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76 8/2015 com! professional
D ie Zentralisierung wie die Dezentralisierung der IT-In-
fra struktur und der dahinterstehenden Organisation ha-
ben ihre Vor- und Nachteile. Vielfach liegen sie auf der Hand.
Wo alles zentral gebündelt wird, lassen sich die Prozesse und
Standards besser vereinheitlichen und zudem Skaleneffekte
erzielen. Dezentrale IT-Umgebungen wiede rum sind oft fle-
xibler und agiler, erklärt Rainer Hoppe, geschäftsführender
Gesellschafter des Logistikberatungsunternehmes A’Pari
Consulting.
Daran knüpfen sich Fragen, etwa die, welche Rolle der CIO
im Unternehmen einnimmt – und ob er und die zentrale IT
überhaupt noch gebraucht werden.
Die Stellung der ITZu zentralisieren oder zu dezentralisieren ist Peter Dümig zu-
folge, Senior Server Product Manager bei Dell, auch „eine
philosophische Frage, wie die Firmenleitung tickt und wie die
Stellung der zentralen IT im Unternehmen ist“. Das Thema
wird also oft zu einer Machtfrage und ist nicht selten von har-
ten Kontroversen oder gar Grabenkämpfen zwischen der IT-
Zentrale und den Fachabteilungen oder Nebenstellen beglei-
tet. Dabei sind die Zeiten längst vorbei, in denen die IT-Leu-
te ihren Platz bei den Servern im Untergeschoss hatten. In
großen Unternehmen ist der Leiter der Abteilung, der CIO,
vielfach im Vorstand zu finden.
Oft sind es aber die Anforderungen der Abteilungen und
die erforderlichen Anwendungen, die die Richtung vorge-
ben. Und das kann zu Spannungen mit der zentralen IT und
der vom CIO vorgegebenen Linie führen.
Das Marktforschungsunternehmen Ovum findet die Dis-
kussion Zentralisierung versus Dezentralisierung müßig und
ist der Ansicht, dass in Organisationen ab einer gewissen
Größe nur der Mittelweg zum Erfolg führt. Allerdings sei die-
ser in der Regel „besonders steinig“.
Zentral? Dezentral? Oft ist eine Mischform die beste Lösung für die IT-Organisation.
Zentrale versus dezentrale IT-Infrastruktur
IT-Infrastuktur
Que
lle: C
isco
Zentrale vs. dezentrale ITInfrastruktur
77
InfrastrukturZentrale vs. dezentrale IT
com! professional 8/2015
Problem: InsellösungenViele Unternehmen haben mit einem in Jah-
ren, wenn nicht Jahrzehnten zustande ge-
kommenen Wildwuchs an unterschiedlichen
Insel- und Speziallösungen zu kämpfen.
Dieser Wildwuchs ist „häufig nur ein Symp-
tom für fehlende gemeinsame Ziele“, sagt
A’Pari-Geschäftsführer Hoppe und nennt als
Beispiel einen Vertriebsleiter, der für sein
Team bei der zentralen IT vor Jahren schon
Tablets beantragt hatte, aber immer wieder vertröstet wurde.
Schließlich bezahlte er diese aus dem Abteilungsbudget und
beauftragte einen externen Dienstleister mit der Erstellung
einer Vertriebs-App, woraufhin die zentrale IT nachgab und
sich selbst um das Thema kümmerte – „natürlich mit deutlich
mehr Aufwand als bei einem ‚sauberen‘ Aufsetzen erforder-
lich gewesen wäre“, so Hoppe. „Nicht von ungefähr existie-
ren in vielen Unternehmen zahlreiche Insel- und Excel-Lö-
sungen, weil sich die Mitarbeiter sonst nicht zu helfen wis-
sen.“ Richtig wäre seiner Meinung nach, als IT Anforderun-
gen und Trends ernst zu nehmen und entsprechende Lösun-
gen aktiv anzubieten.
Pros und ContrasDer studentische wi² Blog – Wirtschaftsinformatik & Informa-
tionsmanagement der Technischen Universität Braunschweig
stellt in einer Erörterung zum Thema dezentrale versus zen-
trale IT-Strukturen fest: „Die Zentralität ermöglicht einen ho-
listischen Blick auf alle unternehmerischen Systeme und Pro-
zesse, sodass auch der Umgang mit Schnittstellenproblemen
erleichtert wird.“ Es könne gewährleistet werden, dass die
einzelnen Systeme miteinander kompatibel und vernetzbar
seien. Eine so gegebene einheitliche Datenhaltung gewinne
bei Trends zur Wissensorganisation und Big Data immer mehr
an Bedeutung, was für zentrale IT-Strukturen spreche.
Die wi²-Blog-Autoren weisen aber auch auf die Vorteile
hin, wenn die IT-Aufgaben in die jeweiligen Fachabteilungen
integriert sind. Der Abstimmungsbedarf mit der IT-Abteilung
entfalle. Betrieb und Lösungen würden dadurch flexibler. In-
formationsverlusten, beispielsweise bei der Auftragsvergabe
an einen Dienstleister, ließe sich leichter vorbeugen. Ferner
könne eine von der eigenen Ab-
teilung erarbeitete Lösung auch
motivationsfördernd sein und zu
größerer Akzeptanz durch die
Mitarbeiter beitragen. Die Be-
schaffung, Einrichtung und Un-
terstützung von zum Teil selbst
mitgebrachten Endgeräten, von
Cloud-Diensten und Apps erfolge
dezentral oft auch schneller und
direkter „auf dem kurzen Dienst-
weg“.
Die wachsende Vernetzung im
Zuge von Industrie 4.0 und Bring
Your Own Device (BYOD) wird
andererseits auch als Argument
für eine stärkere Zentralisierung
gesehen.
Dell-Manager Dümig sieht bei
der zentralen IT Vorteile in Bezug
auf Skaleneffekte, Standardisie-
rung, leichtere Beschaffung sowie
Wartung und Pflege der Systeme,
weist jedoch darauf hin, dass die
dezentrale Beschaffung mehr Fle-
xibilität und eine „gefühlte höhe-
re Zufriedenheit“ in den Fachab-
teilungen mit sich bringe.
A’Pari Consulting hat die Pros
und Contras beider Möglichkeiten
zusammengefasst (siehe Über- ▶
„Vorteile der zentralen IT sind ganz klar Skalen-effekte, die der dezentralen Beschaffung sind mehr Flexibilität und damit auch eine höhere
Zufriedenheit in den Fachabteilungen.“
Peter Dümig Senior Server Product Manager,
Dell Deutschlandwww.dell.de
Aus dieser Übersicht von A’Pari Consulting geht hervor, wo die Zentralisierung und wo die Dezentralisierung der IT-Organisation von Vorteil ist. Die meisten Punkte sprechen für zentrale Strukturen, Kundennähe und Agilität aber eher für die dezentrale IT.
Zentrale versus dezentrale IT-Organisation
Kriterium Zentral Dezentral
Betrieb und Sicherheit
Ausfallsicherheit + –
Sicherstellung 7x24 Stunden Service + –
Harmonisierte IT-Prozesse + –
Einheitlicher Sicherheitsstandard (Datensicherheit) + –
Einmalige und laufende Kosten
Aufwand für Betrieb und Sicherheit großer Firmennetzwerke - +
Geringere Beschaffungskosten durch Volumen + –
Lastabhängige Verteilung der Hardware-Kapazitäten + –
Vermeidung von Wildwuchs und Insellösungen / einheitlicher Standard
bei Hard- und Software
+ –
Einheitliche Datenverwaltung / Konsistenz der Stammdaten / Transparenz + –
Personalbedarf / Administrations-Know-how + –
Kundennähe
An lokale Bedürfnisse oder Kunden angepasste IT (Hardware/Software) – +
Koordinationsaufwand zwischen Zentrale und Niederlassungen bei neuen
Anforderungen
– +
Aufwand für Abgrenzung von Daten unterschiedlicher Kunden o o
Support der Nutzer vor Ort (1st-Level Support) – +
Anpassungsgeschwindigkeit und Agilität
Schnelle Anpassungsfähigkeit der IT – +
Kurze Beschaffungszeiten / Entscheidungswege für Hard- und Software – +
Treiben von Innovationen o o
Abdeckung der Anforderungen von Industrie 4.0 o / + o / –
Integration neuer Standorte und übergreifender Geschäftsprozesse + –
+ = Vorteile, – = Nachteile, o = neutral
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Zentrale vs. dezentrale ITInfrastruktur
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sicht auf Seite 77). Danach überwiegen die Vorteile der Zent-
ralisierung, vor allem in puncto Betrieb, Sicherheit und Aus-
fallsicherheit sowie bei den einmaligen und laufenden Kosten
– auch wenn der Aufwand für den Betrieb und die Sicherheit
über dezentrale Systeme zunächst geringer erscheinen.
Die Vorteile dezentraler Systeme sind A’Pari-Geschäftsfüh-
rer Hoppe zufolge kürzere Entscheidungswege, ein engerer
Kontakt zu Lieferanten und Kunden – und dass das IT-Know-
how vor Ort ist.
Um die Vorteile zentraler, weitgehend integrierter Lösun-
gen umzusetzen, müssten gewisse Mindestvoraussetzungen
erfüllt sein. Dazu zählt Hoppe eine Drei-Schichten-Architek-
tur mit Trennung von Präsentations-
schicht, Business-Logik und Daten-
haltung, außerdem auf gängigen
Standards basierende Datenban-
ken, terminalservertaugliche oder
vollständig virtualisierbare Applikationen
und die Integrationsfähigkeit und zumindest in Tei-
len auch Webfähigkeit der Anwendungen.
Ob zentral oder dezentral, das entscheiden allerdings
oft die jeweiligen Einsatzbereiche, Applikationen und abtei-
lungsspezifischen Anforderungen.
Kein PatentrezeptEs gibt auch andere Gründe, die für eine dezentrale Organi-
sation beziehungsweise den goldenen Mittelweg sprechen.
Peter Dümig von Dell
kennt einen Fall, bei dem
ein großes Unternehmen
den im Prinzip richtigen
Schritt unternommen hat-
te, die Hauptapplikation
für alle Niederlassungen
zu zentralisieren. Dabei
wurde jedoch versäumt,
vorher einen Test zu fah-
ren. Letztlich hätten sich
durch die vielen Daten-
bankabfragen im zentra-
len Server die Latenzen
so hochgeschaukelt, dass
die Geschwindigkeit der
Anwendungen immer ge-
ringer und das System un-
brauchbar wurde. Ergebnis: Das Unternehmen startete ein
neues Projekt, um die Hauptapplikation wieder zu dezentra-
lisieren.
In der Fertigung oder an Universitäten würden von Fachab-
teilungen oder einzelnen Instituten mitunter Anschaffungen
wie HPC-Cluster für aufwendige Berechnungen getätigt, die
von der zentralen IT gar nicht beurteilt und mit eigenem
Know-how auch gar nicht betrieben werden können, führt
der Dell-Manager weiter aus. Es gebe durchaus Abteilungen,
die aufgrund spezieller Anforderungen 40-Gigabit-Ethernet-
Switches einsetzen, während normal im Unternehmen mit
10 Gigabit gearbeitet werde.
In dezentralen Strukturen und in Fällen, die ein spezielles
Know-how erfordern, haben die Abteilungen oder Niederlas-
sungen eigene IT-Teams. Laut Rainer Hoppe von A’Pari Con-
sulting muss dabei dafür gesorgt sein, dass das Wissen immer
bei mehr als einem Mitarbeiter liegt.
Trends fördern die zentrale IT Abgesehen von unternehmenskritischen Anwendungen kann
vieles ebenso gut dezentral gemanagt werden. Es gibt aber
auch eine Reihe von neuen starken Argumenten, die mehr für
eine Zentralisierung sprechen. Dazu gehören Trendthemen
wie die fortschreitende Digitalisierung, Big Data, Industrie
4.0, das Internet der Dinge sowie Bring beziehungsweise
Choose Your Own Device (BYOD/CYOD), die wachsende An-
forderungen an die Vernetzung und Sicherheit der IT-Syste-
me stellen. Dezentrale Systeme könnten im Kontext von In-
dustrie 4.0 laut Hoppe nur fortbestehen, wenn ein durchgän-
giger Echtzeit-Datenaustausch über entsprechende Bus-Sys-
teme und andere Middleware sichergestellt sei. Bei den ge-
nannten Themen einschließlich Big Data können ihm zufolge
die Fachabteilungen nicht „im Lead“ sein. Vielmehr sei hier
Für verteilte Standorte: Ciscos Meraki MX Security Appliances sollen sich ideal für Unternehmen mit vielen Standorten eignen, weil sie zentral über die Cloud gemanagt werden.
Dell PowerEdge VRTX: Die speziell für Außen-stellen entwickelte VRTX-Reihe nennt Dell „eine Art Data Center in a Box“.
„Viele Firmen kehren von der Dezentra li sierung
ab und gehen wieder verstärkt Richtung
Zentralisierung. Ein wichtiger Grund ist die
allgemeine Stärkung des CIOs in den Unternehmen.“
Mario Meir-Huber IDC-Analyst, Big Data und
Cloud-Computingwww.idc.de
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InfrastrukturZentrale vs. dezentrale IT
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eine zentrale Business-IT gefordert, die abteilungsübergrei-
fend unterstützend tätig ist.
Als „starken Fall“ für die zentrale IT sieht Dell-Manager
Dümig die Private Cloud, weil man so wichtige Skaleneffekte
erzielen könne. Bei der Nutzung einer externen oder Pu blic
Cloud sei es hingegen „gar nicht mal schlecht“, mit Außen-
stellen dezentral zu arbeiten, weil diese dann auch direkt da-
rauf zugreifen könnten. In den Fachabteilungen gebe es viele
innovativ denkende Menschen, aber Skepsis gegenüber Ver-
änderungen sei dort ebenfalls weit verbreitet und mitunter
auch angebracht – zum Beispiel, wenn der Vorstand die Cloud
anstrebt, die IT-Mitarbeiter aber entsetzt zu überlegen anfan-
gen, wie das überhaupt realisiert werden könnte, von sicher-
heitstechnischen und juristischen Fragen ganz abgesehen.
„Denn wenn nicht sichergestellt werden kann, dass die Da-
ten in Deutschland bleiben, dann dürfen manche Dinge gar
nicht in die Cloud gegeben werden“, so Dümig. Das wiede-
rum kann ein starkes Argument für den CIO im Vorstand sein,
setzt aber voraus, dass sich bei ihm strategisches Denken mit
Sachverstand paart und er nicht schon zu weit weg von der
operativen IT-Basis ist.
Braucht man noch einen CIO?Der erwähnte wi² Blog der TU Braunschweig stellt seinem Bei-
trag „Dezentrale vs. zentrale IT-Strukturen“ ein Zitat von Pe-
ter Hinssen, Assistenzprofessor an der London Business School,
voran: „IT departments have become completely use less.“
Der Sinn oder die Nutzlosigkeit der IT-Abteilung hängt al-
lerdings von einer Reihe von Faktoren ab:
• Herrschen eher zentrale oder dezentrale IT-Strukturen?
• Welche Stellung hat die zentrale IT im Unternehmen?
• Wie viel Macht und Ansehen hat der CIO?
• Versteht der CIO auch das „große Ganze“ und die Belange
anderer Ressorts?
Derartige Fragen haben auch Ovum und dessen Research Di-
rector Steve Hodgkinson beschäftigt – mit der Kernaussage,
dass die Komplexität von IT-Entscheidungen keine trivialen
oder pauschalen Rezepte zulasse. Vielmehr müsse für alle
denkbaren Fälle einzeln entschieden werden, welche IT-Lö-
sungen zentral verwaltet werden sollten, welche von den IT-
Spezialisten in den einzelnen Segmenten oder Abteilungen
und „was so richtig nur die Business-Seite beurteilen“ könne.
Den Überblick darüber könne allerdings nur der CIO ha-
ben, der als Voraussetzung dafür die nötige Reife mitbringen
müsse, so die Analysten von Ovum. Gemeint ist ein CIO, der
als „Manager von Rang“ mit den nötigen Aufgaben und Be-
fugnissen ausstattet ist. Daraus hat Ovum ein strategisches
Reifemodell der CIO-Funktion entwickelt und am Beispiel
der Einrichtung eines Shared-Service-Centers für die Konso-
lidierung und Zentralisierung von Dienstleistungsprozessen
veranschaulicht. ▶
Ob man Funktionen dezentrali-siert oder zentralisiert halten soll, ist ein häufig diskutiertes Thema. Beide Ansätze bieten ge-wisse Vor-, aber auch Nachteile. In den letzten fünf Jahren ging der Trend in Richtung einer star-ken Dezentralisierung, da hier ei-ne höhere Agilität erwartet wur-de. Wenn einzelne Abteilungen einen IT-Verantwortlichen haben, lassen sich leichter schnelle Entscheidungen treffen. Die Wege sind kurz und das operative Geschäft wird sofort mit entsprechenden Lösungen bedient.
In den vergangenen ein bis zwei Jahren dreht sich diese Entwicklung jedoch wieder in eine andere Richtung: Viele Firmen kehren von der Dezentralisierung ab und gehen wieder verstärkt Richtung Zentralisierung. Die Gründe hier-für sind vielfältig. Ein wichtiger Grund ist die allgemeine Stärkung des CIOs in den Unternehmen. Dessen Position hat sich in den letzten Jahren wesentlich verbessert. Und oftmals ist der CIO bereits fester Bestandteil des Vorstands.
Dieser treibt – nicht ganz uneigennützig – die Zentralisie-rung vo ran. Ein wesentlicher Faktor bei dieser Entwicklung ist auch die Standardisierung von IKT-Lösungen, während Insellösungen in Unternehmen oftmals ein Problem sind und die allgemeine IKT-Strategie untergraben. Daher wird durch die Zentralisierung auch versucht, den Wildwuchs an unterschiedlichen Lösungen im Unternehmen, in den ein-zelnen Abteilungen und den Zweigstellen zu verhindern.
Ein weiterer, nicht unwesentlicher Treiber für die Zentra-lisierung sind neue IKT-Trends. An zentraler Stelle steht hier Big Data, wo es darauf ankommt, die Unternehmensdaten ganzheitlich zu betrachten. In zahlreichen Gesprächen von IDC mit den Herstellern und den IT-Verantwortlichen in den Unternehmen zu diesem Thema hat sich gezeigt, dass Big Data einen gewissen Grad der Zentralisierung benötigt.
Kommentar
Der Trend geht wieder mehr zur Zentralisierung
Mario Meir-Huber IDC-Analyst, Big Data
und Cloud-Computingwww.idc.de
„Ein Treiber für die Zentralisierung sind neue IKT-Trends.“
„Der Wildwuchs ist häufig nur ein Symptom für fehlende gemeinsame Ziele. Richtig wäre es,
als IT Anfor derungen und Trends ernst zu nehmen und entsprechende Lösungen aktiv anzubieten.“
Rainer Hoppe geschäftsführender Gesellschafter, A’Pari Consulting
www.apari.de
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Zentrale vs. dezentrale ITInfrastruktur
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com! professional hat mit Rainer Hoppe über die Parameter für effiziente IT-Syste-me gesprochen. Hoppe ist geschäftsführen-der Gesellschafter von A’Pari Consulting.
com! professional: Bitte umreißen Sie kurz die Vor- und Nachteile der zentralen und der dezentralen IT.
Rainer Hoppe: Wichtige Vorteile zentraler IT-Systeme sind die Einheitlichkeit von Standards – das gilt für Hard- und Soft-ware ebenso wie für Betrieb, Ausfall- und Informations sicherheit sowie die Konsis-tenz der unternehmensweit eingesetzten Systeme. Damit werden teure Insellösungen vermieden und die Betriebskosten gesenkt. Neue Standorte können leicht in die bestehende Landschaft inte-griert werden. Anpassungen für Spezialaufgaben sind dabei aber erheblich schwieriger und aufwendiger zu koordinieren.
Mit dezentralen Systemen kann man schneller auf Kunden-wünsche reagieren und sie an die individuellen Bedürfnisse an-passen. Zudem sind die Entscheidungswege häufig kürzer. Aller-dings sind die Konsistenz und das Sicherheitsniveau der unter-nehmensweit eingesetzten Systeme hierbei in der Regel gerin-ger. Durch ein Nebeneinander verschiedener Insellösungen mit fehlenden Standards steigen außerdem die Prozesskosten.
Mit dem Trend zu Industrie 4.0 wachsen die Anforderungen an die Vernetzung von IT-Systemen weiter. In diesem Kontext können dezentrale IT-Systeme nur dann fortbestehen, wenn ein durchgängiger Datenaustausch in Echtzeit über eine entspre-chende Middleware sichergestellt ist.
com! professional: Gibt es eine Empfehlung, ab wann es sich lohnt, die IT zentral zu bündeln?
Hoppe: Stärker als von der reinen Unternehmensgröße hängt das von der jeweiligen Organisationsstruktur und der Anzahl der Standorte ab: Je mehr Standorte mit womöglich gleichen funk-tionalen Aufgaben ein Unternehmen hat, umso mehr spricht das für eine Zentralisierung bestimmter Prozesse. Die kritische Größe liegt nach unseren Erfahrungen bei fünf bis zehn dezen-tralen Organisations einheiten.
com! professional: Dezentrale Systeme bergen Risiken bezüg-lich der Sicherheit und Verfügbarkeit. Wie bekommt man beides unter einen Hut?
Hoppe: Grundsätzlich gilt, dass die Sicherheit der Systeme aktiv gemanagt werden muss. Dafür empfiehlt sich eine ganzheitliche Be-trachtung. In einem Information Security Ma-nagement System (ISMS) können sowohl für dezentrale als auch für zentrale Systeme eine exakte Dokumentation und Maßnahmen für den Störungsfall festgehalten werden. Dabei sollte man keine eierlegende Wollmilchsau schaffen wollen, sondern den Fokus auf be-sonders geschäftskritische Anwendungen le-gen. Sicherheit und Verfügbarkeit sind immer die Summe aus Mensch/Know-how, Prozessen und IT-Systemen.
Bei unseren Risikoanalysen stellen sich deshalb Fragen wie: Verfügen wir über das erforderliche Know-how, um unsere IT-Systeme effizient nutzen zu können? Sind wir weitestgehend unabhängig von sogenannten Kopfmonopolen? Ist Schlüssel-wissen immer bei mehr als einem Mitarbeiter vorhanden? Wie stabil und sicher sind die IT-Service-Management-Prozesse? Sind diese ausreichend dokumentiert?
Unabhängig von der Frage zentral oder dezentral müssen be-stimmte Mindestanforderungen sichergestellt sein. Das bedeu-tet nicht gleich die Notwendigkeit der Zertifizierung zum Bei-spiel nach ISIS12 oder ISO 27001, aber eine Sensibilisierung al-ler Beteiligten und regelmäßige Audits sind schon erforderlich.
com! professional: In Unternehmen mit zentraler IT wird oft be-mängelt, dass die Fachbelange zu wenig berücksichtigt werden. Was tun?
Hoppe: Das ist in der Tat oft immer noch ein Problem. In vielen Großunternehmen mit klassischen IT-Organisationen hat es sich eingebürgert, bei den Fachbereichen Anforderungsprofile abzu-fragen und entsprechende Roadmaps und Business-Cases zu er-stellen. Es gilt als modern, zumindest die Infrastruktur und ihren Betrieb outzusourcen. Dabei geht aber oft der Blick für neue Themen wie Cloud und Mobile verloren. Bei anderen wie Big Da-ta oder dem Internet of Things können auch nicht die einzelnen Fachabteilungen im Lead sein, sondern hier ist eine IT gefordert, die abteilungsübergreifend unterstützend tätig ist und gegebe-nenfalls auch IT-nahe Aufgaben vom Business übernimmt. Wie immer liegt der goldene Mittelweg irgendwo dazwischen. Eine Lösung könnte darin bestehen, beides zu vereinen. Eine Organi-sation für die bestehenden IT-Services und die Steuerung der Dienstleister (IT zu IT) sowie eine businessnahe IT mit Sinn für Innovationsthemen und angereichert mit Start-up-Charakter, sprich eine Art Business-IT. Das führt zur gegenseitigen Akzep-tanz, setzt aber auch eine tiefe Veränderungsbereitschaft in den heutigen IT-Organisationen voraus. Wichtig vonseiten der IT wä-re auch, Anforderungen und Trends ernst zu nehmen und aktiv entsprechende Lösungen anzubieten.
Interview
„Mit zentraler IT werden Insellösungen vermieden“
„Unabhängig von der Frage zentral oder dezentral müssen bestimmte Mindest-
anforderungen sichergestellt sein.“
Rainer Hoppe
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InfrastrukturZentrale vs. dezentrale IT
com! professional 8/2015
Weil der Erfolg von Shared Services von den Kunden ab-
hängt, muss der CIO – vereinfacht gesagt – ein Gleichgewicht
zwischen „den Ansprüchen aus den Fachbereichen und den
Kapazitäten des Shared-Service-Providers“ herstellen, um
durch „reife Anleitung“ erst ein „intelligentes“ Kundenver-
halten zu ermöglichen. Der anhaltende Erfolg einer Shared-
Service-Strategie sei abhängig von der Aufgabenstellung,
der Reichweite der Aktivitäten und dem unternehmenswei-
ten Einfluss der CIO-Funktion. Ovum betrachtet dies als die
drei Eckpfeiler des CIO-Reifemodells. Und da sowohl voll
zentralisierte wie auch voll dezentralisierte IT-Ansätze mehr
Kosten und Risiken als Vorteile brächten, bleibe die Optimie-
rung der IT-Performance im gesamten Unternehmen stets ei-
ne Herausforderung.
In großen Unternehmen, wo ein Mittelweg beschritten
wird, muss der CIO in der Lage sein, die Entscheidungen und
Aktivitäten der verschiedenen halbautonomen IT-Leiter zu
koordinieren, die „disparaten IT-Funktionen zusammenzufü-
gen und in einem chaotischen und fragmentierten Umfeld
strategisches IT-Management zu entwickeln“, heißt es in der
Beschreibung zu Ovums CIO-Reifemodell.
Der EntscheidungswürfelDer IDC-Analyst Mario Meir-Huber weist im CIO-Blog (www.
cioblog.at) dagegen darauf hin, dass es wenig sinnvoll sei, in
Richtung Zentralisierung oder Dezentralisierung zu gehen,
wenn es sich mit den anderen IT-Funktionen andersherum ver-
halte. Er zieht dabei das „Modell von Rockart“ heran (siehe
Kasten oben). Sind Anwendungs- und Hardware-Betrieb zen-
tralisiert, erfordere das auch einen gewissen Standardisie-
rungsgrad, während eine Dezentralisierung dieses Bereichs
die Vorteile des Domänwissens der jeweiligen Fachabteilung
ausnutze. „Ein dezentrales Management kann wiederum zu
höherer lokaler Autonomie und schnelleren Prozessen führen,
wobei der CIO in diesem Fall sehr viel Fingerspitzengefühl im
Umgang mit der jeweiligen Fachabteilung haben muss.“
Wie der Wirtschaftsinformatiker Peter Mertens in dem Buch
„Aufbauorganisation der Datenverarbeitung“ erklärt, ist
Grundlage der Überlegung, dass man keine globale Entschei-
dung für die eine oder andere Richtung fällen könne. Viel-
mehr müsse man die Aufgabenfelder (Systementwicklung,
Systembetrieb und Systemmanagement), die Teilbereiche
(mögliche EDV-Einheiten) und die Funktionen (zum Beispiel
Finanzen) jeweils getrennt betrachten. Um diese Abgrenzung
zu verdeutlichen, hat Mertens einen Entscheidungswürfel
entwickelt. Über die getrennte Betrachtung gelangt man für
jeden Unternehmens- oder Aufgabenbe-
reich zu einer Entscheidungseinheit (Basic
Decision Unit), für die jeweils eine Tabelle
mit Einflussfaktoren ausgefüllt werden
muss. So kommt man am Ende vielleicht zu
dem Schluss, dass für diese Fachabteilung
trotz konzernweiter starker Zentralisierung
eine dezentrale IT-Lösung besser wäre.
Fazit Auch wenn die Unternehmen heute wegen
der wachsenden Vernetzung und Themen
wie Industrie 4.0 oder Big Data dazu nei-
gen, die IT zu konsolidieren und zentral zu
bündeln, wird es immer Abteilungen oder
Aufgabenbereiche geben, bei denen es bes-
ser ist, die jeweilige Lösung dezentral ein-
zurichten, zu betreiben und zu verwalten.
Unternehmen tun daher gut daran, zwei-
gleisig zu fahren. Ein erster Schritt könnte
ein Asset Management oder eine Bestands-
analyse sein. Dem CIO kommt in zentralen wie in dezen -
tralen Mischstrukturen eine wichtige koordinierende Rolle
zu. Daher sollte er – ob im Vorstand oder nicht – auch immer
an den wichtigsten strategischen Meetings teilnehmen, um
Einblick in sämtliche Geschäftsbereiche nehmen zu können
und im günstigsten Fall
neben Fachkompetenz
einen unternehmeri-
schen Weitblick zu ge-
winnen beziehungswei-
se zu wahren. ◾
Klaus Hauptfleisch/oe [email protected]
Das von IDC-Manager Meir-Huber im CIO-Blog (www.cio blog.at) zitierte „Modell von Rockart“ zeigt drei Achsen: Die vertikale Achse steht für Entwicklung und Anpassung der Anwendungen, die horizontale für den Be-trieb der Anwendungen und der Hardware. Die schräg verlaufende Ach-se zeigt den Grad der Zentralisierung oder Dezentralisierung an.
Modell von Rockart
Decentralized
Deve
lopm
ent
Management
Centralized Operations
Der sogenannte Entscheidungs-würfel des Wirtschaftsinforma-tikers Peter Mertens verdeutlicht, wie die Aufgabenfelder (Entwick-lung, Betrieb und Management des Systems) die IT-relevanten Teilbereiche und die Funktionen im Unternehmen jeweils getrennt betrachtet werden müssen.
Jedes Projekt erhält so ein eigenes Profil. In ein „Ta bleau der Einflussfaktoren“ eingetragen, führt es zu der Bewertung, ob das Projekt zentralisiert oder eher dezen tralisiert werden sollte.
Der Entscheidungswürfel von Mertens
Aufg
aben
feld
er
Syst
em-
betr
ieb
Sys
tem
ent-
wic
klun
g
Funktionen Teilbereiche
Systemmanagement