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Zur Rekonstruktion der frühromanischen Anlage von St. Aposteln in Köln Author(s): Albert Verbeek Source: Zeitschrift für Kunstgeschichte, Bd. 4, H. 1/2 (1935), pp. 47-50 Published by: Deutscher Kunstverlag GmbH Munchen Berlin Stable URL: http://www.jstor.org/stable/1480749 . Accessed: 21/12/2014 03:56 Your use of the JSTOR archive indicates your acceptance of the Terms & Conditions of Use, available at . http://www.jstor.org/page/info/about/policies/terms.jsp . JSTOR is a not-for-profit service that helps scholars, researchers, and students discover, use, and build upon a wide range of content in a trusted digital archive. We use information technology and tools to increase productivity and facilitate new forms of scholarship. For more information about JSTOR, please contact [email protected]. . Deutscher Kunstverlag GmbH Munchen Berlin is collaborating with JSTOR to digitize, preserve and extend access to Zeitschrift für Kunstgeschichte. http://www.jstor.org This content downloaded from 128.235.251.160 on Sun, 21 Dec 2014 03:56:29 AM All use subject to JSTOR Terms and Conditions

Zur Rekonstruktion der frühromanischen Anlage von St. Aposteln in Köln

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Zur Rekonstruktion der frühromanischen Anlage von St. Aposteln in KölnAuthor(s): Albert VerbeekSource: Zeitschrift für Kunstgeschichte, Bd. 4, H. 1/2 (1935), pp. 47-50Published by: Deutscher Kunstverlag GmbH Munchen BerlinStable URL: http://www.jstor.org/stable/1480749 .

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MISCELLEN

ZUR REKONSTRUKTION DER FRIOHROMANISCHEN ANLAGE VON ST. APOSTELN IN KOLN )

Von Albert Verbeek

Um die ottonischen Bausch6pfungen im Rheinland hat sich die Forschung in den letzten Jahrzehnten von verschiedenen Seiten her bemiiht. Es konnte nachgewiesen werden, daB eine Reihe von Bauten, deren urspriingliche Gestalt sich aus erhaltenen Resten weitgehend feststellen lieB, stilistisch eng miteinander zu- sammenhingt. Zuletzt haben nach den griindlichen Vorarbeiten Effmanns fiir Werden und Humanns fiir Essen Kurt Wilhelm-Kastner (Das Miinster in Essen. Essen 1929) und Ernst Gall (Karolingische und ottonische Kirchen. Deutsche Bauten hrsg. v. Herm. Giesau 17. Burg 1930. S. 42 ff.) diese Gruppe behandelt. Dabei ist es gelungen, einige charakteristische Stilmerkmale herauszustellen, die der ottonischen Baukunst am Rhein eignen. Bisher nahm man an, daB im Kilner Stadtgebiet kein Rest eines Baues dieser Art mehr nachzuweisen ist. Denn der Piligrimsche Bau von St. Aposteln (eine Weihe ist zum Jahre 1o35 tiberliefert), der bis auf die Ostanlage den Kern des heutigen bildet, galt, im Gegensatz zu den reich gegliederten Kirchen in Essen und Werden, als eine einfache Pfeilerbasilika mit gleichmaBigem Arkadenschritt und kahler Oberwand; das veranlaBte E. Re- nard, von einem ,,Dualismus" in der friihromanischen rheinischen Architektur zu sprechen (Geschichte des Rheinlandes, hrsg. v. d. Ges. f. rhein. Geschichtskunde. Essen 1922. II, S. 380). Nun hat aber Paul Frankl in einem Aufsatz iiber diesen Bau von St. Aposteln (Wallraf-Richartz-Jahrbuch. Neue Folge I. Frankfurt 1930) auf Besonderheiten an dem noch Vorhandenen hingewiesen, die auf eine differenzierte Ausbildung der alten Langhauswinde schlieBen lassen. Die Rekonstruktion Frankls zeigt einen Bau, der unter den bekannten Werken der Zeit, nicht nur im deutschen Westen, vereinzelt wire.

Frankl machte darauf aufmerksam, daB einmal jedem zweiten der alten Pfeiler in den Seitenschiffen der Apostelkirche ein eingebundener Pilaster vorgelegt ist, - sodann, daB die auBen offenbar noch alte Mauer fiber den Scheidbigen im Mittelschiff um die Tiefe der Blenden der Bogengalerie hinter der Stirnfldche der alten Pfeiler zuriickspringt. Diese Beobachtungen sind tatsdchlich die einzigen sicheren Anhalte fiir die Rekonstruk- tion des friihromanischen Langhauses, von ihnen muB ausgegangen werden.

DaB ursprfinglich Querbbgen in den Seitenschiffen vorhanden waren, die auf Pilastern an jedem Pfeiler und an den AuBenwanden ruhten, erscheint durchaus wahrscheinlich; daran andern auch einige Einwinde nichts wie die, daB diese Pilaster an den Seitenschiffwinden nicht mehr erhalten sind, - daB sie an den Pfeilern UnregelmaBigkeiten zeigen (der eine erhaltene im Osten springt nur 4,5-5 cm vor, die beiden westlichen 7,5 bis 8 cm) - oder, daB von der oberen Gesimsverkr6pfung nichts mehr zu sehen ist, daB vielmehr die Deckplatte des Pfeilers auch tiber der alten Vorlage bis zum Ansatz der neuen Halbsaule durchlauft. Dies letzte kann nach- tr~gliche Anderung sein, denn die PfeilerfiiBe waren, wie an einer Stelle kenntlich ist, um die Vorlage verkr6pft. Fiir diese Art von Querb6gen gibe es ja auch unter den wenigen erhaltenen Denkmilern Beispiele aus der gleichen Frtihzeit des II. Jahrhunderts, - so Echternach (in den Seitenschiffen, ebenfalls bei Stiitzenwechsel) oder (in einer Art Querbau mit Emporen) St. Lucius in Werden oder auch Nivelles (in der Mitte aller drei Schiffe). Fiir das 9. Jahrhundert hat sie Effmann in der Werdener Abteikirche (in den Seitenschiffen) wahrscheinlich gemacht, ffir das 8. Jahrhundert Schwabl in St. Emmeram in Regensburg (hier dhnlich wie bei St. Lucius je drei B6gen in einem Querbau).

Den zweiten Punkt, die AufriBgestaltung der Mittelschiffwdnde, hat Frankl selbst offen gelassen und ,,die verschiedenen Rekonstruktionsmiglichkeiten zur Diskussion" gestellt. Damit gesteht er, daB ihn selbst keiner seiner Vorschlige v6llig befriedigt. Wenig Anklang wird seine erste L6sung finden, bei der die ganze Obermauer fiber einem von einem Rundbogenfries begleiteten Gesims zuriickspringt. Fiir den Bogenfries ist im Bau selbst kein stichhaltiger Anhalt gegeben. Der sich heute dort hinziehende Fries aus dem friihen 13. Jahr-

I) Die folgenden Ausfiihrungen wurden nach Erscheinen des Aufsatzes von Frankl im Wallraf-Richartz- Jahrbuch 1932 geschrieben und haben im August 1932 vorgelegen.

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hundert ist in dieser Zeit nicht so ungewbhnlich, daB er die Annahme nahelegte, er hatte einen alteren - friih- romanischen - Vorginger gehabt (Rundbogenfriese in spatromanischen Innenrdumen finden sich z. B. in den K1lner Kirchen St. Andreas, St. Gereon und St. Pantaleon, im Bonner Miinster, in der Liebfrauenkirche zu Roermond). Der von Frankl rekonstruierte Fries schlieft im Westen auch nicht gliicklich ab, wenngleich die Pfeilervorlagen zum Mittelschiff hin an sich ganz wahrscheinlich sind. Die zweite M6glichkeit, die Frankl ent- wickelt, ftihrt weiter. Ein Triforium ist im frfihen ii. Jahrhundert nicht ,,h6chst unwahrscheinlich", sondern bliebe ganz im Rahmen der rheinischen Baukunst, allerdings nicht in der vorgeschlagenen Form mit einer gleich- maiigen Abfolge von B6gen auf kleinen Saulchen mit Wiirfelkapitellen, sondern in Form von Nischen, die ein typisches Gliederungsmotiv der spatottonischen Baukunst im Rheinland und deren Auslaufern bilden. Bei Betrachtung des jetzigen spatromanischen Blendtriforiums in St. Aposteln ist schon dessen denkbar einfache Bildung gegentiber den reichen Gliederungsformen der gleichzeitigen W61bung (bei der selbst die Schildb6gen als Rundstabe ausgebildet sind) aufgefallen, um so mehr, als die Blendgalerie fiberhaupt ein Ziermotiv ist, das man gewbhnlich dementsprechend reicher ausgestaltet. Es gentigt ein Hinweis auf das etwa gleichzeitige Lang- haussystem von St. Andreas, wo aufer einer inneren Rahmung von Saulchen, die durch Rundstabbogen ver- bunden sind, die Ruickwand der Blende segmentfSrmig ausgenischt ist; selbst bei dem viel einfacheren System in der Kunibertskirche mit ihren bereits weitgehend reduzierten Formen, wo auch die alte Hochwand zu beriick- sichtigen war, erscheint doch die Rundstabrahmung der flachen Blenden. - An dem Triforium von St. Aposteln fallt weiter auf, daS die Bogen recht unregelmaiig geffihrt sind, und dies trotz der Behandlung, die sie zuletzt noch bei Einlage der Mosaiken erfahren haben. Es zeigt sich (soweit es ohne genaues Aufmessen festzustellen ist), daB die Unstimmigkeit in den B6gen ziemlich regelmdSig an allen wiederkehrt, und zwar so, daB die den Gew6lbediensten hingewandten Bogenhilften kiirzer sind als die der Mitte zugekehrten. Neben den Diensten fehlt seitlich auch die Vorlage und der Kampfer. Man wird die Vermutung nicht abweisen, daB diese merk- wiirdige Form durch eine altere Gliederung bedingt gewesen ist, weil man ohne eine solche Bindung freier wiirde disponiert haben. Bei Erganzung der Arkaden des Triforiums nach der Kurve der heutigen Ansatze an den

Gew6lbediensten entsteht eine Folge von jedesmal vier Bbgen, die durch schmale Wandfelder gleichweit von- einander entfernt sind. Breitere Wandflachen ergeben sich nur fiber den Pfeilern, denen nach den Seitenschiffen hin die Pilaster vorgelegt sind. (Die 1899 von Renard festgestellten, schon damals wieder vermauerten Durch- lasse hinter den Gew6lbediensten werden gleichzeitig mit diesen aus dem alten Mauerwerk gebrochen worden

sein.) Hier werden wir nun an die eigenartige Gestaltung der Hochwand in der Werdener Luciuskirche (be-

gonnen 995) erinnert, die besonders gut bekannt ist. Die Nordwand des Doppeljochs im Chor ist dort vollstindig erhalten. Uber den beiden B6gen auf einer Mittelsaule und Seitenpfeilern und unter dem Obergaden mit zwei Fenstern ist ein GeschoB mit einer dreifachen Nischengliederung eingeschoben. Dieses Triforium sitzt auf einem Gesims, das um die bis zu ihm hochgehenden Wandvorlagen verkr6pft ist.

(Hier sei bemerkt, daB die Darstellung dieses Wandsystems nach Effmann bei Clemen, Die roma- nische Monumentalmalerei i. d. Rheinl. Diisseldorf 1916. S. 91, Fig. 72 und bei Effmann, Die Karo-

lingisch-ottonischen Bauten zu Werden II. Berlin 1922. Abb. 12 - danach bei Gall, Karolingische und ottonische Kirchen S. 41 - ganzlich verzeichnet ist, wie schon ein Vergleich mit der bei Effmann Taf. I abgebildeten Photographie beweist: die mittlere Saule hat im Querschnitt die Form eines Vierpasses, der auch das aus vier ,,Wiirfeln" zusammengesetzte Kapitell entspricht, - nach den Seiten zu ruhen die

Scheidb6gen auf den Pfeilern vorgelegten Pilastern mit sch6nen antikisierenden Laubwerkkapitellen, - auf der Chorseite dagegen sind die Pfeiler bis zu dem erwahnten Gesims hochgeffihrt, - weiter setzen die Nischen unmittelbar iiber diesem an und sind insofern rhythmisch unter sich gegliedert, als die mitt- lere breiter und h6her als die seitlichen ist, - auserdem entspricht die Proportionierung des Ganzen auf der Zeichnung nicht der tatsachlichen.) Dieses Wandsystem von St. Lucius legt nun eine ahnliche Gliederung bei St. Aposteln nahe. Hier k6nnen

den Pilastervorlagen in den Seitenschiffen sehr wohl ebensolche im Mittelschiff entsprochen haben. Darauf hat auch Frankl hingewiesen, seine erste Losung nimmt dies an. Die eben rekonstruierte Blendenreihe wiirde solche

Vorlagen im Mittelschiff direkt verlangen, damit wairen die breiten Wandfelder fiber ihnen zwischen den Nischen erklart; das Gesims, das unter den Nischen anzunehmen ist, waire dann um die Vorlagen verkropft gewesen. So haitten wir einen ausgepraigten Stiitzenwechsel, bei dem je zwei Bogen in einem rechteckigen Rahmen gebunden sind. Hier handelt es sich um eine typisch rheinische Art der Zusammenfassung von Bogen, die mit dem sach- sischen Stuitzenwechsel nichts zu tun hat. Sie ist am bekanntesten in der Form eines grosen Blendbogens, der, wie in Echternach, von Pfeiler zu Pfeiler gespannt, die beiden offenen Bbgen auf einer mittleren Saule zusammen- fal3t. AuSer Echternach gibt es hierftir aus der ersten Halfte des ii. Jahrhunderts noch zwei weitere Beispiele: Zyfflich bei Kleve und Stisteren im hollandischen Limburg. Eine solche Form schlielt ein Triforium aus. Da- gegen ermoglicht die andere Art der rechteckigen Umrahmung eine Blendgalerie: so hat die Hochwand der Stisterner Kirche im Langhaus den erwahnten Bogenrahmen, im Chor jedoch die gleiche rechtwinklige Rahmung wie St. Lucius mit der dreifachen Nischengliederung dariiber.

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(Diese Nischen in Siisteren sind in den grundlegenden Aufnahmen bei v. Fisenne, Kunstdenkmale des Mittelalters. Aachen 188o. 2. Lief. Taf. VII, danach bei Effmann, Die karolingisch-ottonischen Bauten zu Werden I. Strafburg 1899. S. 7o, Fig. 47 - nicht eingezeichnet, sie sind wohl erst bei der Restauration von 1892 zum Vorschein gekommen, vgl. den Lingenschnitt bei Kalf-Cuypers, De katholike Kerken in Nederland. Amsterdam 1905. S. 575 f., auch Jos. Coenen, De drie munsters der Maasgouw (Sonderdruck aus Publ. de la sociit6 hist. et archiol. dans le Limbourg t. LVII, 1921) S. i29, und Fr. Ver- meulen, Gesch. d. nederl. Bouwkunst I. 's Hage 1928. S. 285. - Marburger Phot. 9977.)

In ganz engem stilistischen Zusammenhang mit Siisteren und Werden steht das Miinster in Essen, dessen otto- nischer Bau um r ooo aus Resten rekonstruiert werden kann (vgl. Wilhelm-Kastner, Das Miinster in Essen, bes. S. 27, 50 f.). Vor allem die Ch6re der Bauten stimmen so sehr fiberein (wie ich in meiner Bonner Diss. fiber St. Georg in K61n dargetan habe), dab auch auf die verschwundene Hochwandgliederung in Essen ein Riick- schluB von diesen beiden erhaltenen Kirchen erlaubt ist.

Zwei sichere rheinische Bauten und einen wahrscheinlichen haben wir also, die eine gleiche Gliederung der Hochwand durch eine Nischenreihe fiber den Scheidb6gen aufweisen, von denen je zwei in einem recht- eckigen Rahmen zusammengefaBt sind. Allerdings ist dieser AufriB nur fiir das Doppeljoch der Ch6re gesichert. Effmanns Rekonstruktion von St. Lucius, die das gleiche System ffir das ganze Langhaus (in das heute noch Hiuser verbaut sind) annimmt, ist zwar angezweifelt, doch nicht widerlegt worden, - sie k6nnte sogar umge- kehrt jetzt durch die Rekonstruktion von St. Aposteln gestiitzt werden. - Der Charakter der spitottonischen Bauten in Essen und Werden ist weniger herb als der der Apostelkirche, hier starke Pfeiler, schwere Kimpfer, steile Karniesprofile, dort antikisierende Formen und weich ausladende Gesimse. Deshalb wire wohl an die M6glichkeit zu denken, daB in St. Aposteln die Nischen rechteckigen GrundriB hatten gegentiber segmentf6rmigen in den anderen angeffihrten Bauten, doch wire daffir keine Parallele aufzuweisen. Sind sie auch hier segment- f6rmig gewesen, so hat man sie beim Umbau zu Anfang des 13. Jahrhunderts wohl deswegen geindert, weil man bei der alten Form die fiir notwendig erachteten Triforiensaulchen nicht verwenden konnte. Die reichere Form, Vereinigung von Triforienb6gen und Segmentnischen, hitte in St. Aposteln eine zu tiefe Aush6hlung des alten Mauerwerks erfordert (ihnlich wie in St. Kunibert). - Die Rekonstruktion der Bogenblenden in dem friih- romanischen Bau ergab die gleichen MaBe wie sie die AuBenseiten der gleichzeitigen Fenster haben, die im Mauer- werk noch zu erkennen sind.

Frankl hat erkannt, daB die Arkaden des friihromanischen Langhauses sich offenbar in die heutige Drei- konchenanlage hinein erstreckten. Er hat vier Doppeljoche angenommen, weil dann die Apsis mit der Rundung der heutigen Ostkoncha zusammenfiele, man also das alte Fundament habe wieder verwenden k6nnen. Dieser Erklirung stehen Bedenken entgegen. Denn dem Architekten des Dreikonchenbaues muBte daran gelegen sein, ein festes und einheitliches Fundament fiir seine kiihne Gew6lbekonstruktion zu erhalten, wobei der Rest einer alten, anders zusammengesetzten Mauerung ein gleichmidBiges Setzen des ganzen Bauwerks gefahrdet hitte. - Nimmt man nun fiir die Lange des Mittelschiffs bloB drei Doppelarkaden an, so trifft der Mittelpunkt einer anzu- nehmenden Apsis genau mit dem der spiteren Zentralanlage zusammen. Fiir diese Rekonstruktion wiirde der- selbe liturgische Grund sprechen, den auch Frankl fiir seine Aufnahme geltend macht, daB namlich der Platz des Hauptaltares beibehalten werden konnte. (Bis ins vorige Jahrhundert hat der Hochaltar eine zeitlang in der Vierung gestanden.) Um diesen Zentralpunkt konnte zudem der neue Architekt im organischen AnschluB an den alten Bau seine groBartige Konzeption der Ostanlage entwickeln. Dazu kommt, daB die Entfernung von diesem Zentrum bis zur Innenkante der Westvierung vier Schiffsbreiten betrigt. Bei deren MaB von ungefihr 36 R6mischen FuB ist sie also 144 R6mische FuB lang. Fiihrt man nun die so nahegelegte Rekonstruktion aus, so laBt sich die Reihe der Fenster, nach den vorhandenen Spuren auf acht erginzt, fiberraschend gut einordnen. Die unregelmaiige Verschiebung gegen die Arkaden darunter ist dann aus dem Umstand erklirt, daB westlich ein Pfeiler ffir den Querhausbogen hochgefiihrt ist, der im Osten vor der direkt anschlieBenden Apsis fehlte. (Die Innenansicht des Chores von St. Lucius in Werden - dazu vgl. Nachrichtenblatt ffir rhein. Heimatpflege II. 1930/31, Heft 7/8, S. 16 - entspricht, wenn man von den Einzelformen absieht, ganz dem Chor der alten Apostel- kirche, wie ihn diese Rekonstruktion annimmt.) Weiter ergibt sich fiir das wiederhergestellte Triforium die Zahl von zw61lf Nischen. Man k6nnte sich denken, daB wie in Werden und Siistern die Nischen mit Heiligen- figuren ausgemalt waren, - auf einer Seite mit zwolf Aposteln, auf der andern mit deren alttestamentarischen Vorlaiufern. (Auch die Seitenschiffwinde des ottonischen Essener Miinsters hatten - unabhiingig von den Scheidarkaden - zwolf Nischen.)

AuBer dem Langhaus ist von dem friihromanischen Bau das Westquerschiff im Kern des heutigen Mauer- werks erhalten und anscheinend auch Teile des Westchors. Nach Art seiner Mauerung kann der Turm nicht erst Ii6o oder gar um 1192 begonnen sein, wie noch Frankl auf Grund des Stiftssiegels aus der Zeit um I i6o glaubte annehmen zu miissen. Der Turm mag damals das Querschiffdach noch nicht fiberragt haben. Wenn er bei dem Knick in der Achse auch nicht ganz einheitlich mit der Basilika des Piligrim ist, wird seine Errich- tung - etwa nach einer Planinderung - eine vielleicht langsam fortschreitende, aber nicht lange unterbrochene Bautitigkeit abgeschlossen haben. Dies hat jetzt E. Lang (Ottonische und friihromanische Kirchen in K61n. Koblenz 1932) eingehender begrindet. Jedenfalls ist die von Frankl gezeichnete Westapsis mit dem Rick-

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sprung der Apsiswand hinter den Pfeilern des westlichen Querbogens kaum denkbar. Solche L6sung findet sich auBer bei Rekonstruktionen selten und nur dann, wenn sie konstruktiv besonders bedingt ist (z. B. in Reichenau- Niederzell durch die auf den drei Apsiden aufsitzende Giebelwand).

Der Dachreiter, den das erwahnte Siegel darzustellen scheint, wird von Frankl bezweifelt. Es wire aber trotz der diirftigen Uberlieferung nicht,,der einzige Dachreiter des ii. Jahrhunderts, von dem wir Kunde" haben. Von der unter Abt Adelhard II. (1o55-Io80) erweiterten Abteikirche St. Truiden hei3t es bei Aufzahlung der Glocken: ,,super chorum nostrum una" (Rodulfi gesta abb. Trud., M. G. SS. X. p. 288, 2), was am ehesten als kleiner Glockenturm auf dem Chordach gedeutet werden kann, natiirlich mit nicht sehr spitzem Helm.

Fiir den 6stlichen AbschluB gibt es verschiedene M6glichkeiten. Nach dem Stiftssiegel ist es sehr wahr- scheinlich, daB zwei Osttiirme vorhanden waren. Ober ihre Stellung, ob sie eine Apsis flankierten, ist keine vollige Klarheit zu erlangen. Neben den Seitenschiffen hdtten sie einen Sinn als Zugang zu Emporen in einem Querbau gehabt in der Art, wie ihn Schwabl fiir die romanische Friihzeit als weitverbreiteten Typuis nachgewiesen hat (Ztschr. f. Bauwesen 69. 1919. Sp. 94 ff., I12 f.). Doch gibt es daffir keinen Anhalt. Zwangloser jeden- falls ffigen sich die Tiirme in die Verlingerung der Seitenschiffe ein, etwa wie in Worms. Die beiden Altarplitze am Ende der Schiffe gingen dabei nicht verloren, wenn die Turmzuginge nach dem Mittelraum hin verschoben waren, wie es z. B. in Essen und in Siisteren der Fall ist. Neuerdings ist von E. Lang der Vorschlag gemacht worden, die alte Ostanlage sich in Art der allerdings auch noch nicht ganz gesicherten am Willigisschen Dom in Mainz vorzustellen als zweitfirmige Ostfront mit dem Hauptzugang in der Mitte, so daB der Bau nach Westen ,,orientiert" gewesen wire. Dies ist nicht ausgeschlossen, aber durch nichts begrfindet. Zwar ist die Ostseite der im I . Jahrhundert noch vor der Stadt gelegenen Kirche dem Stadtinneren zugewandt, aber dicht vor ihr her lief damals die r6mische Stadtmauer, die noch auf dem Mercatorplan vom Jahre i551 in der Achse der Kirche keinen Durchbruch zeigt. Das Portal in der n6rdlichen Ostwand des Westquerschiffs, das bis zur Mitte des 17. Jahrhunderts der Hauptzugang zur Kirche blieb, bestand bereits in dem friihromanischen Bau. Unter den friihen K61ner Stiftskirchen ist keine bekannt, die eine zweitiirmige Haupteingangsfront mit so eindeutiger Richtung des Innenraums gehabt hitte, sicher keine ohne Ostchor. Bei der im Jahre Iio6 in St. Aposteln ,,ad altare principale in choro" ausgestellten Urkunde liegt der Ton auf dem Wort ,,Hauptaltar" und iiber die Anzahl der Ch6re wird nichts ausgesagt. Keinesfalls aber kann die Bezeichnung Chor auf den Westturm allein bezogen werden. Dieser wurde in ahnlichen Fallen gew6hnlich ,,turris" genannt. Als Hauptchor ist er schon deshalb schlecht zu denken, weil er bei der mangelhaften Beleuchtung des eigentlichen Turminnern durch zwei hoch- sitzende kleine Fenster in der Westwand als dunkler Schacht wirken muBte, besonders wenn die Krypta durch die ganze Vierung vorgezogen war. Die seitlichen Schneckenstiegen machen es auBerdem sehr wahrscheinlich, daB schon urspriinglich eine Empore bestand. Wenn Lang in ausffihrlicher Darlegung den Westturm von St. Aposteln - und zwar mit Recht - als einen fiir die Riickentwicklung und Aufl6sung des karolingischen Westwerktypus kennzeichnenden Vertreter in Anspruch nimmt, so laBt sich damit nicht vereinbaren, daB er zugleich in ihm den Hauptchor sieht und einen zweiten ,,Westbau" als Zweiturmfront im Osten rekonstruiert. (Dabei ist auch das Hervorwachsen der Rundtiirme aus dem rechteckigen Unterbau nicht recht iiberzeugend, wird durch das Siegel jedenfalls nicht gestuitzt.)

Ist auch mit dieser Untersuchung keine v6llige Klarheit iiber den friihromanischen Bau von St. Aposteln erzielt, so wird aber die M6glichkeit einer einleuchtenden Erklarung des Baubefundes und der Einordnung des Werkes in die Bauten seines Umkreises gegeben. Der frfihe Versuch einer Hochwandgliederung durch ein Nischentriforium ist weit iiber die landschaftlichen Bedingtheiten bedeutsam und bisher viel zu wenig beachtet. Damit wird der ottonischen Baukunst im Rheinland mit ihren Auslaufern ein hervorragender Platz in der ge- samten Architekturentwicklung gesichert. Aber auch ffir die spitere rheinische Baukunst seit der Mitte des 12. Jahrhunderts wird das Ankniipfen an die mehr als ein Jahrhundert zuriickliegenden Versuche wichtig, wie denn die rheinische Architekturgeschichte des friihen und hohen Mittelalters bis zur Gotik einen trotz langer Unterbrechung einheitlichen Verlauf zeigt. Das wenige aus der Friihzeit des ii. Jahrhunderts Erhaltene deutet jedenfalls darauf hin, daB wir uns das Untergegangene nicht allzu einfach vorstellen diirfen, wenn wir auch einen Gliederungsreichtum wie den an den Bauten in Essen und Werden bei den Kirchen der erst spater aufbliihenden K61lner Stifter nicht suchen werden.

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