CHOR UND SAXOPHON27.06.2014
PHILIPP AHMANN LEITUNG RASCHĂR SAXOPHONE QUARTET
SAISON 2013/2014 SONDERKONZERT
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NDR CHOR & RASCHĂR SAXOPHONE QUARTET
LEITUNG
IAN WILSON (*1964)
JOHN TAVENER (1944 â 2013)
IVAN MOODY (*1964)
FREITAG, 27. JUNI 2014, 20 UHR
HAMBURG, ROLF-LIEBERMANN-STUDIO
19 Uhr: EinfĂŒhrungsveranstaltung mit Ilja Stephan
PHILIPP AHMANNNDR CHORRASCHĂR SAXOPHONE QUARTET
nine(birds)here
fĂŒr 8-stimmigen gemischten Chor a cappella
(1990)
Nr. 1
Nr. 2
i carry your heart
fĂŒr 5-stimmigen gemischten Chor a cappella
(2011)
The Lamb
fĂŒr 4-stimmigen gemischten Chor a cappella
(1982)
He Who Clothed Himself âŠ
fĂŒr 8-stimmigen gemischten Chor a cappella
(2004)
Ausschnitte aus dem Konzert werden am Mittwoch, den 8. Oktober 2014, um 21 Uhr im Rahmen der Sendung âneue musikâ auf NDR Kultur gesendet.
02 | PROGRAMMABFOLGE
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IAN WILSON
NICOLA LEFANU (*1947)
IVAN MOODY
Little red fi sh
fĂŒr Saxophonquartett und 8-stimmigen
gemischten Chor (2006)
PAUSE
Moon Over Western Ridge, Mootwingee
fĂŒr Saxophonquartett (1985)
Moons and Suns
fĂŒr Saxophonquartett und 8-stimmigen
gemischten Chor (2008)
In Kooperation mit NDR das neue werk
PROGRAMMABFOLGE | 03
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04 | LEITUNG
LEITUNG
Philipp Ahmann ist seit der Saison 2008/09 Chor-
direktor des NDR Chores in Hamburg. Vor Kurzem
hat er seinen Vertrag um weitere fĂŒnf Jahre ver-
lÀngert. Unter seiner Leitung wurde eine eigene
Abonnement-Reihe des Chores gegrĂŒndet, die
seither bei Publikum und Kritik begeisterten An-
klang findet. Neben der Erarbeitung der A-cappella-
Literatur aller Epochen hat Philipp Ahmann sich
auch einen Namen mit Interpretationen oratori-
scher Werke vom Barock bis zur Moderne gemacht,
darunter Kompositionen von Bach, HĂ€ndel, Mozart,
Haydn, Berlioz, Kagel, Gubaidulina und MacMillan.
Dabei arbeitete er mit Orchestern der Alten Musik
wie Concerto Köln, dem Elbipolis Barockorchester
Hamburg und Concerto con Anima sowie mit Spe-
zialensembles der Neuen Musik wie dem RaschĂšr
Saxophone Quartet, dem Ensemble Re sonanz
und dem GĂŒrzenich-Orchester Köln zusammen.
Produktionen mit der NDR Bigband und NDR Brass
sowie die Leitung des NDR Mitsingprojektes
SINGING! mit ĂŒber 600 SĂ€ngerinnen und SĂ€ngern
in der vergangenen Spielzeit unterstreichen seine
Vielseitigkeit. Die 2012 und 2014 erschienenen CDs
âVeneziaâ und âA quattro coriâ mit dem NDR Chor
stieĂen bei der Kritik auf groĂe Zustimmung.
Philipp Ahmann wurde 1974 geboren. Er studierte
in Köln Dirigieren bei Marcus Creed und erhielt
weitere Impulse durch die Arbeit mit Peter Neu-
mann, Frieder Bernius und Robin Gritton. In der
Spielzeit 2005/06 begann Ahmann seine Arbeit mit
Rundfunkchören, zunÀchst mit dem SWR Vokal-
ensemble Stuttgart und dem NDR Chor. Eine regel-
mĂ€Ăige Zusammenarbeit verbindet ihn zudem mit
dem MDR Rundfunkchor und dem WDR Rundfunk-
chor, wo er â neben Einstudierungen â Produktio nen
leitet und Konzerte dirigiert. Zur Saison 2013/14
wurde er vom MDR Rundfunkchor als Erster Gast-
dirigent berufen. FĂŒr renommierte Dirigen ten wie
Christoph von DohnĂĄnyi, Thomas Hengelbrock,
Semyon Bychkov, Gerd Albrecht, Peter Eötvös und
Heinz Holliger studierte Philipp Ahmann Werke
der verschiedensten Stil epochen ein.
PHILIPP AHMANN
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Seit seiner GrĂŒndung 1969 trat das RaschĂšr Saxo-
phone Quartet regelmĂ€Ăig in den bedeutendsten
KonzertsÀlen der Vereinigten Staaten, Asiens und
Europas auf (Carnegie Hall und Lincoln Center
New York, Kennedy Center Washington D. C., Opera
Bastille Paris, Royal Festival Hall London, Phil-
harmonie Köln, Finlandia Hall Helsinki, Concert-
gebouw Amsterdam, Schauspielhaus Berlin, Musik-
verein Wien, Tonhalle ZĂŒrich, Parco della Musica
Rom, Dewan Filharmonik Petronas Kuala Lumpur,
National Concert Hall Taipei). Das Ensemble setzt
eine Tradition fort, die in den 1930er-Jahren von
Sigurd RaschĂšr, dem Pionier des klassischen
Saxophons und GrĂŒnder des Quartetts, begonnen
wurde. Er regte viele Komponisten an, StĂŒcke fĂŒr
ihn zu schreiben. In ganz Àhnlicher Weise hat
das Quartett ĂŒber 290 Komponisten inspiriert,
ihm Werke zu widmen, dazu zÀhlen: Aho, Berio,
Bergman, Bialas, Dean, Denhoff, Donatoni, Firsowa,
Glass, Gubaidulina, Halffter, Kaipainen, Keuris,
de Raaff, Maros, Moe, Nilsson, Nordgren, NĂžrgard,
Raskatov, Rosenblum, Sandström, Stucky, Terzakis,
Wuorinen, Xenakis und Chen Yi.
Neben den zahlreichen AuffĂŒhrungen des RaschĂšr
Quartet und seiner Zusammenarbeit mit den
weltweit fĂŒhrenden Orchestern ist das Quartett
mit vielen Instrumental- und Gesangsformationen
aufgetreten. So z. B. mit NDR Chor, WDR Rund-
funk chor Köln, Rias Kammerchor, Finnish Radio
Choir, Belgian Radio Choir, Icelandic National
Cathedral Choir und Netherlands Chamber Choir.
Die Auftritte des Quartetts, mit oder ohne Be-
gleitung, haben verschiedenste Komponistinnen
und Komponisten dazu inspiriert, fĂŒr die RaschĂšrs
zu komponieren. Zu den Komponistinnen und
Komponisten, die dem RaschĂšr Quartet Werke
gewidmet haben, zÀhlen u. a.: Luciano Berio,
Erkki-Sven TĂŒĂŒr, Bernd Franke, Stefan Thomas,
Giya Kancheli, Mauricio Kagel und Sofia Gubaiduli-
na. Das RaschĂšr Quartet hat keine fĂŒhrende Stim-
me, sondern ist demokratisch organisiert.
Christine Rall, Sopransaxophon
Elliot Riley, Altsaxophon
Bruce Weinberger, Tenorsaxophon
Kenneth Coon, Baritonsaxophon
RASCHĂR SAXOPHONE QUARTET
RASCHĂR SAXOPHONE QUARTET | 05
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In der Spielzeit 2013/14 zeigt der NDR Chor unter
der Leitung seines Chordirektors Philipp Ahmann
die ganze Bandbreite seines Repertoires und sei ner
Möglichkeiten. Im Mittelpunkt steht die Abonne-
mentreihe mit thematisch konzipier ten A-cappella-
Konzerten, mit renommierten Gast solisten und
Ensembles. Daneben ist der NDR Chor â als der
professionel le Konzertchor des Nordens â mit
einem vielfÀltigen Programm im gesamten Sende-
gebiet des NDR und darĂŒber hinaus prĂ€sent.
Zu seinen Partnern zÀhlen dabei alle Ensembles
des NDR bis hin zur NDR Bigband sowie eine
Reihe renommierter Solis ten, Orches ter und
Dirigen ten. Einladungen fĂŒhren den NDR Chor
zum Radio-Sinfonieorchester Stuttgart des
SWR und zum WDR Sinfonieorchester Köln sowie
zu ge mein sa men Konzerten mit dem SWR Vokal-
ensemble Stuttgart und dem RIAS Kammerchor.
In der Spiel zeit 2013/14 konzertierte er darĂŒber
hinaus u. a. mit dem FestspielOrchester Göttingen
und der Accademia Bizantina.
RegelmĂ€Ăig gastiert der NDR Chor bei renom-
mier ten Festivals: in dieser Spielzeit u. a. beim
Schleswig-Holstein Musik Festival, der Bachwoche
Ansbach, den Internationalen HĂ€ndel-Festspielen
Göttingen, den HÀndel-Festspielen Halle, den
Festspielen Mecklenburg-Vorpommern und dem
internationalen Kirchenmusik-Festival âAnima
Mundiâ in Pisa.
NDR CHOR
06 | NDR CHOR
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NDR CHOR
SOPRANRegine Adam
Bettina Hunold
Keiko Enomoto
Katharina Sabrowski
Stephanie Stiller
Sylke Alshuth
Raphaela Mayhaus
Agnes Kovacs
Chiyuki Okamura
TENORDantes Diwiak
Joachim Duske
Aram Mikaelyan
Johannes Gaubitz
Stephan Berghammer
Götz-Phillip Körner
Michael Schaffrath
Victor Schiering
ALTAlmuth Pessara
Gabriele-Betty Klein
Ursula Ritters
Christa Diwiak
Ina Jaks
Kristien Daled
Katharina Heiligtag
Tiina Zahn
BASSChristoph Liebold
Christfried Biebrach
DĂĄvid CsizmĂĄr
Frederick Martin
Andreas Pruys
Clemens Heidrich
Thomas Bonni
Rudolf Preckwinkel
DER NDR CHOR BEI FACEBOOKAlle Infos ĂŒber den NDR Chor, seine Konzerte und das Abonnement gibt es natĂŒrlich auf unserer Homepage.Der NDR Chor ist auch auf Facebook vertreten. So können Sie auch ĂŒber die sozialen Netzwerke im Kontakt mit uns bleiben!
CHORDIREKTORPhilipp Ahmann
NDR CHOR | 07
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MIND THE GAP
In jeder Sprache gibt es Wendungen, die sich
nicht ĂŒbersetzen lassen. In ihnen drĂŒckt sich eine
Er fah rung aus, die nicht zu trennen ist von der Ge -
schichte und Lebenswelt derer, denen ihr Schna bel
nun mal so gewachsen ist. Das englische âcommon
senseâ etwa wird im Deutschen entweder mit
âgesunder Menschenverstandâ oder âGemeinsinnâ
wiedergeben. Doch beides greift zu kurz: âCommon
senseâ ist, was jeder erfĂŒhlt, und auf das sich alle
ohne akademische Diskussion einigen können; es
ist das Einfache, Starke, Direkte, das die gemein-
same Basis jeder Menschlichkeit bildet. Vielleicht
ist es kein Zufall, dass im Mutterland dieses bo den-
stÀndigen Konzepts auch in Sachen Musik die Uhren
immer etwas anders tickten als in Resteuropa:
Als im 17. Jahrhundert die extravagante Gattung
Oper ihren Siegeszug auf dem Kontinent antrat,
verfolgte man auf der Insel ebenso eigensinnig
seinen eigenen Weg wie nach dem Zweiten Welt-
krieg, als die DarmstÀdter Avantgardisten auf dem
Festland den Ton angaben. Das heutige Konzert
vereint vier britische Komponisten (zwei EnglÀnder
und zwei Iren, um genau zu sein), die fĂŒr das
RaschĂšr Saxophone Quartet Werke komponiert
haben. Das Programm bietet somit einen vielleicht
nicht reprÀsentativen, doch aufschlussreichen
Ăberblick ĂŒber das, was in den vergangenen drei
Jahrzehnten jenseits von Kanal â und irischer See â
fĂŒr Chor und/oder Saxophon komponiert wurde.
08 | PROGRAMM
Max Heimann: âStillleben mit Saxophonâ
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PROGRAMM | 09
WILSON: LIEBE UND HASSAuf die Frage nach den bestimmenden EinflĂŒssen
in seiner Musik antwortet der irische Komponist
Ian Wilson zumeist mit der Kombination zweier
Namen, die sonst selten in einem Atemzug ge nannt
werden: Morton Feldman und Dmitrij Schostako-
witsch. An Feldman schĂ€tze er dessen âwunder-
bares Ohr fĂŒr Farben sowie einen Sinn fĂŒr die
Balance zwischen KlÀngen und die Entfaltung von
Ereignissenâ. Mit Schostakowitsch verbindet Wilson
vor allem âdie FĂ€higkeit, auf einer affektiven Ebene
mit dem Hörer zu kommunizierenâ. Diese QualitĂ€ten
seiner beiden Vorbilder wolle er in seiner eigenen
Musik vereinen. Einen guten Eindruck davon, wie
Wilson das realisiert, bietet schon eine seiner
ersten Kompositionen: ânine(birds)hereâ aus dem
Jahr 1990. In der Lyrik des US-amerikanischen
Dichters E. E. Cummings, dessen Gedichte Wilson
hier zugrunde legt, begegnen sich Konvention und
Avantgarde. Cummingsâ Themen sind altbekannt:
die ewige Liebe, die schöne Natur. Avantgardis tisch
wirken seine Gedichte durch die konsequente
Kleinschreibung und ihre Typografie. Der Dichter
bricht die SĂ€tze, Worte und Silben auf, setzt schein-
bar willkĂŒrlich ZeilenumbrĂŒche, Freizeilen oder
Klammern. So muss der Leser aus den Wort- und
Satzfragmenten den vertrauten Sinn neu zusam-
mensetzten. In ânine(birds)hereâ ĂŒbertrĂ€gt Wilson
den fragmentierten Charakter von Cummingsâ
Gedichten in musikalische Strukturen. Einzelne
Satzteile und Worte werden in klar voneinander
abgesetzten Blöcken vertont oder in Schichten
ĂŒbereinander gesetzt. Jeder Gedanke wird so zu
einem besonderen musikalischen Ereignis.
Zwanzig Jahre nach ânine(birds)hereâ hat Wilson
sich noch einmal mit Cummings beschÀftigt.
Dessen Gedicht âi carry your heart with meâ wurde
wohl auch deshalb eines der beliebtesten Liebes-
gedichte englischer Sprache, weil Cummings hier
weitgehend auf typografische Kunstgriffe verzich-
tete und ein ebenso schlichtes wie ergreifendes
Liebesbekenntnis schuf. Wilson vertonte Cummingsâ
Gedicht als musikalische Morgengabe zur Hochzeit
eines befreundeten Paares.
FĂŒr Oskar Kokoschka war die Liebe eine proble-
matische Angelegenheit. Nachdem seine Geliebte
Alma Mahler sich von ihm getrennt hatte, lieĂ er
eine Puppe nach ihren MaĂen anfertigen, enthaup-
tete das Abbild seiner Ex-Muse und stellte es mit
Rotwein ĂŒbergossen in seinem Garten aus. Diese
Form, den Trennungsschmerz zu ĂŒberwinden, hatte
bei dem Enfant terrible der Wiener Expressionisten
Tradition. Im Jahre 1908 war es die 17-jÀhrige
Lilith Lang gewesen, die Kokoschka zurĂŒckgewiesen
hatte. Dem âMĂ€dchen Liâ, wie er sie nannte,
widmete der junge Kokoschka sein GesellenstĂŒck
âTrĂ€umenden Knabenâ. Dieses Kinderbuch mit
Druckgrafiken und Texten Kokoschkas beginnt
mit dem â allenfalls fĂŒr radikale Freudianer kind-
gemĂ€Ăen â Gedicht ârot fischleinâ, das Ian Wilson
2006 fĂŒr den National Chamber Choir of Ireland
und das RaschĂšr Saxophone Quartet vertonte.
Völlig ungehemmt durch Erziehung, Moral oder
MitgefĂŒhl lĂ€sst Kokoschka auch in diesen Fibel-
versen seinen sadistischen ZerstĂŒcklungsfantasien
freien Lauf; die durch Symbolismus kaum ka -
schierte Angst vor der weiblichen SexualitÀt schlÀgt
um in reine Zerstörungswut. Ian Wilson bleibt in
âLittle red fishâ dem Verfahren treu, das er in den
Cummings-Vertonungen entwickelt hatte. Der Zer-
stĂŒcklungstext wird in Worte, Silben und Phoneme
zerteilt; nur SchlĂŒsselworte wie âMesserâ, âtotâ und
âreiss-(en)â treten, hĂ€ufig auf schneidend scharfe
SekundklÀnge gesetzt, aus dem Silbengemetzel
deutlich hervor.
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10 | PROGRAMM
LEFANU: WĂSTE IM MONDSCHEINEin Besuch im australischen Outback inspirierte die
Komponistin Nicola LeFanu zu ihrem StĂŒck âMoon
Over Western Ridge, Mootwingeeâ, das sie 1984
fĂŒr das RaschĂšr Quartet komponierte. Mootwingee
war eine zentrale KultstÀtte der australischen
Ureinwohner; in zahllosen Malereien und Reliefs
haben die Aborigines dort ihr Wissen von der
âTraumzeitâ festgehalten. Ăber den Zusammenhang
zwischen ReiseeindrĂŒcken und Musik schreibt
LeFanu: âVielleicht wird der Hörer einige Bilder
erkennen können, die ich von dieser Reise mit-
brachte: groĂe Distanzen, groĂe Stille; uralte BĂ€ume
stehen im weiĂen Sand eines ausgetrockneten
Flussbettes; goldene Akazienhaine voller Vögel;
grau-grĂŒne WĂŒste, so weit das Auge blicken kann,
unterbrochen von zerklĂŒfteten HĂŒgeln; Formen â
immer verĂ€nderlich â, im Flirren der Mittagshitze
oder der schattigen Welt einer Mondscheinnacht.â
Die Einzigartigkeit und Fremdheit dieser Landschaft
verband sich fĂŒr LaFanu mit einer Klangerfahrung,
die sie dem RaschĂšr Quartet verdankte: âDie Mög-
lichkeit, mikrotonale KlÀnge einzubeziehen, er öff ne te
sich mir 1983, nachdem ich das RaschĂšr Saxopho ne
Quartet gehört hatte. Die Leichtigkeit und Feinheit
ihrer Intonation war auĂerordentlich. Das erlaubte
mir, fĂŒr das Quartett, das ich fĂŒr sie schrieb, eine
harmonische Welt zu entwerfen, die viel einfacher
war als das, woran ich gewohnt war, und doch nicht
weniger reich an Möglichkeiten. Von einer modalen,
Ă€olischen Homophonie [entspricht den weiĂen
Tasten auf dem Klavier; IS] Àndert die Musik die
Perspektive in dem MaĂe, wie sie alteriert wird: erst
chromatisch [Töne auf den schwarzen Tasten kom-
men hinzu; IS] und dann in Vierteltönen [Tonschritte,
die kleiner sind als auf der Klaviatur; IS]. Ich fand
es bezaubernd, Schatten und Mehrdeutigkeit um
ein simples, modales GerĂŒst herum zu schaffen.â
TAVENER: KINDHEIT UND UNSCHULDSir John Tavener gelang etwas, von dem viele
Komponisten so genannter E-Musik nicht einmal
trÀumen mögen: Er landete echte Hits. Als bei der
Trauerfeier fĂŒr die Königin der Herzen der Trauer-
zug mit dem Sarg der Princess Diana Westminster
Abbey verlieĂ, erklang sein âSong For Atheneâ â
und die halbe Welt hörte via BBC zu. Der populÀrste
britische Komponist unserer Zeit war eine schillern-
de Persönlichkeit: Furore machte er zuerst mit
der 1966 geschriebenen, avantgardistischen
Kantate âThe Whaleâ, deren Aufnahme spĂ€ter auf
dem Beatles-Label Apple Records erschien. Von
der ĂŒberbordenden KomplexitĂ€t in âThe Whaleâ
entfernte sich Tavener in den folgenden Jahren
immer weiter. SchlieĂlich kĂŒndigte der Komponist
dem Projekt der Moderne vollends die Gefolg-
schaft; 1977 trat er der Russisch-Orthodoxen Kir-
John Tavener
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PROGRAMM | 11
che bei und pflegte fortan einen tonalen, auf
gröĂtmögliche Reduktion bedachten Stil. Als âHoly
Minimalismâ etikettierte die Presse seine von
Wiederholungen geprÀgte, statische und an der
alten Kirchenkunst orientierte Musik.
âThe Lambâ zĂ€hlt zu Taveners Greatest Hits; alleine
37 CD-Einspielungen sind auf der Website des
Komponisten verzeichnet. Als Vorlage fĂŒr sein
chorisches Wiegenlied wÀhlte Tavener ein Gedicht,
das der englische Poet und Grafiker William Blake
1789 in seinem âBuch der Unschuldâ veröffentlicht
hatte. Kindheit, Unschuld und Gottesebenbildlich-
keit werden hier zusammengedacht. Dazu schuf
Sir John eine Musik, die aus wenigen gleichbleiben-
den Melodiezeilen besteht; durch einfache Wie-
der holung werden diese VersatzstĂŒcke zu einer
zweiteiligen Form ausgebaut. âMit Ă€uĂerster Sanft-
heit, flexibel, immer vom Wort geleitetâ sei die
kleine, seinem 3-jÀhrigen Neffen Simon gewidmete
Mo tette zu singen, schrieb der GroĂmeister der
spiritu ellen Töne dazu als Vortragsanweisung.
Das Tempo ist dabei â wie fast immer bei Tavener â
sehr ge mĂ€Ăigt. âMein Herz schlĂ€gt im Tempo
vierzigâ, soll der musikalische Mystiker einmal
bekundet haben. Und tatsÀchlich gab Tavener auch
fĂŒr âThe Lambâ einen Ruhepuls von Viertel = 40
als Tempoangabe vor.
MOODY: LICHT UND DUNKELWĂ€hrend John Taveners Werk in schwer zu fassender
Weise zwischen Pop und SpiritualitÀt oszilliert,
waltet bei seinem SchĂŒler und Glaubensbruder
Ivan Moody stets heiliger Ernst. Moody studierte an
der UniversitÀt im finnischen Joensuu orthodoxe
Theologie und lieĂ sich zum Priester weihen. Als
Forscher hat Moody sich intensiv mit den kirchen-
musikalischen Traditionen der Ostkirche sowie der
Volksmusik Sardiniens und Portugals auseinander-
gesetzt; als Publizist gab er ein Standardwerk ĂŒber
zeitgenössische Musik und Religion heraus und
widmete sich dem groĂen Umbruch in der europĂ€-
ischen Kunstgeschichte, als die Maler der FrĂŒh-
renaissance die Perspektive entdeckten und somit
vom Vorbild der byzantinischen Ikonen abrĂŒckten.
Viel strikter und enger als Tavener orientiert Moody
sich in seiner Musik am Vorbild der Ostkirchen.
Oberstes Gebot dieser Musik, die nicht als ein
Ă€sthetisches Artefakt genossen, sondern als Ritual
erlebt werden soll, ist die TextverstÀndlichkeit.
Eng damit zusammen hÀngt die Frage der Mehr-
stimmigkeit, die es nach strenger Auslegung in
der Musik der Orthodoxie nicht gibt. â So widmet
Moody auf der Suche nach AnknĂŒpfungspunkten
fĂŒr sein Komponieren einige Untersuchungen der
mehrstimmigen Tradition der serbischen Kirchen-
Ivan Moody
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12 | PROGRAMM
musik und jĂŒngeren Entwicklungen in Russland
seit dem 17. Jahrhundert. An dem 2004 entstan-
denen âHe Who Clothed Himself âŠâ nach einem
Text der orthodoxen Karfreitagsliturgie lassen
sich die GrundzĂŒge von Moodys Musik gut nach-
vollziehen. Melodisch und harmonisch sei die Musik
am Vorbild des byzantinischen Chorals orientiert,
schreibt der Komponist. Im Vordergrund steht stets
die melodische Linie; wo Moody MehrklÀnge auf-
schichtet, ĂŒberlagern sich die Stimmen meist im
selben Rhythmus, so dass die TextverstÀndlichkeit
nie leidet. Als elementare Form der Mehrstimmig-
keit ĂŒbernimmt Moody aus der byzantinischen
Tradition den so genannten Ison; einen unverÀndert
liegenbleibenden Dauerton, ĂŒber dem wie ĂŒber
einem klingenden Symbol der Einheit die Melodie
sich entfaltet. Obwohl âHe Who Clothed Himself âŠâ
einen achtstimmigen Chor aufbietet, dienen viele
Stimmen doch nur dazu, diesen Ison â gesungen
auf die Silbe âAh!â â klanglich weit aufzufĂ€chern.
Wirkliche Polyphonie fĂŒhrt Moody erst auf die
Textstelle âremember meâ (gedenke meiner) ein,
ab dort erinnert sich eine Stimme der anderen
und folgt ihr im Kanon.
Ungewöhnlich fĂŒr Ivan Moodys Schaffen ist das
2008 fĂŒr Paul Hillier, Ars Nova und das RaschĂšr
Quartet komponierte âMoons and Sunsâ. Vielleicht
war es die Begleitung durch ein Saxophonquartett,
die Moody bewog, ausnahmsweise keinen sakro-
sankten Text zu vertonen. Stattdessen wÀhlt er die
49. Rune des finnischen Nationalmythos Kalevala
als Vorlage. Dieses Epos ist zwar nicht ganz so
urtĂŒmlich wie es beim ersten Lesen scheinen will â
es wurde erst im 19. Jahrhundert von dem finni-
schen Arzt und Philologen Elias Lönnrot zusammen-
gestellt und nachgedichtet â, doch die Geschichte
hat archetypische QualitÀten: In der 49. Rune wird
von der groĂen Dunkelheit erzĂ€hlt, die nach dem
Verschwinden von Sonne und Mond ĂŒber die Welt
kam. Nachdem auch die Kunstfertigkeit des
Schmiedes Ilmarinen den Verlust der Gestirne nicht
ausgleichen kann, muss der Held WÀinÀmöinen
ins Reich der Dunkelheit aufbrechen. Mit Gewalt
vermag er dort nichts auszurichten, so hilft am
Ende nur eine List, um das Licht in die Welt zurĂŒck-
zubringen. TatsÀchlich bietet die 49. Rune also
eine Art pseudo-nordisch-heidnische Variante des
alten Höllenfahrtmotives. Moody vertont die Ge -
schichte in der Haltung eines ErzÀhlers, berichtend
und strukturierend, aber nicht dramatisierend
oder psychologisierend. So wechselt die musikali-
sche Faktur fast mit jedem Vers; der Chor skan-
diert den Text in einfachen Rhythmen; und das
Saxophonquartett streut immer wieder gliedernde
Zwischenspiele ein.
Ilja Stephan
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TEXTE | 13
IAN WILSON NEUN(VĂGEL)HIER
vögel, hier, luft erfindend, die unermesslichkeit
der dÀmmrung nutzend;
be. schau nun, komme seele; &: und wessen
stimmen sind.
neun vögel (steigend
durch goldenen moment) klett:
ern i
-n
wintriges
zwie-
licht
(alle zusammen eine
vielfaltende
ein
-heit) neun
seelen
nur lebendig mit einem einzigen ge-
heimnis (hebend
gefasst beim fallen) in schweigen!
das sterben der herrlichkeit lebend
NINE(BIRDS)HERE
birds, here, inventing air, using twilightâs vastness;
be. look now, come soul; &: and whose voices are.
nine birds (rising
through a gold moment) climb:
ing i
-nto
wintry
twi-
light
(all together a
manying
one
-ness) nine
souls
only alive with a single mys-
tery (liftingly
caught upon falling) silent!
ly living the dying of glory
(e.e. cummings)
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14 | TEXTE
IAN WILSON ICH TRAGE DEIN HERZ BEI MIR
Ich trage dein Herz bei mir. Ich trage es in
meinem Herzen. Nie bin ich ohne es.
Wohin ich auch gehe, gehst du, meine Teure.
Und was immer nur von mir allein getan wird, ist
auch dein Werk, mein Schatz.
Ich fĂŒrchte kein Schicksal, weil du mein Schicksal
bist, meine SĂŒĂe. Ich brauche keine Welt, denn,
Schöne, du bist meine Welt, meine Wahre,
und du bist, wofĂŒr ein Mond jemals stand und was
eine Sonne auch immer singen wird, bist du.
Hier ist das tiefste Geheimnis, das keiner kennt.
Hier ist die Wurzel der Wurzel. Und die Knospe
der Knospe. Und der Himmel des Himmels, eines
Baumes namens Leben. Der höher wÀchst als die
Seele hoffen, der Geist verbergen kann, und dies
ist das Wunder, das die Sterne in ihren Bahnen hÀlt.
Ich trage dein Herz. Ich trage es in meinem Herzen.
I CARRY YOUR HEART WITH ME
i carry your heart with me (i carry it in
my heart) i am never without it (anywhere
i go you go, my dear;
and whatever is done by only me is your doing,
my darling)
i fear no fate (for you are my fate, my sweet) i want
no world (for beautiful you are my world, my true)
and itâs you are whatever a moon has always meant
and whatever a sun will always sing is you
here is the deepest secret nobody knows
(here is the root of the root and the bud of the bud
and the sky of the sky of a tree called life;
which grows higher than soul can hope or mind
can hide) and this is the wonder thatâs keeping the
stars apart
i carry your heart (i carry it in my heart)
(e.e. cummings)
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TEXTE | 15
JOHN TAVENERDAS LAMM
Kleines Lamm, wer hat dich erschaffen?
WeiĂt du, wer dich erschaffen hat?
Gab dir Leben, bat dich: friss!
Am Fluss und auf der Weide?
Gab dir ein wunderschönes Kleid,
Ein weichstes Kleid, wollig, weiĂ;
Gab dir eine solch sanfte Stimme,
Die die TĂ€ler glĂŒcklich macht?
Kleines Lamm, wer hat dich erschaffen?
WeiĂt du, wer dich erschaffen hat?
Kleines Lamm, ich sag es dir,
Kleines Lamm, ich sag es dir:
Er wird nach dir genannt,
Denn Er nennt sich selbst ein Lamm.
Er ist fromm, er ist mild,
Er wurde selbst ein kleines Kind.
Ich, ein Kind, und du, ein Lamm,
Wir werden beide nach Ihm genannt.
Kleines Lamm, Gott segne dich!
Kleines Lamm, Gott segne dich!
THE LAMB
Little Lamb who made thee
Dost thou know who made thee
Gave thee life & bid thee feed.
By the stream & oâer the mead;
Gave thee clothing of delight,
Softest clothing wooly bright;
Gave thee such a tender voice,
Making all the vales rejoice!
Little Lamb who made thee?
Dost thou know who made thee?
Little Lamb Iâll tell thee,
Little Lamb Iâll tell thee!
He is called by thy name,
For he calls himself a Lamb:
He is meek & he is mild,
He became a little child:
I a child & thou a lamb,
We are called by his name.
Little Lamb God bless thee.
Little Lamb God bless thee.
(William Blake)
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16 | TEXTE
IVAN MOODYER, DER SICH KLEIDET âŠ
Er, der sich kleidet in Licht als wÀre es ein
Gewand stand bloĂ vor dem Gericht und erhielt
SchlÀge auf die Wange von den HÀnden derer,
die Er erschuf: Und als die Gesetzlosen den Herrn
der Herrlichkeit ans Kreuz nagelten, wurde der
Schleier im Tempel entzwei gerissen und die Sonne
verfinsterte sich, unfÀhig den Anblick des belei-
digten Gottes zu ertragen. Der, vor dem alle Dinge
erzittern. Lasset uns anbeten. Der JĂŒnger leugnete
und der Dieb rief aus: Gedenke meiner, O Herr,
in deinem Königreich. Ehre sei dem Vater und dem
Sohn und dem Heiligen Geist. Nun und immer
und von Ewigkeit zu Ewigkeit. Amen. Gib der Welt
Frieden, gnÀdiger Herr, der Du dich erniedrigtest
fĂŒr deine Diener und von einer Jungfrau geboren
wurdest, damit wir dich mit einer Stimme verherr-
lichen können.
HE WHO CLOTHED HIMSELF ...
He who clothed himself with light as it were with
a garment stood naked for the judgment and
received blows on the cheek from the hands of
those He created: and when the lawless people
nailed to the Cross the Lord of glory, then the
veil of the temple was rent in twain and the sun
was darkened, unable to endure the spectacle of
God outraged. Before whom all things tremble.
Let us worship. The disciple denied and the thief
cried out: Remember me (O Lord) in thy Kingdom.
Glory to the Father and the Son and the Holy Spirit.
Now and ever and unto the Ages of Ages. Amen.
[Afton proskynis somen.] Give peace to the world,
Merciful Lord, Thou who didst deign for thy
servantâs sake to become incarnate of a virgin,
that with one voice we may glorify thee.
LITTLE RED FISH
rot fischlein
fischlein rot
stech dich mit dem dreischneidigen messer tot
reiss dich mit meinen fingern entzwei
dass dem stummen kreisen ein ende sei
rot fischlein
fischlein rot
mein messerlein ist rot
meine fingerlein sind rot
in der schale sinkt ein fischlein tot
(Oskar Kokoschka)
IAN WILSON
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TEXTE | 17
IVAN MOODYMONDE UND SONNEN
Noch nicht wolltâ die Sonne scheinen,
Nicht das Gold des Mondes leuchten
In den Stuben von WÀinölÀ,
Auf den Fluren Kalewalaâs;
Frost geriet an alle Saaten,
An die Herden schlecht Befinden,
Lange Weile alle Menschen,
Da das Sonnenlicht nicht strahlte,
Nicht des Mondes Schein erglÀnzte.
Hob der Schmied sich von der Wand nun,
Von dem Steine sich der KĂŒnstler,
Einen neuen Mond zu schmieden,
Eine neue Sonnâ zu schaffen;
Bildet einen Mond von Gold dann,
Eine Sonne neu aus Silber.
Sprach der alte WÀinÀmöinen:
âO du Schmieder Ilmarinen,
Machest dir vergebne MĂŒhe!
Nicht erglÀnzt das Gold als Mondlicht,
Strahlet eine Silbersonne.â
Bildet einen Mond der Schmieder,
Hebet sorgsam sie nach oben,
TrÀgt gar schön sie in die Höhe,
TrÀgt den Mond zur Fichtenspitze,
In die lange Tannâ die Sonne.
Scheinen wolltâ jedoch der Mond nicht,
Auch die Sonne dort nicht leuchten.
Sprach der alte WÀinÀmöinen:
âSage wahrhaft, Loos des Schöpfers,
Rede du, des Gottes Zeichen,
Wohin ist die Sonnâ geraten.â
Brachtâ das Loos nun wahre Worte,
Gab der MĂ€nner Zeichen Antwort,
MOONS AND SUNS
Still the sun was never shining,
Neither gleamed the golden moonlight,
Not in VĂ€inölĂ€âs dark dwellings,
Not on Kalevalaâs broad heathlands.
Frost upon the crops descended,
And the cattle suffered greatly,
All mankind felt ever mournful,
For the sunlight shone no longer,
Neither did there shine the moonlight.
From the hearth arose the craftsman,
From beneath the wall the craftsman,
That a new moon he might forge them,
And a new sun he might make them,
And a moon of gold constructed,
And a sun he made of silver.
The aged VÀinÀmöinen answered:
âO thou smith, O Ilmarinen,
What you make is wholly useless.
Gold will never shine like moonlight,
Silver will not shine like sunlight.â
He a moon constructed,
Eagerly he raised them upward,
Raised them to the best position,
Raised the moon to fir-treeâs summit,
Set the sun upon a pine-tree.
But the moon shed forth no lustre,
And the sun was likewise rayless.
Said the aged VÀinÀmöinen:
âTell me, signs of the Creator,
Lots of Jumala, instruct me,
Where the sun is hidden from us.â
And the lot spoke words most faithful,
And the signs made answer truly,
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18 | TEXTE
Sagte, dass die Sonnâ geraten,
Dass der Mond hinabgesunken
In den Steinberg von Pohjola,
In des Kupferberges Innre.
WÀinÀmöinen eilt von dannen
Nach dem nimmerhellen Nordland,
Schreit zuvor mit allen KrÀften
An dem Flusse von Pohjola:
âBring das Boot, o Sohn des Nordens,
Bring ein Boot dem WĂ€inĂ€möinen!â
Also sprach der Sohn des Nordens:
âNicht sind mĂŒĂig hier die Böte,
Brauchâ die Finger du zum Rudern,
Deine Hand als Steuerruder
Durch den FluĂ im Land des Nordens!â
Ging als Hecht dann in die Fluten,
Als ein SchnÀpel in das Wasser,
Schreitet durch die Strecke eilends,
Machet einen Schritt, den zweiten,
Schreitet auf des Nordlands Ufer.
Sprachen so des Nordens Söhne,
Redet so der schlimme Haufen:
âKomme nach Pohjolaâs Stube!â
Nach Pohjolaâs Stube ging er;
Zog das Schwert, enthĂŒllt das Eisen,
Ziehet aus der Scheidâ das wilde,
An der Schneide schien das Mondlicht,
An dem Griffe glĂ€nztâ die Sonne,
Hieb der alte WÀinÀmöinen
Darauf einmal, dass es blitzte,
Hauet einmal, haut das zweite,
SchĂ€let da gleich RĂŒbenwurzeln,
SchlÀgt da ab gleich Flachses Köpfen
Dort der Nordlandssöhne Köpfe.
Ging der alte WÀinÀmöinen
Dieser ewâge Zaubersprecher,
For they said the sun was hidden,
And the moon was also sunken,
Deep in Pohjolaâs stone mountain,
And within the hill of copper.
VÀinÀmöinen hastened
Unto Pohjolaâs dark regions,
Then with all his strength he shouted,
As he came to Pohjaâs river:
âBring a boat, O son of Pohja,
Bring a boat for VĂ€inĂ€möinen.â
Answer made the son of Pohja:
âHere the boats are never ready;
You to row must use your fingers,
And must use your hands for rudder,
Crossing Pohjolaâs deep river.â
Like a pike in lake then plunging,
Powan-like in sluggish river,
Speedily the strait he traversed,
And he moved one foot, a second,
And he reached the shore of Pohja.
Then spoke out the sons of Pohja,
And the evil army shouted:
âEnter now the house of Pohja.â
And on this the house he entered,
Sword they drew, and tried their sword-blades,
Drew from out the sheaths their weapons;
At the point the moon was shining,
On the hilt the sun was shining,
And the aged VÀinÀmöinen
Struck a blow with lightning swiftness,
Struck a blow, and struck a second,
And he sheared, like roots of turnips,
Off he shore, like heads of flax-plant,
Heads of all the sons of Pohja.
Then the aged VÀinÀmöinen
He the great primeval sorcerer,
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TEXTE | 19
Mit der Faust die TĂŒr zu rĂŒtteln,
Mit der Worte Kraft die Riegel!
HĂ€nde öffnen nicht die TĂŒre,
Worte achten nicht die Riegel.
Ging nun nach des Schmiedes Esse,
Redet Worte solcher Weise:
âO du Schmieder Ilmarinen!
Schmiedâ mir einen starken Dreizack.â
Selbst der Schmieder Ilmarinen,
Schmiedet was der Mann verlangte,
Schmiedet ihm ein Dutzend Hacken,
Schmiedet ihm ein BĂŒndel SchlĂŒssel,
Schaffet ihm ein BĂŒndel Speere.
Louhi, sie, des Nordlands Wirtin,
Nordlands Alte arm an ZĂ€hnen,
Leget FlĂŒgel an die HĂŒften,
Flog durch das weite Meer Pohjolaâs,
Zu der Esse Ilmarinenâs, sagend:
âWas denn schmiedest du, o Schmieder,
Und bereitest du, o HĂ€mmrer?â
âIch Schmiede einen starken Halsring
FĂŒr die Alte von Pohjola,
Dass sie angeheftet werde
An dem Saum des festen Berges.â
Louhi, merkte nun das Unheil nahen,
Sah das UnglĂŒck sie bedrohen,
Fliehet eilends durch die LĂŒfte
Und entkommet nach Pohjola.
LieĂ den Mond nun aus dem Steine,
LieĂ die Sonne aus dem Felsen,
Selbst verwandelt sie das Aussehn,
Fliegt als Taube zu der Schwelle.
âDeshalb bin ich an der Schwelle,
Um die Kunde dir zu bringen,
Schon entstieg der Mond dem Steine,
Kam die Sonne aus dem Felsen.â
Sought with hands the doors to open,
And the bolts by spells to loosen,
But to hands the doors would yield not,
By his spells the bolts were moved not.
To the smithâs forge then he wandered,
And he spoke the words which follow:
âO thou smith, O Ilmarinen,
Forge me now a mighty trident.â
Thereupon smith Ilmarinen,
Forged the hero what he needed,
And a dozen hatchets forged him,
Forged a bunch of keys enormous,
And of spears a mighty bundle.
Louhi, Pohjolaâs old Mistress,
Old and gap-toothed dame of Pohja,
Then with wings herself provided,
Flew straight across the lake of Pohja
Unto Ilmarinenâs smithy, saying:
âWhat is this, O smith, thou makest,
What, O blacksmith, art thou forging?â
ââTis a neck-ring I am forging,
For the aged crone of Pohja,
That she may be firmly fettered
To the side of a great mountain.â
Louhi, Felt on this her doom was coming,
On her head the days of evil,
And at once to flight betook her,
Swift to Pohjola escaping.
From the stone the moon released she,
From the rock the sun released she,
Then again her form she altered,
Lit as dove upon the threshold.
âHere I sit upon the threshold,
That the news I now may bring thee.
From the stone the moon has risen,
From the rock the sun is loosened.â
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20 | TEXTE
âGlĂŒck auf, Mond, zu frischem Glanze,
GlĂŒck auf dir zu schönem Scheine,
Golden glÀnzt der Tag nun wieder,
Hebt die Sonne sich nach oben!
Frei bist, Goldmond, du des Felsens,
Frei, o Sonne, du geworden,
Gleich dem goldnen Kuckucksvogel,
Gleich der sanften Silbertaube
Gehe deinen Weg mit Wohlsein,
Deine Bahn voll lauter Wonne,
Ende deinen Lauf voll Schönheit,
Ruhe abends aus voll Freude!â
âHail, O Moon, who beamest yonder,
Thus thy fair cheeks well displaying,
Golden sun who risest yonder,
Sun who once again arisest!
Golden Moon from stone delivered,
Fairest Sun from rock arisen,
Like the golden cuckoo rise you,
Like the silver dove arise you,
Go ye on your path with blessings,
Go ye on your charming journey,
Let your crescent now be beauteous,
Rest ye joyful in the evening.â
(aus: Kalevala, Rune 49)
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SAISON 2014/2015
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Der Text von Dr. Ilja Stephan
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