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Math. Z. 168, 77-85 (1979) Mathematische Zeitschrift by Springer-Verlag 1979 Zur Existenz ganzer Funktionen bei vorgegebener Menge der Nullstellen und Einsstellen J/frg Winkler Fachbereich Mathematik der TU Berlin, Strage des 17. Juni 135, D-1000 Berlin 12, Bundesrepublik Deutschland 1. Einleitung In [8] ffihrten Rubel und Yang den Begriff ,,zero-one set" (=,,Null-Einsstellen- Menge") einer ganzen Funktion f ein: Ist f(z) eine ganze Funktion, ist al, a2, a3,..., beziehungsweise bl,b2,b 3 .... , die durch {a,} beziehungsweise {b,} bezeichnete Folge s~imtlicher Nullstellen, beziehungsweise Einsstellen, yon f(z), so heii3t das Paar ({a,}, {b,}) zero-one set yon f(z). Rubel und Yang zeigten in [8], dab es Paare von Punktfolgen gibt, die nicht ,,zero-one set" einer ganzen Funktion sein k6nnen. Unabh/ingig vor~ diesem Ergebnis in [8] ist die Existenz von Paaren von Punktfolgen, die nicht ,,zero-one set" irgendeiner ganzen Funktion sein k/Snnen, gesichert, weil Picardmengen ganzer Funktionen existieren: Eine Punktmenge E der komplexen Ebene heil3t Picardmenge der ganzen Funktionen, wenn keine ganze Funktion existiert, deren s~imtliche Null- und Einsstellen in E enthalten sind. Also kann jedes Paar von Punktfolgen al, a 2, a3, ... und bl, b2, b3,..., die beide in einer Picardmenge E enthalten sind, nicht ,,zero-one set" irgendeiner ganzen Funktion sein. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dab erste Kriterien, die Picardmengen liefern, von Lehto in [5] angegeben wurden. Wenig sp~iter wurde ein weiteres derartiges Kriterium yon Matsumoto in [6] bewiesen. Weitere Kriterien fiir Picardmengen ganzer Funktionen wurden dann sp~iter von Baker, Toppila und dem Verfasser in verschiedenen Arbeiten ange- geben (s. z.B. [1-3, 9, 11-13] und [14]), wobei Baker und Toppila in gewisser Hinsicht bestm6gliche Ergebnisse erzielten. Die Frage nach Punktmengen, die ,,zero-one set" einer ganzen Funktion sein oder nicht sein k6nnen, ist mit den abschliegenden Ergebnissen fiber Picard- mengen ganzer Funktionen yon einer endgfiltigen Beantwortung noch weit ent- fernt. Erste Punktfolgen, die weder Vereinigung der Punkte einer ,,zero-one set" einer ganzen Funktion sein k6nnen noch Picardmengen sind, wurden in [13] angegeben. Derartige Beispiele ffir Paare von Punktfolgen, die nicht ,,zero-one set" einer ganzen Funktion sein k6nnen, lassen sich zahlreich vermehren, was der Verfasser auch anl/iglich eines Vortrages an der Universit~it von Jyv~iskyla/Finn- 0025-5874/79/0168/0077/$01.80

Zur Existenz ganzer Funktionen bei vorgegebener Menge der Nullstellen und Einsstellen

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Math. Z. 168, 77-85 (1979) Mathematische Zeitschrift

�9 by Springer-Verlag 1979

Zur Existenz ganzer Funktionen bei vorgegebener Menge der Nullstellen und Einsstellen

J/frg Winkler

Fachbereich Mathematik der TU Berlin, Strage des 17. Juni 135, D-1000 Berlin 12, Bundesrepublik Deutschland

1. Einleitung

In [8] ffihrten Rubel und Yang den Begriff ,,zero-one set" (=,,Null-Einsstellen- Menge") einer ganzen Funktion f ein: Ist f (z) eine ganze Funktion, ist al, a2, a3,..., beziehungsweise bl,b2,b 3 .... , die durch {a,} beziehungsweise {b,} bezeichnete Folge s~imtlicher Nullstellen, beziehungsweise Einsstellen, yon f(z), so heii3t das Paar ({a,}, {b,}) zero-one set yon f(z).

Rubel und Yang zeigten in [8], dab es Paare von Punktfolgen gibt, die nicht ,,zero-one set" einer ganzen Funktion sein k6nnen. Unabh/ingig vor~ diesem Ergebnis in [8] ist die Existenz von Paaren von Punktfolgen, die nicht ,,zero-one set" irgendeiner ganzen Funktion sein k/Snnen, gesichert, weil Picardmengen ganzer Funktionen existieren: Eine Punktmenge E der komplexen Ebene heil3t Picardmenge der ganzen Funktionen, wenn keine ganze Funktion existiert, deren s~imtliche Null- und Einsstellen in E enthalten sind.

Also kann jedes Paar von Punktfolgen al, a 2, a3, ... und bl, b2, b3 , . . . , die beide in einer Picardmenge E enthalten sind, nicht ,,zero-one set" irgendeiner ganzen Funktion sein. In diesem Zusammenhang sei darauf hingewiesen, dab erste Kriterien, die Picardmengen liefern, von Lehto in [5] angegeben wurden.

Wenig sp~iter wurde ein weiteres derartiges Kriterium yon Matsumoto in [6] bewiesen. Weitere Kriterien fiir Picardmengen ganzer Funktionen wurden dann sp~iter von Baker, Toppila und dem Verfasser in verschiedenen Arbeiten ange- geben (s. z.B. [1-3, 9, 11-13] und [14]), wobei Baker und Toppila in gewisser Hinsicht bestm6gliche Ergebnisse erzielten.

Die Frage nach Punktmengen, die ,,zero-one set" einer ganzen Funktion sein oder nicht sein k6nnen, ist mit den abschliegenden Ergebnissen fiber Picard- mengen ganzer Funktionen yon einer endgfiltigen Beantwortung noch weit ent- fernt. Erste Punktfolgen, die weder Vereinigung der Punkte einer ,,zero-one set" einer ganzen Funktion sein k6nnen noch Picardmengen sind, wurden in [13] angegeben. Derartige Beispiele ffir Paare von Punktfolgen, die nicht ,,zero-one set" einer ganzen Funktion sein k6nnen, lassen sich zahlreich vermehren, was der Verfasser auch anl/iglich eines Vortrages an der Universit~it von Jyv~iskyla/Finn-

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land nachwies. DaB derartige Beispiele von Paaren yon Punktfolgen notwendiger- weise sehr zahlreich auftreten miissen, zeigte Ozawa in [7] mit folgendem Er- gebnis: Ist das Folgenpaar ({a,}, {b,}) ,,zero-one set" einer ganzen Funktion, so ergibt sich durch Fortlassen genau eines Punktes aus genau einer der Folgen {an} und {b,} ein Folgenpaar ({an}', {bn}' ), das nicht ,,zero-one set" einer ganzen Funktion sein kann.

In dieser Arbeit soll eine andere Art der ANinderung einer ,,zero-one set" einer ganzen Funktion untersucht werden. Es wird gezeigt werden: Ist das Folgen- paar ({a,}, {b,}) ,,zero-one set" einer ganzen Funktion und erfiillen die Punkt- folgen al, a2, a s . . . . und b 1, b2, b3, ... zwei zus~itzliche Bedingungen, so kann das durch geringftigige Verschiebung der Punkte a, und b, sich ergebende Folgen- paar ({a'n}, {b'n} ) nicht ,,zero-one set" einer ganzen Funktion sein. Die genaue Beschreibung dieses Sachverhaltes beinhalten die S~itze in 3. In 2. werden zum Beweis der Sgtze in 3. benStigte Hilfsmittel als Hilfss~itze 1, 2 und 3 zusammen- gestellt.

Es sei darauf hingewiesen, dab nachfolgend die iiblichen Bezeichnungen der Nevanlinnaschen Theorie - T(r , f )=m(r , f )+N(r , f ) und Konvergenzexponent einer Punktfolge benutzt werden.

2. Bereitstellung von Hilfsmitteln

Das erste mit dem Hilfssatz 1 zu beweisende Hilfsmittel liefert eine genauere Aussage fiber die Wertannahme einer meromorphen Funktion f. Beweis und Aussage dieses Satzes sind einem Satz Toppilas in [10] im Prinzip sehr iihnlich. Dieser Hilfssatz wird hier dennoch formuliert und bewiesen, weil sich die Voraus- setzungen und die daraus ergebende Behauptung, die sp~iter in dieser Form benStigt werden, st~irker von den in [10] benutzten Voraussetzungen und daraus folgender Behauptung unterscheiden.

Hilfssatz 1. Sei f (z) eine in der komplexen Ebene meromorphe Funktion der Ord- nung p< o0. Gilt dann mit einem e>O fiir eine Punktfolge zl, z2, z3, . . . mit [z,[~oo

! i m e - " 1 + I f ( z . ) l a - ~ ' (1)

so nimmt f (z) in jeder unendlichen Teilfolge der Kreisscheiben C,= {zl Iz-z.I < e -Iz"P+~} jeden Wert der kompakt!fizierten komplexen Ebene an.

Beweis. Gilt die zu beweisende Behauptung nicht, so kann ohne Einschr~inkung

der Allgemeinheit angenommen werden, daft in ~) C, keine Polstellen von f (z) n = l

liegen. Die Gtiltigkeit dieser Annahme sei nachfolgend vorausgesetzt. Wegen (1) mug yon einem n o ab

If'(z.)l > e I~"l . . . . . . . (2)

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Ganze Funktionen bei vorgegebener Menge der Nullstellen und Einsstellen 79

gelten. Da f (z ) e-I""10+~ } und

in keiner Kreisscheibe C, einen Pol hat, gilt mit K , = {z[[z-z , [ = M. = Max I f(z)l

zEKn

• dz < M, e l~"l~ §176 (3)

Wegen (2) und Zahl n a

(3) mul3 also mit einer Kons tanten C o > 0 mit einer nattirlichen

M , = M a x If(z)[ ~ C o e ~lz"12 . . . . . . ffir n>=n I (4) zeKn

gelten. Wegen (4) sei jetzt If(z)] betrachtet. Sind al, a2, a 3 . . . . bzw. bl, bz, b3, ... s~imtliche gem~ig ihrer Vielfachheit auf-

tretenden Nullstellen bzw. Polstellen von f(z), so gilt flit jeden Kreis ]~]=r, auf dem keine Nullstelle oder Polstelle von f (z ) liegt, und jedes z = [zl e ~ mit [z[ < r die Poisson-Jensensche Formel

2= rZ-[z[2 dO 1 S log [f(rei~)] r2_2 r [z[ cos(0-~0)+[z] 2 log [f(z)[ = ~ o

r (Z -av ) r(z-bv) - ~ log + 2 1 o g ~ ,~ ~ '

lavl<r Ibvl=r

woraus

1 2~ r+]z[ .~ r(z-b~) log l / ( z ) [ < ~ S log I f ( r e ' ~ 1 7 6 Z log

o Ib,r__<~.

und schliel31ich

IzI Z log ~ (5) log If(z)l <m(r , f ) r-[z~-ib.l_< ~ r - b , z

folgt. Weil f (z) in C, keinen Pol hat, gilt fiir jede Polstelle b, yon f (z)

I z - b , l > l b - z , l - l z - z . l > e - I ~ , l ~ e Iz-10+~"

Wegen ]z,I ~ oe gilt also mit einer nattirlichen Zahl n 2

[z -b , l>�89 -J~"t€ ffir zEK, und n>n 2.

Da fiir Izl < r u n d Ib~l < r auch Ir 2 -b~ z I =<_2r 2 gilt, folgt ftir Izl < r , z e K , , I b, k < r und n > n 2

Iz-b~l >=�88 IrZ-b~ zl

Dies eingesetzt in (5) liefert fiir Iz l<r , zEK, und n>=n 2

log If(z)] < m (r, f ) ~ + n (r, f ) log(�88 r 2 e I~"l~ ~),

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80 J. Winkler

woraus f'tir [zn[ + Iz , [ -P>r> Izn[ + lzn] -p-~, z e K , und n>=n 2 mit einer Konstanten C 1 >2

log If(z)[ < T(lz,] + ]z,]-o,f) C1 (Izn] + Iz, I- P) t-n(lz,l + Iz hI- P,f) C 1 IZn] ~ +~ Fz~

folgt. Weil f (z) die Ordnung p hat, folgt hieraus fiir betragsm~il3ig hinreichend groge zeKn und n>n2

log [f(z)l < (Iz, I + [znl-p)o+~ iznlO c1 (Iznl + Iznl-9+ Cl([Zn[ "~-IZnl-p)N(p+e)

woraus mit einer Konstanten C 2 > 0

folgt, was wegen e > 0 und [znl ~ oo einen Widerspruch zu (4) bedeutet und damit den Hilfssatz 1 beweist.

Der folgende Hilfssatz 2 ist eine einfache Konsequenz aus [14], bzw. dem gleichlautenden, friiheren Ergebnis von Gavrilov in [4], und liefert ein Kriterium fiir das Wachstum der sph~irischen Derivierten einer meromorphen Funktion.

Hilfssatz 2. Sei f (z) eine in der kompIexen Ebene meromorphe Funktion. Seien al, a2, a3, ... und bl, b2, b3, ... zwei Punktfolgen der komplexen Ebene. Gilt dann mit zwei positiven Konstanten C 1 und C2

If(a,)l < C1 und If(an)-f(b,)l > C z fiir n= 1, 2, 3 , . . . ,

so existiert fiir jedes n auf jeder Verbindungsstrecke der Punkte a, und b, ein Punkt z,, so daft

If'(z,)[ C 2 la , -b , I >

1 + If(z,)l 2= 1 +(C1 +2C2) 2

gilt.

Beweis. Zum Beweis dieses Hilfssatzes 2 kann ohne Einschr~inkung angenommen werden, dab ftir jedes n= 1, 2, 3,... die Funktion If(an)-f(z)l auf der die Punkte a n und b, verbindenden Strecke s, durch die Konstante 2C2 beschr~inkt ist. Dann gilt aber

l f (z) l<Ca+2C2 ftir z~s. (6)

Zufolge dem Weierstral3schen Mittelwertsatz existiert weiterhin auf s ein Punkt z, mit If(an)-f(bn)l<lan-bnl If'(z,)l und folglich lan-bnl I f ' (z ,) l>C2. Wegen (6) folgt hieraus unmittelbar die zu beweisende Behauptung.

Der letzte bereitzustellende Hilfssatz 3 wird aus [-14] unmittelbar tibernommen und deshalb hier ohne Beweis aufgeffihrt. Er zeigt, dab das Wachstum der sph~iri- schen Derivierten ganzer Funktionen in Abh~ingigkeit von der Ordnung be- schr~inkt ist. Auch dieser Hilfssatz ist Ergebnissen von Toppila in El0] ~ihnlich.

Hilfssatz 3. Ist f (z) eine ganze Funktion der Ordnung p < o% so gilt ffir jedes e > 0

lira sup e -I~l~ If'(z)l =0. Izl-oo 1 + If(z)l 2

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3. Formulierung und Beweis des Ergebnisses

Das in der Einleitung bereits ohne genaue Voraussetzung angegebene Ergebnis ist in seiner detaillierten Form im nachfolgenden Satz 1 enthalten. Die detaillierte Formulierung des Ergebnisses im Satz 1 wird im Anschlul3 an den Beweis des Satzes 1 zum abschlieBenden Satz 2 fiihren.

Satz 1. Sei die reelle Zahl p + 1, 2, 3, ... Konvergenzexponent der beiden Folgen al, a2, a 3 . . . . und bl, b2, b 3 . . . . der gemiifi ihrer Vie!fachheit at(tretenden Null- stellen (a,) und Einsstellen (b,) der ganzen Funktion f . Mi t einem reellen d>0, einem reellen z > 1 und einem ganzen n o gelte

f - 0 < d < fiir fast alle r > 0 (7) N(r ) l a , - am] > e-la"ip++(*-l)

und (8)

ib _b , , l>e_lb , jo+~(, 1) fiir n, m > n o.

Sind dann a;, d2, a; . . . . und b'~, b' 2, b'a, ... zwei Folgen komplexer Zahlen mit

[a , -a ' , l=O(e- la "1~~ und [b,-b ' ,[=O(e-lb "1 . . . . ), (9)

so existiert keine yon f ( z ) verschiedene ganze Funktion g(z), fi~r die die Folgen ! ~ t t ! t al, az, a3, ... und bt, ba, b3, ... die Folgen der gemiifi ihrer Vielfaehheit auftretenden

Nullstellen und Einsstellen yon g(z) sin&

Beweis. Zum Beweis des Satzes 1 sei nachfolgend angenommen, dab die Folgen t r a 1,' a z,' a~; . . . . . . und b[, bz, b3, die Folgen s~imtlicher, gemiiB ihrer VMfachheit

auftretenden Nullstellen und Einsstellen der ganzen Funktion der Ordnung p seien. Diese Annahme wird im folgenden Beweis widerlegt werden.

Vor allem Weiteren sei bemerkt: Weil f ( z ) und g(z) ganze Funktionen sind und der Konvergenzexponent ihrer Null- und Einsstellen p ist, haben f ( z ) und g(z) die Ordnung p.

Zun~ichst sei nachfolgend zu (7) vorausgesetzt, dab fiir allen

0 < [a. - a'.l (10)

und

O<lb.-b'.l (11)

gilt. Auf diese zus~itzlichen Voraussetzungen wird im Verlauf des Beweises ver- zichtet werden. Sie werden hier zun~ichst lediglich erhoben, um eine ftir den Beweis uniibersichtliche Fallunterscheidung zu vermeiden,

Fiir n = 1, 2, 3, ... sei mit einem b > 0

Q = { z I f z - a , [ < e - I " " r ~ + ~ } und C~={z l l z -b , l<e- lb" l~

Wegen der Hilfss~itze 2 und 3 folgt

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lim Sup {I f(z) - l llz E c~} = lim Sup {I f(z) l I z ~ c~} = o n ~ o o n ~ o o

und bei Beriicksichtigung von (9) auch

1 lim Sup {[g(z) - l llze G.} = lim Sup {Ig(z)l [ ze Ca~~ = 0.

g g - 1 Dies hat zur Folge, dab flit die Funktionen ~ und f _ 1

l imSup --g-1 j ~oo ~ { f zeC~.t=limSuP{gf--tl-1 zeC1.}=O

g gilt. Die Funktion f konvergiert also fiir n ~ oo in den Kreisscheiben Ctb., die

g - 1 Funktion ~ ftir n ~ co in den Kreisscheiben C~.. gleichm~iBig gegen 1. Weil

wegen fiG) = 0 und f(b~) = 1 aus dem Hilfssatz 3 auch

C 1 C 1 = C~. a C~. 1 \ v = l /

folgt, nimmt die Funktion h(z)= g g - 1 f f - 1

sowohl in fast allen Kreisscheiben

fiir fast al len

fiir n ~ ~ mit dem positiven e = J ( z - 1)

cL={zllz_a.l<e_l,.l . . . . . . . }

als auch in fast allen Kreisscheiben

c L : {z I I z - b. I< e-i~.12o § 3~+ 1}

, i 2 wegen a .e C2a~ und b.e Cb. Werte w mit Iw] < 2 an. Da aber wegen (10) und (11) auch jeweils die Polstellen a. und b. von h(z) in C 2 und C 2 liegen, folgt aus

an bn

den Hilfss~itzen 1 und 2, dab h(z) sowohl in fast allen Kreisscheiben

Co.={zllz-a.l<e-la.l'+~ }

als auch in fast allen Kreisscheiben

cb~ = {z 11 z - b.I < e - rb"l~ + ~}

jeden Wert der kompaktifizierten komplexen Ebene annimmt. Insbesondere existiert also in fast allen Kreisscheiben C.. und Cb. je eine Nullstelle von

h(z) =

g 1 -

g g - 1 f - g f

f f - 1 f ( f - 1 ) f - l

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G a n z e F u n k t i o n e n bei vo rgegebene r M e nge der Nullstel len und Einsstellen 83

g Da f eine ganze Funktion ist, hat also ~- in fast allen Kreisscheiben Ca. und Cb.

g mindestens eine Einsstelle. Lediglich dies wird sp/iter ausgeniitzt. DaB ~ in

fast jeder Kreisscheibe Cb. mindestens eine Einsstelle hat, gilt abet erst recht, wenn b .= b'. fiir irgendwelche n gilt, so dab die zusiitzliche Voraussetzung (11) iiberfliissig ist. Auch ohne (11) gilt also

~ hat in fast allen Kreisscheiben C,~ und Cb~ mindestens eine Einsstelle. (12)

Hierzu sei bemerkt, daB wegen a.e Ca., b.e Cb., f (a . ) = 0 und f ib . ) = 1 aus dem Hilfssatz 3 auch

(Ot Co. c~ Cb. = Cb. ~ Ca. = ~ fiir fast alle n v 1 \ v = 1 /

folgt. Wegen (8) ergibt sich daher auch fiir fast allen

(13)

Ca.~ ~ Cb~ =Cb.c~ Ca. u Cb~ = ~ . (14) v 1 1 v:#n v # n

Die Aussagen (12) und (13) bzw. (14) werden sp~iter zum Beweis des Satzes 1 g

ausgenutzt werden. Zun~ichst jedoch sei die Funktion ~- noch etwas n/iher be- trachtet.

FiJr jedes z # a. gilt

z-a'~ = ( z - G ) + ( G - a , ) < l q ~ - - a ~ I z - a . l '

woraus fiir zE Ca. wegen (9) mit von n unabh/ingigen Konstanten K 1 und K ftir fast alle n

Z -- afn _ _ < l + g l e-la~L2O+~ela~lp+~< l + Ke-lanl2o+ z - a. -

folgt. Weil die Ordnung von f nicht gr/Sger als p ist und ~ > 0 gilt, konvergiert also das Produkt

f i Z __ dn n = t Z - - a n

in z~ C*= ~) C~ gleichm~il3ig gegen eine in der gesamten komplexen Ebene V=I

meromorphe Funktion hl(z ) der Ordnung p'__< p mit

lim hl(z ) = 1. (15) Izl~oo zr

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84 J. Winkler

Also ist h(z)f(z) g(z) eine ganze Funktion der Ordnung p'< p, die weder Nullstellen

noch Polstellen besitzt. Mit einem Polynom p(z) vom Grade k<p gilt also

g(z) - h l ( z ) e p(~). f(z)

Also gilt wegen (15) mit einer gegen ~ konvergierenden Folge reeller Werte r und einer ftir r ~ ~ gegen 1 konvergierenden Funktion c(r)

T(r,~)<_c(r)m(r, eV(Z))+N(r, 1--)=N(r, f (l+o(N(r, f))). (16)

Wegen des ersten Hauptsatzes von Nevanlinna gilt aber auch

( l~)+O(1)>N(r,f)+N(r, 1 1)+0(1 ). (17)

Also mtiBte fiir unendlich viele r > 0 mit r--, oe wegen (7)

(1) __>N r,~ (l+d) (18)

gelten, was wegen d > 0 falsch ist. Also gilt der Satz mit der zus~itzlichen Voraus-

setzung (9). Ist aber (9) nicht erfiillt, so ist in (16), (17) und (18) jeweils N r,

und ~ zu ersetzen durch N r, und f ~ , wobei f * und g* aus f und g durch

Elimination der gemeinsamen Nullstellen von f und g hervorgehen. In diesem

Fall gilt offenbar N r, ftir alle r und mithin statt (7)

0 < d l <

woraus der (18) entsprechende Widerspruch auch in dem Falle folgt, dab (9) nicht erffillt ist. Also gilt der Satz 1.

Um der Aussage des Satzes 1 eine zwar weniger detaillierte, aber in gewisser Hinsicht iibersichtlichere Gestalt zu geben, seien folgende Begriffe eingefiJhrt: Sind a 1, a2, a3 . . . . und bl, b2, ba . . . . zwei Folgen komplexer Zahlen mit dem Konvergenzexponenten p, so sei ({a,}, {bn} ) als Folgenpaar der Ordnung p be- zeichnet. Ist ({an}, {b~}) ein Folgenpaar der Ordnung p und rl, r2, r3, ... eine

Folge positiv reeller Zahlen mit ~ rn< oe, so sei die Menge U der Folgenpaare n = l

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Ganze Funktionen bei vorgegebener Menge der Nullstellen und Einsstellen 85

({e.}, {ft,}) mit l a , - e , [ < r , und [b, - f l , l<r. Rir n=1,2,3, ... als Umgebung des Folgenpaares ({a,}, {b,}) eingeftihrt. (Die zu U geh6renden Folgenpaare ({e,}, {~,}) haben offensichtlich die gleiche Ordnung wie ({a,}, {b,}).)

Ist ({a,}, {b,}) ein Folgenpaar einer Ordnung p und sind die Folgen al, a2, a 3 .... und bl, bz, ba, ... die Folgen der gern~iB ihrer Vielfachheit aufgeftihrten Null- und Einsstellen einer ganzen Funktion, so sei dieses Folgenpaar als Null-Eins- stellen-Menge der Ordnung pder ganzen Funktionen bezeichnet.

Ist al, az, a3, ... eine Folge komplexer Zahlen ohne endlichen HSufungs- punkt, bezeichnet n(r, a) die Anzahl der Folgenglieder a, mit la,] < r, so sei

N (r, a) =- ~ n (t, a) - n (0, a) dr + n (0, a) log r. o t

Mit den vorangehend eingeftihrten Bezeichnungen liefert der Satz 1 unmittel- bar den

Satz 2. Sei p eine reelle, nicht ganze Zahl oder gelte p=0. Sei M die Menge aller Folgenpaare ({a.}, {b.}) der Ordnung p mit

0 < lim inf N(r, b) ~ ~ N(r, a)'

f~r die mit einem e>O und einem ganzen n o

]a~-a,.l>e -la"l~ und ]b.-b, .[>e -Ib~l~ ffir n, m>n o

gilt. Dann ist die Menge der in M enthaltenen Nult-EinsstelIen-Mengen in M nirgends dicht, und diese Menge der in M enthaltenen Null-Einsstellen-Mengen enthiilt sogar keinen einzigen Hiiufungspunkt, sondern diese Null-Einsstellen- Mengen bilden eine diskrete Menge in M.

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Eingegangen am 11. September 1978