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wien.arbeiterkammer.at
Wovon der Erfolg von MAB-Modellen abhängt – Erfahrungen aus der österreichischen Praxis, insbesondere die Stellung als Kernaktionär Mitarbeiterkapitalbeteiligung Fachtagung Boeckler Stiftung
29. Jänner 2015
Mag Heinz Leitsmüller AK-Wien
wien.arbeiterkammer.at Seite 2
Inhalt
• Wovon wir reden • Mitarbeiterbeteiligung im politischen Kontext • Erwartungen und Realität an
Beteiligungsmodelle • Mitarbeiterbeteiligung und
Gewinnbeteiligung in Österreich • Steuerliche Aspekte • 9 Punkte zum Erfolg von MAB-Modellen
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Seite 3 Mag Heinz Leitsmüller
Leistungslohnsysteme Zielvereinbarungssysteme Lohnkomponenten werden an Zielerreichung geknüpft
Wovon wir reden…
Mitarbeiterkapitalbeteiligung Arbeitnehmer werden Miteigentümer, erwerben Anteile (Aktien) am Unternehmen
Gewinnbeteiligung Arbeitnehmer erhalten „Prämien“ – meist in Form von Einmalzahlungen, abhängig von der Entwicklung bestimmter Gewinnkennzahlen
wien.arbeiterkammer.at Seite 4
Politische „Konjunkturphasen“ von Beteiligungsmodellen in Österreich
- Nachkriegszeit: Volksaktien als Gegeninstrument zur befürchteten Ausbreitung des Kommunismus - Ab 90er Jahre: Unternehmen mit MAB (vor allem Stock Options) werden am Kapitalmarkt belohnt, Modelle werden va bei Privatisierungen angeboten; einige strategische Modelle werden eingeführt (zB AMAG, später Voest) - 2000: Schwarz-Blaue Regierung forciert steuerliche Förderung von MB und Stock Options, gleichzeitig beginnen Stock Options als Vergütungsinstrument für Vorstände zu boomen. - 2002 bis 2008: Zeit der Börsen-Hausse, Zeit zahlreicher weitere Teilprivatisierungen der österreichischen verstaatlichten Industrie (zB Post, Telekom, Voest, VA Tech etc). Im Rahmen dessen werden jeweils zahlreiche MAB-Modelle neu angeboten; - Ab 2005 forcierten Arbeitgeber bei Lohnverhandlungen Gewinnbeteiligungsmodelle (Vorteil: keine Nachhaltigkeit v. Lohnerhöhungen). In der Metall- und Elektroindustrie werden Gewinnbeteiligungen als Teil von Kollektivvertragserhöhungen gewährt. - Seit Krise 2008/09: Mitarbeiterbeteiligung ist kaum mehr Thema; - Koalitionsverhandlungen 2014: Förderung von MAB wird zwischen den Regierungsparteien als Ziel definiert; - Steuerreform 2015: Möglicherweise Erhöhung der steuerlichen Förderung + Forcierung von strategischen Modellen.
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MAB wird in Österreich tendenziell eher von Arbeitgebern gefo(ö)rdert, weil…. …unternehmerisches Denken forciert werden soll,
…die „Motivation“ erhöht werden soll,
…die Identitätsstiftung mit dem Unternehmen erhöht werden soll;
...Lohnbestandteile in Dividenden umgewandelt werden können; MAB trägt in
der Folge zur Flexibilisierung von Löhnen bei;
…durch Bezahlung in Form von MAB wirtschaftliches Risiko an die
Belegschaft weitergegeben wird: Löhne und Gehälter hängen dann von der
Leistung, aber auch der „marktbewerteten Leistung (Börsenkurs)“ ab.
… es der Kapitalmarkt fordert (jedenfalls bei leitenden
Angestellten/Vorständen in börsenotierten Unternehmen oder Banken..zB
neues Bankwesengesetz 2010)
..steuerliche Begünstigungen – wenn möglich - ausgereizt werden können.
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Proponenten sind aber auch Beschäftige und AN-VertreterInnen - In den 70er Jahren Kultur der selbstverwalteten Betrieben, Ziel war vor
allem „Basisdemokratie“ und Mitbestimmung
- Seit 90er Jahren wird MAB insbesondere im ehem. Verstaatlichten Bereich
als „Substitution“ bei Privatisierungen gesehen. Belegschaftsaktien sollen
die Bildung von strategischem Eigentum unterstützen, Ziel: insbesondere
Schutz vor feindlichen Übernahmen;
- Zu Zeiten der Hochkonjunktur: Beschäftigte wollen am prosperierenden
Erfolg von Unternehmen beteiligt werden.
- Ziele von Betriebsräten und AN sind auch mehr Informationen, mehr
Mitbestimmung, mehr Einfluss;
- Und: Nützen von steuerlichen Begünstigungen;
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wien.arbeiterkammer.at Seite 7
Die Meinung der
• „Eine Mitarbeiterbeteiligung kann für die ArbeitnehmerInnen in ihrem Unternehmen im Hinblick auf Partizipation an Gewinn und Substanzwert, Informations- und Mitwirkungsrechte und den Bestand des Unternehmens neue Möglichkeiten und Chancen eröffnen.
wien.arbeiterkammer.at Seite 8
Die Meinung der
Aber: • Sorgfältige Prüfung jedes zur Diskussion gestellten
Modelles • absolute Freiwilligkeit der Teilnahme • kein Entgeltverlust • Gewinnbeteiligungsmodelle müssen als Zusatz gewährt
werden • umfassende Informations- und Entscheidungsrechte • keine Konkurrenz zur Mitbestimmung durch die gewählte
Interessensvertretung • Eine Ausweitung der steuerlichen Förderung führt zu
unerwünschten Verteilungseffekten
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Seite 9 Mag Heinz Leitsmüller
Anspruch und Wirklichkeit.. Steigerung von Einkommen und Vermögen?
• Ja, aber nur wenn: • Das Unternehmen und die Branche prosperieren, gutes
Management vorhanden ist; • Die Börse/der Kapitalmarkt sich positiv entwickeln; • Steuervorteile ausgeschöpft werden können; • Realisierung (Verkauf) der Aktien zum „richtigen“
Zeitpunkt erfolgen und dann der Kurs hoch ist; • Kein Börsencrash dazwischen kommt.....(5 jährige
Sperrfrist!!) • Die Beschäftigten genug verdienen, dass sie sich
riskantes Aktiensparen leisten können.
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Anspruch: Steigerung des Einkommens/Vermögens..
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?
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…und die „Wirklichkeit“..
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Entwicklung der Börsenkurse (Beispiel ATX Österreich)
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Anspruch: Steigerung von Motivation, Produktivität, Effizienz und Identifikation
?
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Seite 13 Mag Heinz Leitsmüller
…und die „Wirklichkeit“ Ja, aber nur wenn:
Ein Zusammenhang zwischen „Leistung“ einer Person und Erfolg (höhere Prämie, steigender Wert der Aktie) gegeben ist. Dies ist wohl selten der Fall - bestenfalls Geschäftsführung und leitende Angestellte haben teilweise Einfluss auf Gewinn oder Kursentwicklung;
Achtung: Statt Motivation droht Demotivation bei Gewinnausfall oder rückläufiger Kursentwicklung!
• Demotivierend wirken auch Sperrfristen oder Verfügungsbeschränkungen („man muss zuschauen, wie Kurs verfällt..)
• ..oder wenn trotz Aktienbesitz kein sichtbarer Einfluss auf Rationalisierungen ausgeübt werden kann: es wird trotzdem gekündigt..
• ..oder der Kurs abstürzt, obwohl die Leistung der Beschäftigten hoch ist und Gewinne geschrieben werden..
wien.arbeiterkammer.at Seite 14
Anspruch: Mehr Mitbestimmung bei strategischen Entscheidungen
?
wien.arbeiterkammer.at Seite 15
…und die „Wirklichkeit“
Ja, aber nur wenn:
…Anteile der Beschäftigten eine relevante Größe erreichen ab 25 % Sperrminorität Ab 1o % Schutz vor Squeeze out, gerichtliche Veranlassung einer
Sonderprüfung Ab 5 % Tagesordnungspunkt erzwingen Darunter nur Teilnahme an HV
…Eigentumsstrukturen „passen“ (zB Streubesitz oder divergierende Eigentümergruppen) ..Anwesenheit in der HV eher gering ist (Belegschaftsanteile haben dadurch mehr
Gewicht) .. Die Belegschaftsaktien überhaupt gebündelt sind, was derzeit nur bei wenigen
Ausnahme-Modellen in Österreich der Fall ist (z.B. voestalpine, Amag, Flughafen Wien) Generell: Mitbestimmung ist in Ö sehr gut über Mitbestimmung des Betriebsrats im Aufsichtsrat ermöglicht. Dort Informationsrechte, Aufsichtsrat etc. MAB ist nur in Sonderfällen eine wirkungsvolle Ergänzung.
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Seite 16 Mag Heinz Leitsmüller
Die kontroversielle Diskussion Chancen und Skepsis auf beiden Seiten....
Arbeitnehmer
wenns gut geht:
- Zusatzeinkommen + Vermögenssteigerung - Ein bisschen mehr strategischer Einfluss - Mehr Infos über das Unternehmen - Steuerliche Vorteile
wenns schlecht geht:
- mehr Risiko - Einkommensverlust + Vermögensverlust auf einmal - Untergraben der KV-Politik - Verbetrieblichung der Lohnpolitik
Arbeitgeber
wenns gut geht:
• Weniger Lohnkosten • Mehr Identifikation mit
Unternehmen • Mehr Flexibilität auf betrieblicher
Ebene
wenns schlecht geht:
• Demotivation der Beschäftigten, wenn Aktienkurs fällt oder Prämie ausfällt
wien.arbeiterkammer.at Seite 17
Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Österreich
Ergebnisse einer AK-WKO Befragung von 900, Betriebsräten, 1700
Arbeitgebern (2007 veröffentlicht) - Ca 160.000 Beschäftigte haben MAB; ca 6 % der Beschäftigten
- Österreich im Mittelfeld Europas, Frankreich, GB liegen an der Spitze mit tw mehr als 30 %.
- Bekannte Modelle in Österreich:
• Post, Telekom, voestalpine, RHI, Flughafen Wien, OMV, Erste Bank, AMAG, Bank
Austria, Wienerberger, etc.
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Steuerliche Förderung der Mitarbeiterkapitalbeteiligung in Österreich
§ 3,1,15b ESTG • Vorteil aus der unentgeltlichen oder
verbilligten Abgabe von Kapitalanteilen des Arbeitgebers oder mit diesen verbundenen Konzernunternehmen
• sämtliche EK-Formen • echte Stille Gesellschaft • Partizipationsschein,
Vorzugsaktien
• nicht: Forderungen wie partiarisches Darlehen
• gefördert werden nur Risikobeteiligungen!
wien.arbeiterkammer.at Seite 19
§ 3,1,15b ESTG
• maximal 1460 €,- jährlich • 5 Jahre Behaltefrist (Ausnahme: Beendigung des
Dienstverhältnisses) ansonsten Nachversteuerung; Einhaltung der Behaltefrist ist dem AG nachzuweisen
• muß allen Arbeitnehmern oder bestimmten Gruppen gewährt werden
• Hinterlegung bei einem KI oder einem Treuhänder • Zusätzlich: Befreiung von der Sozialversicherung
wien.arbeiterkammer.at Seite 20
Erfolgsfaktoren für MAB Modelle
Klärung der wirtschaftlichen Lage und der strategischen Potenziale des Unternehmens
Klärung der Bedeutung von Mitbestimmungsmöglichkeiten
Klärung der Risiko- bereitschaft der Belegschaft Steuerliche
Faktoren
Technische Gestaltung des Modells
Information u. Schulung der Belegschaft
Klärung des Ziels u. d. Nutzens eines Modells
Wer zahlt? Finanzierung
Einbettung in das Lohnsystem, Auswirkungen
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Herzlichen Dank!
Mag Heinz Leitsmüller
Kammer für Arbeiter und Angestellte Wien
Leiter Abteilung Betriebswirtschaft
www.arbeiterkammer.at