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04 Titel: Bergbau in Sachsen 08 Pro & Contra: Umweltzonen 10 Uta Windisch im Porträt 12 Staatsmodernisierung 13 Namen und Nachrichten 14 Die Zukunft der Medien Die Renaissance des Bergbaus im Freistaat Glück auf, Sachsen! in Sachsen Ausgabe 1 / 2011 HERAUSGEBER: CDU-FRAKTION DES SÄCHSISCHEN LANDTAGES

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WIR Erste Ausgabe 2011

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04 Titel: Bergbau in Sachsen

08 Pro & Contra: Umweltzonen

10 Uta Windisch im Porträt

12 Staatsmodernisierung

13 Namen und Nachrichten

14 Die Zukunft der Medien

Die Renaissance des Bergbaus im Freistaat

Glück auf, Sachsen!

in Sachsen

Ausgabe 1 / 2011HERAUSGEBER: CDU-FRAKTION DES SÄCHSISCHEN LANDTAGES

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Was warThemen auf der politischen Agenda der vergangenen Wochen

Staatsregierung führt Demografietest einSämtliche Entscheidungen der sächsischen Regierung werden künftig auf ihre Demografietauglich-keit untersucht. Damit soll sichergestellt werden, dass Bevölkerungsrückgang und Alterung in allen Bereichen angemessen berücksichtigt werden. Einen entsprechenden Beschluss fasste das Kabinett. Dazu gibt es einen Katalog von Fragen, der jeder Entscheidung – von der Wirtschaftsförderung bis zur Gesundheitspolitik – zugrunde gelegt werden muss.Bereits im letzten Jahr hat die Staatsregierung das Handlungskonzept Demografie beschlossen und damit die Grundlage für ein koordiniertes, ressortübergreifendes Vorgehen geschaffen. Das Handlungskonzept Demografie und der Bericht zur Einführung des Demografietests sind unter www.demografie.sachsen.de abrufbar. • dr

Sachsen baut seine Behörden umDas sächsische Kabinett hat eine weitreichende Verwaltungsreform verabschiedet. Mit Umzügen, Fusionen und Schließungen von Behördenstandorten soll eine effiziente und leistungsfähige Be-hördenstruktur geschaffen werden (siehe Interviews Seite 12). Mit einer modernen und schlanken Verwaltung will der Freistaat den fortlaufenden Bevölkerungsverlust und sinkenden Einnahmen entsprechen. Ziel ist es, bis 2020 die Zahl der Personalstellen in der Landesverwaltung von derzeit 87 000 auf 70 000 abzubauen. Nähere Informationen unter www.sachsen.de/regierung.html. • dr

Initiative für gesteuerte Zuwanderung gestartetSachsens Regierung will sich im Bundesrat für eine einfachere Zuwanderung von Fachkräften starkmachen. Hintergrund ist ein zunehmender Bedarf an qualifizierten und hochqualifizierten Fachkräften, der vom heimischen Arbeitsmarkt nicht gedeckt werden kann. So soll nach dem Willen des Innenministers Markus Ulbig und des Wirtschaftsministers Sven Morlok künftig ein neuer Aufenthaltstitel für „gesteuerte Zuwanderung“ die Arbeitssuche für ein Jahr erlauben. Voraussetzung ist, dass der Lebensunterhalt gesichert ist und vorher festgelegte Auswahlkriterien wie Sprachkenntnisse, Qualifikation, Berufserfahrung oder auch Alter erfüllt sind. Ein weiterer neuer Aufenthaltstitel „Niederlassungsoption“ soll einem Arbeitnehmer nach zwei Jahren eine unbefristete Niederlassungserlaubnis bieten, wenn das Arbeitsverhältnis weiterhin Bestand hat und keine Sicherheitsbedenken dagegen sprechen. Zusätzlich muss das Jahreseinkommen mindestens 60 Prozent der Beitragsbemessungsgrenze der Rentenversicherung betragen (Ost: 35 000 Euro Jahreseinkommen; West 39 600 Euro). Bislang ist grundsätzlich die Aufenthaltsdauer an die Dauer des Arbeitsvertrags gebunden. Innenminister Markus Ulbig (CDU): „Wir wollen denjenigen, die hier gesucht sind wie beispielsweise Ingenieuren oder Ärzten, auch rechtlich schnell eine dauerhafte Perspektive bieten.“ Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) begrüßte den Vorstoß aus Sachsen. • dr

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Agenda

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was haben Fachkräftemangel und der im Westerzgebirge verbreitete Familienname „Schwozer“ gemein- sam? Richtig, den Bergbau. Der in der Umgebung von Schnee-berg häufiger anzutreffende Name ist auf einen Bergmann aus dem Tiroler Bergbauzentrum Schwaaz zurückzuführen, der 1471 dem „Berggeschrey“ gefolgt war.

Damals herrschte in Sachsen großer Mangel an Spezialisten. Der Experte aus dem österrei-chischen Schwaaz war ins Erzgebirge gezogen und hatte sich dort niedergelassen. Viele andere eingewanderte Hand-werker, auch aus Böhmen, folgten ihm und erwiesen sich als enorme Triebkraft für die sächsische Wirtschaft.

Der folgende Reichtum Sachsens wäre ohne die damalige Einwanderungswelle nicht möglich gewesen. Daran sollten wir uns heute erinnern, wenn wir über Fachkräftemangel klagen und nach mehr Zuwanderung rufen. Ängste in der Bevölkerung sind zwar verständlich, aber fehl am Platze. Sachsens industrielle Geschichte, seine Kulturschätze und

Traditionen haben ihren Ursprung in Einwanderern, die von Sachsen weltoffen empfangen wurden.

Auch heute braucht der Freistaat wegen fortschreitenden Bevölkerungsverlusts Fachkräfte, die es im Land nicht in ausreichendem Maße gibt. Ob das in Sachsen wieder zart erklingende „Berggeschrey“ ähnlich wie vor Jahrhunderten die Nachfrage nach Experten zusätzlich beleben wird, lässt sich heute noch nicht sagen. Klar ist aber bereits jetzt, dass durch steigende Rohstoffpreise auch sächsische Lagerstätten wieder interessant geworden sind (s. Seite 4 bis 7). Der Bergbau im Freistaat erlebt eine Renaissance.

Glück auf

Vorsitzender der CDU-Fraktion

des Sächsischen Landtages

4 Titel

Glück auf, Sachsen!Der Bergbau im Frei-staat erlebt eine uner-wartete Renaissance. Steigende Weltmarkt-preise machen den heimischen Bergbau wieder attraktiv.

10 Porträt

Uta Windisch,die tourismuspoli-tische Sprecherin der CDU-Fraktion des Sächsischen Landta-ges, trifft man oft und gern in ihrer Heimat Erzgebirge.

14 „2020“ Prof. Donsbachmeint, dass der Jour-nalismus den eigenen Markenkern verraten hat. Medien müssten unterscheibar blei-ben, sagt er in unserer Rubrik „2020“.

IMPRESSUM

Herausgeber: CDU-Fraktion des Sächsischen Land-

tages, Bernhard-von-Lindenau-Platz 1, 01067 Dresden;

Redaktion (V. i. S. d. P.): Dirk Reelfs (dr), Tel. 0351 493-5611,

E-Mail: [email protected];

Produktion: stawowy media, Peter Stawowy, Patricia

Zedel; Fotos: André Forner; PR; Druck: Starke & Sachse,

Großenhain; Auflage: 5 000 Exemplare

2 Agenda: Was war

8 Pro & Contra: Umweltzonen

9 Integration an Schulen

12 Staatsmodernisierung

13 Namen und Nachrichten

15 Agenda: Was wird

Themen in diesem Heft

Liebe Leserinnen und Leser,

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Inhalt

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Titel

Eine Schippe HoffnungDer Mangel an Rohstoffen und die steigende Nachfrage im In- und Ausland verteuern die Preise. In der Konsequenz werden neue Beschaffungswege für Rohstoffe gesucht. Damit wird auch der sächsische Bergbau wieder attraktiv.Text: Manja Milke, Fotos: André Forner

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igentlich sind sie farblos. Je nach Verunreinigung können Kalziumfluorid-Kristalle jedoch strahlend gelb, blau, grün oder rosa bis violett schimmern.

Dieses funkelnde, in der Bergmannssprache Flussspat genannte Mineral kommt auch in Mitteldeutschland vor und weckt mittlerweile wieder Begehrlichkeiten. Denn der Preis dafür ist allein in den letzten drei Jahren um 50 Pro-zent gestiegen. Die Kristalle sind unter anderem ein wichtiger Grundstoff für die gesamte Fluorchemie. Daraus entstehen Materialien wie Teflon und Goretex. Der Abbau von Flussspat ist in Sachsen keine Zukunfts- vision. Die Erzgebirgische Fluss- und Schwerspatcompagnie GmbH errichtete 2010 in Niederschlag bei Oberwiesenthal ein neues Bergwerk zum Gewinnen dieses Rohstoffs. Es ist seit 40 Jahren das erste neue Bergwerk in Deutschland und bietet rund 40 Arbeitsplätze, je nach Entwicklung könnten daraus bis zu 100 werden.

Neues Silberzeitalter im Erzgebirge Die Erzgebirgische Fluss- und Schwerspatcompanie ist nur ein Beispiel für den wiedererwachenden Bergbau im Freistaat. Eine Renaissance könnte demnächst auch der Silberabbau erleben. Erste Silberfunde hatten im 12. Jahr-hundert die Grundpfeiler der sächsischen Bergbaugeschichte gesetzt und den bis in die 1990er Jahre währenden Erzabbau begründet. Vor wenigen Wochen hat das Sächsische Oberbergamt in Freiberg der Sachsenerz Bergwerks GmbH Espenhain drei Bergbauberechtigungen zum Erkunden von Erzvorkommen erteilt. Das Unternehmen darf im Erzgebirge nach Silber-vorkommen und weiteren Begleitmineralien suchen. Die Erlaubnisse beziehen sich auf drei Gebiete im Freistaat. Das größte, mehr als 20 Quadratkilometer umfassende Terri-torium befindet sich in den Gemeinden Brand-Erbisdorf, Weißenborn und Freiberg. Außerdem werden zwei bis zu fünf Quadratkilometer große Felder in den Gemeinden Zschorlau, Aue und Schneeberg sowie Wolkenstein und Großrückersdorf untersucht. „Momentan untersuchen wir das Zschorlauer Gebiet bis zur Höhe der bekannten ‚Markus-Semmler-Sohle‘. Erste Ergebnisse sind hierzu Ende des Jahres zu erwarten. Dann entscheiden wir, wie es weitergeht“, erklärt Adalbert Geiger, Geschäftsführer und Technischer Leiter der Sachsen-erz Bergwerks GmbH. Sollten die Untersuchungen positiv verlaufen, muss das Unternehmen beim Sächsischen Berg-bauamt bergrechtliche Bewilligungen beantragen, auf deren Grundlage sie die Bodenschätze gewinnen darf. Geht alles gut, könnte 2012 der Abbau beginnen. Allein unter Tage würden dann rund 50 Bergleute zum Einsatz kommen.

„Hinter der Schippe ist es dunkel“Zukunftsprognosen will der Geschäftsführer der Sachsen-erz Bergwerk trotz aller Euphorie, die um den wiedererwa-chenden Bergbau in Sachsen herrscht, nicht abgeben. Zwar wird mit einem Silbergewinn von 0,3 bis 3,0 Kilogramm pro abgebauter Tonne Erz gerechnet, doch Geiger bleibt vorsich-tig: „Die bisherigen Untersuchungsergebnisse in Zschorlau lassen zwar berechtigte Hoffnungen aufkommen, doch dem

Titel

Bei Zschorlau sucht die Sachsenerz Bergwerks GmbH nach Eisenerz.

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stehen auch Risiken gegenüber. Die Frage, wie lang die einzelnen Erzgänge tatsächlich sind, kann nicht so leicht beantwortet werden. Eine Bergmannsweisheit lautet: Hinter der Schippe ist es dunkel. Dem kann ich mich nur anschlie-ßen.“ „Der Bergbau hat in Sachsen wieder eine Zukunft“, sagt Prof. Reinhard Schmidt vom Sächsischen Ober-bergamt in Freiberg. Er schränkt zugleich ein: „Aber nicht aus jeder Bergbauberechtigung entsteht auch ein Bergwerk. Denn letztlich muss immer aus den Ergebnissen der Erkundungen heraus entschieden werden, ob daraus ein wirtschaft-licher Erzabbau möglich ist.“

Wertvolle NebenmineralienNeben der Sachsenerz Bergwerk und der Erzgebirgischen Fluss- und Schwerspatcompagnie erkunden nach Angaben des Sächsischen Wirtschaftsministeriums momen-tan noch vier weitere Unternehmen Erzvorkommen im Freistaat. „In Sachsen befinden sich verschie-dene polymetallene Lagerstätten. Das heißt, neben den Hauptmine-ralien ist noch eine ganze Palette interessanter Nebenmineralien vor-handen. Beispielsweise wird beim Silberabbau in der Regel Blei, Zinn, Kupfer, Gold, Wolfram, Nickel, Indium, Molybdän, Kobalt, Mangan

und vieles mehr gefunden“, erklärt Prof. Schmidt. Einige Stoffe davon seien bereits in geringen Mengen wertvoll. „Die chemische Industrie hatte sich bereits vor Jahren von ihrer heimischen Rohstoffbasis ver-abschiedet, die Bergwerke geschlos-sen und auf sinkende Weltmarkt-preise vertraut. Doch diese steigen immer weiter. Daher kann sich der Bergbau in Sachsen wieder lohnen,“ ist er überzeugt.Dass sich die derzeitigen Bergbau-aktivitäten negativ auf die Bewer-bung um den Titel „Unesco-Welter-

be Montanunion Erzgebirge“ auswirken könnte, befürchtet Prof. Schmidt übrigens nicht. Der Leiter des Oberbergamtes arbeitet im Ver-ein Montanregion Erzgebirge mit und ist somit federführend an der Vorbereitung beteiligt. Bergbauliche Aktivitäten seien durchaus mit der Bewerbung zum Unesco-Titel ver- einbar, denn das Konzept sei so gestaltet, dass auch mit einem solchen Titel moderner Bergbau an sich betrieben werden könnte. „Der Bergbau sichert in Sachsen Tausende Arbeitsplätze, insbeson-dere in der Lausitz. Dort dürften im Kupferbergbau die meisten entste-hen“, sagt Alexander Krauß, der für den Wahlkreis Aue-Schwarzenberg II im Sächsischen Landtag sitzt. Auch das kleine „Berggeschrey“ im Erzgebirge, wie die sich schnell verbreitende Kunde reicher Erz-funde früher genannt wurde, be-wertet er positiv: Zwar könne man die Größe der künftigen Bergwerke nicht mit denen zur Wismutzeit vergleichen, da die neuen Berg-werke kleiner sind und mit deutlich weniger Bergleuten auskommen. „Ich freue mich aber für jeden, der in Lohn und Brot kommen wird.“

Weltmarktpreise steigen weiter Der Run auf heimische Rohstoffe kommt nicht von ungefähr. „Die deutsche Wirtschaft ist seit 2004

mit einer geänderten Rohstoffsitua-tion konfrontiert. Vor allem infolge des rasanten Wirtschaftswachstums der Schwellenländer steigt die Roh-stoffnachfrage – wenn man einmal von einem kurzen Einbruch 2009 aufgrund der Finanz- und Wirt-schaftskrise absieht“, erläutert Dr. Hildegard Wilken, stellvertretende Leiterin der Deutschen Rohstoff-agentur in der Bundesanstalt für Geowissenschaften (BGR), den Inhalt des Berichts zur Rohstoff-situation in Deutschland. Einen kräftigen Anstieg der Prei-

Titel

„Der Bergbau hat in Sachsen wieder eine Zukunft.“

Unter dem Kirchplatz in Schneeberg wird ein alter Stollen saniert.

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se bestätigt auch das Hambur-gische Weltwirtschaftsinstitut (HWWI) mit Blick auf die Entwicklung 2010. Allein im Dezember seien die Rohstoff-preise um 9,4 Prozent gestiegen, besagt der aktuelle Index des HWWI. Im gesamten Jahr 2010 legten die Preise um knapp ein Drittel zu.

Vorsprung durch Forschung„Durch technischen Fortschritt verschärft sich die Rohstoffab-hängigkeit von Industriebran-chen. Zum Beispiel wurden in den 80er Jahren für Computer- chips zwölf verschiedene Roh-stoffe benötigt. Heute sind es bis zu 60 verschiedene Rohstoffe“, bestätigt Prof. Dr. Günther Schneider, wissenschaftspoliti- scher Sprecher der CDU-Frak-tion in Sachsen, der den Wahl-kreis Mittleres Erzgebirge im Landtag vertritt. Laut Progno-sen werden technischer Wandel und Erkenntnisgewinne in den nächsten Jahren den Bedarf an Rohstoffen um ein Vielfaches der heutigen Weltproduktions- menge steigen lassen. Dabei gehören in der Industrie die Materialkosten zu den größten Kostenblöcken. Sie machen 45 Prozent des Bruttoproduktions- wertes aus. Um Deutschland im globalen Wettbewerb dauer-haft Zugang zu Rohstoffen zu gewähren, müssen Technologie-vorsprünge gesichert und ausge-baut werden. Ein wichtiger Schritt, der zur Renaissance des Bergbaus in Sachsen beitragen kann, voll-zieht sich demnächst in Freiberg. Das Bundesministerium für Bil-dung und Forschung erteilte im Dezember auf der Grundlage des gemeinsamen Konzeptes des Forschungszentrums Dresden-Rossendorf und der TU Berg-akademie Freiberg grünes Licht

für den Aufbau eines Rohstoff- ressourcen-Instituts. Dessen Forschungsergebnisse sollen Deutschland im globalen Wett-bewerb dauerhaft Zugang zu Rohstoffen sichern. „Das Institut wird eine enorme Ausstrahlung auf die heimische Wirtschaft haben“, sieht Prof. Schneider voraus. Im Laufe der fünfjährigen

Aufbauphase wollen Bund und Land mehr als 42 Millionen Euro investieren. „Der Bund trägt 90 Prozent der Finanzierungs-kosten, der Freistaat übernimmt die restlichen zehn Prozent. Im sächsischen Landeshaushalt sind für die Haushaltsjahre 2011 und 2012 dafür bereits Mittel vorge-sehen“, so Schneider weiter. Die Arbeit des Institutes werde zur Stärkung des Wirtschaftsstand-ortes Deutschland beitragen.

Anbindung an Bergakademie„Ziel ist es, als nationale For-schungsinstitution die sichere, preiswerte und umweltverträg-liche Versorgung der deutschen Wirtschaft mit dringend benö-tigten mineralischen und metall-haltigen Rohstoffen abzusichern. Dazu sollen die wissenschaft-lichen Grundlagen geschaffen und neue Technologien ent- wickelt werden. Besonders er-folgsversprechend ist die Anbin- dung an die TU Bergakademie Freiberg, an der bereits intensiv zum Thema Rohstoffe geforscht wird“, ergänzt Prof. Bernd Meyer, Rektor der TU Bergakademie Freiberg. Am neuen Institut werden Experten aus den wich-tigsten Bereichen der Rohstoff-sicherung, von der Erkundung, Gewinnung, über die Aufberei-tung bis hin zur Veredelung und dem Recycling, arbeiten. Die Zeichen stehen also günstig für den Bergbau im Freistaat. Glück auf, Sachsen! •

Technologievorsprünge müssen gesichert werden.

Titel

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Pro

Prof. Dr. Udo Becker, vom Lehrstuhl für Verkehrsökologie an der TU Dresden

Contra

Dr. Günter Brutsch, Präsident der Industrie und Handelskammer Dresden

igentlich sind wir uns einig: Wir wollen die Lebensqualität erhöhen. Dazu gehört saubere Luft. Allein die Dieselmotor-Partikelemissionen ver-

ursachen jährlich 9 000 bis 18 000 vorzeitige Todesfälle. Luftverschmutzung schädigt aber auch die Wirtschaft, denn die Gesundheitskosten für die durch Abgase verursachten Krankheiten gehen in die Milliarden. Umweltzonen senkennachweislich die Emissionen: Sie müssen nur groß sein, denn kleine Zonen werden umfahren. In Berlin sanken die Stickoxid-Emissionen der Fahrzeuge um 14 Prozent! Welches Recht wiegt eigentlich schwerer, das Recht auf freie Autofahrt mit einem umweltverschmutzenden Fahrzeug oder das Recht auf Gesundheit (§2 (2) GG)? Niemand will Verkehr verbieten: Aber auch kleine Handwerksbetriebemüssen saubere Fahrzeuge kaufen. Damit sind Kosten verbunden: Ein Handwerksbetrieb muss vielleicht einen neuen Lieferwagen leasen. Aber ob die hohen Reparatur-kosten des alten Fahrzeugs soviel kleiner sind als die Leasing-raten für das saubere Fahrzeug? Und das soll zur massen-haften Verödung der Städte führen? Ohne Umweltzone hätte z. B. der Handwerksbetrieb, der neue Fahrzeuge gekauft hat, Konkurrenznachteile gegenüber Firmen mit alten Autos: Denn der saubere Betrieb müsste dann teurer anbieten!Natürlich ist der Flickenteppich verschiedener Umwelt-zonen Unfug. Eigentlich dürfte es bei uns nur eine Umwelt-zone geben, nämlich ganz Deutschland! Und dann helfen Umweltzonen: Sie schaffen saubere Luft, helfen den besseren Betrieben, senken die Kosten der Krankenkassen, senken die Lohnnebenkosten, vor allem aber helfen sie der Umwelt und den Menschen. Warum ist man nur so dagegen? •

achsens Wirtschaft ist innovativ und erfolgreich. Sie profitiert von Standortvorteilen, die den Freistaat zu einem Wachstumskern in den neuen Ländern

machen. Um diesen Status zu halten, muss die hohe Lebensqualität der hier lebenden und arbeitenden Menschen gehalten werden. Dazu zählt ohne Frage auch die Luftreinhaltung, wirkt sie sich doch direkt auf Gesundheit und Wohlbefinden aus. Die Einrichtung von Umweltzonen gehört nach meiner Überzeugung allerdings nicht zu den geeigneten Mitteln und ist zudem unverhältnismäßig. Weder erbringen die deutschlandweit 43 Zonen bislang stichhaltige empirische Belege ihres Nutzens, noch berücksichtigen sie die Einflüsse von Meteorologie, Bautätigkeiten, statischen Verkehrssystemen, abriebfördernden Fahrbahnoberflächen, fehlenden Begrünungen oder veralteten Heizungs- und Lüftungsanlagen. Unsere Wirtschaft wird von kleinen und mittelständischen Firmen geprägt, die auf die eigene Mo-bilität und die ihrer Kunden angewiesen sind. Hält man Gewerbe und Verkehr durch Umweltzonen aus den Städten fern, gefährdet man ihre ökonomische Basis und mithin ihre urbane Vielfalt und Vitalität. Die branchenübergreifenden Auswirkungen wären immens: kostenintensive Neuanschaf-fungen und Umrüstungen, erschwerte Belieferung städtischer Kunden, Umlenkung von Besucher- und Kundenströmen auf die Grüne Wiese, drastische Einschnitte im Fremdenverkehr und Behinderung von Arbeitswegen zahlreicher Einpendler. Verbotsschilder und bunte Plaketten führen nicht zu besserer Luft, sondern zu mehr Bürokratie und Kontrollen, von der zu erwartenden Klageflut hinsichtlich Ausnahmeregelungen und einem „Flickenteppich“ kommunal unterschiedlicher Regelungen einmal ganz abgesehen. •

„Verbotsschilder und bunte Plaketten führen nicht zu besserer Luft, son-dern zu mehr Bürokratie.“

Umweltzonen: eine saubere Sache? Die Einführung von Umweltzonen sorgt auch in den sächsischen Großstädten für Diskussionen. Befürworter der Plakette sehen eine Verbesserung der Lebensqualität. Die Gegner meinen, die Einschränkungen seien unverhältnismäßig.

„Eigentlich dürfte es nur eine Um-weltzone geben, nämlich ganz Deutschland!“

SE

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Pro und Contra

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Integration

allo, ich bin die Luise, ich trage Hörgeräte…“. Wenn die 17-Jährige grinsend die

Worte langzieht und erzählt, wie sie früher auf ihr Handicap hinweisen musste, schaut ihr der Schalk aus den Augen. Man sieht ihr ihre Behinderung nicht an. Luise kam mit einer ange-borenen Hörschädigung zur Welt.

Ohne Hörgeräte wäre sie taub. Doch auch mit ihnen hat sie mit Problemen zu kämpfen, die sich Hörende kaum vorstellen können. Eine Lehrerin mitStöckelschuhen, ein heruntergefal-lener Stift, Geflüster, mehr als zwei sprechende Menschen lassen die Höreindrücke verschwimmen. Mo-mente, in denen sie sich manchmal behindert fühlt. Trotzdem ist sie glücklich. Die Gymna-siastin lernt in der 10. Klasse des Hans-Erlwein-Gymnasiums in Dresden. Da-mit ist ihr gelungen, was in Sachsennicht die Regel ist: die Integrationin einer Regelschule. Bis zur 6. Klassebesuchte sie eine Montessori-Schule.„Aber ich wollte unbedingt auf ein richtiges Gymnasium, weil es da Zen-suren gibt“, sagt sie und fügt leisehinzu: „Ich bin ziemlich ehrgeizig.“ Der Weg dorthin war mühsam. Was Luise Müllers Mutter erlebte, als sie auf Schulsuche für ihre Tochter war, mag sie nicht erzählen. Dass in Sachsen „Probebeschulung“ nurvereinzelt an Förderschulen praktiziert, gesetzlich aber nicht erlaubt ist, ist für Betroffene unverständlich. Auch dass eine lernzieldifferente Integration an öffentlichen Schulen ab Klasse 5 kaum möglich ist, wollen viele Engagier-

te nicht länger hinnehmen. So weist die Landes-AG Gemeinsam leben – Gemeinsam lernen – Eltern gegen Aussonderung Sachsen e.V. darauf hin,dass im Freistaat zwei Drittel aller be-hinderten Kinder im Kita-Alter inte-griert sind, in der Schulzeit jedoch nur noch ein Viertel aller Kinder mit Behinderung mit Kindern ohne

Behinderung lernen. Ein Großteil besucht Förderschulen. Viele von ihnenverlassen die Schule ohne Abschluss. Steffen Flath, Vorsitzender der CDU-Fraktion des Sächsischen Landtages, sieht da Korrek-turbedarf: „Behinderte Kinder müssen dort gefördert wer-den, wo dies mit den besten Erfolgsaussichten geschieht. Halten Eltern den Besuch einer Regelschule für förder-licher, darf der Elternwunsch nicht einfach vom Tisch gefegt werden.“Auch wenn lernzieldifferen-zierter Unterricht im Fachun-terricht weiterführender Schu-len sehr schwierig sei, sollte er nicht unmöglich gemacht werden, fordert Thomas Colditz, bildungspolitischer Sprecher der CDU-Fraktion. Politischen Druck könnte auch die im Dezember 2010 von der EU förmlich ratifi-zierte UN-Konvention über die Rechte von Menschen mit Behinderungen entfachen, denn obwohl sie seit 2009 geltendes Recht in Deutsch-land ist, ist nun verpflichtend,

dass Rechtsvorschriften und politischen Maßnahmen auf EU-Ebene mit den Bestimmungen der Behinderten-rechtskonvention in Einklang stehen.„Es ist normal, verschieden zu sein“, meinen auch die Befürworter der Inklusion (Nicht-Ausgrenzung) wie der Landesverband Sachsen Lebens-hilfe für Menschen mit geistiger Behinderung e.V.: „Wer von vornherein nicht ausgegrenzt wird, der muss nicht erst integriert werden.“Luise hat große Pläne: Sie will ein High-School-Jahr in den USA ab-solvieren und Molekulare Zellbiolo-gie oder Biotechnologie studieren. Sie ist sicher, dass sie das schafft. Dank geglückter Integration. •

In Sachsen keine Selbstverständlichkeit: Die 17-jährige Luise besucht trotz Hörgerät das Gymnasium.

„Der Elternwunsch darf nicht ein-fach vom Tisch gefegt werden.“

H

Es ist normal, verschieden zu sein

Das gemeinsame Lernen von behinderten und nicht-behinderten Kinder endet in Sachsen häufig mit der Grundschule. Immer mehr Stimmen fordern mehr Integration für behinderte Schüler.

Text: Dagmar Möbius, Foto: André Forner

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Zeit hatte Uta Windisch leider nicht für einen kurzen Ausflugins Erzgebirge. Obwohl das

schön gewesen wäre, dort in ihrer Heimat bei Stollberg. Man hätte gehen können ins Oelsnitzer Bergbaumuseumoder die Papiermühle in Zwönitz, die kleine Marienkirche in Stollberg ist auch sehr schön. Hilft aber alles nichts, in Dresden gibt es viel zu tun, ein Kaffeevor der Kulisse der Dresdner Altstadt erfüllt seinen Zweck ebenso. Vor den Fenstern tüncht der Januar die Fassadeder Semperoper in grau. Im Café plaudern Gäste auf Russisch, auf Polnisch, Französisch. Die Kellnerin kümmert sich wie um einen lange nicht

gesehenen Stammgast. Die 62-jährigeAbgeordnete, Fachgebiet Wirtschafts-,Umwelt- und Tourismuspolitik, Schatz-meisterin der Fraktion, sitzt klein, ein bisschen versteckt in der Ecke, schwarzeWeste, akkurat frisiert, freundliches Lächeln, und erzählt von ihren Reisen in den Nahen Osten. „In Israel habe ich die wohltuende Wirkung des Sabbat erfahren“, sagt sie. „DieseRuhe, dieses Innehalten an einem Tag in der Woche – es hat den Israelisnicht geschadet, wirtschaftlich sind sie Weltspitze.“ Warum sollte man also den Sonn- als Ruhetag aushöhlen, ihre Schlussfolgerung.

Uta Windisch selbst ist an einem Sonntag, sollte es ihr Dienstplan nicht anders vorsehen, beruflich nicht zu erreichen. Kein Handy, keine E-Mails, „raus aus dem Hamsterrad“, sagt sie,

„sonst sind die Batterien bald leer“. Der Sonntag sei ein Wert, den man nicht ohne Not aufgeben dürfe. Der arbeits-freie Tag gehört zu den Grundwerten, die zu bewahren sie sich vorgenommen hatte, als Uta Windisch dann doch eines Tages begann, Politik zu machen.

Sie wurde überredet, sagt sie: „Du hast doch schon mal einen Mutterkreis geleitet, dann schaffst du auch einenKreistag“, habe es halb im Scherz ge-heißen. Von 1990 bis 1994 ist die drei-fache Mutter daraufhin Präsidentin des Kreistages in Stollberg. Sie sagt, in Ermangelung geeigneter, unbela-steter Kandidaten, die den neu entstan-

denen Staat gestalten sollten. Kirchlich engagiert sei sie bis dahin gewesen, beruflich eingebunden als Ingenieurin.Strategisch, analytisch – ihr Denkenhabe sich nicht geändert seitdem. „Ich nehme mir ein Problem vor und suche nach einer angemessenen Lösung“, sagt Uta Windisch. Politische Prozesse gehen ihr oft immer noch zu langsam voran.

Trotzdem muss zurückstecken, was bis zur politischen Wende die Eck-pfeiler ihres Lebens gewesen seien: „Meine Familie, mein Garten, mein Freundeskreis“. Politisch interessiert sei sie zwar immer gewesen, habe aber keine Möglichkeit gesehen, sich ein-zubringen. Erst nach dem Fall der Mauer habe sie sich für die Christ-demokraten entschieden. Wegen des Grundsatzprogramms. „Deren

christlich-abendländischer Wertekanonwar und ist auch meiner“, sagt die Abgeordnete. Seit 1994 vertritt sie den Altkreis Stollberg als Abgeordne-te im Landtag, als tourismuspolitische Sprecherin ihrer Fraktion immer auch bedacht auf die Entwicklung der erz-gebirgischen Heimat. „Sachsen ist ein Kunst- und Kultur-Reiseland mit Dresden als Magnet und die ländlichen Regionen müssten noch viel mehr davon profitieren“, sagt Uta Windisch. „In meinem Wahlkreis ist mir aber auch jeder andere Arbeitsplatz wichtig.“

Stollberg ist das wirtschaftliche Herz der Erzgebirgsregion. Mittelständisch, kleinteilig und eigentümergeführt hät-ten die Betriebe im Erzgebirge lediglich kleine Blessuren während der Wirt-schaftskrise davongetragen. Um die Firmen haben sie sich im vergangenen Jahr besonders gekümmert, sagt die Abgeordnete. „Ich will mich nicht nur blicken lassen, um mal ein rotes Band durchzuschneiden.“ Im Landkreis geboren und aufgewachsen, hat sie dort selbst ihre Familie gegründet, gearbei-tet und ist seit zwei Jahren stellvertre-tende Bürgermeisterin der Gemeinde Burkhardtsdorf. Man kennt sich in der Gegend. „Ich bin bodenständigund heimatverbunden“, sagt Uta Windisch. Selbst beim Wochenendein-kauf sprechen sie Menschen an. „Ich helfe auch dann gern weiter“, sagt sie. „Dafür haben sie mich ja gewählt.“ Nur hin und wieder wird die Abgeordnete eben auch mal in Dresden gebraucht. •

„Ich helfe gern weiter. Dafür haben sie mich ja gewählt.“

Zuhause im ErzgebirgeUta Windisch, die tourismuspolitische Sprecherin der CDU-Fraktion, bezeichnet sich selbst als bodenständig und heimatverbunden. Als analytisch und strategisch denkender Mensch geht ihr mancher politische Prozess zu langsam. Ein Porträt.

Text: Christina Wittig, Foto: André Forner

Uta Windischwill sich „nicht nur blicken lassen, um mal ein rotes Band durchzuschnei-den.“ Zum Fototermin trafen wir sie im Bergbaumuseum Oelsnitz.

Porträt

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Gesetz

Sachsen setzt angesichts sinkender Bevölkerungszahlen auf neue Strukturen und Digitalisierung. Drei Fragen an drei Minister zur Verwaltungsreform.

Interviews: Dirk Reelfs

Freistaat 2.0

Markus Ulbig, Sächs.Staatsminister des Innern Bei der Polizei sollen bis 2020 rund 2 600 Stellen abgebaut, die 72 Polizeireviere auf 41 reduziert werden. Müssen wir uns um die innere Sicherheit im Freistaat sorgen?Dafür gibt es keinen Grund. Denn überall dort, wo heute Polizei ist, wird es weiterhin Polizei geben. Wir werden über das Jahr 2020 hinaus mehr Polizisten pro Ein-wohner haben als vergleich-bare westliche Länder.

Weniger Polizisten und Reviere – bleibt die Bür-gernähe auf der Strecke?Die Zahl der Streifenpo-

lizisten bleibt so wie jetzt. Künftig wird es noch mehr Bürgerpolizisten geben. Sie sind vor Ort erster Ansprech-partner, vor allem im länd-lichen Raum. Außerdem

wird es pro Landkreis bzw. Kreisfreier Stadt zwei bis vier starke Polizeireviere

geben, dazu weitere 116 Poli-zeistandorte.

Dauert es künftig länger, bis die Polizei zum Einsatzort kommt?Nein, wie jetzt schon werden Einsatzorte in erster Linie nicht von einem Polizeire-vier aus angefahren, sondern von Streifenbeamten die im Zuständigkeitsbereich unter-wegs sind. Jedoch wird es auch künftig Einsatzprioritäten geben. So wird die Polizei zunächst einen Verkehrsunfall mit Verletzten aufnehmen, bevor sie an den Tatort eines Kellereinbruchs fährt.

Prof. Dr. Georg Unland, Sächsischer Staatsminis-ter der Finanzen Nach einem noch nie dage-wesenen Sparhaushalt mit einer Milliarde Euro Min-derausgaben haben Sie sich die nächste Rosskur verord-net. Warum?

Das hat mit dem Rückgang der Bevölkerung zu tun. 2020 werden 300 000 weniger Men-schen in Sachsen leben. Mit jedem Einwohner verliert der Freistaat auch erhebliche Steuereinnahmen, z.Zt. rund 2 600 Euro. Wir müssen die Verwaltung also anpassen.

Welche Einspareffekte er-warten Sie durch die neue Verwaltungsstruktur?Durch die neue effiziente Verwaltungsstruktur wird dieBasis dafür geschaffen, das Personal im öffentlichen Dienst weiter zu reduzieren. Das erreichen wir, indem Stel-len nicht wieder besetzt und Behördenstandorte zusam-mengelegt werden. Dies wird dann auch zu Einsparungen führen.

Die SAB soll nach Leipzig umziehen – warum?Der Umzug der Sächsischen Aufbaubank soll Leipzig als Finanzplatz stärken.

Digitalisierung wird die Verwaltung im Freistaat Sachsen schneller und effektiver machen.

Markus Ulbig„Künftig wird es noch mehrBürgerpolizisten geben.“

Prof. Dr. Georg Unland„Wir müssen die Verwaltung an die Einwohnerzahl anpassen.“

Dr. Jürgen Martens„Es geht auch um eine gerechte Verteilung der Arbeitsplätze.“

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Namen und Nachrichten

Strombörse EEX bleibt in LeipzigBeachtlicher Verhandlungserfolg für die Staatsregierung: Die Zukunft der Strombörse European Energy Exchange (EEX) in Leipzig ist gesichert. Mit der Deutsche-Börse-Tochter Eurex wurde eine entsprechende Vereinbarung geschlossen, teilte die Staatskanzlei mit. Darin sei festgeschrieben worden, dass die Strombörse mit ihren rund 100 Beschäftigten bis mindestens 2025 in Leipzig bleibe. Es werde weder beim Geschäftsumfang noch bei den Arbeitsplätzen gekürzt. Die EEX werde zukünftig von Leipzigaus ihre Geschäftsfelder auf den Handel mit Gas und Kohle erweitern. Mindestens 30 neue Arbeitsplätze würden dadurch entstehen.

Hintergrund sind Verände-rungen in der Eigentümer-struktur. Die Deutsche Börse hatte angekündigt, über die Tochter Eurex ihre Anteile an der Leipziger Strombörse auf gut 58 Prozent aufzustocken. Dazu will die Börse möglichst komplett den Anteil der Landesbank Baden-Württemberg LBBW übernehmen, die diese über den Kauf der ehemaligen Sachsen LB erworben hatte. Das Land Sachsen besitzt noch 4,5 Prozent, die Stadt Leipzig 7,4 Prozent der Anteile. Die EEX ist die einzige deutsche Energiebörse. • dr

Namen und Nachrichten

Dr. Jürgen Martens, Sächsischer Staatsminis-ter der Justiz Viele Ämter werden in den nächsten Jahren schließen. Nach welchen Kriterien wurden die Entscheidungen getroffen?Unsere zentrale Zielstellung war, die Verwaltung in Zu-kunft noch effizienter, bürger- und unternehmerfreundlicher zu gestalten. Dabei standen re-gional- und strukturpolitische Aspekte im Fokus unserer Überlegungen. Wir wollen auch in Zukunft die bestmög-liche Erreichbarkeit staatlicher Einrichtungen und eine regi-onal ausgewogene Verteilung der Verwaltungsstandorte – und damit auch eine gerechte Verteilung der Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst und

eine optimale Nutzung von Landesimmobilien.

Die Ämter verschwinden, was kommt stattdessen?Unsere frühzeitige Stand-ortentscheidung verhindert gerade, dass sich Verwaltung und Justiz aus der Fläche zurückziehen! Wichtig ist: Es geht um eine auf die näch-sten zehn Jahre ausgerichtete Strukturplanung. Der Bürgerwird künftig verschiedene Wege wählen können, um mit der Verwaltung Kontakt auf-zunehmen. So kann er über das Amt24 und die Behör-denrufnummer D115 immer mehr bequem von zu Hause aus erledigen. Auch planen wir die Erreichbarkeit der Verwal-tung im ländlichen Raum über Bürgerterminals oder mobile Bürgerservices zu erhalten.

Der Justizbereich scheint bei der Reform der Verwaltungs-struktur glimpflich davon gekommen zu sein. Täuscht der Eindruck?Ja, denn auch im Justizbe-reich wird es Veränderungen geben. Aber: Die Justiz bleibt in der Fläche präsent. Die Bildung von Zweigstellen an einigen Amts- und Landge-richtsstandorten bringt für die Bürger keine Nachteile. Vielmehr wird die beabsich-tigte Strukturreform zu einer weitestgehend einheitlichen Gerichtsstruktur in ganz Sachsen führen. Gleiches gilt für den Justiz-vollzug: Die JVAs sind auch künftig über den Freistaat verteilt, um eine heimatnahe Unterbringung der Gefange-nen zu gewährleisten. •

Neu: das Deutschland-StipendiumAb sofort können auch sächsische Unterneh-men hiesige Studenten finanziell unterstützen. Die Bundesregierung hat dazu ein Stipendien-programm für begabte und leistungsstarke Studenten gestartet. Bis Jahresende sollen deutschlandweit zunächst 10 000 Studierende gefördert werden. Die Stipendien sind so konzi-piert, dass sie auch für kleine und Kleinstbe-

triebe erschwinglich sind: 150 Euro im Monat kostet das Stipendium einen privaten Geldge-ber, die andere Hälfte stockt der Bund auf. „Da-mit können auch sächsische Betriebe einen Bei-trag gegen den Fachkräftemangel leisten“, sagt der wirtschaftspolitische Sprecher der CDU-Landtagsfraktion Frank Heidan. Informationen unter: www.deutschland-stipendium.de. • dr

Hintergrund der Verwaltungsreform sind sinkende Bevölke-rungszahlen und daraus resultierend geringere Steuereinnahmen. Mehr Informationen unter www.smi.sachsen.de/re-gierung.html.

WIR 01/ 2011 13

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Politikverdrossenheit Die Art und Weise der Politikberichterstattung hat sich seit den 60er Jahren stark verändert. Der Negativismus hat zugenommen, Politik wird heute mehr in kleine Häppchen verpackt, so dass häufig der Zusammenhang verloren geht. Man ist insgesamt kritikfreudiger geworden.Letzteres ist aber kein genuines journali-stisches Phänomen, vielmehr hat sich die Gesellschaft verändert. Nur bei der Politikdar-stellung hat man es übertrieben. Denn auf diese Art und Weise hat der Bürger immer weniger eine Chance, relativ neutral und fair zu erfahren, was die Politik eigentlich vorhat.

Politik als MedienereignisAls Politiker hat man es heute schwer: Man muss im Prinzip eigentlich alles so lange unter dem Deckel halten, bis das Ergebnis da und entschieden ist. Ansonsten wird es in der Tat: zerredet. Denn es geht in der Regel nicht um den Austausch von Sachargumenten, sondern um die Hoheit über die Schlüsselbegriffe und die Wertung: Wer ist der moralisch Gute und wer ist der moralisch Schlechte. Die Medien spiegeln diesen Kampf, der in der Politik pas-siert, wider. Insofern ist diese Entwicklung auch ein Problem der Politik selbst. Ein gewisser Prozentsatz der Menschen wählt nach Kriterien, die nicht in den Lehrbüchern der Demokratie stehen. Die Wähler lassen sich beeinflussen von der Telegenität der Kan-didaten oder Image-Kreationen. Die Par-teien haben dafür ihre eigene Logik verlassenund sich auf die „Medienlogik“ eingelassen.

Soziale MedienGenau wie die Politik verlieren auch die Medien ihren Markenkern. Weil sie sich bou-levardisieren und ununterscheidbar machen von nicht-professionellen Angeboten. Ich zeige in Vorträgen oft ein Bild mit vier Webseiten, die sehen alle gleich aus. Ob das StudiVZ ist oder irgendein Blogger oder eine Unternehmensseite,

die einem etwas verkaufen will: Die können ihre Inhalte heute alle so journalistisch aufbereiten, dass es für den Durchschnittsbürger keinen Unterschied macht. Es ist in meinen Augen ein Grundfehler der Medien, dass sie nun alle denken, sie brauchen Blogs und müssen bei Facebook oder sonstwas mitmachen. Denn sie tragen damit dazu bei, dass sie ähnlich wahrge-nommen werden wie diese sozialen Medien – die großartig, aber kein Journalismus sind.

Wirtschaftliche Einflüsse und ZwängeIn der Mehrheit arbeiten die Medien nach den Gesichtspunkten der Professionalität. Es gibt aber zunehmend Medieninhalte in Zeitungen und Rundfunk, die nicht von Profis aus einer neutralen und sachkundigen Position heraus gesendet oder gedruckt werden, sondern weil jemand Geld dafür bezahlt hat. Vermutungen über Korrumpiertheit der Journalisten, dass sie politisch ihr eigenes Süppchen kochen oder sich unethisch verhalten, sind Wertetreiber für den Verlust an Glaubwürdigkeit. Da muss der Journalismus sich überlegen, ob er sich nicht selbst den Ast absägt, auf dem er sitzt.

Zukunft der ZeitungDie Zeitungsherstellung und -verbreitung von heute ist im Vergleich zu der Nachrichtenver-breitung im Internet ein Anachronismus. Dieses

Businessmodell wird auf Dauer keinen Bestand haben. Es wird also sicher einen technolo-gischen Wandel geben. Aber man darf nicht den technologischen Wandel mit dem Wandel der Institution gleichsetzen. Die Zeitung als Institution kann gedruckt, gesendet oder irgendwie online daherkommen. Entscheidend ist die Professionalität des Inhalts: Denn wir brauchen weiterhin die Profis, die uns die Arbeit abnehmen, zu beurteilen, was an der vorhan-denen Kommunikation richtig und wichtig ist. •

Interview: Dirk Reelfs und Peter Stawowy

Plädoyer für Professionalität

Medien verlieren zunehmend ihren Markenkern, sagt der Kommunikationswissenschaftler Prof. Wolfgang Donsbach

„Die Parteien haben sich auf die Medienlogik eingelassen.“

Prof. Dr. Wolf-gang Donsbachist Gründungsdirektor sowie amtierender Di-rektor des Instituts für Kommunikationswissen-schaft an der TU Dres-den. Promotion (1981) und Habilitation (1989) erfolgten an der Univer-sität Mainz. Seine Forschungsschwer-punkte sind Journalis-mus, öffentliche Meinung, politische Kommunikation und Rezeptionsforschung.

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„2020“ – Zukunftsperspektiven

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Was wirdThemen auf der politischen Agenda der kommenden Wochen

Sachsens Hochschulen stehen vor AnpassungsprozessDer Hochschullandschaft steht ein Konzentrations- und Anpassungsprozess bevor. Mit einem neuen Hochschulentwicklungsplan will Wissenschaftsministerin Prof. Sabine von Schorlemer „flexible Rahmenstrukturen schaffen, welche die Hochschulen auch bei der Bewältigung noch nicht absehbarer Herausforderungen unterstützen“. So genannte Wissenschaftsräume sollen dabei den Transfer von Wissen zwischen Wirtschaft und Wissenschaft stärken. Dazu sollen innerhalb der Räume Dresden, Leipzig, Chemnitz und Freiberg „regional definierte Netzwerke zur besseren Koordination und Steuerung künftiger Wissenschaftspolitik“ etabliert werden. Innerhalb der Räume sollen die Hochschulen ihre Profillinien abstimmen, um die „Vielfalt und die Stärken der sächsischen Hochschullandschaft auch unter den Zwängen der Einsparungen zu erhalten“, so Schorlemer. Die Ministerin will den Hochschulentwicklungsplan im Laufe dieses Jahres vorlegen. • dr

Sachsens Hochwasserwarnsystem hat sich bewährt Das sächsische Hochwassernachrichten- und Alarmsystem hat sich beim Augusthochwasser 2010 grundsätzlich bewährt. Das Warnsystem könne aber noch verbessert werden. Diese Einschät-zung traf Dr. Klaus Jeschke, Vorsitzender der „Kommission der Sächsischen Staatsregierung zur Analyse der Meldesysteme“. So sollen zum Beispiel die als Warngebiete definierten Flussgebiete verkleinert werden, Hochwasserwarnungen handlungsorientiert abgefasst und ihr Empfang durch ein praktikableres System als bisher sicher gestellt werden. Darüber hinaus wird vorgeschlagen, ein leistungsfähiges Regenradar für Ostsachsen zu installieren, das auch Niederschläge im Einzugs- gebiet auf polnischem und tschechischem Gebiet erfasst. Aber auch die Kommunen sollten etwas tun. „Die Gemeinden müssen mehr als bisher den Ernstfall üben“, sagte Jeschke bei der Vorstellung des Berichtes. Die Regierung hat für die weitere Verbesserung des Hochwassernachrichten- und Alarm-dienstes eine Lenkungsgruppe gebildet. Sie wird bis zum Sommer die einzelnen Empfehlungen der Kommission prüfen und Vorschläge für deren Umsetzung vorlegen. Eine Reihe der Vorschläge sind jedoch bereits aufgegriffen worden. So werden vorhandenen meteorologischen Messnetze in das Niederschlagsmessnetz des Landeshochwasserzentrums integriert. Darüber hinaus werde Sachsen sein Bau- und Modernisierungsprogramm für Hochwassermeldepegel zügig fortführen, so Umwelt-minister Frank Kupfer. Der Bericht der Kommission ist im Internet unter www.umwelt.sachsen.de/umwelt/wasser/8136.htm verfügbar. • dr

Landesentwicklungsplan in ArbeitSachsens Innenministerium überarbeitet den Landesentwicklungsplan. Mit der Neuauflage soll die aus dem Jahr 2003 stammende Leitvorstellung für die Raumentwicklung abgelöst werden. Die Fertigstellung ist für die zweite Jahreshälfte 2012 geplant. Zuvor will Innenminister Markus Ulbig in diesem Jahr in Regionalkonferenzen die Eckpunkte vorstellen und diskutieren. Da sich Rahmen-bedingungen, wie zum Beispiel Bevölkerungsprognose, Finanzsituation oder Behördenstandorte in den vergangenen Jahren verändert haben, ist eine Überarbeitung des aktuellen Landesentwicklungs-planes notwendig geworden. Aufgabe der Landesentwicklung ist es, auf der Grundlage aller raum-bezogenen Fachplanungen, wie Verkehr, Wirtschaft, Wohnen, Ver- und Entsorgung, Arbeit und Freizeit, wesentliche raumbedeutsame Entwicklungsziele zu erarbeiten. • dr

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Agenda

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