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56 Wie funktioniert eigentlich... Ausgabe 4/2010 HL7 ist ein weiterer Standard, den Kran- kenhäuser für die elektronische Kommu- nikation nutzen. Dabei gibt es Über- schneidungen mit DICOM, auf die wir im zweiten Teil zu diesem Thema zu spre- chen kommen. Ebenso werden wir im zweiten Teil aufzeigen, wie Modalitäten und Peripheriegeräte kommunizieren. Dieser erste Teil untersucht die Struktur der Bilddaten selbst. Weshalb kann man nicht auf ein beste- hendes Dateiformat wie *.jpg oder *.tif zu- rückgreifen, mögen Sie sich fragen. Das liegt zum einen daran, dass DICOM-Dateien viel mehr Informationen enthalten als nur die Bilddaten selbst, die übrigens durchaus in ei- nem dieser Formate vorliegen können. Dass eine DICOM-Datei nicht nur die Bildinfor- mationen enthält, wird klar, wann man Bild- daten mit einem HEX-Editor öffnet (Abbildung 2). Im Klartext ist zuerst nur wenig zu er- kennen. Beispielsweise der Name der Bekannten, SIMPSON^HOMER^III (Name von der Re- daktion geändert). Davor findet sich die Länge dieses Namens (12 in hexadezimaler Zählweise entspricht 18 im Dezimalsys- tem). Wieder davor steht der Datentyp, hier PN für Person Name. Das soge- nannte „Tag“ gibt an, um was für einen Wert es sich handelt, nämlich um den Na- men des Patienten. Die DICOM-Datei be- steht aus einer langen Abfolge von Qua- drupeln aus Tag, Datentyp, Länge und Wert (Abbildung 3). Die DICOM-Spezifikation legt fest, wel- che Tags und Datentypen es gibt (Abbildung 4). Zudem definiert der DICOM-Standard Da- tentypen (Value Representation VR) wie Per- son Name (PN), Long String (LO) oder Coded Prof. Dr. Christian Johner, Institut für IT im Gesund- heitswesen, Autor der Krankenhaus-IT Journal- Serie „Wie funktioniert eigentlich…?“ „Wie funktioniert eigentlich…?“ DICOM Teil 1 „Ich hab‘ kein Wort von dem verstanden, was der Arzt gesagt hat“, meint meine Be- kannte, als sie von der Kernspinuntersu- chung zurückkommt. Ratlos gibt sie mir die CD, die ihr der Radiologe mitgegeben hat. Und wie soll ich hier helfen, frage ich mich? Ich habe zwar lange Zeit in der CT- Diagnostik gearbeitet, aber ich bin Physi- ker und kein Arzt. Und so gilt mein Inte- resse bald mehr der CD mit den MRT- Bildern als dem Befund der Bekannten. Die Daten, die auf dieser CD gespeichert sind, liegen nicht in einem der üblichen Bildformate wie *.gif, *.jpg oder *.tif vor. Es handelt sich um Bilddaten, die dem DICOM-Standard entsprechen. Die ersten Versionen dieses Standards stammen aus den 70er Jahren des letzten Jahrhunderts und hießen ursprünglich ACR/NEMA Stan- dard. Dieses Akronym weist auf die betei- ligten Initiatoren hin, nämlich das Ameri- can College of Radiology und die National Electrical Manufacturers Association. Erst seit 1992 spricht man von DICOM, Digital Imaging and COmmunication in Medici- ne. Diesem Standard ist es zu verdanken, dass wir heute Bilder herstellerunabhän- gig zwischen Geräten und IT-Systemen austauschen können. Dabei beschränkt sich dieser Austausch nicht auf „Bilder“, wel- che die Modalitäten wie CT, MRT, Ultra- schall oder Röntgen erzeugen. Genauso lassen sich Audiodaten, EKG-Signale und Befunde mit Hilfe von DICOM übermitteln, Drucker ansteuern und Bildarchive (PACS) nutzen (Abbildung 1). Abbildung 1: DICOM standardisiert u.a. den Datenaustausch zwischen Modalitäten (CT, MRT, …) und Peripheriegeräten. Abbildung 3: DICOM-Dateien bestehen aus einer Abfolge von Attributen (Quadrupeln aus Tags, Datentypen, der Länge von Werten und den Werten selbst). Abbildung 2: DICOM-Dateien liegen in einem Binärformat vor und enthalten Tags, Datentypen und die Werte.

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Wie funktioniert eigentlich...Ausgabe 4/2010

HL7 ist ein weiterer Standard, den Kran-kenhäuser für die elektronische Kommu-nikation nutzen. Dabei gibt es Über-schneidungen mit DICOM, auf die wir imzweiten Teil zu diesem Thema zu spre-chen kommen. Ebenso werden wir imzweiten Teil aufzeigen, wie Modalitätenund Peripheriegeräte kommunizieren.Dieser erste Teil untersucht die Strukturder Bilddaten selbst.

Weshalb kann man nicht auf ein beste-hendes Dateiformat wie *.jpg oder *.tif zu-rückgreifen, mögen Sie sich fragen. Das liegtzum einen daran, dass DICOM-Dateien vielmehr Informationen enthalten als nur dieBilddaten selbst, die übrigens durchaus in ei-nem dieser Formate vorliegen können. Dass

eine DICOM-Datei nicht nur die Bildinfor-mationen enthält, wird klar, wann man Bild-daten mit einem HEX-Editor öffnet

(Abbildung 2). Im Klartextist zuerst nur wenig zu er-kennen. Beispielsweise derName der Bekannten,S IMPSON^HOMER^I I I

(Name von der Re-daktion geändert).Davor findet sich dieLänge dieses Namens(12 in hexadezimalerZählweise entspricht18 im Dezimalsys-tem). Wieder davorsteht der Datentyp,hier PN für PersonName. Das soge-nannte „Tag“ gibtan, um was für einenWert es sich handelt,nämlich um den Na-men des Patienten.Die DICOM-Datei be-

steht aus einer langen Abfolge von Qua-drupeln aus Tag, Datentyp, Länge und Wert(Abbildung 3).

Die DICOM-Spezifikation legt fest, wel-che Tags und Datentypen es gibt (Abbildung4). Zudem definiert der DICOM-Standard Da-tentypen (Value Representation VR) wie Per-son Name (PN), Long String (LO) oder Coded

Prof. Dr. Christian Johner,Institut für IT im Gesund-heitswesen, Autor derKrankenhaus-IT Journal-Serie „Wie funktionierteigentlich…?“

„Wie funktioniert eigentlich…?“ DICOMTeil 1

„Ich hab‘ kein Wort von dem verstanden,was der Arzt gesagt hat“, meint meine Be-kannte, als sie von der Kernspinuntersu-chung zurückkommt. Ratlos gibt sie mirdie CD, die ihr der Radiologe mitgegebenhat. Und wie soll ich hier helfen, frage ichmich? Ich habe zwar lange Zeit in der CT-Diagnostik gearbeitet, aber ich bin Physi-ker und kein Arzt. Und so gilt mein Inte-resse bald mehr der CD mit den MRT-Bildern als dem Befund der Bekannten.

Die Daten, die auf dieser CD gespeichertsind, liegen nicht in einem der üblichenBildformate wie *.gif, *.jpg oder *.tif vor.Es handelt sich um Bilddaten, die dem DICOM-Standard entsprechen. Die erstenVersionen dieses Standards stammen ausden 70er Jahren des letzten Jahrhundertsund hießen ursprünglich ACR/NEMA Stan-dard. Dieses Akronym weist auf die betei-ligten Initiatoren hin, nämlich das Ameri-can College of Radiology und die NationalElectrical Manufacturers Association. Erstseit 1992 spricht man von DICOM, DigitalImaging and COmmunication in Medici-ne. Diesem Standard ist es zu verdanken,dass wir heute Bilder herstellerunabhän-gig zwischen Geräten und IT-Systemenaustauschen können. Dabei beschränkt sichdieser Austausch nicht auf „Bilder“, wel-che die Modalitäten wie CT, MRT, Ultra-schall oder Röntgen erzeugen. Genausolassen sich Audiodaten, EKG-Signale undBefunde mit Hilfe von DICOM übermitteln,Drucker ansteuern und Bildarchive (PACS)nutzen (Abbildung 1).

Abbildung 1: DICOM standardisiert u.a. den Datenaustausch zwischenModalitäten (CT, MRT, …) und Peripheriegeräten.

Abbildung 3: DICOM-Dateien bestehen aus einer Abfolge von Attributen (Quadrupeln ausTags, Datentypen, der Länge von Werten und den Werten selbst).

Abbildung 2: DICOM-Dateien liegen in einem Binärformat vor und enthalten Tags, Datentypen und die Werte.

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Wie funktioniert eigentlich...Ausgabe 4/2010

String (CS). Sie erkennen in Abbildung 4,dass als Wert für das Tag „Patient’s Sex“(0010,0040) ein Coded String verwendetwerden muss. Der Standard stellt als Op-tionen M, F und O zur Auswahl. Eine Be-sonderheit ist der Datentyp SQ (Sequence).Bei diesen Sequenzen besteht der Wert desAttributs selbst aus einer beliebigen An-zahl an Quadrupeln

Ein Beispiel für eine Sequence ist das Tag„Other Patient IDs Sequence“, eine Sequenzaus Patient IDs (Tag 0010,0020), die jeweilsals „Long String“ vorliegen. Nicht zu ver-wechseln mit den Sequences sind Attributemit einer „Value Multiplicity“ (VM) von „1–n“. In diesem Fall enthält der Wert des Attri-buts nicht eine Abfolge vollständiger Attri-bute, sondern nur eine Abfolge von Werten,die jeweils durch einen Backslash („\“) von-einander getrennt sind.

Eines dieser Attribute ist das mit den Bild-daten. Dieses Attribut besteht genau wie al-le anderen Attribute aus einem Tag, dem Da-tentyp, der Länge und dem Wert. Bei diesemWert handelt es sich um die Pixel, also dieBilddaten. Und diese Bilddaten könnten auchim JPEG-Format vorliegen. Damit wird Ih-nen wahrscheinlich klar, dass es gar keinen

„DICOM-Header“ gibt, wie oft behauptet wird.Die Tatsache, dass die Bilddaten am Schlussder Datei stehen, ist nur darin begründet,dass das zugehörige Tag die höchste Num-mer hat. Und die Attribute sind in der Rei-henfolge der Tags sortiert.

Natürlich müssen Sie künftig nicht denHEX-Editor zur Hand nehmen, um all dieseAttribute und deren Werte auszulesen. Ge-nau das ist die Aufgabe der DICOM-Viewer.Viele dieser Werkzeuge stehen Ihnen sogarkostenlos zur Verfügung [2] (Abbildung 5).

Die Abbildung 5 macht uns auf etwasWeiteres aufmerksam: Die einzelnen DICOM-Dateien (Bilder) sind zu Serien und diesewiederum zu Studien gruppiert. Jeder Pa-tient kann eine oder mehrere Studien ha-ben. Meistens arbeitet man nur mit einerStudie, dafür mit vielen Serien. Bei jederneuen Modalität, bei jedem neuen Aufnah-meparameter wie T1/T2-Gewichtung beiKernspin-Aufnahmen, bei der Gabe vonKontrastmitteln oder einer Umlagerung desPatienten beginnt eine neue Serie.

Interessanterweisefindet sich die voll-ständige Informa -tion zu Patient, Studie und Serie(redundant) in je-dem einzelnen Bild.Abbildung 6 zeigt,dass die DICOM-Bilder (der Standardnennt diese Infor-mation Object Defi-nitions IOD) wieCT-Bilder aus Infor-mation Entities IEund diese wiederum

aus Modulen bestehen. Ob diese Moduleverpflichtend enthalten sein müssen (Usa-ge = M) oder nicht (Usage = C, U) legt eben-falls der Standard fest. Jedes dieser Mo-dule gruppiert eine Menge an Attributen,wie wir sie oben kennen gelernt haben.

Unser mikroskopischer Ansatz, der darinbestand, die Bilder mit dem HEX-Editor zuuntersuchen, war zwar dabei hilfreich, dieAttribute, also die Quadrupel aus Tag, Da-tentyp, Länge und Wert zu identifizieren. Erwar aber ungeeignet, auch die makroskopi-sche Struktur aus Information Entities undModulen und damit die Hierarchie Patient Studie Serie zu offenbaren. Da bedurftees eines Blicks in den Standard. Dieser um-fasst mehrere 1.000 Seiten…

Woran meine Bekannte leidet, konnte ichden Bildern leider nicht entlocken. Der Arztallerdings auch nicht. Das stand etwas ver-klausuliert im Befund, der ebenfalls auf derCD gespeichert war. Übrigens auch im DICOM-Format. Doch dazu mehr im nächs-ten Teil dieser Folge.

[1] http://medical.nema.org[2] http://www.dclunie.com/pixelmed/software/webstart/DicomImageViewer.jnlp [3] Kostenloses webbased Training zu DICOM unter http://www.krankenhaus-it-leiter.de/dicom.

Abbildung 6: Ein CT-Bild besteht wie alle „Bilder“ aus Information Entities unddiese wiederum aus Modulen.

Abbildung 4 Ausschnitt aus dem Teil 6 des DICOM-Standards [1].VR steht für Value Representation (Datentyp), VM für Value

Multiplicity.

Abbildung 5: DICOM-Viewern lesen die Attribute aus und stellen diese lesbar dar [2]. DICOMgruppiert Informationen zu Patienten, Studien und Serien.