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Wieviele Historiker braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln? Über diese Frage gibt es seit langer Zeit lebhafte, manchmal erbitterte Debatten. Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war “Man braucht nur einen” die anerkannte Antwort. Zur Unterstützung dieses Schlusses erschienen zahlreiche Werke, welche die Elektrifizierung und die Fortschritte beim Glühbirnenwechseln uneingeschränkt priesen. Zu Beginn der 1960er Jahre taten aber Sozialhistoriker solche “Großer Mann”-Erklärungen zunehmend ab und brachten stattdessen revisionistische Analysen hervor, welche die Beteiligung von Forschungsassistenten sowie Angehörigen des Haushaltspersonals betonten. Dieser neue Konsens wurde aber wiederum von VertreterInnen der Gender Studies angegriffen; diese kritisierten Sozialhistoriker wegen der Marginalisierung der Frau und behaupteten, dass Glühbirnen in Wahrheit von Abteilungssekretärinnen gewechselt würden. Seit 1980 haben jedoch die postmodernen Denker das, was sie als einen repressiven, hegemonischen Diskurs beschreiben, dekonstruiert, indem sie sowohl den impliziten binären Gegensatz von “Licht” und “Dunkel” als auch die phallozentrische Privilegierung der Glühbirne gegenüber der Fassung ablehnten, was sie für kolonialistisch, sexistisch und rassistisch hielten. In Reaktion darauf ist eine neue Generation von neokonservativen Historikern zu dem Ergebnis gekommen, dass es eigentlich unnötig sei, die Glühbirne überhaupt zu wechseln. Die EU-Kommission gab im Dezember 2008 bekannt, dass auf der Basis der Ökodesign-Richtlinie 2005/32/EG stufenweise Herstellungs- und Vertriebsverbote von Lampen geringer Energieeffizienz in den Mitgliedsländern umgesetzt werden. Angesichts dieser Entwicklung muss man einräumen, dass es noch ausführlicher weiterer Studien bedarf, um zu einer abschließenden Klärung dieser Frage zu gelangen.

Wieviele Historiker braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln?

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Wieviele Historiker braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln?

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Page 1: Wieviele Historiker braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln?

Wieviele Historiker braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln?

Über diese Frage gibt es seit langer Zeit lebhafte, manchmal erbitterte Debatten.

Bis Mitte des 20. Jahrhunderts war “Man braucht nur einen” die anerkannte Antwort. Zur Unterstützung dieses Schlusses erschienen zahlreiche Werke, welche die Elektrifizierung und die Fortschritte beim Glühbirnenwechseln uneingeschränkt priesen.

Zu Beginn der 1960er Jahre taten aber Sozialhistoriker solche “Großer Mann”-Erklärungen zunehmend ab und brachten stattdessen revisionistische Analysen hervor, welche die Beteiligung von Forschungsassistenten sowie Angehörigen des Haushaltspersonals betonten.

Dieser neue Konsens wurde aber wiederum von VertreterInnen der Gender Studies angegriffen; diese kritisierten Sozialhistoriker wegen der Marginalisierung der Frau und behaupteten, dass Glühbirnen in Wahrheit von Abteilungssekretärinnen gewechselt würden.

Seit 1980 haben jedoch die postmodernen Denker das, was sie als einen repressiven, hegemonischen Diskurs beschreiben, dekonstruiert, indem sie sowohl den impliziten binären Gegensatz von “Licht” und “Dunkel” als auch die phallozentrische Privilegierung der Glühbirne gegenüber der Fassung ablehnten, was sie für kolonialistisch, sexistisch und rassistisch hielten.

In Reaktion darauf ist eine neue Generation von neokonservativen Historikern zu dem Ergebnis gekommen, dass es eigentlich unnötig sei, die Glühbirne überhaupt zu wechseln.

Die EU-Kommission gab im Dezember 2008 bekannt, dass auf der Basis der Ökodesign-Richtlinie 2005/32/EG stufenweise Herstellungs- und Vertriebsverbote von Lampen geringer Energieeffizienz in den Mitgliedsländern umgesetzt werden. Angesichts dieser Entwicklung muss man einräumen, dass es noch ausführlicher weiterer Studien bedarf, um zu einer abschließenden Klärung dieser Frage zu gelangen.

24 Mar 2011

The exercise above is based on a piece in English I saw on the Internet that was credited to Dr. David Leeson of Laurentian University. Regarding the German, I'm grateful to my friends at leo.org and Der Postillon for their encouragement and suggestions.