Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Vorlesung: Gotteslehre
I. Prolog zur Gotteslehre
1. Eine österliche Geographie
„Jesus Christus ist der das Ebenbild des unsichtbaren Gottes,
der Erstgeborene der ganzen Schöpfung“ Kol. 1,15.
Anders gesagt: eine Gotteslehre ohne Jesus Christus ist keine
christliche Gotteslehre.
Jetzt die Frage nach dem Ort, von dem Sie aus jetzt denken,
studieren und leben.
„Ich bin mit Christus gekreuzigt werden; nicht mehr ich lebe,
sondern Christus lebt in mir. Soweit ich aber jetzt noch in
dieser Welt lebe, lebe ich im Glauben an den Sohn Gottes, der
mich geliebt und sich für mich hingegeben hat.“ (Galater
2,19b-20).
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2.2 Korrekturen: Durchkreuzen
Statt einer statischen Substanzontologie gilt es die Gabe
Gottes in den Blick zu nehmen:
„Die Gabe gibt das Sein/Seiende frei“
Jean-Luc Marion, Gott ohne Sein, S. 163.
Nicht vom Sein aus, nicht vom Seienden, nicht von den
ontologischen Differenzen aus gilt es, Gott zu benennen,
vielmehr die Christlichkeit, der Ruf Gottes an die Menschen,
interpretiert das Sein in seinem Dasein und in den vielfältigen
Kreuzigung darin:
Es ist eine Existenzweise in Christus, um entsprechend zu
denken und handeln.
Wir dürfen Gott nicht einordnen in die ontologische
Verfassung, wir dürfen Gott nicht durch unsere Vernunft und
Regeln bestimmen. Statt ihm Grenzen zu setzen, gilt es:
Vom Kreuz und von den Ostern aus müssen wir die alten
Gottes-Rede: von Gott durchstreichen.
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3. Die Rede von Gott: das Idol und die Ikone3.1 Unterscheiden zwischen Idol und Ikone
Idol - eidólon Ikone – eikón
Eine genommene Perspektive, die der Mensch sich selber gibt.Die Perspektive bleibt starr und unbewegt – ein statisches Bild.Der Blick bleibt im Endlichen / Seienden verhaftet.
Eine gegebene Perspektive, die der Mensch als Gabe gegeben bekommt.Die Ikone erscheint in Spontanität.
Die Ikone öffnet den Blick über das Endliche / Seiende hinaus.
„Die Ikone allein bietet ein offenes Antlitz dar, weil sie in sich
das Sichtbare auf das Unsichtbare hin öffnet […]“ (Jean-Luc
Marion, Gott ohne Sein, S. 41)
Mensch Idol
Mensch Ikone
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3.3.1 Gott als sittliches Postulat: Immanuel Kant
Der frühe Kant betont die Erhabenheit Gottes, zu der die an Sinneseindrücke gebundene Vernunft nicht vordringen kann, als Grund einer zufälligen, aber autonom nach immanenten Gesetzen funktionierenden Welt.
Erkenntnistheorie: Eine objektive Gotteserkenntnis ist nicht möglich, da die
Erfahrung unserer subjektiven Vernunfttätigkeit entspringt (Raum und Zeit als apriorische Anschauungsformen des Subjekts; apriorische Kategorien des Verstandes).
Gott ist eine regulative Idee der theoretischen Vernunft. Er wird zum Idol theoretisiert.
Der Gottesgedanke ist in anthropozentrische Aussagen zur Vernunftkritik eingeebnet und nicht mehr konstitutiv für das menschliche Bewusstsein.
Moralphilosophie: Freiheit, Unsterblichkeit und Gott sind die drei Postulate
der praktischen Vernunft, ohne die die sittliche Bestimmung des Menschen nicht ausreichend zu denken ist.
Damit die Glückseligkeit sichergestellt werden kann, die der Mensch in seinem moralischen Handeln anstrebt, ist die Annahme der Existenz Gottes praktisch (nicht ontologisch) notwendig.
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Kategorischer Imperativ: „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, daß sie ein allgemeines Gesetz werde“. Kant, Grundlegung zur Metaphysik der Sitten, 420f.
Theologische Anknüpfungspunkte: Gott kann nicht wie andere Gegenstände erkannt werden. Aus der reinen Vernunft ist Gottes Existenz nicht ableitbar. Der ganze Mensch kann Gott als die alles bestimmende
Wirklichkeit induktiv mit der Wirklichkeit erfahren.
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3.3.1 c) Kant in der Kritik
Subjektivismusverdacht
SCHULZ’ dialektischer Wirklichkeitsbegriff:„Wirklichkeit ist [...] weder eine vorgegebene Objektwelt noch beruht sie auf einer Setzung des Subjektes. Wirklichkeit ist vielmehr ein Geschehenszusammenhang, in dem Objekt und Subjekt miteinander verflochten sind in der Weise gegenseitiger Bedingung: das Subjekt wird vom Objekt ebenso bestimmt, wie es dieses bestimmt.“W. Schulz, Philosophie in der veränderten Welt, Pfullingen 1972, 841; vgl. Küng, Existiert Gott?, 598.
SCHAEFFLERS dialogische Theorie der Bezogenheit von Welt und Verstand/Vernunft:- Der Anspruch der je größeren Wirklichkeit- Dialogische Perspektivität- Grenzgängigkeit des Dialogs
Von daher - ist der Mensch nur ein Geschöpf, der in seinem endlichen
Denken, eingebettet in die endliche Welt, ausschließlich in der Beziehung zu Gott denken kann.
- kann sowohl eine profane wie eine religiöse Erfahrung in der Welt einen entscheidenden Anspruch des Je-Mehr vernehmen, der ein einheitliches Denken und Leben ermöglicht in Beziehung von Ego, Welt und Gott.
Während der kantische Gott in seiner postulatorischen Gestalt als ein Idol zu benennen ist, ist der christliche Gott ein geschichtlich-aktueller Anspruch an die Menschen, der sich als Vertrauengeschichte zwischen Anspruch/ Gott und den Menschen entwickelt. Die Beziehung zwischen Gott und Mensch ist eine Gabe von göttlicher Seite.
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3.3.2 Gott als Geist (Idol) in Geschichte: G. W. F. Hegel
Kantkritik:
Der bei Kant absolut gesetzte Widerspruch zwischen dem Erkenntnissubjekt und den Dingen an sich ist - z. B. mittels des Gedankens der Liebe in eine höhere Einheit hinein aufzuheben.
Hegel wendet sich gegen die aufklärerische Paradoxie, einerseits die von der Übermacht Gottes befreite eigene Endlichkeit zu unterstreichen, andererseits das endliche Ich absolut und an die Stelle Gottes zu setzen.
a) Gott als Geist:
Das menschliche Bewusstsein wird sich im Absoluten seiner selbst bewusst, während umgekehrt das Absolute sich im menschlichen Selbstbewusstsein verwirklicht.
Im Christentum als höchster Stufe der Religion wird durch die Inkarnation des Logos das Endliche als zum Unendlichen gehörig erkannt, während das Unendliche sich dadurch als unendlich erweist, dass es seine Jenseitigkeit aufgibt und in Jesus ein endlicher Mensch wird, dessen Tod als letzte Entäußerung des göttlichen Absoluten zu gelten hat.
Die gesamte Weltgeschichte ist ein allumfassender Versöhnungsprozess, insofern von Gott als Geist her alle Gegensätze der Welt umgriffen werden.
b) Gott als Subjekt:
Wahrhaft unendlich ist nur das, was im Gegensatz zum Endlichen steht und dennoch diesen Gegensatz zum Endlichen überwindet: Das absolute Subjekt ist bei sich selbst, indem es sich entäußert.
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Folie: dtv-Atlas Philosophie, DTV München 2005, 152
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Folie: dtv-Atlas Philosophie, DTV München 2005, 156
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c) Theologische Kritik an der Geistdynamik als Person (Idol)
Die Gleichrangigkeit der trinitarischen Personen Rein philosophische Ableitung der Trinität ohne Bezug auf
die Offenbarung Jesu Christi
1.) Hegel Vorstellung von einer spekulativen Identität in der Kraft des Geistes als Idol erliegt der Gefahr, dass die grundlegende Differenz zwischen Endlichem und Unendlichem ausgelöscht wird.
2.) Schöpfung und Mensch werden nicht in ihrer Freiheit und Eigenständigkeit bewahrt.1 Der Mensch wird von einem starken Idol aufgesogen. Nach christlichem Verständnis hingegen sind nämlich die Geschöpfe nicht nur Durchgangsstadium zur absoluten Idee.
3.) Zudem darf der einzelne Mensch in seiner Freiheit nicht in eine geschichtliche Gesamtdynamik hinein aufgelöst werden.
4.) Die Forderung nach Einheit und Identität als allumfassende Versöhnung in einem funktionalen Idol darf niemals nur eine Dialektik der Erkenntnis sein, sondern eine gelebte Liebe der Dialektik.
5) Es ist fragwürdig, den gemeinsamen Prozess der Weltgeschichte und des Geistes > als absolut vernünftig und > als absolut notwendig zu bestimmen.
1 Vgl. ebd. 292.
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3.3.3 Gott als Projektion des Menschen: L. Feuerbacha) Das konkrete sinnliche Dasein des Menschen ist Gegenstand der
Philosophie.
Die Anthropologie ist die Basis religiöser Vorstellungen.
Der Gottesgedanke ist eine entfremdete Gestalt des menschlichen Selbstbewusstseins und Ergebnis einer Projektion.
Die Unendlichkeit der Menschengattung wird auf ein unendliches Wesen projiziert.
Religion ist das Verhalten des Menschen zu seinem eigenen Wesen.„Im Bewußtsein des Unendlichen ist dem Bewußten die Unendlichkeit des eigenen Wesens Gegenstand.“Und weiter: „das absolute Wesen, der Gott des Menschen ist sein eigenes Wesen. Die Macht des Gegenstandes über ihn ist daher die Macht seines eigenen Wesens.“ Ludwig Feuerbach, Das Wesen des Christentums 3. umgearbeitet und erweiterte Aufl. (1849 Bd. VII der von Feuerbach im Verlag O. Weigand herausgegebenen sämtlichen Werke) nach der mit den Ausgaben von 1841 und 1843 verglichenen kritischen Ausgabe von W. Schuffenhauer, Bde. I-II (Berlin 1956) 37.41.
Der Atheismus ist das Geheimnis der Religion.
Die Bedeutung Feuerbachs für die Theologie:
Theologie hat den Menschen so in den Blick zu nehmen, daß eine Gotteslehre immer nur in ihrer Bedeutsamkeit für den Menschen zu erarbeiten ist.
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Theologie hat strikt von der Selbstoffenbarung Gottes auszugehen und von dorther die Erfüllung menschlicher Existenz aufzuweisen.
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b) Kritische Anmerkungen zu Feuerbach
a) Die unendliche Dynamik des Bewusstseins beweist kein
unendliches menschliches Wesen. Der wirkliche Mensch ist
eine individuelle Person und nicht eine amorphe
Menschheitsgattung.
b) Auch die Tatsache menschlicher Projektion ist kein
schlagendes Argument gegen eine Existenz Gottes. Denn das
Glücksstreben des Menschen könnte seinen Grund in einem
realen Ziel haben, das ihm absolute Erfüllung schenkt.
Fazit: Wenn ein Idol analysiert, kritisiert und destucktiert ist,
eröffnen sich um wahren, göttlichen Adventus in der Welt
göttliche Gaben, Berufungen und Befreiung von falschen
Spiegelungen.
Wenn wir neu von Gott sprechen, müssen wir unser Denken
und Sprechen immer wieder durchkreuzen lassen, damit wir
unser Denken in Gottes-Gegenwart (ich bin, ich bin da) als
grenzlose Liebe hingeben und dann ist ein hingebender
Glaube zugleich ein theologisches Denken und Arbeiten.
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4. Der Jahwe-Glaube im Kampf um Idolatrie
und Polytheismus
4.1 Jahwe – der einzige Gott Israels
„Jahwe“ ist im 2. Jahrtausend v. Chr. der Name eines
Schutzgottes der Wüsten- und Bergregion zwischen dem
Toten und dem Roten Meer, also dem Sinai (Dtn 33,2; Ex
19ff).
Zu einer uns unbekannten Zeit ist ein Teil dieser Jahwe-
Gruppe nach Ägypten eingedrungen:
Die Erfahrung der Befreiung aus der Versklavung wird
prägend.
Jahwe gibt sich in Verheißungen und in seinem Handeln
kund.
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Im Prozess der Volkswerdung erweist Jahwe sich als
Staatsgott, der immer schon „der Gott der Väter“ war (vgl.
Gen 12-50).
In der Sinaitradition offenbart sich Jahwe durch Gebote und
Gesetze.
Zum Tetragramm:
Das Tetragramm JHWH ist der Eigenname jenes Gottes, der
sich dem Mose persönlich offenbart hat. Dieser Name dürfte
ursprünglich eine Verbform darstellen, abgeleitet von der
Wurzel hwj, später hjj, existieren, da sein.
(Vgl. Freedman, Art. JHWH I, in: ThWAT III, 534.)
Sofern man den Gottesnamen wörtlich übersetzt, muß man
sagen: „Ich bin der (ich) bin“ oder „Ich werde sein (als der),
der ich sein werde“.
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Im Einzelnen enthält die Kundgabe Gottes folgende Aspekte:
1. Indem Gott seinen Namen kundtut, offenbart er zugleich
sein Wesen als Gabe; als Gabe für die Menschen in den
Beziehungen und Ausdruck Liebe Gottes zu den
Menschen (vgl. Hos 2,21f; Jer 31,3).
2. Auf diese Weise bindet sich Gott an die Geschichte
seines Volkes.
3. Gott ist zwar immer derselbe, aber zugleich ist er ein
geschichtsmächtiger Faktor. Damit wird die Welt- und
Lebenszeit zum Begegnungsraum zwischen dem
endlichen Menschen und dem unendlichen Gott.
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4.2 El, Elohim, Jahwe
Priesterschrift ist in Exodus 6,2:
„Ich bin Abraham, Isaak und Jakob als El-Schaddai (Gott, der
Allmächtige) erschienen, aber unter meinem Namen Jahwe
habe ich mich ihnen nicht zu erkennen gegeben.“
Jahwist
Der eine Gott Jahwe // wurde seit Urzeiten verehrt (Gen 4,26; 9,26)//
Er ist schon seit der Schöpfung der eine Gott (vgl. Gen 2,3bff).
Gen 31,53
„Der Gott Abrahams und der Gott Nahors sollen richten
zwischen uns!“
Formulierung "Gott meines/deines Vaters" (Gen 31,5.42)
=älter als „Gott deiner/euerer Väter" (Ex 3,13)?
Ebenso: „Gott Abrahams“ (Gen 31,53) älter als „Gott
Abrahams, Isaaks und Jakobs“ (Ex 3,6.15f).
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El
Die Gottesbezeichnung El kann
appellativen Charakter haben - als Anrufungsname Gottes
schlechthin oder
Eigenname des Gottes par excellence sein - im Sinne des
obersten Gottes - oder gar
als Eigenname eines besonderen Gottes fungieren.
El olam - Gott der Ewigkeit (Gen 21,33): Beerscheba.
El Roì - Gott, der mich sieht (Gen 16,13): an einem im
Süden gelegenen Brunnen.
El Bet - El - Gott von Bet El (Gen 35,7).
El Eljon – der höchste Gott (Gen 14,18ff): Jerusalem.
El Schaddai – "Gott, der Allmächtige": zusammen-
fassender Begriff.
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Elohim
Der Terminus Elohim wird benutzt:
um Gott zu beschreiben, indem man Nicht-Göttliches
beschreibt bzw. Götzen (z.B. Hos 8,6) oder
indem man positiv Gott mit einem Adjektiv belegt: heiliger
Gott (vgl. Jos 24,19); gerechter Gott (Ps 7,10);
Im Plural werden vielfach die Götter der anderen Völker so
benannt (vgl. Ex 12,12). Demgegenüber ist allein Jahwe der
einzige Gott Israels (Dt 4).
Die Frage nach dem, wer oder was Gott (Elohim) ist, findet
sich in Ex 15,11: „Wer ist wie du unter den Göttern?“
als Bezeichnung Jahwes selbst.
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H. Ringgren, Art. Elohim, in: ThWAT I, 305:
„Einerseits liegt im Gebrauch von elohim als Ersatz des
Gottesnamens eine Abstraktion: Der konkret
persönliche, anthropomorph aufgefasste JHWH wird
mit der Gottheit schlechthin gleichgesetzt, was eine
abstraktere Gottesauffassung nahelegt. Andererseits
liegt diese Identifikation in einer Linie mit der
monotheistischen Auffassung: Nur wenn es nur einen
Gott gibt und geben kann, wird es völlig sinnvoll, den
eigenen Gott als Gott schlechthin elohim zu
bezeichnen.“
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4.3 „Gegengötter“/ Idolatrie: Aschera und Baal
Aschera: bezeichnet selten die Göttin selbst, sondern
einen beschnittenen Baum als Kultobjekt - mit Altar
und Massebe (kultische Steinstelen): 1 Kön 15,13;
16,33; 2 Kön 13,6; 21,7; 2 Chr 33,7.
Baal: drängt im 2. Jhtd. in Ugarit den Lokalgott El
zurück, ohne ihn beseitigen zu können. Es kommt zur
Konvergenz der Götter El und Baal im gemeinsamen
Gottesnamen Baalsamem (Wettergott).
Baal Peor (Num 25,3.5; Dtn 4,3; Hos 9,10)
Baal Berit (Ri 8,33)
Baal des Karmel (1 Kön 18,16-46).
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4.4 Die Entstehung des Monotheismus in Israel
Thesen:
Der Jahwe-Glaube ist zunächst polytheistisch; in den politischen und sozialen Kämpfen des 8. Jh. bildet sich eine von Propheten geführte kleine Jahwe-Allein- Gruppe, die im 7. Jahrhundert unter König Josia zur Staats- und Kultgrundlage wird.
Der Jahwe-Glaube ist eine Monolatrie, in der ein Gott verehrt wird, ohne daß die Existenz anderer Götter geleugnet wird; diese werden bei- bzw. untergeordnet. Allerdings besitzt die Vielfalt der Götterwelt im biblischen Bereich bereits keine allzu große Kraft mehr.
Ursachen der Entwicklung:
Viele orientalische Gottheiten verblassten in einer immer mehr zunehmenden Monolatrie.
Bestimmte Eigenschaften des Jahwe-Glaubens wenden sich durch die starke Bindung an ein Volk kritisch gegen die Verehrung anderer Götter und bewirken, dass der Jahwekult für das Volk sinn- und idenditätsstiftend wird.
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4.5 Gottes Selbstvermittlung in Wort, Geist und
Weisheit sowie durch Engel
Die Transzendenz Gottes stellt ihn den Menschen nicht
unmittelbar vor Augen, so würde er zum Idol
verkommen.
Er bleibt dennoch das alleinige Subjekt in der
Heilsgeschichte: Nur er allein ist Retter, König und
Erlöser (Jes 33,22), Jahwe selbst hat sein Volk erlöst
(vgl. Jes 63,9).
Sein Wort, sein Geist, seine Weisheit und die Engel als
seine Boten sind göttliche Gaben in Offenheit für die
Schöpfung.
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5. Jesus Christus, Sohn und Ikone des Vaters
Das Bekenntnis zum einen Gott des Judentums kann
nicht aufgegeben werden, sondern bildet den
grundsätzlichen Horizont der christlichen
Heilsbotschaft:
„Wir haben nur einen Gott, den Vater. Von ihm
stammt alles, und wir leben auf ihn hin. Und einer ist
der Herr Jesus Christus. Durch ihn ist alles, und wir
sind durch ihn“ 1 Kor 8,6.
5.1 Die Abba-Anrede der Tiefendimension im Leben
Jesu als Ikone
„Abba“ findet sich dreimal im Neuen Testament:
Mk 14,36; Gal 4,6; Röm 8,15
Die Wortform „Abba“ ist mehrdeutig und meint
1. eine Anrede: Vater
2. eine Determination: der Vater
3. eine mit Suffix versehene Form: mein Vater
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„Abba“ gilt wegen der Unüblichkeit dieser Gebetsanrede
im Frühjudentum als ipsissima vox Jesu
und bringt die herzliche Vertrautheit Jesu mit seinem
Gott/Vater zur Sprache
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Zum Verständnis von Mt 11,25-27
Jesus formuliert in jüdischer Gebetssprache und weiß
sich mit der Abba-Anrede auf der Linie jüdischer
Gebetstradition.
Jesus ist Initiator der Offenbarung und Heilsmitte.
Es ist der göttliche Ratsschluss, sich dem einfachen
Volk, nicht der jüdischen Elite zu offenbaren.
Die Offenbarung des Vaters ereignet sich über die
Mittlerstellung Jesu, der dazu exklusiv beauftragt ist.
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5.2 Die Botschaft vom Reich Gottes als göttliche
Gabe
Kern der Verkündigung und des Lebens Jesu: Mk 1,10.
Diese Aufforderung geht alttestamentlich auf Jahwes Herr-
und Königsein zurück (vgl. Ps 47,6-9; 93,1 u.ö.).
Allerdings ist das Kommen des Reiches Gottes allein die Tat
Gottes (vgl. Mt 21,43; Lk 12,32), d.h. es ist
- reine Gnade, vgl. das Gleichnis vom verlorenen Sohn
bzw. vom barmherzigen Vater in Lk 15,11-32
- als Reich der Agape qualifiziert
- betont die Nähe zu den Kleinen und Ausgestoßenen
(vgl. auch die Dämonenaustreibungen in Mt 12,28
oder Lk 11,20).
- Zusammenfassung der Vaterbotschaft Jesu
HELMUT MERKLEIN schreibt dazu:
„Jesu Gottesanrede setzt [...] ein neues, veränderndes Handeln
Gottes am Menschen voraus. Wer sich von diesem Handeln
Gottes erfassen läßt, steht in einem neuen, intimen Verhältnis
zu Gott.“ (Jesu Botschaft von der Gottesherrschaft. Eine Skizze (SBS 111),
Stuttgart 31989, 8)
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5.2.1 Die neue Gotteskindschaft der Menschen in
der Gemeinschaft mit dem Vater
Das „Vater Unser“ (Mt 6,9-13 parr) erscheint als authentische
Zusammenfassung des Gottes- und Menschenbildes Jesu.
Zielpunkt des gesamten Gotteshandelns ist die endzeitliche
Gemeinschaft aller erlösten Menschen mit Gott.
Daraufhin ist bereits die Schöpfungsordnung ausgelegt, die
eschatologisch vollendet werden soll. Vgl. Eph 1,5f; Joh
17,22b-23-
Diese Einheit ist in eins Herrlichkeit Gottes wie
Verherrlichung des Menschen. Paulus:
Sendung des göttlichen Sohnes zu den Sündern (vgl. Röm 5,8)
Geistausgießung der Liebe in die Herzen der Menschen(vgl.
Röm 5,5).
Eine ähnliche Ausrichtung des gesamten Heilswerkes finden
wir in der Theologie des Johannes. Vgl. Joh 3,16; 5,26, 16,13.
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„Mein Vater“ und „Euer Vater“
Dogmatisch-nachösterlich werden wir natürlich sagen dürfen,
dass Jesus aus einer ganz besonderen Vaterbeziehung lebt.
Ältere Exegeten, haben diese nachösterliche Reflexion sogar
dem historischen Jesus zugeordnet.
Nach neueren Untersuchungen ist Jesus ein direktes
Sohnesbewusstsein exegetisch kaum nachzuweisen.
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5.2.2 Gebrauch des Vaternamens bei Paulus und
Johannes
These:
Die neutestamentlichen Schriften sind ein getreues Echo
der Vater-Botschaft Jesu:
Paulus verknüpft „Gott“ und „Vater“ unlösbar
miteinander: vgl. 1 Thess 1,1; Gal 1,3; 1 Kor 1,3;
2 Kor 1,2; Röm 1,7; Phil 1,2 u.ö.
Johannes führt den Sprachgebrauch Jesu theologisch
fort, indem er in absoluter Weise von „dem/meinem
Vater“ spricht, dadurch den Vater zum Ursprung und
Inhalt der Offenbarung sowie den Sohn zum
Offenbarenden erklärt (vgl. Joh 1,18; 5,43; 14,7-10)
und das Lebenswerk Jesu in der Offenbarung des
Vaternamens zusammenfassen kann (Joh 17,5.26; vgl.
Joh 5,18; 8,54; vgl. auch 1 Joh 4,8.16).
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5.3 Zwischenbemerkung
Wenn das Neue Testament „Gott“ sagt, meint es in
den allermeisten Fällen „Vater“: Auf persönlichste
Weise offenbart Jesus Gott als den personal liebenden
Vater.
„Abba“ ist in hervorragender Weise geeignet, die
Aspekte Erwählung, Liebe, Fürsorge und
Gemeinschaft auszudrücken.
Die Abba-Anrede Jesu enthält eschatologische
Elemente: So verbindet das Vater-Unser die Bitte um
die Heiligung des Namens mit dem Kommen seines
Reiches.
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5.4 Der Gott des auferweckten Gekreuzigten
Die Identität Jesu
Jesus war ein konkreter Mensch in einer bestimmten
geschichtlichen Situation: vere homo.
implizite Relationen zwischen Vater und Sohn
In dieser Identität vermag er:
einerseits in Person Gott als deus pro nobis vor uns zu
bringen
und andererseits den Menschen vor Gott zu bringen.
→ die Liebe erfordert Einheit;
→ die Liebe kann nur in der Differenz zwischen Liebenden
bestehen:
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5.5 Jesus als „Sohn Gottes“: der Grund
unseres Heils
Jesus beansprucht für sich selbst keinen christologischen Hoheitstitel
Nachösterliche Titel:
präexistenter Gottessohn
der „Sohn“ = christologische Interpretation der Auferweckungsaussage
Verwendung der Titel durch Jesus unwahrscheinlich, da:
a) damit waren politische Mißverständnisse
vorprogrammiert
b) das Volk erwartete einen königlichen Messias.
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5.6 Die Göttlichkeit Jesu als Grund unseres
Heils - trinitarische Implikationen als göttliche
Hin-Gabe
Gottes Herrschaft ist keine Erinnerung, kein humaner
Ansporn, sondern Jesu Christi Handeln wird durch Jesu
Geist immer wieder neu vergegenwärtigt.
Jesus ist der göttliche Sohn. Jesus ist Christus.
Diese Göttlichkeit Jesu als trinitarische
Beziehungswirklichkeit ist der Grund unseres Heiles in
seiner Univer/salität und eschatologischen Gültigkeit.
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5.7 Konsequenzen für unser Gottesbild:
Gott
Gott = personales Wesen, das bereits in sich selbst
Beziehung ist.
Zielpunkt der Selbstoffenbarung:
Hineinnahme des Menschen in die göttlichen
Beziehungen der Liebe hin.
Das heils-ökonomische Tun = Jesu Offenbarung des
Wesens Gottes an sich.
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6. Der Heilige Geist ist gemeinsames Donum
(Gabe)
6.1 Die Taufe Jesu und sein Wirken in der Kraft des
Geistes (synoptische Aussagen)
Nach christlicher Glaubensüberzeugung tritt mit dem Leben und
Wirken Jesu der Geist als messianische Gabe in unsere Geschichtszeit
ein: völlig neue Heilsinitiative
Nach Matthäus und Lukas besitzt Jesus die Möglichkeit, seinen Geist
auch mitzuteilen: durch die Taufe.
Dabei ist Jesu eigene Taufe als Weihe zum Prophetendienst
verstanden, die diese Weitergabe ermöglicht.
Markus 1,9-13: Geist in Gestalt einer Taube (vgl. Gen 8,9; vgl. 4 Esra
5,26)
=► Qualifizierung Jesu als den Geistträger schlechthin.
Zu dieser Vision tritt noch eine Audition hinzu (vgl. Mk 1,11).
=► Hervorhebung der königlichen Messianität
Von diesem Geist erfüllt, beginnt Jesus dann sein öffentliches
Wirken und seinen Evangeliumsdienst.
Markus und Matthäus deuten den Gottesgeist noch recht alttestament-
lich als Kraft Gottes zu besonderen Taten (vgl. Mt 12,18; Mk 1,12)
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6.2 Besondere Akzente bei Lukas
Jesus wird zum Subjekt im Hl. Geist. Vgl. Lk 4,14.18.
Eduard Schweizer stellt fest:
„[B]ei Lukas [ist] eine theologische Entscheidung klar
gefallen. Markus und Matthäus konnten Jesus noch naiv als
Pneumatiker schildern, obwohl sie schon deutlich machten,
daß sie ihn damit als den einzigartigen eschatologischen
Retter zeichnen wollten. Lukas hat diese Einsicht ins
Bewußtsein erhoben: Jesus ist nicht Pneumatiker, wie es die
Pneumatiker in der Gemeinde sind. Er ist nicht Objekt des
auch in der Gemeinde wirkenden Geistes; in ihm offenbart
sich überhaupt erst Gottes Geist, durch ihn kommt er der
Gemeinde zu.“
In der lukanischen Apostelgeschichte ist dann der Geist
charakteristisch für die Zeit der Kirche zwischen der
Himmelfahrt Christi und seiner Wiederkunft.
=►Pfingsten als Berufung für alle Völker! (Hintergrund:
Sinaibund)
=►V.a. bewirkt der Geist Gemeinschaft im apostolischen
Glauben und im Dienst für die soziale Gemeinschaft.
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Fazit:
Nach der Apostelgeschichte ist Lukas um das Wachsen der
Kirche als Gemeinschaft Christi bemüht.
Dabei besteht die Rolle des Heiligen Geistes darin, das
christlich Heil zu aktualisieren und zu verbreiten; und zwar
durch das Glaubens/zeugnis der Christen.
Das Heil wird zwar stets auf Christus selbst zurückgeführt,
aber der Geist beseelt die Jünger Christi, damit sie Zeugnis
ablegen.
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6.3 Die Theologie des Paulus
a) Heilsgeschichtliche Rückbindung
b) Der Heilige Geist als Mitte des Verkündigungsdienstes
c) Vermittlung der eschatologischen Kindschaft durch den Hl. Geist
d) Der Geist und die Kirche
e) Der Heilige Geist und die Charismen
Die Gaben, die alle aus der einen Gnade Gottes stammen, werden vom Heiligen Geist zugeteilt, so wie er es will.
Sie sind unterschiedlich.
Der Geist gibt die Gaben zum Wohl aller und zum Aufbau der Kirche.
Über jeder Gabe steht die Liebe.
f) Der Heilige Geist und Christus
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6.4 Die Theologie der johanneischen Schriften
g) Jesus spendet den Geist:
Joh 19,30; 20,22; 7,39.
Joh 19,34 (7,38f)
Joh 20,21ff; vgl. 20,7; 15,26; 17,18
h) Der verheißene Paraklet
Der Geist geht vom Vater aus (nicht ek, sondern para).
Er wird von dem nehmen, was Christus ist, aber was Christus ist, ist auch dem Vater.
Der Vater ist der absolute Ursprung des Geistes, aber auch Jesus: polare Aussagen zur Geistsendung (16,7; 14,26).
Der Geist der Wahrheit soll nach Jesu Weggang seine Gegenwart in Glauben und Leben sicherstellen.
i) Der Geist in den Jüngern und in der Kirche
Der Geist weckt und trägt die Communio der an Christus Glaubenden mit dem Erhöhten sowie mit Gott (1 Joh 4,13; 3,24; Joh 14), indem er sowohl im Hören des Wortes (6,63) als auch in den Sakramenten (Taufe: 3,5, Eucharistie: 7,27.63) wirkt.
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6.5 Die Frage nach der Personalität des Hl. Geistes
AT: dynamistisches Verständnis, d.h.: ruah als Lebenskraft
(vgl. Gen 6,3; Ri 3,10)
NT:
1. Linie: der Geist in funktional-dynamistischem Verständnis
Vgl. Mt 12,18; Mk 3,29f;
sowie Röm 8,11; 1 Kor 6,14; Gal 5,16; 2Kor 3,16f
2. Linie: der Hl. Geist als personales Handlungssubjekt
Vgl. Mk 12,36; Mt 22,43; Hebr 3,7: Geist als
Schriftausleger
sowie 1 Kor 2,10-12; Röm 8,9-34
sowie Joh 16, 7-11: Geist als Führer in die Wahrheit und
Anwalt
sowie 1 Joh 5,6-9; 17,21ff: Geist als Zeuge der Liebe
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Fazit:
Geist gehört zusammen mit dem Vater und dem Sohn zum
einen Wesen Gottes, und zwar als personhaftes Subjekt der
Agape-Einheit.
F. MUẞNER folgert aus dem exegetischen Befund, dass
„sich im NT zum mindesten eine deutliche Tendenz zu einem
personalen Verständnis des Pneuma [zeigt], die in der späteren
dogmatischen Erkenntnis der Kirche erst völlig klar ans Licht
tritt“.
F. Mußner, Art. Pneuma, in: LThK 8, 575. Zum Ganzen vgl. Meuffels, Einbergung, 449-453.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
II. Teil: Das Werden des christlich -
trinitarischen Gottesbildes in der Tradition
1. Die Begegnung der frühchristlichen
Theologie mit der griechischen Philosophie
Nach dem mittleren Platonismus ist der eine Ursprung
j) der eine letzte Grund als unveränderliches Eines, das der
Vielheit der Welt entgegensteht und diese begründet,
k) absolut transzendent und unserem Begreifen unzugäng-
lich,
l) unkörperlich, geistig, bewegungslos und eine welt-
ordnende Vernunft,
m) vollkommen einfach,
n) als unveränderliche Gottheit nur über eine Reihe ab-
steigender Vermittlungen mit der veränderlichen Welt
verbunden.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Anknüpfungspunkte für die frühchristliche
Theologie
o)Einzigkeit Gottes, einschließlich der
Zurückweisung dualistischen Denkens,
p)Auffassung, dass Gott geistig, unbegreiflich und
unaussprechlich ist,
q)Gott als der Unveränderliche, der nicht leiden kann,
r) Gott als der überall Gegenwärtige, dessen Wissen
alles umfasst, dem man sich nicht entziehen kann
und ohne dessen Willen nichts geschieht.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Die Veränderung biblischer Eigenschaften
Gottes durch die Begegnung mit der
Philosophie
s) Absolute Treue und Verlässlichkeit
Unveränderlichkeit
t) Geschichtsmächtigkeit Allmacht
u)Gottes Gegenwart zu jeder Zeit Ewigkeit
v)Gottes Recht schaffendes Erbarmen
Vergeltungsinstanz
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Korrekturen an der philosophischen
Gottesvorstellung
w) Gott wirkt auf freie und personale Weise.
x)In dieser Freiheit wirkt Gottes Güte schöpferisch
und neugestaltend.
y)Die Zuwendung Gottes zur Schöpfung geschieht
zuhöchst durch Gottes Menschwerdung in Jesus
Christus, wodurch er sich selbst der Welt offenbart
und mitteilt.
z)Gott ist im Gebet, in der Meditation, in der Mystik
konkret erfahrbar.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
2. Erste Entfaltungen einer
Trinitätstheologie
2.1 Die Gefahr der Gnosis
Emanation:
stufenweises Ausfließen aus dem ersten Ursprung aufgrund
innerer Notwendigkeit.
2.2 Die subordinatianistische Tendenz
innerhalb der Theologie
Lehre von Unterordnungen:
der Sohn führt die Sendung des Vaters aus, der Geist vollendet
das Wirken des erhöhten Kyrios.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
2.3. Die monarchianistische Tendenz innerhalb
der Theologie
(monos = der einzige; arche = Ursprung, Herkunft)
aa)dynamistisch: Jesus ist ein bloßer Mensch, jedoch
mit besonderer göttlicher Kraft ausgestattet
(Adoptianismus).
Theodot der Gerber, Paulus von Samosata
Synode von Antiochien (269)
bb) modalistisch: Vater, Sohn und Heiliger Geist
sind verschiedene Erscheinungsweisen des einen
Gottes, nicht eigene Personen.
Noetus von Smyrna, Praxeas, Sabellius
Papst Callixtus I. (+ 222)
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2.4 Reaktionen in der Vätertheologie
- Irenäus von Lyon (* um 200)
Textsammlung: Gotteslehre I (TzT.D 2,1), bearb. v. H. Vorgrimler, Nr. 86.
- Origenes (ca. 185-ca.254)
Textsammlung: Gotteslehre I (TzT.D 2,1), bearb. v. H. Vorgrimler, Nr. 92 und 93
1. die ewige, immerwährende, beispiellose Zeugung des
Sohnes;
2. das trinitarische Wirken in die Schöpfung hinein
3. Alles geht von Gott aus und kehrt durch Christus
sowie durch den Hl. Geist wieder zu Gott zurück.
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3. Auf dem Weg zu einem trinitarischen Personbegriff
3.1 Begriffsklärungen
a) Prosopon
- Die Maske im Theaterspiel
b) Hypostasis
- das real existierende Sein (Wesen), wie es sich im
Einzelfall offenbart
- lat. substantia => feste Wirklichkeit, die in Wahrheit exi-stiert
Schwierigkeiten: Aristotelische Schule : hypostasis wird in äußerste Nähe zur
Substanz im Sinne von ousia gerückt.→theologisches Problem
Umkreis von Nizäa : hypostasis mit ousia identifizier → Gefahr des Tritheismus
Neuplatonisches Denken : hypostasis bezeichnet das sich auf verschiedenen Stufen verwirklichende Eine
→ Gefahr des Subordinatianismus
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c) Persona
griech. lat.
prosopon persona
hypostasis, ousia substantia
griech. lat.
prosopon,
hypostasis
persona = das trinitarisch Unterscheidende (Vater, Sohn und Hl. Geist)
ousia substantia = das trinitarisch Gemeinsame (das eine göttliche Wesen)
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3.2 Die Person in ihrer Einmaligkeit
a) Tertullian
Tertullians Beitrag zum Personbegriff
„una substantia - tres personae“
cc) Tertullian kann mit dieser Formel Modalismus und
Monarchianismus abwehren: „persona“ besagt
individuelle Eigenständigkeit in der Ausformung der
göttlichen Substanz.
dd)Das biblische "Antlitz" / "Angesicht" übersetzt
Tertullian mit "persona" und verleiht diesem Wort
dadurch die Bedeutung "Individuum".
ee)Mittels prosopologischer Exegese kann Tertullian die
Selbstoffenbarung des einen Gottes auf dramatische
Weise in den verschiedenen Personen darstellen.
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b) Die Kappadozier
Die sog. drei Kappadozier sind:
- Basilius von Cäsarea (329-379),
- sein jüngerer Bruder Gregor von Nyssa (um 335/40- ca.
394)
- sowie sein Freund Gregor von Nazianz (ca. 330-390).
Sie leisten erstmals die eindeutige Differenzierung von ousia
und hypostasis.
- BASILIUS versteht das Verhältnis von ousia zu hypostasis
wie das eines generischen Gattungsbegriffes zum
Individualbegriff, d.h. als „eine Variation im ‘Wie’, welche
die Identität im ‘Was’ nicht berührt“. (Vgl. F. Heinzer, Gottes
Sohn als Mensch, Fribourg 1980, 58; vgl. Greshake, Der dreieine Gott 86.)
- GREGOR VON NAZIANZ betont, dass anders als beim Menschen jede der drei göttlichen
Personen aufgrund der einen ousia eins ist mit denen, denen sie verbunden ist. Auch setzt er Hypostase und
Prosopon bzw. Person gleich.
Griechisch Lateinisch Deutsch In der Trinität "Zahl"
ousia substantia Wesen, Gottes Einheit eine
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Natur
hypostasis persona Person Die drei "Namen" in Gott
drei
(W. Breuning, in: W. Beinert, Glaubenszugänge I, S. 285)
Resümee: Gott ist ein Wesen in drei Personen- in heilsgeschichtlicher Bestimmung- als personale Communio der Liebe- Basilius schreibt, dass
wer die göttlichen Personen bekennt, „gleichzeitig sowohl die Besonderheit (idiotes) der Hypostase wie auch das Untrennbare ihrer Gemeinschaft (koinonia) aufgezeigt“ hat.Vgl. Basilius, De Spiritu Sanctu 25,59 (= FC 12, 256).
Halten wir fest:
Die personale Differenz in Gott ist keine Abstufung von Gott,
sondern mit dem göttlichen Sein selbst identisch! Auf diese
Weise erhält das Personale eine unendliche Aufwertung, denn
das Einzelne ist nicht mehr eine (platonische) Abschattung
eines allgemeinen Wesens.
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3.3 Person als "Relationalität"
Tertullian
ff) Wie ein Sonnenstrahl aus der Sonne hervorgeht, so geht
der Logos vom Vater aus.
gg) Substanz ist dabei die tragende Ursprungswirklichkeit,
die Vater, Sohn und Geist eint.
hh) Aber Gott ist dadurch eben keine Monade, sondern eine
in sich differenzierte Größe dreier Personen, d.h.:
„unitas ex semetipsa derivans trinitatem“ (Einheit, sich
selbst ableitend aus der Dreiheit) bzw.
„tres unum, non unus“ (Vgl. Adv. Prax. 3 und 25)
=► interpersonales Personverständnis
Nach B.J. Hilberath. haben die einzelnen Personen haben zwar einen
Selbstand, „jedoch nur im Rahmen eines Beziehungsgefüges.“ Somit
ist Person der unersetzbare Träger einer unverwechselbaren Rolle in
einem interpersonalen und interaktionären Rollenspiel .... [Person ist]
‘Selbstand in Relation’“.Bernd Jochen Hilberath, Der Personbegriff der Trinitätstheologie in Rückfrage von Karl
Rahner zu Tertullians „Adversus Praxean" (= IST Bd. 17), Innsbruck, Wien 1986, 230f.
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Gregor von Nazianz
ii) Aufgrund der Relationalität der Personen gibt es in Gott
eine Übereinstimmung des Willens und eine
Übereinstimmung im Handeln
jj) Von daher gibt es eine wirkliche symphonia oder
koinonia der Hypostasen; es gibt eine Sozialität Gottes.
Basilius
kk) begründete beispielsweise seine neu formulierte
Doxologie „Ehre sei dem Vater mit dem Sohne und dem
Heiligen Geist“ folgendermaßen: Diese neue Form „stellt
die Eigentümlichkeit (idiotes) der Hypostasen heraus und ...
gibt ein besonderes Zeugnis der ewigen koinonia und nicht-
endenden synapheia; ... es weist hin auf die
Eigentümlichkeit ... der Hypostasen und die Untrennbarkeit
ihrer koinonia“. (Basilius, De Spir S. 25)
Aber: keine kollektive, aus den einzelnen Personen
resultierende, sondern eine Einheit des Wesens (ousia)!
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Zum Begriff Perichorese
ll) bildlich:
das Umtanzen einer Person
mm) stoisch/neuplatonisch:
wechselseitige Durchdringung von Leib und Seele
nn)trinitätstheologisch:
Vater, Sohn und Heiliger Geist sind so miteinander geeint,
dass sie sich vollständig durchdringen, dass sie sich nichts
vorbehalten, sondern wechselseitig alles hingeben, was sie je
für sich sind.
circumincessio:
gegenseitige dynamisch-ekstatische Durchdringung (ad
aliam et in aliam, et in alias).
circuminsessio:
die statische, bleibende Präsenz der einen Person in der
anderen.
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Halten wir wiederum fest:
Die göttlichen Personen sind durch ihr unendlich enges
Aufeinanderhinsein so ausgezeichnet, dass in der einen Person
die andere anwest und wirkt.
So kann Gregor von Nazianz sagen: „Die Drei ... sind die
Gottheit.“ (Vgl. Or 39,11)
Gottes Wesen realisiert sich also in diesen trinitarischen
Beziehungen. Er ist seinem Wesen nach in sich Communio,
Gemeinschaft der Liebe und Vermittlung von Einheit und
Vielheit.
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4. Lehramtliche Konzentration
4.1 Die Göttlichkeit Jesu Christi: Das Konzil von
Nizäa (325)
a) Die Herausforderung durch Arius
Gott ursprunglos, ursprünglich Vater
Nicht-Gott verdankter Ursprung Sohn
(Hl. Geist)
geschaffen
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4.2 Die Antwort des Konzils von Nizäa (325)
Der Vater Der Sohn
*****************************************
Gott Gott
Licht Licht
wahrer Gott wahrer Gott
Der Sohn ist gezeugt aus dem Wesen des Vaters, er
ist wesensgleich mit ihm: homoousios
oo) gezeugt: gennetheis - natus
pp) wesensgleich: homoousios - unius substantiae
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4.3 Nachkonziliare Diskussion um das
„homoousios“
Problem:
Bedeutet „homoousios“ = wesenseins oder wesensgleich?
Athanasius von Alexandrien (um 295-373):
verteidigt: „Wesensgleichheit“:
Sohn = eigenständige göttliche Person
Hl. Geist, Sohn und Vater = wesenseins
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4.4 Die Göttlichkeit der Person des Heiligen Geistes:
Das Konzil von Konstantinopel (381)
a) Die Herausforderung durch die Pneumatomachen
Pneumatomachen: Geistbekämpfer:
von: pneuma = Geist; machesthai = kämpfen,
genauer: Bekämpfer der Gottheit des Geistes
Gott Zeugungsvorgänge Vater und Sohn
Nicht-Gott verdankter Ursprung Heiliger Geist
Gabe, Geschöpf
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b) Pneumatologische Vorarbeit durch die drei
Kappadozier
Der Beitrag der drei Kappadozier zur Trinitätstheologie
1. Basilius: „De Spiritu Sancto“ (374/75):
„Ehre sei dem Vater durch den Sohn im Heiligen Geist.“
2. Gregor von Nazianz
Hl. Geist = Gott
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
3. Gregor von Nyssa
„Der Geist geht nicht nur vom Vater, sondern auch vom
Sohn aus.“
Die sprachliche Unterscheidung zwischen dem einen Wesen
und den drei Hypostasen bzw. Personen fand bereits auf dem
Konzil von Konstantinopel 381 lehramtliche Verwendung.
qq)Das Konzil von Konstantinopel greift zurück auf die
theologische Arbeit der Kappadozier, die die Ergebnisse
des Konzils von Nizäa fortzuschreiben versucht hat.
rr) Bei allen trinitätsimmanenten Überlegungen bleibt die
soteriologische Perspektive maßgeblich (Doxologie,
Taufformel).
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
c) Das I. Konzil von Konstantinopel (381)
"Wir glauben an den Heiligen Geist ..."
ss) herrscherlich, lebensspendend (2 Kor 3,17f - Joh 6,63;
Röm 8,2).
tt) Ausgang vom Vater (Joh 15,26): Der Vater ist der
Ursprung des Sohnes wie des Geistes.
uu) Anbetungswürdigkeit, die dem Heiligen Geist mit dem
Vater und dem Sohn zukommt.
vv) Offenbarungswirken (vgl. 2 Petr 1,21) und Vermittlung
des göttlichen Lebens.
ww) Kirche und ewiges Leben als
"Glaubensgegenstände" am Ende des Symbolons
verweisen auf die Wirksamkeit des Heiligen Geistes.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
d) Die Problematik des „filioque“α) Die Entwicklung von der theologischen Frage zum kirchenpolitischen Dissens
GriechischeFassung
LateinischeFassung
to ek tou Patros ekporeuomenon
der aus dem Vater hervorgeht
qui ex Patre Filioque procedit
der aus dem Vater und dem Sohn hervorgeht
Filioque ab 653, 8. Synode von Toledo
= Frage nach der genauen Bestimmung des Hervorgangs der dritten göttlichen Hypostase.
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β) Unterschiedliche Sprachspiele?
Augustinus:
Vater principium non de principio = ursprungloser Ursprung
Sohn principium de principio = herkünftiger Ursprung.
F. Courth:
„es sollten die ‘Römisch-Katholischen und die
Orthodoxen voneinander nur verlangen, sich zunächst
davon zu enthalten, die Formulierungen des anderen als
illegitim zu verwerfen.“
„Für das ökumenische Gespräch [...] wäre viel erreicht,
wenn die beiden Traditionen als einander ergänzende,
konvergierende und komplementäre Sichten angesehen
werden könnten. Sie haben ihren Einheitspunkt nicht in
einem Begriff, sondern in der trinitarischen Doxologie.“
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Hans Urs von Balthasar:
Die trinitarische Inversion des Geistes bedeutet
zweierlei:
a) der Hl. Geist ist aktiv am Heilswerk als eigenes
Subjekt beteiligt2;
b) der Hl. Geist ist durch das tiefe Eingelassensein in
die Menschlichkeit Jesu der beste Kenner der
menschlichen Natur und vermag von daher auch die
Vergöttlichung des Menschen ohne Destruierung des
Geschöpflichen voranzutreiben.3
2 Vgl. ebd. 224.3 Vgl. TL III 160.188.213.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Γ) Ansätze zu einer Theologie des Heiligen Geistes
Der Geist bringt das Geheimnis Gottes in besonderer Weise
zum Ausdruck. Ausgangspunkt und Grundlage einer heutigen
Pneumatologie muss das heilsgeschichtliche Wirken dieses
Geistes sein! ═►
Geist als Gabe (vgl. Röm 5,5; 2 Kor 1,22; Eph 1,14)
Geist als heiligender und vollendender Geist
Geist als Person (vgl.1 Kor 2,11)
Damit ist der Hl. Geist die subjektive Möglichkeit der
eschatologischen Gottesoffenbarung als die Liebe schlechthin.
Dazu muß er selbst Gottes Gottsein sein, er muss die Liebe
Gottes, des Vaters und des Sohnes, in Person sein. In dieser
Objektivierung der väterlich-sohnlichen Liebe ist er aber eben
nicht nur objektivierte Gabe, sondern zugleich Subjekt in
dieser Gabe. Was Gott seinem Wesen nach ist, was Vater und
Sohn miteinander leben, worin sie übereinkommen, ist im
Geist nochmals personifiziert.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
5. Die Trinitätslehre des Augustinus
5.1 Einteilung und Ansatz von "De Trinitate"
DIE EINTEILUNG VON "DE TRINITATE"
Buch Inhalt
1 Erweis der Einheit und Gleichheit der drei göttlichen Personen aus der Hl. Schrift
2 Die Gleichheit der Personen3 Das Wesen der sichtbaren Theophanien4 Die Sendung des Sohnes5 Auseinandersetzung mit den Irrlehrern -
Relationenlehre6 Die Einheit und Dreiheit der Personen7 "Ein Wesen und drei Personen"8 Liebe und Gotteserkenntnis9 Analogie aus der Dreiheit des menschlichen Geistes
(Geist/Selbsterkenntnis/Selbstliebe)10 Analogie aus der Dreiheit Gedächtnis/Einsicht/Wille11 Analogien im äußeren Menschen12 Analogie Familie13 Weisheit und Wissenschaft14 Vergegenwärtigung des Bildes Gottes im
menschlichen Geist15 Der Mensch als Gottes Bild - Die Grenzen der
Analogien
(W. Breuning, Gotteslehre, in: W. Beinert, Glaubenszugänge I, 290 f)
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Wie die Gliederung bereits zeigt, ist der Ausgangspunkt der
Trinitätslehre der kirchliche Glaube an den dreieinen Gott.
Betonung der göttlichen Einheit
Betonung des Eigenstands von Vater, Sohn und Geist.
Heilsökonomische Konkretisierung
5.2 Sinn und Ziel der Trinitätstheologie
a) Der apologetische Sinn
gegen den Sabellianismus, andererseits gegen den
Arianismus
Betonung der dreifachen Personalität des wesenseinen
Gottes
b) Der pastoralen Sinn
Zusammenhang der Wesens- und Wirk/einheit Gottes.
c) Der theologische Sinn
Ausgang von der Selbstkundgabe Gottes in Jesus Christus.
Platonische Prägung und Christozentrik:
Durch die Bindung an Christus als Gott und Mensch
vollziehen wir Menschen im Glauben die aufsteigende
Bewegung der Rückkehr Christi zum Vater nach.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
5.3 Die paulinische Christozentrik als
Konkretisierung der Trinitätstheologie
Kenotischer Akzent im Inkarnationsverständnis.
Betonung der Nachfolge Christi in Menschwerdung, Kreuz
und Auferstehung
Es ist die demütige Liebe Gottes, die uns den Weg zu Gott
zurück eröffnet.
5.4 Die pneumatologische Dimension der
Trinitätstheolgie
Die Geistlehre ist bei Augustin unauflösbar mit dem Kirchen-
und Gnadenverständnis verknüpft.
═►Hl. Geist als die göttliche Liebe, in der der Vater den
Sohn und dieser den Vater liebt
SCHMAUS schreibt: „Weil die Liebe, durch welche der Vater
den Sohn // und der Sohn den Vater liebt, die
unaus/sprechliche Gemeinschaft der beiden Personen zeigt,
paßt die Bezeichnung Liebe am besten für jene Person, welche
der gemeinsame Geist beider ist.“(Schmaus, Die psychologische
Trinitätslehre 382.)
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Allerdings gelingt es Augustinus nur schwer,
- die wesensmäßige Liebe, die allen Personen
zukommt,
- -von der persönlichen Liebe, die der Hl. Geist ist, zu
unterscheiden.
Eine Annäherung erreicht er durch den Begriff der
Freundschaft. So ist der das „Liebesband“, das Vater
und Sohn miteinander verbindet.
Als gemeinsames Band wird der Geist schließlich auch
„donum“ genannt und von Augustin heilsgeschichtlich
ausgeweitet:
„Was Vater und Sohn gemeinsam ist, dadurch wollen sie
Gemeinschaft stiften unter uns und mit ihnen; durch jenes
Geschenk, das beide eint, wollen sie uns zur Einheit
zusammenführen; das heißt durch den Heiligen Geist, der
Gott ist und Geschenk Gottes; durch ihn werden wir mit Gott
versöhnt, durch ihn erfreut.“ Serm. 71,18 (PL 38, 454).
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Fazit:
Die Gabe des Heiligen Geistes ist das innerste Prinzip der
Agape-Communio, sowohl innertrinitarisch und von daher
auch heilsökonomisch und ekklesiologisch
Mit HANS URS VON BALTHASAR ist allerdings noch darauf
hinzuweisen, daß die Betonung des donum-Charakters die
Personalität des Geistes nicht recht zum Vorschein kommen
lässt.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
5.5 Die Relationslehre
Vater und Sohn schenken einander in Liebe und finden sich
im Heiligen Geist.
═►Betonung der Relation in Gott, in der sich die einzelnen
Personen mit dem Wesen Gottes zusammendenken lassen!
Zur Verwendung des Begriffs "Relation":
Augustinus verwendet den Begriff "Relation"
trinitätstheologisch unter der Voraussetzung, dass
xx)die göttlichen Beziehungen unveränderlich sind und
kein Akzidenz darstellen, sondern Gottes Wesen
bezeichnen, und
yy)die trinitarischen Namen Vater, Sohn und Heiliger Geist
relative Aussagen mit Realitätscharakter haben.
═►Identifizierung des göttlichen Wesens mit den personalen
Relationen! (= Wesenseinheit in personaler Differenzierung)
In Gott ist alles eins, „ausgenommen das, was von jeder
Person in Beziehung auf die andere ausgesagt wird“.
Civ. Dei XI 9,10 (CChr 48, 330)
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Augustins Zurückhaltung gegenüber dem Begriff
"Person"
zz)Zur Zeit des Augustinus werden Hypostase und
Person bzw. Substanz und Essenz noch synonym
verwendet.
aaa) Der Personbegriff besagt nach dem
Verständnis des Augustinus zunächst keine
Relation, sondern ist eher der Sphäre der
beziehungslosen, in sich stehenden Substanz
zuzuordnen.
bbb) Augustinus kann - nach Greshake - den
Personbegriff in der Einheit des einen Wesens nicht
als communiale Kommunikationseinheit auslegen,
so dass angesichts der Betonung der
wesensmäßigen Einheit die reale Subsistenz
modalistisch zu verblassen droht.
Folie 76
Gotteslehre Prof. O. Meuffels
5.6 Die psychologische Trinitätslehre
5.6.1 amans - amatus - amor
Liebender - Geliebter - Liebe
als Subjekt, Objekt und Medium der Liebe
5.6.2 mens - notitia - amor
Geist - Wissen – Liebe
Zitat: „Denn ich bin, ich erkenne und ich will. Ich bin wissend
und wollend; ich weiß, daß ich bin und will, und ich will, daß
ich bin und erkenne.“
Im Erkenntnisakt bilden der Geist, sein Selbstbewusstsein und
seine Selbstliebe eine reale Dreiheit und stellen doch zugleich
die Einheit des Ganzen dar.
MICHAEL SCHMAUS: „Als Resultat der Untersuchung ergibt
sich sonach: Auf wunderbare Weise sind die drei Ternare
untrennbar voneinander und doch ist jedes von ihnen eine
Substanz und ein Wesen, während sie in bezug aufeinander
eine Relation besagen.“ (Die psychologische Trinitätslehre 262f)
═►Zeugung des Sohnes durch den Vater als personstiftender
Akt in der Immanenz des Geistes!
5.6.3 memoria - intelligentia - voluntas
Erinnerung - Wahrnehmung – Wille
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Vater reflektiert Logos
(unmittelbare die Ausdruck/
Icherkenntnis Selbsterkenntnis „Objekt“
persönlichkeitsstiftende
Akte
Geist
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
5.6.4 Kritische Würdigung
Negativ:
Die Phänomenologie der Liebe wie die Ternare des Geistes
sind dem Innenleben der einzelnen Seele entnommen, die
menschliche Communio von Personen in ihrem Miteinander
als Einheit in Differenz spielt hier keine Rolle.
Beide Bemühungen des Augustinus sind immer noch einem
uni/tarischen Gottesbild verhaftet.
Positiv:
Trotz der natürlichen Analogien bleibt bei Augustin
ausschließlich die geschichtliche Selbstoffenbarung Gottes die
Bedingung der Erkenntnis der immanenten Trinität.
Augustinus geht es mit diesen Analogien darum, die personale
Differenzierung mit der Wesenseinheit in Gott
zusammenzudenken, wobei der Trinitätsglaube die
Voraussetzung bildet: „Theologie von oben“.
Folie 79
Gotteslehre Prof. O. Meuffels
6. Trinitätskonzeptionen im Mittelalter
6.1 Allgemeine Vorbemerkung
Die Vertiefung der Trinitätslehre war - wie Hans Georg
Gadamer bemerkt - „die wohl wichtigste Aufgabe, die dem
Denken des christlichen Mittelalters gestellt war.“4
Dabei ging man wiederum zunächst von der Einheit Gottes
aus, um erst in einem zweiten Schritt zur Vielheit zu gelangen.
Der Personbegriff wurde nur sehr zögerlich verwandt, und
zwar um die spezifische Eigenheit der jeweiligen göttlichen
Person zu kennzeichnen.
Die Relationalität der Drei wird betont, die Personalität
hingegen soll nur die individuelle Einmaligkeit hervorheben.
4 Hans-Georg Gadamer, Wahheit und Methode, Tübingen 21965, 396.
Folie 80
Gotteslehre Prof. O. Meuffels
6.2 Boethius als Vermittlungsgestalt
„persona est naturae rationis individua substantia“
(Boethius, Du duabus naturis C III (PL 64, 1343 c)
Person ist die individuelle Substanz einer geistigen
Wesensnatur (bzw. von einer geistigen Wesensnatur)
6 Ansatzpunkt ist das Wesen, innerhalb dessen sich
die Person bestimmen lassen muss.
7 Person ist die Individualität einer geistigen Natur.
8 Die Individualität ist der personbildende Faktor.
Folie 81
Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Kritik:
WALTER KASPER sieht die Schwäche der Boethius-Definition
darin, „daß sie Personalität als Individualität zu verstehen
scheint“, d.h.:
keine Wer-, sondern eine Was-bestimmung bietet.
Sachlich meint Boethius mit Individualität die
„Inkommunikabilität, eine Unmittelbarkeit, die in einer letzten
Unteilbarkeit und Einheit begründet ist.“
So setzt Boethius Personalität und Individualität, gleich und
betont die Einmaligkeit der Person, aber das Sein der Person
in der Relationalität zu anderen, zur Umwelt bleibt eher
unbedacht.
Folie 82
Gotteslehre Prof. O. Meuffels
6.3 Richard von St. Viktor
a) Relationale Personalität
„persona divina est divinae naturae incommunicabilis
existentia“(Richard von St. Viktor, De Trin. IV, 22)
Eine göttliche Person ist die unmitteilbare Existenz der
göttlichen Natur.
Zum Begriff existentia:
9 substantia als das, was eine Sache ausmacht
10 das Woher dieses konkreten Selbstseins
11 „ex“ bezeichnet die Ursprungsbeziehung als das Woher
dieser Seinsart („von einem anderen her sein“)
12 „sistere“ gibt die Seinsart, den modus essendi, an.
"Die göttlichen Personen sind also in ihrem 'Wer-Sein', das
sich vom ‘Was-Sein’ der einen und einzigen göttlichen
Substanz unterscheidet, wesentlich mitkonstituiert durch das
jeweilige Woher ihres Seins.“ (Greshake, Der dreieine Gott
104)
Folie 83
Gotteslehre Prof. O. Meuffels
b) Personsein in und aus Liebe
Wie sich die Relationalität in Gott verwirklicht, zeigt Richard
an der absoluten Liebe:
Wenn Gott die vollendete Liebe ist, dann bedarf diese Liebe
eines Du, eines Geliebten, der diese Liebe erwidert.
Aber dieser Adressat in Gott muss selbst vollkommen Gott
sein, so dass es mehrere Personen in Gott geben muss.
Darüber hinaus muss sich das eigene Lieben und das
Geliebtwerden, diese zwei-eine Liebe noch einmal öffnen für
einen Dritten als „condilectus“.
Für die Liebesgemeinschaft ist also über die
Ich-Du-Beziehung hinaus das gemeinsame Wir noch mal
etwas Eigenes, ja Eigenständiges in Gott.
Wir können festhalten:
Die Analysen der Phänomenologie der Liebe in Gott -- zeigen
die Personen in Gott als dreifach-relationale Wirklichkeiten:
Die drei Personen leben in unterschiedlichen Ursprungs-
beziehungen: als diligens, dilectus, condilectus.
Folie 84
Gotteslehre Prof. O. Meuffels
c) Würdigung und kritische Anfragen
Wesentlich neue Akzente im Personverständnis:
Person ist nicht nur mehr ein individueller Fall von Wesen, sondern ein besonderer Seinsakt in individueller Eigenständigkeit.
Person ist durch Relationalität bestimmt und offen für den mitgeliebten Dritten.
Fazit:
Richards Trinitätsmodell ist das Modell einer gleichberechtigten Kommunikationsgemeinschaft, die Urbild und Ziel jeder menschlichen Kommunikationsgemeinschaft sein kann bzw. werden soll.
Aber: Der neue, relationale Personbegriff ist auf den Vater eigentlich nicht anwendbar, da er im strengen Sinne kein „Woher“ besitzt.
Kritische Anfragen:
Wie verhält sich die Interpersonalität der gegenseitigen Liebe zu den Hervorgängen im Rahmen der einen göttlichen Wesenheit?
Ist durch die Herausstellung des Vaters, der das göttliche Wesen in besonderer Weise repräsentiert, nicht doch die Gegenseitigkeit der Liebe in Frage gestellt?
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6.4 Die Trinitätslehre des Thomas von
Aquin (vermutl. 1225-1274)
a) Die Hervorgänge in Gott
Die Hl. Schrift gebraucht für Gott Namen, die ein
Hervorgehen (pro-cessio; vgl. Joh 8,42; 15,26)
voraussetzen. äußerer Vorgang und zugleich
innergöttliches Geschehen.
Der erste innergöttliche Hervorgang ist Wortgeschehen.
Offenbarung: „Zeugung“ (generatio)
nach Ps 2,7, Joh 1,18, 3,16.18, Hebr. 1,5
Analogie:
Hervorgang des Wortes in Gott = Zeugung
das Wort = Sohn
Analogie des Wollens:
Der innergöttliche Hervorgang als Zeugungsakt impliziert
die Tendenz zur Abbildung und Angleichung.
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Hervorgang des Heiligen Geistes:
In der Weise der Hauchung (spiratio) geht er aus dem Vater
(und dem Sohn) hervor per modum voluntatis oder per
modum amoris - aufgrund des Liebeswillens von Vater (und
Sohn).
Der Heilige Geist geht also vom Vater hervor,
indem der Vater den hervorgegangenen Sohn
bewusst will,
im Wollen anzielt und
in diesem Willensakt die Einheit mit dem Sohn als
Akt der Hinneigung verwirklicht.
→ eigene subsistente Verwirklichung des Seins Gottes,
die aus dem Bezug von Vater und Sohn hervorgeht, sich
dadurch aber zugleich von Vater und Sohn unterscheidet.
Darum ist der Geist eine eigene Hypostase in Gott.
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b) Personbildung durch Relation
Person und Relation
Die vier innergöttlichen Relationen aufgrund der
Hervorgänge:
Vater Sohn: aktive Zeugung - Vaterschaft
Sohn Vater: passives Gezeugtsein - Sohnschaft
Vater / Sohn Heiliger Geist: aktive Hauchung
Heiliger Geist Vater / Sohn: passives Gehauchtsein –
Geistsein
Von diesen vier Relationen sind drei real voneinander
geschieden:
Zeugen / Vatersein
Gezeugtsein / Sohnsein
Gehauchtsein / Geistsein
Diese drei real voneinander verschiedenen relativen
Gegensätze sind personbildend. Die aktive Hauchung ist vom
Vatersein und Sohnsein nur gedanklich, nicht aber real
unterschieden.
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Die drei Personen in Gott
Karl Barth: „Seinsweise“
Karl Rahner: „drei distinkte Subsistenzweisen
Walter Kasper: „Relation und Liebe“
= die tragenden Grundprinzipien schlechthin.
W. Kasper, Der Gott Jesu Christi
(Das Glaubensbekenntnis der Kirche 1), Mainz 1982, 354.
„Weder antike Substanz noch neuzeitliches Subjekt sind das
Letzte, sondern die Relation als Urkategorie des Wirklichen.
Die Aussage: Personen sind Relationen, ist zwar zunächst nur
eine Aussage über Gottes Dreieinigkeit, aus ihr folgt aber doch
auch Entscheidendes über den Menschen als Bild und
Gleichnis Gottes. Der Mensch ist weder autarkes In-sich-Sein
(Substanz) noch autonomes, individuelles Für-sich-Sein
(Subjekt), sondern Sein von Gott her und auf ihn hin, von
anderen Menschen her und auf sie hin; er lebt menschlich nur
in den Relationen von Ich-Du-Wir. Die Liebe erweist sich als
Sinn des Seins."
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Proprietäten / Notionen
Proprietäten
Proprietäten sind bestimmte Eigentümlichkeiten der
göttlichen Personen, durch die diese voneinander
unterschieden sind. Sie kommen nur einer Person zu, können
aber immer nur im Blick auf eine andere Person ausgesagt
werden.
person bildende Proprietäten
Vaterschaft des Vaters
Sohnschaft des Sohnes
Gehauchtsein des Geistes
person unterscheidende Proprietäten
Ungezeugtheit des Vaters
Gezeugtsein des Sohnes
aktiver Hervorgang des Geistes
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Trinitarische Perichorese
= das Ineinandersein und die gegenseitige Durchdringung der
göttlichen Personen.
Konzil von Florenz:
Dieses Ineinander der Personen in Gott, die eben nicht zu einer
Abhängigkeit der jeweiligen Person von der anderen führt,
sondern umgekehrt die Eigenständigkeit wachsen lässt, hat
auch wiederum soteriologische Konsequenzen. Wenn wir
Menschen durch Christus im Hl. Geist in Gott vollendet
werden sollen, dann bedeutet dies keine Aufhebung unserer
Geschöpflichkeit, sondern wir dürfen als Geschöpfe in Gott
sein und dort das ewige Leben finden. So ist das trinitarische
Geheimnis die tiefste Vollendung der menschlichen Person in
Eigenständigkeit, Freiheit und Liebe.
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Die göttlichen Sendungen (missiones)
Der biblische Begriff der Sendung (Gal 4,4; Röm 5,5)
verbindet die immanente und die ökonomische Trinität.
Die Sendungen von Sohn und Geist = die Verlängerung der
innergöttlichen Hervorgänge in die Schöpfung hinein.
Wer sich von diesen Sendungen ergreifen läßt, wird
unmittelbar in das göttliche Leben der Liebe, in die
Liebesgemeinschaft der göttlichen Personen hineingenommen (vgl. Joh 14,20.25; 17,22f; 1 Joh 1,1-3 u. ö.).
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7. Übergang
7.1 Gott ist die Liebe: als Wesenseinheit in
personaler Differenz
Die Aussage „Gott ist die Liebe“ hat ihr Fundament in
der Christologie.
Die Aussage besitzt in 1 Joh 4,16b ekklesialen
Charakter.
Subjekt und Objekt sind in dieser Aussage
unumkehrbar und dürfen nicht vertauscht werden.
Geoffenbarte Menschwerdung Gottes ≈ Gottsein Gottes als Liebe
- Die Einheit Gottes ist als bzw. in der Liebe in
sich schon trinitarisch,
- Wahre Liebe kann sich nur drei-plural
verwirklichen
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7.2 Das trinitarische Fundamentalprinzip (Konzil von Florenz)
„(In Gott) ist alles eins, außer wo die Beziehungen in
Gegenrichtung zueinander stehen.“
(DH 1330, siehe Materialsammlung).
Daraus folgt:
Sowohl die Schöpfung wie auch das Erlösungshandeln
müssen deutliche Spuren des dreieinen Handelns Gottes
aufweisen,
Schöpfung: wir müssen auch in der Schöpfung analoge
Spuren diesen Handelns Gottes finden können.
Erlösungshandeln: alle drei Personen haben ihren Anteil
daran, dass der Mensch erlöst wird.
Konsequenz: Schöpfung und Erlösung gründen in der
trinitarischen Liebe.
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III. Teil: Systematische Entfaltung und dogmatische Konkretisierung
1. Systematischer Ansatz bei einer
trinitarischen Gotteslehre
1.1 Gott ist Agape - Communio
Gott ist eines Wesens in drei Personen:
≈ Gott ist Agape-Communio, in der die drei göttlichen
Personen im gegenseitig-perichoretischen Wechselspiel
der Liebe das eine göttliche Leben als gegenseitige
Selbstmitteilung dieser Agape vollziehen.
(These nach G. Greshake)
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a) Was meint Agape?
α) Biblischer Befund
1.) 1 Joh 4,10:
„Nicht darin besteht die Liebe, daß wir Gott geliebt haben,
sondern daß er uns geliebt und seinen Sohn als Sühne für
unsere Sünden gesandt hat.“
Inkarnation + Sendung Jesu = Verwirklichung der
göttliche Agape
2.) 1 Joh 1, 11 - 12:
„Liebe Brüder, wenn Gott uns so geliebt hat, dann müssen
auch wir einander lieben. Niemand hat Gott je geschaut; wenn
wir einander lieben, bleibt Gott in uns, und seine Liebe ist in
uns vollendet.“
Vater und Sohn genügen einander in der Liebe nicht,
sondern diese Liebe hat über sich hinaus einen eigenen
personalen Wert (in der Person des Geistes).
►Die absolute Liebe: Vater-Sohn-Geist.
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Paulus:
Der Apostel charakterisiert die Agape auf dreifache
Weise:
- Gott hat seinen eigenen Sohn gesandt (vgl. Röm
8,32; vgl. Röm 8,28, wo dies als Agape Gottes
verstanden wird);
- Diese Liebestat vollendet sich in der Kreuzhingabe
des Sohnes.
- Diese Liebe Gottes ist durch den Hl. Geist
ausgegossen in unsere Herzen. Das ist die alles
entscheidende Wirklichkeit unseres Lebens (Gal
5,22 vgl. Röm 8,15).
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Agape
bezeichnet die wechselseitige Liebe und rückhaltlose
Zuwendung von Vater und Sohn, die im Geist zu einer
letzten unüberbietbaren Einheit gelangt
(vgl. Joh 3,35; 10,17; 17,24.26; 16,14f).
strömt auf die Welt und insbesondere auf die Jünger hin aus
(vgl. Joh 3,16 bzw. 14,21.23) und bezieht sie in die
Lebensgemeinschaft Gottes mit ein (vgl. Joh 14,20f.23;
15,9; 17,24ff).
bedarf von seiten des Menschen der Bereitschaft zur
(von Gott getragenen) Geschwisterliebe (vgl. Joh
13,34f; 15,12.17; 1 Joh 2,10; 3,10f.14.23; 4,7-20), der
Gottesliebe (vgl. 1 Joh 4,20f; 5,1f) und der
Christusliebe (vgl. Joh 8,42; 14,15.21.23-28).
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β) Menschliche Liebes-Phänomenologie
Der erste Typus: Ich - Es - Beziehung
- Das liebende Subjekt wendet sich einem geliebten
Gegenstand zu und lässt sich durch diesen hinreißen.
Der zweite Typos: Ich - Du - Beziehung
- keine Objektbezogenheit mehr, sondern ich erkenne den
Geliebten als eigenständiges Subjekt, als Du.
J. P. Sartre: „Jeder der beiden Liebenden ist gänzlich der
Gefangene des anderen, insofern er sich von ihm unter
Ausschluss jedes anderen lieben lassen will; gleichzeitig aber
verlangt jeder vom anderen eine Liebe, die sich keineswegs
auf einen ‘Entwurf, geliebt zu werden, beschränkt.“
Der dritte Typus: Ich - Du - Wir - Beziehung
- nicht mehr exklusive Zweier/gemeinschaft, sondern
gemeinsame Hingabe der beiden an einen Dritten
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Die Person findet ihre Tiefe nur im
Ausgespanntsein auf ein anderes Du im
gemeinsamen Medium sich übersteigender Liebe.
Der Personbegriff ist ursprünglich trinitarisch
entfaltet worden, im Umfeld einer
offenbarungsmäßig begründeten Theologie der
Liebe.
Die Personalität des Menschen in Einheit mit einer
gelungenen Liebe zwischen Ich und Du im
gemeinsamen Wir steht geistesgeschichtlich in
engstem Zusammenhang mit dem Verständnis der
Personen in Gott in der Wesenseinheit der einen
Agape.
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γ) Fazit
Agape
- Es ist dies eine Liebe, die bis ins Äußerste geht.
- Diese göttliche Liebe kann nicht deduziert werden.
- Wir müssen sie uns schenken lassen.
Diese Agape ist uns heilsgeschichtlich eröffnet in ihrer
Bezogenheit auf Welt und Geschichte.
- zum einen sind wir Menschen in unserer
Geschöpflichkeit zutiefst angegangen, // wir
sind erkannt und zu uns selbst befreit: berufen
zum Personsein in Liebe.
- zum anderen: dieses Personsein in Liebe
haben wir zu realisieren: als Liebe zu Gott
und als Liebe zum Nächsten.
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b) Was meint Communio?
Communio bedeutet: Gemeinschaft. Die Wortwurzel „mun-„ besitzt
zwei bildliche Konnotationen:
- moenia: Schanze, Umwallung; Stadtmauer
- munus: Aufgabe, Dienstleistung und Gabe, Gnade, Geschenk.
Der Communio-Begriff impliziert also:
- Schutz und Hin-Gabe.
- Vermittlung von Identität und Differenz, Einheit und Vielheit.
- Kommunikation
Der Communio-Begriff verweist neutestamentlich auf den Terminus
koinonia.
Koinonia bezeichnet in der paulinischen Theologie die Teilhabe, die
Gemeinschaft im Sinne einer engen Verbindung in gegenseitiger
Relationalität, d.h.:
1. Anteilhaben, 2. Anteilgeben und 3. Gemeinschaft.
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1 Kor 10,16
16a Ist der Kelch des Segens, über den wir
den Segen sprechen, nicht Teilhabe am Blut
Christi?
16b Ist das Brot, das wir brechen, nicht
Teilhabe am Leib Christi?
17a Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein
Leib;
17b denn wir alle haben teil an dem einen
Brot.
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Zum Paulinischen Begriff der koinonia
Paulus interpretiert das Herrenmahl im Blick auf die Koinonia
der (Einzel-) Gemeinde. Umgekehrt entfaltet er sein
Gemeindemodell vom sakramentalen Geschehen her.
=►theologische Implikationen: Gemeinschaft der
Glaubenden mit dem Vater, mit Christus und dem Heiligen
Geist (vgl. 1 Kor 1,9 - 2 Kor 13,13 - Phil 3,10).
=►anthropologische Dimension: die gnadenhaft gewährte
Gottesgemeinschaft entlässt eine horizontale
Glaubensgemeinschaftskommunikation aus sich, die
- eine Gemeinschaft des Glaubens (Phlm 6; Gal 5,6)
- eine solche des Geistes (Phil 2,1)
- der Verbundenheit (Phlm 17)
- des Leidens (2 Kor 1,9)
- der apostolischen Mitarbeit (2 Kor 8,23)
- sowie der Konfliktfähigkeit (Gal 2,9)
ist.
=►sozialethische Dimension: würdiges, sozial ausgerichtetes
Verhalten beim Herrenmahl (vgl. 1 Kor 11,17-34) und auch
sonst Hilfe in Notsituationen (vgl. Phil 4,15-20)
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Der LThK (3. Aufl.) fasst diesen Schlüsselbegriff zusammen:
„Als theologischer Begriff bezeichnet Communio in seiner Grundbedeutung die in der Gemeinschaft des dreieinen Gottes vorgebildete und in der Teilgabe an seinem Leben gründende personale Gemeinschaft der Menschen mit ihm und den Mitmenschen, wie sie in Jesus Christus in einmaliger Weise vollendet, ermöglicht und in seiner Kirche kraft des Hl. Geistes anfanghaft verwirklicht ist.“
(Joachim Drumm, Art. Communio I. Syste-matisch-theologisch, in: LThK3 2, 1280.)
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
α) Analogizität der Redeweise
Menschliche Personalität bedeutet einerseits eine
immer schon gegebene Unersetzbarkeit und
Würde, andererseits eine Relationalität, insofern
sich der Mensch nur in Beziehung zu anderen
findet und versteht.
Der menschlichen Person eignet ein substantialer
Selbstand, der im Leib seinen Ausdruck findet.
Der Mensch kann Communio und
Kommunikation pervertieren, indem der andere
Mittel zum Zweck wird.
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β) Gegenakzent: Die Trinitarische Communio
Die Einheit in der Agape - Communio
13 Die Einheit in Gott besteht nicht gegen oder
gegenüber etwas anderem, das damit
zusammengebracht werden müsste, vielmehr greift
diese Einheit Differenz schon ursprünglich mit ein.
14 Die Einheit des göttlichen Wesens resultiert nicht
aus verschiedenen Einzelmomenten, sondern ist eine
ursprüngliche Einheit in ursprünglicher
Verschiedenheit.
15 Die göttliche Einheit ist in und mit jeder Person
gegeben, da jede Person ihre Einmaligkeit von den
anderen Personen her erhält (Perichorese).
16 Die Agape-Communio ist das, was zuhöchst
vereint, indem sie zugleich das bleibend unterscheidet,
was diese Einheit ausmacht.
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Die Differenz der Personen
a) Der Vater
Der Vater ist die UrGabe. Seine Identität besteht
darin, sich zu verschenken und vom Sohn her seine
ewige Identität ewig neu zugesprochen zu bekommen.
Indem der Vater die UrGabe ist, gibt er auch der
gesamten Communio Halt und Grund.
b) Der Sohn
Der Sohn ist Dasein im Empfang vom Vater und in
dankbarer Rückgabe an den Vater.
Sofern der Vater als die Mitte der göttlichen
Communio verstanden werden darf, so der Sohn als
äußerste Peripherie und Möglichkeit.
Der Sohn ist Ausdruck, Wort, Gestalt des Vaters.
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c) Der Hl. Geist
Der Heilige Geist besitzt einen Doppelcharakter: 1.
Inbegriff der gegenseitigen Liebe von Vater und Sohn
und so das verbindende Band zwischen beiden, das
die Einheit bewirkt.
2. Objektive Frucht dieser Liebe und damit die dritte
Person.
Im Geist ist das Ganze der väterlich-sohnlichen Liebe
in einer Person greifbar.
- der Geist kann Gott genannt werden (vgl. Joh 4,24);
- der Geist kann hinter dem Wirken von Vater und Sohn
zurücktreten, da er Grundlage dieses gemeinsamen
Wirkens ist (vgl. Joh 17,21 ff);
- der Geist ist nur schwer personal fassbar.
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1.2 Die Wesenseigenschaften Gottes (Notionen)
a) Die Unendlichkeit Gottes und seine Heiligkeit
Jüdisch - christliches Gottesverständnis = Neuverständnis
In seiner unerschöpflichen Liebe ist Gott zwar der Welt
enthoben, aber in dieser Liebe wendet er sich der Welt gerade
zu, um sie in seine Heiligkeit der Liebe hineinzuholen.
Trinitarische Relationen:
Die Unendlichkeit der Liebe Gottes erweist sich darin, den
Gegensatz zwischen seiner Heiligkeit und der sündhaften Welt
nochmals zu überwinden, ohne dass die Welt in Gott hinein
aufgelöst würde oder Gott in die Welt.
Der Geist bringt die Gegensatzpole in eine Beziehung der
Liebe.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
b) Gottes Ewigkeit
Unvergänglichkeit = Charakteristikum des Göttlichen. ABER
nicht als starre Gegebenheit (nunc stans), als ewiges
stehendes Jetzt.
SONDERN als pulsierendes Leben der Liebe, das immer so
war, so ist und so sein wird.
Plotins: Ewigkeit als Gegenwart der Ganzheit des Lebens
(Enn III,7,3).
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
c) Gottes Allgegenwart und Allmacht
Allgegenwart Gottes:
Gott ist allen Dingen auch am Ort ihres eigenen Daseins
gegenwärtig.
Jer 23,24: Gottes Gegenwart erfüllt Himmel und Erde.
1 Kön 8,27 „aller Himmel Himmel“ können ihn nicht fassen.
Allmacht Gottes :
Allgegenwart = Vorbedingung für die Allmacht
Allmächtig ist Gott, weil er keine Grenzen hat und unendlich
ist..
Allmacht = Allmacht der Liebe, die den anderen in die
Gemeinschaft dieser Liebe, somit in die Unendlichkeit
Gottes, hineinnehmen möchte.
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2. Dogmatische Konkretisierung
2.1 Der trinitarische Gott und die Schöpfung
a) Die trinitarische Liebe als „Raum“ der
Schöpfung
Christologisch-pneumatologische Konsequenzen
17 Wenn die Welt am Ort des Sohnes ihren Platz hat, dann
ist der Sohn in besonderer Weise auf die
Fleischwerdung hin zugestaltet.
18 Da die Welt aufgrund des gemeinsamen Liebes-
ratschlusses von Vater, Sohn und Geist geschaffen ist,
verbürgt der Sohn eher das Gegenüber zum Vater,
während der Heilige Geist eher die Bezogenheit der
Schöpfung auf die väterliche Liebe repräsentiert.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Kosmologisch-anthropologische Konsequenzen
19 Da der Mensch wie die gesamte Schöpfung am Ort des
Sohnes geschaffen ist, ist der Mensch sekundäres Abbild
Gottes und der göttlichen Liebe (vgl. Gen 1,27).
20 An Christus ist ablesbar, wie Gott sich im
Schöpfungsakt idealiter den Menschen gedacht hat.
21 Alles Geschaffene findet erst in der Gemeinschaft mit
Christus seine innerste Vollendung als Einbergung in die
Communio göttlicher Liebe.
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b) Die trinitarische Vielheit in der göttlichen
Einheit als Grund geschöpflicher Pluralität
Joseph Kardinal Ratzinger:
Einführung in das Christentum, (München 196811, S. 139f):
„Nicht nur die Einheit ist göttlich, auch die Vielheit ist
etwas Ursprüngliches und hat in Gott selbst ihren inneren
Grund. Vielheit ist nicht bloß Zerfall, der außerhalb der
Gottheit einsetzt, ... sondern entspricht der schöpferischen
Fülle Gottes, der selbst über Vielheit und Einheit stehend
beides umgreift.“
Wenn das Subjekt alles objektivieren und sich einverleiben
möchte, dann kann die objektivierte Wirklichkeit
letztendlich auch gegen das scheinbar siegreiche Subjekt
zurückschlagen: dadurch, dass
a) das Subjekt sich selbst objektiviert oder
b) die allgemeine Tendenz zur Objektivierung auch das
Subjekt von außen erfasst und verobjektiviert.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
c) Die Schöpfung als Bild der Trinität
Viele Denker der klassischen Metaphysik wie Erich
Przywara, Gustav Siewerth, Ludger Oeing-Hanhoff und Hans
Urs von Balthasar:
„Der Ausgangspunkt für eine grundlegende trinitarische
Abbildlichkeit alles Geschaffenen ist die Realdistinktion
von Sein und Wesen.“
Identität im Sein und Differenz im daseienden Wesen
Geschehen gegenseitiger Mitteilung von Sein und Wesen, so
dass sich daraus ein drittes zeitigt: das Da des Seins in einer
konkreten Wesenheit:
so hat der konkrete Mensch sein Dasein.
Folie 116
Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Erste Spur: Die Communialität des Geschaffenen
Nach Karl Rahner ist der Selbstüberstieg nur möglich,
wenn
"die unendliche Ursache, die als reiner Akt alle Wirk-
lichkeit in sich vorausenthält, zur 'Konstitution' der end-
lichen Ursache als solcher ('in actu') gehört, ohne ein
inneres Moment an ihr als Seiendem zu sein".
K. Rahner, Die Hominisation als theologische Frage, in: P. Overhage/K. Rahner, Das Problem der Hominisation (QD 12/13), Freiburg 1961, 69.
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2.2. Das trinitarische Heilsdrama
a) Die Sünde und die "Reaktion" Gottes
Sünde egozentrische Isolierung des Menschen gegenüber Gott
und dem Nächsten.
- Perversion der Communio
- Angst, Sinnlosigkeit (Nietzsche) und Tod
- negative Auswirkungen auf die Gesamtschöpfung
Die Verweigerung des Menschen betrifft auch Gott in der
Mitte seiner Liebe:
"Die Sünde trifft somit Gott in das Leben seiner trinitarischen
Liebe hinein." (Greshake, Der dreieine Gott 333)
Dies aber bedeutet für den Sünder den Tod, da er sich seine
Lebensgrundlage entzieht.
Wie kann Gott damit umgehen?
HANS URS VON BALTHASARS in der TD III, 300-302:
Differenz der Liebe zwischen Vater und Sohn muss auch eine fehlgegangene menschliche Freiheit einholen können.
=►Engagement aller drei göttlichen Personen
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
b) Der Sohn im Heilsdrama
Die Verfasstheit der Person Jesu Christi ist von einer
doppelten (gelebten) Relationalität her bestimmt.
a) Dieser Jesus Christus lebt ganz und gar aus und in der
Beziehung zum Vater - trinitätsimmanent, von daher auch
heilsökonomisch.
b) In dieser Verfasstheit lebt er aber dann auch in einer
vollkommenen Relation zu uns Menschen – in allem uns
gleich (außer der Sünde).
Greshake, Der dreieine Gott 361:
Erste Richtung:
Vater Jesus Christus
im Hl. Geist
Zweite Richtung:
Jesus Christus Welt
im Hl. Geist
Vater Jesus Christus Welt
im Hl. Geist im Hl. Geist
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Anmerkungen:
Jesus Christus als "perfectus communicator",
- der als der Mittler schlechthin die Liebe Gottes in diese
Welt bringt (einschließlich einer erneuerten Communio)
- und der zugleich - als unser Bruder - Antwort gibt, indem er
uns alle in sein Ja zu Liebe und Communio hineinnimmt.
Am Kreuz Christi kommen zwei Bewegungen überein:
a) Gott hat in seiner Freiheit das Kreuz zugelassen als
Konsequenz einer sich verweigernden Welt.
b) Aber im sterbenden Jesus, diesem Menschenbruder, ist
auch der Mensch engagiert.
Folie 120
Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Für den Menschen bedeutet dies konkret:
1. Jesus ist nicht von den Toten weg erhöht worden. Sondern
da der gekreuzigte Tote auferweckt wurde, ist die Todeslinie
des Menschen durchbrochen.
Im Tod kann der Mensch sich dem Heilstod Christi
übergeben und somit in die Liebesbeziehungen des dreieinen
Gottes fallen lassen.
2. Der Mensch vermag in der Nachfolge Christi seine wahre
Freiheit zu realisieren.
Die Freiheit in ihrer Egozentrik ist dann aufgehoben zu einer
Selbstwerdung in der Nächsten- und Gottesliebe.
3. In der christlichen Sendung findet der Mensch seine
Identität in der Ausrichtung auf Gott und den Nächsten hin.
Der Mensch findet seine wahre Personalität in der
Relationalität einer Agape-Communio.
Ganz verdichtet gesagt: Die Personalität des Menschen ist
ein trinitarisch geprägter Grundakt.
Folie 121
Gotteslehre Prof. O. Meuffels
c) Der Geist im Heilsdrama
Der Geist führt in den Raum der Liebe zwischen Vater und
Sohn ein, der er selbst ist. (vgl. 1Joh 4,6: „Geist der
Wahrheit“)
Dies bedeutet für das Werk des Hl. Geistes ein zweifaches:
a) Universalisierung des Werkes Christi durch den Geist
b) Einholung des Menschen in Wahrheit und Leben der Liebe
durch den Hl. Geist als „Vergöttlichung“ oder
„Einverleibung in Christus“.
Für den Menschen bedeutet dies, daß er subjektiv die Liebe
Christi in der Nachfolge zu realisieren vermag.
Folie 122
Gotteslehre Prof. O. Meuffels
d) Gott-Vater im Heilsdrama
Gottes Handeln in der Welt und sein Wesen
Die immanente Trinität, d.h. das göttliche Beziehungswesen,
ist die Grundlage für die Heilsökonomie.
Gott konnte an uns handeln – in der Welt – ohne seiner
Transzendenz zu verlieren.
Durch dieses Handeln bekundet er darüber hinaus die
Eigenschaften seines Wesens.
Dabei sind die göttlichen Personen Subjekte des Handelns.
Das göttliche Handeln in der Welt muss dabei dem
immanenten Wesen entsprechen.
PANNENBERG,Systematische Theologie I 423:
„Gott verwirklicht sich selbst in der Welt durch sein
Kommen in die Welt. Dafür ist sein ewiges Dasein in der
Gemeinschaft des Vaters, des Sohnes und des Hl. Geistes
schon vorausgesetzt, und das ewige Wesen Gottes bedarf
nicht der Vollendung durch sein Kommen in die Welt,
obwohl mit der Schöpfung einer Welt die Gottheit Gottes
und sogar sein Dasein abhängig werden von der Vollendung
ihrer Bestimmung in der Gegenwart der Gottesherrschaft.“Folie 123
Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Gott in und über dem Heilsdrama
Im Alten Testament offenbart sich Jahwe als der, der sich
zugleich entzieht.
- Vgl. Ex 33,18
- Vgl. Weish 7,22-30 va. Vers 27: „Sie ist nur eine und
vermag doch alles; ohne sich zu ändern, erneuert sie alles.“.
Im Neuen Bund tritt Jesus als Sohn des Vaters in dieser Welt
auf.
- Jesus wird unser Bruder in der Welt.
- Vater bleibt aber über dem Drama.
H. U. von Balthasar notiert dazu:
Gott „ist über dem Spiel, weil nicht in dasselbe verstrickt,
aber in ihm, weil er sich darin voll engagiert.“ (TD II,2 471)
c) Die Agape als Schlüsselbegriff
der einerseits Gottes ewiges Sein, anderseits Gottes Handeln
in der Zeit betont.
Nach Balthasar ist die Liebe ein immer neues Geschehen, eine
ewig aktuelle Bewegtheit und Überraschung, die alles Werden
(im endlichen Sinne) ausschließt. (Vgl. TD IV 59, 67)
Folie 124
Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Zum Problem der Unveränderlichkeit?
Wenn aber in Gottes immanenten Liebesbeziehungen schon
alle Möglichkeiten der Liebe (auch im Umgang mit dem Übel
in der Welt) je schon verwirklicht und eingeholt sind, führt
dann ein solches Verständnis zur Unveränderlichkeit Gottes?
Ist Gott des Mitleidens fähig? Verspürt Gott am Kreuz einen
Schmerzen?
d) Über das Mitleiden Gottes
Der Gott des Alten Bundes ist nach Gen 6,6, Ps 78,41 und Jes
63,10 durchaus von Schmerzen "berührbar".
Auch Jesus empfindet Schmerz (vgl. Mt 17,17; 27,46).
Doch die Frage ist jetzt wiederum, ob der erlittene Schmerz
von außen etwas// in das innerste Wesen Gottes hineinbringt.
1) Gottes Apathie bei den Kirchenvätern
Sie verweisen auf Gottes Überweltlichkeit und
Leidensunfähigkeit, um Gottes biblisch ausgesagte
Transzendenz zu betonen.
Darüber hinaus gibt es jedoch die biblisch bezeugte
Leidenschaft Gottes, die keineswegs verkürzt werden darf.
Folie 125
Gotteslehre Prof. O. Meuffels
2) Lehrentscheidungen
Ziel: Abwehr des Modalismus
Das Konzil von Konstantinopel (381) betonte deshalb die
Einheit des Wesens bei der Verschiedenheit der Hypostasen
(mia ousia - tres hypostaseis).
Diese Verschiedenheit der Personen verbot es nun aber, das
Leiden des Sohnes auf den Vater zu übertragen.
Das bedeutet aber keine totale Unberührtheit des Vaters. Vater
und Sohn leiden vielmehr auf verschiedene Weise.
Auf dem 2. Konzil von Konstantinopel wurden diesen
Auseinandersetzungen mit folgender Formel beendet: "Unus
ex Trinitate passus est" (DH 401f). Christus, der Logos, hat
also gelitten; das Leiden betrifft Gott unmittelbar.
Daraus folgt:
- dass Gott das Leiden von außen nicht treffen kann.
- dass er dennoch zu leiden, mitzuleiden vermag und sich
insofern diesem Leiden aussetzt.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
3) Jürgen Moltmann als Vertreter heutiger Theologie
Jürgen Moltmann, Trinität und Reich Gottes 1980, S. 40:
„Das Leiden der Liebe betrifft nicht nur das erlösende Handeln Gottes nach außen, sondern auch die trinitarische Gemeinschaft in Gott selbst. Das extratrinitarische Leiden und das innertrinitarische Leiden entsprechen sich darin. Denn das göttliche Leiden der Liebe nach außen gründet im Schmerz der Liebe innen.“
Ebd. 177 notiert er:
„Am Kreuz schafft Gott Heil nach außen für seine ganze Schöpfung und erleidet zugleich das Unheil der ganzen Welt nach innen an sich selbst. Den opera trinitatis ad extra entsprechen von der Schöpfung der Welt an passiones trinitatis ad intra. Anders wäre Gott als Liebe gar nicht zu verstehen.“
Dabei geht Moltmann jedoch soweit, dass er ebd. 176 sagt:
„Das Kreuz des Sohnes auf Golgotha reicht in seiner Bedeutung bis in die Mitte der immanenten Trinität hinein. Es ist von Anfang an keine immanente Trinität ... ohne das 'geschlachtete Lamm' denkbar.“
Daraus folgt für den evangelischen Theologen die "These von der fundamentalen Identität der immanenten und der ökonomischen Trinität" im Sinne einer "Wechselwirkung zwischen dem Wesen und der Offenbarung, dem Innen und dem Außen des dreieinigen Gottes" (ebd. 177)
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
Kritisch wird man hier anfragen müssen:
Wenn Moltmann die Differenzierung zwischen immanenter und ökonomischer Trinität so gut wie aufhebt, ist dann noch die Freiheit der Liebe gewahrt?
Vgl. dazu ebd. 74:
„Die Schöpfung ist ein Teil der ewigen Liebesgeschichte zwi-schen dem Vater und dem Sohn. Sie wird aus der Liebe des Vaters zum Sohn geschaffen und durch die erwidernde Liebe des Sohnes zum Vater erlöst. Die Schöpfung ist da, weil die ewige Liebe sich ihrem Anderen schöpferisch mitteilt. Sie ist da, weil die ewige Liebe Gemeinschaft sucht und in Freiheit erwidert werden will. Darum ist die Geschichte der Schöpfung gewiß als Tragödie der göttlichen Liebe anzusehen, die Ge-schichte der Erlösung aber als Fest der göttlichen Freude.“
Hier liegt der Verdacht, dass Gott als die Liebe, als die Trinität, sich selbst erst in der Selbstmitteilung an die Welt zu vollenden vermag.
Die Schöpfung samt Gottes Schmerz an ihr wird zu einem Moment im Prozess Gottes.
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Gotteslehre Prof. O. Meuffels
4) Der Ansatz H. U. von Balthasars
Differenzierung zwischen immanenter und ökonomischer
Trinität, die Gottes Freiheit wahrt. Er schreibt in TD III 300,
dass
„ein Weg gefunden werden [muss], die immanente Trinität so als den Grund des Weltprozesses (bis hin zur Kreuzigung) zu deuten, daß sie [nicht] ... wie bei Moltmann, als in den Weltprozeß verstrickt, daß sie vielmehr als jene ewige und absolute Selbsthingabe verstanden wird, die Gott schon in sich als die absolute Liebe erscheinen läßt, woraus sich erst die freie Selbsthingabe an die Welt als Liebe erklärt, ohne daß Gott zu seinem Selbstwerden des Weltprozesses und des Kreuzes bedürfte“.
Nach Przywaras Deutung in Alter und Neuer Bund 1956, 540
gilt:
das „Noch-so-Groß der Ähnlichkeit der 'Trinität in uns“ steht
in einer ausbalancierten Schwebe zur „Unähnlichkeit der
Trinität in sich“.
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