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WIRTSCHAFT & POLITIK
Kurt W. Rothschild, Alternative Konzepte der Wirtschaftspolitik.
In: Informationen zur Politischen Bildung, Band 33, 2010.
Politik und Wirtschaftspolitik„Die Wirtschaft“ ist schwer durchschaubar …?
daher weniger kritisierbar …?
„Wirtschaftspolitik sollte man Experten überlassen“ …?
„‘Die Wirtschaft‘ besteht aus Menschen und Gruppen mit verschiedenen
Meinungen, Ideen, Zielsetzungen und Wünschen, und aus deren Zusammenwirken
und Konflikten entwickelt sich eine bestimmte konsensfähige Wirtschaftspolitik,
die aus mehreren alternativen Möglichkeiten gewählt werden kann. Eine
schlechthin ‚richtige‘, sachlich ´(‚wirtschaftlich‘) objektiv bestimmbare
Wirtschaftspolitik gibt es nicht (auch wenn dies manchmal interessenbedingt
behauptet wird). So gut wie jede Wirtschaftspolitik bzw. jede wirtschaftspolitische
Veränderung erzeugt Gewinner und Verlierer, berührt individuelle und
Gruppeninteressen in verschiedener Weise. Die Akzeptanz einer bestimmten
wirtschaftspolitischen Strategie ist somit immer auch ein durch Motive, Macht und
Interessen beeinflusster politischer Prozess.“
Quellen wirtschaftspolitischer Meinungsverschiedenheiten
„Auf der einen Seite gibt es unterschiedliche Ansichten über die Ziele, welche durch
die Wirtschaftspolitik erreicht werden sollen. Das ist der politische Aspekt des
Problems. Je nach politischer Einstellung, ökonomischen Interessen und sonstigen
Motiven können sich hier verschiedene Vorstellungen und Konflikte ergeben.“
„Auf der anderen Seite geht es um die Frage der Methoden und Instrumente, mit denen vorgegebene Ziele möglichst optimal (wenn überhaupt) erreicht werden können. Das ist der „wissenschaftliche“ (theoretische) Aspekt des Problems. Und da es angesichts der Komplexität des gesamtwirtschaftlichen Zusammenhangs kein einheitliches und umfassendes theoretisches Konzept dieses Zusammenhangs gibt, sondern mehrere Konzepte nebeneinander bestehen, die sich gegenseitig überlappen, aber zum Teil auch widersprechen, ergeben sich auch aus dieser Quelle konkurrierende Ansichten bei der Suche nach einem ‚richtigen‘ Wirtschaftskonzept.“
Verschiedene Ziele –verschiedene Maßnahmen
Probleme durch die Vielzahl der Ziele
verschiedene Ziele erfordern verschiedene Maßnahmen
Kombination von „Politiken“ und Instrumenten („Policy Mix“)
der Entwurf eines wirtschaftspolitischen Konzepts ist dahereine komplizierte Aufgabe
Abhängigkeit von Verfolgen und Erreichen verschiedener Ziele
die Förderung eines Ziels kann die Erreichung anderer Zielepositiv oder negativ beeinflussen
Problematik bei negativer Beeinflussung
• z.B. Konflikt zwischen dem Beschäftigungs- und dem Preisstabilitätsziel
Zielprioritäten und wirtschaftspolitische Konzepte• Notwendigkeit einer „Gewichtung“ der Ziele
• Folge: „Trade-Off“ zwischen verschiedenen Zielen
• Spektrum alternativer wirtschaftspolitischer Konzepte
Zieldifferenzen (Werturteile)
Differenzen, die auf unterschiedliche theoretischen Ansichten beruhen(unterschiedliche Erklärungsansätze ökonomischer Theorien)
Nach 1945 Fokus auf Beschäftigung1980er-Jahre Fokus auf Preisstabilität (Thatcher, Reagan)
Wirtschaftspolitische Alternativen
Zwei „grobe“ Gruppen
(1) „Neoklassische“ oder Gleichgewichtstheorien „freie Marktwirtschaft“
liberale (neoklassische) Wirtschaftspolitik
(2) Interventionistische oder „keynesianische“ Konzepte nicht gleichgewichtsorientierte Konzepte
„Der Hauptunterschied zwischen diesen beiden Theoriegruppen bestehtin ihrer Beurteilung der Wirkungen und der Effizienz eines „freien“ privatwirtschaftlichen Marktprozesses.“
Die Neoklassische Theorie
• Gleichgewicht auf Märkten mit … möglichst vollkommener Konkurrenz
flexiblen Preisen und Löhnen
hoher (beruflicher und regionaler) Mobilität von Arbeit und Kapital
hohem Informationsgrad
• Ausgleich von Angebot und Nachfrage auf allen Märkten
• Konkurrenz sorgt für hohe Effizienz der Produktion
Sie beruht auf den Ideen von Adam Smith (1723-90).
„Aufgabe des Staates ist es nach Smith, die Rahmenbedingungen für einen ungestörten Marktprozess zu schaffen. Störungen des Marktprozesses durch Monopole, Gewerkschaften und v.a. durch staatliche Eingriffe führen zu Verschlechterungen.“
Der Keynesianismus
• hebt die Störungsanfälligkeit des Marktes hervor
• Verweis auf Theorien mit realistischeren Annahmen als auf jene … voller Konkurrenz
hoher Mobilität und
hohem Informationsgrad
Der Keynesianismus geht zurück auf die Theorien des Ökonomen John Maynard Keynes (1883-1946).
„Probleme des Staatsversagens werden nicht unbedingt geleugnet, werden jedoch nicht als unüberbrückbar angesehen. Hingegen werden Eingriffe des Staates mit Miteln der Geld-, Fiskal- und Arbeitsmarktpolitik als notwendig erachtet, um einem „Marktversagen“ entgegenzuwirken, das neben dem Auftreten von Konjunkturrückschlägen und chronischer Arbeitslosigkeit auch darin zum Ausdruck kommt, dass der unregulierte Marktprozess keine Rücksicht auf ökologische Verteilungsziele nimmt oder ihre Erreichung sogar erschwert.“
Wirtschaftspolitik im Zusammenspiel von Zielen, Instrumenten und Interessen
• stets Mischungen von Elementen beider Konzepte … Regulierungen
Deregulierungen
• interessenbedingte Ziel- und Strategiewünsche Gruppen mit starker Marktstellung neigen zu
einer liberalen Wirtschaftspolitik z.B. große Unternehmungen
Gruppen mit schwächerer Marktstellung neigen zu einer eher interventionistischen Wirtschaftspolitik z.B. Gewerkschaften
Die beiden Konzepte kommen in der Realität nie in Reinkultur vor!
„Wirtschaftspolitik ist das Ergebnis des Zusammenspiels politischer und ökonomischer Interessen, Machtpositionen und Konflikte, wechselnder ökonomischer Ausgangspositionen und mehrdeutiger wissenschaftlicher Ansätze und Interpretationen.“
Neoliberales Modell Keynesianisches Modell
Angebot und Nachfrage
Der Staat ist nur für die Rahmenbedingungen
sicheren Wirtschaftens verantwortlich. Jedes
Angebot schafft sich seine Nachfrage. Solange die
Preise genug sinken, kann man alles verkaufen.
Für genügend Einkommen muss gesorgt werden, die
Bevölkerung soll nicht zu viel sparen und zu wenig
ausgeben. Eine Nachfragelücke entsteht, wenn
UnternehmerInnen zu wenig investieren oder
KonsumentInnen zu wenige Konsumgüter kaufen. Diese
soll der Staat ausfüllen.
Beschäftigungs-politik
Solange die Löhne flexibel sind, tritt keine
Arbeitslosigkeit auf. Stabile Erwartungen setzen
eine niedrige und stabile Inflationsrate voraus.
sowie das Wirtschaftswachstum gefördert.
Arbeitslosigkeit entsteht nur dann, wenn …
… Menschen nicht arbeiten wollen
… die Löhne zu hoch sind
Maßnahmen:
Löhne senken
erschwerter Zugang zu sozialen Transfers
Bekämpfung der Arbeitslosigkeit ist die Hauptaufgabe.
Ursachen für Arbeitslosigkeit:
zu wenige Investitionen
zu geringer Konsum
Maßnahmen:
attraktive Rahmenbedingungen
für Investitionen schaffen
die Bevölkerung muss genug verdienen
der Staat muss die Nachfragelücke ausfüllen
Staatsschulden
Staatsschuld muss zurückbezahlt werden!
Maßnahme: Steuererhöhungen
Reaktion der Bevölkerung: Schon jetzt sparen, um
zukünftige Steuern bezahlen zu können.
Staatsschulden sind wirtschaftspolitisches Mittel,
werden darum nicht abgebaut, sondern antizyklisch
eingesetzt („deficit spending“).
Neue Schulden, um alte zurückzubezahlen.
negative Einfluss-faktoren auf den Wirtschaftszyklus
Staats- und GewerkschaftseingriffeExistenz der Börse und Spekulation, weil sie vom wahren
Unternehmertum abhält.
Zeithorizont des ökonomischen Handelns
Argumentation auf langfristiger Basis:
„Vielleicht stimuliert das Budget die Wirtschaft
kurzfristig, aber langfristig wirkt es nur
inflationär!“
Setzt auf kurzfristige Maßnahmen.
„Es ist schwieriger, Arbeitslosigkeit abzubauen,
sobald man sie einmal ansteigen lässt, anstatt sie von
Anfang an zu verhindern.“
Internationale Wirtschaft & die Macht der Finanzmärkte
Unger, Brigitte: Internationale Wirtschaftsverflechtungenund die Macht der global agierenden Finanzmärkte.
In: Informationen zur Politischen Bildung, Band 33, S. 13-21
Liberalisierung & Globalisierung1974/75: „Ölschock“
die OPEC erhöht die Ölpreise um das 16-fache
„Petro-Dollars“ fließen in den arabischen Raum
Veranlagung in „Offshore Centers“ (Dubai, Cayman-Islands, Kanalinseln, …)
Liberalisierung der Kapitalmärkte
das internationale Finanzkapital war durch Nationalstaatennicht mehr kontrollierbar
Bsp. Österreich: Abschaffung der Kapitalmarktkontrollen (1987)
Anleger und Firmen konnten nun Geld und Vermögenin Sekundenschnelle weltweit transferieren
Neue Formen der Globalisierung
Aufbau weltweiter Firmenimperien
Wachsen multinationaler Konzerne
Verlagerung von Gewinnen in steuergünstige Gebiete
Auswirkungen in Wirtschaft und Politik
• Machtverlust der nationalen Geld-, Steuer- und Budgetpolitik
• enormer Machtverlust der Gewerkschaften
Zurückhaltung bei Lohnforderungen
• konzernfreundliche nationale Wirtschaftspolitik
Steuersenkungen
Verringerung des Einflusses des öffentlichen Sektors
Privatisierungen
Deregulierungen
• Arbeitslosenbekämpfung und gerechte Einkommensverteilung
treten in den Hintergrund
letzter Versuch einer Vollbeschäftigungspolitik:
Präsident Francois Mitterand (1981)
Weltweite Einkommensentwicklung
Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) umfasst den Gesamtwert aller Waren und Dienstleistungen, die innerhalb eines Jahres innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft hergestellt werden bzw. beziffert auch die Summe aller Einkommen aus der Produktion von Gütern und Dienstleistungen. Zwar steigt das weltweit erzielte BIP seit den 1980er-Jahren kontinuierlich an, doch im Vergleich dazu ist der Gesamtwert des weltweiten Finanzvermögens in diesem Zeitraum noch wesentlich stärker angestiegen.
Eine Welt der Finanzmärkte entsteht
• Schaffung eigener Produkte und Bonuskultur
• kaum noch ein Bezug zur realen Welt
• Spekulation mit …
toxischen Wertpapieren
Derivaten
„Finanzinnovationen“
„Dass Finanzmärkte eigentlich dazu da sind, Ersparnisse von Haushalten in Kredite an Unternehmungen zur Produktion von Konsum- und Investitionsgütern und Dienstleistungen zu transformieren, gelangte zunehmend in den Hintergrund. Finanzmärkte entwickelten ihre eigene Dynamik.“
Zunehmende wirtschaftliche Ungleichgewichte• frei bewegliches Finanzkapital durch vollkommene Liberalisierung
• beschränkte Mobilität von Arbeit
Sprache, Familie, Kultur, …
erschwerte Einwanderungsbedingungen für GastarbeiterInnen
„Die Grenzen wurden für das Kapital geöffnet, aber für Arbeit dicht gemacht. Dadurch ging die Schere zwischen Erster und Dritter Welt auf. Noch nie war der Einkommensunterschied zwischen der Ersten und Dritten Welt so groß wie heute.“
Verlust an Wirtschaftspotenzial
Ungerechte Verteilung
Nachfrageverlust auf dem Weltmarkt und v.a. in den reichen Ländern
Die Bevölkerung armer Länder hat zu wenig Einkommen, um die Güter der reichen Länder zu kaufen
Entwicklung des weltweiten BIP pro Kopf in Ländern mit niedrigem Einkommen und mit hohem Einkommen seit 1980
Der Anteil der Lohneinkommen am BIP
Anstieg der Arbeits-losenquote seit den späten 1970er-Jahren
Arbeitnehmer erhielten einen geringeren Anteilam Volkseinkommen
sie verloren an Kaufkraft durchdie steigende Arbeitslosigkeit
Der Anteil der Lohneinkommen am volkswirtschaftlichen Gesamteinkommen (Lohnquote) ist in den USA, Japan undden EU-15-Ländern in den vergangenen 30 Jahrenkontinuierlich gesunken.
Extreme VerteilungsunterschiedeNoch nie war die Einkommensverteilung so ungleich wie heute!
Früher: Verhältnis 1 : 2000
Heute: bis zu 1: 1.000.000
Beispiel: Hedgefonds-Manager John Paulson (2006)
Paulson verdiente in diesem Jahr 3,7 Mrd. Dollar
er hatte damit allein ein höheres Einkommen als 37 Länder dieser Erde (BIP)
„Und in den realen Sektor investieren wird Paulson auch nicht. Denn wer sollte sich die durch diese Investition produzierten Güter bei einer so ungleichen Einkommensverteilung leisten können? Paulson wird daher wieder Finanzanlagen tätigen und dazu beitragen, die nächste Blase aufzubauen.“
Folgen ökonomischer UngleichheitenGefahr für Kaufkraft und Nachfragedurch ungleiche Einkommensverteilung
„Die Gefahr einer Krise ist gegeben, wenn Ungleichheiten so groß werden, dass der eine Bevölkerungsteil so viel hat, dass er das Einkommen nicht mehr ausgeben kann, und der andere Bevölkerungsteil, der ausgeben könnte, das Einkommen dazu nicht hat. Denn dann lohnt es sich zunehmend auch für Unternehmungen nicht mehr, Güter und Dienstleistungen zu produzieren. Stattdessen werden auch sie mehr und mehr Finanzanlagen halten. Und die Finanzmärkte werden weiter wachsen.“
Der Finanzsektor produziert keine Güter
„Aber der Finanzsektor produziert nichts, was Menschen zum Leben brauchen. Wenn die Investoren lieber in Finanzanlagen als in Realanlagen investieren und wenn zusätzlich noch der Konsum nur künstlich mit riskanten Krediten an arme, zahlungsunfähige SchuldnerInnen aufrechterhalten wird, dann besteht die Gefahr einer Krise.“
Budget- und Steuerpolitik
„In der Budget- und Steuerpolitik bestehen daher Spielräume. Ein internationaler Konzern wird seinen Hauptsitz bei Steuererhöhungen nicht gleich verlegen. Denn für SpitzenmanagerInnen des Konzerns ist es wichtiger, ihre Kinder in einer sicheren Umgebung mit guter Infrastruktur und guten Schulen aufwachsen zu sehen, als weniger Steuern zu bezahlen und dafür z.B. hohe Kriminalität und schlechte Infrastruktur in Kauf zu nehmen. Auch ob mehr Militär- oder Umweltausgaben getätigt werden, ist eine Entscheidung der nationalen Budgetpolitik. Oft stehen nationale Regierungen weniger unter Druck der internationalen Entwicklung, als sie vorgeben.“
begrenzte nationale HandlungsspielräumeAusgabenkürzungen bzw.
Mehrbelastungen
Arbeits- und Sozialpolitik
starke nationale Handlungsspielräume
ABER: die wichtigsten wirtschaftspolitische Akteure bewegen sich heute auf supranationaler Ebene
die EU (und ihre wirtschaftspolitischen Grundsätze)
die G20-Länder
„Ob Arbeitslose ausreichend Arbeitslosengeld bekommen, ob prekäre undillegale Beschäftigungsverhältnisse toleriert werden, ob Obdachlose ein Heim bekommen, ob allein stehende Mütter Zuschüsse und erschwingliche Kindergartenplätze bekommen, ob alte Menschen gut versorgt sind, ist national steuerbar.“
Geldpolitik
keine nationalen Handlungsspielräume
Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) ist entscheidend
starker Euro - niedrige Inflation
schwacher Euro – höhere Inflation
„Markante Meilensteine in Richtung einer neoliberalen Wirtschaftspolitik der EU waren das Binnenmarktprogramm von 1985, das die Abschaffung aller Arten von Schranken innerhalb der EU-Länder bis 1992 vorsah, der Maastricht-Vertrag von 1992, der Stabilitäts- und Wachstumspakt von Dublin 1997 und der Amsterdam-Vertrag von 1997, die u.a. die Schaffung einer Währungsunion betrafen.“
Gemeinsame Währung: der Euro
Festlegung von „Konvergenzkriterien“
Budgetdefizit max. 3 Prozent des nationalen BIP
Staatsschulden max. 60 Prozent des nationalen BIP
die Inflationsrate darf maximal 1,5 Prozentpunkte über derjenigender drei preisstabilsten Mitgliedsländer des Vorjahres liegen
der durchschnittliche langfristige Nominalzinssatz darf um maximal 2 Prozentpunkte über jenem der drei preisstabilsten Länder des Vorjahres liegen
Stabilitäts- und Wachstumspakt (Dublin 1997) und Vertrag von Amsterdam (1997)
Forderung eines mittelfristigen Nulldefizits
Festlegung auf einen neoliberalen Sparkurs (Austerität) in der EU
Während der Finanzkrise hat kein EU-Land die Kriterien dieser Verträge erfüllt!
Im Vertrag von Maastricht (1992) wurde die Einführung einer gemeinsamen Währung bis spätestens 1.1.1999 vereinbart.
Wirtschafts- und Finanzpolitik„Lissabon-Strategie“ der EU (März 2000)
„Gemäß der Lissabon-Strategie soll die EU zum wettbewerbsfähigsten und dynamischsten wissensbasierten Wirtschaftsraum der Welt werden. Die Lissabon-Strategie ist der Kern der wirtschafts- und finanzpolitischen Konzeption der EU. Angestrebt wurde ein neoliberaler Umbau in der Wirtschafts- und Sozialpolitik bis 2010, als europäische Variante der weltweiten Gegenreform, die mit dem Ende der weltwirtschaftlichen Kooperation im Bretton-Woods-System begann.“
„Europa 2020“ (17. Juni 2010)
„Europa 2020 umfasst die wirtschaftlichen und sozialen Ziele der EU für die nächsten zehn Jahre und sieht als Schlüsselelemente intelligentes Wachstum (Entwicklung einer auf Wissen und Innovation gestützten Wirtschaft), nachhaltiges Wachstum (Förderung einer ressourcenschonenden, ökologischeren und wettbewerbsfähigeren Wirtschaft) und integratives Wachstum (eine Wirtschaft mit hoher Beschäftigung und ausgeprägtem sozialen und territorialen Zusammenhalt) vor. Bis zum Jahr 2020 sollen Leitziele in den Bereichen Beschäftigung, Forschung und Innovation, Klimaschutz und Energie, Bildung und Armutsbekämpfung umgesetzt werden.
Bildungspolitik
„Auch in der Bildungspolitik spricht man nicht mehr von Ausbilden, sondern von Humankapitalproduktion. Die Studierenden studieren nicht mehr, sondern investieren in Humankapital. Sie sollen für den Arbeitsmarkt möglichst effizient und kostengünstig „beschäftigungsfähig“ gemacht werden. Der Bildungsbegriff wird auf „Employability“, auf arbeitsmarktrelevantes Wissen, verengt. Das bildungspolitische Vorhaben verfestigt sich auch im Bologna-Prozess. Er bezeichnet ein politisches Vorhaben zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Hochschulwesens bis 2010. […] Bildung als Ware, Studium als Investition in Humankapital, die Schaffung eines Bildungs- und Wissensmarkts mit einem einheitlichen Leistungssystem, das übertragbar und gleich ist, waren und sind das Ziel.“
starke nationale Handlungsspielräume Ökonomisierung der Bildung
Wissen als Humankapital
Zusammenfassung
Möglichkeiten der Wirtschaftspolitik
Handlungsspielräumeder Wirtschaftspolitik
NationalerHandlungsspielraum
Arbeits- und Sozialpolitik großer nationaler Handlungsspielraum ausreichendes Arbeitslosengeld Toleranz gegenüber prekären Arbeitsverhältnissen ein Heim für Obdachlose erschwingliche Kindergartenplätze Versorgung alter Menschen
Geldpolitik kein nationaler Handlungsspielraum gemeinsame europäische Währung, Entscheidungen werden von der EZB getroffen
Budget- und Steuerpolitik begrenzte nationale Handlungsspielräume Ausgabenkürzungen und Einnahmensteigerungen
Bildungspolitik nach wie vor nationale politische Einflussmöglichkeiten nationales Bildungssystem Ausbau von Bildungseinrichtungen