, wie hoch der
Arbeitseinsatz des Mitarbeiters ist und ob die Leistung eines Mitarbeiters aus eigenen
Leistungen oder beispielsweise externen Einflussfaktoren resultiert.
Mit Hilfe von Anreizsystemen kann die Prinzipal-Agent-Problematik gelöst werden.
Der Prinzipal muss die Anreize so setzen, dass der Agent sich im Sinne des Prinzipals verhält
und nicht nur seinen eigenen Nutzen, sondern auch den Nutzen des Prinzipals erhöhen
möchte. Die Anreize müssen so gesetzt werden, dass es im eigenen Interesse des Agenten ist,
einen hohen Arbeitseinsatz zu zeigen (Lehmann, 2006, S. 4–5).
Unter Anreizsystemen versteht man „jede planvolle Gestaltung der Arbeits-
bedingungen (…), die primär das Ziel verfolgt, die betroffenen Arbeitnehmer zu einer
Mehrleistung zu motivieren“ (Fürstenberg, 1973, S. 82). Wild (1973) bezieht in seiner
Beschreibung von Anreizsystemen Belohnung und Bestrafung des gezeigten Verhaltens mit
ein: „Anreizsysteme sind die Summe aller bewusst gestalteten Arbeitsbedingungen, die
bestimmte Verhaltensweisen (durch positive Anreize, Belohnungen) verstärken, die
Wahrscheinlichkeit des Auftretens anderer dagegen mindern (negative Anreize, Strafen)“
11
(Wild, 1973, S. 47). Dabei muss man materielle und immaterielle Anreize unterscheiden.
Tabelle 1 zeigt eine Einordnung von Anreizen nach ihren materiellen und immateriellen
Eigenschaften. Materielle Anreize können weiter nach ihrer finanziellen Wirkungsweise
unterteilt werden. Direkte finanzielle Anreize, wie die Bezahlung von Überstunden, schlagen
sich direkt in Geldwert für den Arbeitnehmer nieder. Andere Anreize, wie beispielsweise ein
Dienstwagen oder eine Altersvorsorge, wirken sich nicht direkt monetär auf die Arbeitnehmer
aus, können aber entsprechend bewertet werden. Geld spielt in diesem Zusammenhang eine
besondere Rolle. Geld kann als objektiver Anreiz in dem Sinne gesehen werden, dass Geld
den Mitarbeitern ermöglicht andere Ziele und Bedürfnisse zu erreichen. Immateriellen
Anreizen dagegen kann kein entsprechender monetärer Wert zugewiesen werden (Lehmann,
2006, S. 9–10, 21–22).
Tab. 1: Beispielhafte Darstellung materieller und immaterieller Anreize
Materielle Anreize
Immaterielle Anreize Direkt finanzielle
Anreize
Indirekt finanzielle
Anreize Aufwandsentschädigungen Altersversorgung Anerkennung
Bezahlung von Überstunden Betriebliche Sozialleistungen Arbeitsinhalt (Aufgabe)
Erfolgsbeteiligungen Dienstreisen Arbeitsplatz zu Hause
Essensgeldzuschuss Dienstwagen Arbeitsplatzsicherheit
Festgehalt Dienstwohnung Arbeitszeitregelung
Jubiläumszuwendungen Job Ticket Autonomie
Treueprämien Konsumvorteile Beziehung zu Mitarbeitern
Variables Gehalt Sachzuwendungen Führungsstil
Sonderurlaub Größe und Struktur der
Organisation
Spesenkonto Image der Unternehmung
Unfallversicherung Karriere (Beförderung)
Zinsvergünstigte Kredite Leistungserfolg
Macht
Partizipationsmöglichkeiten
Personalentwicklung
Standort
Titel
Verantwortung
Quelle: Lehmann, 2006, S. 22.
Damit ein Anreizsystem die Arbeitnehmer motiviert, einen höheren Arbeitseinsatz zu
zeigen, muss verschiedenen Anforderungen nachgegangen werden. Neben der Akzeptanz des
Anreizsystems unter den Mitarbeitern, der Anreizkompatibilität (Ausrichtung auf
Unternehmensziele) und der Anreizvalenz (Anreiz muss einen subjektiven Nutzen für den
Mitarbeiter stiften) ist vor allem der Aspekt der Fairness zu berücksichtigen. Das
Anreizsystem muss so gestaltet sein, dass die Relation von Input und Outcome von den
Mitarbeitern als gerecht empfunden wird. Darüber hinaus muss das Anreizsystem auch dem
Vergleich mit einer Vergleichsperson nach der Equity-Theorie standhalten. Es ist zu beachten,
dass das Anreizsystem die Anforderungshöhe der Arbeitsaufgabe, den Arbeitseinsatz des
Arbeitnehmers sowie den sozialen Hintergrund berücksichtigt. Darüber hinaus muss das
Anreizsystem auch konkurrenzfähig mit Anreizsystemen von vergleichbaren anderen
Unternehmen sein (Lehmann, 2006, S. 17).
Werden diese Aspekte berücksichtigt, ist das Anreizsystem effizient gestaltet und
motiviert die Arbeitnehmer ihren Arbeitseinsatz zu erhöhen. Durch das Setzen von
spezifischen Anreizen kann das Unternehmen gute Leistungen fördern, außergewöhnliche
Anstrengungen belohnen und sogar die Akzeptanz und Einstellung gegenüber
12
organisatorischen Maßnahmen verbessern (Kniecke, 1995, S. 513). Rosenstiel (1975) zeigt in
seinem Modell den Zusammenhang zwischen Anreiz, Leistung und Zufriedenheit auf (siehe
Abbildung 6).
Abb. 6: Modell des motivischen Verhaltens – Zusammenhang zwischen Anreiz, Leistung und
Zufriedenheit
Quelle: Rosenstiel, 1975, S. 32.
Individuen zeichnen sich durch eine individuelle Motivstruktur (1) aus. Im Rahmen
der Organisation (Unternehmen) werden die Individuen nun mit einer bestimmten Situation
konfrontiert (2). Das Individuum nimmt die objektiven Informationen und Gegebenheiten, die
mit der Situation verbunden sind, selektiv und verzerrt wahr. Die Wahrnehmung ist dabei
abhängig von der psychologischen Lage der Individuen. Diejenigen Gegebenheiten, die mit
der Motivstruktur übereinstimmen, werden als Anreiz eingestuft (3) und führen zur
Motivaktivierung (4). Aufgrund der bisherigen Erfahrungen, die ein Individuum bei der
Befriedigung seiner Bedürfnisse gemacht hat, werden Erwartungen geweckt (5). Abhängig
von diesen Erfahrungen und der Wahrscheinlichkeit der Bedürfnisbefriedigung kommt es zur
Verhaltensintention (6). Was wiederum zum Verhalten (7) an sich führt. Mit dem Ergebnis
des Verhaltens (8) geht eine Veränderung der Situation einher. Das Ergebnis des Verhaltens
ist nicht nur abhängig von der Verhaltensintention, sondern auch von den Fähigkeiten der
Individuen. Die Wahrnehmung und Bewertung des Ergebnisses des Verhaltens nimmt das
Individuum als Belohnung oder Bestrafung (9) wahr. Ob ein Ergebnis als Belohnung oder
Bestrafung eingestuft wird, ist dabei anhängig vom Vergleich der Erwartungen des
Individuums und der tatsächlich eingetretenen Situation. Werden die Erwartungen des
Individuums erfüllt oder übertroffen, wird das Ergebnis als Belohnung wahrgenommen.
Werden die Erwartungen nicht erfüllt, empfindet das Individuum das Ergebnis als eine
Bestrafung. Eine Belohnung führt zum Zustand der Zufriedenheit und eine Bestrafung fördert
dagegen die Unzufriedenheit (10). Zufriedenheit und Unzufriedenheit haben wiederum einen
Einfluss auf die Motivstruktur (1) und können so die Verhaltensbereitschaft von Individuen
verändern. (Lehmann, 2006, S. 8–9; Rosenstiel, 1975, S. 31–33.)
Beispielsweise zeichnet sich ein Arbeitnehmer durch die Charaktereigenschaften
Geltungsstreben und Ehrgeiz aus (1). In dem Unternehmen wird nun eine Stelle als
Abteilungsleiter frei (2). Der Arbeitnehmer entdeckt die Stellenanzeige. Diese stellt für den
Arbeitnehmer einen Anreiz (3) dar, sich auf die Stelle zu bewerben, und weckt in ihm den
Wunsch, die angesehenere Position zu erhalten (4). Der Arbeitnehmer erwartet (5), dass er
durch eine Steigerung seines Arbeitseinsatzes die ausgeschriebene Stelle erhalten wird. Der
Arbeitnehmer sieht eine hohe Wahrscheinlichkeit, dass seine Bewerbung erfolgreich sein
13
wird. Daher strengt er sich an und steigert seinen Arbeitseinsatz (6). Durch den gesteigerten
Arbeitseinsatz und seine Qualifikationen und Fähigkeiten gelingt dem Arbeitnehmer eine
herausragende Arbeitsleistung und er fällt seinem Vorgesetzten positiv auf (7). Allerdings hat
die Bewerbung des Arbeitnehmers keinen Erfolg, dennoch erhält er eine kleine
Gehaltserhöhung (8). Diese Gehaltserhöhung empfindet der Arbeitnehmer aber nicht als
Belohnung, sondern als Strafe, da er sich durch die Beförderung wesentlich mehr erwartet hat
(9). Daher ist er unzufrieden (10). Die Unzufriedenheit ist so stark, dass sie auch noch in
Zukunft die Verhaltensweisen des Arbeitnehmers beeinflusst. Auf eine erneute
Stellenausschreibung bewirbt er sich nicht und er steigert seinen Arbeitseinsatz nicht mehr (1)
(Rosenstiel, 1975, 33–34).
Probleme bei Anreizsystemen können weiter entstehen, wenn Anreize nicht richtig
eingesetzt werden. Wenn die Anreize beispielsweise in die falsche Richtung wirken und eine
unerwünschte Handlung fördern oder den Fokus auf einen anderen Aufgabenschwerpunkt
legen als gewünscht. Darüber hinaus muss das Unternehmen darauf achten, dass die Anreize
für die Arbeitnehmer nicht zu einer Gewohnheit werden. Ist dies der Fall, so sehen die
Arbeitnehmer Anreize als einen festen Bestandteil ihres Gehaltes und der Effekt auf die
Motivation schwächt sich ab (Lehmann, 2006, S. 31–32).
2.2 Der Einfluss von Fairness und Reziprozität auf die Arbeitsmotivation
Der Homo oeconomicus ist ein zentrales Konstrukt der ökonomischen Theorie. Dieses
in der Wissenschaft lange vorherrschende Bild unterstellt, dass Individuen rational und
eigennützig handeln. Frey und Benz (2001) und Kritikos und Bolle (2001) haben allerdings
gezeigt, dass Individuen sich nicht immer rational und eigennützig verhalten, sondern
vielmehr, dass soziale Präferenzen in ihren Entscheidungen eine Rolle spielen. Dabei
berücksichtigen Individuen neben ihrem eigenen Interesse auch die Interessen anderer. Unter
sozialen Präferenzen sind Konstrukte wie beispielsweise Fairness, Reziprozität und
Altruismus zu verstehen. Altruistische Individuen handeln nach der Norm der Effizienz. Sie
wählen auch dann die Alternative, die die Auszahlung eines anderen Individuums erhöht,
wenn sich ihre eigene Auszahlung mit dieser Entscheidung reduziert (Frey & Benz, 2001,
S. 17; Kritikos & Bolle, 2001, S. 334).
Für die Motivation und Entlohnung von Arbeitnehmern sind die sozialen Präferenzen
Fairness und Reziprozität von entscheidender Bedeutung. Arbeitsverträge lassen sich dadurch
charakterisieren, dass eine detaillierte Ausgestaltung und Einhaltung nicht immer möglich
sind. Fairness und Reziprozität können dem entgegenwirken. Dies ist besonders bei
Arbeitsverträgen, die auf Vertrauen basieren, wirksam. Fairness und Reziprozität tragen
darüber hinaus zu einem ausgewogenen Entlohnungsverhältnis zwischen Arbeitnehmer und
Arbeitgeber bei (Irlenbusch & Sliwka, 2003, S. 1; Kube, 2007, S. 33–34).
Fairnesstheorien stammen ursprünglich aus der Psychologie, insbesondere aus der
Sozial-, Arbeits- und Organisationspsychologie, und hielten nach und nach Einzug in andere
Forschungsgebiete wie beispielsweise die Rechtswissenschaften und die Ökonomie
(Koschate, 2002, S. 56–57). Abbildung 7 stellt einen Überblick über die verschiedenen
Fairnesstheorien dar.
Abb. 7: Übersicht über Fairnesstheorien
14
Quelle: Koschate, 2002, S. 74.
Fairnesstheorien können dabei in spezielle und übergeordnete Theorien eingeteilt
werden. Bei den speziellen Theorien unterscheidet man weiter zwischen inhaltsbezogenen
und prozessbezogenen Theorien. Inhaltsbezogene Theorien können als der Beginn der
Fairnessforschung angesehen werden. Sie beschäftigen sich mit der wahrgenommenen
Fairness (distributive Gerechtigkeit). Die Equity-Theorie, die bereits im Kapitel zur
Arbeitsmotivation erläutert wurde, kann den inhaltsbezogenen Theorien zugeordnet werden.
Wird ein Austauschverhältnis mit einer Vergleichsperson als unfair angesehen, so sind die
Individuen bestrebt, die Verteilung hin zu einer fairen Aufteilung zu verändern.
Prozessbezogene Theorien dagegen wurden ursprünglich im Bereich der Rechts-
wissenschaften entwickelt und beinhalten Aspekte der Verfahrensgerechtigkeit der
Entscheidungsfindung (prozedurale Gerechtigkeit). Übergeordnete Fairnesstheorien
beinhalten sowohl die distributive als auch die prozedurale Gerechtigkeit (Greenberg, 1987,
S. 9–10; Koschate, 2002, S. 72–73).
In dieser Arbeit soll das allgemeine Fairnesskonzept als soziale Präferenz zugrunde
gelegt werden. Daher wird neben der Equity-Theorie, die auch im Bereich der
Arbeitsmotivation eine Rolle spielt, keine der oben genannten Theorien näher erläutert und
stattdessen auf die entsprechenden Literaturquellen verwiesen.
Allgemein kann Fairness wie folgt beschrieben werden: Eine Aufteilung unter
Individuen wird als fair betrachtet, wenn eine gerechte Verteilung der materiellen Ergebnisse
vorliegt (Ebering, 2005, S. 73; Frey & Benz, 2001, S. 18). Fairness wird besonders deutlich in
Diktator-Spielen. Spieler 1 (Diktator) bekommt einen bestimmten Betrag X. Diesen Betrag
kann der Diktator vollständig behalten oder zwischen sich und einem zweiten, anonymen
Empfänger aufteilen. Der Empfänger muss dabei keine Entscheidung treffen. Es zeigt sich,
dass sich 80 % der Diktatoren fair verhalten und ihrem Gegenspieler einen Teil des Betrages
abgeben, obwohl sie dies eigentlich nicht müssten. Die Angebote reichten von 1 % bis 50 %
des Betrages. Lediglich 20 % der Diktatoren verhalten sich egoistisch und behalten den
gesamten Betrag für sich (Falk & Fischbacher, 2000, S. 28).
15
Ungleichheitsaversion ist eine spezielle Form der wahrgenommenen Fairness. In der
Literatur werden Fairness und Ungleichheitsaversion häufig synonym verwendet.
Ungleichheitsaverse Individuen streben eine Gleichverteilung des Outputs, beispielsweise des
Einkommens, zwischen den Tauschpartnern an. In Abbildung 8 sind die möglichen Formen
der Ungleichheitsaversion dargestellt. Erhält ein ungleichheitsaverses Individuum 1
beispielsweise eine geringere Auszahlung als sein Konkurrent Individuum 2, so spricht man
von negativer Ungleichheit aus Sicht des Individuums 1. In dieser Situation können
Emotionen wie Neid und Missgunst entstehen. Erhält das Individuum 1 dagegen eine höhere
Auszahlung als sein Kontrahent, handelt es sich um eine positive Ungleichheit. Hierbei
können allerdings Mitleid und Schuldgefühle bei Individuum 1 aufkommen. Erhalten beide
Individuen eine gleich hohe Auszahlung, liegt eine Gleichverteilung der Ergebnisse vor.
Sowohl positive als auch negative Ungleichheiten stiften einem ungleichheitsaversen
Individuum einen geringeren Nutzen als eine Gleichverteilung (Eberlein & Grund, 2006,
S. 135–136; Fehr & Schmidt, 1999, S. 4–5).
Abb. 8: Ungleichheitsaversion aus Sicht des Individuums 1
Quelle: eigene Darstellung
Eine positive Ungleichheit stiftet einen höheren Nutzen als eine negative Ungleichheit.
Wenn keine Möglichkeit einer Gleichverteilung besteht, präferieren ungleichheitsaverse
Individuen eine positive vor einer negativen Ungleichheit, um eine negative Ungleichheit und
negative Emotionen wie Neid und Missgunst zu vermeiden. Die Reaktion der Individuen bei
Ungleichheitsaversion ist ähnlich der Reaktionen bei Verlustaversion, denn entscheidend ist
der Referenzpunkt. Allerdings bestimmt sich dieser bei der Ungleichheitsaversion anders als
bei der Verlustaversion durch die Einkommen der anderen Individuen (Falk, Fehr &
Huffman, 2008, S. 24–25; Grund & Sliwka, 2005, S. 188; Loewenstein, Bazerman &
Thompson, 1989, S. 430–431). Das Prinzip der Ungleichheitsaversion ist sehr ähnlich zur
Equity-Theorie. Daher entsprechen die möglichen Handlungsalternativen zur Änderung einer
Ungleichheit den Handlungsalternativen bei der Equity-Theorie. Ob eine Gleichverteilung der
materiellen Ergebnisse auch eine faire Verteilung im Hinblick auf die Input-Output-Relation
ist, ist dabei eine ganz andere Frage.
Reziprozität kann umgangssprachlich als „wie du mir, so ich dir“ bezeichnet werden.
Für reziproke Individuen sind nicht nur die materiellen Ergebnisse wichtig, wie dies bei
Fairness und Ungleichheitsaversion der Fall ist, sondern auch die Absichten der anderen
Individuen. So werden Personen mit freundlichem Verhalten belohnt (positive Reziprozität),
Personen mit unfreundlichem Verhalten dagegen bestraft (negative Reziprozität). Reziprozität
und Ungleichheitsaversion unterscheiden sich auch bei dem Grund für eine mögliche
Bestrafung bzw. Belohnung. Ein ungleichheitsaverses Individuum bestraft oder honoriert
16
einen Tauschpartner nur dann, wenn durch diese Tat die Ungleichheit zwischen den beiden
reduziert werden kann. Ungleichheitsaversion kann demnach als ein rein konsequentes
Konzept gesehen werden. Da bei Reziprozität freundliches (unfreundliches) Verhalten
belohnt (bestraft) wird, kann es zu einer Belohnung bzw. Bestrafung auch dann kommen,
wenn eine Gleichverteilung der Auszahlungen nicht möglich ist. Ein reziprokes Individuum
beabsichtigt also nicht die Ungleichheit zu reduzieren, sondern die Auszahlung des anderen
Individuums zu senken, wenn dieses ihn unfreundlich behandelt hat. Reziprozität ist demnach
vom Verhalten eines Referenzindividuums abhängig (Bolton & Ockenfels, 2000, S. 171–173;
Falk & Fischbacher, 2000, S. 2–4, 7; Fehr & Falk, 2002, S. 689).
Falk und Fischbacher (2000) zeigen die Unterschiede zwischen Ungleichheitsaversion
und Reziprozität anhand zweier reduzierter Ultimatum-Spielen auf. Die beiden Spiele sind in
Abbildung 9 dargestellt. In beiden reduzierten Ultimatum-Spielen bekommt Spieler 1
(Proposer) einen Betrag X (z. B. 10 Euro). Spieler 1 kann zwischen zwei
Aufteilungsvarianten Y und Z zwischen ihm und Spieler 2 (Responder) wählen. Spieler 2
kann das Angebot von Spieler 1 annehmen oder ablehnen. Nur wenn Spieler 2 das Angebot
annimmt, erhalten beide Spieler ihren Anteil gemäß dem Aufteilungsvorschlag. Lehnt Spieler
2 das Angebot ab, erhalten beide Spieler einen Betrag von null. In Spiel A hat Spieler 1 die
Auswahl zwischen einer Aufteilung von 80 % für ihn selbst und 20 % für seinen Gegenspieler
und einer Gleichverteilung (50 % für jeden Spieler). Im Spiel B ist keine Gleichverteilung
möglich. Spieler 1 hat neben der Variante 80 % / 20% eine Variante 100 % / 0 % zur
Auswahl, bei welcher Spieler 2 leer ausgeht (Falk & Fischbacher, 2000, S. 5–6).
Abb. 9: Reduzierte Ultimatum-Spiele
Quelle: Falk & Fischbacher, 2000, S. 5.
Legt man nun das Prinzip der Ungleichheitsaversion zugrunde, so müssten in beiden
Spielen die Ablehnungsraten des Spielers 2 für die Alternative 80 % / 20 % gleich sein, da es
bei der Ungleichheitsaversion nur auf die bloße Verteilung ankommt. Ist Spieler 2 allerdings
reziprok, spielen also die Intentionen hinter dem Verhalten von Spieler 1 eine Rolle für
Spieler 2, so sollten die Ablehnungsraten in beiden Spielen unterschiedlich sein. Die
Ablehnungsrate der Alternative 80 % / 20 % in Spiel A ist 44,4 %. Im Spiel B lehnen dagegen
nur 8,9 % der Spieler 2 das Angebot ab. Hier wird deutlich, dass die Intentionen hinter dem
Verhalten des Spielers 1 von Bedeutung sind. Die hohe Ablehnungsrate der Alternative 80 %
/ 20 % in Spiel A ist damit zu erklären, dass der Spieler 1 auch eine Gleichverteilung zur
Auswahl hatte. Spieler 1 hat sich egoistisch verhalten und die Alternative ausgewählt, bei der
seine eigene Auszahlung am höchsten ist, ohne Rücksicht auf Spieler 2 zu nehmen. Dieses
Verhalten bestraft ein reziproker Spieler 2, indem er das Angebot ablehnt. Im Spiel B dagegen
lehnt ein Spieler 2 das Angebot 80 % / 20 % seltener ab, da Spieler 1 nicht die Möglichkeit
einer Gleichverteilung hatte. Spieler 1 hatte dagegen nur die Wahl, den ganzen Betrag selbst
17
einzustecken. Mit der Wahl der Alternative 80 % / 20 % hat der Spieler 1 somit auf einen Teil
seiner eigenen Auszahlung verzichtet. Dies wird von Spieler 2 als freundlich wahrgenommen,
da es die fairste Alternative war, die Spieler 1 zur Auswahl stand (Falk, Fehr & Fischbacher,
1999, S. 6–7; Falk & Fischbacher, 2000, S. 6).
Reziprozität ist eine starke Komponente des menschlichen Verhaltens, da ein
reziprokes Individuum auch dann bestraft und belohnt, wenn dies zu Kosten führt und keine
materiellen Gewinne mit dem Verhalten verbunden sind. Dieses reziproke Verhalten zeigen
Individuen sogar in Interaktionen mit Fremden (Falk & Fischbacher, 2000, S. 2–4; Fehr &
Gächter, 2000, S. 1). Dabei darf Reziprozität nicht mit Altruismus verwechselt werden.
Reziprozität unterscheidet sich von Altruismus in dem Sinne, dass Altruismus bedingungslos
ist. Gezeigter Altruismus ist demnach keine Reaktion auf empfangenen Altruismus (Fehr &
Gächter, 2000, S. 2).
Soziale Präferenzen können die Motivation und den Arbeitseinsatz von Arbeitnehmern
entscheidend beeinflussen. Wie bereits erläutert stellt Fairness einen Teil der intrinsischen
Motivation dar.
Fehr, Kirchsteiger und Riedl (1993), Fehr und Falk (1999), Fehr, Gächter und
Kirchsteiger (1997) und Gächter und Falk (1997) haben den Einfluss von Fairness und
Reziprozität auf die Motivation mit Hilfe des Gift-Exchange-Spiels untersucht. An diesem
Spiel nehmen klassischerweise zwei Spieler teil – ein Arbeitnehmer und ein Arbeitgeber. Der
Arbeitgeber macht ein Lohnangebot. Dieses Lohnangebot kann der Arbeitnehmer annehmen
oder ablehnen. Lehnt der Arbeitnehmer das Angebot ab, so verdienen beide Spieler einen
Betrag von null. Nimmt der Arbeitnehmer das Angebot aber an, so muss er seinen
Arbeitseinsatz wählen. Der Arbeitseinsatz ist allerdings mit Kosten verbunden. Diese Kosten
können als Arbeitsleid oder Opportunitätskosten interpretiert werden. Der Arbeitgeber hat
keine Möglichkeit, den Arbeitnehmer nach der Wahl des Arbeitseinsatzes zu sanktionieren
oder zu belohnen. Ein egoistischer Arbeitnehmer sollte daher, egal welchen Lohn der
Arbeitgeber geboten hat, den minimalen Arbeitseinsatz zeigen. Die Studien konnten diese
Vorhersage der Spieltheorie allerdings nicht bestätigen. Die Arbeitnehmer sind nicht nur an
ihren eigenen Auszahlungen interessiert, sondern sie verhalten sich reziprok. Es zeigt sich,
dass der Arbeitseinsatz der Arbeitnehmer umso größer ist, je höher der angebotene Lohn ist
(siehe Abbildung 10). Die Arbeitnehmer belohnen ein hohes Lohnangebot des Arbeitgebers,
indem sie ihren Arbeitseinsatz erhöhen, obwohl das für sie selbst mit Kosten verbunden ist.
Diese Ergebnisse konnten in verschiedenen Situationen, z. B. unter Wettbewerbsbedingungen
(mehrere Arbeitnehmer und Arbeitgeber), bestätigt werden (Falk & Fischbacher, 2000, S. 19–
20).
18
Abb. 10: Korrelation zwischen Lohnangebot und Arbeitseinsatz
Quelle: Falk & Fischbacher, 2000, S. 20.
Darüber hinaus zeigt sich in einer abgeänderten Form des Gift-Exchange-Spiels, dass
Lohngerechtigkeit eine nicht zu verachtende Rolle spielt. In dieser Variante stehen sich ein
Arbeitgeber und zwei Arbeitnehmer gegenüber. Die Arbeitnehmer sind fest beim Arbeitgeber
angestellt und wählen ihren Arbeitseinsatz. Der Arbeitgeber beobachtet die gezeigten
Arbeitseinsätze und wählt anschließend die Löhne aus. In Treatment 1 wählt der Arbeitgeber
einen Lohn für beide Arbeitgeber aus. In Treatment 2 kann er dagegen für jeden Arbeitgeber
einen unterschiedlichen Lohn wählen. In beiden Treatments führen höhere Löhne zu höheren
Leistungen. Es zeigt sich aber, dass die Lohnzahlungen im Treatment 1 als signifikant
unfairer empfunden werden als im Treatment 2, obwohl beide Arbeitnehmer den gleichen
Lohn bekommen. Als Resultat verhalten sich die Arbeitnehmer in Treatment 1 signifikant
weniger reziprok als in Treatment 2 und zeigen somit eine niedrigere Arbeitsleistung. Eine
Lohngleichheit führt somit nicht zwingend zu einer Lohngerechtigkeit. Arbeitgeber müssen
demnach die Möglichkeit haben, Arbeitsleistungen individuell zu belohnen bzw. zu bestrafen,
um das reziproke Verhalten der Arbeitnehmer zu wecken und somit die Motivation zu fördern
(Kube, 2007, S. 48, 53, 55, 73–74).
3 Empirische Untersuchungen zum Einfluss von Fairness auf die
Präferenzen und die Beurteilung von Anreizsystemen Mit Hilfe zweier empirischer Studien soll die empfundene Fairness bei Vergütungs-
und Anreizsystemen untersucht werden und das fairste Vergütungs- und Anreizsystem
identifiziert werden.
3.1 Studie I: Präferenzen und Beurteilung von Anreizsystemen
3.1.1 Zielsetzung und Hypothesen
Ob ein Vergütungs- und Anreizsystem als fair empfunden wird oder nicht, ist nach der
Equity-Theorie abhängig von einem Vergleich mit einem Referenzindividuum. Ebenso ist
entscheidend, ob ein Individuum das Konzept der Fairness oder das Konzept der
Ungleichheitsaversion zur Beurteilung der Vergütungs- und Anreizsysteme heranzieht. Weiter
Arb
eits
einsa
tz
Lohnangebot
19
spielen Lohngleichheit und Lohngerechtigkeit eine wichtige Rolle bei der Beurteilung der
Fairness.
Mit Hilfe von Studie I soll die Präferenz für verschiedene Vergütungs- und
Anreizsysteme untersucht werden. Darüber hinaus soll Studie I Aufschluss über die
empfundene Fairness bei verschiedenen Vergütungs- und Anreizsystemen unter
Berücksichtigung von Leistungsunterschieden geben. Die Hypothesen lauten wie folgt:
H1: Die Teilnehmer ziehen Vergütungs- und Anreizsysteme mit sicheren Auszahlungen
gegenüber Vergütungs- und Anreizsystemen mit unsicheren Auszahlungen vor.
H2: Die wahrgenommene Fairness bei den verschiedenen Vergütungs- und Anreizsystemen
ist abhängig vom eigenen Leistungsniveau und vom Leistungsniveau der Arbeitskollegen.
3.1.2 Untersuchungsdesign
Studie I wurde mit der Online-Befragungssoftware Unipark von Globalpark
programmiert und im Juli 2011 durchgeführt. In einer E-Mail wurden alle Studierenden des
Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-
Nürnberg zur Teilnahme an der Umfrage eingeladen. Die Teilnehmer wurden nicht entlohnt.
843 Studierende sind dem Aufruf gefolgt und haben den Link aktiviert. 569 Studierende
haben den Fragebogen vollständig beantwortet (64,1 % Frauen). Bei der ersten Frage
erfolgten mit 122 die meisten Abbrüche. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer lag bei 13
Minuten, der Median bei 6 Minuten. Lediglich 10,4 % der Befragten hatten noch nicht die
Möglichkeit, erste Berufserfahrung in Ausbildung, Praktika, Ferienjobs etc. zu sammeln.
Zu Beginn der Befragung1 wurden die Teilnehmer gebeten, fünf Stimuli
(Vergütungssysteme) nach ihren Präferenzen zu ordnen. Das Vergütungssystem, das am
meisten präferiert wurde, sollte auf Platz eins gewählt werden. Das Vergütungssystem, das am
wenigsten Zuspruch fand, sollte auf den letzten Platz eingeordnet werden.2 Die fünf Stimuli
ergaben sich aus Kombinationen der Variablen Vergütungssysteme (Fixgehalt, Leistungslohn)
und Anreiz (kein Anreiz, Turnierentlohnung, Bonuszahlung, Rückerstattung). Der
Leistungslohn wurde mit keinen zusätzlichen Anreizen kombiniert. Daher ergaben sich fünf
sinnvolle Stimuli. Die Stimuli sehen wie folgt aus:
Fixgehalt: Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt.
Leistungslohn: Sie und Ihre Kollegen erhalten einen Leistungslohn, d. h., Sie werden
exakt nach Ihrer gezeigten Arbeitsleistung entlohnt.
Fixgehalt mit Turnier3: Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Zudem
veranstaltet Ihr Arbeitgeber einmal im Geschäftsjahr einen Verkaufswettbewerb. Bei
diesem Verkaufswettbewerb können die Mitarbeiter, die die höchste Arbeitsleistung
zeigen, einen zusätzlichen Bonus gewinnen. Die Verlierer des Verkaufswettbewerbs
erhalten lediglich ihr fixes Gehalt.
1 Der Fragebogen befindet sich im Anhang auf Seite VIII dieser Arbeit.
2 Die Reihenfolge der Vergütungssysteme wurde bei der Darstellung variiert, damit die Darstellung die
Präferenzen der Teilnehmer nicht beeinflusst. 3 Eine genauere Betrachtung der Turnierentlohnung findet in Teil III Kapitel 2 im Rahmen der Anreizsysteme im
Versicherungsvertrieb statt.
20
Fixgehalt mit Bonuszahlung: Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr
Arbeitgeber zahlt den Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er zufrieden
ist, zusätzlich einen Bonus aus.
Fixgehalt mit Rückerstattung: Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr Arbeitgeber verlangt von den Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er
nicht zufrieden ist, eine Teilrückzahlung des Gehaltes.
Im Anschluss an das Ranking wurden die Teilnehmer gebeten, die Vergütungssysteme
anhand einer fünfstufigen Likert-Skala von „unfair“ bis „fair“ zu bewerten. Dabei wurde bei
den Vergütungssystemen nach drei Stufen der eigenen Leistung differenziert. Einmal sollten
die Teilnehmer sich vorstellen, dass ihre Leistung bei dem jeweiligen Vergütungssystem im
Durchschnitt besser ist als die Leistung ihrer Kollegen. In einem zweiten Fall war die
Leistung im Durchschnitt gleich der Leistung der Kollegen und im dritten Fall leisteten die
Teilnehmer im Durchschnitt weniger als ihre Kollegen. Dieser Leistungsvergleich ist bei der
Beurteilung von Fairness von entscheidender Bedeutung. Fairness wird nach der Equity-
Theorie im Vergleich zu einem Referenzindividuum beurteilt. Abschließend folgten Fragen
zu Persönlichkeitseigenschaften und zur Person.
3.1.3 Ergebnisse
Präferenzen der Befragten
Betrachtet man den mittleren Rang der fünf verschiedenen Vergütungssysteme, so
werden die Präferenzen der Befragten deutlich (siehe Tabelle 2).
Tab. 2: Präferenzen der Vergütungssysteme (mittlerer Rang)
Mittlerer
Rang
Bonuszahlung 1,37
Fixgehalt 2,81
Turnier 2,88
Leistungslohn 3,11
Rückerstattung 4,76
Quelle: eigene Darstellung.
Dabei können der erste und der letzte Platz eindeutig zugeordnet werden. Ein
Fixgehalt mit in Aussicht gestellter Bonuszahlung belegt mit Abstand den ersten Platz (MW =
1,37, p < .01). Das Vergütungssystem mit einem Fixgehalt und angedrohter Rückerstattung
wurde eindeutig auf den letzten Platz gewählt (MW = 4,76, p < .01). Ein Fixgehalt mit
zusätzlicher Bonuszahlung stiftet für die Befragten den größten Nutzen, da sie mit diesem
Vergütungssystem die höchste und sicherste Auszahlung verbinden. Ein Fixgehalt mit
potentieller Rückerstattung stiftete dagegen den geringsten Nutzen, da der angedrohte Verlust
für die Befragten ein zu hohes Risiko bedeutet, welches risikoaverse Individuen nicht bereit
sind einzugehen. Dies ist auch dann der Fall, wenn die beiden Vergütungssysteme objektiv
betrachtet zur gleichen monetären Auszahlungshöhe führen. Entscheidend für das Empfinden
der Befragten ist hierbei das Framing4 des Vergütungssystems (positiv vs. negativ).
4 Eine genauere Betrachtung von Framing und Framing-Effekten befindet sich in Teil III Kapitel 3 dieser Arbeit.
21
Bei den Plätzen zwei bis vier liegen die Präferenzen der Befragten enger beieinander.
Die Teilnehmer wählten ein rein fixes Gehalt (MW = 2,81) knapp vor einer Turnierentlohnung
(MW = 2,88). Dieser Unterschied ist allerdings nicht signifikant, so dass keine eindeutige
Präferenz der Teilnehmer für den zweiten Rangplatz ermittelt werden kann. Allerdings
bevorzugen die Teilnehmer die Turnierentlohnung signifikant vor einem reinen Leistungslohn
(MW = 3,11, p < .01).
Somit werden Vergütungssysteme mit relativ sicheren Auszahlungen solchen mit
größerer Unsicherheit vorgezogen. Hypothese H1 kann daher nicht verworfen werden.
Unterteilt man die Präferenzen nach dem Geschlecht der Teilnehmer, so ergeben sich
signifikante Geschlechtsunterschiede. Bei den Plätzen eins und fünf liegen keine signifikanten
Unterschiede zwischen den Geschlechtern vor. Bei beiden Geschlechtern stellt eine
Bonuszahlung die erste Präferenz und ein Vergütungssystem mit Rückerstattung die letzte
Präferenz dar. Bei den anderen drei Vergütungssystemen unterscheiden sich die Geschlechter
allerdings in ihren Präferenzen. Frauen präferieren die Turnierentlohnung signifikant mehr als
Männer (MW weiblich = 2,72 vs. MW männlich = 3,17, p < .01). Männer dagegen präferieren eher
einen Leistungslohn (MW weiblich = 3,22 vs. MW männlich = 2,93, p < .01). Ein Fixgehalt mit
einer angedrohten Rückerstattung landet bei beiden Geschlechtern zwar auf dem letzten Platz.
Allerdings schneidet dieses Vergütungssystem bei Männern signifikant besser ab als bei
Frauen (MW weiblich = 4,84 vs. MW männlich = 4,6, p < .01).
Während Frauen das Turnier an zweiter Stelle vor einem reinen Fixgehalt und einem
Leistungslohn gesetzt haben, präferieren Männer als zweites das Fixgehalt gefolgt von einem
Leistungslohn. Die Turnierentlohnung belegt bei Männern nur den vierten Platz. Tabelle 3
verdeutlicht die unterschiedlichen Präferenzen.
Tab. 3: Präferenzen von Frauen und Männern
Präferenzen
Frauen Männer gesamt
Fixgehalt 3 2 2
Turnier 2 4 3
Leistungslohn 4 3 4
Bonuszahlung 1 1 1
Rückerstattung 5 5 5
Quelle: eigene Darstellung.
Dass Frauen die Turnierentlohnung eher präferieren als Männer, steht im Widerspruch
zu den Ergebnissen von Gupta, Poulsen und Villeval (2005). Sie stellten die Probanden vor
die Wahl zwischen einem Turnier und einer Stückentlohnung.5 Lediglich 34 % der Frauen
wählten die Turnierentlohnung, wohingegen 60 % der Männer am Turnier teilnahmen (Gupta,
Poulsen & Villeval, 2005, S. 14). Diese Teilnahmetendenz in Abhängigkeit des Geschlechts
konnte von Niederle und Vesterlund (2007) bestätigt werden. 35 % der Frauen und 75 % der
5 Die Aufgabe bestand darin, Irrgärten zu lösen. Bei dem sicheren Vergütungssystem wurden die Probanden für
jeden richtig gelösten Irrgarten bezahlt. Beim Turnier werden sie höher entlohnt, wenn sie mehr Irrgärten gelöst
haben als ihr Gegenspieler. Der Verlierer dagegen bekommt nur einen geringen Betrag pro Stück ausbezahlt.
Dieser liegt unterhalb des Stücklohns bei dem sicheren Vergütungssystem.
22
Männer wählten das Turnier als Vergütungssystem (Niederle & Vesterlund, 2007, S. 1069–
1072). Die Unterschiede in den Präferenzen der Vergütungssysteme können mit der
Ausgestaltung der Turnierentlohnung erklärt werden. Die Entlohnung der Probanden war so
gestaltet, dass sie für das Lösen von Irrgärten bezahlt wurden. Bei der Stückentlohnung
wurden die Probanden für jeden richtig gelösten Irrgarten bezahlt. Haben sich die Teilnehmer
für die Turnierentlohnung entschieden, so werden sie höher entlohnt als bei der
Stückentlohnung, wenn sie mehr Irrgärten gelöst haben als ihr Gegenspieler. Der Verlierer
dagegen bekam nur einen geringen Betrag pro Stück ausbezahlt, der unterhalb des Stücklohns
in der Stückentlohnung liegt (Gupta et al., 2005, S. 8–9). In manchen Studien erhielten die
Verlierer sogar gar keine Auszahlung (Niederle & Vesterlund, 2007, S. 1074). Die
Stückentlohnung stellt in diesem Fall ein sichereres Vergütungssystem als die
Turnierentlohnung dar. In Studie I dagegen ist die Turnierentlohnung mit einem sicheren
Fixgehalt verbunden. Nur eine zusätzliche Bonuszahlung wird als Turnier ausgespielt. Daher
stellt die Turnierentlohnung ein sichereres Vergütungssystem dar als die Stückentlohnung.
Frauen werden bei der Turnierentlohnung von dem zusätzlichen Bonus angesprochen. Für
Männer stellt der Bonus keinen zusätzlichen Anreiz dar. Für Frauen dagegen ist die
Unsicherheit bei einem reinen Leistungslohn zu groß. Bei einer Turnierentlohnung riskieren
Frauen bei einer schlechten Leistung nur die zusätzliche Bonuszahlung, da der fixe
Bestandteil der Entlohnung immer gezahlt wird. Bei einem Leistungslohn besteht dagegen bei
einer schlechten Leistung die Gefahr, einen geringen bis gar keinen Lohn zu erhalten.
Fairnessempfinden
Im zweiten Teil der Befragung wurden die Teilnehmer nach ihrem Fairnessempfinden
der fünf verschiedenen Vergütungssysteme gefragt. Als entscheidende Komponente wurde
die eigene Leistung in Relation zur Leistung der Kollegen eingeführt. Es wurde
unterschieden, ob die eigene Leistung besser, gleich oder schlechter als die Leistung der
Arbeitskollegen ist. Tabelle 4 zeigt eine Übersicht über das Fairnessempfinden. Bei dem
Fairnessempfinden ist zwischen Fairness (gerechte Verteilung) und Ungleichheitsaversion
(gleiche Verteilung) zu unterscheiden. In der Tabelle sind die jeweiligen Mittelwerte
abgebildet. Der Wert 1 steht dabei für ein sehr unfaires Vergütungssystem und der Wert 5 für
ein sehr faires Vergütungssystem.
Tab. 4: Fairnessempfinden
Bessere
Leistung
Gleiche
Leistung
Schlechtere
Leistung gesamt
Fixgehalt 2,50 4,55 2,62 3,22
Turnier 3,45 3,63 3,21 3,43
Leistungslohn 4,18 4,24 3,68 4,03
Bonuszahlung 4,44 4,38 4,02 4,28
Rückerstattung 1,87 1,81 1,53 1,74
Quelle: eigene Darstellung.
Betrachtet man die durchschnittliche Einstufung über die Leistungsunterschiede
hinweg, so wird deutlich, dass lediglich eine Rückerstattung als unfair angesehen wird. Alle
anderen Vergütungssysteme werden als mehr oder weniger fair empfunden. Dabei wird eine
zusätzliche Bonuszahlung am fairsten angesehen, gefolgt von einem reinen Leistungslohn.
23
Eine Turnierentlohnung stellt das drittfairste Vergütungssystem dar. Ein reines Fixgehalt wird
unter Fairnessaspekten lediglich auf Platz vier eingestuft. Zeigen alle Mitarbeiter allerdings
im Durchschnitt die gleiche Leistung, so wird ein reines Fixgehalt am fairsten empfunden (p
< .05 [im Vgl. zu besser] bzw. p < .1 [im Vgl. zu schlechter]). Sind die Arbeitsleistungen
allerdings unterschiedlich, so wird sowohl bei besseren als auch bei schlechteren Leistungen
eine zusätzliche Bonuszahlung als am fairsten eingestuft (p < .05).
Das Geschlecht übt dabei einen hochsignifikanten Einfluss auf das Fairnessempfinden
bei Turnieren und bei einer Rückerstattung aus (p < .01). Frauen beurteilen ein Turnier im
Durchschnitt fairer als Männer (MW weiblich = 3,62 vs. MW männlich = 3,10). Frauen sind
ungleichheitsaverser als Männer. Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Frauen
kooperativer und weniger selbstsüchtig sind als Männer und eher eine Gleichverteilung des
Outputs anstreben (Andreoni & Vesterlund, 2001, S. 924–925; Eckel & Grossman, 1998, S.
732; Eckel & Grossman, 2001, S. 181). Eine Turnierentlohnung führt immer zu einer
Ungleichheit in den Auszahlungen, außer bei gleichen Leistungen der Teilnehmer. Kann kein
eindeutiger Sieger ermittelt werden, werden die Preise unter den Teilnehmern mit gleichen
Leistungen aufgeteilt. Dies entspricht einer Gleichverteilung. Frauen sehen in dieser
Ausgestaltung der Turnierentlohnung eine gerechte Form der Entlohnung. Das Fixgehalt stellt
ein Grundgehalt dar, das alle Mitarbeiter erhalten. Darüber hinaus können die Mitarbeiter, die
eine besonders hohe Leistung gezeigt haben, für ihre zusätzliche Anstrengung mit einer
Bonuszahlung belohnt werden. Aus diesem Grund könnten Frauen eher ein anderes, sicheres
Vergütungssystem dem Turnier vorziehen. Eine Rückerstattung wird von beiden
Geschlechtern als unfair angesehen. Jedoch empfinden Frauen eine Rückerstattung wesentlich
unfairer als Männer (MW weiblich = 1,59 vs. MW männlich = 1,99). Bei den Vergütungssystemen
Fixgehalt, Leistungslohn und Bonuszahlung ergeben sich keine signifikanten
Geschlechtsunterschiede.
Im Folgenden sollen die verschiedenen Vergütungs- und Anreizsysteme im Einzelnen
betrachtet werden:
Es kann gezeigt werden, dass ein reines Fixgehalt von den Teilnehmern nur als fair
empfunden wird, wenn alle Arbeitskollegen im Durchschnitt die gleiche Arbeitsleistung
zeigen. Bei ungleichen Arbeitsleistungen wird eine fixe Entlohnung ansonsten als eher unfair
angesehen (MW gleich = 4,55 vs. MW besser = 2,50 vs. MW schlechter = 2,62, p < .01). Die
Teilnehmer empfinden es sowohl als ungerecht, wenn sie durch das Fixgehalt schlechter
dastehen (eigene Leistung besser als die der Kollegen), als auch, wenn sie durch das Fixgehalt
besser dastehen (eigene Leistung schlechter als die der Kollegen).
Turniere werden im Allgemeinen als eher fair angesehen. Am fairsten wird die
Turnierentlohnung eingestuft, wenn alle Teilnehmer in etwa die gleiche Leistung zeigen (p <
.01). Gleiche Leistung in der Turnierentlohnung bedeutet, dass die Teilnehmer die Preise, in
diesem Fall die Bonuszahlungen, unter sich aufteilen, da keine eindeutigen Sieger zu
ermitteln sind. Diese Einordnung entspricht dem Prinzip der Ungleichheitsaversion, bei dem
eine Gleichverteilung des Outputs bevorzugt wird. Darüber hinaus bewerten die Teilnehmer
die Turnierentlohnung fairer, wenn sie eine bessere Leistung als die Arbeitskollegen zeigen,
somit eine zusätzliche Bonuszahlung erhalten und es sich um eine positive Ungleichheit
handelt, als wenn sie eine schlechtere Leistung als die Arbeitskollegen zeigen (negative
Ungleichheit) (p < .01).
Ein reiner Leistungslohn, bei dem jeder entsprechend seiner Leistung entlohnt wird,
wird bei allen drei Leistungsvarianten als fair eingestuft. Allerdings empfinden die
24
Teilnehmer einen Leistungslohn als deutlich weniger fair, wenn sie selbst eine schlechtere
Leistung als ihre Arbeitskollegen zeigen und somit weniger verdienen (p < .01). Dieses
Ergebnis ist interessant, da ein Leistungslohn theoretisch einen der fairsten Löhne darstellt, da
er impliziert, dass jeder genau nach geleisteter Arbeit entlohnt wird und niemand über- oder
unterbezahlt wird. Daher sollten sich keine signifikanten Unterschiede über die
Leistungsniveaus hinweg ergeben. Hier zeigt sich aber, dass sich die Individuen egoistisch
verhalten und selbst gut dastehen wollen. Ein niedrigeres Gehalt impliziert den
Arbeitskollegen, dass das Individuum weniger geleistet hat. Diese Schmach empfinden die
Individuen als unfair und sie sind neidisch auf das höhere Gehalt der Arbeitskollegen.
Eine zusätzliche Bonuszahlung wird als sehr fair empfunden, wenn ein Individuum
eine bessere Leistung gezeigt hat als seine Arbeitskollegen (p < .05). Allerdings wird eine
zusätzliche Bonuszahlung ebenfalls als sehr fair empfunden (MW = 4,02), wenn die eigene
Leistung schlechter war als die der Arbeitskollegen. Es scheint so, dass die Teilnehmer kein
schlechtes Gewissen haben, trotz einer schlechten Leistung einen Bonus zu erhalten, obwohl
Arbeitskollegen diesen mehr verdient hätten. Hier zeigt sich ein eher egoistisches Verhalten
der Teilnehmer.
Eine angedrohte Rückerstattung wird über alle Leistungsunterschiede hinweg als sehr
unfair empfunden. Als weniger unfair wird eine Rückerstattung allerdings angesehen, wenn
ein Individuum eine bessere oder gleiche Leistung gezeigt hat als seine Arbeitskollegen und
somit eher die Chance besteht, keine Rückerstattung leisten zu müssen (p < .05). Auch hier
werden wieder das egoistische Verhalten und die Selbstdarstellung der Individuen deutlich.
Die Leistungsunterschiede zwischen den Arbeitnehmern haben einen Einfluss auf die
empfundene Fairness. Somit kann Hypothese H2 nicht verworfen werden.
Der Einfluss von Persönlichkeitseigenschaften auf das Fairnessempfinden
Die Persönlichkeit eines Individuums kann einen Einfluss auf die empfundene
Fairness der verschiedenen Vergütungssysteme ausüben. Um die Persönlichkeits-
eigenschaften der Teilnehmer zu erfassen, wurde die Kurzversion des Big Five Inventory
(BFI-K) nach Rammstedt und John (2005) herangezogen. Die Teilnehmer mussten am Ende
der Befragung 21 Fragen zu ihrer Persönlichkeit beantworten.
In einer konfirmatorischen Faktorenanalyse konnten die fünf Faktoren bestätigt
werden und die 21 Items zu den Dimensionen6 Extraversion, Verträglichkeit, Gewissen-
haftigkeit, Neurotizismus und Offenheit für Erfahrungen zusammengefasst werden.
Tabelle 5 zeigt den Einfluss der Persönlichkeitseigenschaften auf das
Fairnessempfinden bei den verschiedenen Vergütungssystemen auf.
6 Die Dimensionen der Big Five lassen sich wie folgt charakterisieren:
Extraversion: Geselligkeit, Tatendrang, Aktivität, Begeisterungsfähigkeit
Verträglichkeit: Bescheidenheit, Nachgiebigkeit, Vertrauen, Altruismus
Gewissenhaftigkeit: Streben nach Leistung, Pflichtbewusstsein, Kompetenz, Selbstdisziplin
Neurotizismus: Besorgtheit, Emotionalität, Unsicherheit, Verlegenheit
Offenheit für Erfahrungen: Gefühlsbetonung, Offenheit für neue Ideen, Abwechslungsstreben, Wertschätzung
eines flexiblen Normensystems
25
Tab. 5: Persönlichkeitseigenschaften und Fairnessempfinden
Fixgehalt Turnier
Leistungs-
lohn
Bonus-
zahlung
Rück-
erstattung
Extraversion - * + + + -
Neurotizismus + + ** - ** - -
Verträglichkeit + * + + + -
Gewissen-
haftigkeit - - + + ** -
Offenheit für
Erfahrungen - + - + - **
Quelle: eigene Darstellung.
Es zeigt sich, dass für die empfundene Fairness eines Vergütungs- und Anreizsystems
jeweils mindestens eine Persönlichkeitseigenschaft eine Rolle spielt.
Individuen, bei denen die Persönlichkeitseigenschaft Extraversion besonders
ausgeprägt ist, empfinden ein fixes Gehalt als weniger fair als Personen, bei denen diese
Eigenschaft nicht ausgeprägt ist (p < .1). Extraversion zeichnet sich beispielsweise durch
Eigenschaften wie Geselligkeit, Tatendrang, Aktivität und Begeisterungsfähigkeit aus. Ist
dagegen die Dimension Verträglichkeit stark ausgeprägt, lässt sich das Individuum also durch
Bescheidenheit, Nachgiebigkeit, Vertrauen und Altruismus charakterisieren, so wird ein
Fixgehalt eher als fair empfunden (p < .1). Bei der Turnierentlohnung spielt dagegen
Neurotizismus eine entscheidende Rolle. Neurotische Individuen können als besorgt,
emotional, unsicher und verlegen beschrieben werden. Je neurotischer Individuen sind, desto
fairer empfinden sie die Turnierentlohnung (p < .05). Die Persönlichkeitseigenschaft
Neurotizismus beeinflusst auch die empfundene Fairness bei einem Leistungslohn. Allerdings
wird ein Leistungslohn eher als unfair angesehen, je stärker diese Eigenschaft ausgeprägt ist
(p < .05). Zeichnen sich Individuen dagegen durch Eigenschaften wie ein Streben nach
Leistung, Pflichtbewusstsein, Kompetenz und Selbstdisziplin aus (Gewissenhaftigkeit),
empfinden sie eine zusätzliche Bonuszahlung als fairer (p < .05). Und je offener für
Erfahrungen Individuen sind, wenn sie also Gefühle, neue Ideen, Abwechslung und ein
flexibles Normensystem wertschätzen, als desto unfairer wird eine angedrohte Rückerstattung
empfunden (p < .05).
Vergütungs- und Anreizsysteme im Vergleich: Präferenzen vs. Fairnessempfinden
Im Folgenden wird untersucht, ob sich das Fairnessempfinden der Individuen in ihren
Präferenzen der verschiedenen Vergütungs- und Anreizsysteme widerspiegelt. Tabelle 6 zeigt
einen Vergleich der mittleren Rangplätze der Präferenzen und der Rangplätze, die aus den
Fairnessaspekten resultieren würden.
*** α < 0,001 ** α < 0,05 * α < 0,1
26
Tab. 6: Vergleich von Präferenzen und Fairnessempfinden
Präferenz
Fairness-
empfinden
Fixgehalt 2 4
Turnier 3 3
Leistungslohn 4 2
Bonuszahlung 1 1
Rückerstattung 5 5
Quelle: eigene Darstellung
Eine zusätzliche Bonuszahlung ist sowohl bei der Wahl des Vergütungssystems als
auch unter Fairnessaspekten das bevorzugte Vergütungssystem und eine Rückerstattung
belegt unter beiden Gesichtspunkten den letzten Platz. Die Turnierentlohnung wird konstant
auf den dritten Platz eingeordnet. Allerdings tauschen die Vergütungssysteme reines Fixgehalt
und Leistungslohn die Plätze. Das Fixgehalt liegt bei der Wahl des Vergütungssystems auf
dem zweiten Platz und wird somit deutlich vor einem Leistungslohn präferiert, der nur auf
Platz vier eingestuft wird. Unter Fairnessaspekten wird der Leistungslohn aber als wesentlich
fairer empfunden als ein reines Fixgehalt und belegt somit Platz zwei. Das Fixgehalt rutscht
auf Platz vier ab.
Die Unterschiede in den Rangplätzen zwischen den Präferenzen und dem
Fairnessempfinden können dadurch erklärt werden, dass bei der Wahl eines
Vergütungssystems die Unsicherheit der Auszahlung eine entscheidende Rolle spielt und
Fairnessaspekte nicht beachtet werden. Erst wenn ein Individuum mit Leistungsunterschieden
zwischen ihm und seinem Kollegen konfrontiert wird, gewichten Fairnessaspekte die
Rangfolge der Vergütungssysteme anders.
3.2 Studie II: Empfundene Fairness bei Anreizsystemen
3.2.1 Zielsetzung und Hypothesen
Studie I zeigt, dass bei der Wahl von Vergütungs- und Anreizsystemen die
Unsicherheit bei der Auszahlung eine entscheidende Rolle spielt. Fairnessaspekte kommen
erst ins Kalkül der Individuen, wenn sie mit Leistungsunterschieden konfrontiert werden. Um
genauere Informationen und Einschätzungen zu den präferierten Vergütungssystemen unter
Fairnessaspekten geben zu können, wurde eine Conjoint-Analyse durchgeführt, die einen
Aufschluss über einzelne Komponenten von Vergütungs- und Anreizsystemen geben soll.
Die Vergütungssysteme in Studie II wurden auf das Fixgehalt, den Leistungslohn
sowie die Turnierentlohnung fokussiert, da diese Vergütungssysteme in Studie I durch
Unterschiede in der Beurteilung zwischen Präferenzen und Fairnessaspekten aufgefallen sind.
Eine Fokussierung auf diese drei Vergütungssysteme in Studie II erfolgte zudem, um das
Untersuchungsdesign so einfach wie möglich zu halten und um die Teilnehmer kognitiv nicht
zu überfordern (siehe Kapitel II 3.2.2). Die Hypothesen lauten wie folgt:
27
H1: Vergütungs- und Anreizsysteme, bei denen die individuelle Leistung der Mitarbeiter
berücksichtigt wird, stiften einen höheren Nutzen aus Fairness als Vergütungs- und
Anreizsysteme, bei denen die individuelle Leistung keine Rolle spielt.
H2: Das eigene Leistungsniveau im Vergleich zu den Arbeitskollegen beeinflusst den Nutzen
aus Fairness.
H3: Das Vergütungssystem stellt die dominante Variable zur Beurteilung von Fairness dar
und nicht das Leistungsniveau.
3.2.2 Untersuchungsdesign
Studie II war eine Pen-and-Paper-Befragung und wurde im Juni 2012 unter
Studierenden des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Friedrich-Alexander-
Universität Erlangen-Nürnberg in einer Vorlesung7 durchgeführt. Die Teilnehmer wurden
nicht entlohnt. 120 Studierende haben an der Umfrage teilgenommen. 113 Studierende haben
den Fragebogen komplett ausgefüllt (53,1 % Frauen). Die durchschnittliche Bearbeitungs-
dauer lag bei 15 Minuten. 17,7 % der Befragten hatten noch nicht die Möglichkeit, erste
Berufserfahrung in Ausbildung, Praktika, Ferienjobs etc. zu sammeln.
Den ersten Teil der Befragung8 stellte eine Conjoint-Analyse dar. Die Conjoint-
Analyse bestand aus den zwei Eigenschaften „Vergütungssystem“ und „eigene Leistung“ mit
jeweils drei Eigenschaftsausprägungen. Die Ausprägungen der Variablen „Vergütungs-
system“ entsprechen den aus Studie I ausgewählten Vergütungssystemen Fixgehalt,
Leistungslohn und Turnierentlohnung. Die Variable „eigene Leistung“ beinhaltet das eigene
Leistungsniveau im Vergleich zum Leistungsniveau der Arbeitskollegen. Der Leistungs-
vergleich aus Studie I wurde in die Conjoint-Analyse übernommen, da er wieder bei der
Beurteilung von Fairness aus Sicht der Equity-Theorie von Bedeutung ist. Die Ausprägungen
waren zum einen, dass die eigene Arbeitsleistung im Durchschnitt besser ist als die der
Arbeitskollegen. In einem anderen Fall war die Arbeitsleistung im Durchschnitt gleich der
Leistung der Kollegen und im dritten Fall war die Arbeitsleistung im Durchschnitt schlechter
als die der Arbeitskollegen. Daraus ergaben sich neun sinnvolle Stimuli für die Conjoint-
Analyse. Da die Anzahl der sinnvollen Stimuli nicht zu hoch ist und eine kognitive
Überforderung der Teilnehmer nicht zu erwarten ist, wurde bei der Durchführung der
Conjoint-Analyse die Profilmethode mit vollständigem Design gewählt. Tabelle 7 stellt die
Variablen mit den jeweiligen Ausprägungen und resultierenden Stimuli dar.
Tab. 7: Stimuli der Conjoint-Analyse
Leistung
besser
Leistung
gleich
Leistung
schlechter
Fixgehalt Stimulus 1 Stimulus 2 Stimulus 3
Leistungslohn Stimulus 4 Stimulus 5 Stimulus 6
Turnier Stimulus 7 Stimulus 8 Stimulus 9
Quelle: eigene Darstellung
7 Es wurde eine Vorlesung aus dem 2. Semester im Bachelorstudiengang ausgewählt, um weitestgehend
auszuschließen, dass die Studierenden bereits bei der Online-Umfrage im Juli 2011 teilgenommen haben. 8 Der Fragebogen befindet sich im Anhang auf Seite XV dieser Arbeit.
28
Die Teilnehmer wurden gebeten, die neun Stimuli anhand des Kriteriums Fairness zu
beurteilen. Der Stimulus, den die Teilnehmer als am fairsten empfinden, sollte den Rangplatz
1 erhalten. Der zweitfairste Stimulus erhält den Rangplatz 2 und der Stimulus, der als am
wenigsten fair empfunden wurde, sollte den Rangplatz 9 erhalten. Die Teilnehmer durften
jede Ziffer nur einmal vergeben.
Der zweite Teil der Befragung enthielt Fragen zur angewendeten Fairnessnorm und zu
Persönlichkeitseigenschaften sowie Fragen zur Person.
3.2.3 Ergebnisse
Fairness der Vergütungs- und Anreizsysteme
Um das Vergütungs- und Anreizsystem zu identifizieren, das den höchsten Nutzen aus
Fairness stiftet, wurde eine Conjoint-Analyse durchgeführt. Tabelle 8 weist die neun Stimuli
mit den entsprechenden Gesamtnutzenwerten aus. Ein Vergleich der Übereinstimmung der
geschätzten Präferenzen (Rangfolge aufgrund der Gesamtnutzenwerte) mit den
ursprünglichen Präferenzen (Rangfolge von Probanden erstellt) gibt Aufschluss über die Güte
der Conjoint-Analyse. Kendalls-Tau weist einen Wert von 0,722 (p < .05) und Pearson-r
einen Wert von 0,891 (p < .05) auf. Beide Werte sind größer 0,7, was auf eine hohe
Korrelation zwischen geschätzter und ursprünglicher Präferenz hindeutet. Demnach liegt eine
sehr hohe Güte der Conjoint-Analyse vor.
Tab. 8: Bewertung der Stimuli der Conjoint-Analyse
Gesamt-
nutzen
Geschätzte
Präferenz
Ursprüngliche
Präferenz
Leistungslohn
gleiche Leistung 7,089 1 2
Leistungslohn
bessere Leistung 6,782 2 1
Turnier
gleiche Leistung 5,425 3 5
Fixgehalt
gleiche Leistung 5,328 4 3
Turnier
bessere Leistung 5,118 5 4
Fixgehalt
bessere Leistung 5,021 6 7
Leistungslohn
schlechtere Leistung 4,564 7 6
Turnier
schlechtere Leistung 2,9 8 9
Fixgehalt
schlechtere Leistung 2,809 9 8
Quelle: eigene Darstellung
29
Es zeigt sich, dass die Vergütungssysteme Leistungslohn in Kombination mit einer im
Durchschnitt gleichen Leistung im Vergleich zu den Arbeitskollegen den höchsten
Gesamtnutzen aus Fairness stiftet. Den zweithöchsten Nutzen aus Fairness stiftet ebenfalls ein
Leistungslohn, allerdings in Kombination mit einer im Durchschnitt besseren Leistung als die
Arbeitskollegen. Den dritthöchsten Gesamtnutzen stiftet eine Turnierentlohnung, wenn alle
Beteiligten eine gleiche Leistung zeigen. Hieran wird deutlich, dass Ungleichheitsaversion
eine nicht zu verachtende Rolle bei der Beurteilung unter Gesichtspunkten der Fairness spielt.
Gleichheit in Arbeitsleistung und Vergütung ist wichtig für Arbeitnehmer im direkten
Umgang mit ihren Arbeitskollegen. Ein Fixgehalt liegt nach der Gesamtnutzenberechnung
eher im Mittelfeld. Den niedrigsten Gesamtnutzen stiften die drei Vergütungssysteme in
Kombination mit einer im Durchschnitt schlechteren Leistung als die Arbeitskollegen. Diese
Kombinationen werden generell als weniger fair angesehen. Dabei wird der Stimulus, wenn
alle ein Fixgehalt erhalten, aber die eigene Leistung schlechter ist als die der Arbeitskollegen,
am unfairsten angesehen. Besser schneidet der Leistungslohn in Kombination mit der
schlechten Arbeitsleistung ab. Dieser Stimulus stiftet den größten Gesamtnutzen unter den
drei Letztplatzierten.
Die Gesamtnutzenwerte machen deutlich, dass ein Leistungslohn als sehr fair beurteilt
wird. Allerdings nur in den Kombinationen mit einer besseren oder gleichen Leistung wie die
Arbeitskollegen. Im Falle einer schlechteren Leistung wird der Leistungslohn als weniger fair
beurteilt, obwohl bei diesem Vergütungssystem jeder nach seiner gezeigten Arbeitsleistung
entlohnt wird. Der Leistungslohn entspricht dem Leistungsprinzip. Das Leistungsprinzip ist
aber in dem Fall, dass man selbst schlechter dasteht als andere, dem egoistischen Verhalten
nachgeordnet.
Vergütungssysteme, bei denen individuelle Leistungen berücksichtigt werden, werden
fairer wahrgenommen als Vergütungssysteme, bei denen keine Leistungsunterschiede
berücksichtigt werden. Die empfundene Fairness ist zudem abhängig vom eigenen
Leistungsniveau. Ist das eigene Leistungsniveau schlechter als das der Arbeitskollegen, wird
ein Vergütungssystem als weniger fair angesehen. Somit können Hypothese H1 und H2 nicht
verworfen werden.
Die Teilnutzenwerte der Variablen „Vergütungssystem“ und „eigene Leistung“ sind in
Abbildung 11 dargestellt. Berechnet man die relative Wichtigkeit der Variablen, wird
deutlich, dass das Vergütungssystem mit 51,68 % die relativ wichtigste Eigenschaft zur
Beurteilung der Fairness der Stimuli darstellt (eigene Leistung 48,32 %). Beide Variablen
weisen relative Wichtigkeiten auf, die eng beieinanderliegen. Daher sind sowohl das
Vergütungssystem als auch die eigene Leistung im Vergleich zu Arbeitskollegen wichtig für
die Beurteilung, ob ein Stimulus als fair eingestuft wird oder nicht. Letztendlich ist aber das
Vergütungssystem das ausschlaggebende Merkmal für die Einstufung der Fairness. Somit
kann Hypothese H3 nicht verworfen werden.
30
Abb. 11: Teilnutzenwerte der Variablen Vergütungssysteme und eigene Leistung
Quelle: eigene Darstellung
Unterschiedliche Normen der Fairness
Im zweiten Teil der Befragung sollten die Teilnehmer verschiedene Situationen
beurteilen. Dabei wurde die Merit Principle Scale nach Davey et al. (1999) angewendet. Es
wird davon ausgegangen, dass Individuen bei der Beurteilung der Fairness von Situationen
drei verschiedene Normen heranziehen können. Die erste Norm ist Gerechtigkeit (Equity).
Bei dieser Norm legen Individuen das Leistungsprinzip zugrunde, d. h., jeder wird gemäß
seiner erbrachten Leistung bei der Verteilung von Outcome berücksichtigt. Die Norm der
Gerechtigkeit ist meist in ökonomischen Interaktionen die vorherrschende Norm. Die zweite
Norm zur Beurteilung von Fairness ist Gleichheit (Equality). Hierbei wird eine
Gleichverteilung des Outcomes angestrebt. Diese Norm ist bei sozialen Interaktionen
dominant. Die dritte Norm ist Notwendigkeit (Need). Bei dieser Norm wird der Outcome so
verteilt, dass Individuen, die den größten Bedarf haben, einen größeren Anteil bekommen.
Die Norm der Notwendigkeit wird überwiegend angewendet, wenn die Förderung der
Wohlfahrt im Vordergrund steht. Allerdings gibt es auch Individuen, die die angewendete
Norm zur Beurteilung von Fairness nicht nach dem Kontext einer Situation auswählen. Bei
diesen Individuen ist immer eine Norm dominant (Davey et al., 1999, S. 224–225). Aufgrund
dieser Überlegungen haben Davey et al. die Merit Principle Scale entwickelt. Die Teilnehmer
sollen 15 Aussagen auf einer Skala von 1 „stimme voll und ganz zu“ bis 5 „stimme überhaupt
nicht zu“ beurteilen. Die 15 Items können anschließend zu einem Fairnesswert verdichtet
werden (Davey et al., 1999, S. 227–228).
In der Befragung stehen die zu beurteilenden Situationen in einem ökonomischen
Kontext, so dass Gleichheit die dominante Norm darstellen sollte. Lehnen Individuen die
Aussagen ab, weisen diese also einen hohen Fairnesswert auf, so beurteilen sie die Situationen
nicht nach der Norm Gerechtigkeit.
Im Mittel wird ein Fairnesswert von 2,28 erreicht (Min = 1,53; Max = 3,40). Der Wert
ist kleiner 3, so dass die dominante Norm zur Beurteilung Gerechtigkeit ist. 95 % der
Befragten wenden das Leistungsprinzip an, um die Situationen zu beurteilen. Dies ist nicht
verwunderlich, da es sich bei den Befragten um Studierende der Wirtschaftswissenschaften
handelt und gerade in ökonomischen Interaktionen Gerechtigkeit die dominante Norm ist.
Um die Persönlichkeitseigenschaften der Befragten zu ermitteln, wurde wie in Studie I
die Kurzversion des Big Five Inventory (BFI-K) nach Rammstedt und John (2005) abgefragt
und die fünf Dimensionen mit Hilfe einer konfirmatorischen Faktorenanalyse extrahiert. Es
zeigt sich, dass, je stärker die Persönlichkeitseigenschaft Gewissenhaftigkeit ausgeprägt ist,
die Norm Gerechtigkeit bei der Beurteilung desto dominanter ist (p < .01). Ebenso zieht ein
31
Individuum eher die Norm der Gerechtigkeit bei der Beurteilung heran, wenn die
Persönlichkeitseigenschaft Neurotizismus besonders stark ausgeprägt ist (p < .05).
Fairnessempfinden von Frauen und Männern
Frauen und Männer unterscheiden sich in der Beurteilung der verschiedenen Stimuli.
Tabelle 9 zeigt die Präferenzen von Männern und Frauen im Vergleich sowie die
Gesamtpräferenz. Bei den Plätzen 1–4 herrscht Einigkeit unter den Geschlechtern. Beide
Geschlechter sehen in einem Leistungslohn in Kombination sowohl mit einer besseren
Leistung als auch einer gleichen Leistung im Vergleich zu den Arbeitskollegen eine sehr faire
Entlohnung. Erst bei den Stimuli, die als eher weniger fair eingestuft wurden, unterscheiden
sich die Geschlechter. So beurteilen beispielsweise Frauen ein Fixgehalt in Kombination mit
einer schlechteren Leistung als am wenigsten fair. Männer dagegen sehen die
Turnierentlohnung in Kombination mit einer schlechteren Leistung auf dem letzten Platz.
Tab. 9: Fairnesspräferenzen von Frauen und Männern
Präferenz
Frauen
Präferenz
Männer gesamt
Fixgehalt
bessere Leistung 7 7 7
Fixgehalt
gleiche Leistung 3 3 3
Fixgehalt
schlechtere Leistung 9 8 8
Leistungslohn
bessere Leistung 1 1 1
Leistungslohn
gleiche Leistung 2 2 2
Leistungslohn
schlechtere Leistung 6 5 6
Turnier
bessere Leistung 4 4 4
Turnier
gleiche Leistung 5 6 5
Turnier
schlechtere Leistung 8 9 9
Quelle: eigene Darstellung.
Frauen sind uneigennützig und möchten, wenn sie selbst nicht belohnt werden können,
da ihre Arbeitsleistung beispielsweise zu schlecht war, dass ihre Arbeitskollegen belohnt
werden und eine zusätzliche Bonuszahlung erhalten, wie es bei der Turnierentlohnung der
Fall ist. Bei einem Fixgehalt dagegen erhalten Frauen trotz einer schlechteren Leistung das
gleiche Gehalt wie ihre Arbeitskollegen. Frauen haben dann eher ein schlechtes Gewissen.
Daher empfinden Frauen bei einer schlechteren Leistung eine Turnierentlohnung fairer als ein
Fixgehalt. Männer verhalten sich dagegen egoistisch und gönnen ihren Kollegen nichts. Wenn
32
sie nicht belohnt werden, dann soll auch kein anderer belohnt werden, daher empfinden
Männer eine Turnierentlohnung, bei der sie selbst nicht der Sieger sind, als am wenigsten fair.
Empfundene Fairness der Vergütungs- und Anreizsysteme – Vergleich mit Studie I
Vergleicht man die empfundene Fairness der einzelnen Vergütungs- und
Anreizsysteme in Kombination mit den Leistungsvarianten der Studie I mit Studie II, so
ergeben sich Unterschiede in der Beurteilung (siehe Tabelle 10). Übereinstimmung herrscht
nur bei den Rangplätzen 2, 5 und 8. In beiden Studien wird ein Leistungslohn in Kombination
mit einer gleichen Leistung als zweitfairster Stimulus angesehen. Als fairsten Stimulus sehen
die Befragten in Studie I ein Fixgehalt in Kombination mit einer gleichen Leistung, die
Befragten in Studie II empfinden dagegen einen Leistungslohn in Kombination mit einer
besseren Leistung als besonders fair.
Es ist anzumerken, dass sich die empfundenen Fairnessgrade der Stimuli der Studien I
und II zwar voneinander unterscheiden, dennoch sind die Tendenzen im Fairnessempfinden
ähnlich. So stimmt das Fairnessempfinden der Stimuli, welche als besonders fair (Plätze 1–3),
eher fair (Plätze 4–6) bzw. am wenigsten fair (Plätze 7–9) eingestuft werden, überein.
Tab. 10: Fairnessempfinden Vergleich Studie I und Studie II
Studie I Studie II
Fixgehalt
bessere Leistung 9 7
Fixgehalt
gleiche Leistung 1 3
Fixgehalt
schlechtere Leistung 8 8
Leistungslohn
bessere Leistung 3 1
Leistungslohn
gleiche Leistung 2 2
Leistungslohn
schlechtere Leistung 4 6
Turnier
bessere Leistung 6 4
Turnier
gleiche Leistung 5 5
Turnier
schlechtere Leistung 7 9
Quelle: eigene Darstellung.
Die Unterschiede im Fairnessempfinden können daher rühren, dass zur Beurteilung
der Fairness bei den Studien unterschiedliche Skalen Anwendung fanden. In Studie I sollten
die Befragten die Stimuli anhand einer fünfstufigen Likert-Skala von „unfair“ bis „fair“
bewerten. Bei Studie II dagegen sollten die Befragten die Stimuli nach Rangplätzen ordnen,
33
so dass die Teilnehmer zu einer Abstufung gezwungen wurden und nicht alle Stimuli als
gleich fair einstufen konnten.
Betrachtet man allerdings nur die Vergütungssysteme, werden also die
Leistungsunterschiede außer Acht gelassen, so wird deutlich, dass das Fairnessempfinden aus
den beiden Studien übereinstimmt (siehe Tabelle 11). Ein Leistungslohn wird am fairsten
wahrgenommen, die Turnierentlohnung als eher fair und ein Fixgehalt wird als am wenigsten
fair wahrgenommen.
Tab. 11: Vergleich Präferenzen und Fairness Studie I und Studie II
Fairness
(Studie I)
Fairness
(Studie II)
Präferenz
(Studie I)
Fixgehalt 3 3 1
Turnier 2 2 2
Leistungslohn 1 1 3
Quelle: eigene Darstellung.
Vergleicht man die Rangplätze, die aus der empfundenen Fairness resultieren, mit den
Rangplätzen nach Präferenzen aus Studie I, wird deutlich, dass die Präferenzen nicht mit dem
Fairnessempfinden übereinstimmen. Ein Fixgehalt ist die erste Präferenz, gefolgt von der
Turnierentlohnung. Ein Leistungslohn wird eher weniger präferiert.
3.3 Fazit
Eine Lohngleichheit führt nicht zwingend zu einer Lohngerechtigkeit, es muss immer
die individuelle Leistung der Arbeitnehmer beachtet werden. Arbeitgeber müssen demnach
die Möglichkeit haben, Arbeitsleistungen individuell zu belohnen bzw. zu bestrafen, um die
empfundene Fairness zu erhöhen, das reziproke Verhalten der Arbeitnehmer zu wecken und
somit die Motivation zu fördern.
Die Studien zeigen, dass eine zusätzliche Bonuszahlung und ein Leistungslohn als
besonders fair empfunden werden. Bei der empfundenen Fairness spielt aber nicht nur das
Vergütungs- und Anreizsystem eine Rolle, sondern auch die eigene Leistung und der
Leistungsvergleich mit den Kollegen. Das bevorzugte Vergütungs- und Anreizsystem und die
als am fairsten empfundenen Vergütungs- und Anreizsysteme müssen nicht immer
übereinstimmen. Lediglich bei der zusätzlichen Bonuszahlung und der Turnierentlohnung
stimmen die Präferenzen und die empfundene Fairness überein. Die Turnierentlohnung kann
somit ein faires Vergütungs- und Anreizsystem darstellen, das Fixgehalt und Leistungslohn
durch eine leistungsabhängige Bonuszahlung miteinander kombiniert.
III Ausschreibungen und Turnierentlohnung – Anreizsysteme im
Versicherungsvertrieb Ausschreibungen und Turniere spielen im Versicherungsvertrieb bei der Entlohnung
und Motivation von Versicherungsvertretern eine entscheidende Rolle. Ausschreibungen
werden im Versicherungsvertrieb häufig als Bonuszahlungen oder Rückerstattungen mit
individuellen Zielvorgaben verknüpft.
34
Allerdings blieben im Versicherungsvertrieb Fairness und Reziprozität bisher
unbeachtet. Wie die empirischen Studien aus Teil II dieser Arbeit zeigen, sind Fairness und
Reziprozität eine wichtige Komponente im Bereich der Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehung
sowie der Entlohnung. Die im Versicherungsvertrieb eingesetzten Anreizsysteme schneiden
in Bezug auf Fairness ganz unterschiedlich ab. Eine zusätzliche Bonuszahlung wird als sehr
fair und die Turnierentlohnung als eher fair wahrgenommen, eine Rückerstattung dagegen als
sehr unfair. Da Fairness und Reziprozität bisher bei der Entlohnung von
Versicherungsvertretern keine Beachtung fanden und aufgrund des unterschiedlichen
Fairnessempfindens gegenüber den einzelnen Anreizsystemen muss die Motivationswirkung
(Effizienz) dieser Vergütungs- und Anreizsysteme im Rahmen des Versicherungsvertriebs
näher untersucht werden.
In den folgenden Kapiteln werden zunächst die Grundlagen des Versicherungs-
vertriebs aufgezeigt. Anschließend werden die Ausschreibungen mit individuellen
Zielvorgaben sowie die Turnierentlohnung im Rahmen des Versicherungsvertriebs erläutert.
Mit Hilfe von Experimenten und einer empirischen Studie wird die Effizienz dieser
Anreizsysteme im Kontext des Versicherungsvertriebs untersucht.
1 Grundlagen des Versicherungsvertriebs Farny (2011) beschreibt den Versicherungsvertrieb als „Verwertung der im
Versicherungsunternehmen erstellten Leistungen in Form von Versicherungsschutz am
Absatzmarkt; dies geschieht durch Abgabe der Versicherungsprodukte an Kunden
(Versicherungsnehmer) gegen Zahlung eines Preises (einer Prämie)“ (Farny, 2011, S. 687).
Der Vertrieb der Versicherungsprodukte erfolgt dabei über verschiedene Typen von
Absatzorganen. Hinsichtlich der rechtlichen und faktischen Abhängigkeit vom
Versicherungsunternehmen lassen sich drei Typen von Absatzorganen unterscheiden:
unternehmenseigene, unternehmensgebundene und unternehmensfremde Absatzorgane
(Farny, 2011, S. 744–745; Heimes, 2009, S. 12).
Unternehmenseigene Absatzorgane sind am engsten an das
Versicherungsunternehmen gebunden, denn sie sind rechtlich und faktisch ein Teil des
Versicherungsunternehmens. Sie sind weisungsgebunden und haben wenig Eigen-
verantwortung in der Gestaltung der Arbeitstätigkeit. Zu den unternehmenseigenen
Absatzorganen zählen zentrale Absatzstellen, angestellte Absatzorgane, Absatzstellen in
Filialen und Automaten. Aufgrund der steigenden Absatzzahlen im Direktvertrieb bei
standardisierten Versicherungsprodukten hat die Bedeutung von zentralen Absatzstellen im
Rahmen des Versicherungsvertriebs zugenommen. Angestellte Absatzorgane sind angestellte
Vermittler, die ähnlich dem rechtlich selbstständigen Ausschließlichkeitsvertreter sind (Farny,
2011, S. 747–748; Heimes, 2009, S. 13–14).
Zu den unternehmensgebundenen Absatzorganen zählen hauptberufliche sowie
nebenberufliche Ausschließlichkeitsvertreter. Ausschließlichkeitsvertreter werden auch als
Einfirmen- oder Konzernvertreter, Versicherungsvertreter oder Ausschließlichkeitsagenten
bezeichnet. Der Versicherungsvertreter als unternehmensgebundenes Absatzorgan ist ein rechtlich selbstständiger Vertreter im Sinne des Handelsrechts, aber an ein
Versicherungsunternehmen gebunden, da der Versicherungsvertreter beispielsweise die
Interessen des Versicherungsunternehmens wahren muss (Vertretungsvertrag §§ 84 ff. HGB).
Zudem besteht ein vertragliches Konkurrenzverbot für Versicherungsvertreter, d. h., die
Versicherungsvertreter dürfen nur für ein Versicherungsunternehmen tätig werden. Die
35
Versicherungsvertreter erhalten Abschlussprovisionen für den Abschluss neuer
Versicherungsverträge und Folgeprovisionen für die Pflege des Kundenbestands (Farny,
2011, S. 748–750; Heimes, 2009, S. 12, 14–16; Umhau, 2003, S. 3).
Mehrfachvertreter und Makler zählen zu den unternehmensfremden Absatzorganen.
Unternehmensfremde Absatzorgane sind rechtlich und faktisch selbstständig.
Mehrfachvertreter vermitteln die Versicherungsprodukte mehrerer Versicherungs-
unternehmen. Der Mehrfachvertreter unterscheidet sich vom Versicherungsvertreter dadurch,
dass das Konkurrenzverbot entfällt. Ansonsten hat er die gleichen Rechte und Pflichten. Ein
Makler dagegen ist komplett unabhängig vom Versicherungsunternehmen und vermittelt
Versicherungsprodukte unterschiedlichster Versicherungsunternehmen. Für die Vermittlungs-
leistung erhält der Makler eine Courtage vom Versicherungsunternehmen (Farny, 2011, S.
750–752; Heimes, 2009, S. 12, 17–18; Umhau, 2003, S. 4).
Hauptaugenmerk in dieser Arbeit sind unternehmensgebundene Absatzorgane, die im
Folgenden als Versicherungsvertreter bezeichnet werden. Die Bezeichnung Versicherungs-
vermittler dagegen umfasst in den folgenden Ausführungen alle Absatzorgane im
Versicherungsvertrieb.
Da die Vermittlung von Versicherungsprodukten hauptsächlich über eigenständige
Versicherungsvertreter oder Makler erfolgt, entsteht ein klassisches Prinzipal-Agenten-
Problem (siehe Ausführungen Teil II Kapitel 2.1). Um die Versicherungsvermittler zu
motivieren und zu steuern, muss das Versicherungsunternehmen effiziente Anreize setzen.
Dies erfolgt im Versicherungsvertrieb meist über Ausschreibungen und Turniere.
2 Ausschreibungen im Versicherungsvertrieb Um die Motivation ihrer Versicherungsvertreter zu steigern, setzen Versicherungs-
unternehmen zum einen Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben ein. Unter
Zielvorgaben versteht man Vorgaben, die eine Leistungsforderung darstellen und die
Erfüllung einer quantitativen Leistung erfordern. Diese Leistungsforderung kann zu einer
Steigerung der Motivation und zu einer Erhöhung des Arbeitseinsatzes führen, wenn die
Erreichung der Zielvorgaben mit monetären Preisen verknüpft wird (Wagner, 2006, S. 28).
Dabei kann das Versicherungsunternehmen zwischen zwei Alternativen an monetären Preisen
wählen, einer Bonuszahlung und einer Rückerstattung.
Bei der Gestaltung von Ausschreibungen müssen allerdings Framing-Effekte und
Reziprozität berücksichtigt werden, denn sowohl Framing-Effekte als auch Reziprozität
können die Motivation und den Arbeitseinsatz der Versicherungsvertreter beeinflussen. Daher
werden zunächst Ausschreibungen im Versicherungsvertrieb näher erläutert, bevor die
Gestaltung der Ausschreibungen mittels Framing und der Einfluss von Reziprozität auf den
Arbeitseinsatz der Versicherungsvertreter aufgezeigt werden. Die Ausführungen werden dabei
um die Ergebnisse eines Experteninterviews9 mit Führungskräften eines Versicherungs-
unternehmens ergänzt.10
9 Das Expertengespräch wurde mit Herrn Jörg Riese, Hauptabteilungsleiter Vertrieb-Controlling / Technologie,
und Herrn Peter Pelka, Abteilungsleiter Vertrieb / Controlling / Geschäftsplan / Wettbewerbe, von der
Nürnberger Versicherungsgruppe am 12. März 2010 durchgeführt. 10
Auf Anfrage kann das Expertengespräch zur Verfügung gestellt werden.
36
2.1 Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben
Auch das Versicherungsunternehmen der befragten Experten setzt zur Motivation ihrer
Versicherungsvertreter unter anderem Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben ein.
Unter Zielvorgaben versteht man Vorgaben, die eine Leistungsforderung darstellen und die
Erfüllung einer quantitativen Leistung erfordern. Diese Leistungsforderung kann zu einer
Steigerung der Motivation und zu einer Erhöhung des Arbeitseinsatzes führen, wenn die
Erreichung der Zielvorgaben mit monetären Preisen verknüpft wird (Wagner, 2006, S. 28).
Diese Vorgaben können individuelle Ziele oder Stufenziele sein. Bei Ausschreibungen mit
Stufenzielen werden die Zielvorgaben in verschiedene Stufen eingeteilt. Jede einzelne Stufe
wird mit unterschiedlichen Preisen ausgelobt. Jeder Versicherungsvertreter, der eine
bestimmte Stufe erreicht, erhält den dazugehörigen Preis. Bei Ausschreibungen gewinnt jeder
Versicherungsvertreter, der die gesetzten Zielvorgaben erreicht hat, den ausgelobten Preis.
Anders als bei der Turnierentlohnung, bei der nur die relativ besten Versicherungsvertreter
einen der Preise erhalten (siehe Kapitel III 3) (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am
12.03.2010).
Mit Hilfe von Ausschreibungen kann das Versicherungsunternehmen seine
Versicherungsvertreter steuern. Wird im Geschäftsplan beispielsweise im Neukundengeschäft
dem Verkauf von Rentenversicherungen eine besondere Bedeutung zugemessen, so kann das
Versicherungsunternehmen Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben im Bereich
Rentenversicherungen ausschreiben (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am
12.03.2010). Um die Zielvorgaben zu erreichen und einen der Preise zu gewinnen, werden die
Versicherungsvertreter ihren Fokus auf Rentenversicherungen legen und in diesem Bereich
einen höheren Arbeitseinsatz zeigen. Neben den Zielvorgaben muss das Versicherungs-
unternehmen auch die Höhe und die Art der Preise auswählen. Bei monetären Preisen ist vor
allem die Gestaltung der Ausschreibung wichtig.
2.2 Gestaltung individueller Zielvorgaben durch Framing
Handelt es sich bei den Preisen der Ausschreibungen um monetäre Zahlungen, so kann
das Versicherungsunternehmen zwischen zwei Alternativen wählen: einer Bonuszahlung und
einer Rückerstattung. Bei einer Bonuszahlung bekommen die Versicherungsvertreter einen
niedrigeren Basislohn als im Falle der Rückerstattung. Werden die Leistungsanforderungen
der Zielvorgaben erfüllt, so erhalten diejenigen Versicherungsvertreter, die die Zielvorgaben
erreicht haben, eine zusätzliche Bonuszahlung. Bei der Rückerstattung dagegen erhalten die
Versicherungsvertreter einen höheren Basislohn. Werden die Zielvorgaben nicht erreicht, so
müssen diejenigen Versicherungsvertreter, die die Zielvorgaben nicht erreicht haben, eine
Teilrückzahlung des Gehaltes leisten. Ökonomisch betrachtet sind beide Alternativen
identisch, da sie zu gleichen monetären Auszahlungen führen (siehe Abbildung 12).
37
Abb. 12: Rückerstattung und Bonuszahlung im Vergleich
Quelle: eigene Darstellung.
Beide Alternativen der Gestaltung von Ausschreibungen sind nach § 657 BGB
rechtlich zulässig. Allerdings kann der Motivationseffekt je nachdem, ob eine Ausschreibung
als Bonuszahlung oder Rückerstattung formuliert wird, unterschiedlich stark ausfallen.
Einflussfaktoren und Stärke des Motivationseffekts werden in den folgenden Kapiteln
aufgezeigt.
2.2.1 Definition und Entstehung von Framing-Effekten
Ein Einflussfaktor, der auf den Motivationseffekt von Ausschreibungen einwirkt, ist
das Framing. Unter Framing versteht man die Beeinflussung einer Entscheidungssituation
durch die unterschiedliche Darstellung von Informationen. Die entsprechenden Inhalte der
Situation bleiben allerdings unverändert. Durch die Darstellung desselben zugrunde liegenden
Aspekts auf unterschiedliche Weise können Individuen dazu veranlasst werden, ihre
Entscheidungen systematisch zu verändern. Die Entscheidung von rational handelnden
Individuen ist allerdings unabhängig vom Framing der Entscheidungssituation. Handelt es
sich um alternative Darstellungen einer Entscheidungssituation, die sich inhaltlich nicht
unterscheiden, so ist es für ein rational handelndes Individuum irrelevant, welche Alternative
es wählt (Cullis, Jones & Lewis, 2006, S. 305; Tversky & Kahneman, 1981, S. 453).
Individuen treffen jede Entscheidung innerhalb eines Decision Frame. Ein Decision
Frame beschreibt die Auffassung des Individuums über Outcomes und Möglichkeiten, die mit
der Entscheidungssituation einhergehen. Dieser Decision Frame wird zum einen durch die
Darstellung der Entscheidungssituation (Framing) beeinflusst und zum anderen durch
Normen, Gewohnheiten und Charaktereigenschaften des Individuums (Steul, 2003, S. 55;
Tversky & Kahneman, 1981, S. 453).
Framing kann nach externem und internem Framing unterschieden werden. Externes
Framing ist die Darstellung der Entscheidungssituation durch externe Faktoren.
Beispielsweise variiert ein Versuchsleiter die Art der Darstellung des Entscheidungsproblems.
Internes Framing dagegen entsteht in den Individuen selbst durch kognitive Prozesse. Die
kognitiven Prozesse werden durch die äußere Darstellung verursacht. Stimmen die externe
Darstellung und die kognitive Präsentation der Entscheidungssituation überein, so sind
externes und internes Framing identisch. Externes Framing wird weiter unterschieden nach
„Framing of Information“ und „Framing of Outcome“. Bei „Framing of Information“ werden
die zur Verfügung gestellten Informationen variiert. Bei „Framing of Outcome“ wird dagegen
variiert, wie Informationen an das Individuum herangetragen werden. Das „Framing of
Outcome“ entspricht der strengeren Definition des Framing, da der gleiche Sachverhalt
38
lediglich unterschiedlich dargestellt wird. Daher bezieht sich diese Arbeit auf das „Framing of
Outcome“ (Fischer, 1997, S. 81–82; Steul, 2003, S. 56–57).
Eine Ursache für die Entstehung von Framing-Effekten kann anhand der Prospect-
Theorie von Kahneman und Tversky (1979) verdeutlicht werden. Abbildung 13 stellt die
Wertfunktion eines Individuums nach der Prospect-Theorie dar. Jedes Individuum besitzt
einen relativen bzw. individuellen Referenzpunkt. In Abhängigkeit dieses Referenzpunktes
werden Abweichungen nach oben als Gewinne und Abweichungen nach unten als Verluste
eingestuft. Die Nutzenfunktion hat einen S-förmigen Verlauf und ist konkav im Gewinn- und
konvex im Verlustbereich. Im konkaven Verlauf des Gewinnbereichs verhalten sich
Individuen eher risikoscheu. Durch den steilen Verlauf bei kleinen Gewinnen werden diese
kleinen Gewinne subjektiv höher bewertet als der tatsächliche Gewinn. Daher werden sichere
Gewinne eher bevorzugt. Im konvexen Verlustbereich verhalten sich Individuen dagegen eher
risikofreudig. Der extrem steile Verlauf der Wertefunktion im Bereich von kleinen Verlusten
führt zu einer subjektiv hohen Bewertung der Unterschiede zwischen kleinen Verlusten. Bei
einem späteren Abflachen der Kurven spielt eine Erhöhung des zusätzlichen Verlustes keine
Rolle mehr. Daher suchen Individuen im Verlustbereich das Risiko und setzen eher auf eine
Lotterie, um drohende Verluste zu meiden bzw. zu reduzieren (Kahneman & Tversky, 1979,
S. 286–288; Steul, 2003, S. 23–24). Die Verlustaversion zeigt sich in dem im Verlustbereich
steileren Funktionsverlauf als im Gewinnbereich. Betragsmäßig gleiche Abweichungen nach
oben oder unten werden daher unterschiedlich wahrgenommen und bewertet. Eine Erhöhung
des Verlusts wird beispielsweise negativer bewertet als eine betragsmäßig gleiche Erhöhung
des Gewinns. Verlustaverse Individuen sind daher bestrebt drohende Verluste zu vermeiden
(Kahneman & Tversky, 1979, S. 286–288).
Abb. 13: Wertefunktion der Prospect-Theorie
Quelle: Kahneman & Tversky, 1979, S. 279.
Individuen treffen ihre Entscheidungen, indem sie die Veränderungen im Vergleich
zum Referenzpunkt (Status quo) bewerten, anstatt die Konsequenzen der verschiedenen
Alternativen zu vergleichen. Framing-Effekte entstehen durch eine Verschiebung des
Referenzpunktes. Eine Möglichkeit des Framing ist es, die verschiedenen Alternativen einer
Entscheidungssituation als Gewinne (positiver Frame) oder Verluste (negativer Frame) zu
beschreiben (Altmann, Falk & Marklein, 2009, S. 12; Tversky & Kahneman, 1981, S. 456).
Im Falle der Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben bei Versicherungsvertretern
werden die Anreize als Bonuszahlung (positiver Frame) oder Rückerstattung (negativer
39
Frame) dargestellt. Durch die positive bzw. negative Darstellung der inhaltlich gleichen
Situation (niedrigeres Einkommen, wenn Zielvorgaben nicht erreicht werden, vs. höheres
Einkommen, wenn Zielvorgaben erreicht werden) verschiebt sich der Referenzpunkt der
Versicherungsvertreter (siehe Abbildung 14).
Abb. 14: Verschiebung des Referenzpunktes bei positivem
und negativem Frame
Quelle: eigene Darstellung.
Der Basislohn stellt in beiden Frames den Referenzpunkt dar. Allerdings beinhaltet der
Basislohn im negativen Frame die Anreizzahlung zu Beginn der Periode. Im positiven Frame
liegt der Basislohn niedriger, da eine zusätzliche Zahlung erst am Periodenende mit Erreichen
der Zielvorgaben gezahlt werden kann. Für das Setzen des Referenzpunktes spielt die
Bonuszahlung daher keine Rolle. Werden die Zielvorgaben nicht erreicht, soliegt das Gehalt
im negativen Frame am Monatsende unterhalb des Referenzpunktes. Versicherungsvertreter
beurteilen diese Alternative als Verlust. Im positiven Frame dagegen ist das Gehalt identisch
mit dem Referenzpunkt und wird daher weder positiv noch negativ bewertet. Werden die
Zielvorgaben erreicht, so erhalten die Versicherungsvertreter im positiven Frame eine
Bonuszahlung. Daher ist das Gehalt höher als der Referenzpunkt und die
Versicherungsvertreter beurteilen diese Alternative als Gewinn. Im Falle des negativen Frame
ist das Gehalt identisch mit dem Referenzpunkt.
Durch das Framing und die Verschiebung des Referenzpunktes kann sich der
Motivationseffekt der Ausschreibungen ändern. So kann der Arbeitseinsatz bei einem
negativen Framing der Ausschreibung höher sein als bei einem positiven Framing. Grund
hierfür ist die Verlustaversion. Eine Rückerstattung (Lohneinbehalt) reduziert das Gehalt im
Vergleich zum Referenzpunkt zu Beginn der Periode und wird als Verlust wahrgenommen.
Verlustaverse Versicherungsvertreter sind bestrebt einen drohenden Verlust zu vermeiden und
zeigen einen höheren Arbeitseinsatz (Kahneman & Tversky 1979, S. 286–288).
Weitere Ursachen von Framing-Effekten liegen in personen- und
situationsspezifischen Einflussfaktoren, die durch die Prospect-Theorie nicht erklärt werden
können. So beeinflusst beispielsweise das Geschlecht das Entscheidungsverhalten der
Individuen. Frauen reagieren stärker auf Framing-Effekte als Männer, da Frauen sich eher
kontextbezogen entscheiden als Männer. Ebenso kann das Involvement eine Rolle bei der
Stärke von Framing-Effekten spielen. Weisen Individuen in einer Entscheidungssituation ein
geringes Involvement auf, ziehen sie eher einfachere Entscheidungsstrategien heran und
überdenken die Alternativen und deren Konsequenzen nicht. Im Falle von niedrigem
40
Involvement können je nach Entscheidungssituation Framing-Effekte verstärkt oder
abgeschwächt werden (Steul, 2003, S. 65–67).
2.2.2 Der Einfluss von Reziprozität auf Framing-Effekte
Framing-Effekte können auch durch das Auftreten von Reziprozität beeinflusst
werden. Für reziproke Individuen sind nicht nur die materiellen Ergebnisse wichtig, sondern
auch die Absichten der anderen Individuen. So werden Personen mit freundlichem Verhalten
belohnt (positive Reziprozität), Personen mit unfreundlichem Verhalten dagegen bestraft
(negative Reziprozität). Ein reziprokes Individuum beabsichtigt die Auszahlung des anderen
Individuums zu senken, wenn dieses ihn unfreundlich behandelt hat. Reziprozität ist demnach
vom Verhalten eines Referenzindividuums abhängig (Bolton & Ockenfels, 2000, S. 171–173;
Falk & Fischbacher, 2000, S. 2–4, 7; Fehr & Falk, 2002, S. 689).
Reziprozität ist eine starke Komponente des menschlichen Verhaltens, da ein
reziprokes Individuum auch dann bestraft und belohnt, wenn dies zu Kosten führt und keine
materiellen Gewinne mit dem Verhalten verbunden sind. Dieses reziproke Verhalten zeigen
Individuen sogar in Interaktionen mit Fremden (Falk & Fischbacher, 2000, S. 2–4; Fehr &
Gächter, 2000, S. 1).
Durch das positive und negative Framing von Anreizen kann das Empfinden von
freundlichem und feindseligem Verhalten beeinflusst werden. Der Framing-Effekt ist in
diesem Falle die Folge einer Veränderung im Referenzpunkt (Fehr & Gächter, 2002, S. 2).
Verschiedene Studien haben den Einfluss von Reziprozität auf Framing-Effekte
untersucht. In einem Gift-Exchange-Spiel untersuchten Fehr und Gächter (2001) den Einfluss
von Framing und Reziprozität auf den Arbeitseinsatz. Die Teilnehmer am Experiment wurden
in Gruppen nach Arbeitnehmern und Arbeitgebern eingeteilt und einem von drei Treatments
zugeordnet. Im ersten Treatment wurde keine zusätzliche Anreizzahlung über die
Lohnzahlung hinweg ausgelobt. Im zweiten Treatment konnten die Arbeitgeber zusätzlich die
Höhe einer Bonuszahlung wählen, um einen Arbeitnehmer zu belohnen. Im dritten Treatment
stand den Arbeitgebern eine Strafzahlung zur Verfügung, wenn sie mit dem gezeigten
Arbeitseinsatz ihrer Arbeitnehmer nicht zufrieden waren. Die Bonuszahlung stellt den
positiven Frame dar, die Strafzahlung den negativen Frame. Um eine zu negative Empfindung
im Sinne der Reziprozität zu vermeiden, wurde der negative Frame nicht als Strafzahlung,
sondern als Lohneinbehalt formuliert. Ökonomisch betrachtet sind positiver und negativer
Frame identisch in den Auszahlungen (Fehr & Falk, 2002, S. 693–694; Fehr & Gächter, 2001,
S. 4–8).
In der ersten Stufe des Experiments wählten die Arbeitgeber die Lohnhöhe und die
Höhe der Anreizzahlung aus. Daraufhin mussten die Arbeitnehmer in der zweiten Stufe des
Experiments ihren Arbeitseinsatz wählen. Fehr und Gächter (2001) zeigen, dass der
Arbeitseinsatz im Treatment mit positivem Frame höher ist als im Treatment mit negativem
Frame. Am höchsten ist der Arbeitseinsatz allerdings, wenn ganz auf ein zusätzliches
Anreizsystem verzichtet wird und die Arbeitgeber lediglich die Höhe des Lohnes wählen
(siehe Abbildung 15), denn bei einer Bonuszahlung besteht die Gefahr, die ausgelobte
Bonuszahlung doch nicht zu erhalten (Fehr & Falk, 2002, S. 694–696; Fehr & Gächter, 2001,
S. 15–16).
41
Abb. 15: Arbeitseinsatz in den verschiedenen Treatments
Quelle: Fehr & Falk, 2002, S. 694.
Der Arbeitseinsatz im negativen Frame ist niedriger, da sich die Arbeitnehmer
reziprok verhalten. Im Falle des negativen Frame ist die gesamte Vergütung der natürliche
Referenzpunkt. Der angedrohte Lohneinbehalt fokussiert die Aufmerksamkeit der
Arbeitnehmer darauf, dass etwas weggenommen werden kann. Diese Wegnahme nehmen
reziproke Arbeitnehmer als unfreundliche und feindselige Handlung wahr und reduzieren
ihren Arbeitseinsatz, um den Arbeitgeber zu bestrafen. Im positiven Frame dagegen stellt der
Basislohn den natürlichen Referenzpunkt dar. Durch die ausgelobte Bonuszahlung wird die
Aufmerksamkeit der Arbeitnehmer darauf gelenkt, dass sie eine zusätzliche Zahlung erhalten,
wenn der gewünschte Arbeitseinsatz gezeigt wird. Dies wird als freundliche Handlung seitens
des Arbeitgebers wahrgenommen und reziproke Arbeitnehmer zeigen daraufhin einen
höheren Arbeitseinsatz. Etwas weggenommen zu bekommen wird als weniger freundlich
wahrgenommen als etwas zu bekommen, selbst wenn die Vergütungen ökonomisch identisch
sind (Fehr & Falk, 2002, S. 695–696). Bohnet et al. (2001), Evans et al. (2001) und Schulze
und Frank (2003) untersuchten ebenfalls den Zusammenhang zwischen Framing und
Reziprozität und konnten die Ergebnisse von Fehr und Gächter (2001) bestätigen. Allerdings
untersuchten Bohnet et al. (2001) den Zusammenhang nicht in einem ökonomischen, sondern
in einem neutralen Kontext. Wörter wie beispielsweise Arbeitnehmer, Arbeitgeber und Gehalt
wurden im Experiment nicht erwähnt.
Fehr und List (2002) gingen in ihrem Experiment noch einen Schritt weiter und
untersuchten, wie sich der explizite Verzicht der Anwendung eines negativen Anreizes
(Lohneinbehalt) auf die Motivation der Arbeitnehmer auswirkt. Es zeigt sich, dass sich der
Verzicht auf einen negativen Anreiz positiv auf die Motivation der Arbeitnehmer auswirkt.
Der Arbeitseinsatz ist höher, wenn auf einen Lohneinbehalt explizit verzichtet wird, als bei
der Nutzung eines Lohneinbehalts als Anreiz. Bei einem expliziten Verzicht ist der
Arbeitseinsatz sogar höher als beim Basistreatment, in dem kein Anreiz für die Arbeitgeber
zur Wahl stand. Auch in diesem Experiment reagierten die Arbeitnehmer reziprok. Die
empfundene feindselige Handlung des Arbeitgebers kann auf verschiedene Weise entstehen.
Zum einen wird die Bestrafung von Arbeitnehmern an sich als feindselig empfunden. Zum
anderen wird die Androhung einer Strafe als Indikator für Misstrauen seitens des Arbeitgebers
gegenüber seinen Arbeitnehmern gesehen. Misstrauen wird als eine feindselige Handlung
empfunden. Daher reduzieren reziproke Arbeitnehmer ihren Arbeitseinsatz. Verzichtet der
Arbeitgeber explizit auf die Strafe, spiegelt dies Vertrauen und eine freundliche Haltung
42
wider, weshalb Arbeitnehmer ihren Arbeitseinsatz erhöhen (Fehr & Falk, 2002, S. 696–697;
Fehr & List, 2002, S. 12).
Reziproke Individuen reagieren demnach anders auf das positive und negative
Framing von Anreizen und Ausschreibungen als durch die Prospect-Theorie vorhergesagt. Ob
Reziprozität oder Verlustaversion der Prospect-Theorie die dominante Norm im Kontext von
Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehungen bzw. im Kontext von Versicherungsunternehmen
und Versicherungsvertretern ist, müssen empirische Studien untersuchen.
3 Turnierentlohnung im Versicherungsvertrieb Turniere, in der Praxis überwiegend als Verkaufswettbewerbe bezeichnet, sind ähnlich
wie Sportwettkämpfe aufgebaut. Eine bestimmte Gruppe von Teilnehmern tritt in einen
Wettstreit um die vorderen Plätze, um Pokale und Preise (Passardi-Allmendinger, 2005, S. 40;
Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 561). Unternehmen versprechen sich von dieser Art der
Entlohnung neben einer Umsatzsteigerung eine höhere Motivation ihrer Mitarbeiter und somit
einen höheren Arbeitseinsatz. Diese Motivationsanreize in Form von Turnieren werden in
verschiedenen Branchen eingesetzt. Etwa 90 % der Unternehmen mit einem
Außendienstvertrieb bedienen sich dieser Art der Entlohnung. So werden beispielsweise die
besten Verkäufer der Autovermietung Avis geehrt und der Softwarehersteller IBM macht sich
auf die Suche nach dem „Iron Business Man“ (Lim, Ahearne & Ham, 2009, S. 356; Riedl,
2006, S. 4; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 561). Aber auch bei Unternehmen wie American
Express, Toshiba, Opel oder Bahlsen kämpfen die Mitarbeiter um unterschiedlichste Preise.
In der Praxis werden Reisen in Form eines verlängerten Wochenendes von 75 % der
Unternehmen als Gewinne eingesetzt.11
Dieser Anreiz ist besonders attraktiv aus Sicht der
Unternehmen, da vermutet wird, dass die positiven Reiseerlebnisse den Siegern länger in
Erinnerung bleiben als andere Sachpreise oder Geldprämien (Karla & Shi, 2001, S. 171; Lettl-
Schröder, 2000, S. 52). Damit bei einem Verkaufswettbewerb bzw. einer Turnierentlohnung
nicht nur die besten Verkäufer motiviert werden, eine noch bessere Leistung zu zeigen,
sondern der Ehrgeiz eines jeden Mitarbeiters geweckt wird, stellt sich die Frage, wie ein
Turnier generell ausgestaltet sein sollte, um möglichst effizient zu sein.
Das Kapitel 3 behandelt daher zunächst die Vor- und Nachteile, die sich durch den
Einsatz der Turnierentlohnung ergeben können. Anschließend wird der Frage nachgegangen,
wie ein Turnier effizient gestaltet werden kann. Zudem werden Selektionseffekte, die bei
dieser Art der Entlohnung auftreten können, aufgezeigt. Anschließend wird die Rolle von
Auszeichnungen und Prestige bei der Turnierentlohnung aufgezeigt.
Die Umsetzung, die Probleme und die Besonderheiten der Turnierentlohnung in der
Praxis werden anhand von Turnieren für Versicherungsvertreter erläutert. Die Ausführungen
werden dabei um die Ergebnisse eines Experteninterviews12
mit Führungskräften eines
Versicherungsunternehmens ergänzt.13
11
Sachpreise werden von 60 % und Geldprämien von 50 % der befragten Unternehmen eingesetzt (Lettl-
Schröder, 2000, S. 53). 12
Das Expertengespräch wurde mit Herrn Jörg Riese, Hauptabteilungsleiter Vertrieb-Controlling / Technologie,
und Herrn Peter Pelka, Abteilungsleiter Vertrieb / Controlling / Geschäftsplan / Wettbewerbe, von der
Nürnberger Versicherungsgruppe am 12. März 2010 durchgeführt. 13
Auf Anfrage kann das Expertengespräch zur Verfügung gestellt werden.
43
Die Ausführungen des dritten Kapitels beziehen sich dabei auf das Arbeitspapier von
Denzler und Steul-Fischer (2010).
3.1 Turnierentlohnung aus Sicht des Versicherungsunternehmens
Die Turnierentlohnung ist eine Form der relativen Entlohnung. Die Mitarbeiter mit
den besten Leistungen, z. B. den meisten Abschlüssen eines Versicherungsvertrages, werden
belohnt. Sie werden befördert, erhalten einen Bonus, einen Preis oder einfach nur Prestige14
.
Die restlichen Mitarbeiter dagegen gehen leer aus. Entscheidend für die Preisverteilung ist
daher die relative Leistung der Mitarbeiter. Diese Leistungsvergleiche werden eingesetzt, um
die Motivation der Teilnehmer zu steigern. Die Turnierentlohnung wird demnach durch zwei
zentrale Merkmale charakterisiert: Erstens hängt die Auszahlung von der Leistung der
anderen Teilnehmer ab und zweitens zeichnet sich die Auszahlung durch Unsicherheit aus
(Gneezy, Niederle & Rustichini, 2003, S. 1054; Harbring & Irlenbusch, 2007, S. 202; Lazear
& Rosen, 1981, S. 841–842; Passardi-Allmendinger, 2005, S. 41, Wedel & Steul-Fischer,
2012, S. 562).
Das Versicherungsunternehmen der befragten Experten setzt zur Motivation ihrer
Versicherungsvertreter ebenfalls Turniere ein, beispielsweise den „Top 100 Wettbewerb“.
Dabei wird nicht zwischen fest angestellten Mitarbeitern oder freiberuflich tätigen
Vermittlern unterschieden15
. Um das Turnier zu gewinnen, ist die relative Leistung der
Teilnehmer entscheidend. Die einhundert Versicherungsvertreter, die im Laufe des
Wettbewerbs am besten abgeschnitten haben, gewinnen das Turnier. Um die einhundert
Besten zu ermitteln, werden die Versicherungsvertreter auf einer sogenannten Bestenliste
geführt. Das Ranking erfolgt nach der Gewichtung verschiedenster Faktoren wie
Qualitätssicherung, Bestandssicherung, Stornoquoten und Umsatz. Mit welchem Gewicht die
jeweiligen Faktoren in die Bewertung eingehen, bestimmt der Geschäftsplan. Wird im
Geschäftsplan beispielsweise im Neukundengeschäft dem Verkauf von Rentenversicherungen
eine besondere Bedeutung zugemessen, fließen Neuabschlüsse in diesem Bereich mit einem
stärkeren Gewicht als beispielsweise Neuabschlüsse im Bereich Kfz-Versicherungen ein (P.
Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010).
3.1.1 Vorteile für das Versicherungsunternehmen
Der größte Vorteil der Turnierentlohnung liegt in ihrer Motivations- und
Anreizwirkung. Durch die Ausschreibung interessanter Preise sollen die Mitarbeiter zur
Teilnahme angehalten und zu größeren Arbeitsleistungen motiviert werden. Das
Versicherungsunternehmen der befragten Experten unterscheidet bei ihren
Versicherungsvertretern grundsätzlich zwei Motivationstypen: Den „Kapital-Typ“ und den
„Prestige-Typ“. Für den „Kapital-Typ“ ist Geld der beste Motivationsanreiz. Dies ist durch
das Entlohnungssystem des Außendienstes mit seinem hohen variablen Anteil an Provisionen
und Prämien bedingt. Allerdings gibt es auch eine große Anzahl an Versicherungsvertretern,
für deren Motivation Prestige eine immer wichtigere Rolle spielt. Dieser „Prestige-Typ“ legt
großen Wert auf Lob und Anerkennung, die sie beispielsweise durch Siegerehrungen und
Auszeichnungen erhalten (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010; Wedel
& Steul-Fischer, 2012, S. 562).
Für das Versicherungsunternehmen ergeben sich neben der Motivations- und
Leistungssteigerung noch weitere Vorteile. Da für die Bewertung der Teilnehmer nur die
14
z. B. durch Auszeichnungen und Ehrungen wie „Mitarbeiter des Monats“. 15
Ein gewisser Anteil der Gewinner wird aus fest angestellten und freiberuflichen Mitarbeitern ermittelt.
44
relative Leistung entscheidend ist, reduzieren sich die Beurteilungskosten. Es kann auf
kostspielige Monitoring-Systeme verzichtet werden. Was allerdings nicht bedeutet, dass
Controlling-Systeme außer Acht gelassen werden können. Erst durch Erfolgskontrollen kann
der Verkaufswettbewerb zielführend gesteuert, bei Problemen eingegriffen und mit früheren
Maßnahmen verglichen werden (o. V., 1990, S. 471; Passardi-Allmendinger, 2005, S. 41–42;
Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 563; Zunke, 2008, S. 39). Auch das befragte
Versicherungsunternehmen setzt verschiedene Controllingsysteme ein. So kann
beispielsweise ein Wettbewerb verlängert werden, wenn noch nicht die gewünschten
Umsatzsteigerungen eingetreten sind (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am
12.03.2010).
Ein weiterer Vorteil ist, dass durch die relative Beurteilung externe Einflussfaktoren,
wie beispielsweise die konjunkturelle Lage, ausgeglichen werden können. Diese Einflüsse
betreffen alle Turnierteilnehmer gleichermaßen, so dass Bewertungsmaßstäbe nicht an die
externen Einflussfaktoren angepasst werden müssen. Ändern sich beispielsweise gesetzliche
Bestimmungen für bestimmte Versicherungen, betrifft dies alle Versicherungsvertreter
(Harbring & Irlenbusch, 2004, S. 546; Passardi-Allmendinger, 2005, S. 41–42; Wedel &
Steul-Fischer, 2012, S. 563).
Aus diesen Gründen kann auch die im Prinzipal-Agent-Fall bestehende Gefahr von
opportunistischem Verhalten wie Hidden Action und Hidden Information reduziert werden
(Harbring & Irlenbusch, 2004, S. 546; Passardi-Allmendinger, 2005, S. 41–42; Wedel &
Steul-Fischer, 2012, S. 563). Hidden Action und Hidden Information entstehen, wenn der
Prinzipal (das Versicherungsunternehmen) das Verhalten des Agenten (Versicherungs-
vertreter) nicht beobachten (Hidden Action) oder aufgrund von fehlenden Informationen nicht
beurteilen kann (Hidden Information) (Meffert & Bruhn, 2006, S. 96; Wedel & Steul-Fischer,
2012, S. 563). Das Versicherungsunternehmen kann daher oft nicht erkennen, ob die Leistung
eines Versicherungsvertreters aus eigenen Leistungen oder beispielsweise externen
Einflussfaktoren resultiert. Bei einer Turnierentlohnung werden diese Probleme erheblich
reduziert (Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 563).
3.1.2 Nachteile für das Versicherungsunternehmen
Die Turnierentlohnung fördert den Konkurrenzkampf unter den Teilnehmern.
Hierdurch können Neid und Missgunst entstehen, welche negative Folgen für das
Arbeitsklima nach sich ziehen (Galal, 2009, S. 50; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 563). Die
Turnierentlohnung führt jedoch nicht zwangsläufig zu Neid und Missgunst, wie die befragten
Experten bestätigen. Der Umgang unter den Mitstreitern bleibt in der Praxis häufig kollegial
(P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010).
Die weiteren Nachteile, die sich durch die Turnierentlohnung ergeben können, liegen
im Verhalten der Turnierteilnehmer selbst. Ist den Mitarbeitern bekannt, wann ein neues
Turnier startet, kann es zu Manipulationen bei Verkaufsabschlüssen kommen (Harbring &
Irlenbusch, 2004, S. 546; Passardi-Allmendinger, 2005, S. 41–42; Wedel & Steul-Fischer,
2012, S. 563). Die Teilnehmer können beispielsweise Abschlüsse hinauszögern, so dass diese
in den Bewertungszeitraum des Wettbewerbs fallen, oder Kunden in der Schlussphase des
Turniers zu einem Abschluss drängen. Ebenso könnten die Versicherungsvertreter
beispielsweise Stornierungen zurückhalten, bis der Wettbewerb zu Ende ist, so dass dies
keinen Einfluss auf die Platzierung ausübt. Die befragten Experten sind der Ansicht, dass
Manipulationen zwar theoretisch möglich, praktisch allerdings fast ausgeschlossen seien (P.
45
Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010; Wedel & Steul-Fischer, 2012,
S. 563). Allerdings ist es durchaus denkbar, dass es zu unethischen Verkaufspraktiken und
damit einhergehenden Imageschäden kommt (Krafft, 2008, S. 40).
Wie bereits erwähnt, gewinnt der Teilnehmer mit der relativ besten Leistung den
Wettbewerb. Sein Ziel, das Turnier zu gewinnen, kann der Versicherungsvertreter allerdings
auf zwei verschiedene, sich nicht gegenseitig ausschließende Arten erreichen. Zum einen
kann er eine bessere Leistung als seine Konkurrenten zeigen, zum anderen kann er die
anderen Teilnehmer sabotieren. Sabotage wäre in der Form denkbar, dass Konkurrenten
Informationen vorenthalten werden. Solche Sabotageaktivitäten können die Leistung der
Konkurrenten schmälern. Hält beispielsweise der Saboteur seinem Konkurrenten
Kundeninformationen vor, die für den Abschluss einer Versicherung relevant sind, so kann
der Sabotierte einen entscheidenden Wettbewerbsnachteil erleiden, wenn es durch diese
Informationsasymmetrien nicht zum Versicherungsabschluss kommt. Somit kann der
Saboteur durch eine geringere Leistung einen höheren Rangplatz erreichen. Durch die
Sabotage und den niedrigeren Arbeitseinsatz des Saboteurs reduziert sich der Gesamtoutput
des Unternehmens. Das Versicherungsunternehmen sollte daher bestrebt sein, diese Art von
Aktivitäten zu unterbinden (Harbring & Irlenbusch, 2004, S. 546; Passardi-Allmendinger,
2005, S. 42; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 563). Auch hier sind die befragten Experten der
Ansicht, dass durch den Verkaufswettbewerb normalerweise keine Sabotageaktivitäten
entstehen (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010).
Sabotieren sich die Teilnehmer nicht, sondern möchten sich gegenseitig übertrumpfen,
kann dies zu einem ruinösen Wettkampf, einem sogenannten Rat Race, führen (Passardi-
Allmendinger, 2005, S. 51; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564). Es ist durchaus denkbar,
dass Versicherungsvertreter mit ihren Kollegen in einen direkten Wettstreit treten. Die
Konkurrenten vergleichen ihre Rangplätze im Gesamtranking und stacheln sich gegenseitig
an. Da keiner der Wettstreiter sich eine Blöße geben möchte, befinden sich die Konkurrenten
in einer Tretmühle, in der nur immer wieder bessere Leistungen zählen (Wedel & Steul-
Fischer, 2012, S. 564).
Ein weiterer möglicher Nachteil der Turnierentlohnung ist die sogenannte Kollusion.
Hierbei stimmen die Turnierteilnehmer ihr Verhalten aufeinander ab. Die Arbeitnehmer
vereinbaren beispielsweise eine niedrige Arbeitsleistung und teilen die gewonnenen Preise
untereinander auf (Harbring & Irlenbusch, 2004, S. 546; Passardi-Allmendinger, 2005, S. 42;
Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564). Die Möglichkeit der Kollusion könnte durch eine hohe
Anzahl an Turnierteilnehmern abgeschwächt werden, da verbindliche Absprachen und
Abstimmungen im Verhalten unter den Teilnehmern nur sehr schwer bis unmöglich
durchsetzbar wären. Bei dem befragten Versicherungsunternehmen sind aufgrund der
Vielzahl16
an Versicherungsvertretern daher kollusive Absprachen so gut wie ausgeschlossen
(Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564).
3.2 Effizienz von Turnieren im Versicherungsvertrieb
Unternehmen setzen Turniere ein, um die Arbeitsmotivation sowie die Arbeitsleistung
der Mitarbeiter zu steigern. Betrachtet man solche Verkaufsturniere aus Sicht des in der
Wissenschaft lange vorherrschenden Bildes des Homo oeconomicus, so lässt sich feststellen,
16
Für das befragte Versicherungsunternehmen sind über 30.000 Agenturen, Mehrfachvermittler und Makler
tätig. Davon sind etwa 2.000 fest angestellte Versicherungsvertreter.
46
dass Turniere effiziente Motivationsanreize darstellen (Passardi-Allmendinger, 2005, S. 51;
Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564). Nach dem Modell von Lazear & Rosen (1981) lässt
sich, bei der Annahme von rational handelnden Akteuren, die First-Best-Lösung
verwirklichen (Lazear & Rosen, 1981, S. 864; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564).
Allerdings bleiben in diesem Modell Emotionen und soziale Präferenzen, wie Fairness und
Reziprozität, unberücksichtigt, wodurch die Effizienz von Turnieren in Frage gestellt werden
muss, da Turniere noch nicht im Hinblick auf diese Aspekte untersucht wurden. Unter der
Effizienz eines Turnieres versteht man die Motivationswirkung, die ein Turnier ausübt. Ein
effizientes Turnier motiviert die Versicherungsvertreter, einen hohen Arbeitseinsatz zu
zeigen. Effizienz wird daher oft mit Arbeitseinsatz gleichgesetzt. Die Effizienz eines Turniers
kann dabei von Gestaltungsparametern des Turnieranbieters sowie von personenbezogenen
und externen Faktoren beeinflusst werden (Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564).
3.2.1 Gestaltungsparameter des Versicherungsunternehmens
Die Gestaltung eines Turniers liegt in der Hand des Turnieranbieters, in diesem Fall in
der Hand des Versicherungsunternehmens. Demnach kann das Versicherungsunternehmen die
Effizienz und somit die Anreizwirkung direkt beeinflussen. Der Turnieranbieter legt vor allem
die Art, Anzahl und Spannweite der Preise sowie die Größe und Dauer des Turniers fest
(Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564).
Bei der Anzahl an Preisen kann der Turnieranbieter zwischen einem sogenannten
„Winner take all“-Turnier, bei dem nur der beste Teilnehmer gewinnt, oder einem Turnier mit
mehreren Gewinnerpreisen wählen. Es konnte gezeigt werden, dass durch die Einführung
mehrerer Gewinnerpreise der Arbeitseinsatz der Turnierteilnehmer und somit die Effizienz
gesteigert werden können (Bull, Schotter & Weigelt, 1987, S. 22; Harbring & Irlenbusch,
2003a, S. 453; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564).
Bei dem befragten
Versicherungsunternehmen werden immer mehrere Preise ausgelobt. Diese Preise können in
ihrer Höhe identisch sein, so dass beispielsweise die einhundert Besten den gleichen Preis
bekommen. Es ist aber auch eine Abstufung der Preishöhe, beispielsweise nach erstem,
zweitem und drittem Platz, möglich (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am
12.03.2010).
Ebenso führt eine Steigerung der Turnierpreisdifferenz zu einer höheren
Arbeitsleistung. Unter Turnierpreisdifferenz versteht man die Spanne zwischen dem Preis,
den der Gewinner bekommt, und dem Preis, den der Verlierer bekommt. In der Literatur
werden diese Preise als Gewinner- bzw. Verliererpreis bezeichnet (Bull et al., 1987, S. 22;
Harbring & Irlenbusch, 2003a, S. 453; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564-565). Diese
Unterscheidung ist wichtig, da in empirischen Studien die Verlierer des Turniers häufig einen
geringeren Betrag erhalten als die Gewinner, allerdings nie einen Betrag von null. Bei dem
befragten Versicherungsunternehmen erhalten nur die Turniergewinner einen Preis. Dies ist
durchaus nachvollziehbar, da die Preise als Anreiz zur Motivations- und Leistungssteigerung
einen Bonus zum erarbeiteten Gehalt darstellen. Die Versicherungsvertreter, die den
Wettbewerb nicht gewonnen haben, erhalten wie gewohnt ihre erwirtschafteten Provisionen.
Bei der Höhe der Preise ist das befragte Versicherungsunternehmen nach eigener Aussage
bestrebt einen sehr hohen Betrag17
auszuloben, um die Aufmerksamkeit und Motivation der
Versicherungsvertreter auf den Wettbewerb zu lenken (P. Pelka & J. Riese, persönliche
Mitteilung, am 12.03.2010).
17
Über die genaue Höhe der Preise wurde von den Experten aus Vertraulichkeitsgründen keine Angabe gemacht.
47
Bei Verkaufswettbewerben im Versicherungsvertrieb spielt neben der Anzahl an
Preisen und der Turnierpreisdifferenz noch die Art der Preise eine Rolle. Um den
verschiedenen Motivationstypen unter den Versicherungsvertretern gerecht zu werden, setzt
das befragte Versicherungsunternehmen unterschiedliche Preise ein. Bei Wettbewerben von
geringer Dauer und Größe können dies Sach- und/oder Geldpreise sein. Beim „Top 100“-
Wettbewerb gewinnen die Sieger z.B. eine Reise in eine europäische Stadt. Bei dieser Reise
wird laut den befragten Experten sehr viel Wert auf Exklusivität gelegt. Zusätzlich werden die
einhundert Besten zu einem Galadinner mit dem Unternehmensvorstand eingeladen. Bei der
dortigen Siegerehrung bekommen die Gewinner eine Urkunde überreicht und es folgt ein
Bericht in der Mitarbeiterzeitung. So können nach Aussage der befragten Experten
Exklusivität und Prestige mit einem Gewinn des „Top 100“-Wettbewerbs in Verbindung
gebracht werden (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010). Allerdings
wurde in den bisherigen Studien zur Turnierentlohnung Prestige als Preis bzw. die Art der
Preise nicht untersucht. Die ausgelobten Preise waren rein monetärer Natur. Die
Auswirkungen von Prestige auf die Arbeitsmotivation wird in Kapitel III 2.4 näher erläutert.
Neben der Anzahl und der Spannweite von Preisen muss der Turnieranbieter noch die
Turniergröße, d. h. die Anzahl der Teilnehmer, festlegen. Ist es mehreren Personen möglich,
an einem Turnier teilzunehmen, ist das Turnier effizienter als bei einer geringen Anzahl an
Konkurrenten. Vorsicht ist bei einem Wettbewerb mit nur zwei Teilnehmern geboten. Hier
erhöht sich die Wahrscheinlichkeit für kollusive Absprachen (Harbring & Irlenbusch, 2003a,
S. 460–461; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 564-565). Die Turniergröße ist bei dem
befragten Versicherungsunternehmen nicht fest vorgegeben. Alle Versicherungsvertreter
nehmen automatisch am Turnier teil (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am
12.03.2010).
Auch die Dauer des Turniers muss beachtet werden. Bei einem zu langandauernden
Wettbewerb können die Teilnehmer leicht das Ziel aus den Augen und somit die Motivation
verlieren. Zur Motivationssteigerung sollten daher Etappenziele vorgegeben werden (Galal,
2009, S. 51; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 565). Die Einblendung von Zwischenständen
kann dabei zu Motivationssteigerungen führen. Blanes-I-Vidal und Nossol (2009) zeigen,
dass durch die Einblendung von aktuellen Platzierungen während eines Turniers die
Arbeitseinsätze höher sind als bei einem Verzicht auf die Einblendungen. Barankay (2011)
kommt in seiner Studie dagegen zu widersprüchlichen Ergebnissen. Die Ergebnisse zeigen,
dass eine Einblendung von Rangplätzen demotivierend wirkt. Allerdings ist dieser Effekt
geschlechtsabhängig. Eine Einblendung der Rangplätze führt nicht dazu, dass Frauen ihren
Arbeitseinsatz reduzieren. Frauen zeigen auch nach der Bekanntgabe der Platzierungen einen
gleich hohen Arbeitseinsatz. Männer dagegen reduzieren ihren Arbeitseinsatz, nachdem sie
ihre Platzierung erfahren haben. Dies ist damit zu erklären, dass Männer mehr Wert auf eine
gute Platzierung legen und ihre Platzierungen häufig selbst überschätzen (Barankay, 2011, S.
24–26; Blanes-I-Vidal & Nossol, 2009, S. 9–10; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 565).
Der „Top 100“-Wettbewerb des befragten Versicherungsunternehmens dauert ein
Geschäftsjahr und findet jährlich statt. Um die Begeisterung und Motivation der
Versicherungsvertreter konstant hoch zu halten, werden immer wieder die aktuellen
Platzierungen an die Versicherungsvertreter weitergegeben oder Zwischenstände im Intranet
veröffentlicht. Zudem wird der Wettbewerb durch ein bis mehrere Monate andauernde
Spartenincentives unterstützt. Spartenincentives sind entweder Wettbewerbe mit relativer
Leistungsbewertung, die für spezielle Sparten wie Kfz- oder Krankenversicherungen
durchgeführt werden, oder Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben für ebendiese
Sparten (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010).
48
3.2.2 Personenbezogene und externe Einflüsse
Einige Einflüsse auf die Effizienz von Turnieren lassen sich dagegen nicht direkt vom
Turnieranbieter beeinflussen. Sie resultieren zum einen aus den Persönlichkeitseigenschaften
der Teilnehmer und zum anderen aus externen Einflüssen. Diese Faktoren können jedoch
durch die oben genannten Gestaltungsparameter verstärkt oder abgeschwächt werden (Wedel
& Steul-Fischer, 2012, S. 565).
Ein personenbezogener Einfluss auf die Turniereffizienz sind die jeweiligen
Fähigkeiten der Teilnehmer. Handelt es sich beispielsweise um sehr heterogene Mitarbeiter,
unterscheiden sich die Teilnehmer also stark in ihren Fähigkeiten, so kann das
durchschnittliche Leistungsniveau sinken. Talentierte Teilnehmer zeigen eine niedrigere
Leistung, da sie nur wenig motiviert werden. Es besteht zudem die Gefahr, wenn die
Asymmetrien zu groß sind, dass weniger fähige Teilnehmer ihre Leistung stark reduzieren
und aus dem Wettbewerb aussteigen (Budde & Wielenberg, 1997, S. 936, 940, 943;
Irlenbusch, Kräkel & Selten, 2004, S. 5; Tong & Leung, 2002, S. 404; Wedel & Steul-Fischer,
2012, S. 565). Dieses Verhalten kann auch als Superstar-Effekt bezeichnet werden. Die
Teilnahme eines sehr erfolgreichen Versicherungsvertreters am Turnier kann dazu führen,
dass sich die anderen Teilnehmer durch den „Superstar“ eingeschüchtert fühlen und ihren
Arbeitseinsatz reduzieren, da sie keine Chance sehen, das Turnier zu gewinnen (Brown, 2011,
S. 21–22; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 565). Sind die Wettstreiter indessen mit ähnlichen
Begabungen ausgestattet und bewegen sich auf demselben Leistungsniveau, kann die
Effizienz des Turniers deutlich gesteigert werden (Budde & Wielenberg, 1997, S. 936, 940,
943; Harbring, Irlenbusch, Kräkel & Selten, 2004, S. 5; Tong & Leung, 2002, S. 404; Wedel
& Steul-Fischer, 2012, S. 565).
Die Experten des befragten Versicherungsunternehmens sind sich bewusst, dass nicht
alle Versicherungsvertreter aufgrund ihrer Fähigkeiten und Voraussetzungen die Wettbewerbe
gewinnen können. Es können grundsätzlich drei Leistungsgruppen bei den Versicherungs-
vertretern unterschieden werden. Die erste Gruppe sind die sogenannten „Stars“. Die
Versicherungsvertreter dieser Gruppe zählen zu den besten Versicherungsvertretern und sind
dank ihren Fähigkeiten durchaus in der Lage, die Wettbewerbe zu gewinnen. Die zweite
Gruppe sind die sogenannten „Question Marks“. Diese Versicherungsvertreter haben
durchaus das Potential, einen Wettbewerb zu gewinnen, wenn sie ihre Leistungen
entsprechend steigern. Die letzte Gruppe kann als „Poor Dogs“ bezeichnet werden. Die
Versicherungsvertreter dieser Gruppe sind aufgrund ihrer Fähigkeiten meist nicht in der Lage,
einen Preis bei einem Turnier zu gewinnen. Nach Einschätzung der befragten Experten kann
nicht davon ausgegangen werden, dass die Unterschiede in den Fähigkeiten der
Versicherungsvertreter demotivierend wirken und zu einer Reduktion der Arbeitsleistung
führen (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010). Allerdings ist noch nicht
empirisch untersucht worden, ob sich derartige Unterschiede in den Fähigkeiten der
Teilnehmer positiv oder negativ auf die Motivation auswirken.
Verlustaversion kann ebenfalls die Effizienz von Turnieren reduzieren.
Verlustaversion kann anhand der Prospect-Theorie von Kahneman und Tversky (1979)
verdeutlicht werden. Wie bereits erläutert besitzt jedes Individuum einen relativen bzw.
individuellen Referenzpunkt. In Abhängigkeit dieses Referenzpunktes werden Abweichungen
nach oben als Gewinne und Abweichungen nach unten als Verluste eingestuft. Die
Verlustaversion zeigt sich in dem im Verlustbereich steileren Funktionsverlauf der
Wertefunktion als im Gewinnbereich. Betragsmäßig gleiche Abweichungen nach oben oder
unten werden daher unterschiedlich wahrgenommen und bewertet. Eine Erhöhung des
49
Verlusts wird beispielsweise negativer bewertet als eine betragsmäßig gleiche Erhöhung des
Gewinns (Kahneman & Tversky, 1979, S. 286–288).
Liegt nun der Verliererpreis unterhalb dieses Referenzpunktes, wird er als Verlust
wahrgenommen. Verlustaverse Teilnehmer werden daher ihren Arbeitseinsatz reduzieren.
Durch eine Anhebung des Verliererpreises und eine damit einhergehende Verringerung der
Turnierpreisdifferenz kann der Turnieranbieter die Gefahr, dass der Verliererpreis sich
unterhalb des Referenzpunktes der Teilnehmer befindet, reduzieren und damit den
Arbeitseinsatz erhöhen (Falk, Fehr & Huffman, 2008, S. 3, 21, 24). In der Praxis erhalten die
Versicherungsvertreter, die den Wettbewerb nicht gewinnen, allerdings keinen Preis (der
Verliererpreis entspricht einem Wert von null). Ob dies dem Referenzpunkt der Vertreter
entspricht oder als Verlust angesehen wird, muss in weiteren Untersuchungen geklärt werden.
Sind die Turnierteilnehmer ungleichheitsavers, so ist die Effizienz des Turniers
ebenfalls zu hinterfragen. Wie bereits erwähnt ist Ungleichheitsaversion eine spezielle Form
der wahrgenommenen Fairness der Teilnehmer. Ungleichheitsaverse Individuen streben eine
Gleichverteilung des Outputs, beispielsweise des Einkommens, zwischen den Teilnehmern
an. Erhält ein ungleichheitsaverses Individuum 1 beispielsweise eine geringere Auszahlung
als sein Konkurrent Individuum 2, so spricht man von negativer Ungleichheit aus Sicht des
Individuums 1. In dieser Situation können Gefühle wie Neid und Missgunst entstehen. Erhält
das Individuum 1 dagegen eine höhere Auszahlung als sein Kontrahent, handelt es sich um
eine positive Ungleichheit. Hierbei können allerdings Mitleid und Schuldgefühle bei
Individuum 1 aufkommen. Erhalten beide Individuen eine gleich hohe Auszahlung, liegt eine
Gleichverteilung der Ergebnisse vor. Sowohl positive als auch negative Ungleichheiten stiften
einem ungleichheitsaversen Individuum einen geringeren Nutzen als eine Gleichverteilung
(Eberlein & Grund, 2006, S. 135–136; Fehr & Schmidt, 1999, S. 4–5; Wedel & Steul-Fischer,
2012, S. 565-566).
Da bei der Turnierentlohnung Gewinner- und Verliererpreise ausgespielt werden oder
nur die Gewinner einen Preis bekommen, ist eine Gleichverteilung nicht möglich. Die
Leistung der Turnierteilnehmer kann allerdings gesteigert werden, wenn man davon ausgeht,
dass eine positive Ungleichheit einen höheren Nutzen stiftet als eine negative Ungleichheit
(Falk et al., 2008, S. 24–25; Grund & Sliwka, 2005, S. 188; Wedel & Steul-Fischer, 2012,
S. 566). Da keine Möglichkeit einer Gleichverteilung besteht, präferieren ungleichheitsaverse
Teilnehmer eine positive vor einer negativen Ungleichheit und erhöhen ihren Arbeitseinsatz,
um eine negative Ungleichheit und schlechte Gefühle wie Neid und Missgunst zu vermeiden.
Es ist zu beachten, dass in diesem Modell davon ausgegangen wird, dass die Teilnehmer nur
ihr eigenes Einkommen und das ihrer Gegenspieler berücksichtigen. Die mit dem
Arbeitseinsatz einhergehenden Kosten, wie Arbeitsleid, bleiben indessen unbeachtet. Werden
die Kosten berücksichtigt, könnten die Effekte auf die Turniereffizienz anders ausfallen.
Durch eine Erhöhung des Arbeitseinsatzes steigt zwar die Wahrscheinlichkeit, dass die
Teilnehmer das Turnier gewinnen und so die negative Ungleichheit umgehen, allerdings ist
eine Steigerung des Arbeitseinsatzes mit höheren Kosten verbunden. Im Falle eines Verlustes
können diese höheren Kosten die Relation von Arbeitseinsatz zu Entlohnung empfindlich ins
Negative verschieben (Eberlein & Grund, 2006, S. 139; Falk et al., 2008, S. 24–25; Grund &
Sliwka, 2005, S. 188; Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 566).
Aufgrund des üblichen leistungsbezogenen Provisionssystems erhalten die
Versicherungsvertreter unabhängig davon, ob ein Wettbewerb stattgefunden hat oder nicht,
ungleiche Auszahlungen. Daher könnte vermutet werden, dass die Ungleichheitsaversion bei
Versicherungsvertretern weniger stark ausgeprägt ist (siehe Abbildung 16). Die Nutzenkurve
(grüne Kurve) verläuft daher bei positiver als auch bei negativer Ungleichheit flacher als bei
einer stark ausgeprägten Ungleichheitsaversion (rote Kurve). Durch den flacheren Verlauf der
50
Nutzenkurve erfahren die Versicherungsvertreter mit schwacher Ungleichheitsaversion einen
geringeren Nutzenverlust bei einer Abweichung von der Gleichverteilung als bei einer stark
ausgeprägten Ungleichheitsaversion. Allerdings ist der Nutzen der Versicherungsvertreter
trotz der flacheren Nutzenkurve bei negativer Ungleichheit weiterhin geringer als bei positiver
Ungleichheit. Den höchsten Nutzen stiftet in diesem Fall immer noch die Gleichverteilung.
Weisen die Versicherungsvertreter dagegen keine Ungleichheitsaversion (blaue Kurve) auf,
so verläuft die Nutzenkurve unabhängig von den Auszahlungen der anderen Vertreter. Es
kann allerdings auch argumentiert werden, dass die leistungsbezogene Entlohnung von den
Versicherungsvertretern als besonders fair empfunden wird, da jeder Versicherungsvertreter
entsprechend seinen Leistungen entlohnt wird. Allerdings sind weitere empirische
Untersuchungen erforderlich, um genauere Aussagen treffen zu können (Wedel & Steul-
Fischer, 2012, S. 566).
Abb. 16: Nutzenfunktion des Individuums 1
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Fehr & Schmidt, 1998, S. 5.
Auch Reziprozität spielt in Turnieren eine nicht zu verachtende Rolle. Für reziproke
Individuen sind nicht nur die materiellen Ergebnisse wichtig, wie dies bei Fairness und
Ungleichheitsaversion der Fall ist, sondern auch die Absichten der anderen Individuen. Der
Turnieranbieter kann sich dieses Prinzips bedienen, um die Effizienz des Turniers zu steigern.
Entscheidet er sich für die Ausschüttung vieler Gewinnerpreise, wird dies von den
Turnierteilnehmern als sehr positiv und freundlich wahrgenommen. Hierdurch erhöht sich die
Gewinnwahrscheinlichkeit der einzelnen Teilnehmer und diese revanchieren sich mit einer
höheren Leistung. Die Turnierteilnehmer nehmen die Preisanzahl anders wahr, wenn diese
vom Turnieranbieter gestaltet wird im Vergleich zur Vorgabe durch externe dritte Personen.
Beispielsweise könnte eine auf Verkaufsturniere spezialisierte Agentur die Gestaltung und
Durchführung der Wettbewerbe übernehmen (Harbring & Irlenbusch, 2003b, S. 28, 35;
Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 566-567).
Auch in anderen Studien, wie beispielsweise im Gift-Exchange-Spiel, konnte gezeigt
werden, dass exogene Vorgaben weniger reziprokes Verhalten erzeugen. In diesem Spiel
treten Arbeitnehmer und Arbeitgeber in sogenannte Lohnverhandlungen. Der Arbeitgeber
bietet dem Arbeitnehmer einen Lohn in einer bestimmten Höhe an. Der Arbeitnehmer kann
das Angebot annehmen oder ablehnen. Nimmt er das Angebot an, legt er im Gegenzug den
51
Arbeitseinsatz fest, den er bereit ist für diesen Lohn zu zeigen. Es hat sich gezeigt, dass die
Korrelation zwischen Lohnhöhe und Arbeitseinsatz deutlich schwächer ausfällt, wenn der
Arbeitgeber die Lohnhöhe nicht mehr frei wählen kann, sondern der Lohn von einer
unbeteiligten Person vorgegeben wird. Ein hoher Lohn spiegelt nicht mehr die positiven
Absichten des Arbeitgebers wider und wird daher weniger durch die Arbeitnehmer belohnt
(Falk & Fischbacher, 2000, S. 22–23).
Bei dem befragten Versicherungsunternehmen werden die Turniere nicht von externen
Agenturen konzipiert und veranstaltet, sondern vom Vertriebscontrolling in Abstimmung mit
dem Unternehmensvorstand. Das reziproke Verhalten der Versicherungsvertreter könnte
somit zusätzlich noch gefördert werden, indem das Versicherungsunternehmen die Anzahl der
Gewinner erhöht. Dies kann beispielsweise mit besonderen Ereignissen verbunden werden.
So wäre es denkbar, dass im Jahr des 125-jährigen Bestehens nicht nur die einhundert besten
Vertreter prämiert werden, sondern die besten 125 Versicherungsvertreter (P. Pelka & J.
Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010).
3.3 Selektionseffekte bei Versicherungsvertretern
Ist ein Turnier nicht effizient gestaltet, übt es also keine oder eine falsche
Anreizwirkung auf die Mitarbeiter aus, kann es zu Selektionseffekten kommen. Ein Teil der
Mitarbeiter entscheidet sich also gegen eine Teilnahme am Turnier. Dabei ist zwischen
aktiven und passiven Selektionseffekten zu unterscheiden. Bei aktiven Selektionseffekten
werden die betreffenden Personen vor die Wahl gestellt, ob sie an einem Turnier teilnehmen
möchten oder nicht. Bei der passiven Selektion ist dagegen keine Wahlmöglichkeit gegeben.
Die Personen müssen demnach am Turnier teilnehmen. Allerdings ist es denkbar, dass die
Teilnehmer sich nicht dem Wettbewerb stellen möchten und daher eine geringe bis gar keine
Leistung zeigen.
Eriksson, Teyssier und Villeval (2009) fanden in ihrer Studie heraus, dass bei einer
aktiven Selektion die durchschnittlichen Anstrengungen um 32,47 % höher waren als bei
einer passiven Selektion. Bedeuten diese Selektionseffekte, dass sich nur die besten
Mitarbeiter dem Wettbewerb stellen und das breite Mittelfeld sich von dem Wettbewerb
überhaupt nicht angesprochen fühlt? Verschiedene Faktoren können einen Einfluss auf die
Teilnahmemotivation in einem Turnier ausüben. Sie können eine Teilnahme begünstigen oder
sich negativ auf die Teilnahmewahrscheinlichkeit auswirken. Daher werden in diesem Kapitel
zunächst der aktive und passive Selektionseffekt in Abhängigkeit von der
Teilnahmemotivation beleuchtet. Da Frauen und Männer sich in ihrem Wettbewerbsverhalten
unterscheiden, wird anschließend der Einfluss des Geschlechts auf diese Selektionseffekte
untersucht. Generell bleibt festzuhalten, dass Individuen, die motiviert sind, viel zu arbeiten,
das Turnier nicht scheuen und sich dem Wettbewerb stellen (Eriksson, Teyssier & Villeval,
2009, S. 544).
3.3.1 Aktive Selektionseffekte
Aktive Selektion bedeutet, dass sich die Mitarbeiter für oder gegen eine Teilnahme am
Turnier entscheiden können. Aktive Selektion ist demnach für den Turnieranbieter und unter
Umständen für die anderen Teilnehmer ersichtlich. Risikoaversion fördert dabei die aktive
Selektion und wirkt sich negativ auf die Motivation zur Teilnahme am Turnier aus.
Risikoaverse Individuen entscheiden sich weniger häufig für die Turnierentlohnung. Sie
ziehen eine andere Form der Entlohnung, bei der die Unsicherheit über die Auszahlung
geringer ist, vor (Eriksson et al., 2009, S. 540).
52
Daneben spielt das Selbstbewusstsein der Teilnehmer eine Rolle bei der aktiven
Selektion. Zögerliche Individuen mit einem geringen Selbstbewusstsein nehmen seltener an
Wettbewerben teil als selbstbewusste Individuen. Hier ist der Aspekt der Selbstüberschätzung
zu berücksichtigen. Es können sich durchaus Teilnehmer, die ihre eigenen Fähigkeiten
überschätzen, für das Turnier entscheiden, obwohl sie nur eine sehr geringe Chance haben,
das Turnier zu gewinnen (Eriksson et al., 2009, S. 544).
Zu guter Letzt entscheidet auch die Erfahrung in vergangenen Turnieren über eine
Teilnahme. Der Eintritt in ein Turnier wird von den Leistungen in einem vergangenen Turnier
bedingt. Teilnehmer, die eine positive Erfahrung im letzten Wettbewerb gemacht haben,
nahmen häufiger an erneuten Turnieren teil als Teilnehmer, die schlecht abgeschnitten haben.
Es konnte gezeigt werden, dass 72 % der Teilnehmer, die im vergangenen Turnier gewonnen
haben, erneut am Wettbewerb teilnahmen. Bei den Verlierern waren es dagegen nur 58 %
(Eriksson et al., 2009, S. 540; Vendegrift & Yavas, 2009, S. 566). Dieser Effekt wird durch
erfahrene Emotionen, bedingt durch die Fähigkeiten der Teilnehmer und empfundene
Gewinnwahrscheinlichkeit, verstärkt. Gewinnen Teilnehmer ein Turnier, empfinden sie
positive Emotionen wie Stolz und Freude. Verlieren sie dagegen, herrschen negative
Emotionen wie Enttäuschung und Frustration vor. Geht beispielsweise ein Teilnehmer mit
geringeren Fähigkeiten, der somit eine geringere Gewinnwahrscheinlichkeit hat, als Sieger
aus einem Turnier hervor, ist die empfundene Freude viel stärker. Diese starken Gefühle
beeinflussen dann eine erneute Teilnahme (Kräkel, 2008, S. 2–4).
Bei Versicherungsunternehmen nehmen typischerweise alle Versicherungsvertreter
automatisch an den Wettbewerben teil, daher sind nach Aussagen der befragten Experten
keine aktiven, sondern lediglich passive Selektionseffekte möglich (P. Pelka & J. Riese,
persönliche Mitteilung, am 12.03.2010). Als aktiver Selektionseffekt im weitesten Sinne kann
lediglich die Berufswahl interpretiert werden. Individuen können sich aufgrund des
Vergütungssystems bei Versicherungen gegen den Beruf des Versicherungsvertreters
entscheiden und einen Beruf mit höherer Einkommenssicherheit wählen.
3.3.2 Passive Selektionseffekte
Können die Teilnehmer sich nicht aktiv für oder gegen eine Teilnahme an einem
Turnier entscheiden, kann es zu passiven Selektionseffekten kommen. Man spricht von
passiven Selektionseffekten, wenn die Teilnehmer des Turniers einen sehr niedrigen bis gar
keinen Arbeitseinsatz zeigen, da sich die Teilnehmer eigentlich gegen eine Teilnahme am
Turnier entschieden hätten. Passive Selektion ist daher im Gegensatz zur aktiven Selektion
weder für den Turnieranbieter noch für die anderen Teilnehmer ersichtlich. Es bleibt fraglich,
ob ein Teilnehmer, der im Turnier schlecht abgeschnitten hat, wirklich sein Bestes gegeben
hat oder innerlich kapituliert und daher keinen Arbeitseinsatz gezeigt hat (Denzler & Steul-
Fischer, 2010, S. 19).
Wie schon bei der Effizienz eines Turniers spielen auch bei der passiven Selektion die
Fähigkeiten der Teilnehmer eine Rolle. Wie bereits erwähnt, reduzieren die unterlegenen
Teilnehmer ihre Arbeitsleistung stark, wenn die Asymmetrien in den Fähigkeiten zu groß sind
(Budde & Wielenberg, 1997, S. 936, 940, 943; Harbring et al., 2004, S. 5; Tong & Leung,
2002, S. 404). Bei unterlegenen Versicherungsvertretern ist nicht davon auszugehen, dass es
zu passiven Selektionseffekten kommt. Würden diese Versicherungsvertreter ihre
Arbeitsleistung stark reduzieren, bekämen sie weniger Provisionen und somit weniger Gehalt.
Da die Vertreter durch ihren Beruf ihren Lebensunterhalt bestreiten, kommt es zu passiven
53
Selektionseffekten nur in dem Maße, dass die Turnieranreize zu keinen Motivations-
steigerungen und somit zu keiner Erhöhung im Arbeitseinsatz führen. Allerdings haben
Müller und Schotter (2007) gezeigt, dass sich die Teilnehmer in Wettbewerben entweder ein
Rat Race liefern oder nur einen sehr geringen Arbeitseinsatz zeigen (Müller & Schotter, 2007,
S. 14).
Ein weiterer Aspekt, der passive Selektionseffekte hervorruft, ist die empfundene
Gewinnwahrscheinlichkeit. Je weniger Gewinnerpreise ausgelobt werden, desto kleiner ist die
Wahrscheinlichkeit für jeden einzelnen Teilnehmer, einen dieser Preise zu bekommen. Je
geringer die Gewinnwahrscheinlichkeit ist, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, dass keine
Leistung im Wettbewerb gezeigt wird. Dieser Effekt wird dadurch verstärkt, dass Individuen
dazu neigen, ihre Gewinnwahrscheinlichkeit verzerrt wahrzunehmen. So wird eine geringe
Gewinnwahrscheinlichkeit unterschätzt, eine hohe Gewinnwahrscheinlichkeit dagegen
überschätzt (Harbring & Irlenbusch, 2003a, S. 455; Müller & Schotter, 2007, S. 24).
Passive Selektionseffekte wurden bisher in Studien nicht explizit untersucht. Zeigten
Teilnehmer einen Arbeitseinsatz gleich oder nahe null, so wurde dies als Aufgeben der
Teilnehmer interpretiert. Allerdings wurden die Teilnehmer nicht nach den Gründen für ihre
geringe Leistung befragt.
3.3.3 Geschlechtsunterschiede
Verschiedene Studien haben gezeigt, dass das Geschlecht einen entscheidenden
Einfluss auf die Selektion bei der Turnierteilnahme sowie den Arbeitseinsatz ausübt.
Bei der aktiven Selektion treten deutliche Geschlechtsunterschiede auf. Gupta,
Poulsen und Villeval (2005) stellten die Probanden vor die Wahl zwischen einem Turnier und
einem sicheren Vergütungssystem (Stückentlohnung).18
Lediglich 34 % der Frauen stellten
sich der Herausforderung des Wettkampfes, wohingegen 60 % der Männer am Turnier
teilnahmen (Gupta, Poulsen & Villeval, 2005, S. 14). Diese Teilnahmetendenz in
Abhängigkeit des Geschlechts konnte von Niederle und Vesterlund (2007) bestätigt werden.19
35 % der Frauen und 75 % der Männer wählten das Turnier als Vergütungssystem. Demnach
besteht ein Unterschied zwischen den Geschlechtern bei der Teilnahme an Turnieren, da
Frauen und Männer unterschiedlich auf Wettbewerbssituationen reagieren (Niederle &
Vesterlund, 2007, S. 1069–1072). Diese Differenz liegt in verschiedenen Ursachen begründet.
Frauen neigen bei der Wahl des Vergütungssystems eher dazu, interne Aspekte wie
Risiko- und Ungleichheitsaversion zu berücksichtigen. Wie bereits erwähnt, birgt die
Turnierentlohnung ein höheres Risiko als beispielsweise ein festes Gehalt, da die Gefahr
besteht, den Wettbewerb zu verlieren und somit einen geringeren Entlohnungsbetrag zu
erhalten. Es zeigte sich, dass diejenigen weiblichen Teilnehmer, die in den Wettstreit treten,
sich durch eine höhere Risikofreudigkeit auszeichnen als jene, die sich für das sichere
Vergütungssystem entschieden haben. Männer, die die sichere Entlohnung wählten, waren
dagegen ebenso risikofreudig wie Männer, die in das Turnier eintraten (Gupta et al., 2005, S.
5, 18). Frauen sind zudem ungleichheitsaverser als Männer. Verschiedene Studien haben
gezeigt, dass Frauen kooperativer und weniger selbstsüchtig sind als Männer und eher eine
18
Die Aufgabe bestand darin, Irrgärten zu lösen. Bei dem sicheren Vergütungssystem wurden die Probanden für
jeden richtig gelösten Irrgarten bezahlt. Beim Turnier werden sie höher entlohnt, wenn sie mehr Irrgärten gelöst
haben als ihr Gegenspieler. Der Verlierer dagegen bekommt nur einen geringen Betrag pro Stück ausbezahlt.
Dieser liegt unterhalb des Stücklohns bei dem sicheren Vergütungssystem. 19
Hier bestand die Aufgabe darin, zweistellige Zahlenreihen zu addieren.
54
Gleichverteilung des Outputs anstreben. Wie bereits erwähnt, führt die Turnierentlohnung
immer zu einer Ungleichheit in den Auszahlungen. Aus diesem Grund könnten Frauen eher
ein anderes, sicheres Vergütungssystem dem Turnier vorziehen (Andreoni & Vesterlund,
2001, S. 294–295; Eckel & Grossman, 1998, S. 732; Eckel & Grossman, 2001, S. 181).
Bei Männern basiert die Wahl eher auf äußerlichen Faktoren. Ihre Entscheidung wird
vom Geschlecht ihres Gegenspielers beeinflusst. Wenn Männer gegen einen anderen Mann
antreten, wählen sie signifikant häufiger den Wettstreit, als wenn sie gegen eine Frau spielen.
Die Wahl der Frauen dagegen bleibt vom Geschlecht ihres Gegenspielers unberührt (Gupta et
al., 2005, S. 5, 20).
Darüber hinaus neigen eher Männer als Frauen dazu, sich selbst zu überschätzen. Auf
die Frage, wer in ihrer Gruppe am besten abgeschnitten hat, glaubten 75 % der Männer, dass
sie selbst die beste Leistung gezeigt haben, wohingegen nur 43 % der Frauen von sich selbst
überzeugt waren. Wie bereits erwähnt führt Selbstüberschätzung zu einer höheren Präferenz
für die Turnierteilnahme (Niederle & Vesterlund, 2007, S. 1087).
Ein weiterer Grund, der Frauen von der Teilnahme an Turnieren abhalten könnte, ist
der sogenannte „Stereotype Threat“. Eine Bedrohung durch eine Stereotype kann entstehen,
wenn beispielsweise Frauen Angst haben, aufgrund eines negativen Rollenklischees verurteilt
zu werden. So kann es in Situationen, in denen Frauen mit Vorurteilen konfrontiert werden,
zu selbsterfüllenden Prophezeiungen kommen. Frauen haben Angst, dem Klischee zu
entsprechen und vorschnell beurteilt zu werden. So entsteht ein zusätzlicher Leistungsdruck,
der sich negativ auf die Leistung der Frauen ausübt. Spencer, Steele und Qinn (1999)
konfrontierten beispielsweise eine Gruppe von weiblichen und männlichen Studierenden mit
dem Vorurteil, dass Frauen schlechter in Mathematik sind als Männer. Im Anschluss mussten
die Studierenden schwere Rechenaufgaben lösen. Einer Vergleichsgruppe wurden nur die
Rechenaufgaben ohne diese zusätzliche Information gegeben. Frauen, die vor dem Lösen der
Aufgaben mit dem Klischee konfrontiert wurden, schnitten signifikant schlechter ab als ihre
männlichen Kommilitonen. Bei der Vergleichsgruppe entstanden keine signifikanten
Geschlechtsunterschiede. Daher können Frauen den direkten Vergleich in einem Turnier
scheuen und ein anderes Vergütungssystem präferieren (Gneezy et al., 2003, S. 1058–1059;
Spencer, Steele & Quinn, 1999, S. 21–23).
Ist den Teilnehmern die Möglichkeit zur aktiven Selektion gegeben, zeigen Frauen
unabhängig davon, ob sie sich für das Turnier oder das sichere Vergütungssystem entschieden
haben, im Durchschnitt den gleichen Arbeitseinsatz. Die Leistung von Männern dagegen ist
bei der Turnierentlohnung signifikant höher. Der gezeigte Arbeitseinsatz von Männern ist
neben dem Vergütungssystem auch noch von dem Geschlecht ihres Gegenspielers abhängig.
Die größte Leistung zeigen Männer, wenn sie gegen einen anderen Mann in den Wettstreit
treten. Müssen die Männer aber gegen eine Frau spielen, leisten sie im Durchschnitt weniger.
Dieses Ergebnis wird von Gupta, Poulsen und Villeval (2005) auch als Ausdruck der
Ritterlichkeit bezeichnet (Gupta et al., 2005, S. 24). Allerdings kann auch argumentiert
werden, dass Männer nicht aus bloßer Höflichkeit und Respekt Frauen gegenüber weniger
hart für einen Sieg „kämpfen“, sondern, dass sie ihre weiblichen Gegenspieler einfach
unterschätzen und daher eine geringere Leistung zeigen.
Ist nur eine passive Selektion möglich, zeigen Frauen in Turnieren eine deutlich
geringere Leistung. Durch die Einführung eines gleichgeschlechtlichen Turniers kann, im
Gegensatz zur aktiven Selektion, die gezeigte Leistung der weiblichen Teilnehmer allerdings
55
signifikant gesteigert werden. Die Leistungsdifferenz zwischen den Geschlechtern kann
dadurch signifikant reduziert werden, so dass keine Geschlechtsunterschiede mehr auftreten
(Gneezy et al., 2003, S. 1061–1062).
Bei dem Versicherungsunternehmen der befragten Experten liegt der Anteil an
weiblichen Versicherungsvertretern bei etwa 20 %. Laut Aussagen der Experten liegt die
aktive Selektion (in Form der Berufswahl) weniger an dem Vergütungssystem und an
Turnieren als vielmehr an dem schlechten Berufsimage, das den Versicherungsvertretern
anhaftet. Auch eine passive Selektion tritt nach Einschätzung der Experten nicht auf, da nach
eigenen Angaben der Frauenanteil unter den Siegern nicht sehr gering ist. Im Durchschnitt
sind 7–10 % der Gewinner Frauen. Es ist anzumerken, dass der Frauenanteil bei
Spartenwettbewerben, wie Kranken- oder Unfallversicherung, höher ist als im „Top 100“-
Wettbewerb (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010).
Somit lässt sich festhalten, dass Frauen nicht generell einen Wettstreit scheuen.
Allerdings ist es nicht von der Hand zu weisen, dass Frauen weniger von Turnieranreizen
angesprochen werden als Männer. Unternehmen sollten daher ihre Anreize in Turnieren so
wählen, dass alle Mitarbeiter in gleicher Weise zur Teilnahme motiviert werden.
3.4 Auszeichnungen bei der Turnierentlohnung
In der ökonomischen Theorie, im Besonderen bei der Prinzipal-Agent-Theorie, stehen
materielle Anreize im Fokus. Es wird angenommen, dass Versicherungsvertreter nur hart
arbeiten, wenn sie dafür monetär entschädigt werden. Nach der Prinzipal-Agent-Theorie übt
daher soziale Anerkennung keine Anreizwirkung auf die Motivation von Versicherungs-
vertretern aus. Allerdings zeigte schon das Hawthorne-Experiment im Jahre 1942, dass durch
Aufmerksamkeit die Arbeitsleistung gesteigert werden kann. Das Experiment wollte
ursprünglich verschiedene objektive Arbeitsbedingungen untersuchen. Beispielsweise wurden
die Lichtverhältnisse am Arbeitsplatz bei einer Gruppe verbessert. Auch die Kontrollgruppe
zeigte daraufhin einen höheren Arbeitseinsatz, was auf die Aufmerksamkeit der Forscher für
die erbrachte Arbeit zurückgeführt werden kann (Ellingsen & Johannesson, 2007, S. 135,
138).
Eine besondere Art der Aufmerksamkeit im Rahmen der Vergütung von
Versicherungsvertretern sind Auszeichnungen. Auszeichnungen sind dabei ein wichtiger
immaterieller Anreiz. Auszeichnungen wie beispielsweise „Versicherungsvertreter des
Jahres“ werden bei Versicherungsunternehmen mit Turnieren verknüpft. Bei der
Turnierentlohnung kann die Anreizwirkung durch eine Auszeichnung noch verstärkt werden.
Die Gewinner der Turniere erhalten dann neben einer Bonuszahlung oder einer exklusiven
Reise eine Auszeichnung und Urkunde.
Die Beziehung zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsvertreter als
typische Arbeitnehmer-Arbeitgeber-Beziehung kann in zwei Kategorien eingeteilt werden.
Die erste Kategorie, die ökonomische Kategorie, enthält finanzielle Elemente, die für beide
Seiten greifbar sind. Die zweite Kategorie ist die sozioemotionale Kategorie, welche soziale
und wertschätzende Elemente umfasst, wie Auszeichnungen und Aufmerksamkeit, die oft
symbolischen Charakter haben (Cropanzano & Mitchell, 2005, S. 881; Dur, 2009, S. 551).
Auszeichnungen werden demnach den immateriellen Anreizen zugeordnet. Die
Ausgezeichneten erhalten Urkunden, Medaillen oder einen anerkennenden Händedruck des
Vorgesetzten. Auszeichnungen werden oft in feierlichen Zeremonien durch den Vorstand
verliehen und es erfolgt ein Bericht in der Unternehmenszeitung. Auszeichnungen üben,
obwohl sie immateriell sind, einen Einfluss auf die extrinsische Motivation aus (Frey, 2010,
S. 6). Die Anreizwirkung resultiert daraus, dass Auszeichnungen den Ausgezeichneten soziale
56
Anerkennung wie Prestige, Status und Aufmerksamkeit verleihen. Daher werden die
Urkunden häufig am Arbeitsplatz ausgestellt und viele Ausgezeichnete führen
Auszeichnungen im Lebenslauf auf (Frey & Neckermann, 2006, S. 279; Frey & Neckermann,
2010, S. 4).
Auszeichnungen sind nach außen hin sichtbar, anders als beispielsweise Lob. Jeder im
Unternehmen weiß, dass die Auszeichnung ausgelobt und in einer Zeremonie verliehen wird.
Auszeichnungen erzeugen einen Konkurrenzkampf, da ein Turnier mit Gewinnern und
Verlierern entsteht. Die Kriterien, nach denen Auszeichnungen verliehen werden, sind in den
meisten Unternehmen sehr breit und vage. Bei Versicherungsunternehmen ist dies nicht der
Fall, da für eine Platzierung im Turnier klar definierte Leistungen festgelegt wurden (Frey &
Neckermann, 2006, S. 279; Frey & Neckermann, 2010, S. 4).
Des Weiteren kombinieren Auszeichnungen materiellen und immateriellen Nutzen.
Der materielle Nutzen ist dabei ein indirekter Nutzen, der in der Zukunft liegt.
Auszeichnungen haben eine positive Signalwirkung und können die Karrierechance erhöhen,
was zu finanziellen Vorteilen führen kann. Nur wenn Auszeichnungen mit einem monetären
Preis verbunden sind, entsteht ein direkter materieller Nutzen. Der immaterielle Nutzen liegt
dabei wie schon erwähnt bei der sozialen Anerkennung. Allerdings ist der immaterielle
Nutzen davon abhängig, wie angesehen die Auszeichnung im Umfeld des Empfängers ist.
Wird eine Auszeichnung beispielsweise von Arbeitskollegen, Freunden und Familie nicht
geschätzt, so ist der immaterielle Nutzen sehr gering (Frey, 2010, S. 10; Kosfeld &
Neckermann, 2010, S. 1). Durch die Verknüpfung einer Auszeichnung mit einer zusätzlichen
Bonuszahlung können die Ernsthaftigkeit und somit der immaterielle Nutzen einer
Auszeichnung gesteigert werden. Wird eine Auszeichnung zu oft verliehen, verliert sie an
Bedeutung und Wirkung. Ist die Auszahlung aber mit einer Bonuszahlung verknüpft, so
entstehen dem Unternehmen Kosten, wodurch einem inflationären Umgang mit
Auszeichnungen entgegengewirkt werden kann. So wird die Auszeichnung von den
Versicherungsvertretern nicht als kostengünstiger Anreiz gesehen (Frey & Neckermann,
2006, S. 274–275; Neckermann & Frey, 2008, S. 18–19).
Soziale Anerkennung muss dabei von sozialen Präferenzen abgegrenzt werden. Bei
sozialen Präferenzen steht die Interaktion mit anderen Teilnehmern im Vordergrund. Die
Beweggründe von Fairness und Reziprozität stehen im Fokus. Soziale Anerkennung dagegen
ist auf die eigene Person gerichtet. Emotionen wie Stolz und Schande spielen dabei eine
entscheidende Rolle (Ellingsen & Johannesson, 2007, S. 136).
3.4.1 Abgrenzung zu monetären Anreizen
Die oben genannten Eigenschaften von Auszeichnungen grenzen sich von anderen
Anreizen wie Lob und Bonuszahlungen ab. Lob erzielt beispielsweise nicht dieselbe soziale
Anerkennung wie eine Auszeichnung und ist nicht mit einem sichtbaren Symbol verbunden
(Frey & Neckermann, 2010, S. 4). Auszeichnungen können darüber hinaus durch folgende
Eigenschaften charakterisiert werden, welche Auszeichnungen von monetären Zahlungen
abgrenzen.
Bei Auszeichnungen liegen Asymmetrien zwischen dem Unternehmen und dem
Ausgezeichneten vor. Eine Urkunde oder Medaille verursacht dem Unternehmen nur geringe
Kosten. Allerdings zieht der Empfänger einen großen Nutzen aus einer Auszeichnung. Bei
57
einer Bonuszahlung ist das Kosten-Nutzen-Verhältnis zwischen Arbeitnehmer und
Arbeitgeber dagegen ausgeglichen (Frey, 2010, S. 6).
Monetäre Zahlungen und Auszeichnungen unterscheiden sich auch in der Beziehung
zwischen Verleiher und Empfänger. Auszeichnungen sind mit einer Loyalitätsverpflichtung
verknüpft. Ein Empfänger wird eine Auszeichnung nur annehmen und einen Nutzen daraus
ziehen, wenn er mit den Zielen des Verleihers einverstanden ist. Nicht nur der Empfänger,
sondern auch der Verleiher einer Auszeichnung geht eine soziale Beziehung zum Empfänger
ein. Der Verleiher sucht sich den Empfänger genau aus, da die Reputation des Verleihers und
der Auszeichnung Schaden nehmen kann, wenn sich der Empfänger nach der Verleihung als
unwürdiger Preisträger erweist. Bei einer monetären Zahlung ist das nicht der Fall. Da eine
Leistung mit Geld entlohnt wird, muss sich der Empfänger der Zahlung nicht mit den Zielen
und Sichtweisen des Verleihers identifizieren (Frey, 2010, S. 6; Frey & Neckermann, 2006, S.
275).
Darüber hinaus unterscheidet sich die zugrunde gelegte Leistung, nach der
Auszeichnungen und monetäre Zahlungen vergeben werden. Die Höhe und Dauer einer
monetären Zahlung ist exakt definiert, daher sind oft auch die Leistungen für monetäre
Zahlungen genauer festgelegt. So sind beispielsweise die wöchentliche Arbeitszeit und
Urlaubsansprüche im Arbeitsvertrag geregelt. Auszeichnungen werden dagegen oft für vage
definierbare Leistungen, wie Arbeitseinstellung und Arbeitsnorm, verliehen und stellen eine
allgemeine Wertschätzung des Arbeitnehmers dar (Frey, 2010, S. 6–7; Frey & Neckermann,
2006, S. 275). Anders sieht es bei der Turnierentlohnung von Versicherungsvertretern aus.
Hier ist die Auszeichnung an einen Turniersieg geknüpft, und da die Versicherungsvertreter
nach gezeigter Arbeitsleistung, z. B. verkauften Versicherungsverträgen, gerankt werden, geht
die Auszeichnung mit konkreten Leistungen einher.
Weiter ist die Art der Verleihung zu unterscheiden. Das Gehalt und auch zusätzliche
Bonuszahlungen werden auf die Konten der Empfänger überwiesen. Eine zusätzliche
Bonuszahlung wird daher nicht öffentlich gemacht. Die soziale Anerkennung von
Auszeichnungen dagegen ist mit Öffentlichkeit verbunden. Daher werden Auszeichnungen oft
in Zeremonien durch den Vorstand verliehen und die Unternehmenszeitung berichtet von der
Verleihung und ihren Preisträgern (Frey, 2010, S. 7).
Zuletzt unterscheiden sich die beiden Anreize noch durch ihre Besteuerung.
Zusätzliche Bonuszahlungen müssen mit dem üblichen Gehalt versteuert werden.
Auszeichnungen werden dagegen nicht besteuert (Frey, 2010, S. 7).
3.4.2 Anreizwirkung von Auszeichnungen
Die durch Auszeichnungen entstehende soziale Anerkennung kann die Arbeitsleistung
von Arbeitnehmern steigern. Kosfeld und Neckermann (2010) untersuchten die
Anreizwirkung von Auszeichnungen. An dem Experiment nahmen Studierende teil, die sich
auf eine Stellenanzeige eines Softwareunternehmens beworben haben. Den Studierenden war
nicht bewusst, dass sie an einem Experiment teilnahmen. Die Teilnehmer wurden für zwei
Stunden Internetrecherche mit einem fixen Betrag entlohnt. Die Teilnehmer wurden in zwei
Gruppen eingeteilt. Einer Gruppe wurde nach Verteilung der Arbeitsaufgabe von dem
Vorgesetzten erklärt, dass das Softwareunternehmen den zwei Teilnehmern, die die meisten
Rechercheergebnisse erzielt haben, eine Auszeichnung überreichen möchte. Darüber hinaus
wurde den Teilnehmern die Urkunde gezeigt und erwähnt, dass die Übergabe persönlich
58
durch den Vorgesetzten erfolgen wird. Der Kontrollgruppe wurde keine zusätzliche
Auszeichnung in Aussicht gestellt. Es zeigte sich, dass die Arbeitsleistung im Auszeichnungs-
Treatment signifikant höher war als im Kontroll-Treatment. Die Teilnehmer, denen eine
Auszeichnung in Aussicht gestellt wurde, recherchierte im Durchschnitt 12 % mehr als die
Teilnehmer in der Kontrollgruppe. Der Leistungsanstieg geht dabei nicht zu Lasten der
Qualität der recherchierten Ergebnisse und ist unabhängig vom Geschlecht der Teilnehmer.
Allerdings ist die Erhöhung des Arbeitseinsatzes abhängig von der empfundenen
Wahrscheinlichkeit, eine der Auszeichnungen zu erhalten. Teilnehmer, die besonders
motiviert waren oder die fähiger bei der Bewältigung der Aufgabenstellung waren, zeigten
einen größeren Motivationseffekt durch die Auszeichnung als Teilnehmer, die weniger
motiviert an die Aufgaben gingen oder weniger fähig waren (Kosfeld & Neckermann, 2010,
S. 6–12). Verglichen mit Gift-Exchange-Experimenten entspricht die Steigerung des
Arbeitseinsatzes um 12 % einer hypothetischen Lohnerhöhung von 32 % bis 75 % (Kosfeld &
Neckermann, 2010, S. 13). Kosfeld und Neckermann (2010) erklären diesen starken Effekt
damit, dass soziale Anerkennung in realen Arbeitsbeziehungen eine wesentlich stärkere Rolle
spielt als in der ökonomischen Theorie angenommen. Ein weiterer Erklärungsansatz liegt in
den Laborexperimenten selbst. Bei Laborexperimenten sind monetäre Zahlungen das
dominante Austauschgut. Daher können keine symbolischen Werte aufgebaut werden. Ein
Aufbau eines symbolischen Wertes ist unter Umständen nur mit einem unverhältnismäßig
hohem Aufwand möglich (Dur, 2009, S. 552; Kosfeld & Neckermann, 2010, S. 13).
In einer anderen Studie zeigen Neckermann und Frey (2008), dass Gewinner einer
Auszeichnung ihren Arbeitseinsatz nach dem Erhalt einer Auszeichnung sogar erhöhen. Diese
Motivationssteigerung ist damit zu erklären, dass die Gewinner rechtfertigen möchten, dass
sie die Auszeichnung auch wirklich verdient haben (Neckermann & Frey, 2008, S. 21). Auf
der anderen Seite kann der Arbeitseinsatz der nicht ausgezeichneten Arbeitnehmer sinken,
wenn sich diese als Verlierer sehen. Frey (2010) zeigt allerdings, dass kein negativer
Motivationseffekt bei den nicht ausgezeichneten Arbeitnehmern auftritt, wenn diese eine
Gewinnchance der Auszeichnung in der Zukunft sehen. Dabei übernehmen die
Ausgezeichneten eine Vorbildfunktion. Die nicht ausgezeichneten Arbeitnehmer können sich
die Empfänger der Auszeichnung als Vorbild nehmen und die Arbeitsleistung und das
Verhalten am Arbeitsplatz an das der Empfänger anpassen. So können die Verlierer ihre
Chancen, eine Auszeichnung zu gewinnen, erhöhen (Frey, 2010, S. 13).
4 Empirische Untersuchungen zu Ausschreibungen und zur
Turnierentlohnung im Versicherungsvertrieb
4.1 Experimente zu Framing-Effekten bei Ausschreibungen mit individuellen
Zielvorgaben
Mit Hilfe von Experimenten soll der Einfluss von Framing-Effekten auf die
Motivation von Versicherungsvertretern untersucht werden. In beiden Experimenten wird
davon ausgegangen, dass internes und externes Framing identisch sind. Weiter wird
untersucht, ob Reziprozität oder die Prospect-Theorie die dominante Norm im Kontext von
Versicherungen ist.
Als Untersuchungsmethode wurde ein (ökonomisches) Experiment herangezogen, das
sich an der experimentellen Wirtschaftsforschung orientiert. Dabei wird die Auswirkung von
unabhängigen Variablen auf eine oder mehrere abhängige Variablen untersucht.
Ökonomische Experimente zeichnen sich durch Anreizkompatibilität aus. Mit Hilfe von
59
Anreizkompatibilität werden die Probanden motiviert ihre wahren Präferenzen offenzulegen
und sich wie in einer realen Situation zu verhalten, da die Entscheidungen im Rahmen des
Experiments mit realen monetären Konsequenzen verbunden sind (Steul, 2005, S. 81, 87).
Gerade im Kontext von Anreizsystemen ist die Untersuchungsmethode des Experiments
daher im Vorteil vor quantitativen Befragungen.
Weitere Vorteile von Experimenten liegen in der Kontrolle der
Experimentbedingungen, der Replizierbarkeit des Experiments sowie der hohen Reliabilität20
.
Reliabilität kann durch Anreizkompatibilität gesteigert werden. Ein weiterer Vorteil ist die
interne Validität21
. Interne Validität ist ein wichtiges Gütekriterium für die empirische
Forschung. Experimente zeichnen sich aufgrund der Kontrollierbarkeit der Bedingungen und
der Replizierbarkeit durch eine hohe interne Validität aus (Steul, 2005, S. 89–91).
Ein weiteres wichtiges Gütekriterium ist die externe Validität. Ist eine hohe externe
Validität gegeben, so lassen sich die Experimentergebnisse auf die Realität übertragen.
Externe Validität ist bei Experimenten gegeben, wenn wesentliche Strukturen der Realität in
das experimentelle Design übertragen wurden. Durch Anreizkompatibilität kann die externe
Validität erhöht werden (Steul, 2005, S. 90). Gerade diese Übertragbarkeit der Ergebnisse
eines Experiments im Rahmen von Anreizsystemen auf die Versicherungsbranche spricht für
die Anwendung eines Experiments.
Die externe Validität ist allerdings in Frage zu stellen, wenn Studierende als
Probanden herangezogen werden (Steul, 2003, S. 88). Dennoch entschied man sich in den
Experimenten zu Anreizsystemen im Versicherungsvertrieb bewusst für Studierende und
gegen Versicherungsvertreter als Probanden. Zum einen ist es schwer, Versicherungsvertreter
für ein Experiment zu gewinnen. Zum anderen ist das Experiment anreizkompatibel, d. h., es
sollte einen wirklichen Anreiz für die Probanden darstellen. Studierende sind mit einem
Verdienst von 5–7 € für ihr Teilnahme zufrieden. Für Versicherungsvertreter stellt dieser
Betrag dagegen keinen Anreiz dar, sich realitätskonform zu verhalten. Die Beträge sind zu
gering, als dass sich die Versicherungsvertreter beispielsweise nicht risikofreudiger darstellen
würden, als sie es in der Realität sind.
Ein weiterer Nachteil von Experimenten ist ihre Einfachheit. Häufig sind
Experimententscheidungen sehr einfach gehalten, so dass die Komplexität der Realität nur
bedingt widergespiegelt wird (Steul, 2005, S. 91).
Die durchgeführten Experimente versuchen den Trade-off zwischen interner und
externer Validität zu meistern und sind daher so einfach wie nötig und gleichzeitig so
realitätsnah wie möglich gestaltet.
4.1.1 Experiment I: Framing-Effekte und der Einfluss auf die Arbeitsmotivation von
Versicherungsvertretern
4.1.1.1 Zielsetzung und Hypothesen
Mit Hilfe des Experiments I soll der Einfluss von Framing-Effekten auf die Motivation
und somit den Arbeitseinsatz von Versicherungsvertretern untersucht werden. Darüber hinaus
soll der Frage nachgegangen werden, inwieweit das Empfinden von Freundlichkeit und
Feindseligkeit, welches die Grundlage für reziprokes Verhalten ist, durch das Framing von
20
Reliabilität ist die Zuverlässigkeit einer Messung. Als Reliabilität wird die Unabhängigkeit der Ergebnisse von
einer einmaligen Untersuchung sowie situativen Einflüssen bezeichnet (Kuß, 2011, S. 113). 21
Unter interner Validität versteht man, dass die Veränderung der abhängigen Variablen auf eine Veränderung
der unabhängigen Variablen zurückzuführen ist (Kuß, 2011, S. 128).
60
Anreizen bei Versicherungsvertretern beeinflusst werden kann. Aufgrund der theoretischen
Überlegungen lauten die Hypothesen wie folgt:
H1: Eine hohe Anreizzahlung steigert den Arbeitseinsatz.
H2: Aufgrund von Reziprozität ist der Arbeitseinsatz im Verlust-Frame niedriger als im
Gewinn-Frame.
4.1.1.2 Experimentelles Design
Experiment I22
wurde mit z-tree (Fischbacher, 2007) programmiert und im Juli 2010
im Laboratory für Experimental Research in Nuremberg (LERN) am Fachbereich
Wirtschaftswissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg
durchgeführt23
. Registrierte Teilnehmer wurden über das Online-Recruitingtool Orsee per E-
Mail zur Teilnahme eingeladen (Greiner, 2004). Insgesamt nahmen 71 Studierende an dem
Experiment teil (52,1 % Frauen). Die Teilnehmer wurden in bar ausgezahlt. Während des
Experiments kam die Experimentalwährung ECU (50 ECU = 1 €) zum Einsatz. Die
durchschnittliche Auszahlung betrug 6,43 €. Eine Session dauerte ca. 45 Minuten. Da
Arbeitsbeziehungen in der Regel über einen längeren Zeitraum bestehen, bestand das
Experiment aus 12 Geschäftsjahren (Perioden).
Die Teilnehmer sollten sich in die Situation versetzen, dass sie ein
Versicherungsvertreter sind und bei einem Versicherungsunternehmen angestellt sind. Die
Versicherungsvertreter erhielten jedes Geschäftsjahr ein festes Gehalt, das sich aus den
durchschnittlichen Provisionen aus dem Vertragsbestand sowie neu abgeschlossenen
Versicherungsverträgen zusammensetzt. Darüber hinaus konnten die Versicherungsvertreter
eine zusätzliche Zahlung erarbeiten. Das Versicherungsunternehmen hat ein zusätzliches
Provisionselement in einem neuen Marktsegment eingeführt. Um dieses Marktsegment gezielt
zu fördern, setzt das Versicherungsunternehmen Ausschreibungen mit individuellen
Zielvorgaben ein. Alle Versicherungsvertreter erhalten den ausgelobten Preis, wenn sie die
Zielvorgaben des Unternehmens im neuen Marktsegment erreichen. Ob die Versicherungs-
vertreter allerdings die Zielvorgaben erreichen, ist abhängig vom effektiven Arbeitseinsatz.
Der effektive Arbeitseinsatz setzt sich aus dem gewählten Arbeitseinsatz der
Versicherungsvertreter und einem externen Faktor, welcher nicht beeinflusst werden kann,
zusammen:
Effektiver Arbeitseinsatz = gewählter Arbeitseinsatz * externer Faktor
Der externe Faktor liegt dabei gleichwahrscheinlich im Intervall [0,6–1] und wurde zu
Beginn des Experiments per Zufallsmechanismus für alle zwölf Geschäftsjahre festgelegt. So
konnte der externe Faktor in jedem Treatment konstant gehalten werden.
Zu Beginn eines jeden Geschäftsjahres konnten die Versicherungsvertreter ihren
Arbeitseinsatz anhand einer Tabelle wählen (siehe Tabelle 12). Die Funktion des
Arbeitseinsatzes wurde in Anlehnung an Kube (2007) konzipiert. Der Arbeitseinsatz variiert
dabei von 1 bis 10 und ist jeweils mit Kosten (Arbeitsleid) verbunden.
22
Die Instruktionen des Experiments befinden sich im Anhang auf Seite XX dieser Arbeit. 23
Die Datenerhebung erfolgte im Rahmen einer Abschlussarbeit (Zagel, 2010).
61
Tab. 12: Arbeitseinsatz und Arbeitsleid (Framing)
Arbeits-
einsatz 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Arbeits-
kosten 0 1 2 3 5 6 7 8 10 13
Quelle: eigene Darstellung.
Die Probanden wurden per Zufall einem von vier Treatments des 2 (Frame) x 2
(Anreizhöhe) between-subjects Design zugewiesen. Das Gehalt der Versicherungsvertreter
betrug in allen Treatments 12 ECU. Die Höhe des Anreizes (Preis) variierte je nach Treatment
zwischen 8 und 16 ECU. Darüber hinaus wurde der ausgelobte Anreiz den
Versicherungsvertretern in einem der Treatments als ein Gewinn und in einem anderen
Treatment als ein Verlust dargestellt. Erreichten die Versicherungsvertreter im Gewinn-Frame
die Zielvorgaben des Unternehmens, erhielten diese Versicherungsvertreter eine zusätzliche
Bonuszahlung. Im Verlust-Frame erhielten alle Versicherungsvertreter zu Beginn des
Geschäftsjahres eine zusätzliche Zahlung. Erreichten die Versicherungsvertreter die
Zielvorgaben des Unternehmens nicht, so mussten sie eine Rückerstattung in voller Höhe der
zusätzlichen Zahlung an das Unternehmen leisten. Die Zielvorgabe lag in allen Treatments
und über alle Geschäftsjahre hinweg bei 4. War der effektive Arbeitseinsatz der
Versicherungsvertreter größer oder gleich 4, so erhielten die Versicherungsvertreter die
Anreizzahlung. Die Auszahlungsfunktionen der jeweiligen Treatments und die entsprechende
Modellierung der Zielvorgabe sind in Tabelle 13 dargestellt.
Tab. 13: Auszahlungsfunktion der Treatments Experiment I
Gewinn-Frame
Verlust-Frame
Niedriger
Anreiz
Gehalt = 12 – Arbeitsleid + Bonus
Effektiver Arbeitseinsatz ≥ 4:
Bonuszahlung in Höhe von 8 ECU
Gehalt = 20 – Arbeitsleid –
Rückerstattung
Effektiver Arbeitseinsatz < 4:
Rückerstattung in Höhe von 8 ECU
Hoher
Anreiz
Gehalt = 12 – Arbeitsleid + Bonus
Effektiver Arbeitseinsatz ≥ 4:
Bonuszahlung in Höhe von 16 ECU
Gehalt = 28 – Arbeitsleid –
Rückerstattung
Effektiver Arbeitseinsatz < 4:
Rückerstattung in Höhe von 16 ECU
Quelle: eigene Darstellung.
Es ist anzumerken, dass Gewinn- und Verlust-Frame zu identischen Auszahlungen
kommen. Es wurde nur die Art der Darstellung (positiv vs. negativ) variiert. Erreicht ein
Versicherungsvertreter die Zielvorgaben von 4, so erhält er beispielsweise im Gewinn-Frame
mit einem hohen Anreiz und einem gezeigten Arbeitseinsatz von 7 (Arbeitsleid = 7) ein
Gehalt von 21 (12 – 7 + 16). Im entsprechenden Verlust-Frame muss der
Versicherungsvertreter keine Rückerstattung leisten, da er die Zielvorgabe erreicht hat. Er
erhält ebenfalls ein Gehalt von 21 (28 – 7).
62
Jeder Versicherungsvertreter agierte während des Experiments für sich alleine. Es fand
keine Interaktion mit anderen Versicherungsvertretern bzw. dem Versicherungsunternehmen
statt. Es wurde versucht Reziprozität durch die Darstellung einer Geschäftsbeziehung in den
Instruktionen zu erzeugen. Im Anschluss an das Experiment wurden die Probanden gebeten,
Fragen zu Motivation und Risikoeinstellung sowie zur Person zu beantworten.
4.1.1.3 Ergebnisse
Arbeitseinsatz und Framing-Effekte
Die Anreizwirkung der Anreizhöhe und des Frame wurde durch den gewählten
Arbeitseinsatz gemessen. Zeigten die Probanden einen sehr hohen Arbeitseinsatz, so ist davon
auszugehen, dass sie sehr motiviert sind und die Zielvorgaben unbedingt erreichen möchten.
Eine 2x2 ANOVA zeigt einen hoch signifikanten Einfluss der Anreizhöhe (F (1,71) =
14.276, p < .01) und einen signifikanten Einfluss des Framing (F (1,71) = 4.386, p < .05). Der
Interaktionseffekt ist nicht signifikant (siehe Tabelle 14).
Tab. 14: ANOVA Arbeitseinsatz (Framing)
Arbeitseinsatz
F Sig.
konstanter Term 6505,480 0,000
Anreizhöhe 14,276 0,000
Framing 4,386 0,040
Anreizhöhe*Framing 0,890 0,349
Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 15 zeigt die Mittelwerte des Arbeitseinsatzes. Der gewinnoptimale
Arbeitseinsatz nach der Erwartungsnutzentheorie lag bei 5. Um die Zielvorgaben unabhängig
von der Höhe des externen Faktors zu erreichen, mussten die Versicherungsvertreter
allerdings einen Arbeitseinsatz von 7 zeigen.
Tab. 15: Mittelwert Arbeitseinsatz (Framing)
MW Arbeitseinsatz
Anreizhöhe niedrig 6,1
hoch 6,7
Frame Gewinn 6,3
Verlust 6,6
Quelle: eigene Darstellung.
Ein hoher Anreiz steigert die Motivation. Bei einer niedrigen Zahlung zeigen die
Versicherungsvertreter einen niedrigeren Arbeitseinsatz im Vergleich zu einer hohen Zahlung
(MW niedrig = 6,1 und MW hoch = 6,7). Dieses Ergebnis stimmt mit Hypothese H1 überein.
Daher kann Hypothese H1 nicht verworfen werden.
63
Ein Verlust-Frame steigert die Motivation. Im Verlust-Frame zeigen die
Versicherungsvertreter einen höheren Arbeitseinsatz als im Gewinn-Frame (MW Gewinn = 6,3
und MW Verlust = 6,6). Die Ergebnisse sind konträr zu Hypothese H2. Hypothese H2 muss
daher verworfen werden. Ebenso sind die Ergebnisse konträr zu den Ergebnissen von Fehr
und Gächter (2000), bei denen der Arbeitseinsatz im Treatment mit positivem Frame höher
war als im Treatment mit negativem Frame. Eine Erklärung für die unterschiedlichen
Ergebnisse ist, dass sich die Versicherungsvertreter im Experiment nicht reziprok verhalten
und die unfreundliche Handlung des Versicherungsunternehmens nicht bestraft haben. Die
fehlende Reziprozität kann damit erklärt werden, dass die Modellierung einer Beziehung
allein durch die Instruktionen nicht funktioniert hat.
Allerdings ergeben sich signifikante Unterschiede im Arbeitseinsatz in den beiden
Frames. Anhand der Prospect-Theorie lässt sich aufzeigen, warum die Versicherungsvertreter
einen höheren Arbeitseinsatz im Verlust-Frame als im Gewinn-Frame zeigen. Bei der
Prospect-Theorie ist die Einordnung als Gewinn oder Verlust abhängig von einem relativen
bzw. individuellen Referenzpunkt. In Abhängigkeit dieses Referenzpunktes werden
Abweichungen nach oben als Gewinne und Abweichungen nach unten als Verluste eingestuft.
Im Gewinn-Frame stellt das Gehalt von 12 ECU den Referenzpunkt dar. Die zusätzliche
Bonuszahlung erhöht das Gehalt im Vergleich zum Referenzpunkt zu Beginn der Periode und
wird daher als Gewinn angesehen. Im Verlust-Frame dagegen ist der Referenzpunkt das
Gehalt von 12 ECU zuzüglich der zusätzlichen Zahlung zu Beginn der Periode. Der
Referenzpunkt liegt also je nach Treatment bei 20 oder 28 ECU. Die Rückerstattung reduziert
das Gehalt im Vergleich zum Referenzpunkt zu Beginn der Periode und wird daher als
Verlust wahrgenommen. Aufgrund der vorherrschenden Verlustaversion sind die
Versicherungsvertreter bestrebt einen drohenden Verlust zu vermeiden und zeigen einen
höheren Arbeitseinsatz.
Geschlechtsunterschiede
Frauen und Männer unterscheiden sich in der Höhe des gezeigten Arbeitseinsatzes. Im
Falle eines hohen Anreizes zeigen Frauen einen höheren Arbeitseinsatz als Männer
(MW weiblich = 6,98 vs. MW männlich = 6,62, p < .1). Männer verhalten sich, selbst bei einer
hohen Zahlung, rationaler als Frauen. Sie berechnen den optimalen Arbeitseinsatz unabhängig
von der zusätzlichen Zahlung und passen ihren gezeigten Arbeitseinsatz daran an. Frauen
dagegen wollen auf Nummer sicher gehen und die Anreizzahlung erhalten bzw. behalten.
Zudem wirkt der Framing-Effekt bei Frauen stärker als bei Männern. Bei einer angedrohten
Rückerstattung bleibt der Arbeitseinsatz der Männer auf dem gleichen Niveau, sie verhalten
sich weiterhin rational. Frauen dagegen steigern ihren Arbeitseinsatz, um dem drohenden
Verlust der zusätzlichen Zahlung zu entgehen (MW weiblich = 7,21 vs. MW männlich = 6,63, p <
.05). Der höhere Arbeitseinsatz von Frauen kann durch das stärkere kontextbezogene
Entscheidungsverhalten und die größere Verlustaversion von Frauen begründet werden.
Framing-Effekte im Zeitverlauf
Betrachtet man die vier Treatments im Zeitverlauf, so zeigt sich, dass sich die
Arbeitseinsätze über den Zeitverlauf hinweg angleichen (siehe Abbildung 17). Zum einen
sinkt die Motivationswirkung der Anreize, da diese jedes Geschäftsjahr erreicht werden
können. Zum anderen schwächt sich der Framing-Effekt ab. Denn mit nachlassendem
Involvement bzw. nachlassender kognitiver Anstrengung nimmt der Framing-Effekt ab
(Betsch & Kraus, 1998, S. 11). Dies wird auch dadurch deutlich, dass die Entscheidungszeit,
die die Versicherungsvertreter für die Festlegung ihres Arbeitseinsatzes benötigt haben, in den
ersten Geschäftsjahren wesentlich höher war als in den letzten Geschäftsjahren.
64
Abb. 17: Arbeitseinsatz im Zeitverlauf
Quelle: eigene Darstellung in Anlehnung an Zagel (2010), S. 70.
Zudem verhalten sich die Versicherungsvertreter mit jedem neuen Geschäftsjahr und
mit steigender Erfahrung zunehmend rationaler. Eine zusätzliche Bonuszahlung verliert ihren
Reiz, das Arbeitsleid rückt immer mehr in den Fokus der Versicherungsvertreter, bis das
Arbeitsleid den positiven Effekt einer zusätzlichen Bonuszahlung überwiegt. Auch eine
angedrohte Rückerstattung verliert mit dem Zeitverlauf an Schrecken. Auch hier rückt eine
rationale Betrachtung der Rückerstattung mit ihren dazugehörigen Kosten in den Fokus der
Versicherungsvertreter.
Am deutlichsten wird der Effekt der rationaleren Betrachtungsweise über die Zeit
hinweg bei einer niedrigen Bonuszahlung. Aufgrund der niedrigen Bonuszahlung verliert sich
die Motivationswirkung schnell. Die Versicherungsvertreter verhalten sich gewinnoptimal
und senken ihren Arbeitseinsatz. Die Ausschreibung und ihre zusätzliche Bonuszahlung sind
unattraktiv geworden und spielen bei der Kalkulation des Arbeitseinsatzes keine Rolle mehr.
4.1.2 Experiment II: Reziprozität zwischen Versicherungsunternehmen und
Versicherungsvertretern bei Framing-Effekten und der Einfluss auf die Arbeitsmotivation
4.1.2.1 Zielsetzung und Hypothesen
Die Ergebnisse aus Experiment I sind konträr zu den Ergebnissen von Fehr und
Gächter (2000), bei denen der Arbeitseinsatz im Treatment mit positivem Frame höher war
als im Treatment mit negativem Frame. Eine Erklärung für die unterschiedlichen Ergebnisse
ist, dass sich die Versicherungsvertreter im Experiment nicht reziprok verhalten und die
unfreundliche Handlung des Versicherungsunternehmens nicht bestraft haben. Die fehlende
Reziprozität kann damit erklärt werden, dass die Modellierung einer Beziehung allein durch
die Instruktionen nicht funktioniert hat.
Aufgrund der fehlenden Reziprozität in Experiment I wurde Experiment II
durchgeführt. In Experiment II wurde eine Interaktionsbeziehung zwischen
Versicherungsunternehmen und Versicherungsvertreter implementiert. Durch die Interaktion
soll das reziproke Verhalten der Probanden verstärkt und untersucht werden, ob sich der
Framing-Effekt aufgrund der Reziprozitätsnorm verändert. Die Hypothesen sind ähnlich des
Experimentes I und lauten wie folgt:
65
H1: Versicherungsunternehmen belohnen reziprokes Verhalten der Versicherungsvertreter
und wählen überwiegend eine Bonuszahlung anstatt einer Rückerstattung.
H2: Aufgrund von Reziprozität ist der Arbeitseinsatz im Verlust-Frame niedriger als im
Gewinn-Frame.
H3: Die Norm der Reziprozität dominiert das Konstrukt der Verlustaversion.
4.1.2.2 Experimentelles Design
Experiment II24
wurde im Juni 2012 durchgeführt. In einer E-Mail wurden alle
Studierenden des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Friedrich-Alexander-
Universität Erlangen-Nürnberg zur Teilnahme an dem Experiment eingeladen. Insgesamt
nahmen 98 Studierende am Experiment teil (60,2 % Frauen). Die Teilnehmer wurden in bar
ausgezahlt. Während des Experiments kam die Experimentalwährung ECU zum Einsatz
(30 ECU = 1 €). Die durchschnittliche Auszahlung betrug 7,47 €. Eine Session dauerte ca. 35
Minuten. Das Experiment bestand aus drei Geschäftsjahren (Perioden).
Zu Beginn des Experiments wurden die Probanden in Gruppen zu je zwei Personen
eingeteilt. Es konnten 49 Gruppen gebildet werden. Ein Gruppenmitglied verkörpert dabei das
Versicherungsunternehmen, das andere Gruppenmitglied den Versicherungsvertreter. Die
Gruppenzusammensetzung blieb über alle drei Geschäftsjahre gleich, so dass eine
Festanstellung simuliert werden konnte. Die Versicherungsvertreter erhielten wie in
Experiment I jedes Geschäftsjahr ein Gehalt, das sich aus den durchschnittlichen Provisionen
aus dem Vertragsbestand sowie neu abgeschlossenen Versicherungsverträgen zusammensetzt.
Ebenso konnten sich die Versicherungsunternehmen des Anreizinstruments der
Ausschreibungen mit Zielvorgaben bedienen. Die Zielvorgaben lagen ebenfalls bei 4. Das
Erreichen der Zielvorgaben ist abhängig vom effektiven Arbeitseinsatz, der sich wiederum
aus dem gewählten Arbeitseinsatz und dem externen Faktor zusammensetzt. Der externe
Faktor wurde in Experiment II am Ende eines jeden Geschäftsjahres mit Hilfe einer
Lottotrommel gezogen. In der Lottotrommel befanden sich 40 Kugeln mit den Nummern von
60 bis 100. Die Kugel mit der Nummer 60 entsprach dabei einem externen Faktor von 0,6 und
die Kugel mit der Nummer 100 einem externen Faktor von 1.
Bei Experiment II liegt ein within-subjects Design vor. Da bei Experiment I die
Effekte auf Motivation und Arbeitseinsatz bei einer hohen Anreizzahlung dominierten, wurde
das Experiment II auf eine hohe Anreizzahlung beschränkt. Das Experiment bestand aus zwei
Stufen. In der ersten Stufe wählten die Versicherungsunternehmen das Anreizsystem. Die
Versicherungsunternehmen konnten dabei zwischen einer Ausschreibung mit einer
zusätzlichen Bonuszahlung (Gewinn-Frame), einer Ausschreibung mit einer angedrohten
Rückerstattung (Verlust-Frame) oder keinem Anreiz (neutraler Frame) auswählen. Die
Anreizsysteme Bonuszahlung und Rückerstattung unterschieden sich wie in Experiment I nur
durch die Art der Darstellung (Framing), rechnerisch sind beide Anreizsysteme identisch. Es
wurde die Variante „kein Anreiz“ als neutraler Frame eingeführt. So hatten die
Versicherungsunternehmen ein weiteres Element, mit dem reziprokes Verhalten ausgedrückt
werden kann. Der Gewinn der Versicherungsunternehmen ist vom effektiven Arbeitseinsatz
des Versicherungsvertreters und von der Anreizzahlung abhängig. Die
Versicherungsunternehmen haben keinen Anreiz, kein Anreizsystem auszuwählen, da nach
24
Die Instruktionen des Experiments befinden sich im Anhang auf Seite XXVIII dieser Arbeit.
66
der Erwartungsnutzentheorie im Falle von keiner Anreizzahlung der Gewinn am niedrigsten
ausfällt. Nach der Erwartungsnutzentheorie sind die Versicherungsunternehmen indifferent
zwischen einer Bonuszahlung und einer Rückerstattung, da beide zu einem gleich hohen
erwarteten Gewinn führen.
In der zweiten Stufe des Experiments wählten die Versicherungsvertreter ihren
Arbeitseinsatz. Wie in Experiment I variiert der Arbeitseinsatz von 1 bis 10 und ist mit
Arbeitsleid verbunden. Ist der effektive Arbeitseinsatz größer oder gleich 4, so erhalten die
Versicherungsvertreter die Anreizzahlung, wenn das Versicherungsunternehmen eine
Ausschreibung veranstaltet hat. Der gewinnoptimale Arbeitseinsatz nach der
Erwartungsnutzentheorie lag bei der Bonuszahlung und bei der Rückerstattung wieder bei 5.
Wird kein Anreiz ausgelobt, so liegt der gewinnoptimale Arbeitseinsatz bei 1. In diesem Fall
hatten die Versicherungsvertreter keinen Anreiz, einen Arbeitseinsatz größer 1 zu zeigen,
denn jeglicher Arbeitseinsatz größer 1 verursacht nur Kosten und führt zu keiner höheren
Auszahlung.
Die Auszahlungsfunktionen für Versicherungsunternehmen und Versicherungs-
vertreter der jeweiligen Treatments und die entsprechende Modellierung der Zielvorgabe sind
in Tabelle 16 dargestellt.
Tab. 16: Auszahlungsfunktionen der Treatments Experiment II
Versicherungsunternehmer
Versicherungsvertreter
Kein Anreiz
Gewinn = effektiver
Arbeitseinsatz*12 – 12
Gehalt = 20 – Arbeitsleid
Bonuszahlung
(Gewinn-
Frame)
Gewinn = effektiver
Arbeitseinsatz*12 – 12 –
Anreizzahlung
Gehalt = 12 – Arbeitsleid +
Bonuszahlung
Effektiver Arbeitseinsatz ≥ 4:
Bonus in Höhe von 16 ECU
Rückerstattung
(Verlust-
Frame)
Gewinn = effektiver
Arbeitseinsatz*12 – 12 –
Anreizzahlung
Gehalt = 28 – Arbeitsleid –
Rückerstattung
Effektiver Arbeitseinsatz < 4:
Rückerstattung in Höhe von
16 ECU
Quelle: eigene Darstellung.
Im Anschluss an das Experiment wurden die Probanden gebeten, Fragen zu
Motivation, Fairness der Anreizsysteme und ihrer Persönlichkeit zu beantworten.
4.1.2.3 Ergebnisse
Anreizsysteme und Arbeitseinsatz
Betrachtet wird zunächst die Wahl des Anreizsystems. Tabelle 17 verdeutlicht die
gewählten Anreizsysteme über die drei Geschäftsjahre hinweg. Das dominante Anreizsystem
ist die Bonuszahlung. 67,3 % der Versicherungsunternehmen wählen im ersten Geschäftsjahr
eine Bonuszahlung, obwohl Bonuszahlung und Rückerstattung identische Kosten
67
verursachen. Die Wahl der Versicherungsunternehmen fällt überwiegend auf die
Bonuszahlung, da eine in Aussicht gestellte Bonuszahlung von den Versicherungsvertretern
als positiv und freundlich wahrgenommen wird, eine angedrohte Rückerstattung dagegen als
negativ und feindselig. Die Versicherungsunternehmen antizipieren das reziproke Verhalten
der Versicherungsvertreter und erhoffen sich durch eine in Aussicht gestellte Bonuszahlung
einen höheren Arbeitseinsatz als durch eine angedrohte Strafe. Verhalten sich die
Versicherungsvertreter aber nicht reziprok oder zeigen nicht den erwarteten Arbeitseinsatz, so
verhalten sich die Versicherungsunternehmen reziprok und bestrafen die Versicherungs-
vertreter, indem sie im nächsten Geschäftsjahr eine Rückerstattung oder sogar keinen Anreiz
wählen. Die Korrelation zwischen Reduktion des Arbeitseinsatzes und Wahl des
Anreizsystems zeigt einen mittleren positiven Zusammenhang (r = .295, p < .05). Je stärker
die Versicherungsvertreter ihren Arbeitseinsatz reduzieren, desto eher wählen die
Versicherungsunternehmen im darauffolgenden Geschäftsjahr eine Rückerstattung bzw.
keinen Anreiz aus. Am deutlichsten zeigt sich die Reziprozität von
Versicherungsunternehmen, wenn kein Anreiz ausgewählt wird. Die Versicherungs-
unternehmen verzichten auf Teile des eigenen Gewinns, um die Versicherungsvertreter zu
bestrafen.
Tab. 17: Wahl Anreizsystem über Geschäftsjahre
Geschäftsjahr 1
Geschäftsjahr 2
Geschäftsjahr 3
Kein Anreiz
14,3 % 8,2 % 18,4 %
Bonuszahlung
67,3 % 57,1 % 44,9 %
Rückerstattung
18,4 % 34,7 % 36,7 %
Quelle: eigene Darstellung.
Die Versicherungsunternehmen verhalten sich reziprok und wählen überwiegend eine
Bonuszahlung, um einen hohen Arbeitseinsatz zu belohnen. Die Ergebnisse sind konform mit
Hypothese H1. Daher kann Hypothese H1 nicht verworfen werden.
Tabelle 18 zeigt die Mittelwerte der gezeigten Arbeitseinsätze über die Geschäftsjahre
hinweg. Im ersten Geschäftsjahr zeigt sich ein Unterschied zwischen dem gezeigten
Arbeitseinsatz bei einer Bonuszahlung und einer Rückerstattung. Der Arbeitseinsatz ist bei
einer Bonuszahlung höher, als wenn die Rückerstattung als Anreiz ausgewählt wird (MW Bonus
= 6,82 vs. MW Rückerstattung = 6,33, p < .05 [Moses-Test]). Im zweiten Geschäftsjahr geht die
Höhe des Arbeitseinsatzes generell leicht zurück und der Unterschied zwischen Bonuszahlung
und Rückerstattung gleicht sich langsam an. Dennoch ist der Arbeitseinsatz bei einer
Bonuszahlung höher als bei einer Rückerstattung (MW Bonus = 6,57 vs. MW Rückerstattung = 6,29,
p < .1 [Moses-Test]). Im dritten Geschäftsjahr verliert der Framing-Effekt seine Wirkung und
es ergeben sich keine Leistungsunterschiede in den beiden Treatments zwischen einer
Bonuszahlung und einer Rückerstattung.
68
Tab. 18: Mittelwert Arbeitseinsatz über Geschäftsjahre
Geschäftsjahr 1
Geschäftsjahr 2
Geschäftsjahr 3
Kein Anreiz
2,00 1,75 1,78
Bonuszahlung
6,82 6,57 6,55
Rückerstattung
6,33 6,29 6,61
Quelle: eigene Darstellung.
Nicht nur die Versicherungsunternehmen verhalten sich reziprok, sondern auch die
Versicherungsvertreter. Die Versicherungsvertreter empfinden eine zusätzliche Bonuszahlung
als eine freundliche Handlung des Versicherungsunternehmens und zeigen daher einen
höheren Arbeitseinsatz als bei einer Rückerstattung, die als feindselige Handlung empfunden
wird. Die Reziprozität der Versicherungsvertreter zeigt sich auch, wenn man den Wechsel des
Anreizsystems und die Änderung des Arbeitseinsatzes betrachtet. Die Korrelation zeigt einen
mittleren negativen Zusammenhang (r = –.403, p < .01). Wechselt das Versicherungs-
unternehmen das Anreizsystem und wählt statt einer Rückerstattung eine Bonuszahlung, so
erhöhen die reziproken Versicherungsvertreter ihren Arbeitseinsatz stark. Wird dagegen von
einer Bonuszahlung auf eine Rückerstattung gewechselt, so steigt der Arbeitseinsatz zwar,
aber nur in einem geringeren Ausmaß als bei einem Wechsel auf eine Bonuszahlung. Die
Versicherungsvertreter belohnen den Wechsel auf eine Bonuszahlung mit einem hohen
Arbeitseinsatz. Das reziproke Verhalten der Versicherungsvertreter wird auch bei einem
Wechsel auf kein Anreizsystem deutlich. Wählt das Versicherungsunternehmen
beispielsweise im zweiten Geschäftsjahr keinen Anreiz, so reduzieren die
Versicherungsvertreter ihren Arbeitseinsatz. Dennoch liegt der Arbeitseinsatz über dem
gewinnoptimalen Arbeitseinsatz von 1. Die Versicherungsvertreter zeigen einen höheren
Arbeitseinsatz als 1 und nehmen zusätzliches Arbeitsleid in Kauf. Sie möchten dem
Versicherungsunternehmen durch einen etwas höheren Arbeitseinsatz als 1 zeigen, dass sie
gewillt sind zu arbeiten und kooperieren möchten. Zudem erhoffen sich die
Versicherungsvertreter, dass das Versicherungsunternehmen ihr freundliches Verhalten
erkennt und sich ebenfalls reziprok verhält und wieder eine Anreizzahlung auswählt. Anders
sieht es im dritten Geschäftsjahr aus. Wird im letzten Geschäftsjahr auf einen Anreiz
verzichtet, so reduzieren die Versicherungsvertreter ihren Arbeitseinsatz signifikant. Da die
Geschäftsbeziehung nach diesem Jahr zu Ende ist, können die Versicherungsvertreter
bestrafen, ohne dass sie ein negatives Verhalten des Unternehmens befürchten müssen.
Die Ergebnisse zeigen, dass der Arbeitseinsatz aufgrund von Reziprozität bei einer
Bonuszahlung (Gewinn-Frame) höher als bei einer angedrohten Rückerstattung (Verlust-
Frame) ist. Die Ergebnisse sind konform mit Hypothese H2. Daher kann Hypothese H2 nicht
verworfen werden.
Geschlechtsunterschiede
Frauen und Männer unterscheiden sich in der Höhe des gezeigten Arbeitseinsatzes. Im
Zeitverlauf bleibt der Arbeitseinsatz von Frauen meist auf einem gleich hohen Niveau. Der
Arbeitseinsatz von Männern dagegen schwankt im Laufe der Zeit. Im ersten Geschäftsjahr
zeigen Männer einen signifikant höheren Arbeitseinsatz als Frauen (MW männlich = 6,50 vs.
MW weiblich = 5,72, p < .05 [Moses-Test]). Im zweiten Geschäftsjahr beginnen die Männer
ihren Arbeitseinsatz zu reduzieren, Frauen dagegen erhöhen ihren Arbeitseinsatz leicht (MW
männlich = 6,10 vs. MW weiblich = 6,07). Im zweiten Geschäftsjahr unterscheiden sich die
Geschlechter nicht signifikant in der Höhe ihres Arbeitseinsatzes. Im dritten Geschäftsjahr
69
reduzieren die männlichen Versicherungsvertreter ihren Arbeitseinsatz weiter, so dass dieser
sogar unterhalb des Levels der weiblichen Versicherungsvertreter sinkt (MW männlich = 6,55 vs.
MW weiblich = 5,79, p < .1 [Moses-Test]). Männer senken ihren Arbeitseinsatz über die Zeit, da
sie den gezeigten Arbeitseinsatz sukzessive an den gewinnoptimalen Arbeitseinsatz von 5
anpassen. Frauen dagegen verhalten sich reziprok und belohnen den Einsatz eines
Anreizsystems.
Das unterschiedliche rationale bzw. reziproke Verhalten der Geschlechter zeigt sich
auch bei der Betrachtung der Höhe des Arbeitseinsatzes in Abhängigkeit vom Anreizsystem.
Tabelle 19 zeigt die Geschlechtsunterschiede im Arbeitseinsatz über die verschiedenen
Anreizsysteme hinweg.
Tab. 19: Arbeitseinsatz von Frauen und Männern bei verschiedenen Anreizsystemen
Frauen
Männer
Kein Anreiz
2,21 1,00
Bonuszahlung
6,66 6,26
Rückerstattung
6,40 6,58
Quelle: eigene Darstellung.
Wird kein Anreiz von den Versicherungsunternehmen ausgewählt, so zeigen Frauen
einen höheren Arbeitseinsatz als Männer (MW männlich = 1,00 vs. MW weiblich = 2,21, p < .01
[Moses-Test]). Die männlichen Versicherungsvertreter verhalten sich rational und zeigen im
Durchschnitt den gewinnoptimalen Arbeitseinsatz von 1. Frauen dagegen reduzieren zwar
ihren Arbeitseinsatz, allerdings nicht auf das gewinnoptimale Niveau. Bei Frauen überwiegt
die Reziprozität die Rationalität. Durch das Absenken des Arbeitseinsatzes nicht auf das
minimale Niveau erhoffen sich Frauen, dass das Versicherungsunternehmen ihren guten
Willen und Einsatz vergütet und sich im nächsten Geschäftsjahr ebenfalls reziprok verhält
und wieder einen Anreiz auswählt.
Im Falle einer Bonuszahlung zeigen Frauen ebenfalls einen höheren Arbeitseinsatz als
Männer (MW männlich = 6,26 vs. MW weiblich = 6,66, p < .05 [Moses-Test]). Lediglich bei einer
angedrohten Rückerstattung ist der Arbeitseinsatz von Männern höher als der Arbeitseinsatz
von Frauen (MW männlich = 6,58 vs. MW weiblich = 6,40, p < .01 [Moses-Test]). Auch hier wird
das reziproke Verhalten der Frauen deutlich. Bei einer angedrohten Rückerstattung ist der
Arbeitseinsatz von Frauen niedriger. Frauen empfinden eine angedrohte Rückerstattung als
eine feindselige, negative Handlung des Versicherungsunternehmens. Daher bestrafen Frauen
das Versicherungsunternehmen, welches eine Rückerstattung ausgewählt hat, durch einen
niedrigen Arbeitseinsatz. Die Entscheidungen von Männern dagegen werden von der
Verlustaversion gemäß der Prospect-Theorie geprägt. Männer bewerten daher eine Erhöhung
des Verlusts beispielsweise negativer als eine betragsmäßig gleiche Erhöhung des Gewinns.
Daher zeigen Männer einen höheren Arbeitseinsatz im Verlust-Frame (Rückerstattung) als im
Gewinn-Frame (Bonuszahlung).
Weitere Ergebnisse
91,8 % der Probanden fühlen sich durch eine Bonuszahlung motiviert, einen höheren
Arbeitseinsatz zu zeigen. Zudem empfinden 95,9 % eine zusätzliche Bonuszahlung als ein
faires Anreizinstrument. Durch eine angedrohte Rückerstattung werden dagegen nur 54,1 %
motiviert und lediglich 39,8 % empfinden dieses Anreizsystem als fair. Wird kein Anreiz
70
ausgelobt, so sind 12,2 % der Probanden dennoch motiviert. Kein zusätzlicher Anreiz wird als
unfair angesehen. Lediglich 13,3 % der Probanden empfinden es als fair, wenn kein Anreiz
ausgelobt wird. Bei der Beurteilung der Anreizsysteme ergeben sich keine signifikanten
Unterschiede zwischen Versicherungsunternehmen und Versicherungsvertreter.
Persönlichkeitseigenschaften haben einen Einfluss auf die Beurteilung von
Anreizsystemen. Um die Persönlichkeitseigenschaften der Teilnehmer zu erfassen, wurde die
Kurzversion des Big Five Inventory (BFI-K) nach Rammstedt und John (2005) herangezogen.
Die Teilnehmer sollten im Anschluss an das Experiment 21 Fragen zu ihrer Persönlichkeit
beantworten. In einer konfirmatorischen Faktorenanalyse konnten die fünf Faktoren bestätigt
werden und die 21 Items zu den Dimensionen Extraversion, Verträglichkeit,
Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus und Offenheit für Erfahrungen zusammengefasst werden.
Bei Personen, bei denen die Persönlichkeitseigenschaft Gewissenhaftigkeit besonders
ausgeprägt ist, zeigt sowohl eine zusätzliche Bonuszahlung (p < .01) als auch eine angedrohte
Rückerstattung eine große Motivationswirkung (p < .05). Weiter hat kein Anreiz einen umso
negativeren Effekt auf die Motivation, je stärker die Persönlichkeitseigenschaft
Gewissenhaftigkeit ausgeprägt ist (p < .05). Diese Personen zeichnen sich beispielsweise
besonders durch ein Streben nach Leistung, Pflichtbewusstsein, Kompetenz und
Selbstdisziplin aus, daher ist ein Anreizsystem zur Wertschätzung der Leistung dieser
Personen besonders wichtig.
Die Persönlichkeitseigenschaft Gewissenhaftigkeit beeinflusst auch das
Fairnessempfinden der Anreizsysteme. Je gewissenhafter eine Person ist, desto fairer wird
eine zusätzliche Bonuszahlung angesehen (p < .05) und desto unfairer wird es empfunden,
wenn kein Anreiz ausgelobt wird (p < .01). Personen, bei denen die
Persönlichkeitseigenschaft Verträglichkeit besonders ausgeprägt ist, empfinden eine
Bonuszahlung dagegen eher als unfair (p < .01). Eine Person, bei denen die Eigenschaft
Verträglichkeit dominant ist, lässt sich beispielsweise durch Bescheidenheit, Nachgiebigkeit,
Vertrauen und Altruismus charakterisieren.
Vergleich Experiment I und Experiment II
In Experiment I dominierte die Verlustaversion nach der Prospect-Theorie die
Entscheidungen der Versicherungsvertreter, da nicht genügend Reziprozität erzeugt werden
konnte. Experiment II zeichnet sich dagegen durch eine starke Reziprozität aus. Um zu
untersuchen, ob Verlustaversion oder Reziprozität die stärkere Norm ist, werden die
Ergebnisse der beiden Experimente miteinander verglichen. Tabelle 20 zeigt die
Arbeitseinsätze bei einer Bonuszahlung und einer Rückerstattung bei beiden Experimenten im
Vergleich.
Tab. 20: Vergleich der Arbeitseinsätze Experiment I und Experiment II
Experiment I
Experiment II
Bonuszahlung
6,67 6,81
Rückerstattung
6,85 6,33
Quelle: eigene Darstellung.
Wie bereits erläutert ist in Experiment I der Arbeitseinsatz bei einer Rückerstattung
höher als bei einer Bonuszahlung (MW Bonus I = 6,67 vs. MW Rückerstattung I = 6,85). In
Experiment II dagegen ist der Arbeitseinsatz bei einer Bonuszahlung höher als bei einer
71
Rückerstattung (MW Bonus II = 6,81 vs. MW Rückerstattung II = 6,33). In beiden Experimenten sind
die Arbeitseinsätze über dem gewinnoptimalen Arbeitseinsatz von 5, so dass sowohl
Bonuszahlung als auch Rückerstattung zu einer Steigerung im Arbeitseinsatz führen.
Allerdings ist der Arbeitseinsatz in Experiment I höher als in Experiment II (MW Experiment I =
6,76 vs. MW Experiment II = 6,71, p < .1 [Moses–Test]). In Experiment II ist der Arbeitseinsatz
im Durchschnitt niedriger als in Experiment I, da die Versicherungsvertreter sich reziprok
verhalten und eine angedrohte Rückerstattung mit einem niedrigeren Arbeitseinsatz bestrafen.
Der Arbeitseinsatz bei einer Rückerstattung in Experiment II ist sogar niedriger als der
Arbeitseinsatz bei einer Bonuszahlung in Experiment I (MW Bonus I = 6,67 vs. MW Rückerstattung II
= 6,33). Die große Reduktion des Arbeitseinsatzes bei vorliegender Reziprozität in
Experiment II spricht dafür, dass Reziprozität eine starke Norm ist und das Konstrukt der
Verlustaversion dominiert.
Im Falle einer Bonuszahlung ist der Arbeitseinsatz in Experiment II höher als in
Experiment I (MW Bonus I = 6,67 vs. MW Bonus II = 6,81, p < .05 [Moses–Test]). Im Falle einer
Rückerstattung ist der Arbeitseinsatz in Experiment I höher als in Experiment II (MW
Rückerstattung I = 6,85 vs. MW Rückerstattung = 6,33, p < .01 [Moses–Test]). Handelt es sich um ein
Experiment mit Interaktion, so ist die Norm der Reziprozität stärker als das Konstrukt der
Verlustaversion. Die Ergebnisse zeigen, dass Hypothese H3 nicht verworfen werden kann.
4.2 Empirische Untersuchungen zur Turnierentlohnung im Versicherungsvertrieb
4.2.1 Experiment zur Effizienz und zu passiven Selektionseffekten bei der Turnierentlohnung
von Versicherungsvertretern
Da der Motivationseffekt von Turnieren als Anreizinstrument untersucht werden soll,
wurden als Untersuchungsmethode aus den Gründen, die bereits bei den Experimenten zu
Framing-Effekten erläutert wurden, ein anreizkompatibles Experiment gewählt.
4.2.1.1 Zielsetzung und Hypothesen
Mit Hilfe eines anreizkompatiblen Experiments sollen die Effizienz der
Turnierentlohnung im Versicherungsvertrieb sowie passive Selektionseffekte untersucht
werden. Da Persönlichkeitseigenschaften und externe Faktoren nicht vom
Versicherungsunternehmen beeinflusst werden können, sind Gestaltungsparameter des
Turniers die wichtigsten Faktoren, mit denen die Effizienz und die passiven Selektionseffekte
eines Turniers beeinflusst werden. In diesem Experiment stehen daher die Anzahl und die
Höhe an Preisen sowie die Präsentation von Zwischenständen während des Turniers im
Mittelpunkt. In bisherigen Experimenten und Studien wurden diese Variablen noch nicht in
einer einzelnen Untersuchung kombiniert und analysiert. Aufgrund der theoretischen
Überlegungen und bisherigen Ergebnisse lassen sich dazu folgende Hypothesen ableiten:
H1a: Je mehr Preise ausgespielt werden, desto größer ist die Effizienz.
H1b: Je mehr Preise ausgespielt werden, desto geringer ist die passive Selektion.
H2a: Je höher die ausgespielten Preise, desto größer ist die Effizienz.
H2b: Je höher die ausgespielten Preise, desto geringer ist die passive Selektion.
H3a: Je öfter die Zwischenstände eingeblendet werden, desto größer ist die Effizienz.
H3b: Je öfter die Zwischenstände eingeblendet werden, desto größer ist die passive Selektion.
72
4.2.1.2 Experimentelles Design
Das Experiment25
wurde mit z-tree (Fischbacher, 2007) programmiert und zwischen
Januar und Mai 2011 im Laboratory for Experimental Research in Nuremberg (LERN) am
Fachbereich Wirtschaftswissenschaften der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-
Nürnberg durchgeführt. Registrierte Teilnehmer wurden über das Online-Recruitingtool Orsee
per E-Mail zur Teilnahme eingeladen (Greiner, 2004). Insgesamt nahmen 237 Studierende an
der Studie teil (60,8 % Frauen). Die Teilnehmer wurden in bar ausgezahlt. Während des
Experiments kam die Experimentalwährung ECU (25 ECU = 1 €) zum Einsatz. Die
durchschnittliche Auszahlung betrug 6,12 €. Eine Session dauerte ca. 45 Minuten (Wedel &
Steul-Fischer, 2012, S. 567).
Die Teilnehmer sollten sich in die Situation versetzen, sie seien ein bei einem
Versicherungsunternehmen26
angestellter Versicherungsvertreter. Der Vertriebsleiter des
Versicherungsunternehmens hat jeden Versicherungsvertreter verschiedenen Verkaufs-
gebieten zugeteilt. In jedem Verkaufsgebiet arbeiten insgesamt zehn Versicherungsvertreter.
Die Zuordnung zu den Verkaufsgebieten blieb während des gesamten Experiments
unverändert. Das Versicherungsunternehmen veranstaltet nun zwei Jahre hintereinander in
jedem Geschäftsjahr für jedes seiner Verkaufsgebiete ein Turnier. Da in jedem Verkaufs-
gebiet zehn Versicherungsvertreter arbeiten, nehmen neben den Experimentteilnehmern noch
jeweils neun weitere Versicherungsvertreter, die durch den Computer simuliert27
werden, an
diesen Turnieren teil. In jedem Turnier erhalten die Versicherungsvertreter, die in ihrem
Verkaufsgebiet den größten Arbeitseinsatz gezeigt haben, eine zusätzliche Bonuszahlung
(Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 567).
Jedes Turnier dauert ein Geschäftsjahr. Ein Geschäftsjahr besteht aus je vier Quartalen
(dynamisches Turnier). Um das Experiment an Turniere bei Versicherungen anzupassen und
somit die externe Validität zu erhöhen, wurde ein dynamisches Turnier gewählt. So konnte
die Einblendung von Zwischenständen realisiert und die Dauer eines Turniers über einen
längeren Zeitraum simuliert werden. Zu Beginn eines jeden Quartals bestimmen die
Versicherungsvertreter ihren Arbeitseinsatz28
anhand einer Tabelle (siehe Tabelle 21)
(Irlenbusch & Sliwka, 2005). Die Arbeitseinsätze aus den jeweiligen vier Quartalen werden
summiert. Nach vier Quartalen werden die Sieger ermittelt und die Gewinne ausgezahlt. Der
Arbeitseinsatz ist jeweils mit Arbeitsleid (Kosten) verbunden. Ebenso wurde in jedem Quartal
der Arbeitseinsatz der computersimulierten Versicherungsvertreter anhand der Arbeitseinsatz-
25
Die Instruktionen des Experiments befinden sich im Anhang auf Seite XXXII dieser Arbeit. 26
Das Versicherungsunternehmen wurde im Experiment durch die Instruktionen simuliert. Kein Teilnehmer
nahm während des Experiments die Rolle des Versicherungsunternehmens bzw. des Vertriebsleiters ein. 27
Es ist nicht davon auszugehen, dass die Computersimulation der Gegenspieler die Ergebnisse verzerrt hat.
Aufgrund der Richtlinien des Experimental Labors (LERN) mussten die Teilnehmer auf die Computersimulation
hingewiesen werden. Der Hinweis erfolgte in den Instruktionen in einem Nebensatz, so dass die
Computersimulation den Teilnehmern oft nicht bewusst wurde. Dies wird besonders in der offenen Frage
deutlich, bei der die Teilnehmer ihre Strategie beschreiben konnten. Fast alle Teilnehmer sprachen von ihren
Gegenspielern, als wären sie real. Manche bezeichneten sie gar als „blöd“. Die Tatsache der Computersimulation
wurde den Teilnehmern erst bei den anschließenden Fragen, die sich auf die Simulation bezogen, bewusst. Dabei
gaben nur knapp 20 % an, dass sie sich anders verhalten hätten, wenn es sich um reale Gegenspieler gehandelt
hätte. Darüber hinaus gaben fast 50 % an, ihre Entscheidungen unabhängig von den anderen Turnierteilnehmern
getroffen zu haben. 28
Bei den Experimenten zu Framing-Effekten hat sich gezeigt, dass die gewählte Arbeitseinsatz-Arbeitsleid-
Funktion nur eine geringe Variation bei der Wahl des Arbeitseinsatzes zulässt. Daher wurde die Tabelle
überarbeitet und die Version von Irlenbusch und Sliwka (2005) herangezogen.
73
Arbeitsleid-Funktion per Zufallsmechanismus ermittelt (Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 567-
568).
Tab. 21: Arbeitseinsatz und Arbeitsleid (Turnierentlohnung)
Arbeitseinsatz 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 Arbeitsleid 0 0,04 0,17 0,37 0,66 1,04 1,49 2,03 2,66 3,36 4,15 5,02
12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25 5,98 7,01 8,13 9,34 10,6 12 13,5 15 16,6 18,3 20,1 22 23,9 25,9
Quelle: Irlenbusch & Sliwka (2005), S. 26.
Das Arbeitsleid hat dabei einen negativen Einfluss auf die Gehaltszahlung,
wohingegen der gezeigte Arbeitseinsatz die Gehaltszahlung positiv beeinflusst. Das Gehalt
der Versicherungsvertreter wird durch eine Auszahlungsfunktion (siehe Abbildung 18)
bestimmt. Diese umfasst einen Fixbetrag (Grundgehalt) und einen variablen Anteil
(Provision) sowie die Bonuszahlung im Falle eines Turniergewinns. Im Anschluss an jede
Entscheidung wurden die Probanden gebeten, verschiedene Fragen zur Motivation,
empfundenen Gewinnwahrscheinlichkeit und Strategie zu beantworten (Wedel & Steul-
Fischer, 2012, S. 567-568).
Abb. 18: Auszahlungsfunktion Turnierentlohnung
Quelle: eigene Darstellung.
Die Probanden wurden per Zufall einem von acht Treatments des 2 (Preisanzahl) x 2
(Preishöhe) x 2 (Einblendung der Zwischenstände) between-subjects Design zugewiesen. Die
Versicherungsvertreter kämpften dabei um drei oder sechs Preise. Die Preise waren entweder
niedrige (Hälfte des Fixbetrages) oder hohe (das Doppelte des Fixbetrages) Bonuszahlungen.
Diese Bonuszahlung erhielten nur die Turniergewinner. Die Versicherungsvertreter, die das
Turnier nicht gewonnen haben, erhielten wie gewohnt ihre erwirtschafteten Provisionen.
Zwischenstände mit den aktuellen Platzierungen wurden den Teilnehmern entweder nach
jedem Quartal gezeigt oder erst nach dem dritten Quartal. Jeder Teilnehmer erhielt dabei nur
Informationen zur eigenen Platzierung eingeblendet. Die Platzierung der Gegenspieler wurde
nicht bekannt gegeben. In den Treatments, in denen die Zwischenstände erst nach dem dritten
Quartal eingeblendet wurden, erhielten die Probanden lediglich Informationen zu ihrem
erwirtschafteten Gehalt (Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 568).
4.2.1.3 Ergebnisse
Effizienz der Turnierentlohnung
Die Effizienz des Turniers wurde durch den gewählten Arbeitseinsatz gemessen.
Zeigten die Teilnehmer einen hohen Arbeitseinsatz, so ist davon auszugehen, dass sie sehr
motiviert sind und das Turnier unbedingt gewinnen wollen.
Gehalt = 10 + (0,6 * Arbeitseinsatz) – Arbeitsleid + Preis
Fixbetrag Provision Bonuszahlung
74
Eine 2x2x2 ANOVA zeigt sowohl einen signifikanten Einfluss der Preishöhe (F
(1,237) = 8.425, p < .01) als auch einen marginal signifikanten Interaktionseffekt zwischen
der Höhe und der Anzahl an Preisen (F (1,237) = 2.876, p < .1) und einen marginal
signifikanten Interaktionseffekt zwischen der Preisanzahl und der Einblendung der
Zwischenstände (F (1,237) = 3.055, p < .1) (siehe Tabelle 22) (Wedel & Steul-Fischer, 2012,
S. 568).
Tab. 22: ANOVA Arbeitseinsatz (Turnierentlohnung)
Arbeitseinsatz
F Sig.
konstanter Term 3332,282 0,000
Preishöhe 8,425 0,004
Preisanzahl 1,290 0,257
Zwischenstand 0,677 0,411
Bonus*Preisanzahl 2,876 0,091
Bonus*Zwischenstand 0,518 0,472
Preisanzahl*Zwischenstand 3,055 0,082
Bonus*Preisanzahl*Zwischenstand 1,989 0,160
Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 23 zeigt die Mittelwerte des Arbeitseinsatzes. Entsprechend der
Arbeitseinsatzfunktion liegt der Arbeitseinsatz zwischen 0 und 25. Der gewinnoptimale
Arbeitseinsatz ist 7.
Tab. 23: Mittelwerte Arbeitseinsatz (Turnierentlohnung)
MW
Arbeitseinsatz
Preishöhe niedrig 11,7
hoch 12,9
Preisanzahl 3 Preise 12,6
6 Preise 12,1
Einblendung
Zwischenstände
immer 12,5
3. Quartal 12,1
Quelle: eigene Darstellung.
Eine hohe Bonuszahlung steigert die Motivation. Bei einem niedrigen Bonus zeigen
die Versicherungsvertreter einen niedrigeren Arbeitseinsatz im Vergleich zu einer hohen
Bonuszahlung (MW niedrig = 11,7 und MW hoch = 12,9). Diese Ergebnisse stimmen mit
Hypothese H2a für den Arbeitseinsatz überein. Die Hypothesen H1a und H3a sind dagegen nur
75
in Bezug auf die Interaktionseffekte zwischen Preisanzahl und Preishöhe sowie zwischen
Preisanzahl und der Einblendung von Zwischenständen gültig. Daher können die Hypothesen
nicht verworfen werden.
Der Arbeitseinsatz ist größer, wenn nur drei Preise ausgespielt werden (siehe
Abbildung 19). Ein hoher Bonus gewinnt dabei durch die Exklusivität zusätzlich an
Attraktivität. Ein niedriger Bonus dagegen strahlt generell nur eine geringe Anreizwirkung
aus. Durch eine Erhöhung der Gewinnchance (sechs Preise anstatt drei) kann die Motivation
allerdings gesteigert werden (Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 568).
Abb. 19: Interaktionseffekt zwischen Preishöhe und Preisanzahl
Quelle: eigene Darstellung.
Der Interaktionseffekt zwischen Preisanzahl und der Einblendung von
Zwischenständen (siehe Abbildung 20) zeigt, dass bei einer geringen Gewinnchance (drei
Preise) ein ständiges Einblenden der Zwischenstände die Versicherungsvertreter motiviert.
Die Versicherungsvertreter können durch das ständige Feedback ihre eigenen Leistungen und
die der Konkurrenten besser einschätzen. Sie können beispielsweise ihren Arbeitseinsatz
steigern, wenn sie Gefahr laufen, nicht zu gewinnen, und sehen, dass höhere Leistungen mit
besseren Plätzen belohnt werden. Dies fördert die Motivation und weckt den Ehrgeiz. Werden
die Zwischenstände erst nach dem dritten Quartal eingeblendet, mussten die
Versicherungsvertreter ihre Leistungen und die der Konkurrenten selbst einschätzen. Es fehlt
der zusätzliche Ansporn durch ständiges Feedback. Die Zwischenstände im dritten Quartal
führen bei einer Hälfte zu einem starken Leistungsansprung, was allerdings im letzten Quartal
unerheblich ist. Bei der anderen Hälfte auf den hinteren Plätzen wird dagegen eher die passive
Selektion gefördert (Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 568-569).
76
Abb. 20: Interaktionseffekt zwischen Preisanzahl und Einblendung von Zwischenständen
Quelle: eigene Darstellung.
Bei einer hohen Gewinnchance (sechs Preise) fördert die Einblendung von
Zwischenständen nach jedem Quartal dagegen das gewinnoptimale Verhalten der
Versicherungsvertreter. Da die sechs Preise alle gleichwertig sind und der Erstplatzierte eine
Bonuszahlung in gleicher Höhe wie der Sechstplatzierte erhält, wählen die
Versicherungsvertreter den kleinstmöglichen Arbeitseinsatz, um noch einen der Preise zu
erhalten. Wenn sechs Preise ausgespielt werden, ist der Arbeitseinsatz daher höher, wenn den
Versicherungsvertretern ihre Platzierung weitestgehend unbekannt ist und erst nach dem
dritten Quartal bekanntgegeben wird (Wedel & Steul-Fischer, 2012, S. 568-569.
Passive Selektionseffekte
Die passive Selektion wurde im Anschluss an die jeweiligen Entscheidungen zum
Arbeitseinsatz gemessen. Die Teilnehmer sollten ihre Wahrscheinlichkeit, einen der Preise zu
gewinnen, auf einer fünfstufigen Likert-Skala (1 = sehr wahrscheinlich und
5 = unwahrscheinlich) einschätzen. Sahen die Teilnehmer keine Chance zu gewinnen, wurde
dies als passive Selektion interpretiert.
Alle drei unabhängigen Variablen üben einen signifikanten Einfluss auf die passive
Selektion aus. Die Preishöhe ist hoch signifikant (F (1,237) = 8,732, p < .01), wohingegen die
Preisanzahl (F (1,237) = 2,974, p < .1) und die Einblendung von Zwischenständen (F (1,237)
= 3,221, p < .1) nur marginal signifikant sind. Die Interaktionseffekte sind nicht signifikant
(siehe Tabelle 24).
77
Tab. 24: ANOVA passive Selektion
passive Selektion
F Sig.
konstanter Term 3559,523 0,000
Bonus 8,732 0,003
Preisanzahl 2,974 0,086
Zwischenstand 3,221 0,074
Bonus*Preisanzahl 0,370 0,544
Bonus*Zwischenstand 0,015 0,902
Preisanzahl*Zwischenstand 1,295 0,256
Bonus*Preisanzahl*Zwischenstand 1,102 0,295
Quelle: eigene Darstellung.
Tabelle 25 zeigt die Mittelwerte der passiven Selektion. Ein hoher Bonus senkt die
passive Selektion. Bei einem niedrigen Bonus sehen die Versicherungsvertreter im
Durchschnitt ihre Gewinnchancen eher schlechter. Auch eine Erhöhung der Preisanzahl
reduziert das Ausmaß an passiver Selektion. Werden sechs anstatt drei Preise ausgespielt, so
sinkt die passive Selektion (MW drei = 2,6 und MW sechs = 2,4). Ein ständiges Feedback fördert
dagegen die passive Selektion. Die Versicherungsvertreter können ihre Leistungen besser
einschätzen und geben eher auf, wenn sie auf einem der letzten Plätze sind.
Tab. 25: Mittelwerte passive Selektion
MW passive
Selektion
Preishöhe niedrig 2,6
hoch 2,4
Preisanzahl 3 Preise 2,6
6 Preise 2,4
Einblendung
Zwischenstände
immer 2,6
3. Quartal 2,4
Quelle: eigene Darstellung.
Diese Ergebnisse sind übereinstimmend mit den Hypothesen H1b, H2b und H3b für den
Selektionseffekt. Daher können die Hypothesen nicht verworfen werden.
Darüber hinaus zeigt sich, dass Versicherungsvertreter, die das Turnier unbedingt
gewinnen wollen, eine signifikant niedrigere passive Selektion aufweisen als die
Versicherungsvertreter, denen die Platzierung im Turnier egal ist (p < .01).
Der Einfluss von Persönlichkeitseigenschaften
Die Persönlichkeit eines Individuums kann einen Einfluss auf die Effizienz eines
Turnieres und die passive Selektion ausüben. Um die Persönlichkeitseigenschaften der
78
Teilnehmer zu erfassen, wurde die Kurzversion des Big Five Inventory (BFI-K) nach
Rammstedt und John (2005) herangezogen. Die Teilnehmer sollten im Anschluss an das
Experiment 21 Fragen zu ihrer Persönlichkeit beantworten.
In einer konfirmatorischen Faktorenanalyse konnten die fünf Faktoren bestätigt
werden und die 21 Items zu den Dimensionen Extraversion, Verträglichkeit,
Gewissenhaftigkeit, Neurotizismus und Offenheit für Erfahrungen zusammengefasst werden.
Personen, bei denen die Persönlichkeitseigenschaft Gewissenhaftigkeit besonders
ausgeprägt ist, zeigen einen höheren Arbeitseinsatz und weisen eine geringere passive
Selektion auf (p < .01). Diese Personen zeichnen sich beispielsweise besonders durch ein
Streben nach Leistung, Pflichtbewusstsein, Kompetenz und Selbstdisziplin aus. Zeichnet sich
eine Person dagegen eher durch Extraversion (z. B. Geselligkeit, Tatendrang, Aktivität und
Begeisterungsfähigkeit) aus, so zeigt sie eher einen geringeren Arbeitseinsatz (p < .1).
Bei der passiven Selektion spielen neben der Gewissenhaftigkeit noch die
Persönlichkeitseigenschaften Verträglichkeit und Offenheit für Erfahrungen eine Rolle. Eine
Person, die sich beispielsweise durch Bescheidenheit, Nachgiebigkeit, Vertrauen und
Altruismus charakterisieren lässt (Verträglichkeit), weist geringere Werte an passiver
Selektion auf (p < .1). Ebenso ist die passive Selektion geringer, wenn Personen offener für
neue Erfahrungen sind und somit Gefühle, neue Ideen, Abwechslung und ein flexibles
Normensystem wertschätzen (p < .1).
Das Einblenden der Zwischenstände hat eine besonders hohe Motivationswirkung,
wenn Personen besonders gewissenhaft sind. Gewissenhafte Personen sind darüber hinaus
stolzer, wenn sie einen Preis im Turnier gewonnen haben, als Personen, bei denen die
Persönlichkeitseigenschaft weniger ausgeprägt ist.
Das Wettbewerbsverhalten von Frauen und Männern
Gupta, Poulssen und Villeval (2005) sowie Gneezy, Niederle und Rustichini (2003)
zeigen, dass das Geschlecht die Selektion und die Wahl des Arbeitseinsatzes beeinflusst.
Auch in diesem Experiment übt das Geschlecht einen Einfluss auf den Arbeitseinsatz aus (p <
.01). Frauen zeigen über alle Treatments hinweg einen höheren Arbeitseinsatz als Männer
(MW weiblich = 12,86 und MW männlich = 11,63). Bei Frauen ist der Arbeitseinsatz unabhängig
von den Treatments. Sie zeigen immer einen gleich hohen Arbeitseinsatz. Bei Männern
dagegen ist der Arbeitseinsatz abhängig von der Bonushöhe. Bei einem niedrigen Bonus
verhalten sich Männer eher rational und gewinnoptimal. Der Bonus übt nur eine geringe
Anreizwirkung auf sie aus und sie zeigen einen niedrigen Arbeitseinsatz (MW männlich = 10,57).
Auf Frauen wirkt dagegen schon ein niedriger Bonus motivierend und sie wollen auf jeden
Fall einen Sieg davontragen. Erst ein hoher Bonus kann den männlichen Ehrgeiz wecken
(MW männlich = 12,71). Gewinnen dann auch nur die besten drei Versicherungsvertreter einen
Bonus, so steigt der Arbeitseinsatz weiter (MW männlich = 13,86). Erst hier zeigen Männer einen
höheren Arbeitseinsatz als Frauen (MW weiblich = 13,42). Dabei besteht bei Männern die
Gefahr, dass sie ihre Leistungen und Gewinnwahrscheinlichkeit falsch einschätzen und sich
somit selbst überschätzen.
Ebenso übt das Geschlecht einen hoch signifikanten Einfluss auf die passive Selektion
aus (p < .01). Da nur ein hoher Bonus einen Anreiz auf Männer ausübt, tendieren Männer
dazu, bei einem niedrigen Bonus sich nicht dem Wettbewerb zu stellen. Bei Frauen ist die
passive Selektion wiederum unabhängig von der Bonushöhe.
Frauen verlassen sich zudem bei ihren Entscheidungen auf gemachte Erfahrungen. Nur
11,1 % der Frauen gaben an, dass ihr Abschneiden im vergangenen Turnier ihren
79
Arbeitseinsatz im aktuellen Turnier nicht beeinflusst. Bei den Männern waren es dagegen
26,9 %.
Weitere Ergebnisse
Die Beurteilung der Turnierentlohnung im Allgemeinen ist stark vom Abschneiden der
Teilnehmer in vergangenen Turnieren abhängig. Ständige Niederlagen führen zu
Demotivation und Frustration (r = –.511, p < .01). Das ständige Einblenden von
Zwischenständen verstärkt diese Emotionen (r = –.507, p < .01). Zudem fühlen sich die
Teilnehmer eher ungerecht behandelt. Sie sind der Meinung, dass die erzielte Platzierung
nicht ihren gezeigten Leistungen entsprach (r = –.226, p < .01) und dass die Leistung der
anderen Teilnehmer mehr honoriert wurde als die eigene (r = .179, p < .01). Waren die
Teilnehmer dagegen siegreich, werden Turniere als eine positives Vergütungssystem gesehen
und die Teilnehmer empfinden die Turnierentlohnung als eine gerechte Form der Entlohnung
(r = –.155, p < .05). Hier zeigt sich bei ungleichheitsaversen Teilnehmern, dass eine positive
Ungleichheit mehr Nutzen stiftet als eine negative Ungleichheit. Somit schneidet das
Vergütungssystem besser ab.
Für Versicherungsvertreter in der Praxis ist ein ständiger Wettbewerbs- und
Leistungsdruck Alltag. Daher kann auch argumentiert werden, dass die Turnierentlohnung
von den Versicherungsvertretern in der Praxis, unabhängig von siegreichem Verhalten, als
besonders fair empfunden wird, da jeder Vertreter entsprechend seinen Leistungen entlohnt
wird.
4.2.2 Studie zur Rolle von Auszeichnungen bei der Turnierentlohnung im
Versicherungsvertrieb
Als Untersuchungsmethode wurde eine quantitative Befragung unter
Versicherungsvermittlern ausgewählt, da der Nutzen einer Auszeichnung überwiegend
immateriell ist. Dieser immaterielle Nutzen ist nur sehr schwer bis überhaupt nicht in einem
Laborexperiment, ähnlich dem Experiment zur Turnierentlohnung, umzusetzen, da monetäre
Auszahlungen im Vordergrund stehen. Ebenso verfehlt beispielsweise eine Umrechnung der
Auszeichnung in monetäre Auszahlungen ihre Wirkung. Zudem verbinden Studierende in
einem Laborexperiment keinen hohen immateriellen Nutzen mit einer Auszeichnung wie es
beispielsweise bei Versicherungsvertretern oder -vermittlern der Fall wäre. Daher wäre die
externe Validität in einem Experiment mit Studierenden nicht gegeben. Aus diesen Gründen
wurde eine quantitative Befragung unter Versicherungsvermittlern durchgeführt.
4.2.2.1 Zielsetzung und Hypothesen
Neckermann und Frey (2008) untersuchten in einer Vignetten-Studie bei einem
Unternehmen, wie Auszeichnungen ausgestaltet sein sollten, um den größten
Motivationseffekt zu erzielen. Sie zeigen, dass die Öffentlichkeit einer Auszeichnung von den
Befragten als wichtig angesehen wird. Eine feierliche Zeremonie wird gegenüber einer
einfachen Übergabe präferiert. Die Anzahl der ausgezeichneten Personen hat dabei keinen
signifikanten Effekt auf die Motivation der Arbeitnehmer (Neckermann & Frey, 2008, S. 18–
21).
Ob die Ergebnisse auch in der stark leistungsorientierten Versicherungsbranche
bestätigt werden können, soll mit einer quantitativen Befragung unter
Versicherungsvermittlern untersucht werden. Es ergeben sich folgende Hypothesen:
80
H1: Je höher die soziale Anerkennung, die mit einer Auszeichnung verbunden ist, desto höher
ist die Präferenz für dieses Turnier.
H2: Turniere mit sozialer Anerkennung erzeugen eine stärkere Motivationswirkung als
Turniere mit vergleichbaren monetären Preisen.
H3: Die Präferenzen für ein Turnier mit zusätzlicher sozialer Anerkennung sind abhängig von
der Clusterzugehörigkeit der Versicherungsvermittler.
In einem Experteninterview29
mit Führungskräften30
eines Versicherungs-
unternehmens zeigt sich, dass das Versicherungsunternehmen grundsätzlich zwei Arten von
Versicherungsvermittlern unterscheidet: den Kapital-Typ und den Prestige-Typ. Für den
Kapital-Typ ist Geld der beste Motivationsanreiz. Dies ist durch das Entlohnungssystem des
Außendienstes mit seinem hohen variablen Anteil an Provisionen und Prämien bedingt.
Allerdings gibt es auch eine große Anzahl an Versicherungsvermittlern, für deren Motivation
Prestige eine immer wichtigere Rolle spielt. Diese Individuen vom Prestige-Typ legen großen
Wert auf soziale Anerkennung (P. Pelka & J. Riese, persönliche Mitteilung, am 12.03.2010).
4.2.2.2 Untersuchungsdesign
Die Studie wurde mit der Online-Befragungssoftware Unipark von Globalpark
programmiert und im Februar 2012 durchgeführt. In einer E-Mail wurden die Mitglieder des
Bundesverbandes der Deutschen Versicherungskaufleute e. V. (BVK) zur Teilnahme an der
Umfrage eingeladen. Die Teilnehmer wurden nicht entlohnt. Insgesamt sind 1.168 BVK-
Mitglieder dem Aufruf gefolgt und haben an der Befragung teilgenommen. Den Fragebogen
haben dabei 482 Versicherungsvermittler vollständig beantwortet (92,9 % Männer,
durchschnittliches Alter: 49,56 Jahre). Bei der ersten Frage erfolgten mit 341 die meisten
Abbrüche. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer lag bei 8,5 Minuten, der Median bei 7
Minuten. Lediglich 4,8 % der Versicherungsvermittler haben in ihrem Berufsleben noch nie
an einem Turnier teilgenommen und 5,4 % der Versicherungsvermittler haben noch nie ein
Turnier gewonnen. Fast 80 % der Teilnehmer haben mehrmals Turniere gewonnen. Der
Mittelwert liegt bei 11 gewonnenen Turnieren.
Zu Beginn der Befragung31
wurden die Teilnehmer gebeten, vier Stimuli (Turniere)
nach ihren Präferenzen zu ordnen. Das Turnier, das am meisten präferiert wurde, sollte auf
Platz eins gesetzt werden. Das Turnier, das am wenigsten Zuspruch fand, sollte auf den
letzten Platz eingeordnet werden.32
Die vier Turniere sahen wie folgt aus:
Turnier 1 (Reise): Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr. Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise für zwei
Personen.
Turnier 2 (private Verleihung): Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr.
Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise für
zwei Personen. Zusätzlich erhalten die Gewinner die Auszeichnung
29
Das Expertengespräch wurde mit Herrn Jörg Riese, Hauptabteilungsleiter Vertrieb-Controlling / Technologie,
und Herrn Peter Pelka, Abteilungsleiter Vertrieb / Controlling / Geschäftsplan / Wettbewerbe, von der
Nürnberger Versicherungsgruppe am 12. März 2010 in Nürnberg durchgeführt. 30
Auf Anfrage kann das Expertengespräch zur Verfügung gestellt werden. 31
Der Fragebogen befindet sich im Anhang auf Seite XXXVI dieser Arbeit. 32
Die Reihenfolge der Verkaufswettbewerbe wurde bei der Darstellung variiert, damit die Darstellung die
Präferenzen der Teilnehmer nicht beeinflusst.
81
„Versicherungsvermittler des Jahres“. Die Auszeichnung wird in einer privaten
Verleihung übergeben (z. B. durch den direkten Vorgesetzten am Arbeitsplatz).
Turnier 3 (öffentliche Verleihung): Der Verkaufswettbewerb geht über ein
Geschäftsjahr. Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive
Wochenendreise für zwei Personen. Zusätzlich erhalten die Gewinner die
Auszeichnung „Versicherungsvermittler des Jahres“. Die Auszeichnung wird in einer
öffentlichen Verleihung übergeben (z. B. durch den Vorstand bei einem Galadinner).
Turnier 4 (Unternehmenszeitung): Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr. Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive
Wochenendreise für zwei Personen. Zusätzlich erhalten die Gewinner die
Auszeichnung „Versicherungsvermittler des Jahres“. Über die Gewinner des
Verkaufswettbewerbs wird in der Unternehmenszeitung berichtet.
Im Anschluss an das Ranking wurden die Teilnehmer gebeten, die Turniere in Bezug
auf Attraktivität, Motivationseffekt und Gewinnbestreben zu bewerten. Danach folgten eine
allgemeine Einschätzung von Turnieren sowie Fragen zu Persönlichkeitseigenschaften und
zur Person.
4.2.2.3 Ergebnisse
Allgemeine Beurteilung von Turnieren
Die allgemeine Einstellung der Versicherungsvermittler gegenüber Turnieren wurde
anhand einer fünfstufigen Likert-Skala von 1 „stimme voll und ganz zu“ bis 5 „stimme
überhaupt nicht zu“ abgefragt. Turniere werden im Allgemeinen von den
Versicherungsvermittlern als eher motivierend eingestuft (MW = 2,51). Turniere werden
gleichzeitig eher nicht als gerechte Form der Entlohnung angesehen (MW = 3,66). Lediglich
20,4 % der Versicherungsvermittler empfinden Turniere als ein gerechtes Vergütungssystem.
Es zeigt sich, dass mit steigender Anzahl an gewonnenen Turnieren die Motivationswirkung
(MWnie gewonnen = 2,88 vs. MWöfter gewonnen = 2,42, p < .01) und das Fairnessempfinden
(MWnie gewonnen = 3,73 vs. MWöfter gewonnen = 3,59, p < .05) steigen. Je öfter die
Versicherungsvermittler Turniere gewonnen haben, als desto motivierender und desto
gerechter wurden Turniere eingestuft. Die Korrelation zwischen Fairnessempfinden und
Berufserfahrung ist positiv (p < .05). Je mehr Berufserfahrung ein Versicherungsvermittler
hat, als desto unfairer empfindet er die Turnierentlohnung. Es kann argumentiert werden, dass
bis zu einer bestimmten Anzahl an gewonnenen Turnieren das Fairnessempfinden für diese
Art der Entlohnung steigt. Allerdings gewinnt man mit zunehmenden Berufsjahren an
Lebenserfahrung und die Einstellung gegenüber der Turnierentlohnung ändert sich.
Präferenzen der Versicherungsvermittler
Betrachtet man den mittleren Rang der vier Turniere, so werden die Präferenzen der
Versicherungsvermittler deutlich (siehe Tabelle 26).
82
Tab. 26: Präferenzen der Turniere (mittlerer Rang)
Mittlerer
Rang
Reise 2,13
Öffentliche Verleihung 2,32
Unternehmenszeitung 2,50
Private Verleihung 2,68
Quelle: eigene Darstellung.
Auf dem ersten Platz präferieren die Versicherungsvermittler das Turnier, bei dem die
Gewinner eine Reise erhalten, obwohl dies das Turnier mit dem geringsten Gesamtoutput
(materieller und immaterieller Nutzen) ist. Bei den anderen Turnieren erhalten die
Versicherungsvermittler zusätzlich zu der Reise noch eine Auszeichnung und soziale
Anerkennung. Auf dem zweiten Platz befindet sich das Turnier mit einer Auszeichnung, die
in einer öffentlichen Verleihung übergeben wird. Die Unterschiede im mittleren Rang sind
nicht signifikant. Die jeweiligen Unterschiede der beiden bestplatzierten Turniere zu den
Plätzen drei und vier sind dagegen signifikant (p < .05). Demnach bevorzugen die
Versicherungsvermittler entweder ein Turnier mit rein monetären Preisen (Reise) oder ein
Turnier, bei dem der Sieg zusätzlich zu einem monetären Preis mit sehr hoher sozialer
Anerkennung (öffentliche Verleihung) verbunden ist. Turniere mit nur geringer
(Unternehmenszeitung) bis fast keiner sozialen Anerkennung (private Verleihung) werden
weniger bevorzugt.
Die Anzahl der gewonnenen Turniere übt einen signifikanten Einfluss auf die
Präferenzen der Versicherungsvermittler aus. Je öfter die Versicherungsvermittler ein Turnier
gewonnen haben, desto mehr Wert legen sie auf soziale Anerkennung, desto stärker wird ein
Turnier mit einer öffentlichen Verleihung präferiert (MWeinmal gewonnen = 2,76 vs. MWöfter
gewonnen = 2,21, p < .01). Ebenso präferieren Versicherungsvermittler, die schon öfters Turniere
gewonnen haben, eher, dass ihr Turniersieg und die Auszeichnung in der
Unternehmenszeitung publiziert werden (MWeinmal gewonnen = 2,76 vs. MWöfter gewonnen = 2,55,
p < .05).
Die Ergebnisse zeigen, dass Hypothese H1 nicht verworfen werden kann. Das Turnier,
von dem die größte soziale Anerkennung ausgeht, wird gegenüber dem Turnier mit mittlerer
und wenig sozialer Anerkennung bevorzugt.
Anreizwirkung der einzelnen Turniere
Im zweiten Teil der Befragung sollten die Versicherungsvermittler die einzelnen
Turniere in Bezug auf Attraktivität, Motivationswirkung und das Gewinnbestreben, d. h., ob
sie sich anstrengen würden, das Turnier zu gewinnen, anhand einer fünfstufigen Likert-Skala
einschätzen. In Tabelle 27 sind die jeweiligen Mittelwerte abgebildet. Der Wert 1 entspricht
dabei einer hohen Zustimmung und der Wert 5 steht für überhaupt keine Zustimmung.
83
Tab. 27: Einstufung der einzelnen Turniere
Attraktivität Motivation
Gewinn-
bestreben
Reise 2,84 3,2 3,29
Öffentliche
Verleihung 2,9 3,11 3,19
Unternehmens-
zeitung 3,03 3,25 3,32
Private
Verleihung 3,15 3,38 3,42
Quelle: eigene Darstellung.
Auch bei den Fragen zu Attraktivität, Motivationswirkung und Gewinnbestreben
zeigen sich die beiden Favoriten: ein Turnier mit einer Reise und ein Turnier mit zusätzlicher
Auszeichnung bei einer öffentlichen Verleihung. Ein Turnier mit einer Reise wird am
attraktivsten (MW = 2,84), das Turnier mit einer Auszeichnung und einer öffentlichen
Verleihung wird am zweitattraktivsten eingestuft (MW = 2,9). Die Mittelwerte ergeben keine
signifikanten Unterschiede. Die Turniere mit Auszeichnung und Bericht in der
Unternehmenszeitung bzw. einer privaten Verleihung werden eher als weniger attraktiv
eingestuft (MWöffentlich = 2,9 vs. MWZeitung = 3,03, p < .01 und MWZeitung = 3,03 vs. MWprivat =
3,15, p < .01). Anders sieht es aus bei der Motivationswirkung und beim Gewinnbestreben.
Alle vier Turniere werden eher als wenig motivierend eingestuft. Die größte
Motivationswirkung geht allerdings von einem Turnier mit öffentlicher Verleihung aus. Von
einem Turnier mit einer Reise als Gewinn fühlen sich die Versicherungsvermittler signifikant
weniger motiviert (MWöffentlich = 3,11 vs. MWReise = 3,2, p < .05). Ebenso sind die
Anstrengungen signifikant höher, das Turnier mit einer öffentlichen Verleihung als das
Turnier mit einer Reise zu gewinnen (MWöffentlich = 3,19 vs. MWReise = 3,29, p < .05).
Demnach kann Hypothese H2 nicht vollständig abgelehnt werden. Turniere mit einer
öffentlichen Verleihung haben zwar eine höhere Motivationswirkung als Turniere mit rein
monetären Preisen, allerdings trifft dies nur für Turniere mit sehr hoher sozialer Anerkennung
zu. Sind die Auszeichnungen mit mäßiger bis kaum sozialer Anerkennung verbunden, so üben
Turniere mit rein monetären Preisen einen stärkeren Effekt auf die Motivation aus.
Charakterisierung der Versicherungsvermittler-Typen
Eine genaue Betrachtung der Verteilung der erst- und zweitplatzierten Turniere zeigt,
dass die Verteilung sowohl bei Turnieren mit einer Reise als auch bei Turnieren mit
öffentlicher Verleihung bimodal ist (siehe Abbildung 21). Ein Chi-Quadrat-Test zeigt, dass
die bimodale Verteilung hoch signifikant ist (p < .01). Für die verbleibenden beiden Turniere
liegt keine bimodale Verteilung vor.
84
Abb. 21: Präferenzverteilung der Turniere
Quelle: eigene Darstellung.
Die bimodale Verteilung der Präferenzen bei den Turnieren mit rein monetären
Preisen und der größten sozialen Anerkennung legt nahe, dass unterschiedliche Arten von
Versicherungsvermittlern sich jeweils für bzw. gegen diese Art von Preisen entschieden
haben. Um diese Arten von Versicherungsvermittlern näher zu beschreiben, wurde eine Two-
Step-Clusteranalyse durchgeführt. Für die Clusteranalyse wurden die Variablen Art des
Preises und Berufserfahrung sowie die Persönlichkeitseigenschaft Extraversion herangezogen.
Es ergibt sich eine Zwei-Cluster-Lösung mit guter bis sehr guter Clusterqualität. Tabelle 28
zeigt die verschiedenen Cluster mit ihren jeweiligen Eigenschaften. Die Cluster können als
Kapital-Typ und Prestige-Typ bezeichnet werden und bestätigen somit die Einschätzungen
der Experten.
Tab. 28: Übersicht über die zwei Cluster
Kapital-Typ Prestige-Typ
N 250 149
Präferenz Monetär Prestige
Alter 50,48 Jahre 48,05 Jahre
Berufs-
erfahrung 24,35 Jahre 22,17 Jahre
Quelle: eigene Darstellung.
Der Kapital-Typ ist durchschnittlich 50,48 Jahre alt und hat 24,35 Jahre
Berufserfahrung als Versicherungsvermittler. Er präferiert rein monetäre Anreize bei
Turnieren und legt kaum Wert auf eine zusätzliche soziale Anerkennung (MWReise = 1,18).
Wenn Turniere mit sozialer Anerkennung verknüpft sind, zieht er eine private Verleihung
einer Veröffentlichung der Gewinner in der Unternehmenszeitung vor (MWprivat = 2,61 vs.
MWZeitung = 2,89). Das Turnier mit der größten zusätzlichen sozialen Anerkennung ist die
letzte Präferenz des Kapital-Typs (MWöffentlich = 3,24). Turniere haben auf den Kapital-Typ nur
eine geringe Motivationswirkung. Versicherungsvermittler dieses Typs empfinden Turniere
als unfair.
85
Der Prestige-Typ ist durchschnittlich 48,05 Jahre alt und hat 22,17 Jahre
Berufserfahrung als Versicherungsvermittler. Er präferiert Turniere mit Auszeichnungen und
sozialer Anerkennung jeglicher Art vor rein monetären Turnieren. Dabei ist das Ausmaß des
Prestiges und der sozialen Anerkennung entscheidend. Der Prestige-Typ präferiert Turniere
mit einer Auszeichnung bei einer öffentlichen Verleihung vor der Veröffentlichung in der
Unternehmenszeitung und einer privaten Verleihung (MWöffentlich = 1,33 vs. MWZeitung = 2,12
vs. MWprivat = 2,8). Rein monetäre Turniere sind seine letzte Präferenz (MWReise = 3,74).
Turniere üben auf den Prestige-Typ eine starke Motivationswirkung aus. Der Prestige-Typ
empfindet Turniere eher als eine gerechte Form der Entlohnung.
Des Weiteren unterscheiden sich die beiden Typen durch ihre
Persönlichkeitseigenschaften. Um die Persönlichkeit der Versicherungsvermittler zu erfassen,
wurde die Kurzversion des Big Five Inventory (BFI-K) nach Rammstedt und John (2005)
herangezogen. Die Teilnehmer haben am Ende der Befragung 21 Fragen zu ihrer
Persönlichkeit beantwortet.
In einer konfirmatorischen Faktorenanalyse konnten die fünf Faktoren bestätigt
werden und die 21 Items zu den Dimensionen Extraversion, Neurotizismus, Verträglichkeit,
Gewissenhaftigkeit und Offenheit für Erfahrungen zusammengefasst werden. Abbildung 22
verdeutlicht die Ausprägung der fünf Faktoren beim Kapital-Typ und beim Prestige-Typ. Da
die Skala der einzelnen Items von 1 „sehr zutreffend“ bis 5 „sehr unzutreffend“ reichte, ist
eine Persönlichkeitseigenschaft umso stärker bei einem Versicherungsvermittler-Typen
ausgeprägt, je kleiner der entsprechende Wert ist.
Abb. 22: Persönlichkeitseigenschaften des Kapital- und Prestige-Typs
Quelle: eigene Darstellung.
Der Kapital-Typ zeichnet sich durch die Persönlichkeitseigenschaften
Gewissenhaftigkeit und Neurotizismus aus. Extraversion, Offenheit für Erfahrungen und
Verträglichkeit spielen nur eine untergeordnete bis gar keine Rolle. Kapital-Typen sind
demnach selbstdiszipliniert und haben ein hohes Pflichtbewusstsein. Sie neigen zu
Impulsivität, sind eher schwer für eine Sache zu begeistern und stehen ungern in der
86
Öffentlichkeit. Dies spiegelt sich auch in den Präferenzen wider, denn diese
Versicherungsvermittler-Typen bevorzugen ein rein monetäres Turnier vor Turnieren mit
zusätzlicher Auszeichnung und sozialer Anerkennung. Ist ein Turnier mit einer Auszeichnung
verbunden, so bevorzugt der Kapital-Typ so wenig soziale Anerkennung wie möglich.
Beim Prestige-Typ ist dagegen die Persönlichkeitseigenschaft Extraversion besonders
stark ausgeprägt. Prestige-Typen sind daneben auch eher offen für neue Erfahrungen. Die
Persönlichkeitseigenschaften Neurotizismus, Gewissenhaftigkeit und Verträglichkeit sind bei
Versicherungsvermittlern des Prestige-Typs eher weniger ausgeprägt. Prestige-Typen sind
demnach gesellig, durchsetzungsfähig, leicht zu begeistern und zeichnen sich nicht durch
Bescheidenheit aus. Prestige-Typen lieben es, im Rampenlicht zu stehen, und genießen ihren
Erfolg. Daher spielen für diese Versicherungsvermittler-Typen Turniere mit zusätzlichen
Auszeichnungen und möglichst viel sozialer Anerkennung eine wichtige Rolle.
74,1 % der Frauen können dem Kapital-Typ zugeordnet werden, aber nur 61,8 % der
Männer. Frauen sind eher zurückhaltender und bescheidener als Männer und stellen ihre
eigene Leistung gerne unter den Scheffel. Daher präferieren Frauen eher ein rein monetäres
Turnier. Wenn Frauen ein Turnier gewinnen, möchten sie, anders als Männer, nicht in der
Öffentlichkeit stehen und mit ihrem Erfolg prahlen.
Die Ergebnisse zeigen, dass Hypothese H3 nicht verworfen werden kann. Die
Versicherungsvermittler lassen sich abhängig von ihren Präferenzen zwei speziellen Typen
zuordnen.
4.3 Fazit
Die Motivation und der Arbeitseinsatz von Versicherungsvertretern kann sowohl
durch Ausschreibungen mit einer zusätzlichen Bonuszahlung als auch durch Ausschreibungen
mit einer angedrohten Rückerstattung gesteigert werden. Für welche Art von Anreizsystem
sich ein Versicherungsunternehmen entscheidet, sollte davon abhängig sein, wie stark
Reziprozität und Verlustaversion unter den Versicherungsvertretern ausgeprägt sind.
Ebenso können Turniere eine effiziente Form der Entlohnung darstellen und somit
eines der wichtigsten Steuerungsinstrumente für Versicherungsunternehmen bleiben.
Außendienstmitarbeiter wie Versicherungsvertreter vergleichen sich gerne untereinander,
wollen im Vergleich zu ihren Kollegen gut abschneiden und treten daher gerne in den
direkten Wettbewerb. Somit können Turniere den Mitarbeitern bestätigen, den richtigen Beruf
gewählt zu haben (Dietzel, 2006, S. 68; o. V. 1990, S. 471). Allerdings muss das
Versicherungsunternehmen die verschiedenen Gestaltungsparameter eines Turniers gezielt
einsetzen und auf seine Mitarbeiter abstimmen, damit das Turnier effizient ist und möglichst
viele Versicherungsvertreter motiviert, ihre Leistungen zu steigern.
IV Schlussbetrachtung
1 Zentrale Erkenntnisse und Implikationen für den Versicherungsvertrieb Es konnte gezeigt werden, dass Fairness die Arbeitsleistung steigern kann.
Entscheidend ist, als wie fair die Mitarbeiter das Vergütungs- und Anreizsystem empfinden.
Besonders fair werden dabei ein Fixgehalt mit einer zusätzlichen Bonuszahlung, ein reiner
87
Leistungslohn sowie die Turnierentlohnung empfunden. Die Turnierentlohnung stellt dabei
eine Variante dar, die Fixgehalt und Leistungslohn durch eine leistungsabhängige
Bonuszahlung miteinander verknüpft. Bei der empfundenen Fairness von Vergütungs- und
Anreizsystemen ist weniger eine Lohngleichheit als eine Lohngerechtigkeit von Bedeutung.
Die Mitarbeiter sind dann motiviert, wenn ihre Arbeitsleistung Beachtung findet und
entsprechend honoriert wird. Unterschiede in der Entgelthöhe reduzieren die Motivation
nicht. Das Gegenteil ist sogar der Fall. Die Unterschiede wirken motivationssteigernd, wenn
Mitarbeiter, die eine hohe Arbeitsleistung zeigen, auch entsprechend entlohnt werden und ein
höheres Gehalt erhalten als Mitarbeiter, die eine niedrigere Leistung zeigen.
Fairness und Reziprozität spielen auch bei der Entlohnung von
Versicherungsvertretern eine Rolle, obwohl das Vergütungssystem im Versicherungsvertrieb
durch Provisionen und Courtage sehr leistungsbezogen und monetär geprägt ist. Durch das
leistungsbezogene Vergütungssystem ist Lohngerechtigkeit gegeben, da jeder
Versicherungsvertreter entsprechend seinen Versicherungsabschlüssen Provision erhält.
Dennoch fühlen sich Versicherungsvertreter ungerecht behandelt und sind der Meinung, dass
ihre Leistung nicht entsprechend honoriert wird. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn
Anreizsysteme wie Turniere und Ausschreibungen eingesetzt werden und die
Versicherungsvertreter zum wiederholten Male die Bonuszahlungen und Preise nicht erhalten.
Dieses Ungerechtigkeitsempfinden führt zu Frustration und Demotivation und hat eine
Reduktion der Arbeitsleistung zur Folge.
Bei der Auswahl der Anreizsysteme sollten Versicherungsunternehmen daher die
Fähigkeiten der Versicherungsvertreter berücksichtigen, damit ständige Niederlagen nicht
demotivierend wirken. Versicherungsvertreter, die zu den Top-Verkäufern, den sogenannten
„Stars“, zählen, können am besten durch Turniere motiviert werden (Steenburgh & Ahearne,
2012, S. 36). Diese Versicherungsvertreter haben die Fähigkeiten, jedes Turnier zu gewinnen.
Sie empfinden Turniere als faires Vergütungssystem und werden durch die Auslobung eines
Wettbewerbes motiviert. Die Versicherungsvertreter der Gruppe „Question Marks“ dagegen
werden am besten durch Ausschreibungen mit individuellen Stufenzielen motiviert. Durch die
Einführung verschiedener Bonusstufen, die auf die Fähigkeiten der „Question Marks“
abgestimmt sind, kann jeder Versicherungsvertreter Bonuszahlungen und Preise bei
entsprechender Anstrengung erreichen. Die „Star“-Versicherungsvertreter werden von
Ausschreibungen dagegen weniger motiviert, da sie immer die obersten Ziele erreichen und
keine zusätzliche Anreizwirkung mehr aufgebaut werden kann (Steenburgh & Ahearne, 2012,
S. 36–37). Die Versicherungsvertreter des Typs „Poor Dogs“ brauchen dagegen ein ständiges
Feedback, damit sie schnell einen Erfolg sehen und eine entsprechende Ausbildung und
Förderung, damit sie motiviert werden, sich weiterzuentwickeln (Steenburgh & Ahearne,
2012, S. 38).
Neben unterschiedlichen Leistungstypen müssen die Versicherungsunternehmen bei
der Ausgestaltung eines effizienten Anreizsystems noch verschiedene Faktoren beachten.
Bei der Turnierentlohnung müssen die Gestaltungsparameter Bonushöhe, Preisanzahl
und Einblendung von Zwischenständen sowie die Art der Preise berücksichtigt werden. So
muss die Bonushöhe an die Gewinnchance (Anzahl an Preisen) angepasst werden. Bei einem
niedrigen Bonus wird die größte Motivationswirkung erzielt, wenn eine hohe Gewinnchance
besteht und mehrere Versicherungsvertreter einen Bonus gewinnen können. Exklusivität
(geringe Gewinnchance) der Preise wirkt dagegen bei einem hohen Bonus
motivationssteigernd. Zusätzlich zu dem hohen Anreiz wird die Motivation noch dadurch
verstärkt, dass nur ein kleiner Kreis den Bonus gewinnt. Gerade die Exklusivität der Preise
wirkt bei Versicherungsvertretern der Gruppe „Stars“ motivationsfördernd.
88
Darüber hinaus muss auf die Einblendung von Zwischenständen geachtet werden. Ist
die Gewinnchance gering, so kann die Motivation durch ständiges Feedback gefördert
werden. Bei einer hohen Gewinnchance wird durch ständiges Feedback dagegen nur das
gewinnoptimale Verhalten der Versicherungsvertreter gefördert.
Bei der Turnierentlohnung spielen sowohl rein monetäre Preise eine Rolle als auch
Preise mit zusätzlicher Auszeichnung, die mit sozialer Anerkennung verbunden ist. Mit
welcher Art von Preisen ein Versicherungsunternehmen die Turniere ausstatten sollte, ist
dabei abhängig von der Art der Versicherungsvertreter. Lassen sich die
Versicherungsvertreter überwiegend dem Kapital-Typ zuordnen, so sollten die Turniere mit
rein monetären Preisen und Anreizen ausgestaltet werden. Auf zu viel Öffentlichkeit und
Aufsehen bei der Siegerehrung ist zu verzichten. Es ist sogar zu überlegen, andere
Vergütungssysteme als Turniere zu verwenden, da Turniere nur eine geringe
Motivationswirkung auf den Kapital-Typ ausüben. Ist der Prestige-Typ vorrangig unter den
Versicherungsvertretern, so sollte sehr viel Wert auf soziale Anerkennung und Exklusivität
bei der Verleihung der Auszeichnung gelegt werden.
Werden Ausschreibungen zur Motivation der Versicherungsvertreter eingesetzt, so
muss das Versicherungsunternehmen zwischen einer zusätzlichen Bonuszahlung und einer
angedrohten Rückerstattung wählen. Für welche Art von Anreizsystem sich ein
Versicherungsunternehmen entscheidet, sollte davon abhängig sein, wie stark Reziprozität
und Verlustaversion unter den Versicherungsvertretern ausgeprägt sind. Sind die Begriffe
Vorstand und Geschäftsleitung für die Versicherungsvertreter mit Namen und Personen
verbunden, liegt also eine gewisse Interaktion vor, so sollte das Versicherungsunternehmen
auf eine Rückerstattung verzichten, um negative Reziprozität von Seiten der
Versicherungsvertreter zu vermeiden. Eine Bonuszahlung steigert in diesem Fall Motivation
und Arbeitseinsatz. Liegt keine Interaktion zwischen den Versicherungsvertretern und dem
Vorstand des Versicherungsunternehmens vor, sind der Vorstand und die Geschäftsleitung für
die Versicherungsvertreter nur ein abstrakter Begriff, so könnte das Versicherungs-
unternehmen eine Rückerstattung als Anreizsystem wählen, um eine möglichst hohe
Motivation und einen möglichst hohen Arbeitseinsatz zu erreichen. Dennoch sollte das
Versicherungsunternehmen selbst im Falle von fehlender Interaktion und dominanter
Verlustaversion eine Rückerstattung vorsichtig einsetzen. Eine Rückerstattung wird als
weniger fair empfunden und gerade Fairness ist eine nicht zu verachtende Komponente bei
Entlohnung und Motivation.
2 Weiterer Forschungsbedarf Die Fragestellungen, die in dieser Arbeit untersucht wurden, könnten durch weitere
Forschungen in der Zukunft ergänzt werden. Zwar konnte gezeigt werden, dass Fairness bei
der Beurteilung von Vergütungs- und Anreizsystemen eine Rolle spielt, allerdings wurden die
Studierenden nur gebeten, ihre Präferenzen anzugeben bzw. die Vergütungs- und
Anreizsysteme nach Fairnessaspekten zu beurteilen. Eine weiterführende Untersuchung
könnte die Probanden in einem anreizkompatiblen Laborexperiment vor die Wahl eines
Vergütungs- und Anreizsystems stellen, um die Wahl realitätsnäher zu gestalten.
Anschließend werden die Probanden gebeten eine Aufgabe zu lösen. Die Entlohnung erfolgt nach dem ausgewählten Vergütungs- und Anreizsystem. Die Leistungsunterschiede könnten
dabei durch unterschiedliche Aufgabenniveaus (leicht, mittel, schwer) oder andere Faktoren,
die den Probanden bekannt sind, simuliert werden. Zum Abschluss folgen Fragen zur Fairness
der Vergütungs- und Anreizsysteme.
89
Zu den Experimenten zu Anreizsystemen im Versicherungsvertrieb ist anzumerken,
dass die Experimente mit Studierenden durchgeführt wurden. Daher sollten in weiteren
Untersuchungen die Experimente mit Versicherungsvertretern wiederholt werden, um die
Ergebnisse bestätigen zu lassen.
Ebenso könnten noch weitere Experimente durchgeführt werden, in denen gezielt die
Fähigkeiten der Versicherungsvertreter untersucht werden. Eine Simulation unterschiedlicher
Leistungsniveaus könnte beispielsweise durch Variation des Arbeitsleides simuliert werden.
Bei Versicherungsvertretern mit hohen Fähigkeiten ist beispielsweise ein hoher Arbeitseinsatz
mit weniger Arbeitsleid verbunden als bei Versicherungsvertretern mit niedrigen Fähigkeiten.
Den Probanden im Experiment ist der Leistungsunterschied bekannt. So kann eine
Grenzschwelle ermittelt werden, ab wann Leistungsunterschiede zu groß werden und zu einer
Demotivation führen.
Darüber hinaus ist anzumerken, dass es sich bei den Experimenten zu Anreizsystemen
im Versicherungsvertrieb um Laborexperimente handelt. Sowohl die Turnierentlohnung als
auch Ausschreibungen mit individuellen Zielvorgaben sind in der Versicherungspraxis
wesentlich komplexer ausgestaltet. Ebenso ist das Verhalten der Versicherungsvertreter und
damit die Wahl des Arbeitseinsatzes wesentlich komplexer. So spielen beispielsweise die
Fähigkeiten und Talente der Versicherungsvertreter eine Rolle bei der gezeigten
Arbeitsleistung. Ebenso ist es wichtig, ob Versicherungsvertreter in Teilzeit oder Vollzeit
arbeiten. Auch dies kann die Platzierung im Turnier beeinflussen. Weiter ist auch die
persönliche Lebenssituation eines jeden Versicherungsvertreters zu beachten.
VIII
Anhang
A.1 Fragebogen Studie I: Präferenzen und Beurteilung von Anreizsystemen
Liebe(r) Teilnehmer(in),
mit Hilfe der folgenden Studie möchten wir die Fairness verschiedener Entlohnungsformen
untersuchen.
Es werden Ihnen verschiedene Szenarien von Entlohnungsformen vorgestellt. Bitte versuchen
Sie sich in das Szenario hineinzuversetzen und beurteilen Sie dann die Szenarien anhand der
folgenden Fragen.
Wir möchten etwas über Ihre persönliche Meinung erfahren. Es gibt daher keine richtigen und
falschen Antworten.
Bitte lesen Sie sich die Fragen aufmerksam durch und treffen Sie Ihre Entscheidungen sehr
sorgfältig. Ihre Antworten werden vertraulich behandelt und unsere Auswertung dieser Studie
erfolgt nur anonym.
Im Anschluss an die verschiedenen Szenarien folgen noch Fragen zu Ihrer Person. Bitte
beantworten Sie auch diese sorgfältig.
Falls Sie Fragen oder Anregungen zu dieser Studie haben, stehe ich Ihnen gerne unter
[email protected] zur Verfügung.
Vielen Dank für Ihre Teilnahme an dieser Studie!
IX
Welche Entlohnungsform würden Sie präferieren? Bitte vergeben Sie Rangplätze von 1
(erste Wahl) bis 5 (letzte Wahl).
Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt.
Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt.
Zudem veranstaltet Ihr Arbeitgeber einmal im Geschäftsjahr einen
Verkaufswettbewerb. Bei diesem Verkaufswettbewerb können die Mitarbeiter, die
die höchste Arbeitsleistung zeigen, einen zusätzlichen Bonus gewinnen. Die
Verlierer des Verkaufswettbewerbs erhalten lediglich ihr fixes Gehalt.
Sie und Ihre Kollegen erhalten einen Leistungslohn, d. h. sie werden exakt nach
ihrer gezeigten Arbeitsleistung entlohnt.
Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt.
Ihr Arbeitgeber zahlt den Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er
zufrieden ist, zusätzlich einen Bonus aus.
Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt.
Ihr Arbeitgeber verlangt von den Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung
er nicht zufrieden ist, eine Teilrückzahlung des Gehaltes.
In den folgenden Fragen möchten wir Ihre Meinung zu den verschiedenen
Entlohnungsformen erfahren.
1. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Im Durchschnitt ist Ihre
Arbeitsleistung besser als die Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
2. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Im Durchschnitt ist Ihre
Arbeitsleistung gleich der Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
3. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Im Durchschnitt ist Ihre
Arbeitsleistung schlechter als die Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
Unfair Fair
Unfair Fair
Unfair Fair
X
4. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Zudem veranstaltet Ihr Arbeitgeber
einmal im Geschäftsjahr einen Verkaufswettbewerb. Bei diesem Verkaufswettbewerb
können die Mitarbeiter, die die höchste Arbeitsleistung zeigen, einen zusätzlichen
Bonus gewinnen. Die Verlierer des Verkaufswettbewerbs erhalten lediglich ihr fixes
Gehalt. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung besser als die Arbeitsleistung Ihrer
Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
5. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Zudem veranstaltet Ihr Arbeitgeber
einmal im Geschäftsjahr einen Verkaufswettbewerb. Bei diesem Verkaufswettbewerb
können die Mitarbeiter, die die höchste Arbeitsleistung zeigen, einen zusätzlichen
Bonus gewinnen. Die Verlierer des Verkaufswettbewerbs erhalten lediglich ihr fixes
Gehalt. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung gleich der Arbeitsleistung Ihrer
Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
6. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Zudem veranstaltet Ihr Arbeitgeber
einmal im Geschäftsjahr einen Verkaufswettbewerb. Bei diesem Verkaufswettbewerb
können die Mitarbeiter, die die höchste Arbeitsleistung zeigen, einen zusätzlichen
Bonus gewinnen. Die Verlierer des Verkaufswettbewerbs erhalten lediglich ihr fixes
Gehalt. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung schlechter als die Arbeitsleistung Ihrer
Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
7. Sie und Ihre Kollegen erhalten einen Leistungslohn, d. h. sie werden exakt nach ihrer
gezeigten Arbeitsleistung entlohnt. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung besser als
die Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
Unfair Fair
Unfair Fair
Unfair Fair
Unfair Fair
XI
8. Sie und Ihre Kollegen erhalten einen Leistungslohn, d. h. sie werden exakt nach ihrer
gezeigten Arbeitsleistung entlohnt. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung gleich der
Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
9. Sie und Ihre Kollegen erhalten einen Leistungslohn, d. h. sie werden exakt nach ihrer
gezeigten Arbeitsleistung entlohnt. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung schlechter
als die Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
10. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr Arbeitgeber zahlt den
Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er zufrieden ist, zusätzlich einen
Bonus aus. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung besser als die Arbeitsleistung Ihrer
Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
11. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr Arbeitgeber zahlt den
Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er zufrieden ist, zusätzlich einen
Bonus aus. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung gleich der Arbeitsleistung Ihrer
Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
12. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr Arbeitgeber zahlt den
Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er zufrieden ist, zusätzlich einen
Bonus aus. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung schlechter als die Arbeitsleistung
Ihrer Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
Unfair Fair
Unfair Fair
Unfair Fair
Unfair Fair
Unfair Fair
XII
13. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr Arbeitgeber verlangt von den
Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er nicht zufrieden ist, eine
Teilrückzahlung des Gehaltes. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung besser als die
Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
14. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr Arbeitgeber verlangt von den
Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er nicht zufrieden ist, eine
Teilrückzahlung des Gehaltes. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung gleich der
Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
15. Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt. Ihr Arbeitgeber verlangt von den
Mitarbeitern, mit deren gezeigter Arbeitsleistung er nicht zufrieden ist, eine
Teilrückzahlung des Gehaltes. Im Durchschnitt ist Ihre Arbeitsleistung schlechter als
die Arbeitsleistung Ihrer Kollegen.
Diese Form der Entlohnung empfinde ich als
Unfair Fair
Unfair Fair
Unfair Fair
XIII
Inwieweit treffen die folgenden Aussagen auf Sie persönlich zu? (1 = sehr zutreffend; 2 = eher zutreffend; 3 = weder noch; 4 = eher unzutreffend; 5 = sehr unzutreffend)
Ich…
… bin eher zurückhaltend, reserviert.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… neige dazu, andere zu kritisieren.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… erledige Aufgaben gründlich.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… werde leicht deprimiert, niedergeschlagen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin vielseitig interessiert.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin begeisterungsfähig und kann andere leicht
mitreißen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… schenke anderen leicht Vertrauen, glaube an das
Gute im Menschen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin bequem, neige zur Faulheit.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin entspannt, lasse mich durch Stress nicht aus der
Ruhe bringen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin tiefsinnig, denke gerne über Sachen nach.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin eher der „stille Typ“, wortkarg.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… kann mich kalt und distanziert verhalten.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin tüchtig und arbeite flott.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… mache mir viele Sorgen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… habe eine aktive Vorstellungskraft, bin
phantasievoll.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… gehe aus mir heraus, bin gesellig.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… kann mich schroff und abweisend anderen
gegenüber verhalten.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… mache Pläne und führe sie auch durch.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… werde leicht nervös und unsicher.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… schätze künstlerische und ästhetische Eindrücke.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… habe nur wenig künstlerisches Interesse. 1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
XIV
Zum Abschluss noch ein paar Fragen zu Ihrer Person
1. Sie sind… männlich weiblich
2. Wie alt sind Sie? _____________
3. Konnten Sie schon berufliche Erfahrung sammeln?
Nein, das war mir leider noch nicht möglich
Ich habe vor meinem Studium schon eine Berufsausbildung gemacht
Ich arbeite als Werksstudent
Ich habe während meines Studiums Praktika gemacht
Ich arbeite als wissenschaftliche Hilfskraft
sonstiges und zwar: __________________________________
4. Welche Studienrichtung studieren Sie?
Bachelor Wirtschaftswissenschaften
Bachelor International Business Studies
Bachelor Sozialökonomik
Master Arbeitsmarkt und Personal
Doctoral Msc in Economics
Master in Management
Master in Marketing
Master International Business Studies
Master International Information System
Master Sozialökonomik
Master Wirtschaftspädagogik
sonstiges und zwar: __________________________________
XV
A.2 Fragebogen Studie II: empfundene Fairness bei Anreizsystemen
Liebe(r) Teilnehmer(in),
mit Hilfe der folgenden Studie möchten wir die Fairness verschiedener Entlohnungsformen
untersuchen.
Es werden Ihnen verschiedene Szenarien von Entlohnungsformen vorgestellt. Bitte versuchen
Sie sich in das Szenario hineinzuversetzen und beurteilen Sie dann die Szenarien anhand der
folgenden Fragen.
Wir möchten etwas über Ihre persönliche Meinung erfahren. Es gibt daher keine richtigen und
falschen Antworten.
Bitte lesen Sie sich die Fragen aufmerksam durch und treffen Sie Ihre Entscheidungen sehr
sorgfältig. Ihre Antworten werden vertraulich behandelt und unsere Auswertung dieser Studie
erfolgt nur anonym.
Im Anschluss an die verschiedenen Szenarien folgen noch Fragen zu Ihrer Person. Bitte
beantworten Sie auch diese sorgfältig.
Falls Sie Fragen oder Anregungen zu dieser Studie haben, stehe ich Ihnen gerne unter
[email protected] zur Verfügung.
Vielen Dank für Ihre Teilnahme an dieser Studie!
XVI
In der untenstehenden Tabelle sind neun verschiedene Szenarien abgebildet. Ein Szenario besteht immer aus einer Entlohnungsform und
Ihrer Arbeitsleistung im Vergleich zu der Leistung Ihrer Arbeitskollegen.
Erklärungen der einzelnen Entlohnungsformen:
Fixgehalt: Sie und Ihre Kollegen erhalten ein fixes Gehalt.
Leistungslohn: Sie und Ihre Kollegen erhalten einen Leistungslohn, d. h. sie werden exakt nach ihrer gezeigten Arbeitsleistung entlohnt.
Verkaufswettbewerb: Ihr Arbeitgeber veranstaltet einmal im Geschäftsjahr einen Verkaufswettbewerb. Bei diesem Verkaufswettbewerb können
die Mitarbeiter, die die höchste Arbeitsleistung zeigen, einen zusätzlichen Bonus gewinnen. Die Verlierer des Verkaufswettbewerbs erhalten
lediglich ihr fixes Gehalt.
Bitte beurteilen Sie die Szenarien anhand des Kriteriums „Fairness“ und nicht nach Ihren Präferenzen.
Vergeben Sie den Rangplatz 1 dem Szenario, das Sie am fairsten empfinden. Das Szenario, das Sie am zweit fairsten finden, erhält den Rangplatz 2,
usw. Das Szenario, das Sie als am wenigsten fair empfinden, erhält den Rangplatz 9. Jede Ziffer ist dabei nur einmal zu vergeben.
Szen
ario
Fixgehalt
Im Durchschnitt
ist Ihre
Arbeitsleistung
besser als die
Ihrer Kollegen
Fixgehalt
Im Durchschnitt
ist Ihre
Arbeitsleistung
gleich der Ihrer
Kollegen
Fixgehalt
Im Durchschnitt
ist Ihre
Arbeitsleistung
schlechter als
die Ihrer
Kollegen
Leistungslohn
Im Durchschnitt
ist Ihre
Arbeitsleistung
besser als die
Ihrer Kollegen
Leistungslohn
Im Durchschnitt
ist Ihre
Arbeitsleistung
gleich der Ihrer
Kollegen
Leistungslohn
Im Durchschnitt
ist Ihre
Arbeitsleistung
schlechter als die
Ihrer Kollegen
Verkaufs-
wettbewerb
Im
Durchschnitt
ist Ihre
Arbeitslei-
stung besser
als die Ihrer
Kollegen
Verkaufs-
wettbewerb
Im
Durchschnitt
ist Ihre
Arbeitslei-
stung gleich
der Ihrer
Kollegen
Verkaufs-
wettbewerb
Im
Durchschnitt
ist Ihre
Arbeitslei-
stung
schlechter als
die Ihrer
Kollegen
Fair
ness
Ran
g
1-9
XVII
Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen zu?
(1 = stimme voll und ganz zu; 2 = stimme eher zu; 3 = weder noch; 4 = stimme eher nicht zu;
5 = stimme überhaupt nicht zu)
In einem Unternehmen sollte jeder Mitarbeiter
mindestens einmal die Auszeichnung „Mitarbeiter des
Monats“ erhalten, selbst wenn er diese nicht verdient hat.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
In einem Unternehmen sollten die Mitarbeiter Karriere
machen, die ihre Arbeit gut machen. 1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
Es ist falsch, wenn ein Arbeitgeber eine Stelle an
jemanden vergibt, den er kennt, ohne die Stelle öffentlich
auszuschreiben.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
Jeder sollte im Leben das bekommen, was er verdient. 1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
Die Anstrengungen, die ein Arbeitnehmer während seiner
Arbeit zeigt, sollten sich in der Höhe der Lohnerhöhung
widerspiegeln.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
Bei einer Gruppenarbeit sollten alle Studierenden einer
Gruppe die gleiche Note erhalten, unabhängig vom
Arbeitseinsatz der einzelnen Gruppenmitglieder.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
Die gezeigte Arbeitsleistung der einzelnen Mitarbeiter
sollte ausschlaggebend für eine Beförderung sein.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
Abhängig von ihrem geleisteten Arbeitsbeitrag, sollten
die Mitglieder einer Arbeitsgruppe einen
unterschiedlichen Lohn erhalten.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
Manchmal ist es richtig, einem Mitarbeiter eine
Gehaltserhöhung zu zahlen, der sie dringend benötigt,
auch wenn er nicht der Mitarbeiter ist, der am meisten
arbeitet.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
Bei einer Beförderung sollten Qualifikationen stärker
gewichtet werden als die Dauer der
Betriebszugehörigkeit.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
Bewerben sich zwei Studierende mit den gleichen
Qualifikationen für einen Job, sollte derjenige, der am
härtesten arbeitet, die Stelle erhalten.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
Erhält eine Arbeitsgruppe eine Bonuszahlung für gute
Leistung, so ist die Bonuszahlung gleichmäßig unter den
Mitgliedern der Arbeitsgruppe aufzuteilen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
Es ist nie richtig, Studierende danach einzustellen, wie
sehr sie eine Arbeitsstelle benötigen. 1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
Unter bestimmten Umständen sollten Arbeitnehmer mit
einer schlechten Arbeitsleistung davonkommen. 1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
Haben alle Mitarbeiter die gleichen Qualifikationen und
Fähigkeiten, so sollte derjenige befördert werden, der den
größten Arbeitseinsatz zeigt.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
XVIII
Inwieweit treffen die folgenden Aussagen auf Sie persönlich zu?
(1 = sehr zutreffend; 2 = eher zutreffend; 3 = weder noch; 4 = eher unzutreffend; 5 =s ehr
unzutreffend)
Ich…
… bin eher zurückhaltend, reserviert.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… neige dazu, andere zu kritisieren.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… erledige Aufgaben gründlich.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… werde leicht deprimiert, niedergeschlagen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin vielseitig interessiert.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin begeisterungsfähig und kann andere leicht mitreißen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… schenke anderen leicht Vertrauen, glaube an das Gute im Menschen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin bequem, neige zur Faulheit.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin entspannt, lasse mich durch Stress nicht aus der
Ruhe bringen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin tiefsinnig, denke gerne über Sachen nach.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin eher der „stille Typ“, wortkarg.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… kann mich kalt und distanziert verhalten.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin tüchtig und arbeite flott.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… mache mir viele Sorgen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… habe eine aktive Vorstellungskraft, bin phantasievoll.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… gehe aus mir heraus, bin gesellig.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… kann mich schroff und abweisend anderen gegenüber
verhalten.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… mache Pläne und führe sie auch durch.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… werde leicht nervös und unsicher.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… schätze künstlerische und ästhetische Eindrücke.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… habe nur wenig künstlerisches Interesse. 1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
XIX
Zum Abschluss noch ein paar Fragen zu Ihrer Person
1. Sie sind…
männlich weiblich
2. Wie alt sind Sie? _____________
3. Konnten Sie schon berufliche Erfahrung sammeln?
Nein, das war mir leider noch nicht möglich
Ich habe vor meinem Studium schon eine Berufsausbildung gemacht
Ich arbeite als Werksstudent
Ich habe während meines Studiums Praktika gemacht
Ich arbeite als wissenschaftliche Hilfskraft
sonstiges und zwar: __________________________________
XX
A.3 Instruktionen Experiment I: Framing-Effekte und der Einfluss auf die
Arbeitsmotivation
A.3.1 Instruktionen Treatment 1
Willkommen zum heutigen Experiment!
Für Ihr pünktliches Erscheinen erhalten Sie 2,50 Euro. Im Laufe dieses Experiments können
Sie sich weiteres Geld hinzuverdienen, eventuelle Verluste müssen Sie selbst tragen. Ihre
gesamte Auszahlung ist dabei abhängig von Ihren Entscheidungen.
Das Experiment wird 12 Durchgänge beinhalten, wobei ein Durchgang als Quartal bzw.
Geschäftsperiode zu verstehen ist. Im Anschluss an diese 12 Durchgänge folgt noch ein
kurzer Fragebogen.
Ihre Auszahlungen können Sie jederzeit auf Ihrem Bildschirm einsehen. Im Anschluss an das
Experiment wird Ihr Kontostand in Euro umgerechnet (Wechselkurs: 50 ECU = 1 Euro) und
zuzüglich der 2,50 Euro in bar an Sie ausbezahlt. Die Höhe Ihrer Auszahlung bleibt anonym,
d.h. keiner der anderen Teilnehmer wird von uns über Ihre Auszahlung informiert. Während
des gesamten Experiments ist das Kommunizieren mit anderen Teilnehmern untersagt.
Die Einhaltung dieser Regel ist sehr wichtig. Andernfalls sind die Ergebnisse dieses
Experiments wissenschaftlich wertlos. Sollten Sie Fragen haben, bitten wir Sie, Ihre Hand zu
heben. Wir werden dann umgehend zu Ihnen kommen und Ihre Fragen gerne individuell
beantworten.
1. Situation
Stellen Sie sich vor Sie sind ein Versicherungsvertreter, der bei einem
Versicherungsunternehmen direkt angestellt ist. Bisher und auch weiterhin beziehen Sie ein
Gehalt, das sich aus den durchschnittlichen Provisionen aus Ihrem Vertragsbestand sowie den
neu abgeschlossenen Versicherungsverträgen ergibt. Mit Vertragsbestand ist dabei die Anzahl
der bereits abgeschlossenen Versicherungsverträge Ihrer Kunden gemeint.
Seit kurzem hat das Versicherungsunternehmen ein weiteres Provisionselement im Vertrieb
eingeführt, sogenannte Ausschreibungen. Dabei ist insbesondere der sogenannte „junge
Markt“ von Interesse. Das Unternehmen erhofft sich, dass die Vertreter hierbei gezielt jüngere
Kunden ansprechen. Diese Kundengruppe bringt momentan aufgrund ihres geringen
Einkommens nur eine relativ unbedeutende Versicherungssumme ein und erscheint daher
weniger lukrativ. Allerdings zahlen sich diese frühzeitig geknüpften Kundenkontakte
langfristig für das Versicherungsunternehmen aus, da dieses Kundensegment zukünftig und
mit steigendem Einkommen mehr Versicherungsleistungen nachfragen wird.
Daher hat die Vertriebsleitung in Abstimmung mit dem Vorstand beschlossen, denjenigen
Vermittlern einen Bonus zu bezahlen, die sich besonderes in diesem Marktsegment
engagieren. Sie haben daher als Vertreter die Chance in jedem Durchgang einen zusätzlichen
Bonus neben ihrem durchschnittlichen Gehalt zu verdienen. Diesen Bonus bekommen Sie im
Anschluss an jede Geschäftsperiode (Durchgang) ausgezahlt, wenn Sie einen durch die
Vertriebsleitung vorgegebenen Zielwert in diesem Marktsegment (Junger Markt) erreichen.
Wenn Sie den Zielwert nicht erreichen, bekommen Sie keinen Bonus ausgezahlt. Ob und mit
XXI
welcher Wahrscheinlichkeit Sie das Ziel erreichen möchten, können Sie dabei durch die
Auswahl Ihres Arbeitseinsatzes selbst entscheiden. Die Effektivität Ihres Arbeitseinsatzes
wird dabei auch von externen Umständen, wie dem Vertragsabschlusswillen der Kunden und
der wirtschaftlichen Entwicklung, beeinflusst.
2. Experimentverlauf
Das Experiment besteht aus 12 Durchgängen (Geschäftsperioden). In jedem Durchgang
bekommen Sie Ihr übliches, durchschnittliches Gehalt in Höhe von 12 ECU ausgezahlt.
In jedem Durchgang haben Sie die Möglichkeit, eine Entscheidung über Ihre zusätzliche
Arbeitsleistung zur Erreichung des Ziels zu treffen. Ob Sie das Ziel erreichen, ist dabei zum
einen von der Höhe Ihrer gewählten Arbeitsleistung abhängig, zum anderen von äußeren
Umständen, den Sie nicht selbst beeinflussen können.
Wenn Sie eine zusätzliche Arbeitsleistung erbringen, verursacht Ihnen das monetäre Kosten
aufgrund der zusätzlichen Anstrengung, die Ihr Gehalt reduzieren. Wenn Sie das Ziel in Höhe
von 4 erreichen, erhalten Sie einen Bonus in Höhe von 16 ECU zusätzlich zu Ihrem üblichen
Gehalt am Ende eines Durchgangs. Erreichen Sie das Ziel nicht, erhalten Sie keinen Bonus.
3. Entscheidungen
Das vorgegebene Ziel der Geschäftsleitung beträgt für die 12 Geschäftsperioden jeweils 4.
Ziel pro Durchgang = 4
In jedem Durchgang können Sie die Höhe Ihres Arbeitseinsatzes frei wählen. Dabei haben Sie
die Wahl zwischen folgenden Arbeitseinsatzniveaus, die mit entsprechenden Kosten
verbunden sind:
Arbeitseinsatz 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Kosten
(Arbeitseinsatz)
0 1 2 3 5 6 7 8 10 13
Zusätzlich ist die Effektivität Ihres Arbeitseinsatzes noch vom Vertragsabschlussverhalten der
Kunden (externer Faktor) abhängig, das Sie nicht direkt beeinflussen können. Dieser externe
Faktor liegt gleichwahrscheinlich im Intervall von 0,6-1. Der externe Faktor wird dabei in
jedem Durchgang per Zufallsmechanismus im Anschluss an Ihre Arbeitseinsatz-
Entscheidung ermittelt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über Ihren Arbeitseinsatz kennen
Sie also lediglich die Verteilung des externen Faktors, aufgrund der Unsicherheit über das
zukünftige Kundenverhalten nicht die genaue Ausprägung. Am Ende jeder Geschäftsperiode
können Sie den Wert des externen Faktors im zurückliegenden Durchgang auf Ihrem
Bildschirm einsehen.
Externer Faktor = [0,6-1]
Wenn Ihr effektiver Arbeitseinsatz (gewichtet mit dem externen Faktor) größer als die
Zielvorgabe ist, erhalten Sie im jeweiligen Durchgang den Bonus in Höhe von 16 ECU
ausgezahlt:
Effektiver Arbeitseinsatz = Arbeitseinsatz x externer Faktor ≥ Ziel
Wenn Ihre Arbeitsanstrengung in Abhängigkeit des externen Faktors kleiner als die
Zielvorgabe ist, erhalten Sie im jeweiligen Durchgang keinen Bonus, also „Null“ ausbezahlt:
Effektiver Arbeitseinsatz = Arbeitseinsatz x externer Faktor < Ziel
XXII
4. Auszahlungsfunktion
Das gesamte Gehalt, das Sie in jedem Durchgang erreichen können setzt sich wie folgt
zusammen:
Gesamtgehalt = übliches Gehalt + Bonus – Kosten (Arbeitsanstrengung)
Gesamtgehalt = 12 ECU + [0 oder 16 ECU) – Kosten [0 – 13 ECU]
5. Ergebnis und Auswertung
Am Ende jedes Durchgangs erhalten Sie einen Übersichtsbildschirm über Ihr gesamtes Gehalt
des jeweiligen Durchgangs.
Dort sehen Sie Ihren gewählten Arbeitseinsatz, die damit verbundenen Kosten, den Wert des
externen Faktors in diesem Durchgang sowie Ihr gesamtes Gehalt. Zum Abschluss des
Experiments erscheint ein Übersichtsbildschirm mit Ihrer gesamten Auszahlung. Im
Anschluss erfolgt noch ein kurzer Fragebogen, den Sie bitte ausfüllen. Danach werden wir Sie
anhand Ihrer Platznummer aufrufen und Sie können sich Ihren Gewinn bei der
Experimentleitung abholen.
XXIII
A.3.2 Instruktionen Treatment 2
Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments positiver Frame (hoher Bonus). Der
einzige Unterschied besteht in der Höhe Bonuszahlung welche 8 ECU anstatt 16 ECU
betragen.
XXIV
A.3.3 Instruktionen Treatment 3
Willkommen zum heutigen Experiment!
Für Ihr pünktliches Erscheinen erhalten Sie 2,50 Euro. Im Laufe dieses Experiments können
Sie sich weiteres Geld hinzuverdienen, eventuelle Verluste müssen Sie selbst tragen. Ihre
gesamte Auszahlung ist dabei abhängig von Ihren Entscheidungen.
Das Experiment wird 12 Durchgänge beinhalten, wobei ein Durchgang als Quartal bzw.
Geschäftsperiode zu verstehen ist. Im Anschluss an diese 12 Durchgänge folgt noch ein
kurzer Fragebogen.
Ihre Auszahlungen können Sie jederzeit auf Ihrem Bildschirm einsehen. Im Anschluss an das
Experiment wird Ihr Kontostand in Euro umgerechnet (Wechselkurs: 50 ECU = 1 Euro) und
zuzüglich der 2,50 Euro in bar an Sie ausbezahlt. Die Höhe Ihrer Auszahlung bleibt anonym,
d.h. keiner der anderen Teilnehmer wird von uns über Ihre Auszahlung informiert. Während
des gesamten Experiments ist das Kommunizieren mit anderen Teilnehmern untersagt.
Die Einhaltung dieser Regel ist sehr wichtig. Andernfalls sind die Ergebnisse dieses
Experiments wissenschaftlich wertlos. Sollten Sie Fragen haben, bitten wir Sie, Ihre Hand zu
heben. Wir werden dann umgehend zu Ihnen kommen und Ihre Fragen gerne individuell
beantworten.
1. Situation
Stellen Sie sich vor Sie sind ein Versicherungsvertreter, der bei einem
Versicherungsunternehmen direkt angestellt ist. Bisher und auch weiterhin beziehen Sie ein
Gehalt, das sich aus den durchschnittlichen Provisionen aus Ihrem Vertragsbestand sowie den
neu abgeschlossenen Versicherungsverträgen ergibt. Mit Vertragsbestand ist dabei die Anzahl
der bereits abgeschlossenen Versicherungsverträge Ihrer Kunden gemeint. Seit kurzem hat
das Versicherungsunternehmen ein weiteres Provisionselement im Vertrieb eingeführt,
sogenannte Ausschreibungen. Dabei ist insbesondere der sogenannte „junge Markt“ von
Interesse. Das Unternehmen erhofft sich, dass die Vertreter hierbei gezielt jüngere Kunden
ansprechen. Diese Kundengruppe bringt momentan aufgrund ihres geringen Einkommens nur
eine relativ unbedeutende Versicherungssumme ein und erscheint daher weniger lukrativ.
Allerdings zahlen sich diese frühzeitig geknüpften Kundenkontakte langfristig für das
Versicherungsunternehmen aus, da dieses Kundensegment zukünftig und mit steigendem
Einkommen mehr Versicherungsleistungen nachfragen wird.
Daher hat die Vertriebsleitung in Abstimmung mit dem Vorstand beschlossen, allen
Vertretern zu Beginn jeder Geschäftsperiode (Durchgang) eine Prämie zu bezahlen, damit sie
sich auch in diesem Marktsegment engagieren. Sie bekommen die Prämie also bereits zu
Beginn jeder Geschäftsperiode ausgezahlt. Um die Prämie auch nach Abschluss eines
Durchgangs behalten zu können, müssen Sie einen durch die Vertriebsleitung vorgegebenen
Zielwert in diesem Marktsegment (Junger Markt) erreichen. Wenn Sie den Zielwert nicht
erreichen sollten, müssen Sie am Ende der Geschäftsperiode eine Rückzahlung in Höhe der
Prämie leisten. Die Prämie wird also wieder von Ihrem Gehalt abgezogen. Ob und mit
welcher Wahrscheinlichkeit Sie das Ziel erreichen möchten, können Sie dabei durch die Wahl
Ihres Arbeitseinsatzes selbst entscheiden. Die Effektivität Ihres Arbeitseinsatzes wird dabei
auch von äußeren Umständen, wie dem Vertragsabschlusswillen der Kunden und der
wirtschaftlichen Entwicklung, beeinflusst.
XXV
2. Experimentverlauf
Das Experiment besteht aus 12 Durchgängen. Zu Beginn jedes Durchgangs bekommen Sie Ihr
reguläres, provisionsbasiertes Gehalt in Höhe von 12 ECU sowie die neu eingeführte Prämie
in Höhe von 8 ECU ausgezahlt, insgesamt also 20 ECU.
In jeder Geschäftsperiode (Durchgang) haben Sie die Möglichkeit, eine Entscheidung über
Ihre zusätzliche Arbeitsleistung zur Erreichung des Ziels zu treffen. Ob Sie das Ziel erreichen,
ist dabei zum einen von der Höhe Ihrer gewählten Arbeitsleistung abhängig, zum anderen von
den äußeren Umständen, die Sie nicht selbst beeinflussen können.
Wenn Sie eine zusätzliche Arbeitsleistung erbringen, verursacht Ihnen das monetäre Kosten
aufgrund der zusätzlichen Anstrengung, die Ihr Gehalt reduzieren.
Wenn Sie das Ziel in Höhe von 4 erreichen, behalten Sie die Prämie in Höhe von 8 ECU
zusätzlich zu Ihrem üblichen Gehalt am Ende jedes Durchgangs. Erreichen Sie das Ziel nicht,
müssen Sie eine Rückzahlung in Höhe der Prämie an das Versicherungsunternehmen leisten.
3. Entscheidungen
Das vorgegebene Ziel der Geschäftsleitung beträgt für die 12 Geschäftsperioden jeweils 4.
Ziel pro Durchgang = 4
In jedem Durchgang können Sie die Höhe Ihres Arbeitseinsatzes frei wählen. Dabei haben Sie
die Wahl zwischen folgenden Arbeitseinsatzniveaus, die mit entsprechenden Kosten
verbunden sind:
Arbeitseinsatz 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Kosten
(Arbeitseinsatz)
0 1 2 3 5 6 7 8 10 13
Zusätzlich ist die Effektivität Ihres Arbeitseinsatzes noch vom Vertragsabschlussverhalten der
Kunden (externe Faktor) abhängig, das Sie nicht direkt beeinflussen können. Dieser externe
Faktor liegt gleichwahrscheinlich im Intervall von 0,6-1. Der externe Faktor wird dabei in
jedem Durchgang per Zufallsmechanismus im Anschluss an Ihre Arbeitseinsatz-
Entscheidung ermittelt. Zum Zeitpunkt der Entscheidung über Ihren Arbeitseinsatz kennen
Sie also lediglich die Verteilung des externen Faktors, aufgrund der Unsicherheit über das
zukünftige Kundenverhalten nicht die genaue Ausprägung. Am Ende jeder Geschäftsperiode
können Sie den Wert des externen Faktors im zurückliegenden Durchgang auf Ihrem
Bildschirm einsehen.
Kundenverhalten (Externer Faktor) = [0,6-1]
Wenn Ihr effektiver Arbeitseinsatz (gewichtet mit dem externen Faktor) größer als die
Zielvorgabe ist, behalten Sie am Ende des jeweiligen Durchgangs die Prämie in Höhe von 8
ECU.
Effektiver Arbeitseinsatz = Arbeitseinsatz x externer Faktor ≥ Ziel
Wenn Ihre Arbeitsanstrengung in Abhängigkeit des externen Faktors kleiner als die
Zielvorgabe ist, müssen Sie am Ende des jeweiligen Durchgangs eine Rückzahlung in Höhe
der ausgeschütteten Prämie leisten:
XXVI
Effektiver Arbeitseinsatz = Arbeitseinsatz x externer Faktor < Ziel
4. Auszahlungsfunktion
Das gesamte Gehalt, das Sie in jedem Durchgang erreichen können setzt sich wie folgt
zusammen:
Gesamtgehalt = (übliches Gehalt + Prämie) – Kosten (Arbeitsanstrengung)
[- Rückzahlung]
Gesamtgehalt = 12 ECU + 8 ECU – Kosten (0 – 13 ECU) - [8]
5. Ergebnis und Auswertung
Am Ende jedes Durchgangs erhalten Sie einen Übersichtsbildschirm über Ihr gesamtes Gehalt
des jeweiligen Durchgangs.
Dort sehen Sie Ihren gewählten Arbeitseinsatz, die damit verbundenen Kosten, den Wert des
externen Faktors in diesem Durchgang sowie Ihr gesamtes Gehalt. Zum Abschluss des
Experiments erscheint ein Übersichtsbildschirm mit Ihrer gesamten Auszahlung. Im
Anschluss erfolgt noch ein kurzer Fragebogen, den Sie bitte ausfüllen. Danach werden wir Sie
anhand Ihrer Platznummer aufrufen und Sie können sich Ihren Gewinn bei der
Experimentleitung abholen.
A.3.4 Instruktionen Treatment 4
XXVII
Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments negativer Frame (niedrige
Rückerstattung). Der einzige Unterschied besteht in der Höhe der Rückerstattung, welche hier
16 ECU anstatt 8 ECU beträgt.
XXVIII
A.4 Instruktionen Experiment II: Reziprozität zwischen
Versicherungsunternehmen und Versicherungsvertretern bei Framing-
Effekten und der Einfluss auf die Arbeitsmotivation
Liebe(r) Experimentteilnehmer(in),
mit Hilfe des folgenden Experiments möchten wir Anreizsysteme untersuchen.
Für Ihr pünktliches Erscheinen erhalten Sie 5,00 €. Im Laufe des Experiments können Sie in
Abhängigkeit von Ihren Entscheidungen weiteres Geld verdienen.
Während des Experiments kommt die Experimentalwährung ECU zum Einsatz. Am Ende des
Experiments wird Ihr ECU-Kontostand in Euro umgerechnet und ausgezahlt (30 ECU = 1 €).
Wir möchten etwas über Ihr persönliches Verhalten erfahren. Es gibt daher keine richtigen
und falschen Antworten.
Bitte lesen Sie sich die Instruktionen aufmerksam durch und treffen Sie Ihre Entscheidungen
sehr sorgfältig. Ihre Antworten werden vertraulich behandelt und unsere Auswertung dieses
Experiments erfolgt nur anonym.
Bitte verhalten Sie sich während des Experiments ruhig und sprechen Sie nicht mit Ihren
Nachbarn. Falls Sie Fragen haben, zögern Sie nicht diese zu stellen.
Vielen Dank für Ihre Teilnahme an diesem Experiment!
XXIX
Die Situation
Bitte versetzen Sie sich in folgende Situation: Sie werden in Gruppen zu je zwei Personen
eingeteilt. Jede Gruppe besteht aus einem Versicherungsunternehmen und einem
Versicherungsvertreter. Die Versicherungsvertreter sind bei dem Versicherungsunternehmen
über alle 3 Geschäftsjahre fest angestellt.
Seit kurzem haben die Versicherungsunternehmen ein weiteres Provisionselement im Vertrieb
eingeführt, sogenannte Ausschreibungen. Dabei ist insbesondere der „junge Markt“ von
Interesse. Die Versicherungsunternehmen erhoffen sich, dass die Versicherungsvertreter
hierbei gezielt jüngere Kunden ansprechen. Diese Kundengruppe bringt momentan aufgrund
ihres geringen Einkommens nur ein relativ unbedeutendes Versicherungsvolumen ein und
erscheint daher weniger lukrativ. Allerdings zahlen sich diese frühzeitig geknüpften
Kundenkontakte langfristig für das Versicherungsunternehmen aus, da dieses Kundensegment
zukünftig und mit steigendem Einkommen mehr Versicherungsleistungen nachfragen wird.
Daher kann das Versicherungsunternehmen verschiedene Anreize an Versicherungsvertreter,
die sich besonders in diesem Marktsegment engagieren, auszahlen. Wenn die
Versicherungsvertreter die, durch den Vorstand vorgegebenen, Zielvorgaben in diesem
Marktsegment (junger Markt) erreichen, bekommen sie den entsprechenden Anreiz.
Das Experiment
Der Vorstand hat die Zielvorgaben für den jungen Markt auf 4 gesetzt. Ob die
Versicherungsvertreter die Zielvorgaben erreichen, ist vom effektiven Arbeitseinsatz
abhängig. Der effektive Arbeitseinsatz setzt sich aus dem gewählten Arbeitseinsatz und
externen Faktoren, wie dem Vertragsabschlusswillen der Kunden und der wirtschaftlichen
Entwicklung, die nicht beeinflusst werden können, zusammen. Der externe Faktor liegt dabei
gleichwahrscheinlich im Intervall von 0,6-1 und wird per Zufallsmechanismus im Anschluss
an Ihre Entscheidung per Lottotrommel ermittelt. In der Lottotrommel befinden sich 40
Kugeln, die von 60 - 100 durchnummeriert sind. Die Kugel mit der Nummer 60 entspricht
einem externen Faktor von 0,6, die Kugel mit der Nummer 61 einem externen Faktor von
0,61, die Kugel mit der Nummer 62 einem solchen von 0,62, …, die Kugel mit der Nummer
100 einem externen Faktor von 1.
Effektiver Arbeitseinsatz = gewählter Arbeitseinsatz * externer Faktor
Die Versicherungsvertreter bestimmen ihren Arbeitseinsatz anhand folgender Tabelle. Der
gewählte Arbeitseinsatz ist dabei jeweils mit Arbeitsleid (Kosten) verbunden. Das Arbeitsleid
wird in der Gehaltsberechnung entsprechend berücksichtigt.
Arbeits-
einsatz 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10
Arbeits-
leid 0 1 2 3 5 6 7 8 10 13
Bestimmt durch
Zufallsvariable [0,6 - 1]
XXX
Der Gewinn der Versicherungsunternehmen pro Geschäftsjahr setzt sich wie folgt zusammen:
Gewinn = effektiver Arbeitseinsatz * 12 – 12 – Anreizzahlung
Bei der Entlohnung der Versicherungsvertreter, kann das Versicherungsunternehmen
zwischen drei Anreizsystemen auswählen:
1. Kein Anreiz:
Die Versicherungsvertreter erhalten neben ihrem Fixgehalt keine weiteren Zahlungen.
Das Gehalt der Versicherungsvertreter pro Geschäftsjahr setzt sich wie folgt
zusammen:
Gehalt = 12 – Arbeitsleid
2. Bonuszahlung:
Es wird ein Bonus in Höhe von 16 ECU an diejenigen Versicherungsvertreter
ausgezahlt, die die Zielvorgaben erreicht haben.
Effektiver Arbeitseinsatz ≥ 4 Bonuszahlung in Höhe von 16 ECU
Das Gehalt der Versicherungsvertreter pro Geschäftsjahr setzt sich wie folgt
zusammen:
Gehalt = 12 – Arbeitsleid + Bonuszahlung
3. Rückerstattung:
Zu Beginn des Geschäftsjahres bekommen alle Versicherungsvertreter Ihr Fixgehalt
und eine zusätzliche Zahlung in Höhe von insgesamt 28 ECU. Wenn die
Versicherungsvertreter allerdings die Zielvorgaben nicht erreichen, müssen diese eine
Rückerstattung in Höhe von 16 ECU leisten.
Effektiver Arbeitseinsatz < 4 Rückerstattung in Höhe von 16 ECU
Das Gehalt der Versicherungsvertreter pro Geschäftsjahr setzt sich wie folgt
zusammen:
Gehalt = 28 – Arbeitsleid - Rückerstattung
Das Experiment geht über 3 Geschäftsjahre. Am Ende des Experiments bekommen die
Versicherungsunternehmen ihren Gewinn und die Versicherungsvertreter ihr Gehalt
ausgezahlt.
Im Anschluss an das Experiment folgen noch einige Fragen zu Ihrer Person. Bitte
beantworten Sie auch diese Fragen sorgfältig.
XXXII
A.5 Instruktionen Experiment zur Effizienz und passiven
Selektionseffekten bei der Turnierentlohnung von Versicherungsvertretern
A.5.1 Instruktionen Treatment 1
Liebe(r) Experimentteilnehmer(in),
mit Hilfe des folgenden Experiments möchten wir Verkaufswettbewerbe untersuchen.
Für Ihr pünktliches Erscheinen erhalten Sie 2,50 €. Im Laufe des Experiments können Sie in
Abhängigkeit von Ihren Entscheidungen weiteres Geld verdienen.
Während des Experiments kommt die Experimentalwährung ECU zum Einsatz. Am Ende des
Experiments wird Ihr ECU-Kontostand in Euro umgerechnet und ausgezahlt (25 ECU = 1 €).
Wir möchten etwas über Ihr persönliches Verhalten erfahren. Es gibt daher keine richtigen
und falschen Antworten.
Bitte lesen Sie sich die Instruktionen aufmerksam durch und treffen Sie Ihre Entscheidungen
sehr sorgfältig. Ihre Antworten werden vertraulich behandelt und unsere Auswertung dieses
Experiments erfolgt nur anonym.
Bitte verhalten Sie sich während des Experiments ruhig und sprechen Sie nicht mit Ihren
Nachbarn. Falls Sie Fragen haben, zögern Sie nicht diese zu stellen.
Vielen Dank für Ihre Teilnahme an diesem Experiment!
XXXIII
Die Situation
Stellen Sie sich bitte vor, Sie sind ein Versicherungsvertreter und bei einem
Versicherungsunternehmen angestellt. Ihr Gehalt setzt sich aus einem fixen Anteil und einem
variablen Anteil (Provision), der von Ihrem Arbeitseinsatz abhängig ist, zusammen. Ihr
Gehalt wird Ihnen quartalsmäßig ausgezahlt.
Um die besten Mitarbeiter zu prämieren, hat Ihr Versicherungsunternehmen einen
Verkaufswettbewerb ins Leben gerufen. Den Versicherungsvertretern, die innerhalb eines
Geschäftsjahres den größten Arbeitseinsatz zeigen, winkt eine zusätzliche Bonuszahlung.
Diese Bonuszahlung erhalten nur die Gewinner des Verkaufswettbewerbs. Die Verlierer
erhalten keine zusätzliche Zahlung, sie erhalten lediglich ihr erarbeitetes Gehalt bestehend aus
dem fixen und dem variablen Anteil (Provision).
Das Experiment
Per Zufallsmechanismus hat der Vertriebsleiter des Versicherungsunternehmens Sie und
andere Versicherungsvertreter verschiedenen Verkaufsgebieten zugeteilt. In jedem
Verkaufsgebiet arbeiten insgesamt zehn Versicherungsvertreter. Die Zuordnung zu den
Verkaufsgebieten bleibt unverändert, solange Sie für das Versicherungsunternehmen arbeiten.
Das Versicherungsunternehmen veranstaltet nun zwei Jahre hintereinander in jedem
Geschäftsjahr für jedes seiner Verkaufsgebiete einen Verkaufswettbewerb. Da in jedem
Verkaufsgebiet zehn Versicherungsvertreter arbeiten, nehmen neben Ihnen noch neun weitere
Versicherungsvertreter, die durch den Computer simuliert werden, an diesen
Verkaufswettbewerben teil. In jedem Verkaufswettbewerb erhalten die drei
Versicherungsvertreter, die in ihrem Verkaufsgebiet den größten Arbeitseinsatz gezeigt
haben, eine zusätzliche Bonuszahlung in Höhe von 5 ECU.
Jeder Verkaufswettbewerb dauert ein Geschäftsjahr. Ein Geschäftsjahr besteht aus je vier
Quartalen. Zu Beginn eines jeden Quartals bestimmen Sie und die anderen
Versicherungsvertreter Ihren Arbeitseinsatz für das Quartal anhand folgender Tabelle. Bitte
beachten Sie, dass Ihr gewählter Arbeitseinsatz jeweils mit Arbeitsleid (Kosten) verbunden
ist. Das Arbeitsleid wird in der Gehaltsberechnung entsprechend berücksichtigt.
Arbeitseinsatz 0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11
Arbeitsleid 0 0,04 0,17 0,37 0,66 1,04 1,49 2,03 2,66 3,36 4,15 5,02
12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24 25
5,98 7,01 8,13 9,34 10,6 12 13,5 15 16,6 18,3 20,1 22 23,9 25,9
Am Ende eines jeden Quartals bekommen Sie Ihr Gehalt für das Quartal ausgezahlt. Ihr
Quartalsgehalt setzt sich wie folgt zusammen:
Zudem führt das Versicherungsunternehmen am Ende eines jeden Quartals eine
Leistungsmessung durch und gibt die aktuellen Platzierungen im Verkaufswettbewerb
XXXIV
bekannt. Es werden nur die erreichten Platzierungen bekannt gegeben, jedoch nicht die damit
verbundenen Arbeitseinsätze.
Um die Sieger des Verkaufswettbewerbs zu ermitteln, werden die gezeigten Arbeitseinsätze
summiert. Nach vier Quartalen gibt das Versicherungsunternehmen die Gewinner des
Verkaufswettbewerbs bekannt und zahlt den Bonus an die Sieger aus.
Ist ein Geschäftsjahr zu Ende, beginnt ein neuer Verkaufswettbewerb, d. h. in die Berechnung
fließen nur die Arbeitseinsätze aus den jeweiligen vier Quartalen eines Geschäftsjahres ein. Es
erfolgt also keine Aufsummierung über die einzelnen Geschäftsjahre hinweg.
Im Anschluss an das Experiment folgen noch einige Fragen zu Ihrer Person. Bitte
beantworten Sie auch diese Fragen sorgfältig.
XXXV
A.5.2 Instruktionen Treatment 2
Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments 1 (niedriger Bonus, 3 Preise,
Zwischenstand nach jedem Quartal). Der einzige Unterschied besteht in der Höhe der
Bonuszahlung, welche hier 20 ECU anstatt 5 ECU beträgt.
A.5.3 Instruktionen Treatment 3
Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments 1 (niedriger Bonus, 3 Preise,
Zwischenstand nach jedem Quartal). Der einzige Unterschied besteht in der Anzahl an
Preisen, welche hier sechs Preise anstatt von drei Preisen sind.
A.5.4 Instruktionen Treatment 4
Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments 3 (niedriger Bonus, 6 Preise,
Zwischenstand nach jedem Quartal). Der einzige Unterschied besteht in der Höhe der
Bonuszahlung, welche hier 20 ECU anstatt 5 ECU beträgt.
A.5.5 Instruktionen Treatment 5
Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments 1 (niedriger Bonus, 3 Preise,
Zwischenstand nach jedem Quartal). Der einzige Unterschied besteht darin, dass die
Zwischenstände nur nach dem dritten Quartal eingeblendet wurden.
In den Instruktionen lautete dies wiefolgt: Zudem führt das Versicherungsunternehmen am
Ende eines jeden Quartals eine Leistungsmessung durch und gibt nach drei Quartalen die
aktuellen Platzierungen im Verkaufswettbewerb bekannt. Es werden nur die erreichten
Platzierungen bekannt gegeben, jedoch nicht die damit verbundenen Arbeitseinsätze.
A.5.6 Instruktionen Treatment 6
Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments 5 (niedriger Bonus, 3 Preise,
Zwischenstand nach 3. Quartal). Der einzige Unterschied besteht in der Höhe der
Bonuszahlung, welche hier 20 ECU anstatt 5 ECU beträgt.
A.5.7 Instruktionen Treatment 7
Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments 5 (niedriger Bonus, 3 Preise,
Zwischenstand nach 3. Quartal). Der einzige Unterschied besteht in der Anzahl an Preisen,
welche hier sechs Preise anstatt von drei Preisen sind.
A.5.8 Instruktionen Treatment 8
Die Instruktionen entsprechen denen des Treatments 6 (hoher Bonus, 3 Preise, Zwischenstand
nach 3. Quartal). Der einzige Unterschied besteht in der Anzahl an Preisen, welche hier sechs
Preise anstatt von drei Preisen sind.
XXXVI
A.6 Fragebogen Studie zur Rolle von Auszeichnungen bei der
Turnierentlohnung im Versicherungsvertrieb
Sehr geehrte Damen und Herren,
Im Rahmen eines Forschungsprojektes an der Universität Erlangen-Nürnberg möchten wir
Verkaufswettbewerbe untersuchen. Ein Verkaufswettbewerb geht typischerweise über einen
festgelegten Zeitraum. Die Teilnehmer an einem Verkaufswettbewerb kämpfen dabei um eine
bestimme Anzahl an Preisen. Am Ende des Verkaufswettbewerbs gewinnen allerdings nur die
besten Teilnehmer einen dieser Preise.
In dieser Studie werden Ihnen verschiedene Szenarien von Verkaufswettbewerben vorgestellt.
Bitte stellen Sie sich vor, dass Sie an diesen Verkaufswettbewerben teilnehmen und beurteilen
Sie dann die Szenarien anhand der folgenden Fragen.
Wir möchten etwas über Ihre persönliche Meinung erfahren. Es gibt daher keine richtigen und
falschen Antworten.
Bitte lesen Sie sich die Fragen aufmerksam durch und treffen Sie Ihre Entscheidungen sehr
sorgfältig. Ihre Antworten werden vertraulich behandelt und unsere Auswertung dieser Studie
erfolgt nur anonym.
Im Anschluss an die verschiedenen Szenarien folgen noch Fragen zu Ihrer Person. Bitte
beantworten Sie auch diese sorgfältig.
Vielen Dank für Ihre Teilnahme an dieser Studie
XXXVII
Welche Variante der folgenden vier Verkaufswettbewerbe würden Sie präferieren?
Bitte ziehen Sie den Verkaufswettbewerb, der Ihre erste Wahl ist, an die oberste Stelle
auf der rechten Seite, Ihre zweite Wahl an die zweite Stelle auf der rechten Seite usw.
und Ihre letzte Wahl auf die unterste Stelle auf der rechten Seite.
- Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr.
- Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise
für zwei Personen.
- Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr.
- Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise
für zwei Personen.
- Zusätzlich erhalten die Gewinner die Auszeichnung „Versicherungsvermittler des
Jahres“.
- Die Auszeichnung wird in einer privaten Verleihung übergeben (z. B. durch den
direkten Vorgesetzten am Arbeitsplatz).
- Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr.
- Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise
für zwei Personen.
- Zusätzlich erhalten die Gewinner die Auszeichnung „Versicherungsvermittler des
Jahres“.
- Die Auszeichnung wird in einer öffentlichen Verleihung übergeben (z. B. durch
den Vorstand bei einem Galadinner).
- Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr.
- Die Gewinner des Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise
für zwei Personen.
- Zusätzlich erhalten die Gewinner die Auszeichnung „Versicherungsvermittler des
Jahres“.
- Über die Gewinner des Verkaufswettbewerbs wird in der Unternehmenszeitung
berichtet.
In den folgenden Fragen möchten wir Ihre Meinung zu den verschiedenen
Verkaufswettbewerben erfahren.
1. Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr. Die Gewinner des
Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise für zwei Personen.
Bitte beurteilen Sie den Verkaufswettbewerb anhand folgender Fragen:
Dieser Verkaufswettbewerb ist attraktiv gestaltet.
Ich fühle mich durch diesen Verkaufswettbewerb motiviert.
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
XXXVIII
Ich werde mein Bestes geben, um diesen Verkaufswettbewerb zu gewinnen.
2. Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr. Die Gewinner des
Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise für zwei Personen.
Zusätzlich erhalten die Gewinner die Auszeichnung „Versicherungsvermittler des
Jahres“. Die Auszeichnung wird in einer privaten Verleihung übergeben (z. B. durch
den direkten Vorgesetzten am Arbeitsplatz).
Bitte beurteilen Sie den Verkaufswettbewerb anhand folgender Fragen:
Dieser Verkaufswettbewerb ist attraktiv gestaltet.
Ich fühle mich durch diesen Verkaufswettbewerb motiviert.
Ich werde mein Bestes geben, um diesen Verkaufswettbewerb zu gewinnen.
3. Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr. Die Gewinner des
Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise für zwei Personen.
Zusätzlich erhalten die Gewinner die Auszeichnung „Versicherungsvermittler des
Jahres“. Die Auszeichnung wird in einer öffentlichen Verleihung übergeben (z. B.
durch den Vorstand bei einem Galadinner).
Bitte beurteilen Sie den Verkaufswettbewerb anhand folgender Fragen:
Dieser Verkaufswettbewerb ist attraktiv gestaltet.
Ich fühle mich durch diesen Verkaufswettbewerb motiviert.
Ich werde mein Bestes geben, um diesen Verkaufswettbewerb zu gewinnen.
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
XXXIX
4. Der Verkaufswettbewerb geht über ein Geschäftsjahr. Die Gewinner des
Verkaufswettbewerbs erhalten eine exklusive Wochenendreise für zwei Personen.
Zusätzlich erhalten die Gewinner die Auszeichnung „Versicherungsvermittler des
Jahres“. Über die Gewinner des Verkaufswettbewerbs wird in der
Unternehmenszeitung berichtet.
Bitte beurteilen Sie den Verkaufswettbewerb anhand folgender Fragen:
Dieser Verkaufswettbewerb ist attraktiv gestaltet.
Ich fühle mich durch diesen Verkaufswettbewerb motiviert.
Ich werde mein Bestes geben, um diesen Verkaufswettbewerb zu gewinnen.
Die folgenden Fragen betreffen Verkaufswettbewerbe im Allgemeinen:
1. Inwieweit stimmen Sie den folgenden Aussagen zu?
Verkaufswettbewerbe steigern die Motivation der Mitarbeiter.
Verkaufswettbewerbe sind eine gerechte Form der Entlohnung.
Bei Verkaufswettbewerben wird jeder entsprechend seiner Leistung entlohnt.
2. Wie oft haben Sie in der Vergangenheit schon einmal einen Verkaufswettbewerb gewonnen?
ich habe noch keinen Verkaufswettbewerb gewonnen
_____ Mal
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
stimme eher nicht zu
weder noch stimme überhaupt nicht zu
stimme eher zu stimme voll und ganz zu
XL
Inwieweit treffen die folgenden Aussagen auf Sie persönlich zu? (1 = sehr zutreffend; 2 = eher zutreffend; 3 = weder noch; 4 = eher unzutreffend; 5 = sehr unzutreffend)
Ich…
… bin eher zurückhaltend, reserviert.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… neige dazu, andere zu kritisieren.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… erledige Aufgaben gründlich.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… werde leicht deprimiert, niedergeschlagen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin vielseitig interessiert.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin begeisterungsfähig und kann andere leicht mitreißen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… schenke anderen leicht Vertrauen, glaube an das Gute im Menschen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin bequem, neige zur Faulheit.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin entspannt, lasse mich durch Stress nicht aus der
Ruhe bringen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin tiefsinnig, denke gerne über Sachen nach.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin eher der „stille Typ“, wortkarg.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… kann mich kalt und distanziert verhalten.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… bin tüchtig und arbeite flott.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… mache mir viele Sorgen.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… habe eine aktive Vorstellungskraft, bin phantasievoll.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… gehe aus mir heraus, bin gesellig.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… kann mich schroff und abweisend anderen gegenüber
verhalten.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… mache Pläne und führe sie auch durch.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… werde leicht nervös und unsicher.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… schätze künstlerische und ästhetische Eindrücke.
1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
… habe nur wenig künstlerisches Interesse. 1 [ ] 2 [ ] 3 [ ] 4 [ ] 5 [ ]
XLI
Zum Abschluss noch ein paar Fragen zu Ihrer Person
1. Sie sind… männlich weiblich
2. Wie alt sind Sie? _____________
3. Wie viele Jahre Berufserfahrung haben Sie als Versicherungsvermittler?
____________
4. Wie hoch ist ihr monatliches Nettoeinkommen?
0 - 1.000 €
1.001 - 2.000 €
2.001 - 3.000 €
3.001 - 4.000 €
4.001 - 5.000 €
mehr als 5.000 €
XLII
A.7 Interviewleitfaden Expertengespräch
1. Ausgestaltung des Verkaufswettbewerbs:
Stehen die Wettbewerbe unter einem bestimmten Thema/Motto?
Wie viele Preise werden ausgeschüttet? (Ein einzelner Gewinner oder gewinnen mehrere Teilnehmer) Wurde die Anzahl der Preise schon einmal
variiert? Wie waren dabei Ihre Erfahrungen?
Welche Art von Preisen wird ausgeschüttet? (Sachpreise wie Reisen oder
monetäre Preise) Welche Preise werden von den Teilnehmern präferiert?
Über welchen Zeitraum erstreckt sich der Wettbewerb?
Bestehen Sabotagemöglichkeiten?
Wie ist der Konkurrenzkampf unter den Teilnehmern während des
Wettbewerbs ausgestaltet? Wird sich nicht mehr mit den direkten
Konkurrenten ausgetauscht?
2. Teilnahme am Verkaufswettbewerb:
Nimmt jeder Vertreter automatisch am Wettbewerb teil oder kann man seine Teilnahme und damit die Auflistung ausdrücklich untersagen?
Wie ist die rechtliche Sicht von solchen Verkaufswettbewerben? Kann ein Teilnehmer sich gegen ein Ranking aussprechen?
3. Motivationswirkung:
Können Sie Motivationssteigerungen bei Ihren Vertretern verzeichnen? Haben Sie das Gefühl, dass die Vertreter motivierter sind und mehr Arbeitseinsatz
zeigen?
Können die Teilnehmer ihre Platzierung während des Wettbewerbs erfahren
oder wird diese erst nach Abschluss des Wettbewerbs veröffentlicht?
Wird am Ende des Wettbewerbs die gesamte Platzierungsliste veröffentlicht oder werden nur die Gewinner bekanntgegeben?
Gibt es eine Siegerehrung?
Wenn Sie sich die Wettbewerbe der letzten Jahre ansehen, befinden sich
immer die gleichen Vertreter auf den obersten Plätzen?
4. Frauenanteil:
Wie hoch ist der Frauenanteil unter Ihren Vermittlern?
Wie schneiden die Frauen im Verkaufswettbewerb im Vergleich zu ihren männlichen Kollegen ab?
XLIII
Besteht die Strategie mehr Frauen als Versicherungsvermittler zu gewinnen?
Wenn ja, werden die weiblichen Vertreter gezielt eingesetzt, um Frauen zu beraten?
XLIV
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Verzeichnis der Gesprächspartner
Riese, J. (2010). Hauptabteilungsleiter Vertrieb-Controlling / Technologie, Nürnberger
Versicherungsgruppe, persönliche Mitteilung: Interview am 12.03.2010 in Nürnberg.
Pelka, P. (2010). Abteilungsleiter Vertrieb / Controlling / Geschäftsplan / Wettbewerbe,
Nürnberger Versicherungsgruppe, persönliche Mitteilung: Interview am 12.03.2010 in
Nürnberg.