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Zur Therapie der muskul~ren Asthenopie. Von Dr. Landsberg in Danzig. Nachdem nun yon Neuem unsere An~chauungen fiber Asthenopie durch die Lehre you den Spa nnungsverhidt- nissen der innern Augenmuskcln erweitert worden, dfirfte es kaum einea AugeHarzt gebc~l, dem nicht inzwischen seine Erfahrungcn viclfache Belege zu jener ,,dankbaren Krankheit" und noch dankb~rcren Lehre gebracht batten. Eine ciniitche Auhhhlung allot der in dieser Hinsicht gemachten Erfahrtmgen, welchc jenc beat~tigen, kann jetzt nicht mehr eincn besondcrn wissenschaftlichen Werth beanspruchen, es mfissen die vielfachcn Modifica- tioneu und individuellcn Eigt'nthiimlichkeiten tier Krank beit analysirt werdcn und kS d~irften sich so neue Gesichts- punktc bei der ErSrterung tines Gcgenstandes auffinden las~en, der uns mehr als eine blos ophthahnologi~che Bcreichcrung gebracht t~at. I~ ther~peutischer Beziehung mSchte vielleicht eine Betrachtung derjenigen F~lle zu- l~tssig sein, in denen nach den yon v. Graefe auigestell- ten Indicationen (Archly VIII. 2. S. 352) die Rticklage- rung der m. cxterni unzureichend oder unzulassig ist.

Zur Therapie der muskulären Asthenopie

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Zur Therapie der muskul~ren Asthenopie.

Von

Dr. L a n d s b e r g in Danzig.

Nachdem nun yon Neuem unsere An~chauungen fiber Asthenopie durch die Lehre you den Spa nnungsverhidt- nissen der innern Augenmuskcln erweitert worden, dfirfte es kaum einea AugeHarzt gebc~l, dem nicht inzwischen seine Erfahrungcn viclfache Belege zu jener ,,dankbaren Krankheit" und noch dankb~rcren Lehre gebracht batten. Eine ciniitche Auhhhlung allot der in dieser Hinsicht gemachten Erfahrtmgen, welchc jenc beat~tigen, kann jetzt nicht mehr eincn besondcrn wissenschaftlichen Werth beanspruchen, es mfissen die vielfachcn Modifica- tioneu und individuellcn Eigt'nthiimlichkeiten tier Krank beit analysirt werdcn und kS d~irften sich so neue Gesichts- punktc bei der ErSrterung tines Gcgenstandes auffinden las~en, der uns mehr als eine blos ophthahnologi~che Bcreichcrung gebracht t~at. I~ ther~peutischer Beziehung mSchte vielleicht eine Betrachtung derjenigen F~lle zu- l~tssig sein, in denen nach den yon v. Grae fe auigestell- ten Indicationen (Archly VIII. 2. S. 352) die Rticklage- rung der m. cxterni unzureichend oder unzulassig ist.

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Man ist dann in den beiden letzten Categorien entweder ausschliesslich odor nach der Tenotomie auf andere Mittel angewiesen, die allerdings eine Beseitigung der Beschwer- den herbeiftihren, abet nicht die anatomischen Verhi~lt- nisse oder vielmehr Missverhiiltnisse ~ndern kSnnen.

Wie gross freilich die Zahl solcher F~lle ira Ver- hii, ltniss zu den ftir die Tenotomie giinstigsten ist, lasst sich nur aus einem grossen, mir nicht zu Gebote ste- hefiden Beobachtungsmaterial statistjsch feststellen. Ieh weiss daher nicht, ob es nicht vielleicht ein blosser Zu- fall ist, wenn ich in der Klinik des Herrn Dr. S c h n e l i e r im letzten Sommer yon den an Insufficienz der interni Leidenden eine fiberwiegend grosse Anzahl gefunden habe, bei denen entweder yon der Rticklagerung des Antagonisten ganz abgesehen werden musste oder der vorherige Gebrauch anderer Mittel angezeigt erschien. Der erste derartige Fall betraf den hiesigen 45jiihrigen Kaufmann Z--n, der bereits seit dem Frtihjahre vorigen Jahres an Beschwerden yon muskularer Asthenopie ge- litten hat. Als ich ihn zuf~tllig zu Anfang dieses Jahres (in einer anderweitigen Behandlung) sah, hatte das fort- geschrittene Leiden den Patienten so beherrscht, dass er schliesslich den Kampf mit den insufficienten und ihn dadurch fast zur Unthi~tigkeit verdammenden internis ganz aufgab und das ausgepriigteste Bild eines Hypo- chonders darbot. Um so erfreulicher war ftir ihn die Wirkung der damals yon gettbter Hand ausgefiihrten Riicklagerung der externi, die ihm die lang entbehrte Beschiiftigung des Schreibens wiedergab. Obgleich ich den Grad der Insufficienz nieht mehr in Zahlen auszh- driicken vermag, so crinnere ich reich doch, dass trotz der doppelseitigen Tenotomie, die etwa 6- -8 Tage an- dauernde convergente Doppelbilder hervorgerufen hatte, doch noch ein Rest von Insufficienz zuriickgeblieben war, gegen dell schliesslich eine convex-prismatische

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Brillc (2' :" und § 35 jederseits) verordnet wurde. Abet trotz dieser grtindlichen Regulirung der innern Augen- nmskelverhifitnisse dauerte der Frieden nicht lange Mehrere Wochen bereits nach der Operation tauchten die alten Beschwerden allmitlig wieder auf; die accom- modative Thatigkeit musste bald wieder mehr und mehr eingeschr~tnkt werden und als sich Patient endlich am 2S. Mai d. J. Herrn Dr. S c h n e l l e r vorstellte, hatte sich bereits die Besehaftigung des sonst iatelligenten Menschen aufdie Namensunterzeichnung reducirt. Weder die ibm verordnete prismatische Brille, noch andere Prismen oder die den Aecommodationsverhii, ltnissen ent- sprechenden Glaser, noch endlieh die ,,Licht-Therapie", die ja sonst so leicht tiber manche Schwierigkeiten (selbst die der objectiven Untersuchung) hinweghilft, sind im Stande, alas drtickende Geftihl in der Gegend der m. in- terni, welches, durch alas Lesen einmal erzeugt, sich bald iiber der Stirn verbreitet, zu beseitigen oder aueh nur das Auftreten jener hinauszuschieben. Beim gemein- schaftlichen Sehact weiehen yon 6" ab alternirend beide A, haufiger indess das rechte nach aussen. Die dyna- mische Divergenz betriigt auf 12" 10", auf 10" 12" (6" --14"), auf grosse Abstiinde 0", wiihrend die Adducenten 15" (bis 5") und die Abducenten (auf Abstand) 60 iiber- winden. Die S der emmetropisch gebauten Augen ist beiderseits 1. A ~ '/,,.m Abgesehen yon der deprimirten Gemtithsstimmung sind eigentliche FunctionsstSrungen, namentlich im Muskel- und Nervensystem, sonst nirgends nachzuweisen. In Anbetracht der geringen Abductions- fiihigkeit musste yon einer Rficklagerung des Externus Abstand genommen werden und es wurde der Kampf gegen das hartn/ickige Uebel zun~tchst mit einer con- stanten Batterie er6ffnet und zwar so, dass ein positiver Strom 2~--30 Secunden lang nach den innern Winkeln hin geleitet wurde. Am 30. Mai, also nach 7weimaliger

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Anwendung des Stromes, glaubte Patient bereits beque- mer lesen zu kSnnen, und in der That ergab auch die Prfifung mit Prismen eine Insufficienz yon 40 auf 10",

0 ' " wahrend die Adducenten nur 16 uberwanden. Es wurde von nun ab in den n/ichsten Tagen jedesmal sowohl vor als nach der Application des Stroms die Leistungsfahigkeit tier interni geprtift und jedesmal ein entschiedener, bessern- der Einfiuss des galvanischen Stroms constatirt, der allerdings noch nicht einer dauernden Besserung gleich- kam; denn oft sah ich reich am n/ichsten Tage schon yon dem gewonnen geglaubten Terrain um ein Stfick zuriickgedriingt. Indess war Patient doch alhn~tlig in den Stand gesetzt, einen Theil seiner sonstigen Beschitf- tigungen wieder aufzunehmen und yore 2. Juli ab, wo die Insufficienz 0", die Adductionskraft 31" und die Ab- ductionskraft 5 o betrugen, war auch die Besserung nicht blos ephemer, sondern die jedesmalige vor dem Galva- nisiren vorgenommene Untersuchung ergab yon nun ab dieselben numerischen VerhMtnisse, so dass Patient am 31. Juli mit einer seiner Accommodation entsprechenden Convexbrille -- die h zeigte sich jetzt rechts '/,,, links | : - - - - /,,, + 60 und + 40 und dem RatA, Schwalbacher Brunnen zu trinken, geheilt entlassen wurde. Ende September zeigten die Muskelverhaltnisse noch den un- ver~ndert giinstigen Stand.

Bevor ich auf die Wtirdigung dieses Falles und die Anwendung des Galvanismus gegen Muskelinsufficienzen n/iher eingehe, mSgen zunKchst noch einige andere FMle kurz erw~hnt werden und das Thatsttchliche feststellen.

2. Dcr Comptoirist Z - r , 23 Jahre alt, der seit Jahren geniithigt ist, viel und anhaltend zu schreiben, wird seit dem letzten Winter, wo er ausserdem haufig des Nachts gearbeitet, yon progressiven Beschwerden muskul~rer Asthenopie geFlagt, welche weder adducirenden Prismen noch dem liingeren Gebrauche des Eisens weichen.

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Am 23. Juli constatirten wir an den myopisch gc- bauten Augen (rechts M '/,4 S fast 1, links M ';,+ S '/.., N beiderseits %), bei der gemeinschaftlichen Fixation eine Abweichung nach aussen jenseits 5"; auf S" Ent- fernung betrug die dynamische Divergenz 13", auf grosse Absti~nde 0 ~ eine Adductionskraft yon 25" und sine Abductionsfahigkeit yon 7" (auf Abstand) - - VerMltnisse, die genau dem vor 3 Monateu notirten Befunde ent- sprachcn. Kein Astigmatismus, ophthalmoskopisch: beider- seits schmale, scharf begrenzte S i c h e l n . - Es wurde nun auch bier versuchsweise der constante Strom.appli- cirt und nach achtt~igiger Anwendung desselben entspre- chend denl bessern subjectiven Befinden Insufficienz 0" und Adduction 29" gefunden; der weitere u crgiebt sich aus den folgenden Journalnotizen:

Vom 1. Juni his 6. August Insufficienz 0" (8"), Ad- duction 31"; am 8. August (nachdem am 7. August die Behandlung fl'eiwillig ausgesetzt worden) Insufficienz 7', 10. August Insufficicnz 6 ~ (his 5"), Adduction 31~ am 12. August 2'/.,", 13. August Insufficienz 6" (nach dem Elektrisiren 5"), am 15. August 5" resp. 3", am 18. Au- gust 4" resp. 3": yon da ab schwankte die Insuffieienz nut zwischen 3" und 0" und als gegen Ende des Monats alas Gleichgewicht zwischen inneru und ttussern Mus- keln dauernd hergestellt zu sein schien uud die an- (lauerndste accommodative, fibrigens w~thrend der Behand- lung nicht aufgegebene Th/itigkeit ohne Beschwerden ertragen wurde, liess ich die Sitzungsintervalle ohne Nachtheil ftir den Patienten wachsen, der yon Mitte des nfichsten Monats ab nur Gegenstaud tier Beobachtung blieb. Ant $. September fund sich das Zahlenverhi~ltniss nur in so welt veriindert, dass die Abduction nur 5" be- trug, wfihrend sie am 5. September noch, wie frtiher, 7. gewesen; den 1~;. September zeigte sich schliesslich rechts .M ' ,. bei roller ~ehschiirfe, links 51 ~. :,, S '~.,, N ~/:~

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beiderseits, und Mitte October konnten noch dieselben Verhiiltnisse constatirt werden.

3. Der 18jiihrige Schreiber Johann P. leidet seit mehreren Monaten an Schmerzen in beiden Augen, die beim Schreiben auftreten, dasselbe erschweren und ihn etwa nach einer Viertelstunde zur Unterbrechung der Arbeit zwingen. Da in der letzten Zeit die ibm octroyirten Pausen b~ufiger und[ ]~inger werden miissen, ist er im Begrifi, den vor einem halbert Jahre gewiihlten Beruf ganz aufzugeben.

Bei der am 30./7. angestelIten Untersuchung weicht das re~htc Auge bei der gemeinschaftlichen Fixation von 6" ab nach aussen; unter der deckenden Hand beginnt das Ausw~irtsschielen desselben Auges bereits auf 12"; auf 8" ist die dyn. Divergenz ~ 10 ~ (auf grosse hbst/inde 0"), dutch Adduction werden 14 ~ (bis 6"), durch Abduction

(Abstand) 100 tiberwunden; rechts ist M1/9 N2 ~ , links

M'/I~ N 1 S beiders. 1. Die an demselben Tage in 31/'2,

derselben Weise, wie bei den frfiheren Patienten einge- leitete galvanische Behandlung ~inderte in den ersten 4 Sitzungen an dem Zustande wenig. Am 4./8. /tnderte ich die Stromesrichtung, indem ich statt des bisher an- gewandten aufsteigenden Stromes den absteigenden wiihlte, und fand unmittelbar nach beendigter Applica- tion auf 8" 0 ~ dyn. Divergenz; auf 6" 6 ~ Adduct. 31", Abduct. 8'); nacb der niichstfolgenden Sitzung zeigte sich auch auf 6" keine Insufficienz mehr, 310 werden bis 3" dutch Adduction fiberwunden. Mit liingeren Pausen wird die Behandlung bis zum 27./8. fortgesetzt und an diesem Tage, da sich inzwischen weder subjective noch objective Erscheinungen vonInsufficienz gezeigt hatten, abgebrochen. Bei der zuletzt im September angestellten Untersuchung zeigt sich priicise Einstellung beider Augen bis in n~tch- ster N~the, mit dem nach oben brechenden Prisma: bi.~

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4" 0" Insuffic. Die interni tiberwinden bequem 31", die externi 6 '> (am Ende tier Behandlung 7')).

4. Adolf Z--n, 15 Jahre, Schiller, befindet sich seit liingerer Zeit wegen eines chronischen Bindehautkatarrhs in ambulanter Behandlung. Obgleich nun letzterer seit Wochen his auf eine geringe Conjunctivalhyperamie be- seitigt ist, so klagt er doch fiber driickende Schmerzen in den hugenhShlen und der Stirn, welche bei jeder ac- commodativen Thiitigkeit (10--15 Minuten nach Beginn derselben) auftreten und mit dem AufhSren der letzteren nicht ganz weichen. S ist beiders, l , rechts E, links M'j,,) N1/4 beiderseits. Alternirendes Abweichen beider Augen yon 4--5", sowohl in der Convergenzstellung, als auch unter der deckenden Hand, auf 8" 21 o dyn. Diver- genz, Adductionskraft ~ 16 ~ Abduction ~ 10 ~ Am 30./7. wird die galvanische Behandlung instituirt und bis zum 2./8. eine Abnahme der Insufficienz yon nur 3 ~ ge- funden. Nach Aenderung der Stromesrichtung zeigt sich am 3./8. Insuffic. ~ 14 '), nach dem Galvanisiren betrRgt dieselbe 8~ am 4./8. 13" resp. 11 )̀ (bei 31 (~ Adduction und 90 Abduct.), den 5./8. 8 o resp. 7 (̀ , 6./8. 11')resp. 5 (', 7.8. l0 ~ u. 8 ~ d. 8 . - - 10./8. 8 () (beide Male), 11...8. 13 ~ 12. u. 13./8. 80 resp. 7 ~ den 15./8. (nachdem am 14./8. ausgesetzt worden) 12 ~ 18.,8. 8" resp. 7 ~ 19./8. 11" resp. 6", 21./8. l0 (' u. 7 ~ 22.,8. 90 u. 7", 23./'8. 8 ̀ ) u. 5 ~ (Adduction ~ 27~ 27.8. 6", Adduct. 30 ~ 25./8. 7" u. 5 ~ 26./8. 6" 27./8. 50--3 ~ 28./8. 8()---3 '), 29./8. 3 ~ ebenso bis zum 2./9., am 3./9. 0 ~ Adduct. =~ 31 ~ Von jetzt schwankte die Insuffic. nur zwischen 0"--3~ am 8./9. wer- den 34 ') dutch Adduction u. 7" durch Abduction iiberwun- den. 1%chdem die Behandlung Mitte dieses Monats abge- brochen wordenwar, zeigte sich am 29./9.: gute Convergenz bis in niichster N/ihe. Dyn. Diverg. auf 7--8" 2 ~ r e c h t s H1/ l inks H',~,), . . . . . N '/~ beiders. Am 20. October fand ich

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7~;

lnsufficienz 0% Adduction 31 '~, Abduction 7", rechts 1

H '/,,., links '/',,,, N 31/.. ~

5. Oscar J., 11 Jahre, klagt seit Monaten schon fiber Sehmerzen im rechten Auge beim Arbeiten, welches ihm nun dureh das h/iufige Auftreten yon Doppelbildern ganz besonders erschwert wird. - - Bei seiner ersten u lung am 18. Juli zeigen sich die Excursionen beider Augen nach keiner Richtung hin beschr~tnkt; bei der ge- meinschaftlichen Fixation in der Medianebene weicht alas rechte Auge yon 10" ab nach aussen, es treten hier be- reits gekreuzte Doppelbilder eiu, die durch ein 7" ab- ducirendes Prisma vereinigt werden; auf 7" betrfigt die I)ivergenz 11", auf 4" 13"; auf Abstand kSnnen auch die s c h w a c h s t e n a b d u c i r e n d e n P r i s m e n nicht fiber- wunden werden; links ist S 1. E. reehts M 1/5 S kaum

, { 4 ~ t N beider~eits --=- " Rechts zeigt das ~ \ 2 0 1 ':"

Ophthalmoskop abgelaufenc Sclerot. chorioid, post. (be- grenzte Sichel nach aussen), abet auch nach innen yore Sehnerven diseontinuirlich verbreitete Pigmentatrophic,der Chorioidea, deren Gefassschicbt iiberall durchzusehen ist.

Es wird - - 5 fiir die Ferne, - - 9 zum Lesen etc., ausserdem Separattibung des rechten Auges und Galva- nismus verordnet. In den n~chsten Tagen rfiekte das Terrain des Einfachsehens nur langsam vor und auch die fibrigen Erscheinungen der Insufficienz nahmeu nur um wenige Grade ab. Am 1. August: Convergenz und Ein- fachsehen bis 6"; auf 10" 5 o dyn. Divergenz, auf 7"

6" (4"--14"), durch Adduction werden 15", dutch Ab- duction 7" iiberwunden, ebenso den 2.--3./8.; am tetzt- genannten Tage nach u der Stromesrichtung: Insuff. 3 ') (7"), Adduction 31", Abduction 7 " - - und so gingen miter allmiiligem Schwinden der oben bezeich- neten Beschwerden auch die objectiven Erscheinungen

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stetig zurfick, so dass am 26./8. rechts bis 4" genau eingestellt wurde und auch das nach oben brechende Prisma auf diese Entfernung keine Divergenz verrieth. In den nttchstfolgenden Tagen war dem Patienten aufge- faUen, dass die ihm verordneteli Gl/iser nicht mehr so gut wit bisher ,,passten", dass ibm sowohl entfernte Ge- gellstttllde, als auch Scbrift und Noten durch die be- trefl'enden Brillen verkleinert wurden. In der That zeigte sich jetzt rechts M '/,, S '/.,; am 23./9. (nachdem 1/tngere Pausen gemacht worden waren) M'/~, S i/... und et~dlich am 1. 10., wo die Behandlung abgebrochen wurde, M '/,, S'~..,,,. Gegen Ende dieses lvlonats zeigte sich S unver- /tndert; beide Augen werden bis 3--2" pr/icis eingestellt; auf 4" 3" dyn. Divergenz; auf weitere Abst/tnde als 4" 0", Adduct. 31 ~ Abd. 7 " N ~/~.

6. Der 15j/ihrige, etwas anttmische und schw/ichliche Fritz Z. klagt seit circa 4 Wochen fiber Besch~'erden yon Asthenopie, fiir die er keine Ursache anzugeben ver- mag. Das rechte Auge weieht unter der deckenden tland zwischen 18--15" bereits um ein Geringes nach aus.,eu, beim gem. Sehen von 5" ab; die dyn. Divergenz betr~tgt auf 9" 12 '~, durch Adduction werden 18" (bis 5") durch Abd. 8 o t'tberwunden, S beiders. 1 rechts M ~/~,, li~lks 1,', Nach der ersten Behandlung mit dem constanten 8trom: dyn. Div. = 9", Add. 21"; nach der 2.8itzung 2'/._." ln- sufficienz (9"), Adduct. 21", Abd. 7 '~. Der Knabe, der roll nun an keine Beschwerdelt mehr ffihlt, betrachtet sich als geheilt uud erscheint erst nach ~; Tagen (am 10./9.) wieder, die Insuff. = 3" (nach dem Galvanisiren 0"), Adduct. 28 ~ Abd. 7", Convergenz bis in n/tchster N/ihe; den 17./9. Insuff. 0 ~ u. Adduction -- 31", nachdem mit der Behandlung vor 8 Tagen aufgehSrt worden war.

7. Einen hohen Grad yon muskul. Asthenopie bot die 32j/thrige Sehneiderin Laura 8., die bis auf eine m/issige, uoch jetzt vorhandene Chlorose stets gesund, seit dem

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vorigen Winter, nachdem sic himfig auch des Nachts hat n~then und vielen Kummer ertragen miissen, fiber Schmer- zen in Augen und Stirn bei allen l~nger andauernden Arbeiten klagt. Die immer schmerzhafter werdenden und selbst den Schlaf st6renden Beschwerden, welche jedesmal dem Lesen oder Schreiben folgen, haben sic vor 4 Mo- naten bereits gen6thigt, diese Beschiiftigungen ganz auf- zugeben; aber selbst grSbere Ni~hte fangen an, nach 10--15 Minuten undeutlich zu werden, zu verschwimmen und so die ganze Reihe yon neuralgischen Beschwerden heraufzubeschwSren, welche die hochgradige Insufficienz der interni charakterisiren. Am 17./7. zeigen sich (ohnc Beweglichkeitsbeschr~tnkung) in der Mittellinie bereits auf 6" gekreuzte Doppelbilder, Prismen mit Basis nach aussen werden gar nicht, mit der nach innen yon 10" auf Abstand ttberwunden; auf 8" dyn. Divergenz = 21 ". Links

1" 1 S beiders. 1. Die Be- 3I',~, N ~ - , rechts M 1/.,,, N 4 5 / . - �9 / z

handlung win'de ganz in der frtiher erwahnten Weise aus- gefiihrt, und die Patientin, die sich inz~ischen viclfach und oft Stunden lang mit Lectfire beschMtigt hatte, am 7./8. mit einer Adductionskrait yon 3 1 " - - bis 4" keine dyn. l)i- vergenz - - und einer Abductionskraft yon 8" entlassen.

8. Die 33j~thrige Adele D. hat im vorigen Winter ein Uterinleiden tiberstanden, das mit h~tufigen und co- pi6sen Blutungen verbunden war und eine erhebliche An~tmie und Schwi~ehe zurtickgelassen hat. Mit letzterer machten sich auch Schmerzen in den Augen bei grSsse- ren accommodativen Ansprfichen an dieselben, Verschwim- men der 0bjecte und andere asthenopische Beschwerden geltend. Convergenzstellung nur bis 3", yon da ab geht das linke (unter zitternden Bewegungen) nach aussen. Auf iV' dyn. Diverg. ---- 8 ~ Adduct. =:- 27 ~ Abduct. ~:

1 9"; links M ',',.., S '"",..,, rechts M 1,.2,,,' S '~/...,,, links N ~,/,,

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| rcchts N 3.~- Hintergrund normal. Nach dreimaliger An-

wendung des Stromes !Insufficienz yon 4" auf 6") war Pat. bereits im Stande, 2 Stunden lang ohne Beschwcr- den zu n~then und nach vierw6chentlicher Behandlung, yore 17.,,9. ab, fiberschritt die dyn. Divergenz nicht 3" (Adduct. 29 '), Abd. 9"), die M betrug yon diesem Tage ab rechts '/..,4, links '/~,, (S wie frfiher); am 3./'10. (nach einem langeren Intervalle) ist S beiders. 1 (M wie zu- letzt), N rechts 3'A" links, 31/../'. Insuff. yon 4" bei Ad- duction : 31" und Abduct. : 7 ~ - - Ordinirt wurde hier ausserdem noch Eisen, das auch friiher lange Zeit gebraucht worden war.

9. Die 20j~thrige etwas chlorotische Marie G., die stets kurzsichtig gewesen ist, klagt bei ihrer ersten Vor- stellung am 10./5. fiber allerlei asthenopische Beschwer- den, welche durch abnorme Brechungsvcrhi~ltnisse allein nicht erklarlich sind (Kopfschmerz, Doppelsehen etc.).

W~ihrend links M '/7 N w und S : 1 ist, zeigt sich

l / 1 rechts Am c. /'"i /~, (nach Correction der Am durch ,/ , 7

1 - - ----- - *). Das rechte c y l . - 20 u. sph. 7) ~--- '/2, N 21/..,

Auge flieht bei der Fixation in der Mittelebene yon 5" ab nach aussen; dyn. Diverg. auf 10" ~ 8", auf 6"--16"; adducirt werden 8" auf 6", abducirt 120 (auf grossen Ab- stand). Beiderseits begrenzte Sicheln (rechts oben, links aussen). Da die proponirte Rticklagerung des rechten Ext. noch aufgeschoben werden soll, wird Pat. einstwei- len mit Eisen, di~ttet. Yerordn ungen und-- 18 (zum Spieten) versorgt. Am 22./8. (nach l~tngerem Aufenthalte auf dem Lande) sind die Verhiiltnisse ziemlich unverandert [In-

~) Mit sph . - - 8 a l l , i n S ~ ~,,.

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sufficienz = 14 ~) (6") S '~ (10"), Adduction--- 12, Abduct. == 10], und es wird am 5.,9. die galvanische Behandlung versuchsweise begonnen. Am 2.,'9. ist d ie S r e c h t s ~/:o, die Adducenten iiberwinden 31" (auf 4--5") und die Iusufiicienz -~ 7 ~ (auf 6"). Obgleich nun inzwischen subjective Erschemun~,en yon lnsufficienz nicht wiedcr eingetreten sind, (tie objectiven sich noch eher etwas ge- bessert haben und jetzt namentlich eine sichere binocu- l~re Einstellung bis in n~chster h'ahe erfolgt, so will ich diesen Fall, der zuni~chst nut die Zug/inglichkeit auch solcher Formen yon muskul. Asthenopie ftir die galva- nische Behand}ung documentiren sollte, noch nicht als abgeschlossen betrachten, da er jetzt (Anfangs ~ovember) noch nicht ganz der Behandlung entzogen ist. Schliess- lich sei noch bemerkt, dass das den Astigmatismus corri- gende Glas in Form einer Lorgnette (also ttir die Ferne) und auch letztere erst im Laufe der Behandlung resp. Besserung verordnet wurde.

Noch gtinstiger gestaltete sicb tier diesem ~thnliche, folgende Fall.

10. Die 29j~ihrige St., wegen linksseitiger Blepha- roadenitis in ambulanter Behandlung, klagt, dass sie seit mehreren Wochen nieht mehr recht nahen kSnne. Das rechte Augc zeigt sieh am 15./9. you 3" ab beim gem. Sehact divergirend, das nach oben brechende Prisma er- giebt aufAbstand 3 ~ auf 8" 8"; Adduction 22, Abduct. 11. Die Sehscharfe des astigmatisch gebauteu Auges (Am c~/33) ist ~/.~, :N~,'~, rechts E, S l, :NV~. Hier zeigte sich bereits am 22./9. Insuffic. == 0", die Adduct. = 31" und eine Convergenz bis zu 2'/._," yore Auge; am 24./9. S rechts ~ �9 /~,, 4 Wochen nach Schluss der Be- handlung: Insuffic. =- 0 ') (7") N. beiders. 4'// ' , Adduct.

31'), Abduct. ~ 8", Convergenzstellung bis 2" m6glich. Es wird jetzt erst das entsprechende Glas (cyl.~20) zur Arbeit gegeben.

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11. Der 16.j~tbrge Albert O. ist seit Monater~ nicht mehr im Stande, bei ktinstlicher Beleuchtung sich mit feincrcn Objccten zu beschaftigen; aber auch am Tage wird ihm jetzt Schrcibcn und Lesen bald eine sehmerz- hafte Arbeit. Ncben cintra geringen Conjunctivalkatarrh zeigt sich am 20. 10., M '/,., N ' ~, S " ...,, beider,seits (hath Atropinwirkung: M ' : S unverandert), lnsuffic, auf 5 I' 16", auf Abstand 0", Adduction 21" und Abduction 1:~"; unter der deckenden Hand ,~trab. div. yon ',_,llt (auf 5-- 6"). Das rcchte ist das vorzugsweisc abweichende. Bei- derseits geringe Sclercctasia post. und I'igmentarmuth der Chorioidea. Auch bier zeigte sich nach (Smaliger) Anwendung des constanten Stromes: pr'acise Einstellung his in nachster Nahe, Insufficienz yon 3--4:" (auf 511~, auf grGs~ere Entfernungen 0". Add. = 26", Abd. := ~" und S bcider,~. '"._.,, ~M ',,,I N ' ,, Verhi~ltnisse~ die tibrigens noch in fernerer Be,sserung ,~ich befinden. Jetzt. den ,~. ll.. wie zuletzt, nur N = ~/:**).

Endlich habe ich noch einiger l,'ormen yon lnsuffi- cienz tier int. zu gedenken, bei denen dutch dic Anwen- dung des Galwmisnms der Effect anderer Mittel mid be- sonders der Tenotomie gestcigert und vervollst/i.ndigt wird. Wahrend der Galvanismus ~o in cinzelnen Fallen im Wescntlichen die Wirkung anderer Mittel nur unter- stiitzt und befGrdcrt, ermSglicht er in ciner anderen Reihe von FSllen, bei denen letzterc lficht mehr ausrei- chert, das Zustaudekommen eines gtinstigen Endresul- t ate,~. Folgen(les Beisl)iel diene als Erl~uterung:

§ Auffallendt.r Weisc hat sich in diesem Falle der Einfiu,~ des Galvanismu.~ .~mf die Accommodations-Beschriinkung, offenbar aus del- selben Quelle wic die Insufficienz entsprungen, relativ spat gezeigt, whhrend ich ihn sonst bei Accommodationsparesen nach viel kfirzerer Einwirkung des coast. Stromes beobachtet habe. Bei cinem wegen Accommodati,mspareso und Insuff. d. int. (hath anderen Krankheiten) noch jetzt in I~ehaudlung })efindliehen Madchen hatte Ietztere sich noch we- nig geiindert, als jcne bcreits heseitigt war.

A~','tiiv f l i t Opilth:~l/i)~Jl,~gF,, X[ I I~

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12. Bei der 19jg~hrigen Jenny S. wurde am 28./~. wegen Strab. diverg, in Folge einer diffusen, seit 12 Jah- ren bestehenden, die innere H~ilfte der rechten Hornhaut einnehmenden Triibung eine Riicklagerung des rcchten Externis gemacht. Die Divergenz hatte auf Abstand 1' .J", in der Nhhe 3"' betragen, die Sehsch~rfe war '~,. Trotz inzwischen consequent durchgefiihrter Separatt~bung betrug jene am 15, 9. nur '/:; unter dcr deckenden Hand zeigte sich yon 20" ab beginnende Divergenz, die auf 10" 7", auf 6" 8" betrug; die Adducenten vermochten nur jenseits 13" 10grad. Prismen, die Abducenten 5" zu ttberwinden. Nach dreimaliger Application des const. Stromes zeigt sich die Insufficienz auf 2'/_," (10") redu- cirt, Adductionskraft = 140 (bis 14"), S~,'~, den 19.j9. S ?.~, Insuff. 0", Adduct. 27 '*, Einstellung bis ~;"; den 5.10. S W~., keine Insufficienz, Convergenz bis 4", Ad- duction = 30", Abd. ~:: 7"; das bisher emmetropisch er- schienene rechte Auge hat jetzt H~/~,, (N ' ~), links H' .,, (friiher ebenfalls E. S 1).

Man wird leicht in den hier gewahlten aus den ver- schiedensten Ursachen hervorgegangenen Beispielen yon Insufficienz der Interni wesentlich zwei Hauptgruppeu herausfinden. Das allen Gemeinsame, Pathognomonische, (lie verminderte Leistungsfahigkeit der interni, wird sich in dem einen Falle als das prim~tre - - ieh abstrahire zun~tchst yon dem Nerveneinflusse -- in dem anderen als das durch bereits vorhandene Anomalien bedingte Augen- leiden erweisen. Zu letzteren rechne ich die Prozesse und Ver~nderungen, die naehweislich alten Datums eine mehr oder weniger erhebliche SehstSrung bedingt haben (Chorioiditis, Cornealtrfibungen, Astigmatismus). In dem zuletzt genannten Falle, wo die Insufficienz aus der Am- blyopie, der Aufhebung des gemeinschaftlichen Sehactes, entstanden ist, wird zur Verbesserung der SehscMrfe cine blosse Hebung der Muskelkrgfte des Interni hSufig

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nicht ausreichen und es hedarf daher keiner Rechtfer- tigung, weun die sogenannte Reinheit der Beobachtung auch hier in einzelnen F~llen durch die gleichzeitige Anwendung der entsprechenden anderen, iibrigens jedes- mal angefiihrten Mittel (corrig. Gl~tser, Separattibungen etc.) getrfibt ist. Dagegen kSnnen wir vom Galvanismus eine wcsentliche und entscheidende Htilfc yon dem Momente ~n erwarten, wo jeue amblyopischen Zustande den sonst tiblicheu Mitteln nicht mehr zug~tnglich sind und wo, wie in dem Falle 5, in Folge des li~ngeren Nichtgebrauchcs mangelhafte Ern~thrungsverh~tltnisse nicht blos des inter- nus, sondern auch des externus (keine Abductionskriifte) angenommen werden mtissen und deshalb sich auch tier Tenotomie des Antagonisten Bedenken entgegenstellen.

5iit dem Zustandekommen des binocularen Sehens abet, welches dutch die galvanische Behandhmg auf dem eben angedeuteteu und allerdings h~tufigsten Wege erreicht wird, treten a n d e r e r s e i t s - und zwar gleich- zeitig als Ausfluss der galvanischen S t r 0 m u n g - Ver~n- derungen ein, die ihrerseits ebenfaUs einc Besserung der centralen Sehscharfe, zumal bei hochgradigen Amblyo- pien, zur Folge habcn: ich meine die gleichzeitige Regu- lirung der Refl'actions- und Accommodationsverhttltnisse. Wie die scheinbaren Myopien bei muskul~trer hsthenopie zu Stande kommen, ist ja dutch v. G r a c f e (1. c. S. 316) (iberzeugend genug dargethan und man kann sich hier aus den oben angefithrten Beispielen, wo im Laufe oder am Ende der Behandlung eine Zunahme tier Accommod~t- tionsbreiten sich herausgestellt hat, yon der h~ufigeu Coincidenz dieses Accommodatiouskrampfes mit tier Muskel- schwache iiberzeugen. Andererseits abel" finden sich nicht selden wahre Accommodations-Beschr~tnkungen (durch Itinausrticken des Sahepunktes), wie Fall 1l beweist und wie ich noch an vielen anderen dazwischen gesammelten Beobachtuugen zeigen kann, zum Theil ~'ielleicht als

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Fo]geer~cheinung jenes Krampfes, zum Theil mit dem Muskelleiden gleichzeitig und aus derselben Ursache ent- sprungen, die jedenfalls der Anwendung des Oalvanismus weichen, ebenso wie die reinen (nattirlich ni('ht physio- logischen) Accommodationsparescn.

Ist nun fl'eilich auch (lie hier angenommene antispa,~- modische Wirkung des constanten Stromes nicbt in allen oben angefiihrten Fallen durch die vorherige Anwendung des Mydriaticums stricte bewiesen*), so babe ich reich doch theils aus anderen Fitllen yon Insufficienz des int., sowohl mit als auch ohne Verminderung der S., yon dem Einflusse der abnormen Muskelspannung auf die Re- kaction - - in einem Falle betrug der Unterschied zwi- schen dem scheinbaren und wirklichen Fernpunkte ~,,~-- ' 1 : ~ - ohne gleichzeitige Ver~nderung der Sehschi~rfe nach der Accommodationslahmung, fiberzeugt, theiis geht aus den Krankengeschichten selbst hervor, dass (lie ttei- lung der Insufficienz und die Verbcsserung der centralen Sehschiirfe nicht etwa ausschliessIich dutch Erweiterung des Accommodationsterrains (Verringerung der Myopie) erfolgt (Fall 2, 9, 10). Es handelt sich vielmehr zumtchst auch hier wie bei der Tenotomie des Antagonisten um einen directen st/irkenden Einfluss auf die nach innen wirkenden Zugkriffte, ein Einfluss, den der Galvanisnms freilich nut unter gewissen Yoraus~etzungen zu tiben vermag. Die sonst n~tmlich for (lie Rficklagerung tier Externi gtinstige abnorm gesteigcrte Leistungsf~thigkeit derselben zeigen nur wenige der angeffihrten Beispiele und in noch wenigcr FNIeu hatte man hier das ganze

*) Naehdem ich diesea Punkt genauer betrachten gelernt habe, sollen die weiteren Beobachtungen in Bezug auf Refractionsver~nderun- gen der Controle des Atropins unterworfen werdea; freilich sower diea bei einer ambulanten BehaudIurtg, durch welehe die Berufsgeschafte des Patienten mSglichst wenig unterbrochen werden sollea, ausf~hr- bar ist.

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Missverh~tltniss mit einem ~cheerenschnitte allein 15sen kOnnen. Es handelt sich vielmehr hier wie in den meisten Fallen um einen ~irklichen u an Muskel- kraft*), ohne (lass ihn der Antagonist schon als absoiuten Gewim~ ftir sieh ausgebeutet h~tte, undes ist einleuch- tend, dass die Externi dann einer langer ibrtgesetzten methodisehen Reizung gegentiber ihre Uebermaeht aui: geben konnten. In der That sehen wit auch schliesslich naeh zugenommener Leistungsfahigkeit der Interni die Abduction~f~higkeit in den meisten Fidlen et~a, vcrmin- dert. Was die Zunahme jener betrifft, so gird sich aus den Zahlen selbst der Modus der Ver~tnderungen, die ja naeh dem Grade und der I)auer der Affection entweder eine sprungweise auftretende oder mehr langsame~ stetig fort~,chreitende Besserung darstellen, ergeben.

Auf die Dauer der Behandlung ist tibrigens, abge- sehen yon diesen und anderen individuellen Eigenthiim- lichkeiten, die Lebensxveise and die Beschhftigung wah- rend der Kur selbst, die sich ja bei der ambulantcn Be- handlung der Controle ganz entziehen und in manehelL unserer Falle mgglichst unzweckm~ssig ge~esen sin(l, ~,ewiss nicht ohne Einfluss. Die WirkulJg der Stromes- richtung i~t bereits einige Male angedeutet worden. Nach- (lem ich den entsehicdenen Vorzug des absteigenden Stromes in mehreren gleichzeitig behandelten F~itlen ken- ]~en gelen)t hatte, habe ich yon diesem aussehlicsslieh Gebrauch gemacht und zu demselben, wenn ieh bisweilen dnrch einen Strom~eehscl einen zu l~mgsamen Fortschritt be,-chleunigen zu kSnnen glaubte, immer zuriickkehren m[issen, indess wurde gerade der zuerst angefiihrte

*~ Die Arbelt einer Muskel ist bekanntlicb nieht blos das Product

aus d~r Last ~n die Hbhe, auf welehe die Muskelzusamme~ziehung die

lJ:a~t hebt; es geh5rt noch zur Funktion der Arbeit: die L a s t im , ; ] e i c h g e w ] c h t z~ hu l t en .

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Fall und ein anderer yon Parese der Interni und der Accommodation mit consecutiver Insufficienz der Interni und zwar letzterer in eclatanter Weise unter dem Ein- flusse des aufsteigenden Stromes gebessert. Bei einem 9jtihrigen, zwei Monate vorher an einem nervOsen Fieber erkrankten Kinde waren n/imlich nach der Reconvales- cenz (divergente) Doppelbilder aufgetreten, deren Bereich sich bis auf grOssere Abst/~nde allmalig erweiterte. Die Iuterni zeigten beiderseits eine Beweglichkeitsbeschran-

1 (bei M %. S 1), links kung yon fast 1'", N rechts ~ -

',~ (M ~'.~0 S1'/,,,). Hier zeigte sich bereits nach der ersten Sitzung Einfachsehen bis auf 3", nach der zwei- ten war N beiders. 1/, und nach 14 Tagen, w/thrend welcher Zeit N allerdings = :,'... geworden, aber geblieben war, eine Adductionsfahigkeit yon 31" (bis IV.,") und Abductionsfahigkeit yon 6". So gewiss es nun auch ist - - und die Fick ' schen Versuche*) haben es ja aus~er allen Zweifel gesetzt - - dass die Art der galvani- schen Reizung entscheidend ist far das Maass der Leistungsf~higkeit eines 3iuskels, so halte ich doch jede derartige unmittelbare, wenn anch nochso nahe liegende Uebertragung der Resultate des physiologi- schen Experiments auf so complicirte Vorg'ange, wie sic offenbar durch eine gewissermaassen en bloc statt- findende Reizung gegeben sind, ffir bedenklich und es scheint mir ffir die praktische Therapie zun/tchst wich- tig zu sein, sich fiber die Thatsachen selbst zu ver- st/indigen.

Was endlich den Modus der Anwendung betrifft, so habe ich also abweichend von dem Verfahren B e n e d i k t ' s (1. c. S. 109) den Kohlenpol einer constanten Batterie

*) Fick, Untersuchungen fiber elektrische Nervenreizung. Braun- schweig 1864.

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[StShren'~sche Apparat) auf die (.~egend des inn~,ren Winkels, meist bei geschlossenen Lidcrn, hitufig auch unmittelbar auf die Bindehaut (was indess die Wirksam- keit nicht immer erhShte) gesetzt, wiihrend die positive Electrode auf die Stirn- oder Nasenwurzelgegend applicirt ~vurde und die [3auer des durch 4--8 Elemente erzeug- ten Stromes 30 Secunden ( B e n e d i k t ]. c. S. 99) nicht iiberschritt. Dagegen konnte reich die yon demselben Autor gegebene Auseinandersetzung an der reflectori- schen Wirkun~sweise des Galvanismus auf die Muskeln nicht uberzeugen. Abgesehen yon dem bereits hervor- gehobenen entscheidenden Einflusse auf die Stromesrich- tung, die ja bei einer blossen Reizung der sowohl yore positiven ~tls negativen Pole getroffenen Trigeminus- I:~tsern nicht in Betracht kommen kSnnte, so habe ich wiederholt sowot~l bei Insufficienzen als wirklichen L~h- mungen oder Paresen die Wirksamkeit der dem Ansatz- ptmkte des afficirten Muskels mSglichst nahen Applica- tion constatiren kSnnen, wo eine anderweitige Reizung unwirksam geblieben war. Gewiss sind solche sich ent- gegenstehende Wahrnehmungen durch die Individualit/it der F~tlle und namentlich hier durch den Unterschied zwischen StSrungen in der Motilitiit und der Energie der Muskeln begrtindet, aber jedenfalls scheint mir bei einer gewisseh Art der Reizung ein directer Einfluss aut die Muskelfaser selbst mSglich zu sein und der Effect eines solchen methodischen Galvanisirens, durch welches aller- dings sehwache Contractionen des Muskels ausgelSst werden k6unen, in einer Gynmastik desselben zu be- stehen. In ~elcher Weise freilich der Strom auf den Muskel wirkt, d. h. welche Veranderungen er an dem- selben erzeugt, ob der yon der gereizten Stelle aus zum Muskel gelangende Strom die einzelnen Elemente dessel- ben zu vermehrter Th~ttigkeit anregt, oder die Ern~h- rungsvertmltnisse an demselben indirect durch vermehrte

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Zu/iihrung yon Ern~thrungsmaterial gehoben werden, wird sich schwerlich ohne directe Versuche all isolirten Mus- keln fettstellen lassen.

Jeder Versuch, therapeutische Fragen zu ertirtern~ ftihrt auf das Wesen der zu beteitigenden Anomalie. Die hier besprochene bietet hinsichtlich ihrer Entstehung un(l Beziehung zum ttbrigen Kiirper to anregende Ge- sichttpunkte, weist ant so sehr auf die Bedeutung und hbhiingigkeit die:ses M~lskelpaares yon verschiedenen krankhaften Zust~tnden bin, dass therapeutische Ver- suche, selbst wenn tie nut die L/isung der Frage auf einem anderen Wege bezweeken, gerechtfertigt erscheinen dtirften. Aus der vorangegangenen Dar- stellung wenigstens wird ersichtlich rein, dais es sich nicht darum handeln kann, die Tenotomie durch den Galvanismus zu ersetzen. L~tsst sich ja doch in dem zuertt angeftihrten Falle, wo der Erfolg ein ziem- lich eclatanter gewesen ist, der letztere zum Theil auf (lie vorangegangene Tenotomie zuriickfiihren. Letztere wird also immer anzuwenden sein, wo es sich mn tchnelle Herbeiftihrung gfinstigerer mechanischer Yerhi~ttnissc ftir die insufficienten Interni handelt (z. B. bedeutende Seh- axenverl~ngerung) und um so mehr den Vorzug verdie- nen, je gfinstiger und grtisser das Uebergewicht der Ex- terni ist. Nut da, wo nach Aufopferung der ganzen Ab- ductionskraft die Energie der Interni noch nicht herge- stellt ist, oder wo, well nut sehr schwache Pritmen mit der Basis nach innen oder gar keine fiberwunden wer- den, die Tenotomie keine wesentliche Erleichterung ffir die Interni in Austieht stellt, wird die Anwendung des constanten Stromes indicirt sein. Endlich glaube ieh denselben bei allen aut allgemeinen Schw,4chezustanden entstandenen Formen yon Muskelintufficienz empfehlen zu k6nnen.