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Förderung von schwachen Schülern Forum: Schulranking – Pro und Contra BBS-Info: Die Ausgebrannten – Studie zur Lehrergesundheit Schulforschung: Schulen in schwieriger Lage Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und Elternräte PÄDAGOGISCHE BEITRÄGE VERLAG

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Förderung von schwachen Schülern Forum: Schulranking – Pro und ContraBBS-Info: Die Ausgebrannten – Studie zur Lehrergesundheit Schulforschung: Schulen in schwieriger Lage

Zeitschrift für Hamburger Lehrkräfte und ElternrätePÄDAGOGISCHEBEITRÄGE

VERLAG

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Hamburg macht Schule 1|2007

Editorial

»Die Finnen sind in allem weiter: Sie haben schulstrukturelle Bedingungen, die das Fördernohne Auslese in einer inklusiven Schule ermöglichen. Die dortigen Förderquoten sind ein Sym-bol für ein gutes Assessment verbunden mit einer erhöhten diagnostischen Aufmerksamkeitund Professionalität, eingebettet in taugliche pädagogische Konzepte.« Diese »schulstruktu-rellen Bedingungen«, von denen der Hamburger Erziehungswissenschaftler Karl Dieter Schuckin einem Vortrag vor einem Jahr auf der DIDACTA in Hannover sprach, haben wir in Deutsch-land – abgesehen von der Grundschule – nicht. Stattdessen fragte zur gleichen Zeit – wie zumBeleg für Schucks These – das Rütli-Kollegium in seinem ›Brand-Brief‹ rhetorisch: »WelchenSinn macht es, dass in einer Schule alle Schülerinnen und Schüler gesammelt werden, dieweder von den Eltern noch von der Wirtschaft Perspektiven aufgezeigt bekommen?« (Dreivon 60 Schülern der letzten Abschlussklassen erhielten einen Ausbildungsplatz!). Die Antwortgab der Interims-Rektor, Helmut Hochschild, in einem SPIEGEL-Interview: »Eine BerlinerHauptschule kann nicht gesund werden – denn das System ist krank.«Wenn es nach dem kürzlich der Bürgerschaft übergebenen Abschlussbericht der Enquete-kommission geht, werden sich die strukturellen Bedingungen im Hamburger Schulwesen abdem Schuljahr 2009/10 mit der Reduzierung von sechs auf zwei Schulformen in der Sekun-darstufe I deutlich verändern. Es heißt dann ganz offiziell Abschied zu nehmen von einer Men-talität, die Klaus-Jürgen Tillmann als »Sehnsucht nach der homogenen Lerngruppe« bezeich-net. Auch wenn es diese in der schulischen Realität einer Metropole längst nicht mehr gibt –auch nicht am Gymnasium – haben solche Denkfiguren nach wie vor einen bestimmenden Ein-fluss auf die Wirksamkeitsüberzeugungen und die Unterrichtskonzepte von Lehrkräften.Sabine Reh von der TU Berlin belegt mit Verweis auf verschiedene Studien und eigene Be-fragungen, »dass binnendifferenzierende Maßnahmen im schulischen Alltag Deutschlandseine ausgesprochen niedrige Relevanz haben« (Die Deutsche Schule 1/05, S. 79). Das gelteauch für Klassen mit unterdurchschnittlichem Leistungsniveau, wo Kompensationsmaß-nahmen besonders nötig wären. Am dringlichsten sind sie, wenn es um die Förderung schwacher Schüler geht. JochenSchnack ordnet sie in seiner systematischen Einführung zum Schwerpunktteil dieses Hef-tes drei großen Gruppen zu und benennt die Hauptaufgaben einer tragfähigen Förderung.

Die nachfolgenden Erfahrungsberichte geben Zeugnis von einer Schul-und Unterrichts»kultur« – hier passt der Begriff –, die wissenschaftli-che Erkenntnisse, eigene Beobachtungen und konzeptuelles Handelnverbindet.Alle, die über schwache Schüler stöhnen, und alle, die über Gleich-schrittspädagogik klagen, sollten diese Berichte aufmerksam zur Kennt-nis nehmen. Zusammen mit den Beispielen aus dem letzten HmS-Heftzur »Individualisierung« geben sie Auskunft über eine Entwicklung,die dem politischen Kunstwort von der »Finnlandisierung« eine neueBedeutung zuweist. Schön, wenn diese allmählich zu einer Hambur-gensie würde.

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Hamburg macht Schule 1|2007

Inhalt

10 Jeder Schüler kann etwas!Die Förderung schwacher Schüler erfordert oft auch eineÄnderung der Haltung ihnen gegenüber

14 Früh fördernGezielte Förderung in spezifischen Gruppen

16 Erfolgreiche Förderarbeit in der Grundschule

18 Eine Oase in der SchuleEin Förderprogramm für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 5

20 Störer positiv einbindenZusätzliche Förderung im Schulversuch »Individuelle Förderung statt Klassenwiederholung«

22 Das Arbeitsleben in die Schule holen Praxisorientiertes Lernen erfordert neue Prüfungsformen

24 Grundprinzip IndividualisierungErfahrungen mit KooBi am Standort Langbargheide/G12

26 Förderung durch Kompetenzorientierung Studienzeiten in der Sekundarstufe I des Gymnasiums

6 Schulranking – Pro und ContraArgumente abwägen

6 Ranking fördert die Ausbildungs-qualität

Förderung des Wettbewerbs um Qualität

von Helmut E. Klein

8 Ranking ist im Schulbereich zu Rechtumstritten

Auf die Rahmenbedingungen kommt es an

von Uwe Hameyer und Peter Wendt

28 Neue Referendarsausbildungan der Schule

Ein Gespräch von Thomas Unruh

mit Jenny Mentzel und Doris Schuckay

Förderung von schwachen SchülernModeration: Jochen Schnack

Bildungspolitisches ForumVerantwortlich: Manfred Schwarz

Schulforschung30 Schulen in schwieriger Lage

von Ulrich Vieluf

Werkstatt Schule

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Hamburg macht Schule 1|2007

Inhalt

Nachrichten: BBS

Deutscher Hauptschulpreis 2007 32Drei Hamburger Schulen ausgezeichnet

Treffen der Mathe-Cracks 32Siegerehrung: Über 300 Preisträger

Interkultureller BMW Award 32G 8: Berufsschüler gewinnen Preis

SVS: Auftaktveranstaltung 32BBS-Senatorin Dinges-Dierig lädt ein

Landeszentrale: Neue Angebote 33Andi: Comic gegen Rechtsextremismus

Per Mail schnell auf dem Laufenden 33Neues Informationsangebot für Eltern

Nachrichten: Regional

Professionell tanzen 34Tanzprojekte an fünf Schulen

Filmbildung 34Fortbildungsangebote 2007

Tagung und Preisverleihung 36Berufliche Integration von Jugendlichenmit Migrationshintergrund

Der Studienkompass 36Welches Fach sollte ich studieren?

9. Juni: Nacht des Wissens 38Wissenschaft zum Anfassen und Mitmachen

Interview zum Schulsanitätsdienst 39Die meisten Unfälle passieren in den Pausen

Das Hamburger Integrationskonzept 40Interview mit Maria Maderyc

Schule und Landwirtschaft 43Unseren Nahrungsmitteln auf der Spur

Nachrichten: Überregional

Die Ausgebrannten 44Deutsche Studie zur Lehrergesundheit

BBS: Workshop mit nationalen Experten 45Lehrergesundheit: Denktüren öffnen

90000 Sportvereine integrieren täglich 46 DOSB-Vizepräsident referiert im Deutschen Bundestag

Schwierige Suche nach Ausbildungsplätzen 46Ausbildungschancen von Jugendlichenmit Migrationshintergrund verbessern

Das finnische Bildungssystem 47 Neue Broschüre informiert

Ein Gutachten macht Schlagzeilen 47 „Aktionsrat Bildung“ will „Bildungsgerechtigkeit“sichern

Sind Frauen gar nicht besser? 47 Untersuchung von Führungskompetenzen

Vordemokratische Prinzipien 49 Kritik am „Lob der Disziplin“ von Bernhard Bueb

Landesinstitut schließtQualitätstestierung erfolgreich ab 50

»Schulportfolio Qualifizierungsplanung« 50

BBS-InfoVerantwortlich: Manfred Schwarz

BBS-Info

Marktplatz

Impressum

Herausgeber:

Behörde für Bildung und Sport (BBS),Peter Daschner, Landesschulrat, Direktor desLandesinstituts für Lehrerbildung und Schulent-wicklung (LI), Felix-Dahn-Str. 3, 20357 Hamburg,E-Mail: [email protected] Luckow, Leiter Presse- und Öffentlich-keitsarbeit, Hamburger Str. 31, 22083 Hamburg;E-Mail: [email protected]:

Pädagogische Beiträge Verlag GmbH, Rothen-baumchaussee 11, Curiohaus, 20148 HamburgTel. (0 40) 45 45 83; Fax (0 40) 4 10 85 64 Verlagsredaktion und Gestaltung:Sören HavemesterRedaktion für Schwerpunkt, Werkstatt Schule,

Beitrag, Schulforschung, Marktplatz:

Prof. Dr. Johannes Bastian (verantwortlich), Christine Roggatz, Dr. Jochen Schnack, Tilman Kressel (Werkstatt Schule); Adresse:Rothenbaumchaussee 11, 20148 HamburgRedaktion für Bildungspolitisches Forum

und BBS-Info:

Dr. Manfred Schwarz (verantwortlich), Karin Bro-se, Colette Busse, Ulrich Hinderer, Hans-HermannSchumann, Jörg-R. Vahle, Rainer Wagner; BBS-Redaktionsassistenz: Rita Göttsche; Adresse: Be-hörde für Bildung und Sport, Hamburger Str. 31,22083 Hamburg, Tel.: 4 28 63-21 59, Fax: 4 28 63-30 34, E-Mail: [email protected]: Schüthedruck, Kanzlerstraße 6, 21079 Hamburg, Telefon (0 40) 7 63 20 25Anzeigen: v. Wels + Schütze, Hamburger Str. 148,22083 Hamburg, Tel.: (0 40) 29 80 03-0, Fax: 29 80 03-90Erscheinungsweise: 4-mal pro JahrAuflage: 15.000Bilder: V. Mette: Titel, S. 4, 10, 12, 17, 19, 21, 27. Alle weiteren Fotografien dieser Ausgabe wur-den uns von den Autorinnen und Autoren zurVerfügung gestellt.Bezug: Hamburger Lehrkräfte und Elternräteerhalten HAMBURG MACHT SCHULE kostenlosüber die BBS. HAMBURG MACHT SCHULE kannauch beim Verlag bestellt werden. Hamburg macht Schule im Internet:

www.publikationen.bbs.hamburg.dePreis: EUR 3,00 zzgl. Versandkosten. Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck nur mit vor-heriger Genehmigung des Verlages.ISSN 09 35 – 98 50

1/0718. Jahrgang

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Verhaltensbiologen »übersetzen« denBegriff Rangordnung oft mit »Hack-ordnung«. Dieses Ranking beschreibtzum Beispiel eine bestimmte Hierar-chie in Tiergruppen. Anders wird derBegriff in der Bildungspolitik verwen-det.

Das Centrum für Hochschulentwicklung(CHE) – eine gemeinnützige Stiftung – ver-steht sich als »Reformwerkstatt« für dasdeutsche Hochschulwesen. Die Bertels-mann Stiftung und die Hochschulrekto-renkonferenz (HRK) haben es 1994 in Gü-tersloh gegründet. Bekannt geworden istdas CHE durch die jährlich veröffentlich-ten Hochschulrankings, in dem gleicheoder ähnliche Studiengänge an verschie-denen Hochschulen verglichen und be-wertet werden. Etliche Zeitschriften dru-cken die Ranking-Ergebnisse regelmäßig.

Hochschulrankings sind verschiedent-lich auch in die Kritik geraten. Zwar hatetwa Die Zeit festgestellt, das CHE-Ran-king sei »vermutlich das beste verfüg-bare Modell in der Welt des Hochschul-rankings« (4. Mai 2006). Doch viele Be-obachter sind sich einig in der Feststel-lung, dass manche Methoden des Ran-kings durchaus problematisch seien. Oft-mals sind danach untersuchte Fächer anverschiedenen Hochschulstandortennicht ohne weiteres vergleichbar. Häu-fig gebe es zudem zu große gruppen-spezische Unterschiede zwischen den je-weiligen Studenten.

Ein vergleichbares Ranking für Schu-len gibt es in Deutschland bisher nicht.Einige Schulexperten meinen, ein Schul-ranking könnte die schulpolitische Ent-wicklung positiv beeinflussen. Gerade

weniger gut klassifizierte Schulen wür-den so vermehrt Anstrengungen unter-nehmen (müssen), um die Qualität schu-lischer Arbeit – und die Anziehungskraftihrer Institution – zu verbessern.

Viele Gegner eines Schulrankings ver-treten dezidiert die Ansicht, solche Ran-kings könnten allzu leicht in einen Cir-culus vitiosus führen. Schlecht bewerte-te Schulen seien immer weniger attrak-tiv für leistungsstarke Schüler und über-durchschnittlich motivierte Lehrkräfte.Die Schulen, die als weniger leistungs-fähig gelten, hätten wenig Chancen, die-sem Teufelskreis zu entrinnen.

Auf den folgenden Seiten von Hamburgmacht Schule (HmS) haben Experten dieGelegenheit, ihre kontroversen Argu-mente zu präsentieren.

MSz

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BBS

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Bildungspolitisches Forum

Argumente abwägen

Schulranking – Pro und Contra

Leistungsfähige Bildungssysteme sindaus bildungsökonomischer Sicht solcheSysteme, denen es gelingt, hohe Effekti-vität und hohe Effizienz zu erreichen. Bei-des ist im deutschen Schulsystem bislangnicht der Fall. Was machen effiziente Bil-dungssysteme anders? Sie steuern das,was sie erreichen wollen, über die Para-meter Bildungsstandards, Evaluationund Schulautonomie. Dass sich dabei dieTransparenz hinsichtlich der Wirksam-keit schulischer Bemühungen auf dieLeistungsfähigkeit der Schulen positivauswirkt, ist längst ein offenes Geheim-nis. Schulrankings fördern so den Wett-bewerb um Bildungsqualität und zeigenHandlungsbedarfe sichtbar auf.

Im deutschen Schulsystem ist weder ge-sichert, dass Mittel effizient, also auf diekostengünstigste Weise, noch, dass sie ef-

fektiv eingesetzt werden, dass sie also das,was sie bewirken sollen, auch tatsächlicherreichen. Vielmehr wird Qualität bislangdefiniert über die Bereitstellung vonRessourcen sowie von administrativenVorgaben zur Durchführung von Unter-richt. Die so auf den Input ausgerichtetestaatliche Schulaufsicht wird der Aufga-be einer wirksamen Qualitätssicherungnicht gerecht und ist obsolet.

Überdies haben die Bundesländer denWettbewerb zwischen den Schulen umLeistungsfähigkeit, Bildungsqualität undEffizienz durch mangelnde Zielvorgaben,durch das Fehlen einer regelmäßigen undsystematischen Evaluation der Leistun-gen des Systems wie auch der Einzel-schulen, durch den Mangel an Leis-tungsanreizen und durch Überregulie-rung erschwert und damit insgesamt die

Innovationsfähigkeit des Schulsystemseingeschränkt. Das staatliche Bildungs-monopol entdeckte bislang weder im fö-deralen Wettbewerb noch im Wettbewerbmit freien Schulträgern ein Instrument,um den der Schulbildung immanentenFunktionen durch ein möglichst hohesMaß an Qualität gerecht zu werden.

Auch deutete die Abwesenheit der deut-schen Bundesländer bei internationalenLarge Scale Assessments von den frühen1980er bis zur Mitte der 1990er Jahre dar-auf hin, dass die Lust der deutschen Bil-dungspolitik auf Erkenntnisgewinn deut-lich unterentwickelt war. Selbst bei denSurveys der OECD in den Jahren 1995 und2000, die den Zusammenhang zwischenSchulorganisation, Schulleitungskompe-tenz, Schulklima und Schülerleistungenuntersuchten, glänzte Deutschland mit

Förderung des Wettbewerbs um Qualität

Schulranking fördert BildungsqualitätHelmut E. Klein

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Bildungspolitisches Forum

Abwesenheit. Mit Blick auf die Ergebnisseder PISA-Studien (siehe zum Beispiel dieBefunde: überdurchschnittlich hoher An-teil an so genannten Risikoschülern,unterdurchschnittlicher Anteil von Schü-lern auf der höchsten Kompetenzstufe, en-ger Zusammenhang zwischen sozialerHerkunft und Bildungserfolg) wird deut-lich, weshalb der Reformstau im deut-schen Schulwesen so stark angewachsenist und weshalb es keinen schulischen Be-reich gibt, in dem es keinen Handlungs-bedarf gibt. Vor diesem Hintergrund be-deuten die Konstanzer Beschlüsse derKultusministerkonferenz im Jahr 1997 ei-nen Politikwechsel, der sehr zu begrüßenist. Doch gibt es für die damit intendierteReformpolitik in Deutschland kein be-währtes Modell – etwa im Umgang mit derreformpolitischen Maxime: Bildungssys-teme brauchen Wettbewerb – Wettbewerbbraucht Rahmenbedingungen.

Ausgehend von der Fend’schen Theo-rie der Schule sind institutionalisierte Bil-dung und Erziehung Instrumente der So-zialisation, der Qualifikation (gleichzu-setzen mit dem Erwerb von Basiskompe-tenzen) sowie der Allokation von Bil-dungs- und Beschäftigungschancen.Schulische Bildung und Erziehung kön-nen relativ eindeutig als öffentliche Gü-ter deklariert werden. Daher sind schu-lische Bildung und Erziehung, wie sie inallen Schulgesetzen der Länder festge-schrieben sind, von der öffentlichen Handzu finanzieren und zu regulieren – nichtzuletzt um ungleiche Startchancen zukompensieren. Als öffentlich verantwor-teter Dienstleistungsbereich erwächst so-mit den Schulen die Verpflichtung zur Re-chenschaftslegung über die im Auftrag

der Gesellschaft geleistete Arbeit. Des-halb hat die Öffentlichkeit, sprich derSteuerzahler, ein Recht darauf zu erfah-ren, mit welchem Erfolg staatliche Mitteleingesetzt werden.

Eltern und Jugendliche wollen über dieQualität des schulischen Angebots kor-rekt informiert werden. Die Qualität ei-nes Unterrichtsangebots kann jedoch nurder einschätzen, der die Schule besuchtoder der über zuverlässige Informationenverfügt. Da Bildung ein Vertrauensgut istund der Bildungserfolg maßgeblich vonden persönlichen Eigenschaften des Schü-lers (und denen seiner Mitschüler) ab-hängt, werden Nachfrager vor allem aufdie Reputation der Anbieter vertrauen.Eine weitere Entscheidungshilfe sind In-formationsquellen, die eine hohe Glaub-würdigkeit besitzen. Neben den eigenenErfahrungen können das Personen ausdem eigenen sozialen Umfeld sein.

Zuverlässige, für alle zur Verfügung ste-hende Informationen liefern vor allem re-gelmäßige Evaluationen und Rechen-schaftslegungen einer Schule. Evaluatio-nen tragen maßgeblich zur Transparenzder Leistungsfähigkeit bei und bringenVorteile insbesondere für jene Eltern, diebisher aufgrund unzureichender Infor-mation bei der Schulwahl eingeschränktwaren. Dieser Leistungsnachweis ver-steht sich als Teil der Qualitätssicherung,die der Wettbewerb unter Schulenbraucht, auch um der Gefahr von Rest-schulen (mit überproportional vielen leis-tungsschwächeren und bildungsbenach-teiligten Schülern) und einer minder-wertigen Bildungsqualität vorzubeugen.

Ein Blick nach Kanada, die Niederlan-de und Schweden, die regelmäßig Evalu-

ationsberichte der Schulen veröffent-lichen, zeigt, dass es gelingen kann, einegewisse Entkopplung der Vorhersagebe-ziehung von sozialer Herkunft und er-reichter Kompetenz bei hohem mittlerenKompetenzniveau zu bewirken. Verstärktwerden kann diese Politik zudem durchdie Finanzierung des Schulsystems überSchulgutscheine – wie in den Niederlan-den und Schweden. Damit lassen sich her-kunftsbedingte Nachteile kompensierenund Schülerleistungen verbessern, da denEltern größere Optionen der Schulwahleingeräumt werden und sie sich für dieam besten geeignete Schule entscheidenkönnen.

Dass die einzelnen Schulen künftig Re-chenschaft ablegen müssen, ist weithinKonsens – auch wenn es noch unter-schiedlich motivierte Widerstände gegen-über der ungewohnten Evaluations- undVeröffentlichungspflicht gibt. Schulran-king muss man sich dabei nicht notwen-diger Weise als ein eindimensionales Ta-bellen-Ranking vorstellen. Die Wahrneh-mung der Leistungsfähigkeit einer Schu-le gründet auf differenzierten quantitati-ven und qualitativen Analysen. Diese In-formationen dürfen auch der Öffentlich-keit so zugemutet werden – auch wenn inden Medien der plakativen Vereinfachungvon Sachverhalten gern das Wort gere-det wird.

So werden beispielsweise bei den Lern-standserhebungen in Nordrhein-Westfa-len die Schulen so genannten Clustern zu-geordnet. Entscheidend für die Zuordnungsind dabei Merkmale der Schulen, die vonden Lehrkräften nicht beeinflusst werdenkönnen, wie beispielsweise der Sprach-hintergrund der Schüler, das Bildungsni-

Zum Autor

Helmut E. Klein ist Referent für Schulische Bildung im Institut der deutschen WirtschaftKöln, zuständig für den Wissenschaftsbereich Bildungspolitik und Arbeitsmarktpolitik. Erstudierte an der Universität Heidelberg Erziehungswissenschaft, Anglistik und Geschichte.Helmut E. Klein hat sich unter anderem mit Themen wie Bildungsstandards und Kerncur-ricula, Bildungsbenchmarking, Bildungsfinanzierung und Bildungsregulierung, Effizienz-problemen im Schulsystem und zuletzt mit der Wettbewerbssituation von staatlichen undprivaten Schulen beschäftigt.

Sie erreichen den Autor im Institut der deutschen Wirtschaft Köln, Gustav-Heinemann-Ufer 84-88, 50968 Köln. Internet: www.iwkoeln.de, E-Mail: [email protected], Tel. 02 21/4981-7 69.

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Bildungspolitisches Forum

Wie hilft man nicht so guten Schulen?

Rankings sind zu Recht umstritten

Sicher, wir kennen etliche Schulen, diein ihrer Arbeit sehr gut sind und nichtsdagegen einzuwenden hätten, wennihre Ergebnisse im Rahmen eines Ran-kings veröffentlicht würden. Aber wirkennen auch viele andere Schulen, diein sozialen Brennpunkten unter er-schwerten Rahmenbedingungen arbei-ten, welche dazu führen können, dasssich Lehrkräfte mit zusätzlichen Her-ausforderungen in ihrer Berufstätigkeitauseinandersetzen müssen. Dazu zäh-len Probleme, die andere Schulen an-derswo nicht kennen.

Rankings machen die unterschied-lichen Rahmenbedingungen meist nichtoder nur mangelhaft deutlich. Auf dieseWeise werden manche Schulen zu »Ver-liererschulen« abgestempelt, in denenfaktisch aber nicht selten vorbildliche pä-dagogische Arbeit geleistet wird.

Auch im Ausland wird das Ranking-System durchaus kritisch diskutiert –

schon deswegen, weil im Rahmen der Er-stellung eines Rankings letztlich nur dasKognitive im Mittelpunkt steht. Eben das,von dem wir meinen, es könne am bestengemessen und auf einer Rangskala ab-gebildet werden.

Rankings gehen in die Öffentlichkeit.Dort verleiten sie die Öffentlichkeit allzugern, nur auf die «Oberfläche« zu schau-en, sich Momentaufnahmen anzusehen.Das sind dann die Lernergebnisse in zen-tralen Leistungsfächern. Für eine gründ-liche, systemisch-wissenschaftlich genaueSchul- und Standortanalyse ist es immerdie zentrale Frage, wie Ergebnisse zu-stande kommen. Unter welchen Bedin-gungen stand die pädagogische Arbeit?Was zeichnet sie aus? Wo liegen Grenzenund Verbesserungsmöglichkeiten? Ran-kings beleuchten nicht die Qualität derEntwicklungsprozesse an einer Schuleund auch nicht die Schwierigkeiten aufdem Weg zu möglichst guten Ergebnissen.

Rankings können natürlich relativiertwerden. Das ist ein Gebot wissenschaft-licher Redlichkeit. Öffentlichkeit und da-mit auch Politik sowie Verwaltung undMedien registrieren solche Relativierun-gen jedoch nur selten. In das gesell-schaftliche Langzeitgedächtnis finden die-se wichtigen Relativierungen keinen Ein-lass. Das macht Ranking für viele Schu-len gefährlich.

Was will man mit Rankings erreichen?

Will man mit Rankings das Schulwesenverbessern? Will man mit »Best Practi-ces« anderen Schulen zeigen, wo es langgeht? Suchen wir »gute« Schulen als Vor-bilder für die »Verlierer«? Will mangleichsam einem »Ortsverein« zeigen, wiestark oder schwach seine Leistungen imVergleich zu einem »Bundesligaverein«ist? Führen schlechte Ergebnisse dazu,dass die betreffende Schule geschlossenwird? Evaluierungen leiden zumeist un-

Uwe Hameyer / Peter Wendt

veau und die sozialen Verhältnisse der El-tern. Bei den Haupt- und Gesamtschulenwurden drei, bei den Realschulen undGymnasien zwei Standorttypen gebildet.Abgesehen davon, dass die Erhebungenden Befund der PISA-Studien bestätigten,lässt die Tatsache, dass die Ergebnisse nurin aggregierter Form und nicht für die ein-zelne Schule veröffentlicht wurden, ver-muten, dass das Schulministerium der ei-genen Courage nicht traut.

Auch für die überall in den Bundes-ländern startenden Qualitätsanalysender Schul-TÜVs gilt: So lange die Be-richte der Inspektorate für die Einzel-schulen nicht veröffentlicht werden,bleibt die Politik der Öffentlichkeit – und

somit letztlich Eltern und Schülern – Ant-worten schuldig, wie erfolgreich ihreSchulpolitik vor Ort ist. Qualitätssiche-rung entspricht dann eher einer Art Mo-gelpackung, die der Öffentlichkeit sug-geriert, Schulqualität würde gesichertund kontrolliert. Wenn dem so wäre,stellt sich die Frage, weshalb die ent-scheidenden Informationen der Öffent-lichkeit vorenthalten werden. Dabeisteht außer Frage, dass Transparenzden Handlungsdruck auf die Akteure(Schulministerien, Schuladministration,Lehrerkollegien) erhöhen wird. Untersichtbaren Druck gerät dabei vor allemdie Politik, für Rahmenbedingungen zusorgen, die auch so genannten belaste-

ten Schulen eine erfolgreiche pädagogi-sche Arbeit ermöglicht.

Schließlich ist auch hinlänglich be-kannt, dass es aktive und passive Schu-len gibt und dass vielerorts Handlungs-spielräume in den Schulen in verstärk-tem Maße ganz offensichtlich erst bei derWahrnehmung erheblicher Probleme ge-nutzt werden, um Lösungen zu entwi-ckeln. Rechenschaftslegung – auch inForm eines differenzierten Schulrankings– erhöht innerhalb des Kollegiums dieNotwendigkeit zur Kooperation, zur Kon-sensbildung in Fragen des Lern- undSchulklimas und zur Nutzung evaluativerVerfahren. Und das kann doch nur imInteresse der Schüler und der Eltern sein.

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BBS

Bildungspolitisches Forum

ter dem Defizit, dass die Verantwortlichenzwar auf eine spezifische Art und Weiseevaluativ vorgehen, ihre Evaluierungser-gebnisse reflektieren sie aber nur unge-nügend. Und es fehlen Ratschläge oderAnsätze dafür, wie Defizite wirklich ef-fektiv und schrittweise abgebaut werdenkönnen. In solchen Fällen reichen häufigweder Geld noch Zeit – und die Motiva-tion wird durch schlechte Noten sicherkeinen Aufwind bekommen.

Der Hinweis, die »autonome« Schulemuss sich aufgefordert fühlen, erfolgrei-chere Wege zu beschreiten, reicht nichtaus. Ein wichtiges Ziel in der Schulpoli-tik sollte es sein, die Evaluierungen ersteinmal selbst genauer unter die Lupe zunehmen – Evaluationen und ihre prakti-sche Wirksamkeit präzise und transpa-rent zu evaluieren. Davor scheuen diemeisten Institutionen zurück. Der lapi-dare Hinweis, dazu reiche das Geld nicht,ist dann nur noch eine ironische Anmer-kung.

Es ist ratsam, sich im Ausland umzu-sehen, wie schulische Arbeit evaluiertwird. Schweden beispielsweise wendetinteressante Methoden der Qualitätsana-lyse und -sicherung an. Andere Ländertun das ebenfalls. Es kann nicht darumgehen, sich auf Rankings als »Einmaler-gebnisse« zu beschränken. Es brauchteine differenzierte Sicht auf das Systemi-sche von Schule, auf ihre konkreten Rah-menbedingungen, auf die Komplexitätvon Unterricht, auf die Frage, wie moti-

viertes Lernen möglich ist und was wirtun können, um den Weg dorthin auszu-bauen, sei es über neue Formen der Netz-werkarbeit und Kompetenzentwicklung,sei es über Lerncoaching und Supervi-sion, über längerfristige Bemühungen vie-ler Schulen, eigenverantwortliches Ler-nen mit schulinternen Leistungsstandardszu verbinden. Das sind alles Fragen, diesich nicht im Spotlight von Rankings er-kennen und schon gar nicht lösen lassen.Sie brauchen eine konzertierte Anstren-gung im ganzen System Schule, die vonDauer und Verlässlichkeit ist. Die vor al-lem das Systemvertrauen in unsere Schu-len wieder herstellt.

Ranking allein hilft nicht weiter

Die Benennung von Ranking-Plätzen al-lein hilft den Schulen nicht weiter. In derSchule, die keinen guten Ranking-Platzerhalten hat, wird es – schon aus sozial-psychologischen Gründen – leicht zuRückschlägen kommen. Die Veröffentli-chung von Ranking-Listen wird sehr häu-fig bei »schlechteren« Schulen dazu füh-ren, dass sich hier weniger »gute« Schü-ler anmelden. Leicht kann sich jetzt ein»Teufelskreis« bilden ... Am Ende kanndie Schließung von Schulen stehen, diedurchaus entwicklungsfähig sind.

Wäre ein Familien-Ranking zuempfehlen?

Die Grundsatz-Problematik eines Ran-kings könnte man auch dadurch grund-

sätzlich erkennen, wenn man sich vor-stellte, in einzelnen Familien würden Ran-king-Listen für Geschwister eingeführt.Dr. Peter Wendt, ehemals Schulrat inSchleswig-Holstein, hat auf dieses Bildverwiesen. Leicht vermag sich jeder Le-ser vorzustellen, welche negativen Aus-wirkungen ein privates Ranking für ein-zelne Geschwister haben könnte. Ran-king-Listen würden die Familienharmo-nie und die sozialen Beziehungen zwi-schen Geschwistern schwer belasten. Aufdiese Weise könnte sich eine sehr nega-tive tiefen-psychologische Dynamik inner-halb der Familien entwickeln – eine Dy-namik, die zum Zerfall von Familien füh-ren kann.

Nicht ein Ranking ist anzustreben,sondern die Verbesserung vonRahmenbedingungen

Zurück zur Schulpolitik: Ein Schul-Ran-king ist abzulehnen. Wegweisend undnützlich jedoch kann es sein, die systemi-schen Rahmenbedingungen insbesonderesolcher Schulen zu untersuchen, die bei»Inspektionen« eher »schlecht« ab-schneiden. In einem weiteren Schritt musses dann darum gehen, diese Rahmenbe-dingungen nach pädagogischen und struk-turellen Standards zu verbessern. Und na-türlich sehen wir obendrein viele struktu-relle Möglichkeiten, dass sich Schulen inihrer erfolgreichen Praxis untereinanderaustauschen und voneinander lernen.Dazu brauchen wir keine Rankingmodelle.

Zu den Autoren

Dr. Peter Wendt war bis zum Januar 2006 Schulrat in Ostholstein(Eutin), davor Aufsichtsbeamter in Lübeck. Er hat etliche Texte ver-öffentlicht – in Büchern und Zeitschriften. Peter Wendt berät heu-te Schulen in Fragen der Schulentwicklung (Tel.: 04504 / 6442;[email protected]).

Prof. Dr. Uwe Hameyer lehrt an der Universität Kiel. Seine Arbeits-und Forschungsgebiete beziehen sich vornehmlich auf: Innova-tionsforschung, Curriculumtheorie, Schulentwicklung und interna-tionale Vergleiche, Analyse und Design von Lernarrangements, Lern-coaching, systemische Beratung und Projektmanagement. Uwe Ha-meyer hat zahlreiche Bücher und Aufsätze veröffentlicht.

Der Hochschullehrer ist telefonisch zu erreichen unter: 0431 88015 67 ([email protected]; www.hameyer.uni-kiel.de).

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Die Förderung schwacher Schülerinnen und Schüler ist seit PISA

das Gebot der Stunde. Aber bedarf es dazu immer gesonderter An-

gebote? Es muss die Frage erlaubt sein, ob nicht die herkömmli-

che Art des Unterrichts manchen Förderbedarf erst erzeugt, dem

dann später aufwändig abgeholfen werden muss.

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Jeder Schüler kann etwas!Die Förderung schwacher Schülererfordert oft auch eine Änderung der Haltung ihnen gegenüber

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Wenn man in Deutschland an schwacheSchülerinnen und Schüler denkt, so fal-len einem zuerst die in der PISA-2000-Studie benannten Risikogruppen ein –jene 23 Prozent der 15-jährigen, die beider Lesekompetenz nicht einmal überdie erste Kompetenzstufe hinauskom-men (bei der mathematischen Grund-bildung sind es 24 Prozent). Wenn mandiese Zahlen in der in Deutschland lan-ge Zeit üblichen Art interpretiert, danntragen die Schülerinnen und Schülerselbst die Verantwortung für ihr Schei-tern, denn sie sind offenbar nicht in derLage, den Ansprüchen der Testaufga-ben zu genügen. Für solches Versagenhält das deutsche Schulsystem eine Rei-he von Sanktionen bereit, vom Sitzen-bleiben über den Verweis in eine ande-re Schulform bis zum Vorenthalten desAbschlusszeugnisses – sie alle zeigendem Schüler, dass er für seinen Misser-folg selbst verantwortlich ist.

Aber ist dies die richtige Interpreta-tion? Muss man nicht den Blick in eineandere Richtung wenden und fragen, obdie Schule tatsächlich alles getan hat, umdie Kompetenzen und Stärken des Schü-lers zu fördern und herauszufordern? Istnicht eigentlich vor allem die Schule ver-antwortlich für das Scheitern so vielerSchülerinnen und Schüler?

Diese Betrachtungsweise ist inDeutschland vergleichsweise neu, abersie ist das Erfolgsgeheimnis z.B. derskandinavischen Staaten, deren Bil-dungsphilosophie »Keiner darf zurück-bleiben!« lautet. Und sie ist für uns Leh-rerinnen und Lehrer unbequem, weilsie kritische Fragen nach unserer be-ruflichen Kompetenz mit einschließt.Gleichwohl fängt eine effektive, lang-fristig wirksame Förderarbeit damit an,dass man radikal nach den Stärken undbesonderen Fähigkeiten des einzelnenSchülers fragt – und zwar unabhängigdavon, ob sie zum jeweils vom Lehrplanvorgegebenen Stoff passen. Überspitztgesagt: Nicht der Schüler muss sich derSchule anpassen, sondern umgekehrtmuss die Schule sich dem Schüler an-passen. Daher ist es gut, wenn dieHandlungsspielräume der einzelnenSchulen ausgeweitet werden. Eine wei-tere Voraussetzung für eine effektive

Förderarbeit ist eine angemessene fi-nanzielle und personelle Ausstattunggerade der Schulen, in denen vieleschwache Schülerinnen und Schüleranzutreffen sind.

Drei Gruppen

Doch um wen geht es eigentlich? Wennwir von schwachen Schülerinnen undSchülern sprechen, so müssen wir vorallem drei Gruppen betrachten, die über-proportional betroffen sind:1.Jungen: Waren es noch vor einigen

Jahrzehnten die Mädchen, die in derSchule teilweise erheblich benachtei-ligt worden sind, so hat sich das Bildheute umgekehrt (vgl. z.B. den Spie-gel-Titel 21/2004: Schlaue Mädchen –Dumme Jungen. Sieger und Verliererin der Schule): Rund 75 Prozent derKinder, die eine Grundschulförder-klasse besuchen, sind Jungen. Bei PISA2000 haben die Jungen bei der Lese-kompetenz um eine halbe Kompe-tenzstufe schlechter abgeschnitten alsdie Mädchen; die Geschlechterdiffe-renz ist größer als in den meisten an-deren OECD-Staaten. Jungen bleibenhäufiger sitzen und besuchen häufigereine Sonderschule (vgl. auch Böhmann2003). Jungen sind viel häufiger in Ge-walthandlungen verwickelt als Mäd-chen, ihre Schulzufriedenheit ist deut-lich geringer. Dementsprechend wer-den sie von den Lehrkräften querdurch die Schulformen eher als pro-blematisch wahrgenommen.

2.Kinder aus ärmeren, bildungsfernenFamilien: Die PISA-Untersuchungenhaben gezeigt, dass die Bildungsbe-teiligung in Deutschland stärker an diesoziale Herkunft gekoppelt ist als infast allen anderen OECD-Ländern. Dasheißt: Wer aus einer armen, bildungs-fernen Familie kommt, hat in Deutsch-land vergleichsweise geringe Chancen,einen höheren Bildungsabschluss zuerreichen. Dementsprechend findensich diese Kinder häufiger in der Grup-pe der »schwachen« Lerner. Nicht we-nige sehen darin einen gesellschafts-politischen Skandal – der noch größerwird, wenn man berücksichtigt, dassein zentrales Ziel der vor über 40 Jah-ren begonnenen Schulreformen in der

Schaffung von mehr Bildungsgerech-tigkeit bestand.

3.Kinder aus Migrationsfamilien: Eineim vergangenen Sommer veröffent-lichte Sonderauswertung im Rahmender PISA-Studie 2003 zeigt deutlich,wie sehr in Deutschland die Integra-tion bei Jugendlichen mit Migrations-hintergrund misslingt (vgl. PISA 2006).Im Gegensatz zu allen anderen OECD-Ländern schneiden Jugendliche, de-ren Eltern zwar im Ausland geborensind, die aber selbst komplett das deut-sche Schulsystem durchlaufen haben,im Durchschnitt schlechter ab als sol-che, die erst während der Schulzeiteingewandert sind. In keinem OECD-Land ist der Kompetenzunterschied inMathematik zwischen Jugendlichenohne Migrationshintergrund und sol-chen der »ersten Generation« (im Auf-nahmeland geboren) größer als inDeutschland. Das bedeutet auch, dassin der Folge des geringen Schulerfolgsdie beruflichen Perspektiven dieser Ju-gendlichen sehr begrenzt sind.

Zusammengefasst und leicht zugespitztbedeutet dies: Der 14-jährige Junge ausder türkischen Arbeiter- oder Arbeitslo-senfamilie ist heute das, was vor vierzigJahren das viel zitierte »katholischeMädchen aus einer Arbeiterfamilie vomLande« war. Sein Risiko, keinen Bil-dungsabschluss zu erreichen, daraufhinlängerfristig arbeitslos zu sein oder nurüber ein geringes Einkommen zu verfü-gen, ist statistisch gesehen höher als dasaller anderen Kinder und Jugendlichen.Nicht zuletzt deswegen wird gerade die-se Gruppe in den Schulen als problema-tisch wahrgenommen; mit zunehmen-dem Alter verweigern sich viele dermännlichen Jugendlichen den schuli-schen Anforderungen und sind mit dennormalen pädagogischen Mitteln kaumnoch zu erreichen. Ein Konzept zum Um-gang mit schwachen Schülerinnen undSchülern muss diese Rahmenbedingun-gen berücksichtigen.

Drei Aufgaben

In Hamburg findet man die schwachenSchülerinnen und Schüler nach derGrundschulzeit vorrangig in den Sonder-schulen, in den Hauptschulen und – auch

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Förderung von schwachen Schülern

Page 12: WERBUNG U2 - hamburg.de€¦ · Hamburg macht Schule 1|2007 Editorial »Die Finnen sind in allem weiter: Sie haben schulstrukturelle Bedingungen, die das Fördern ohne Auslese in

und u.a. vom Landesinstitut für Lehrer-bildung und Schulentwicklung zur Ver-fügung gestellt werden.Zur Entwicklung von Förderkonzepten:Bei den in diesem Themenschwerpunktdargestellten Förderkonzepten lassensich zunächst einmal integrative undadditive Komponenten unterscheiden.So sind die Konzepte der Ganztags-grundschule Ludwigstraße (vgl. Rath-jens u.a. auf S. 14) sowie der Ida-Ehre-Gesamtschule (vgl. Schlünzen auf S. 18)eher additiv angelegt, während dieSchule Oppelner Straße, die laut KESS4 hervorragenden Lernergebnisse ih-rer Schülerinnen und Schüler mit ei-nem ambitionierten Konzept erzielt, dassowohl integrative als auch additive Be-standteile hat (vgl. Braasch auf S. 16).Integrative Konzepte erfordern immererhöhte Anstrengungen und neue Kon-zepte bei der Binnendifferenzierungund Individualisierung des Unterrichts(vgl. dazu auch HAMBURG MACHTSCHULE 4/2006), wie die Erfahrungs-berichte deutlich zeigen. Additive Kon-zepte benötigen zunächst einmal Zeit,die vor allem in Ganztagsschulen zwartheoretisch zur Verfügung steht, auf derGrundlage der neuen, erheblich abge-senkten Bedarfsgrundlagen jedoch nurnoch in begrenztem Umfang für die not-wendigen Fördermaßnahmen mit da-für qualifizierten Personen aufgewen-det werden kann. Halbtagsschulen ste-hen bei der additiven Förderung stetsvor dem Dilemma, dass ein als Hilfe ge-dachtes nachmittägliches Angebot vonden betroffenen Schülerinnen undSchülern wie eine Strafe empfundenwerden kann.

In den Erfahrungsberichten diesesSchwerpunktes wird weiter deutlich,dass die Förderkonzepte für die jünge-ren Schülerinnen und Schüler deutlicheSchwerpunkte in den Bereichen Sprach-entwicklung und allgemeine Lernkom-petenz haben.

Bei den älteren Schülerinnen undSchülern sind die Ursachen für Leis-tungsschwächen – wie oben beschrie-ben – häufig in Schulmüdigkeit und Per-spektivlosigkeit zu suchen. Daher zie-len die in diesem Heft dargestellten För-derkonzepte mehrheitlich darauf, die

wirklichkeit häufig zu Problemen. Zweivon ihnen seien hier benannt: Erstensneigen Lehrkräfte nachweislich dazu, dieLeistungsfähigkeit ihrer Schülerinnenund Schüler erheblich zu überschätzen.Dies hat u.a. die PISA-Studie in erschre-ckender Weise aufgezeigt: »Innerhalbvon Schulen mit Hauptschulbildungs-gängen werden etwa 11 Prozent derSchülerinnen und Schüler, die den An-forderungen der Kompetenzstufe I nichtgewachsen sind, von ihren Lehrerinnenund Lehrern als schwache Leser einge-stuft, und bei den Jugendlichen, die Kom-petenzstufe I erreichten, waren es 4 Pro-zent. (...) Der größte Teil der Schülerin-nen und Schüler der Risikogruppe wirdvon den Lehrkräften nicht erkannt«(Deutsches PISA-Konsortium 2001, S.120). Zweitens: Wenn es Lehrkräften ge-lingt, schwache Schülerinnen und Schü-ler zu identifizieren, so ist damit nochwenig gewonnen, solange diese Schwä-chen nicht präzise beschrieben und ihremöglichen Ursachen ermittelt wordensind. Diese Diagnostik erfordert ein ho-hes Maß an pädagogischer und auchpsychologischer Kompetenz, das bislangnur ausnahmsweise Gegenstand derLehreraus- und -fortbildung gewesen istund daher mühsam erlernt werdenmuss. Die Erfahrungsberichte diesesThemenschwerpunktes zeigen, dass dieSchulen mittlerweile für diese Frage sen-sibilisiert sind und einen hohen Aufwandbetreiben, um eine zuverlässige Diagno-se zu stellen und damit die Grundlage füreine effektive Förderung zu schaffen. Da-bei nutzen sie – mit unterschiedlichemErfolg – auch Instrumente, die in den ver-gangenen Jahren entwickelt worden sind

in schwierigen sozialen Lagen. Natürlichkennt auch das Gymnasium schwacheSchülerinnen und Schüler, aber erstenswird »schwach« hier zu einem relativenBegriff und zweitens hat das Gymnasiumim dreigliedrigen System die Möglichkeitund das Recht, diese Schülerinnen undSchüler an andere Schulformen abzuge-ben. Allerdings ist darüber den Angabenvieler Schulleiter zufolge in den letztenJahren – wiederum in Folge der PISA-Stu-die, die seit ihrem Erscheinen im Jahr2000 der archimedische Punkt aller bil-dungspolitischen Diskussionen ist – eineDebatte entstanden, die darauf abzielt, dieZahl der Klassenwiederholer und der»Rückläufer« zu verringern, so dass sichauch das Gymnasium verstärkt mit derFrage auseinandersetzen muss, wie dieFörderung schwacher Schülerinnen undSchüler verbessert werden kann. Der Bei-trag von Fröhlich u.a. auf S. 26 zeigt bei-spielhaft, welche Wege dazu beschrittenwerden können.

Betrachtet man die Situation an dereinzelnen Schule, so lassen sich drei zen-trale Aufgaben bei der Förderung schwa-cher Schülerinnen und Schüler nennen:1.Die schwachen Schülerinnen und

Schüler müssen identifiziert werden.2.Es muss ein Förderkonzept entwickelt

werden, das sich an den Bedürfnissendieser Schülerinnen und Schülerorientiert.

3.Die Ergebnisse der Förderung müssenzeitnah und zuverlässig evaluiert wer-den, um das Konzept ggf. zu korrigieren.

Zur Identifikation schwacher Schülerin-nen und Schüler: Was nach einer leich-ten Aufgabe klingt, führt in der Schul-

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Schülerinnen und Schüler durch eineradikale Veränderung ihrer Lernumge-bung neu für das Lernen zu gewinnen.Dies geschieht vor allem dadurch, dasssie früher und ernsthafter als zuvor denAnforderungen, aber auch den befrie-digenden Erfahrungen ausgesetzt wer-den, die das Arbeitsleben bietet. Aus die-sen Erfahrungen heraus soll die Schu-le für diese Schülerinnen und Schülereine neue Bedeutung gewinnen, und da-mit sie diese Rolle erfolgreich spielenkann, organisiert sie Lernprozesse in ei-ner völlig anderen Weise: Nachfrageo-rientierung und Selbststeuerung stehendabei im Mittelpunkt (vgl. die Beiträgevon Kloppmann u.a. auf S. 22 sowie vonAdomat/Schipull-Gehring auf S. 24).Diese Umorientierung, die vor ein paarJahren an einigen Hauptschulen be-gonnen hat, ist mittlerweile so erfolg-reich, dass zentrale Elemente davon wiez.B. die praxisorientierte Prüfung dem-nächst für alle Schulen vorgeschriebensind.

Zur Evaluation der Förderkonzepte: DasHauptziel der Förderung, egal ob sie in-tegrativ oder additiv organisiert ist, be-steht darin, dass die geförderten Kinderdanach über die für ihr Lernalter gefor-derten Kompetenzen und Kenntnisseverfügen. Insofern findet eine grundle-gende Evaluation bereits über die Er-gebnisse statt, die diese Schülerinnenund Schüler in den Vergleichs- und Ab-schlussarbeiten erzielen. Zusätzlich kön-nen die Schulen Vergleichstests durch-führen, die z.B. in einer mehr als 100Tests umfassenden Testbibliothek desLandesinstituts zur Verfügung stehen(Ansprechpartnerin ist Ruth Bäßler, Te-lefon 4 28 01 24 47).

Auch wenn Tests und Vergleicharbei-ten heute bei manchem als die Krone derpädagogischen Entwicklung gelten, somuss jedoch festgestellt werden: VieleVeränderungen lassen sich nicht abtes-ten, sie werden erst durch persönlichenKontakt und Beobachtungen währendder gemeinsamen Arbeit deutlich: Wennz.B. ein zuvor schulmüder und lernun-williger Jugendlicher sich freiwillig undausdauernd mit einer für ihn relevantenFrage beschäftigt (vgl. u.a. den Beitrag

von Kloppmann u.a. auf S. 22), dannbraucht man als Lehrer kein besonderesTestinstrument, um den Erfolg der eige-nen Förderarbeit wahrzunehmen.

Ausblick

Die Erfahrungsberichte machen deut-lich, dass viele Förderprojekte erst inden vergangenen Jahren ins Leben ge-rufen worden sind – auch dies ist eineFolge der PISA-Ergebnisse, die deutlichgemacht haben, wie sehr die Förderunggerade der schwachen Schülerinnen undSchüler in Deutschland zuvor vernach-lässigt worden war. Vieles davon ist nochzu neu, um in seiner Qualität abschlie-ßend beurteilt zu werden, aber in allenBerichten wird deutlich, dass sich vorallem die Einstellung zu den Schülerin-nen und Schülern geändert hat: Sie wer-den nicht mehr als defizitär betrachtet,sondern es wird – gemeinsam mit ihnen– nach ihren Stärken und Kompetenzengesucht. Denn: Jeder Schüler kann et-was! Insofern muss bei der Konzeptionder Förderarbeit immer auch die selbst-kritische Frage gestellt werden, ob dieStärken und Kompetenzen der heute för-derbedürftigen Schülerinnen und Schü-ler im bisherigen Unterricht überhaupteinen Platz gefunden haben, um sich zuentfalten. Auf diese Weise kann schondurch eine Veränderung des »norma-len« Unterrichts z.B. in Richtung Indivi-dualisierung und Selbsttätigkeit in Zu-kunft mancher besondere Förderbedarfentfallen – das ist zumindest eine Hoff-nung.

Zugleich zeigen die Erfahrungsbe-richte aber auch Grenzen der schuli-schen Förderarbeit auf. Einige davon sol-len hier benannt werden:• Eine schulische Förderung von Kin-

dern und Jugendlichen mit Migra-tionshintergrund wird auf mittlereSicht nur erfolgreich sein, wenn dieFamilien insgesamt besser als bisherin unsere Gesellschaft integriert wer-den. Eine zentrale Rolle spielt hierbeidie Sprache; daher darf die Sprach-förderung nicht nur die Kinder be-rücksichtigen, sondern muss auf dieFamilien und vor allem die Mütter aus-gedehnt werden.

• Gerade weil das familiäre Umfeld eineso wichtige und für den Bildungser-folg durchaus negative Rolle spielenkann, ist ein umfassendes Förderkon-zept für schwache Schülerinnen undSchüler leichter umzusetzen, wenndiese Kinder möglichst viel Zeit in derSchule verbringen. Deshalb solltenGanztagsschulen vorrangig in den so-zial benachteiligten Stadtteilen einge-richtet und angemessen ausgestattetwerden.

• Die älteren Ganztagsschulen klagenmehrheitlich darüber, dass sie ihreFörderarbeit durch die deutlich ver-ringerte Ausstattung stark zurückfah-ren müssen. Es bleibt abzuwarten, inwelchem Umfang die – alten und neu-en – Ganztagsschulen unter den ge-änderten Bedingungen noch eine er-folgreiche Förderarbeit leisten kön-nen.

Bei alledem ist aber zu hoffen, dass sichder eingangs beschriebene Perspektiv-wechsel in den Schulen zunehmenddurchsetzt. Das Motto dafür könnten wiraus den USA übernehmen: No child leftbehind.

Literatur

Böhmann, Marc: Jungen in der Schule –ein Problemfall? Die neue Diskussion umdie Jungen. In: PÄDAGOGIK 10/2003, S.32–34Deutsches PISA-Konsortium (Hg.): PISA2000. Basiskompetenzen von Schülerin-nen und Schülern im internationalenVergleich. Opladen 2001HAMBURG MACHT SCHULE 4/2006,Thema: Individualisierung.Programme for International Student As-sessment (PISA): Where immigrant stu-dents succeed – A comparative review ofperformance and engagement in PISA2003. Paris 2006

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Förderung von schwachen Schülern

Dr. Jochen Schnackist Abteilungsleiter der Oberstufe der

Ida-Ehre-Gesamtschuleund Redaktionsmitglied von

HAMBURG MACHT SCHULE.E-Mail: [email protected]

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In vielen Stadtteilen fehlen den Kindern elementare Voraussetzungen, wenn

sie in die Grundschule kommen. Ohne diese Voraussetzungen ist das er-

folgreiche Lernen kaum möglich. Daher fördert die Ganztags-Grundschule

Ludwigstraße diese Kinder von Anfang an in besonderen Lerngruppen.

Seit vielen Jahren haben wir Erfahrungmit der Förderung von Kindern, die Pro-bleme haben, dem Unterricht zu folgen.Wir haben sie in allen Klassenstufen ge-fördert, doch trotzdem konnten vielevon ihnen nur Teilerfolge verzeichnen.Wir analysierten die Gründe hierfür undkamen zu dem Schluss, dass die meis-ten der förderbedürftigen Kinder aussehr anregungsarmen und häufig nichtmuttersprachlich deutschen Eltern-häusern stammen. Diese Kinder sindoft nicht nur nicht in der Lage, die deut-sche Sprache differenziert zu verste-hen, sondern sie haben nie gelernt, ei-ner vorgelesenen Geschichte zuzuhö-ren, ein Gesellschaftsspiel zu spielenusw. Ihnen fehlt es oftmals an grundle-genden Fähigkeiten, wenn sie zur Schu-le kommen. Aus dieser Erkenntnis her-aus haben wir ein Förderkonzept ent-wickelt, das die Kinder bei ihren unter-schiedlichen Entwicklungsstufen ab-holt.

Um den jeweiligen Förderbedarf beiden Kindern festzustellen, haben wir indiesem Jahr von allen 90 Kindern derersten Jahrgangsstufe die Lernaus-gangslage erfasst. Hierfür haben wirden HAVAS 5 für die Sprachentwick-lung, den Mathematik-Test für Klasse1 für die mathematischen Vorausset-zungen sowie einen Test für die pho-nologische und psychomotorische Ent-wicklung verwendet, der von zwei Er-zieherinnen mit Zusatzausbildung zurLerntherapeutin selbst entwickelt wur-de.

Aufgrund dieser Testergebnisse, an-gereichert mit den Erfahrungen derLehrerinnen und Lehrer, wurden dieKinder auf einer Stufenkonferenzunterschiedlichen Fördergruppen zu-geordnet. Die Kinder mit dem höchstenFörderbedarf bekommen jetzt täglichmindestens 20 Minuten gezieltes Trai-ning in den unterschiedlichen Berei-chen. Es gibt eine Förderung für diephonologische Bewusstheit, das ma-thematische und räumliche Verständ-nis, die deutsche Sprache sowie für dieKörperbewusstheit. PsychomotorischesTurnen findet einmal pro Woche statt.

Am Ende des Schuljahres wollen wirwieder durch Tests überprüfen, wie er-folgreich die Kinder gefördert wurden.

Fördern in der Frühe

Da wir eine Ganztagsschule sind undkeine guten Erfahrungen mit der nach-mittäglichen Förderung gemacht haben(die Kinder sind zu müde), liegen dieFörderstunden für Klasse 1 um 8:00Uhr und um 8:25 Uhr, also vor dem ver-bindlichen Unterricht, der an unsererSchule in Klasse 1 erst um 8:50 Uhr be-ginnt.

Die Kinder starten morgens also ineiner Kleingruppe in ihren Schultag,in der sie schnell kleine Erfolgserleb-nisse verbuchen können. Wir ver-sprechen uns davon, dass sie nicht nurihre Fähigkeiten ausbauen, sonderndass dadurch auch ihr Selbstbewusst-sein gestärkt wird. In unseren erstenKlassen beträgt die Schülerfrequenz

30 Kinder. Bei dieser Größe ist die Ge-fahr besonders groß, dass Kinder mitausgeprägten Schwächen, egal wel-cher Art, schnell aggressiv und unru-hig reagieren. Sie könnten die Lustverlieren, zur Schule zu gehen. Auchdas versuchen wir durch diese geziel-te, kindgerechte Förderung zu ver-hindern.

Einbindung der Elternhäuser

Eine weitere Förderung erhalten Kin-der aus Migrationsfamilien indirekt.Wir versuchen die Elternhäuser, spe-ziell die Mütter einzubinden und ih-nen die Schule ihres Kindes näher zubringen. Einmal die Woche trifft sichdiese Müttergruppe »Ana-Lu« mit ei-ner Erzieherin für 1,5 Stunden. Eswird vermittelt, was und wie in derSchule gearbeitet wird. Die Mütter be-kommen Anregungen für eine sinn-volle Freizeitgestaltung, sie lernen,was sie mit ihrem Kind spielen oderbasteln können, aber auch wie sie ge-zielt üben können. Sie werden ange-regt, ihrem Kind ein Buch vorzulesen.Es wird sich aber auch über grund-sätzliche Erziehungsfragen ausge-tauscht oder so praktische Dinge wiedie Frage: Wie fahre ich mit demHVV? An unserem 100-jährigenSchuljubiläum im September des ver-gangenen Jahres beteiligte sich dieseMüttergruppe mit einem eigenenStand.

Gisela Rathjens

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Thema

Früh fördernGezielte Förderung in spezifischen Gruppen

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Unser Förderkonzept zu Literacy undphonologischer Bewusstheit

Zur Einstimmung singe ich zusammenmit den Kindern ein Lied. Jedes einzel-ne Kind wird dabei namentlich erwähntund willkommen geheißen. Sobald derName in dem Lied gesungen wird, klat-schen, stampfen oder klopfen wir ihnalle zusammen in Silben. Dem An-fangslied folgt eine Fingergymnastik.Zu Beginn der Förderung liegt derSchwerpunkt auf Lauschspielen, um dieOhren für unterschiedliche Laute zusensibilisieren. Dazu kommen dannbald Reimspiele, Silbenspiele und erstspäter Lautanalyse und Synthese. DasAnfangslied zeigt, dass sich die Themendurchaus mischen können. Ein Beispielfür die Silbenarbeit: Alle Kinder be-wegen sich zur Musik. Ich nenne einWort und sie müssen die Silbenanzahlbestimmen. Dies zeigen sie, in dem sieentsprechend der Silbenanzahl unter-schiedlich viele Körperteile von sichstrecken. Zum Beenden der Stundesprechen wir alle einen Abschiedsvers.Regelmäßig lese ich den Kindern voroder lasse sie lesen. Außerdem spielenwir das Gelesene nach und besprechenes. Interessante Wörter sammeln wir in»Wortschatzkästen«. Wir arbeiten mitdiesen Wörtern, indem wir sie reimen,

Silben klatschen oder sie pantomimischdarstellen.

Phonologische Bewusstheit ist die Fä-higkeit, Sprache losgelöst von ihrem In-halt zu betrachten. Die Aufmerksamkeitwird auf formale Aspekte der Sprachegerichtet. Sie äußert sich in der Fähig-keit, Reime erkennen zu können, Silbenklatschen zu können oder Anlaute zuhören.

Dies ist die wichtigste Vorläuferfä-higkeit für den Schriftspracherwerb unddas Lesen. Phonologische Bewusstheitunterliegt einem Entwicklungsprozess.Ist sie beim Schulantritt noch nicht aus-reichend entwickelt, dann besteht einungleich höheres Risiko, dass das Kindeine Lese-Rechtschreibschwäche ent-wickelt.

Große Unterschiede

Bedeutsam sind außerdem die Litera-cy-Erfahrungen eines Kindes. Im Deut-schen gibt es für den englischen Begriff»literacy« keine Entsprechung. Er um-fasst Lesekompetenz und Schreibkom-petenz und bezieht sich auf Interessean Schriftsprache, an Büchern, Ge-schichten und am gemeinsamen Er-zählen.

Eine Untersuchung besagt, dass Kin-der aus bildungsfernen Familien mitdurchschnittlich 25 Stunden »eins-zu-

eins Bilderbuchbetrachtung« in dieSchule kommen, Kinder aus bildungs-nahen Familien dagegen mit 1.000 bis1.700 Stunden. Dieses enorme Un-gleichgewicht bedeutet, dass bei derersten Gruppe weniger Schrifterfah-rung vorhanden ist sowie ein wesent-lich geringerer Wortschatz. Diese Kin-der verfügen nicht über das Wissen, et-was »nachschlagen« zu können, sie ha-ben weniger Freude am Lesen und amSchreiben, weniger Fachwissen, und esfehlt an vielem mehr. Daher bilden pho-nologische Bewusstheit und Literacyden Schwerpunkt meiner Förderung –mit erfreulichen Ergebnissen!

Tamara Will

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Förderung von schwachen Schülern

Gisela Rathjens Schulleiterin der Ganztags-Grundschule

Ludwigstraße.Adresse: Ganztagsgrundschule

Ludwigstraße 7/9, 20357 Hamburg

Tamara WillErzieherin und Lerntherapeutin an derGanztags-Grundschule Ludwigstraße.

E-Mail: [email protected]

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Die Schule Oppelner Straße hat bei der KESS 4-Testung ungewöhnlich gut

abgeschnitten. Die guten Testergebnisse der Kinder in diesem schwierigen

Stadtteil lassen eine besonders effektive Förderarbeit vermuten. Was macht

diese Schule anders als andere Schulen?

• (zukünftig) die Beobachtungen dererstmaligen vorschulischen additivenPflicht-Sprachförderung.

Die so erhobene Ausgangslage sah fürunseren Einschulungsjahrgang 2005/06folgendermaßen aus:

Von 55 Schülerinnen und Schülernsind zwei Kinder ohne Beeinträchtigung,ein Kind hat nur einen Förderbereichund sieben Kinder haben sieben För-derbereiche. Die feststellbaren Beein-trächtigungen liegen bei 27 Kindern imBereich Grobmotorik/Körperkoordina-tion, bei 16 Kindern in der Feinmotorik,bei acht Kindern in der Visuellen Wahr-nehmung, bei elf Kindern in der Auditi-ven Wahrnehmung, bei neun Kindern inder Merkfähigkeit, bei neun Kindern inder Konzentrationsfähigkeit, bei dreiKindern in der (getesteten) psychosozi-alen Entwicklung, bei 44 Kindern in derSprache, bei 14 Kindern im Sprechen(Dyslalie), bei 17 Kindern in der Sehfä-higkeit, bei sieben Kindern in der Hör-fähigkeit. Wenn noch mit bedacht wird,dass über 20 Prozent unserer Schüler anProgrammen der »Hilfen zur Erziehung«teilnehmen, kann man als Ausgangsla-ge zusammenfassen: Unsere Schüler ha-ben generell einen ganzheitlichen För-derbedarf.

Umsetzung

Ein ganzheitliches Förderkonzept lässtsich nicht »nebenher« umsetzen. Die be-teiligten Personen brauchen fachlicheKompetenz, klare Aufgabenzuteilung,positive Grundhaltung und wirkliche Ent-scheidungsfähigkeit. Die Organisations-

Viele Schulen haben in den letzen Jah-ren viel Arbeit dafür aufgewendet, einumfassendes Förderkonzept zu formu-lieren – nicht unerheblich beeinflusstdurch wichtige Impulse und auch»Druck« der BBS. Selbstverständlich istschon früher gefördert worden, aber Be-wusstheit und Planmäßigkeit beim För-dern haben sich merklich verstärkt.

Unsere Schule hat die langjährigenErfahrungen beim Fördern in diesemProzess nicht als »altes Wissen« ab-qualifizieren lassen, sondern selbstbe-wusst das Bewährte weiterentwickeltund dabei auch (wenig) Neues über-nommen.

Ausgangslage

Bei der Einschulung stellen wir für je-den neuen Schüler die Ausgangslage fest.Diese Diagnose entsteht durch vernetz-te Arbeit vor Ort, wobei der schulischeSchwerpunkt inhaltlich und personelldeutlich bei den sprachlichen Kompe-tenzen liegt. Dabei koordinieren wir dieErgebnisse • aus dem (bis auf den Pflichtteil) selbst

gestalteten Vorstellungsgespräch derViereinhalbjährigen,

• der U8/U9-Untersuchungen, • der sehr aussagekräftigen schulärzt-

lichen Untersuchung, • gezielter Beobachtungen aus der VSK

und unserer Kooperationsprojekte mitden Kitas,

• die Ergebnisse der ausführlichen Ein-schulungsvorstellung,

• die Ergebnisbesprechungen mit denKitas und

strukturen müssen Verbindlichkeitenfestlegen und umsetzbar machen. Dasbedeutet: Lehrereinsatz und Stunden-plan müssen auch für den Förderbereichverbindlich geplant werden.

Das Förderkonzept wird in vier Berei-chen umgesetzt:

Vorschulische Förderung: Im vorschu-lischen Bereich wird sowohl im Koope-rationsbereich mit den Kitas als auch inder eigenen VSK durch eine dafür qua-lifizierte Lehrerin eine ganzheitliche undelementar-grundlegende Sprachförde-rung durchgeführt. Sie basiert sowohlauf eigenen als auch auf erworbenenFördermaterialien. Die »Förderlehrerin«arbeitet in enger Kooperation mit der je-weiligen Kollegin – je nach Notwendig-keit integrativ oder additiv – und ver-antwortet den Förderprozess.

Die additive Pflicht-Sprachförderungwird darüber hinaus von einer qualifi-zierten Lehrerin in den Kitas durchge-führt, da die mangelnde Sprachkompe-tenz der Kinder familiären Hintergrundhat und deshalb mit den familienergän-zenden Institutionen zusammen ange-gangen werden muss.

Einige Beeinträchtigungen könnendurch gezielte VSK- oder Kitaarbeit ge-mildert werden. Etliche bedürfen einerTherapie. Die eigentlich dafür verant-wortlichen Eltern nachsetzend zu be-gleiten gelingt bisher nur unzureichendund ist unser nächstes Vernetzungspro-jekt.

Ganzheitliche Förderung in allen Fä-chern: Der notwendige ganzheitlicheFörderansatz hat Konsequenzen für je-den Unterricht, nicht nur für Deutsch.Beispiele: Mathematik greift die Ver-sprachlichung auf, Sport die psychomo-torischen Elemente, Musik die auditiveFörderung, Kunst die visuellen und fein-motorischen Defizite. Nach Möglichkeitbeginnt jeweils die Klassenlehrerin denTag, nimmt sich Zeit für entspannende

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Erfolgreiche Förderarbeitin der Grundschule

Page 17: WERBUNG U2 - hamburg.de€¦ · Hamburg macht Schule 1|2007 Editorial »Die Finnen sind in allem weiter: Sie haben schulstrukturelle Bedingungen, die das Fördern ohne Auslese in

und konzentrierende Übungen und ge-staltet den Klassenraum mit einer Viel-zahl von Lern-Förder-Spielen aus.

Fördern in den Jahrgangsstufen 1 und2: Für die Jahrgangsstufen 1 und 2 fin-det integrative und/oder additiveSprachförderung statt. Nach Testungdurch die Klassenlehrerin wird dieSprachförderung von einer Kollegindurchgeführt, die ihre jahrelangen Er-fahrungen als Schriftsprachberaterinfortgebildet hat. Sie koordiniert, ver-antwortet und gestaltet den individuel-len Förderprozess, der vielschichtig an-gelegt ist und von ihr methodisch sowieinhaltlich fachkompetent durchgeführtwird. Sowohl ihre Stunden als auch dieder Klasse sind verbindlich in den Stun-denplan eingebaut, mindestens eineStunde täglich je Klasse.

Fördern in den Jahrgangsstufen 3 und4: Die Jahrgangsstufen 3 und 4 werdenklassenübergreifend in »Werkstätten«gefördert: Jeder Schüler begibt sichstundenplanmäßig drei Stunden in derWoche jeweils in die »Werkstatt«, fürdie er von der Klassenlehrerin eingeteiltwurde. Es gibt z.B. im Jahrgang 4 eineMathematik-, Deutsch-, Klang-, Tech-nik-, Gestalt- und Kochwerkstatt. JedeWerkstattstunde unterscheidet sichdeutlich von »normalem« Unterrichtund enthält projektmäßig gezieltesprachfördernde und weitere Förder-komponenten, die auch im Kursheft do-kumentiert werden. Nach etwa sechsWochen (ungefähr 24 WST) wechselndie Kinder die Werkstatt. In einem

Schuljahr durchlaufen sie demnach fünfverschiedene Werkstätten.

Das Konzept der Mathematikwerk-statt hat als Grundlage, dass u.a. nichtvorhandene Vorerfahrungen nachgeholtwerden müssen. Dabei geht es nur se-kundär um Übungen zur Rechenfertig-keit, sondern primär um Übungen z.B.zur Raum-Lagebeziehung, Erfahren derMitte, sinnliches Erfahren von Mathe-matik (Faltarbeiten, Symmetrie, Par-kettierung, Struktur, Origamie ...),Strukturierungsmöglichkeiten durchMathematik, Verbalisierung von Re-chenwegen und Denkvorgängen, Ver-stehen von Arbeitsanweisungen, Bauenund Legen von Körpern und Flächen ...

Für das leidige Problem der Haus-aufgaben, mit denen nicht wenige Schü-ler Schwierigkeiten haben, bieten wirtäglich nach Schulschluss eine Haus-aufgabenbetreuung durch Lehrkräftean. Bewusst heißt es »-betreuung« undnicht »-hilfe«, da vor allem ein Raumgeschaffen werden soll, wo die Schülerdie Ruhe und Konzentration haben kön-nen, um möglichst selbstständig und ei-genverantwortlich ihre Aufgaben zu er-ledigen.

Evaluation

Der Erfolg unseres Förderkonzepts istnur schwer genau zu erfassen. Imsprachlichen Bereich erhalten wir ge-zielte Rückmeldungen durch die jah-resübergreifend vorgesehenen Sprach-tests. In der Mathematik hat die Fach-konferenz überprüfbare Kriterien fest-

gelegt, an denen die Zielerreichungfestgestellt wird. Mit dem unverhält-nismäßig aufwändigen HRT haben wiruns noch nicht so recht anfreunden kön-nen, da er zu viel Rechenfertigkeit ab-prüft, in der Sprache überfordert undzu wenig neue Erkenntnisse über dieSchülerleistung vermittelt.

Leider haben wir insgesamt die Er-fahrung gemacht, dass die vom Lan-desinstitut (LIQ) entwickelten Dia-gnoseinstrumentarien mit Rückmelde-pflicht für unsere Arbeit vor Ort nichtimmer hilfreich waren. Die Materia-lien und Verfahren erscheinen unsgrößtenteils wenig situationsangemes-sen, erheblich zu aufwändig, in Teil-bereichen zu diagnosedifferenziert und– vor allen Dingen: Sie beinhaltenkaum »Anschlussfähigkeit« an das ei-gentliche Fördern.

Die Rückmeldungen aus den weiter-führenden Schulen sind zwar nicht nor-miert, geben uns aber auch Hinweise,ob unsere Förderziele erreicht wordensind und sich bewähren.

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Peter Braaschist Schulleiter der Schule Oppelner Straße.Adresse: Oppelner Str. 45, 22045 Hamburg

E-Mail: [email protected]

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Disziplinprobleme in der Mittel-

stufe haben ihre wahren Ursachen

oft in Lernproblemen in den ersten

Schuljahren: Aus dieser Einsicht

hat die Ida-Ehre-Gesamtschule ein

besonderes Angebot für schwache

Schülerinnen und Schüler entwi-

ckelt.

fand damit die Zustimmung des Kollegi-ums. Der Name »Oase« war schnell ge-funden. Das »Oasen«-Team besteht auseiner Sozialpädagogin, einer Sonder-schullehrerin und mir, einer Deutsch-lehrerin mit Zusatzqualifikation fürDeutsch als Zweitsprache.

Auswahl der Schüler

Die Oase ist ein Unterrichtsangebot fürKinder der Jahrgangsstufe 5, die bereitsaus der Grundschule negative Erfah-rungen mit Schule mitbrachten und diestarke Auffälligkeiten zeigen im Ge-brauch der deutschen Sprache, im Ler-nen sowie im Verhalten.

Nach Durchsicht der Akten ermittelnwir in der Grundschule besonders ge-förderte Schüler und Schülerinnen. Das»Oasen«-Team erstellt aus der Daten-kenntnis Vorschläge und übergibt sie andie Klassenlehrer und -lehrerinnen, dieaufgrund ihrer eigenen Beobachtungenund Erfahrungen mit den Kindern Wün-sche für die Aufnahme formulieren. NachHospitationen durch das »Oasen«-Teamund Rücksprachen mit den Eltern, dieder Aufnahme zustimmen müssen, wirddie Oasengruppe gebildet. Die Oase sollden einzelnen Schülerinnen und Schülereine konkrete Unterstützung bieten;gleichzeitig soll sie helfen, die Klassen-situation stundenweise zu entspannen.Wir haben uns daher für zwei Schülerpro Klasse entschieden und achten aufein möglichst ausgeglichenes Verhältniszwischen Jungen und Mädchen. Be-sonders auf die Auswahl von Mädchenlegen wir Wert, weil es ihnen häufig ge-lingt, hinter angepasstem Verhalten ihreDefizite zu verbergen, während die »lau-ten« Jungen sofort für eine Förderungvorgeschlagen werden. Die Gruppen-größe sollte den Schwierigkeiten derSchülerinnen und Schülern entspre-chend gewählt werden. In diesem Halb-jahr unterrichten wir 13 Kinder in derOasengruppe.

Als vor einigen Jahren in den Klas-senstufen 8 und 9 einige Schülerinnenund Schüler auffällig wurden und denUnterricht erheblich beeinträchtigten,wurde beschlossen, nicht nur Sofort-maßnahmen einzuleiten, sondern ge-nauer zu untersuchen, wie es zu demProblem gekommen war. Schnell wur-de deutlich, dass eine Ursache für die-se Schwierigkeiten in über Jahren vor-handenen Lernproblemen lag. DieSchülerinnen und Schüler hatten denAnschluss an den Unterrichtsstoff ver-loren, fühlten sich permanent und invielen Fächern überfordert, konntenkaum ihr Material organisieren. Of-fensichtlich sahen sie für sich in derSchule keine Perspektive mehr. Ge-meinsam war ihnen, dass sie zwar ih-ren Alltag sprachlich meistern konn-ten, der in der Schule erwarteteSprachstandard sie aber zunehmendüberforderte.

Da die Ida-Ehre-Gesamtschule es sichzum Ziel gesetzt hat, alle Schülerinnenund Schüler mit unterschiedlichen Pro-blemen zu unterstützen und ihnen dieMöglichkeit zu geben, sich ihren indivi-duellen Fähigkeiten entsprechend zuentwickeln, hat die Schulleitung die Ein-richtung einer besonderen Förderungdieser Schülerinnen und Schüler als prä-ventive Maßnahme vorgeschlagen und

Die ersten Wochen

In den ersten Wochen geht es darum, dieSchüler und Schülerinnen in der Oaseankommen zu lassen, ihre Lernaus-gangslage zu ermitteln und die Gruppezu etablieren. Für den Unterricht stehtuns ein eigener Klassenraum zur Verfü-gung, in dem die Kinder auch ihre Unter-richtsmaterialien aufbewahren können– ein erster Schritt zur Arbeitsfähigkeit.Die Schülerinnen und Schüler können ei-nen ganzen Schülertisch für sich alleinnutzen; das erleichtert es ihnen bereitssich zu konzentrieren, da viele kleine Ab-lenkungen und Rempeleien entfallen.

Sie erhalten fünf Stunden Unterricht,davon liegen zwei am Nachmittag, dieanderen parallel zum Regelunterricht.Vier Stunden sind mit Sozial- oderSonderpädagogin doppelt besetzt.

Wir unterrichten zunächst aus denunterschiedlichen Bereichen des deut-schen Sprachunterrichts mit verschie-denen Methoden, um durch Beobach-tungen und Tests den Lernstand derSchüler und Schülerinnen zu ermittelnund ihre individuellen Probleme zu er-kennen. Von Anfang an reflektieren undtrainieren wir dabei verschiedene Lern-techniken, erwünschtes Verhalten imUnterricht und Entspannungstechniken.Uns ist wichtig, eine angstfreie Atmo-sphäre aufzubauen.

In dieser Eingangsphase sollen die fol-genden Fragen geklärt werden:• Welche Schwierigkeiten hat der Schü-

ler, die Schülerin?• Welchen Sprachstand hat der Schüler,

die Schülerin?• Wie ist die Situation in der Klasse?• Müssen weiterreichende Maßnahmen

eingeleitet werden?Wir legen fest, an welchen Themen mitder Gruppe insgesamt gearbeitet wer-den muss und in welchen Bereichen ein-zelne Schüler und Schülerinnen indivi-duell gefördert werden müssen.

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Thema

Eine Oase in der SchuleEin Förderprogramm für Schülerinnen und Schüler der Klassenstufe 5

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Die Arbeit in der Oase

Die Stunden sind fest strukturiert undzunächst stark lehrerzentriert, weil wirfeststellen mussten, dass gerade dieseSchülerinnen und Schüler große Schwie-rigkeiten mit frei gestellten Aufgaben ha-ben. Die Stunden beginnen immer mit»Übungen« oder Aufgaben, die auf einAnkommen in der Oase abzielen. DenNachmittag beginnen wir mit einem ge-meinsam eingenommenen Imbiss. Wäh-rend des Essens finden wichtige Ge-spräche statt. Wie ist der Tag gelaufen?Was ist Spannendes oder Trauriges amWochenende passiert? Gibt es aktuell zubesprechende Probleme? So entlastetkann der Unterricht entspannter statt-finden. Die Doppelstunde beginnt mitEntspannungsübungen, mit dem Ziel zulernen, Unruhe und Stress selbständigauszuschalten und sich für das Lernenselbst aktiv bereit zu machen.

Wir starten zunächst mit kleinschrit-tigem Arbeiten, das in individuell ange-passtem Lerntempo möglich ist, um dieSchülerinnen und Schüler wieder ins Ar-beiten und Lernen zu bringen. Wir ge-hen von den ermittelten Problemen derGruppe aus. Erfolgskontrollen durch denLehrer, aber zunehmend auch durch die

Schülerinnen und den Schüler selbst, sol-len für Lernerfolg sorgen. Deutlich zei-gen wir, dass wir viel von ihnen erwar-ten und dass sie dies auch erreichen kön-nen.

Lehrgangsartig behandeln wir Grund-phänomene der Rechtschreibung, derGrammatik mit einem Zweitsprachen-ansatz, führen ein Lesetraining durch,behandeln aber auch Elemente des Re-gelunterrichts. Zunehmend treten dane-ben differenzierte Aufgaben, bei denendie Kinder zwar alle an einem Thema,aber auf ihrem Niveau an ihren eigenenSchwierigkeiten arbeiten.

Die Arbeit an klassischen, offenen Auf-gaben wie freies Schreiben zu Bildernoder Reizwörtern fällt den Oasenschüle-rinnen und Schülern oft schwer. Geradedeshalb nehmen sie eine besondere Rol-le ein. Durch Überarbeitung und Prä-sentationen vor der Gruppe versuchenwir den Schülerinnen hier Erfolgserleb-nisse zu ermöglichen.

Immer wieder werden Vorgehen undLerntechniken besprochen, sowie die Er-wartungen von Lehrern und Lehrerin-nen reflektiert und überlegt, wie die Kin-der mit ihnen umgehen könnten.

Fast alle Schüler und Schülerinnenkommen gern in die Oase. Häufig ste-

hen sie schon vor Beginn des Unter-richts bereit, obwohl sie teilweise fürsie spannenden Unterricht aufgeben,um an schwierigen und unangenehmenAufgaben zu arbeiten. Sie sind bemühtund zeigen Arbeitseinsatz, immer wie-der werden aber auch ihre Grenzendeutlich. Dann üben wir, wie sie damitumgehen können.

Wir haben den Erfolg der Oase durchTests überprüft und zusätzlich die Schü-ler und Schülerinnen zu ihren Einstel-lungen zur Oase befragt. Alle Schülerund Schülerinnen, selbst solche, von de-nen wir es nicht erwartet hatten, zeig-ten Lernzuwachs in den Vergleichstestsund äußerten sich durchweg positiv. Da-mit sie in ihren sprachlichen Problemenauch nach der 6. Klasse weiter arbei-ten können, bieten wir ihnen in denJahrgängen 7 und 8 einen Kurs »BasisDeutsch« an.

Katja SchlünzenAdresse: Ida-Ehre-Gesamtschule,Bogenstraße 36, 20144 Hamburg

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Ziele des Schulversuchs

Der Schulversuch »Individuelle Förde-rung statt Klassenwiederholung« beziehtsich insbesondere auf die Schülerinnenund Schüler, die auf der Grundlage derRegelungen der APO-AS nicht versetztwerden können. An Stelle der Nicht-Ver-setzung und Klassenwiederholung gehendiese Schülerinnen und Schüler im Rah-men des Schulversuchs in die nächst hö-here Jahrgangsstufe über, werden aberzur Teilnahme an Förderunterricht ver-pflichtet. Durch diese zusätzliche För-derung sollen sie Leistungsdefizite ge-zielt abbauen und damit den Anschlussan das Anforderungsniveau ihrer Jahr-gangsstufe wieder herstellen.

Der Schulversuch ist erfolgreich, wenndie Förderkonzepte zu folgenden Ergeb-nissen führen:1.Die Anzahl der Schülerinnen und

Schüler, die die Hauptschule am Endeder Jahrgangsstufe 7 oder 8 verlassen,wird reduziert.

2.Die Anzahl der Schülerinnen undSchüler, die die Hauptschule ohne Ab-schluss verlassen, wird reduziert.

3.Der Altersdurchschnitt bei Absolven-ten der Hauptschule mit einem Haupt-schulabschluss wird gesenkt.

Die Zielgruppe

Es geht in diesem Versuch also um die-jenigen Schülerinnen und Schülern, diejedes Jahr die Schule mit einem Ab-gangszeugnis verlassen oder einige Jah-re länger brauchen, um ihre schulischenZiele zu erreichen. Diese Gruppe verhältsich in der Schule meistens so wie ein-gangs beschrieben: Es handelt sich alsoum Schülerinnen und Schüler, die nichtdarauf gewartet haben, mit zusätzlichenFörderstunden schneller fit für einenSchulabschluss gemacht zu werden. Hät-ten sie daran ein Interesse, würden sie

Die Situation kennen wohl alle Lehrer:Man betritt einen Klassenraum, unddas Chaos regiert die Welt. Aus der ei-nen Ecke quäkt Musik aus einem Han-dy, in der anderen springen einige überTisch und Bänke, weil einer meint, ersei beleidigt worden. Eine andereGruppe testet die Bruchfestigkeit desBesens, und von irgendwo her fliegtplötzlich der nasse Schwamm durchdie Klasse. Er hinterlässt eine Was-serspur und noch mehr Geschrei, be-vor er auf einem Tisch aufschlägt undauf dem dazugehörigen Stuhl liegenbleibt. Irgendwo sitzen einige Mäd-chen, schauen mit großen Augen demTreiben zu und hoffen, unversehrt zubleiben.

Der Reflex, der jetzt einsetzen sollte:»Achtung, Lehrer im Raum! Hinsetzenund benehmen!« fällt oft genug aus.Man versucht, sich lautstark kenntlichzu machen, und hofft, irgendwann indieser Stunde noch ein paar Minutenunterrichten zu dürfen.

Kurz: Herzlich willkommen in einerHauptschulklasse!

den Unterricht ernster nehmen und al-lein deshalb größere Lernzuwächse er-zielen. Wir müssen also davon ausgehen,dass ein großer Teil der Gruppe, die wireigentlich fördern wollen, ein zusätzli-ches Förderangebot als Strafe und nichtals Hilfe versteht.

Nun muss man aber so fair sein undunsere oben beschriebenen schwachenSchülerinnen und Schüler in einerHauptschulklasse in mindestens zweiGruppen teilen. Die eine besteht aus ru-higeren Kindern, die langsam lernen,Sprachprobleme haben oder einfach nurnicht in der Lage sind, ihre Fähigkeitenin der Schule voll zu entfalten, und in deranderen befinden sich Kinder, die großeDefizite auf der Verhaltensebene habenund teilweise großes schulisches Poten-tial ungenutzt lassen.

Als Lehrkraft steht man damit vor fol-genden Herausforderungen:• Wie kann man Schülerinnen und Schü-

ler fördern, die eine Förderung alsStrafe empfinden und verhaltensmä-ßig nicht in der Lage sind, sich fördernzu lassen?

• Wie werden wirklich schwache Schü-lerinnen und Schüler in die Lage ver-setzt, dem Unterricht folgen zu kön-nen?

• Wie gelingt es, auch starke Schülerin-nen und Schüler zu fordern?

Der Schulversuch basiert auf der Idee,mit einer Steigerung der effektivenUnterrichtszeit allen Gruppen eine ge-zielte Förderung zukommen zu lassen.Dazu müssen Wege gefunden werden,die permanent störenden Schülerinnenund Schüler positiv einzubinden und da-mit in die Lerngemeinschaft zu inte-grieren. Wenn dies gelingt, erhaltenquasi nebenbei alle die Möglichkeit, ihreFähigkeiten weiter zu entwickeln unddie schulischen Leistungen zu verbes-sern.

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Störer positiv einbindenZusätzliche Förderung im Schulversuch »Individuelle Förderung statt Klassenwiederholung«

Gerade an Hauptschulen sind

schwache Schüler zumeist auch

verhaltensauffällig. Es fehlt ih-

nen nicht nur an Motivation,

sondern auch an elementaren

Voraussetzungen im sozialen

Miteinander. Hier setzt der

Schulversuch »Individuelle För-

derung statt Klassenwiederho-

lung« an, der zu Beginn des

Schuljahres an einigen Haupt-

schulen gestartet wurde.

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Das Konzept

Ein Ansatz zur Verbesserung der Situa-tion kann also nur von einer Arbeit mitden verhaltensauffälligen Schülerinnenund Schülern ausgehen. Durch gezielteMaßnahmen müssen Selbstwahrneh-mung und Sozialfähigkeit der Lernendenso geschult werden, dass sie sich leich-ter in Unterrichtsprozesse integrieren.Damit einhergehend muss akzeptiertwerden, dass an sich leistungsstarke,aber verhaltensauffällige Schülerinnenund Schüler ebenso in den Genuss vonadditiver Förderung kommen.

Wie kann dies aber nun konkret aus-sehen? In der Schule Langenhorn gibt esseit Februar 2005 einen Jungenkurs, derzusammen mit der »Hamburger Kinder-und Jugendhilfe e.V. JugendhilfezentrumNord« unter dem Titel »Ich, Jugend,Schule und Beruf« angeboten wird. Ein-gebunden sind jeweils der Klassenlehrerund ein Sozialpädagoge, von dem derKurs hauptsächlich betreut wird. In-haltlich ist der Kurs darauf angelegt,Orientierungen zu geben und sozialeKompetenzen bei verhaltensauffälligenSchülern zu fördern. Konkret bedeutetdies, dass den Jungen zusätzlich zumnormalen Unterricht, also außerhalb derSchulsituation, die Möglichkeit gegebenwird, sich unter Anleitung mit den Pro-blemen, die sie in der Schule und vor al-lem mit ihren Lehrern haben, ausein-anderzusetzen.

Bei den schwachen, aber ruhigen Kin-dern wurde zudem durch klassische För-derarbeit das Leistungsniveau verbes-sert, so dass sie dem fortlaufenden Unter-richt besser folgen.

Diese Maßnahmen – kombiniert mitklasseninterner Teambildung (so wurdez.B. eine Klassenreise zu diesem Themadurchgeführt), Selbsteinschätzungsse-minaren und Lernvereinbarungen (inKooperation mit dem Ausbildungsclubder einfal GmbH) – haben in einer 8.Hauptschulklasse zur erheblichen Stei-gerung der effektiven Unterrichtszeit ge-führt.

Sicher werden diese Maßnahmen nichtin jeder Lerngruppe zum gleichen Erfolgführen. Wichtig allein bleibt, mit den zurVerfügung stehenden Mitteln das nega-

tive Verhalten der Kinder ändern zu wol-len und sie dabei auf ihrem Weg trotz-dem ernst zu nehmen.

Das Fazit

Durch die Maßnahmen sind zunächsteinmal ruhigere und lernintensivereUnterrichtssituationen entstanden.Dies erleichterte eine individuelle För-derung aller Gruppen. Hervorzuhebenist, dass durch die neu gewonneneSelbstwahrnehmung der verhaltens-auffälligen Schülerinnen und Schülergemeinsames, verantwortungsbewus-stes Lernen möglich wurde. Es handeltsich bei diesem Ansatz um einen fort-währenden Prozess, der bei einerUnterbrechung schnell auch wieder inalten Mustern enden kann. Insgesamtaber konnten die beteiligten Schüle-rinnen und Schüler ihren Notendurch-

schnitt zum Ende der 8. Klasse deut-lich steigern. Alle Schülerinnen undSchüler wurden in die 9. Klasse ver-setzt.

Aus unserer Sicht kann es nur da-rum gehen, das Verhalten der Schüle-rinnen und Schüler so zu verändern,dass Schule nicht mehr als notwendi-ges Übel begriffen wird, sondern alswichtiger Baustein zur eigenen Zu-

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Frank Hörholdist Lehrer und Leiter des Schulversuchs

»Individuelle Förderung stattKlassenwiederholung«

an der Schule Langenhorn.Adresse: Grellkamp 40, 22415 Hamburg

E-Mail: [email protected]: www.schule-langenhorn.de

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Reifen- und Profiltypen und wie manKunden berät.

Auch Timo muss Kunden beraten. AlsMitarbeiter eines Gartenbaubetriebsmuss er Kunden erklären, wann und wieBüsche und Bäume geschnitten werdenoder welche Gehölze eine gute Hecke er-geben.

Dann erklärt er uns, wie man eine gro-ße Rasenfläche vertikutiert, stellt uns dieVertikutiermaschine vor und demon-striert an Rasenstücken, die er mitge-bracht hat, den Unterschied zwischen ei-nem moosdurchsetzten und einem ver-tikutierten Rasen. Timo, der im Unter-richt nur mit großer Schwierigkeit zumündlichen Mitarbeit bewegt werdenkann, spricht frei und flüssig.

Sabrinas Kunden heißen Patienten,denn sie berichtet von der Arbeit bei ei-nem Zahnarzt. Patienten haben Angst,vor allem die Kleinen. Hierauf muss siereagieren können, damit die spätere Be-handlung gelingt. Dann erklärt sie unsanhand eines mitgebrachten Gebissab-drucks, wie Kindern die richtige Zahn-putztechnik beigebracht wird.

Tatjana arbeitete in einen Speiselokalund berichtet darüber, dass man Kun-den gegenüber stets freundlich sein, sichaber nicht alles gefallen lassen muss. Siehat bei ihrer Tätigkeit auch Erfahrun-gen mit Kunden machen können, die sichnicht zu benehmen wussten. Danach er-klärt sie uns, wie man in diesem spe-ziellen Restaurant den Tisch eindecktund welche Bekleidungsregeln gelten.

Dann ist die Zeit auch schon um.Die Prüfer stellen noch Nachfragen zu

den einzelnen Vorträgen. Die Schülerantworten auch jetzt in ruhiger und kom-petenter Art.

Dann verlassen die Prüflinge denRaum, damit die Prüfer über die Noten

beraten können. Dies fällt ihnen nichtschwer, weil sie vorwiegend gute bis sehrgute Leistungen gesehen haben.

Stationen der Berufsorientierung

Was wir gerade erlebt haben ist der Ab-schluss eines Prozesses, der zwei Jahrenzuvor begonnen hat und hoffentlich nochviele gute Früchte trägt.

Unsere Schule legt seit jeher viel Wertauf die Berufsorientierung. Aber in derVergangenheit war häufig jede Kolleginauf sich selbst gestellt; es gab kein schu-lisches Gesamtkonzept zur Berufsorien-tierung, das allen Schülerinnen undSchülern gleichermaßen die Möglichkeitbot, die Schule ausbildungsfähig zu ver-lassen.

So haben wir uns vor drei Jahren ent-schieden, am Projekt »Praxislerntag«teilzunehmen und gleichzeitig unser Be-rufsorientierungscurriculum neu aufzu-stellen.

Jetzt gibt es von Klasse 7 bis 10 einfestgeschriebenes Nacheinander vonwichtigen Stationen der Berufsorientie-rung, von Schnuppertagen über Hand-werkswochen zu Schülerfirmen, Kom-petenzfeststellung, BIZ und Berufswahl-tests bei der Agentur für Arbeit, vom Pra-xislerntag bis hin zu Bewerbertrainingsmit außerschulischen Anbietern.

Im letzten Schuljahr kam noch derSchulversuch praxisorientierte Prüfunghinzu. Die Idee dieser neuen, verpflich-tenden Prüfungsform ist, außerschu-lisch erworbene Kompetenzen in prak-tischer Form zum Prüfungsthema zumachen. Um keine vierte Prüfung fürHauptschüler zu schaffen, wird in derpraxisorientierten Prüfung der mündli-che Teil einer Fachprüfung mit abge-nommen. Dementsprechend muss diePrüfung daher Aspekte der mündlichen

Es ist Freitag, 8.00 Uhr. Vier Schüler tre-ten in den vorbereiteten Prüfungsraum.Im Raum befinden sich schon die für diePräsentationen benötigten Plakate undAnschauungsgegenstände. Das Themader Gruppe ist »Umgang mit Kunden«.Alex, Timo, Tatjana und Sabrina gebeneine kurze Einführung und erklären,dass es in jedem Beruf Kontakte mit Kun-den gibt, die »Kunden« aber in jedemBeruf andere Menschen mit anderen Be-dürfnissen sind.

Alex beginnt seinen Vortrag über dieReparatur eines Reifens damit, über dieWünsche seiner Kunden zu berichten.Alex (»Russlanddeutscher« mit immernoch großen Sprachproblemen) ist her-vorragend vorbereitet und erzählt ohnezu stocken, dass man erst das Loch in ei-nem kaputten Reifen finden muss, dannaufbohrt und dann einen Flicken mit Vul-kanisierflüssigkeit einsetzt. Danach er-zählt er anhand seines mitgebrachtenReifens noch etwas über verschiedene

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Thema

Das Arbeitslebenin die Schule holenPraxisorientiertes Lernen erfordert neue Prüfungsformen

Um gerade schwächeren Schüle-

rinnen und Schülern eine neue Per-

spektive zu geben, wurde an den

Hauptschulen der sogenannte

»Praxislerntag« eingeführt. Damit

die dort gemachten Erfahrungen

auch in der Schule gewinnbrin-

gend eingesetzt werden können,

sollen ab dem kommenden Schul-

jahr praxisorientierte Prüfungen

verpflichtend eingeführt werden.

Im nachfolgenden Bericht werden

erste Erfahrungen damit darge-

stellt.

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Fachprüfung Deutsch, Mathe oder Eng-lisch abbilden.

Besonders Hauptschülern fällt es in ei-ner mündlichen Deutschprüfung schwer,frei und flüssig zu Themen wie Kurzge-schichten oder Sachtexten zu sprechenoder kompetent auf Nachfragen zu rea-gieren.

In der praxisorientierten Prüfung sindsie jedoch die Experten, fühlen sich si-cher, weil sie einen persönlichen Bezugzu dem Thema haben.

Unseren Schülern kommt diese Art derPrüfung sehr entgegen, haben sie dochdas ganze Schuljahr über außerschuli-sche Lernerfahrungen gemacht und die-se in zum Teil hervorragenden Präsen-tationen dargestellt. Außerdem wird anunserer Schule viel Wert auf Methoden-kompetenzen gelegt, die wir schon abder 5. Klasse trainieren.

So sind sie in Übung und die meistenPrüfungen endeten deshalb mit gutenund sehr guten Bewertungen. Dass dieNote für die »praxisorientierte Prüfung«gesondert im Zeugnis erscheint, ist einweiterer Ansporn für gute Leistungen.

Klare Strukturen

In der Vorbereitung der praxisorien-tierten Prüfung mussten wir zuerst kla-re Strukturen entwickeln, an die wir unshalten konnten und die den Schülerntransparent machen, was erwartet wirdund in welcher Zeit dies zu erledigenwar.

Wir legten den Termin für die Prü-fungen ans Ende des Schuljahres; sie fin-den nach allen anderen Prüfungen statt.

Dann klärten wir, welche Kolleginnenan den Prüfungen beteiligt sein sollten.

Nach drei Treffen stand die Planung. DieTermine waren fixiert, das Themenfin-dungsverfahren war klar, die einzelnenTage der Projektwoche hatten ihreSchwerpunkte mit den entsprechendenArbeitsaufträgen und Zielsetzungen.

Zu Beginn des Prozesses mit den Schü-lern stand die Themen- und Gruppen-findung. Sechzehn Schüler hatten je vierPraktika hinter sich und brachten min-destens drei Themen von besonderenLernaufgaben mit. Diese Themen wur-den nun in einem offenen Prozess ge-clustert; es mussten gemeinsame As-pekte gesucht werden, die in Oberthe-men für eine Prüfung münden konnten.Unser Ergebnis sah so aus: • Gruppe 1: Geschichte des Handwerks

(Maler, Tischler, Elektriker, Anlagen-bauer),

• Gruppe 2: Sicherheit am Arbeitsplatz(Bürokaufmann, Klempner, Kfz-Me-chatroniker, Elektroniker),

• Gruppe 3: Umgang mit Kunden (Vul-kanisör, Gärtner, Fachkraft im Gast-gewerbe, zahntechnische Angestellte),

• Gruppe 4: Umgang mit Kunden (sozi-alpädagogische Assistentin, Physio-therapeutin, Fachkraft im Hotelge-werbe, Frisörin).

Die folgende Projektwoche sah im We-sentlichen folgende Punkte vor:• Themenfindung / Gruppenfindung• Sammeln aller nötigen Informationen,

Sichten, Auswählen• Gruppenvorträge vorbereiten; am

Ende des Tages: Reflektieren, Doku-mentieren, Planen des nächsten Tages

• Individuelle Vorträge vorbereiten; amEnde des Tages: Reflektieren, Doku-mentieren, Planen des nächsten Tages

• Generalprobe, Räume einräumen, Ma-terial vorbereiten, Video drehen

Wichtig ist für die Schüler, dass sie recht-zeitig wissen, was von ihnen erwartetwird und nach welchen Kriterien sie be-wertet werden. Im Groben waren diesähnliche Bewertungskriterien, die auchschon in den Präsentationen zum Pra-xislerntag galten. Für die Fachprüfunggelten ohnehin die Kriterien der Fach-prüfung.

Der Aufwand lohnt sich

Zum Schluss sei noch einmal bemerkt,dass jede Schule ein eigenes Profil fürdie praxisorientierte Prüfung findenmuss. Je nachdem, ob der Praxisbezugaus dem Bereich der Beruforientierungoder aus dem Bereich anderer außer-schulischer Projekte herrührt, ergebensich unterschiedliche Prüfungen.

Aufgrund der mit unseren Schülerin-nen und Schülern gemachten Erfahrun-gen halten wir die praxisorientierte Prü-fung für eine angemessene Prüfungs-form, übrigens nicht nur für Haupt-schüler. Aber gerade für die schwäche-ren, nicht so sprachgewandten Schüle-rinnen und Schüler lohnt sich der hoheAufwand, der mit dieser Prüfung ver-bunden ist. Dieser wird mit wachsenderRoutine sicher geringer werden.

In einer sich verändernden Schule, dieim Zusammenhang mit der Bildung vonLernfeldern und stärkerer Hinwendungzu Kompetenzen auch einen immer stär-keren Lebensweltbezug bekommt, ist diepraxisorientierte Prüfung ein Gewinn füralle Beteiligten.

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Rembert KloppmannKoordinator Berufsorientierung

E-Mail: [email protected]

Babette DembskiE-Mail: [email protected]

Joachim HinzSchulleiter

E-Mail: [email protected]

Schule Luruper Hauptstraße,Luruper Hauptstraße 131, 22547 Hamburg

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strukturell durch die Bildung eines Teams überwunden.

Das Lernen in der Schule ist mit be-trieblichen Themen verzahnt und bietetSchülerinnen und Schülern viele Mög-lichkeiten, an Erfahrungen aus ihrem be-trieblichen Alltag anzuknüpfen und siezu vertiefen. Dadurch sollen den Ju-gendlichen ein Schulabschluss sowie vor-rangig der Übergang in eine Berufsaus-bildung, aber auch in Arbeit ermöglichtwerden.

Auswahl der Schüler

Die KooBi-Schülerinnen und Schülerwurden überwiegend von den Lehrkräf-ten der abgebenden Schulen für das Pro-jekt empfohlen. Entscheidendes Aus-wahlkriterium war dabei, dass im Ver-lauf der Hauptschulklasse 8 erkennbarwar, dass der Hauptschulabschluss nachder H9 voraussichtlich nicht erreichtwerden kann. Mit jedem Bewerber ha-ben wir als KooBi-Team ein ausführli-ches Auswahlgespräch geführt, bei demes vor allem um die Bereitschaft ging,zwei Tage pro Woche im Betrieb zu ar-beiten und zu lernen.

Betriebe sind nicht mehr nur Prakti-kumsplätze, an denen die Jugendlichenberufspraktische Erfahrungen sammelnkönnen, sondern auch außerschulischeLernorte. Jeder Jugendliche wird imSchnitt von seinem Mentor pro Wocheeine Stunde im Betrieb betreut. Diese Zeitdient der Reflexion betrieblicher Ar-beitsabläufe, der Unterstützung beischwierigen Anforderungen sowie derKlärung von sozialen Problemen bei-spielsweise im Umgang mit Kollegenoder Vorgesetzten. Auch hat sich daskonkrete Mitarbeiten vor Ort als sinn-volle Unterstützung erwiesen. So könnendie individuellen Fähigkeiten der Schü-lerinnen und Schüler im konkreten Tun

Die Schülerinnen und Schüler desSchulversuchs »Kooperatives Bildungs-angebot der Hauptschule und der Be-rufsvorbereitungsschule für abschluss-gefährdete Schülerinnen und Schülernach der Jahrgangsstufe 8« (KooBi) ler-nen zwei Jahre lang in Schule und Be-trieb: drei Tage der Woche in der Schu-le und zwei Tage an einem betrieblichenLernort. Das 9. Schuljahr findet an derHauptschule Langbargheide statt, das10. in der staatl. Berufsschule Eidelstedt(G12). Jeweils nach einem halben Jahrwechseln die Jugendlichen den Betrieb.Sie sammeln also Erfahrungen in vierunterschiedlichen Betrieben. Unter-stützt werden sie dabei von Bildungs-begleitern. Das Team für eine KooBi-Klasse setzt sich aus einer Hauptschul-lehrkraft, einer Lehrkraft aus dem be-rufsbildenden Bereich und einem Bil-dungsbegleiter zusammen, d.h. dieSchnittstelle im Übergang allgemeinbil-dende Schule / berufliche Schule wird

analysiert und thematisiert werden. Dasgemeinsame Arbeiten schafft zudem ei-nen intensiven persönlichen Kontakt undbegründet ein Vertrauensverhältnis. Eslässt zu, dass die Jugendlichen gegen-über den Bildungsbegleitern in die Ex-pertenrolle kommen können.

Die Verknüpfung der Lernorte Betriebund Schule

• Betriebliche Erfahrungen der Schüle-rinnen und Schüler werden im Lern-angebot »Lernen für die Arbeits-welt« reflektiert. Dabei geht es umThemen wie z. B. »Verhalten imKrankheitsfall«, »Umgang mit Kritikvon Kollegen oder Vorgesetzten«oder »Durchhalten am Arbeitsplatz«.In der Regel sind aktuelle Erlebnisseeinzelner Schülerinnen und Schülerin ihren Betrieben Anlass für einevertiefte Bearbeitung in der Gruppe.Die Erfahrung, mit betrieblichen

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Thema

GrundprinzipIndividualisierungErfahrungen mit KooBi am Standort Langbargheide/G12

Es gibt an den Hamburger Haupt-

schulen eine nennenswerte Zahl

von Schülerinnen und Schülern,

bei denen schon früh erkennbar

ist, dass sie den Hauptschulab-

schluss nach neun Schuljahren

nicht erreichen werden. Um die-

sen Schülerinnen und Schülern ge-

zielt zu helfen, wurde im vergan-

genen Jahr der Schulversuch

»KooBi« eingerichtet. Dahinter

verbirgt sich ein kooperatives Bil-

dungsangebot von Hauptschule

und Berufsvorbereitungsschule.

Drei KooBi-Klassen sind seit dem 1.August 2006 gestartet:• Standort Eidelstedt / Lurup:

Schule Langbargheide / Staatl. Be-rufsschule Eidelstedt (G12)

• Standort Altona / St. Pauli:Schule Königsstr. / Staatl. Gewer-beschule Werft und Hafen (G7)

• Standort Bergedorf:Schule Richard-Linde-Weg / Staatl.GewerbeschuleVerkehrstechnik/Arbeitstechnik/Ernährung (G20)

• Zum 1. August 2007 steigt ein wei-terer Standort in den Schulversuchein:Schule Osterbrook / BeruflicheSchule Recycling- und Umwelttech-nik (G8)

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Schwierigkeiten oder Verhaltensun-sicherheiten nicht allein zu stehen,ist für die Jugendlichen sehr wichtig.

• Fachbezogene Themen und Frage-stellungen aus den Betrieben werdenzum Lerngegenstand in der Schule.Schülerin F. brachte beispielsweiseAusbildungsunterlagen aus ihremFriseurbetrieb mit in die Schule undbeschäftigte sich dort intensiv mitder Fragestellung »Wie wachsen ei-gentlich Haare?« Schüler J. , Prakti-kant in einer Kfz-Werkstatt, klärtean seinen Schultagen die chemischenGrundlagen des Phänomens, dassaus dem Auspuff bei laufendem Mo-tor Wassertropfen abgesondert wer-den.

• Die Besondere Lernaufgabe ist einezentrale Klammer, die beide Lernor-te miteinander verbindet. In Abspra-che mit dem Anleiter wählen die Ju-gendlichen eine Arbeitsaufgabe ausder betrieblichen Praxis. Schüler J.hat sich beispielsweise für den Aus-tausch von Sommer- durch Winter-reifen entschieden. Die einzelnen Ar-beitsabläufe werden detailliert fest-gehalten und mit einer Fotoreihe do-kumentiert. In der Schule wird derArbeitsauftrag schriftlich dargestelltund am Ende im Rahmen einer Prä-sentation vorgestellt. Die Gelegen-heit, eigenverantwortlich ein Projektim Betrieb bearbeiten zu können undsich damit auf einem Sachgebiet zumExperten zu entwickeln, wirkt sichsehr motivierend auf die Jugend-lichen aus und überträgt sich auchauf den schulischen Teil der Lernauf-gabe. Themen aus dem LernbereichDeutsch wie z. B. Textproduktionund -bearbeitung sowie Rechtschrei-bung werden dabei an einer selbstgewählten spannenden Aufgabe mitbearbeitet.

Lernen in der Schule

Zentrale Grundprinzipien für die Ge-staltung der drei Schultage sind die In-dividualisierung des Lernens und dieSelbststeuerung der Lernprozesse. Ju-gendliche, die in der Hauptschule ohnePerspektive auf einen Abschluss waren,können nun an ihren Stärken ansetzen.

• KooBi-Schülerinnen und Schülerwählen in Absprache mit einer Lehr-kraft ihren Lerngegenstand selbst.Dabei können sich auch kleine Lern-gruppen ergeben. Die Lehrkräftesind vor allem Lernberater. Inputsfür die gesamte Lerngruppe odereine Halbgruppe haben wir auf einMinimum reduziert. Sie reproduzie-ren für die meisten Schülerinnenund Schüler unweigerlich das alteSystem lehrerzentrierten Unterrichtsund führen zu Verweigerung undStörungen.

• Wesentliches Strukturelement derLernprozesse ist der Lernpass. Erschafft für die Schülerinnen undSchüler Transparenz, indem er ih-nen einen Überblick über den ge-samten Lernstoff gewährt. Indivi-duelle Lernfortschritte und erworbe-ne Kompetenzen werden täglich imLernpass dokumentiert. Er ist damitzentrales Element der Selbststeue-rung, denn auf der Basis der Eintra-gungen kann bereits Erreichtes re-flektiert werden und weitere Lern-schritte können geplant werden.

Jeder Schultag beginnt mit einer Be-sprechung zur Planung des Tagesablau-fes, in der festgelegt wird, welche indi-viduellen und gegebenenfalls gemeinsa-men Arbeitsphasen stattfinden. Da dieKooBi-Schülerinnen und -Schüler nachzwei Jahren die Abschlussprüfung derBerufsvorbereitungsschule machen,über die sie die Berechtigungen desHauptschulabschlusses erlangen, kon-zentriert sich das Lernangebot auf dieFächer Deutsch bzw. Sprache und Kom-munikation, Mathematik und Englisch.Das gesamte Angebot wird von zweiLehrkräften abgedeckt, hinzu kommt derBereich »Lernen für die Arbeitswelt«,der maßgeblich von der Bildungsbeglei-terin betreut wird. Sämtliche Arbeits-und Lernmaterialien sind für die Schü-lerinnen und Schüler frei verfügbar, sodass sie ihr Arbeitsprogramm selbst zu-sammenstellen können.

Zu guter Letzt ...

Für die meisten Jugendlichen der Koo-Bi-Lerngruppe Langbargheide/G12 hatsich das neue Lernarrangement bisher

bewährt. Sie lernen wieder freiwillig undphasenweise auch sehr konzentriert.Hilfreich wäre für eine Reihe von Ju-gendlichen allerdings ein etwas klarerstrukturierter Rahmen. Wir werden des-halb einen Wochenarbeitsplan einfüh-ren.

Kritisch anzumerken ist, dass aufGrund der Rahmenbedingungen desSchulversuchs die Auswahl der Teilneh-merinnen und Teilnehmer zu »homoge-nen« Lerngruppen führte,in denen ins-besondere bisher problembeladene Ju-gendliche sind. Wie viel erfolgreicherkönnte das beschriebene Lernarrange-ment noch sein, wenn in heterogenenGruppen Schülerinnen und Schüler mitunterschiedlicher Leistungsfähigkeit sichgegenseitig in ihren Lernfortschritten sti-mulieren könnten!

Literatur

Sturm, H. u.a. (2006): Individualisierungdes Lernens in Schule und Betrieb – Pä-dagogische Grundlagen und Praxisbe-richte. Hamburg: Förderverein d. Staatl.Berufsschule Eidelstedt. ISBN 3-00-0117394-3Sturm, H. u.a.: Lernpass. Hamburg: Be-hörde für Bildung und Sport Hamburg.KooBi-Lernpass (2006): Behörde für Bil-dung und Sport Hamburg. Bezug als ge-bundene Fassung: [email protected] (25 Euro)

Hamburg macht Schule 1|2007 25

Hau

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Beru

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Petra AdomatMentorin KooBi, Staatliche Berufsschule

Eidelstedt (G12), Reichsbahnstr. 53, 22525Hamburg, in Kooperation mit Schule

Langbargheide, Langbargheide 40, 22547Hamburg

Frauke Schipull-GehringLeitung der Begleitgruppe im Schulversuch

KooBi (LiF 21)Mitarbeiterin der staatlichen Berufsschule

Eidelstedt (G12) und der GesamtschuleEidelstedt

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Es klingelt. Studienzeit. Die Schülerin-nen und Schüler der 7. bis 9. Klassen sit-zen in Gruppen im Lernflur und bear-beiten Aufgaben oder Projekte, für diesie sich zu Beginn der Woche entschie-den haben. Einige Gruppen haben sichjahrgangsübergreifend zusammenge-funden und beschäftigen sich im FachDeutsch mit einer Geschichte, die fort-geführt werden soll. Fatih weiß gar nicht,worum es in Deutsch geht. Die Lehrerinhilft ihm; dafür geht sie zu einer Neunt-lässlerin und bittet diese, die Aufgabenzur Prozentrechnung weiter zu betreu-en.

Im Rahmen des Normalunterrichts istein solches Arrangement allerdingskaum möglich; daher erproben wir seiteinem guten Jahr am Kurt-Tucholsky-Gymnasium eine neue Struktur des Ler-nens. Welches Konzept steht dahinter,welche Bausteine greifen ineinander undüber welche Erfahrungen können wirbisher berichten?

Hamburg macht Schule 1|200726

Thema

Der Schlüssel zum individualisiertenLernen liegt in der Kompetenzorientie-rung. Das Besondere kompetenzorien-tierten Unterrichts liegt formal darin,dass der Unterricht nicht bei Zielen oderKompetenzen endet, sondern mit ihnenbeginnt: Die Lernenden erhalten Einsichtin die ihnen vorgegebenen Ziele. DiesenZielen werden Aufgaben zugeordnet, mitderen Hilfe sie erreicht werden können.Durch diese Verbindung können dieSchülerinnen und Schüler mehr Verant-wortung für ihren Lernweg übernehmen.

Größere Verantwortungsübernahmeentsteht aber auch dadurch, dass derUnterricht im inhaltlichen Sinn kompe-tenzorientiert ist. Wer »kompetent« ist,kann in einem ZuständigkeitsbereichVerantwortung übernehmen (vgl. Wei-nert 2001, S. 27 f.). Kompetenzen sindfür die Hand der Lernenden dem ent-sprechend als Fähigkeiten formuliert, diesich auf größere Sinneinheiten beziehen.»Ich kann ...« lautet die Standardfor-mulierung, die den Schülerinnen undSchülern pro Fach ausgehändigt wird(zum kompetenzorientierten Lernen vgl.www.institut-beatenberg.ch/lernjobs,www.maxbrauerschule.de).

Im Rahmen kompetenzorientiertenLernens haben wir neben jahrgangs-übergreifenden Studienzeiten, dem Dop-pelstundenprinzip und Projekttagenauch Räume geschaffen. In der Mitte derbetreffenden Klassen liegt ein Lernflur,in dessen abgeteilten Ecken gearbeitet

werden kann. Außerdem haben wir einLernatelier eingerichtet, in dem NeueMedien, individuelles Lernen, Gruppen-arbeit und Metaplanarbeit wie in einemGroßraumbüro nebeneinander Platz fin-den (vgl. Förderer 2004). Die wöchentli-che Studienzeit umfasst vier Stunden, diewir aus den Kernfächern genommen ha-ben und in denen diese Fächer im Mittel-punkt stehen.

Effizienter lernen

Mit Hilfe der Orientierung an Kompe-tenzen möchten wir zuallererst mehrSelbstständigkeit und ein effizienteresLernen fördern. In einem differenzier-ten Lernarrangement können deswegenauch und gerade diejenigen gefördertwerden, die im normalen Unterricht»hinterherhinken« würden: Wir habennun mehr Zeit für ihre Betreuung. Inder Studienzeit entscheidet sich bei-spielsweise Louise dafür, dass sie mitFatih zusammenarbeitet, um ihr selbst-gestecktes Wochenziel in Englisch zu er-reichen. Er konnte ihr beim Vokabel-lernen bisher immer gut helfen. Martinhingegen zieht es vor, mit vier Jungenan einem Gruppentisch im Lernatelierzu arbeiten, obwohl die gemeinsame Ar-beit schon in der letzten Woche unef-fektiv war. Wir lassen ihn diese Erfah-rung machen, steuern aber durch indi-viduelle Gespräche und das Lerntage-buch so nach, dass er aus dem Schei-tern lernen kann.

Eine hilfreiche Struktur zur Einbezie-hung der Lernenden bieten Diagnosebö-gen (vgl. Reiff 2005), mit deren Hilfe dieSchülerinnen und Schüler den Stand ih-rer Fähigkeiten selber einschätzen undnach dieser Überprüfung passende Trai-ningsaufgaben bearbeiten. Außerdembieten solche Diagnosebögen auch eine

Wie sicher fühlst du dich in denfolgenden Situationen?

sicherziemlichsicher

unsichersehr

unsicher

Ich kann zwischen Wortartenund Satzgliedern unterscheiden.

Gym

nasi

um Förderung durchKompetenzorientierungStudienzeiten in der Sekundarstufe I des Gymnasiums

Das Gymnasium fördert schwache

Schüler nicht, sondern sortiert sie

aus – so lautet manches Vorurteil.

Dass es auch anders geht, zeigt

das Beispiel des kompetenzorien-

tierten Unterrichts aus dem Kurt-

Tucholsky-Gymnasium.

Abb. 1: Teil eines Selbstdiagnosebogens

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Grundlage, Vorschläge für die weitereUnterrichtsarbeit zu machen.

Ein Selbstdiagnosebogen enthält ge-mäß Reiff die »Ich kann ...«-Fähigkei-ten feiner gegliedert und mit einer Ska-lierung versehen, während ein Part-nerdiagnosebogen Behauptungen ent-hält, die die Lernenden beurteilen sol-len – erst allein, dann mit Partner, undschließlich hilft ggf. ein (Schüler-)Ex-perte. Unsere ersten Erfahrungen zei-gen, dass Selbstdiagnosebögen erstnach einer Eingewöhnungszeit zu bes-seren Lernergebnissen führen – weilinsbesondere schwächere Schüler sichnicht gut einschätzen können und zu ei-ner verantwortlichen Arbeit an ihrenLernerfolgen erst erzogen werden müs-sen. Partnerdiagnosebögen dagegensind vor allem deshalb geeignet, weil siezum »Knobeln« und die Urteilskraft her-ausfordern.

Lerntagebücher

Lerntagebücher eröffnen die Möglichkeiteines Dialogs zwischen Lehrenden undLernenden, der besonders bei indivi-duellen Problemen in einem geschütztenRahmen stattfinden kann. Unsere Er-fahrung zeigt, dass es sinnvoll ist, dieSchreibaufträge für das Lerntagebuchzunächst auf überschaubare Unter-richtssequenzen oder konkrete Unter-richtssituationen auszurichten. Erst da-durch eignen sich die Schülerinnen undSchüler eine reflektierende Haltung anund arbeiten mit größerer Selbstver-ständlichkeit mit dem Lerntagebuch. EinSchreibauftrag könnte etwa lauten: Prü-fe, ob du die Ziele, die wir uns mit unse-rem Projekt gesetzt haben, erreicht hast.Formuliere Konsequenzen für künftigeProjekte.

Im Jahrgang 7 und 8 findet für Louisekompetenzorientierter FörderunterrichtDeutsch statt. Sie soll auch hier möglichstselbstständig arbeiten. Der Förderkursist eher als Training, weniger als Unter-richt gedacht. Louise bekommt zwar dasgleiche Lernmaterial wie alle anderen,aber alle bekommen Portfolios, d.h. Ma-terialmappen, so dass sie die Aufgabenin ihrem individuellen Tempo bearbei-ten können.

»Abschreiben erwünscht« lautet derTitel des Übungsbuches (vgl. Jacobs2005) und dementsprechend enthält jedeTrainingseinheit einen Abschreibtext,dem Übungen mit besonders fehler-trächtigen Wörtern und Wortgruppenvorgeschaltet sind. Falsche Schreibwei-sen sollen konsequent vermieden wer-den, durch das korrekte Abschreiben sollnur die richtige Schreibweise eingeprägtwerden. Das Buch passt hervorragendzu dem Ansatz, die Schüler in ihrem ei-genen Tempo möglichst selbstständig ar-beiten zu lassen. Auch wenn mancheSchüler sich subjektiv unterfordert fühl-ten, zeigte ein Diktat schnell, dass vonUnterforderung nicht die Rede sein kann.

Insgesamt gesehen bedeutet Umstel-lung des Lernens zunächst auch Rück-schritte: Wer geht schon gerne in dieFreiheit, wenn er zuvor wohlbehütetwar? »Pubertätsprobleme« sind (nichtnur in der Sek. 1) auf dem Weg zurSelbstständigkeit und zu kooperativen

Lerngemeinschaften ganz normal. Aberwas »normal« ist, verändert sich schließ-lich auch durch Unterrichtsentwicklung,und sicherlich trägt das Prinzip jahr-gangsübergreifenden Unterrichts dazubei, dass die nachwachsenden Jahrgän-ge schneller selbstständig werden. Unddann – braucht es auch nicht mehr zuklingeln, damit die Schülerinnen undSchüler selbstständig arbeiten.

Literatur

Förderer, G.: Förderung besonders Be-gabter und Hochbegabter im Lernatelier.In: Minist. f. Bildung, Wissenschaft undKultur des Landes Schleswig-Holstein(Hg.), Kinder mit besonderen Begabun-gen: Erkennen – Beraten – Fördern. Kiel2004, S. 59–61 (www.lernnetz-sh.de/fi-leadmin/bildungsserver/Schule/BiB/hochbegabte.pdf)Jacobs, August-Bernhard: Abschreibenerwünscht. Cornelsen: Berlin, 2005(6. Aufl.)Rosel Reiff: Diagnose und Fördern. EinWeg zum selbstständigen und eigenver-antwortlichen Lernen. Vortrag. Hofgeis-mar 2005. (www.mathematik.uni-kas-sel.de/~didaktik/HomePersonal/jor-dan/VL260505/4DiagnoseVortrag.doc)Weinert, F. E.: Vergleichende Leistungs-messung in Schulen – eine umstritteneSelbstverständlichkeit. In: Ders. (Hg.):Leistungsmessung in Schulen. Weinheim,Basel 2001, S. 17–31

Hamburg macht Schule 1|2007 27

Michael Fröhlich, Monika Gross,Jessica Leiting, Endrik Schiemann

Kurt-Tucholsky-Gymnasium,Eckernförder Straße 70,

22769 Hamburg

Gym

nasi

um

Kreuze bei jeder Behauptung an, obdu sie für richtig oder falsch hältst.Begründe!

richtig falschBegründung (benutzeauch die Rückseite)

Wenn man aus einer 8 dm langen und5 dm breiten rechteckigen Holzplatteein 4 dm langes Quadrat aussägt,dann entstehen 24 dm2 Abfall.

Abb. 2: Teil eines Partnerdiagnosebogens

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Mit der politischen Entscheidung, die Dau-er der Referendarsausbildung auf 1 1/2Jahre zu verkürzen und den bedarfsde-ckenden Unterrichts auf durchschnittlich8 Unterrichtsstunden pro Woche zu erhö-hen, hat sich die Lehrerausbildung in Ham-burg inhaltlich und organisatorisch deut-lich verändert und die schulische Ausbil-dung insgesamt an Bedeutung gewonnen.

Jenny Mentzel, Referendarin, und Do-ris Schuckay, koordinierende Mentorinam Gymnasium Hochrad, erläutern imGespräch mit Thomas Unruh, Hauptse-minarleiter (LIA1), wie sich die verän-derte Referendarsausbildung an ihrerSchule auswirkt.

TU: Die Bedeutung der schulischen Aus-bildung ist durch die Reduzierung derSeminarausbildung in der Kernphase ge-wachsen. Woran merken Sie das?

JM: Die Lehrerinnen und Lehrer anmeiner Ausbildungsschule wissen umdie Rolle und um die Bedeutung des Re-ferendariats und zeigen Interesse dar-an. Meine Fachmentoren und die koor-dinierende Mentorin sind jederzeit an-sprechbar bzw. verabreden mit mirkurzfristig einen Termin. Ich kann auchbanale Fragen stellen, egal ob es um

Disziplinprobleme geht oder um fach-liche Fragen.

Und ich finde es angenehm, selbst auchals Kollegin angesprochen zu werden,»hast du nicht schon mal was gemachtzu ...?«. Dann merke ich, dass ich dazugehöre.

Ich weiß aber von Referendarskolle-gen, dass das nicht überall so läuft, dassnicht von an Anfang an klar war, wer ihrMentor ist, dass ihnen geraten wurde,»suchen Sie sich einfach einen aus« oderdass sie ewig den Schlüsseln hinterherlaufen mussten.

TU: Wie hat das »Einfädeln« an der neu-en Schule funktioniert?

JM: Es gab ein Begrüßungstreffen mitder Schulleitung und der koordinieren-den Mentorin. Im Lehrerzimmer, in die-sem Wust von vielen unbekannten Ge-sichtern, wusste ich, das sind also dieLeute, die für mich zuständig sind undsich auch zuständig fühlen. Und dannerhielten wir von der koordinierendenMentorin am ersten Tag einen klarstrukturierten Stundenplan. Außerdemwar geklärt, bei wem wir von Anfangan hospitieren und unterrichten konn-ten. Frau Schuckay hatte einen guten

Mix von Kollegen mit ganz unter-schiedlichen Unterrichtsstilen vorbe-reitet, was sehr hilfreich war, um eineeigene Rolle zu finden: Wo gucke ichmir etwas ab, was ist eher nicht meinStil.

TU: Welche Erfahrungen machen Sie mitHospitationen durch Mentoren und mitfesten Beratungszeiten?

JM: Feste Beratungszeiten sind auf-grund der sehr unterschiedlichen Stun-denpläne schwer zu organisieren. In derersten Hälfte der Kernphase wurde ichetwa alle zwei bis drei Wochen von ei-nem Mentor hospitiert, in der zweitenHälfte seltener. Generell melde ich mei-nen Hospitations- und Beratungsbedarfjetzt gezielt an.

TU: Um welche Aspekte geht es in der Be-ratung?

JM: Am wenigsten Beratungsbedarf habeich fachlich, da kann ich mich auch selbstschlau machen. Wichtig sind die metho-dische und die pädagogische Beratung.Beide Aspekte sind etwas gleich verteiltauf meine beiden Fachmentoren und aufdie koordinierende Mentorin.

Hamburg macht Schule 1|2007

Werkstatt Schule

28

Neue Referendarsausbildungan der SchuleIn der Startphase, vom 1.5. bis Schuljahresbeginn,

bzw. vom 1.11. bis 1.2. des folgenden Jahres, werden

die Referendare durch ein verstärktes Seminarange-

bot intensiv auf die selbstständige Unterrichtsarbeit

in der dann folgenden einjährigen Kernphase vorbe-

reitet. Weil die Startphase ebenso wie die abschlie-

ßende Prüfungsphase von bedarfsdeckendem Unter-

richt frei gehalten sind, beträgt der Anteil des

selbstständigen (bedarfsdeckenden) Unterrichts in

der Kernphase 12 Unterrichtsstunden pro Woche.

Seit Referendare zunehmend selbstständig unterrichten

und damit schulorganisatorisch wie »richtige« Lehrer ein-

gesetzt werden, greift der Gedanke des »Anleiters« nicht

mehr. Deshalb sind für die schulische Ausbildung nun Men-

toren zuständig, die nach Möglichkeit die Referendare

auch fächerübergreifend begleiten, beraten und ausbilden.

An einigen Schulen gibt es »koordinierende Mentoren«, die

für die Ausbildung mehrerer Referendare an ihrer Schule

zuständig sind. Für die Beratung in speziellen fachlichen

und fachdidaktischen Fragen gibt es Fachmentoren.

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TU: Welche besonders positiven Erfah-rungen haben Sie mit der Ausbildungdurch Mentoren gemacht?

JM: Das Positive fällt mir besondersauf, wenn ich mit Referendarskollegenspreche, an deren Schulen es nicht sogut läuft. Zum Beispiel, dass die Re-flexion nach einer Unterrichtsstundeso abläuft, dass ich sie auch nachvoll-ziehen kann, dass sie nicht zu voll ge-packt ist, dass mir also nicht gleichzehn neue Aspekte an den Kopf ge-worfen werden und dass die Reflexiongut strukturiert ist und auch die posi-tiven Aspekte der Stunde nicht zu kurzkommen Dabei ist es hilfreich, wenndie Reflexionsphasen so zelebriertwerden, wie es vom LI vorgegebenwird.

Allerdings wünsche mir für die Men-toren, dass ihnen mehr Zeit für die Be-treuung eingeräumt wird.

TU: Frau Schuckay, Sie sind koordinie-rende Mentorin am Gymnsium Hochrad.Wie viele Referendare betreuen Sie?

DS: Sieben Referendare, drei davon inder Startphase und vier in der Kern-phase.

TU: Wie sieht die Ausbildung der Refe-rendare in der einjährigen Kernphase beiIhnen an der Schule aus?

DS: Die Fachmentoren und ich, versu-chen, in der ersten Hälfte der Kern-phase so oft wie möglich zu hospitie-ren. Ich selbst hospitiere dann bei je-dem Referendar fast wöchentlich, weilder Bedarf der Referendare sehr hochist. In der Kernphase 2 ist der Hospita-tionsbedarf der Referendare deutlichgeringer.

Es fehlen uns aber Freiräume fürausführliche allgemein-pädagogischeGespräche, die wir mit allen Referen-daren an der Schule führen können,wie es zum Beispiel am Carl-von-Oss-sietzky-Gymnasium praktiziert wird.

TU: Als koordinierende Mentorin hos-pitieren Sie in der Regel fachfremd,auch in der Oberstufe. Geht das?

DS: Zu den fachlichen oder fachdidak-tischen Fragen kann ich natürlichnichts sagen. Aber es gibt allgemeineGesichtspunkte, die wir besprechen,zum Beispiel die Lehrerpersönlichkeit,Methodenrepertoire, Medieneinsatz,Stundenorganisation, Phrasierung,Formulierung von Arbeitsaufträgen,roter Faden und so weiter. Das sind Be-reiche, zu denen ich gut etwas sagenkann.

TU: Jenny Mentzel hat gesagt, Refle-xionsphasen werden »zelebriert«, wievom LI vorgegeben. Wie haben Sie die-ses Reflexionsverfahren kennenge-lernt?

DS: Das habe ich aus den Mentoren-treffen mit den Hauptseminarleitern.Wichtig ist für mich aus der Fülle mög-licher Besprechungsthemen Schwer-punkte für die Besprechung zu setzenund Themen zu finden, an denen derReferendar in der nächsten Zeit vor al-lem arbeitet und das dann in die nächs-te Hospitation mitzunehmen, um zu gu-cken, ob es eine Weiterentwicklung inBezug auf die Schwerpunktthemen ge-geben hat.

TU: Wie erfolgt der Austausch mit denHaupt- und Fachseminarleitern über

die jeweiligen Ausbildungs- und Ar-beitsschwerpunkte der Referendare?

DS: Dieser Austausch könnte noch ver-bessert werden, zum Beispiel über ei-nen regelmäßigen Austausch der Pro-tokolle, die die Referendare bzw. Semi-narleiter über Hospitationsbesprechun-gen anfertigen.

TU: Welche Unterstützung erfahren Siedurch die Schulleitung und durch dasLI?

DS: Unser stellvertretender Schullei-ter hat meinen Stundenplan mit denPlänen der Referendare abgeglichen,und mir viele Hospitationsmöglichkei-ten geschaffen. Ein Teil meiner zu-sätzlichen Arbeitsbelastung wird durchAnrechnung von F-Zeiten ausge-glichen.

TU: Welchen Tipp haben Sie für Mento-rinnen und Mentoren?

DS: Entdeckt die besonderen Kompe-tenzen, die jeder Referendar hat und ent-wickelt – und achtet nicht vor allem aufdie Fehler!

TU: Frau Schuckay, Frau Mentzel, wirdanken Ihnen für das Gespräch.

Hamburg macht Schule 1|2007

Werkstatt Schule

29

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In ihrem Beitrag »Schulstruktur und dieEntstehung differenzieller Lern- und Ent-wicklungsmilieus« gehen Jürgen Bau-mert, Petra Stanat und Rainer Watermannauf der Grundlage des PISA-2000-E-Da-tensatzes u. a. der Frage nach, inwieweitunterschiedliche schulformspezifischeLeistungs- und Persönlichkeitsentwick-lungen von Schülerinnen und Schülerndurch Kompositionseffekte erzeugt wer-den, die auf die leistungsmäßige, soziale,kulturelle und lernbiografische Zu-

sammensetzung der Schülerschaft einerSchule zurückzuführen sind (»institutio-nelle Matthäuseffekte«).

Die Zusammensetzung der Schüler-schaft einer Schule wird dabei mithilfe fol-gender Merkmale erfasst:• der mittlere Sozialschichtindex der je-

weiligen Schule,• der Anteil an Eltern ohne eine abge-

schlossene Berufsausbildung,• der Anteil an Schülern, in deren Familie

Deutsch nicht die Umgangssprache ist,• der Anteil an Schülern, deren Väter nicht

Vollzeit erwerbstätig sind,

• der Anteil an Klassenwiederholern,• das mittlere Fähigkeitsniveau der Schule,• die mittlere Lesekompetenz als Leis-

tungsindikator und• der Anteil gewaltbereiter Schüler als In-

dikator für die normative Peer-Kultur.Den Analysen zufolge lassen sich drei Ty-pen von Hauptschulen deutlich voneinan-der unterscheiden: die ›Modalform‹, ›Schu-len in schwierigem Milieu‹ und ›Schulen ineinem günstigen Milieu‹. In Tabelle 2 sinddie entsprechenden Daten zusammenge-stellt. Danach findet sich in Hauptschulenin schwierigem Milieu eine Häufung vonRisiko- und Belastungsfaktoren: Rund dieHälfte der Schülerinnen und Schüler hatmindestens eine Klasse wiederholt. Eben-so hoch ist der Anteil an Schülerinnen undSchülern aus Migrantenfamilien, in denenzu Hause nicht Deutsch gesprochen wird,38 Prozent der Eltern verfügen nicht übereine abgeschlossene Berufsausbildung, 30Prozent der Familien sind von Arbeitslo-sigkeit betroffen, 39 Prozent der Schülerhaben nach eigenen Angaben in den zu-rückliegenden zwölf Monaten Schuleigen-tum beschädigt oder sind gegen Personentätlich geworden. Das mittlere Leistungs-und Fähigkeitsniveau ist extrem niedrig.

Bundesweit lassen sich 16 Prozent al-ler Hauptschulen diesem Typ zuzuordnen.Wie Tabelle 1 zu entnehmen ist, ist derAnteil an Hauptschulen in schwierigemMilieu vor allem in den Großstädten be-sonders hoch. Mit 96 Prozent sind nahe-zu alle Bremer Hauptschulen diesem Typzuzuordnen, es folgen Hamburg mit 69und Berlin mit 60 Prozent. Unter den Flä-chenländern weisen Hessen und Nordr-hein-Westfalen mit 52 bzw. 44 Prozent diehöchsten Anteile auf. Demgegenüber wirdkeine einzige bayerische Hauptschule die-sem Typ zugeordnet, in Baden-Württem-berg sind es gerade 5 Prozent. Entspre-

chend hoch sind hier die Anteile an Schu-len mit günstigem Milieu.

Eine analoge Betrachtung der Real-schulen führt zu einer Vier-Typen-Lösung.Hier ergibt sich ein Anteil an Schulen mitschwierigem Milieu von bundesweit 9 Pro-zent. Der hohe Anteil an Zuwanderern andiesen Schulen weist darauf hin, dass die-se Schulen zur regionalen Grundversor-gung mit weiterführenden Bildungsange-boten in sozial benachteiligten Gebietenbeitragen und insofern eine bedeutendeIntegrationsleistung vollbringen. DieseRealschulen sind vor allem in Bremen undHamburg zu finden: 71 bzw. 56 Prozentwerden diesem Typ zugeordnet, es folgenHessen mit 36 und Berlin mit 17 Prozent.In allen anderen Bundesländern liegt derAnteil unter 10 Prozent.

Die Analysen belegen eindrucksvoll,dass es vor allem soziale und ethnisch-kulturelle Entmischungsprozesse sind, dieungünstige Lernmilieus entstehen lassen.Für die Bundesrepublik insgesamt kön-nen Baumert et al. zeigen, dass kritischeSchulmilieus vor allem in Einzugsberei-chen entstehen, in denen das Schulsys-tem durch die Einführung weiterer Schul-formen ausdifferenziert wurde. Dies seiinsbesondere dann der Fall, »wenn Vier-gliedrigkeit, beschleunigte Expansion derweiterführenden Schulformen und die re-gionale Konzentration von Migrantenfa-milien zusammentreffen« (S. 171).

Nun sind in Hamburg auch etliche Ge-samtschulen als »Schulen in schwieri-gem Milieu« einzustufen, worauf Bau-mert et al. nicht gesondert eingehen. Vordiesem Hintergrund bleibt es eine span-nende Frage, inwieweit die Schlussfol-gerungen, die die Autoren ziehen, auchauf Metropolen anzuwenden sind. Literaturhinweis: Jürgen Baumert, PetraStanat, Rainer Watermann: Schulstruk-tur und die Entstehung differenziellerLern- und Entwicklungsmilieus. In: Dies.(Hg.): Herkunftsbedingte Disparitäten imBildungswesen. Vertiefende Analysen imRahmen von PISA 2000. Wiesbaden (Ver-lag für Sozialwissenschaften) 2006, S. 95- 188.

Ulrich Vieluf, LI

Hamburg macht Schule 1|2007

Schulforschung

30

Schulen in schwieriger Lage

Abb. 2: Kompositionsprofile von Hauptschulen

Abb. 1: Hauptschulen nach Land und Kompositionsprofil

Land schw

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Mili

eu

güns

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sM

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Mod

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Bremen 96% 4% 0%

Hamburg 69% 0% 31%

Berlin 60% 0% 40%

Hessen 52% 4% 44%

Nordrhein-Westfalen 44% 8% 48%

Schleswig-Holstein 16% 0% 84%

Rheinland-Pfalz 9% 39% 52%

Baden-Württemberg 5% 62% 33%

Niedersachsen 4% 8% 88%

Bayern 0% 68% 32%

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schwieriges Milieu (16%) 39 38% 48% 30% 52% 39% 38 348

günstiges Milieu (38%) 43 11% 13% 9% 26% 33% 44 439

Modalform (45%) 42 20% 26% 18% 47% 35% 42 397

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Deutscher Hauptschulpreis 2007

Drei Hamburger Schulen ausgezeichnetDie offene Ganztagsschule Veermoor(Hamburg-Lurup) hat Ende März denersten Preis des Hamburger Landes-wettbewerbs im Deutschen Haupt-schulpreis 2007 erhalten. Für ihre Ar-beit wurden im Rathaus außerdem dieKatholische Bonifatiusschule Wilhelms-burg und die Kooperative Produktions-schule Altona geehrt.

Bildungssenatorin Alexandra Din-ges-Dierig würdigte in ihrer Lauda-tio das »ausgezeichnete Spitzenen-gagement« der Schulen und verliehgemeinsam mit Vertretern der Her-tie-, der Robert Bosch-Stiftung sowieder Bundesvereinigung der Deut-schen Arbeitgeberverbände (BDA) diePreise.

Mit dem ersten Platz sind 5.000 EURverbunden, der zweite Preisträger erhält3.500 EUR und die dritte Siegerschulegewinnt 2.000 EUR. Die erstplatziertenLandessieger haben eine Chance auf ei-nen der drei Bundespreise, die im Maivon Bundespräsident Horst Köhler ver-liehen werden.

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302 Preisträgerinnen und Preisträgermit ihren Eltern und Lehrern haben am28. März den Großen Hörsaal der Tech-nischen Universität Hamburg-Harburgbis auf den letzten Platz gefüllt: NachAbschluss der Hamburger Landesrun-de zur 46. Mathematik-Olympiade 2007wurden unter anderem die Landessie-gerinnen und Landessieger in den Jahr-gangsstufen 3 bis 13 von der Behördefür Bildung und Sport ausgezeichnet.

An den ersten beiden Stufen des Wett-bewerbs, der von der Technischen Uni-versität Hamburg-Harburg und dem

Verein Deutscher Ingenieure unterstütztwird, haben im laufenden Schuljahrüber 9000 Schülerinnen und Schüler al-ler Schulformen teilgenommen. Damitentwickelte sich die Mathematik-Olym-piade zum größten Schulwettbewerb inHamburg. 678 Schülerinnen und Schü-ler haben an der 3. Stufe des Wettbe-werbs, der Hamburger Landesrunde,teilgenommen. Besonders die Jüngerenaus den Klassenstufen 3 bis 6 waren ingroßer Zahl vertreten. Der Anteil derMädchen stieg erstmals auf rund 40 Pro-zent. Repräsentanten der Behörde für

Bildung und Sport haben die Siegerin-nen und Sieger geehrt.

Die Landessiegerinnen und Landes-sieger ab Klasse 8 nehmen an derBundesrunde des Wettbewerbs teil, dievom 6. bis 9. Mai 2007 in Karlsruhe aus-getragen wird. Dort treffen die Ham-burger Mathe-Cracks auf die Landes-siegerinnen und Landessieger aus den15 anderen Bundesländern.

Weitere Informationen:www.bbs.hamburg.de

luc

Riesenerfolg für Schüler der Beruf-lichen Schule Recycling- und Umwelt-technik, der Gewerbeschule 8: Für ihrProjekt »Solidarität macht Schule« ha-ben neun Schüler aus Hammerbrookden Zweiten Preis des »BMW GroupAward für Interkulturelles Lernen« –

und somit ein Preisgeld von 5000 Euro– bekommen.

Darüber berichtete auch das Ham-burger Abendblatt. Thema des Wettbe-werbs war: »Von gemeinsamer Ver-schiedenheit gelernt«. Die Leitung desProjekts hatte die Pädagogin Dolores Re-

scheleit. Vier Wochen lang lebten undarbeiteten neun Schüler aus Hamburgim westafrikanischen Kannare.

Weitere Informationen:www.gewerbeschule-8.de

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Hamburg macht Schule 1|2007

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32

BBS-Info

Interkultureller BMW Group Award

G 8: Berufsschüler aus Hammerbrook erhalten Preis für Afrika-Projekt

Auftaktveranstaltung: Die BBS-Senatorin lädt ein

»SVS«: Unterrichtsentwicklung in selbstverantworteten Schulen

Treffen der Mathe-Cracks

Siegerehrung 2007 in der TU Hamburg-Harburg: Über 300 Preisträger bei der 46. Mathematik-Olympiade

Prof. Jürgen Oelkers von der UniversitätZürich referiert am 22. Mai – im Rahmender Veranstaltungsreihe »SVS auf demWeg« – in der Bucerius Law School. The-ma: »Unterrichtsentwicklung in selbst-verantworteten Schulen – Rahmenbe-dingungen und Voraussetzungen«.

Nach dem Referat werden zwei Podi-umsdiskussionen stattfinden. Hier heißendie Themen: »Gemeinsame Steuerungs-prozesse für eine neue Schulkultur« und»Veränderte Kooperationsformen inSelbstverantworteter Schule«. Zu dieserVeranstaltung, die um 17.00 Uhr in der

Jungiusstraße 6, 20355 Hamburg beginnt,hat die Senatorin für Bildung und Sport,Alexandra Dinges-Dierig, in einem Schrei-ben an die Schulen eingeladen.

Weitere Infos: www.svs.hamburg.deMSz

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Neu erschienen im Jugendinforma-tionszentrum (JIZ) und in der Lan-deszentrale für politische Bildung(LZ) ist »Andi – Der Comic für Demo-kratie und gegen Extremismus«. Erbietet Kindern und Jugendlichen dieMöglichkeit, sich mit dem ThemaRechtsextremismus auseinander zusetzen. Daneben gibt es einige neueAngebote der Landeszentrale.

Ein ausführlicher Anhang erklärtrechtsextremistische Zeichen und Sym-bole und bietet nützliche Hintergrund-informationen und Kontaktadressen.

Klassensätze können im JIZ unter [email protected] unter Angabedes Schul-Leitzeichens angefordert wer-den. Der Comic ist unter www.jiz.de/pdf/andi.pdf auch als Download verfügbar.

Chatten ohne Risiko?

Im JIZ ist auch der überarbeitete undaktualisierte Ratgeber »Chatten ohne Ri-siko?« erhältlich, der neben umfassen-den Hintergrundinfos zum Thema Chatund einer rechtliche Bewertung vonÜbergriffen im Chat auch Sicherheits-hinweise enthält und für Lehrkräfte so-wie die Gestaltung von Elternabendenüberaus hilfreich ist.

Zum Thema Chat sind ferner zweiFaltblätter erhältlich, die sich jeweiligan Kinder und Jugendliche selbst bzw.an Eltern und Pädagogen wenden.

Broschüre und Faltblätter stehen un-ter www.jugendschutz.net auch als pdf-Datei zum Download bereit.

Neu: Plakate »Was ist los in...«

Die doppelseitigen und in der Beschrei-bung mehrsprachigen Plakate geben ei-nen umfänglichen Überblick über dieFreizeiteinrichtungen für Kinder und Ju-gendliche in den verschiedenen Ham-burger Bezirken und das jeweilige An-gebotsspektrum der Häuser. Die pdf-Da-tei ist unter www.hamburg.de/jiz abruf-bar.

Online und preisgekrönt: DerHamburger Jugendserver

Der grundlegend überarbeitete, aktu-alisierte und um neue Serviceangeboteergänzte Jugendserver des JIZ ist un-ter www.jugendserver-hamburg.de wie-der im Netz.

Der Hamburger Jugendserver bietetnicht nur jungen Menschen, sondernauch Lehrkräften vielfältige Informatio-nen zu Themen wie zum Beispiel Aus-

bildung, Arbeit und Beruf, Schule, Stu-dium und Weiterbildung, Wohnen, Ge-sundheit, Auslandsaufenthalte, Sportund Kultur und Vieles mehr … Nebeneiner Adress-Datenbank finden sich indem Portal aktuelle News und Veran-staltungshinweise sowie Link-Tipps,eine Pinnwand und eine Auflistung derim Infoladen erhältlichen Publikationen.

Landeszentrale für politische Bildung,Infoladen: Altstädter Str. 11, Öffnungs-zeiten: Mo bis Do 13.30 Uhr bis 18 Uhr,Fr 13.30 bis 16.30 Uhr.

Frauke Wiegmann

Das wichtigste bildungspolitische The-ma in Hamburg ist die Schulentwick-lung. Erfolgreiche Schulentwicklungkann nur gelingen, wenn sie von allenan Schule Beteiligten gemeinsam ge-tragen wird. Dazu müssen Eltern überwichtige Veränderungen möglichstausführlich informiert sein. Deshalbstartet die Behörde für Bildung undSport (BBS) mit einem neuen Informa-tionsangebot für Eltern rund um dasThema Schulentwicklung in Hamburg.Der monatlich erscheinende »BBS-Newsletter« wurde um die Rubrik »In-formationen für Eltern« erweitert undkann ab sofort von allen an Schulent-wicklung in Hamburg Interessierten un-

ter www.bbs-newsletter.hamburg.deabonniert werden.

Die aktuelle Rubrik der Elterninfor-mationen berichtet über (1.) die neueRichtlinie für schriftliche Lernerfolgs-kontrollen (ersetzt die alte Richtlinie fürKlassenarbeiten), (2.) die Verbesserungder finanziellen Förderung des Schul-besuchs im Ausland, (3.) den Fortgangder Umstellung auf das achtstufige Gym-nasium, (4.) neue Regelungen zum Dop-peljahrgang der gymnasialen Studien-stufe im Schuljahr 2008/09 und (5.) dasneue Online-Angebot zur Selbstverant-worteten Schule (SvS).

In den vergangenen Wochen wurdendie E-Mail-Adressen der Elternratsvor-

sitzenden an Hamburger Schulen mit ei-nem Rundschreiben abgefragt. Sie er-halten den »BBS-Newsletter« bei Inter-esse nun automatisch. Alle anderen anSchulentwicklung in Hamburg Interes-sierten können den »BBS-Newletter«kostenfrei unter www.bbs-newsletter.hamburg.de bestellen. Der »Newsletter«besteht aus elf unterschiedlichen Ru-briken (Bildungspolitik, Selbstverant-wortete Schule, Elterninformationen …),die einzeln oder komplett abonniert wer-den können.

Weitere Informationen: www.bbs-newsletter.hamburg.de; www.bbs.hamburg.de

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BBS-Info

Neue Angebote aus der Landeszentrale

Andi: Comic gegen Rechtsextremismus

Schulentwicklung in Hamburg

Neues Informationsangebot für Eltern per Mail

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Seit den Kongressen »Lernort Kino«(2003) und »Vision Kino. Film – Bildung– Kompetenz« (2006) ist die Forderung,Filmkompetenz in den Schulen zu imple-mentieren, wichtiger geworden. Leh-rerfortbildungen für Filmkanon, Filma-nalyse und Filmgestaltung sind für 2007vorgesehen.

LERNORT FILM, eine von Dirk und EvaFritsch 2004 gegründete Initiative zur Ver-mittlung der Filmbildung an Lehrer undSchüler, will hier für die Schulen unter-stützend wirken. Wir bieten für 2007 wie-der für Schulen anerkannte Filmfortbil-dungen an, die Lehrer sich für ihr Fortbil-dungskontingent anrechnen lassen können.

Die Fortbildungsveranstaltungen sindgedacht als Einstieg in die Arbeitsweise mitFilmen im Unterricht. Es sollen einführendder Filmkanon, die Grundkoordinaten au-diovisueller Kommunikation und hier be-sonders die Basiselemente des MediumsFilm erläutert und auf ihre Nutzung fürunterrichtliches Geschehen hin befragtwerden.

Der Umgang mit Film im schulischen Zu-sammenhang ist von unterschiedlichenZielvorstellungen, Absichten und Praxenbestimmt. Die Orientierung findet dabeimeistens an »filmfremden« und rein tech-nischen Feldern statt. Film dient immernoch zum größten Teil der unterrichtlichenInhaltsvermittlung. Im Vergleich zur Lite-ratur muss Film sich als kulturwürdig er-weisen und die Herstellungsverfahren vonSchülerfilmen finden häufig in Anlehnungan die Spielfilmproduktion und dem Fern-sehen statt.

Wir haben uns mit der Frage ausein-andergesetzt, wie eine Filmpraxis in derSchule geschaffen werden könnte, die ei-nen komplexeren Umgang mit Film anvi-siert und das Medium Film selber stärkerthematisiert, in seiner Wahrnehmung, sei-nen unterschiedlichen ästhetischen For-men, seiner Abbildungsstrategien und inseiner Historizität. Diesen Fragen soll un-ter anderem nachgegangen werden.

Im Wesentlichen geht es in den Fortbil-dungsveranstaltungen um eine Klärungdes Begriffes »Filmkompetenz«. Es sollenMöglichkeiten vorgestellt werden, wie manmit ausgewählten Filmen und/oder Film-ausschnitten Motivation zum Film- undTextverstehen, zur Produktion, Rechercheund Filmgestaltung zu inszenieren vermagund zum anderen, wie man mit einem Filmeher im Bereich der Rezeption interpre-tierend arbeiten kann.

Eva und Dirk Fritsch

Am 17. Mai 2006 standen 70 Schülerder Gesamtschule Allermöhe gemein-sam mit Elevinnen und Eleven der Bal-lettschule des Hamburg Balletts aufder Bühne und präsentierten das Er-gebnis von acht Monaten intensiverProben: die von John Neumeier chore-ographierte Ballettcollage von Romeound Julia. 1.600 begeisterte Zuschau-er in der Hamburger Staatsoper feier-ten das Stück und seine Tänzer.

Die Aufführung war der Höhepunkteines Projekts, das für Tanzpädagogen,Lehrer, Schüler und Organisatoren eineerfolgreiche Herausforderung darstell-te. Die Schüler haben durch Focus onYOUth neue Musik und Bewegungenkennengelernt und Tanz als Kunstformentdeckt. Sie haben gelernt, sich dar-stellerisch auszudrücken und an ihrerDisziplin und ihrem Durchhaltevermö-gen gearbeitet.

»Step by Step«

Nach dem Erfolg von Focus on YOUthsoll nun weiter getanzt werden. Die Bür-gerStiftung Hamburg startet mit »Stepby Step« ein Folgeprojekt, das breiterund langfristiger angelegt ist und nach-haltiger wirken soll. Mehr Schulen sol-len involviert und damit mehr Tanzbe-geisterte gewonnen werden. Ziel desProjektes ist es, die künstlerischen undintegrativen Qualitäten und Potenzialedes Mediums Tanz für die kulturelle Bil-dung an Schulen – insbesondere in Stadt-teilen mit Entwicklungsbedarf – zu er-schließen und für die Persönlichkeits-entwicklung der Schüler zu nutzen.

In Kooperation mit Stadtkultur Ham-burg e.V. und mit Unterstützung der Has-pa Hamburg Stiftung hat am 19. März2007 die Pilotphase begonnen; sie dau-ert bis zu den Sommerferien. Zehn 5. und

6. Klassen von Haupt-, Real- und Ge-samtschulen nehmen teil. Beteiligt sinddie Schule Hermannstal und die Ge-samtschulen Kirchdorf, Mümmel-mannsberg, Allermöhe und Horn. Tanz-pädagogen mit verschiedenen Ansätzenund Tanzstilen arbeiten zwei Stundenwöchentlich, nach Möglichkeit in der Re-gelschulzeit, mit den Schülern. Dabeiwerden die Schüler von Fach- oder Klas-senlehrern begleitet und unterstützt. Zieldes Projekts ist auch hier eine öffentli-che Aufführung.

Heike LükenWeitere Informationen: BürgerStiftung

Hamburg, Projektkoordination »step bystep«, c/o STADTKULTUR HAMBURG

Neuer Kamp 25, 20359 HamburgTel: 0 40 / 43 29 00-90 Fax: -92

[email protected]

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BBS-Info

»Step by Step« – Tanzprojekte mit fünf Hamburger Schulen und ihren Schülern

Professionelle Tänzer und Tanzpädagogen

Fortbildungsangebote

Filmbildung: 2007

Weitere Informationen: www.lag-hh.bjf.info; näch-ste Info-Veranstaltungen: 1. und 2. Oktober 2007:Lehrerfortbildung mit LERNORT FILM im Rahmendes Hamburger Filmfestes, jeweils 14.00 bis 18.00Uhr, Eva und Dirk Fritsch; Anmeldung: Tel. 47 0121; Tickets sind beim Filmfest Hamburg zu er-werben.

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Am 26. April 2007 verliehen die UVNord – Vereinigung der Unterneh-mensverbände in Hamburg und Schles-wig-Holstein e. V. – und die BQM – Be-ratungs- und Koordinierungsstelle zurberuflichen Qualifizierung von jungenMigrantinnen und Migranten – bereitszum dritten Mal den Förderpreis »Viel-falt in Ausbildung«. Fast schon tradi-tionell verbindet die UVNord diesePreisverleihung mit einer Fachtagungin der Hamburger City Nord.

Die Fachtagung fand statt von 10:00bis 16:30 Uhr – im Kapstadtring 10,Haus der Wirtschaft, 22297 Hamburg.Die Highlights waren:• Impulsreferat von Hamburgs Erstem

Bürgermeister Ole von Beust zur be-ruflichen Integration von Jugend-lichen mit Migrationshintergrund.

• Podiumsdiskussion mit hochrangigenVertretern aus Politik, Wirtschaft undBildung.

• Verleihung des Förderpreises »Viel-falt in Ausbildung 2007« an enga-gierte Unternehmen in der beruf-lichen Integration von jungen Mi-grantinnen und Migranten.

• Vielfältiges Workshopangebot mitExpertinnen und Experten aus demIn- und Ausland.

Für die Fachtagung hatten neben Bür-germeister Ole von Beust unter ande-rem zugesagt: • Manfred Kremer – Präsident des

BIBB Bundesinstitut für Berufsbil-dung

• Margret Suckale – Personalvorstandder Deutschen Bahn AG

• Dr. Claus Kemmet – Hauptgeschäfts-führer der UVNord e. V.

• Dr. Volker Bonorden – Leiter des Per-sonalamtes der FHH

• Dr. Nora Räthzel – Dept. of Sociolo-gy, University of Umea, Sweden.

Tagungsprogramm und -informationenerhalten Sie unter http://www.bqm-hamburg.de/termine/fachveranstaltungen.htm

Weitere Informationen:• BQM – Beratungs- und Koordinie-

rungsstelle zur beruflichen Qualifi-zierung von jungen Migrantinnenund Migranten; Tel.: 0 40/63 78 55-40; [email protected]

• KWB Koordinierungsstelle Weiter-bildung und Beschäftigung e. V.Kapstadtring 10, 22297 Hamburg,Tel.: 0 40-63 78 55-00Fax: 0 40-63 78 [email protected]

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Für Schülerinnen und Schüler in fünfdeutschen Städten heißt es seit März2007 »Augen auf und informieren«: InHamburg, Erfurt, Frankfurt (Oder),Frankfurt (am Main) und Köln bringtdas neue Programm Studienkompassfrischen Wind in Richtung Studien-wahl. Ziel des Programms ist es, Schü-lerinnen und Schüler, die sich drei Jah-re vor dem Abitur befinden, eine professionelle Orientierungshilfe zu bieten.

Zwischen März und April erfahreninteressierte Schülerinnen und Schü-ler auf Informationsabenden vor Ort,wie der Studienkompass ihnen bei derWahl eines passenden Studienfachshelfen kann. Zusätzlich können sie ei-nen Hauch Studienluft schnuppern:Studierende verschiedener Fachrich-tungen berichten live vom Leben ander Uni und stehen für Informationenaus erster Hand zur Verfügung.

Schülerinnen und Schüler von Gesamt-schulen, Gymnasien und Realschulen sindherzlich eingeladen – auch ohne Voran-meldung – die Informationsabende zu be-suchen. Dies gilt auch für interessierte El-tern, Erziehungsberechtigte sowie Lehre-rinnen und Lehrer aus der Region.

Ein erster Studienkompass-Informa-tionsabend fand am 26. März 2007 imEmil-Krause-Gymnasium statt.

Die Initiatoren des Studienkompass,die Stiftung der Deutschen Wirtschaft(sdw), die Accenture-Stiftung und dieDeutsche Bank Stiftung, haben sich dasZiel gesetzt, mehr Schülerinnen undSchüler zur Aufnahme eines Studiums zumotivieren. Das Programm richtet sichdaher an Schülerinnen und Schüler, diesich noch unsicher sind, ob ein Studiumfür sie der richtige Ausbildungsweg ist.Angesprochen werden besonders dieje-nigen, die aus sozialen, wirtschaftlichenoder traditionell-familiären Gründen

ohne einen Impuls von außen kein Stu-dium aufnehmen würden.

Weitere Informationen sowie Material(Flyer, Plakate) zum Studienkompass er-halten interessierte Schulen unentgeltlich.

Kontakt: Studienkompass Stiftung derDeutschen Wirtschaft sdw im Haus derDeutschen Wirtschaft, Breite Straße 29,10178 Berlin, Tel.: 0 30/27 89 06-30,Fax: 0 30/27 89 06-33, E-Mail: [email protected]. Unter www.studien-kompass.de können Interessierte seitdem 1. März 2007 alle wichtigen Infor-mationen zum Programm einsehen.

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BBS-Info

Fachtagung und Förderpreisverleihung mit Ole von Beust

Berufliche Integration von Jugendlichen mitMigrationshintergrund

»Welches Fach sollte ich studieren?«

Der Studienkompass: Ein Lotse in Richtung Studium

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BBS-Info

Zum zweiten Mal wird am 9. Juni inHamburg die »Nacht des Wissens«stattfinden. Wieder werden HamburgsHochschulen und Forschungseinrich-tungen ihre Türen öffnen und mit ei-nem vielfältigen Programm aus Vor-trägen und Experimenten, Ausstellun-gen und Konzerten Forschung zum An-fassen und Mitmachen präsentieren.

Auch die zweite »Nacht des Wissens«wird durch die Nordmetall-Stiftung ge-fördert, deren besonderes Anliegen derDialog zwischen Wissenschaft und Öf-fentlichkeit ist. Von 17 bis 1 Uhr könnenBesucher bei mehr als 40 teilnehmen-den Einrichtungen die Geheimnisse vonNanowelt und Ernährungswissenschafterkunden, den Zusammenhang von Ge-hirn und Geist erkennen oder heraus-finden, ob Google klug genug ist für diewissenschaftliche Informationsrecher-che. Sie können erfahren, wie sich dasKlima entwickelt oder wie gefährlichSeuchen sind, sich auf Zeitreisen in Zu-kunft und Vergangenheit begeben undetwas über Laserblitze oder die Tiefsee

des Südpolarmeeres lernen. Sei es Chi-nas wachsender Hunger nach Energie,die Stammzellenforschung oder Gewaltin Computerspielen – Hamburgs Wis-senschaft ist vorn dabei, wenn es darumgeht, die spannenden Fragen des 21.Jahrhunderts aufzugreifen.

Auch das Spektrum der beteiligten In-stitutionen ist beeindruckend. NebenHamburgs 16 Hochschulen sind Einrich-tungen dabei wie das Bernhard-Nocht-Institut für Tropenmedizin, das DeutscheElektronen-Synchrotron (DESY), derDeutsche Wetterdienst, das Leibniz-In-stitut für Globale und Regionale Studien(GIGA), das Hamburger Institut für Sozi-alforschung, die Hamburg Media School,das Multimediakontor Hamburg, dieStaats- und Universitätsbibliothek, dasForschungsinstitut Kinderkrebszentrum,das Zentrum für Marine und Atmosphä-rische Wissenschaften (ZMAW), die Hoch-bahn und der Flughafen Hamburg, NDRund TIDE – um nur einige zu nennen.

Hamburg ist eine internationale Wis-sensmetropole. Viele Tausend auslän-

dische Studierende und Wissenschaft-ler lernen, forschen und lehren in die-ser Stadt. Die »Nacht des Wissens« bie-tet die Möglichkeit, ausländische Wis-senschaftlerinnen und Wissenschaftlerin ihrem Hamburger Arbeitsumfeld zuerleben und gleichzeitig etwas über dieweltweiten Forschungsnetzwerke inHamburg zu erfahren. Zugleich ist dieWissensmetropole Hamburg auch mitder Region verbunden: Hochschulenund wissenschaftliche Einrichtungenaus der Metropolregion werden in der»Nacht des Wissens« als Gäste vonHamburger Institutionen vor Ort ihreForschungsaktivitäten präsentieren.Dies gibt Besucherinnen und Besucherndie Gelegenheit, auf kurzem Wege ken-nen zu lernen, was zum Beispiel in Lü-neburg und Wedel, Lübeck und York er-forscht wird.

Zahlreiche Veranstaltungen, Aktionenund Vorführungen sind besonders fürjunge Leute interessant. Sei es das Kli-maspiel, in dem die Teilnehmer nur ge-winnen können, wenn sie mit ihrer Stra-tegie die Erde nicht nebenbei durch CO2-Emissionen zu stark aufheizen, das Mo-torenquiz, die Vorführungen zur Fahr-zeugsicherheit auf der Crashbahn undim Simulator oder auch der Workshop,der in einer Mitmach-Aktion vom Baum-stamm zur Stradivari das Werden einerGeige verfolgt. Und auch die Kleinenkommen bei der »Nacht des Wissens«nicht zu kurz: Kinder können ihre eige-nen »Wetterballons« steigen lassen, sichin einer Mini-Disco vergnügen und invielen Mitmach-Aktionen erste Erfah-rungen mit der Welt der Wissenschaftsammeln. Übrigens: Für Kinder und Ju-gendliche unter 16 Jahren ist der Ein-tritt frei; für Schulklassen gibt es ver-günstigte »Oberstufentickets«.

Weitere Informationen:www.nachtdeswissens.de

Beate Reszat

Am 9. Juni zum zweiten Mal

»Nacht des Wissens« in Hamburg: Wissen-schaft zum Anfassen und Mitmachen

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Interview zum Schulsanitätsdienst (SSD)

»Die meisten Unfälle passierenin den Pausen …«Die Aktivitäten von Schulsanitäternreichen vom tröstenden Zuspruch fürdas Unfallopfer über das Kühlen einerBeule bis hin zur Erstversorgung vonSchnittverletzungen, Platzwunden undKnochenbrüchen. Das folgende Inter-view beleuchtet die Arbeit des Schul-sanitätsdienstes (SSD) am Hansa-Gym-nasium in Bergedorf, der vor etwa vierJahren gegründet wurde und dessenArbeit an der Schule allgemein sehrgeschätzt wird.

7. April 2006: Sebastian, Christian,Alexander, Swanje, Jasmin – Schüle-rinnen und Schüler der Jahrgänge 10,11 und 12 des Hansa-Gymnasiums – so-wie Achim Firges – Sportlehrer, der dieArbeit des SSD unterstützt – sind zu ei-nem Interview mit Hamburg machtSchule gekommen.HmS: »Wie arbeitet der SSD bei euch amHansa-Gymnasium?«Alexander: »Am Hansa-Gymnasium ar-beiten Schülerinnen und Schüler deroberen Jahrgänge, so ab Klasse 10, dieetwa einmal im Monat Dienst haben undan diesem Tag für Erste-Hilfe-Leistun-gen zur Verfügung stehen, beim Schul-sanitätsdienst mit. Es sind immer min-destens zwei Schülerinnen und Schülereingeteilt, die an einem Tag für Erste-Hilfe-Leistungen in Bereitschaft stehen,sie nehmen ganz normal am Unterrichtteil. Zu Dienstbeginn, also vor der er-sten Stunde, holen sie sich Walkie-Tal-kies aus dem Sekretariat und nehmendiese mit in den Unterricht. Bei einemUnfall werden sie über das Sekretariatalarmiert, verlassen den Unterricht, in-formieren sich im Sekretariat über dieSituation und holen die bereitgestelltenTaschen mit dem Erste-Hilfe-Materialab, bevor sie sich zur Unfallstelle bege-ben.«

Kai, der schon seit der Gründung desSSD dabei ist, ergänzt: »So oft kommtes gar nicht vor, dass wir direkt aus demUnterricht heraus gerufen werden. Diemeisten Unfälle passieren in den Pau-

sen … Zum Beispiel: Ein Sechstklässlerist hingefallen und hat sich eine Platz-wunde am Kopf zugezogen. Viele Ver-letzungen entstehen auch beim Ball-spielen.«

Sebastian: »Und wenn es Bagatellfäl-le sind, werden wir häufig gar nicht an-gefordert, solche Fälle löst die Schulse-kretärin, Frau Dahl, selbst.« »Wir sindaber nicht nur im normalen Schulbe-trieb aktiv, sondern auch bei schulischenVeranstaltungen wie zum Beispiel denBundesjugendspielen, Sommerfestenetc.«, ergänzt Sebastian.HmS: »Wie kann ein Einsatz zum Bei-spiel aussehen?« Alexander: »Ich wurde mal zu jeman-dem gerufen, der seinen Atem nichtmehr unter Kontrolle hatte und regel-recht in Panik geraten war. Da war zu-erst die psychologische Hilfe wichtig.Der Schüler muss sich beruhigen, unddas Wichtige dabei ist, dass er das Ge-fühl hat, mir stehen Leute zur Seite, de-nen ich vertrauen kann.«

Jasmin: »Die emotionale Unterstüt-zung ist bei Unglücksfällen eine ent-scheidende Hilfe, das weiß ich aus ei-gener Erfahrung.«

Sebastian: »Der Sani muss natürlichschnell versuchen, die Situation realis-tisch einzuschätzen: Ist es notwendig,einen Rettungswagen zu rufen, oderkönnen wir das Problem aus eigenerKraft lösen? Im Zweifelsfall entschei-den wir uns immer für den Rettungs-wagen.«

Swanje: »Als Schulsani übernimmtman schon eine ziemliche Verantwor-tung, das für mich Wichtigste im Ernst-fall ist das gründliche Nachdenken.«HmS: »Wie werden Schulsanitäter aufihre Aufgabe vorbereitet?« Achim Firges: »Am Anfang steht eineGrundausbildung, bei der der soge-nannte »Große Erste-Hilfe-Schein« er-worben wird. Damit die Kenntnisse aufaktuellem Niveau gehalten werden,nehmen die Schulsanis in Intervallen

zwischen einem halben und einem Jahran Fortbildungen teil, die von Trainernder Johanniter-Unfall-Hilfe (JUH)durchgeführt werden. Meine Aufgabeist es, die Verbindung sowohl zur JUHals auch zum Lehrerkollegium zu hal-ten, in erster Linie fungiere ich jedochals Ansprechpartner für die Gruppe.«

Für das Interview verantwortlich:Gudrun Liebherz

Weitere Informationen über Schulsani-tätsdienste in Hamburg, die es bereitsan vielen Hamburger Schulen gibt undin denen Schülerinnen und Schüler abJahrgang 7 mitarbeiten, erhalten Sie beider Landesunfallkasse Hamburg,Sigrid Jacob,E-Mail: [email protected] über die Internet-Adresse: www.luk-hamburg.de

Abb. 1: Versorgen kleiner Wunden

Abb. 2: Prüfung der Vitalfunktionen

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BBS-Info

Am 19. Dezember 2006 hat der Senatdas Handlungskonzept zur Integrationvon Zuwanderern beschlossen. Feder-führend für die Entwicklung und Um-setzung des Konzepts ist die Behörde fürSoziales, Familie, Gesundheit und Ver-braucherschutz (BSG). Peter Daschnerhat Senatsdirektorin Maria Maderyc,Leiterin des Amtes für Soziales und In-tegration der BSG, für HmS zur Umset-zung des Konzepts befragt.

HmS: Was verbirgt sich hinter dem»Handlungskonzept zur Integration vonZuwanderern«?

Maria Maderyc: Mit dem Handlungs-konzept verfügt Hamburg zum ersten Malüber eine klare Definition von Leitbildernund Zielen der Integrationspolitik, aus de-nen Handlungsansätze und Maßnahmenabgeleitet werden. Das Handlungskon-zept umfasst die fünf wichtigen Hand-lungsfelder »Sprache, Bildung und Aus-bildung«, »Berufliche Integration«, »So-ziale Integration«, »Zusammenleben inder Stadt« und »Zuwanderungsfreundli-ches Hamburg« mit insgesamt zwanzigThemen. Ergänzt wird das Konzept durcheine Zusammenstellung von statistischenDaten zur Bevölkerung mit Migrations-hintergrund und eine Auflistung wesent-licher bereits vorhandener Integrations-maßnahmen.

HmS: Nun sind bisherige Versuche, inHamburg ein einheitliches Integrations-konzept zu erstellen, daran gescheitert,dass die beteiligten Akteure sich nichtüber ein gemeinsames Vorgehen einigwerden konnten. Was haben Sie andersgemacht?

Maria Maderyc: Uns war es von vorn-herein wichtig, alle Senatsämter, Fach-behörden und Bezirksämter, aber auchden Integrationsbeirat sowie an der Inte-gration beteiligte Institutionen und Ver-bände in die Entwicklung des Hand-lungskonzepts einzubeziehen. Deshalbhaben wir zum Beispiel im letzten Som-mer den Hamburger Integrationskon-gress durchgeführt. Viele wertvolle An-

regungen sind dabei entstanden und indas Konzept eingeflossen. Hierüber ha-ben wir alle Beteiligten informiert, mit ih-nen den Konzeptentwurf diskutiert undvor der endgültigen Beschlussfassung desSenats im Dezember die Möglichkeit ge-geben, Veränderungen des Konzepts vor-zuschlagen. Unser transparentes Vorge-hen und die breite Beteiligung haben sichbewährt und maßgeblich zum Gelingendes Konzepts beigetragen.

HmS: Wie wird sich die Umsetzung desKonzepts konkret gestalten?

Maria Maderyc: Die Umsetzung desKonzepts hat bereits im Januar begon-nen. Dabei haben sich alle Senatsämter,Fachbehörden und Bezirksämter auf eingemeinsames und einheitliches Vorgehenverständigt. Zu den ersten Umsetzungs-schritten gehören auf regionaler Ebenedie Weiterentwicklung der Integrations-zentren und Planungen zur besseren Ver-netzung der Integrationsangebote. Außer-dem werden die notwendigen Kosten fürdie Umsetzung sämtlicher Handlungsan-sätze geschätzt und deren Finanzierunggeprüft. Gleichzeitig werden die zahlrei-chen laufenden Maßnahmen zur Inte-grationsförderung mit Blick auf die Ziel-setzungen des Konzepts kritisch durch-leuchtet, um den fachlichen und finan-ziellen Umsteuerungsbedarf festzustellenund abzustimmen. Bereits jetzt wendetHamburg jährlich mehr als 50 Mio. Eurofür die Integrationsförderung auf. In denRuf nach mehr Haushaltsmitteln für In-tegrationsförderung kann ich deswegennicht einstimmen.

Die Umsetzung des Konzepts wird ver-bindlich geregelt. Hierzu werden zwischenden beteiligten Behörden und der Senats-kanzlei Ziel- und Leistungsvereinbarun-gen mit »Meilensteinen« und Terminset-zungen geschlossen, dort wo es sinnvollerscheint, auch unter Bildung von Kenn-zahlen. Im Rahmen eines Controlling wirddann überprüft, wie die Maßnahmen um-gesetzt werden und wo ggf. nachgesteu-ert werden muss. Daneben wird eine Len-kungsgruppe den Stand der Umsetzung

fortlaufend kontrollieren. Schließlich wer-den wir den Dialog mit den an der Inte-gration beteiligten Institutionen und Ver-bänden fortsetzen und in Arbeitsgruppendes Integrationsbeirats die Umsetzungs-schritte begleiten. Wichtig ist: Das Hand-lungskonzept ist nicht statisch, sondernwird kontinuierlich weiter entwickelt.

HmS: Während des von Ihnen angespro-chenen Integrationskongresses durfte ichdie Arbeitsgruppe leiten, die sich mit denThemen »Sprachförderung, Bildung undAusbildung« beschäftigt hat. Aus der re-gen Diskussion sind viele Anregungen ent-standen und es wurde erneut deutlich,dass gerade diese Themen Schwerpunk-te der Integration sind. Welche Ziele ver-folgt das Handlungskonzept im Bereichder allgemein bildenden Schulen?

Maria Maderyc: Zunächst möchte ichbetonen, dass die Anregungen der Ar-beitsgruppe im Konzept aufgegriffen wur-den. Zu Ihrer Frage: Eine qualifizierteschulische Bildung ist der Schlüssel füreine erfolgreiche Ausbildung und den Zu-gang zum Arbeitsmarkt. Wir haben inHamburg die Situation, dass der Anteilvon Schülern mit ausländischem Pass ins-gesamt bei 17 Prozent liegt, an Haupt-schulen jedoch mit 31 Prozent über-durchschnittlich und an Gymnasien mit11 Prozent unterdurchschnittlich ist.Außerdem ist der Anteil der Schulabgän-ger ohne Abschluss bei diesen Schülernmit fast 20 Prozent doppelt so hoch wiebei deutschen Schülern.

Deshalb sollen die Sprachkompetenzenverbessert, der Anteil der Schüler mit Mi-grationshintergrund ohne Schulabschlussgesenkt und ihr Anteil an den Abiturien-ten erhöht werden. Die Behörde für Bil-dung und Sport hat bereits eine kontinu-ierliche Sprachförderung mit individuel-len Förderplänen und einer Fülle vonMaßnahmen konzipiert, zum Beispiel dieDurchführung von Sprachstandserhe-bungen, Ermittlung von Lernausgangsla-gen, integrierte Sprachförderung sowieSprachfördergruppen. Eine Evaluationdurch Ihr Institut bietet hier die Gewähr

Interview mit Senatsdirektorin Maria Maderyc

Das Hamburger Integrationskonzept

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BBS-Info

für eine qualitative Weiterentwicklung desRahmenkonzepts zur schulischen Sprach-förderung.

HmS: Jugendliche mit Migrationhinter-grund haben es im Vergleich zu deutschenJugendlichen schwer, einen Ausbildungs-platz zu finden. Was wird unternommen,um ihnen den Zugang zum Erwerbslebenzu ermöglichen bzw. zu erleichtern?

Maria Maderyc: Im Handlungskonzeptbezeichnen wir eine erfolgreiche Berufs-ausbildung als »Eintrittskarte« in das Be-rufsleben und Voraussetzung für eine ei-genverantwortliche Lebensführung. Der An-teil ausländischer Jugendlicher im dualenAusbildungssystem lag 2005 bei nur rundsechs Prozent. Auch im öffentlichen Dienstsehen die Zahlen nicht besser aus. Sicher-lich sind mangelnde Sprachkompetenzensowie keine und wenig qualifizierte Schul-abschlüsse oft ursächlich hierfür. Aber esgibt auch andere Gründe: Eine unzurei-chende Information über Ausbildungsmög-lichkeiten und falsche Vorstellungen überdie mögliche Berufswahl stehen auf der ei-nen, die mangelnde Bereitschaft von Be-trieben und Unternehmen, Zuwandererauszubilden, auf der anderen Seite.

Der Senat hat sich zum Ziel gesetzt, denAnteil der Jugendlichen mit Migrations-hintergrund an allen Auszubildenden,auch im öffentlichen Dienst, zu erhöhen.Innerhalb von fünf Jahren soll der Anteilvon jugendlichen Migranten in der Be-amtenausbildung des öffentlichen Dien-stes durch ein Maßnahmenbündel auf 20Prozent gesteigert werden. Mit einem»Aktionsplan zur Integration junger Mi-grantinnen und Migranten« haben sichim April 2006 auf Initiative des ErstenBürgermeisters Unternehmen, die Agen-tur für Arbeit, team.arbeit.hamburg, Han-dels- und Handwerkskammer sowie wei-tere Akteure verpflichtet, dafür Sorge zutragen, innerhalb von zwei Jahren 1.000neue Plätze in Arbeit und Ausbildung zuschaffen. Ein zielgerichtetes Ausbil-dungsmarketing und die Anerkennunginterkultureller Kompetenzen sind nurzwei Stichworte für viele Maßnahmen,mit denen dieses Ziel verfolgt wird.

HmS: Neben großen Konzepten und Plä-nen erscheint mir die konkrete Integra-

tionsförderung »vor Ort« wichtig zu sein,um die Menschen zu erreichen. WelchePläne gibt es diesbezüglich?

Maria Maderyc: Ich stimme Ihnen völ-lig zu. Integration findet vor allem da statt,wo Menschen, Einheimische und Zuwan-derer, sich begegnen und deshalb bildetdie Integrationsförderung in den Bezir-ken einen Schwerpunkt bei der Umset-zung des Konzepts. Dies betrifft konkretdie Nachbarschaft, den Sportverein unddie Schule, um nur einige Beispiele auf-zuführen. Wir kooperieren eng mit denBezirksämtern. Unser Ziel ist, die vor-handene Infrastruktur besser miteinan-der zu vernetzen, um sie noch bedarfs-gerechter zu gestalten. Dies geschieht be-reits zum Beispiel durch die regionalenIntegrationszentren und mit einem flä-chendeckenden Angebot an ergänzenderSprachförderung für Erwachsene. Aberauch Sportvereine und Wohnungsunter-nehmen tragen erfolgreich zu einem gu-ten Miteinander verschiedener Kulturenbei. Viele Projekte leben durch bürger-schaftliches Engagement, beispielsweisedurch Mitarbeit im Sportverein, als Le-selernhelfer in der Schule usw. Dieses En-gagement werden wir weiter fördern. Wirunterstützen dabei nicht nur das Enga-gement für Zuwanderer, sondern auchvon und mit Zuwanderern.

HmS: Wird das ehrenamtliche Potenzialauch Schulen zugute kommen?

Maria Maderyc: Selbstverständlich ver-dienen Schulen eine besondere Beach-tung im Blick auf die ehrenamtliche In-tegrationsförderung im Stadtteil, weil siezentrale Orte der Begegnung sind. InSchulen besteht ein großes Potenzial anMöglichkeiten zur interkulturellen Kom-munikation und Toleranz. Die Organisa-tion von Sportturnieren, die Durchfüh-rung interkultureller Feste, die Einbezie-hung von Eltern zu Gesprächskreisen sindnur Beispiele. Viele Schulen zeigen sichkreativ und erreichen ein hohes Maß anehrenamtlichem Engagement im Eltern-kreis und außerhalb.

HmS: Gerade im Hinblick auf das friedli-che Zusammenleben der Kulturen hat unsdie Fußballweltmeisterschaft gezeigt,dass Sport ein Faktor ist, der Begegnung,

Fairness und Toleranz fördern kann. Wieberücksichtigen Sie diesen wichtigen As-pekt in Ihrem Handlungskonzept?

Maria Maderyc: Gemeinsamer Sportvon Einheimischen und Zuwanderern fin-det in vielen Sportvereinen statt. GeradeKinder und Jugendliche betreiben orga-nisierten Sport. Der Hamburger Sport-bund und die Hamburger Sportjugendleisten einen wertvollen Beitrag zur Inte-grationsförderung. Unser Augenmerkrichtet sich auf diejenigen Kinder und Ju-gendlichen, insbesondere Mädchen, dieaus kulturellen und sozialen Gründennicht an sportlichen Angeboten teilneh-men. Hier gilt es, die Informationslageüber die Struktur des organisierten Sportszu verbessern. Über die Kooperation mitSchulen oder Kinder- und Jugendein-richtungen kann der Einstieg erleichtertwerden.

HmS: Wie werden Sie die Öffentlichkeit indie Umsetzung des Konzepts einbeziehen?

Maria Maderyc: Es ist uns ein wichti-ges Anliegen, die Inhalte des Konzepteszu kommunizieren, um deutlich zu ma-chen, dass wir hier etwas geschaffen ha-ben, was konkrete Auswirkungen auf dieIntegrationsförderung in unserer Stadthaben wird. Die Broschüre des Hand-lungskonzepts steht jedem Interessiertenzur Verfügung. Daneben werden wir überUmsetzungsschritte informieren undinteressante Informationen im Internetauf unserer Plattform www.zuwande-rung.hamburg.de zur Verfügung stellen.

HmS: Vielen Dank für dieses Gespräch!

Hinweis: Die Broschüre des Handlungs-konzepts steht zum Download unterwww.zuwanderung.hamburg.de bereit.Printfassungen sind zu beziehen bei derBehörde für Soziales, Familie, Gesund-heit und Verbraucherschutz, Amt für So-ziales und Integration, SI 517, Postfach760101, 22051 Hamburg

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Vor einem halben Jahr ist das ProjektSchule und Landwirtschaft des Öko-markt e.V. in Hamburg und Umland an-gelaufen: Schüler von der 1. Klasse biszur Oberstufe sowie Kindergärten er-forschen die Entstehung ihrer Le-bensmittel. Auf ökologischen Höfen so-wie an Verarbeitungs- und Vermarkt-ungsorten können sie die gesamteWertschöpfungskette von Bio-Produk-ten erleben. Die Grundlagen nachhal-tiger Lebensmittelerzeugung, das ei-gene Konsumverhalten und eine ge-sunde Ernährung stehen im Mittel-punkt der Veranstaltungen. So wirdzum Beispiel die Verbindung zwischenKartoffel und Pommes Frites oder derArt der Tierhaltung und der Käsequa-lität deutlich. Neben der kognitivenAuseinandersetzung mit dem Themakann es durch den Besuch von außer-schulischen Lernorten und das dorti-ge eigene aktiv werden gelingen, einLernen mit allen Sinnen zu ermög-lichen.

Ziel des Projektes ist es, die Kinder undJugendlichen dazu zu befähigen, als Ver-braucher von morgen zu entscheiden,wie sie durch ihr bewusstes Konsum-verhalten ihre Gesundheit, die natür-lichen Ressourcen und das »faire« Wirt-schaften unterstützen können. Ökoland-bau ist hierbei ein Beispiel, um das Prin-zip der Nachhaltigkeit konkret zu erle-ben. Gelernt wird an authentischen Or-ten: den realen Betrieben des professio-nellen Wirtschaftens.

Es gibt viele verschiedene Beispielefür die Nutzung der Angebote. DieGrundschulklasse informiert sich beimLandwirt über die Besonderheiten desökologischen Getreideanbaus, bevor siebeim Biobäcker kennen lernt, wie die-ser daraus die Brötchen backt. Die art-gerechte Tierhaltung als Thema wirdbeispielsweise von Acht-Klässlern re-cherchiert. Danach gehen sie zum Bio-Fleischer und lernen den Zusammen-hang zu den Bratwürstchen kennen. ImNaturkostladen oder im Bio-Supermarkt

sehen sie sich die Deklaration der Pro-dukte an oder führen Interviews mit denKunden durch.

Speziell für Jugendliche gibt es ein Ver-anstaltungsmodul zum Thema »Berufs-findung«. Im Gegensatz zu vielen ande-ren Branchen ist der Naturkostmarkt einwachsender Bereich, der zunehmendqualifizierte Mitarbeiter benötigt. Aufden größeren Betrieben mit eigenemHofladen, einer Abokisten-Vermarktung,angeschlossener Metzgerei oder Bäcke-rei können die Jugendlichen Informatio-nen zu verschiedenen Berufsfeldern er-halten.

Der Ökomarkt e.V. leistet mit der Be-ratung der Lehrkräfte mit zum Lehrplanpassenden Veranstaltungen und mit demVersand von Unterrichtsmaterialien so-wie dem Verleih von Aktionskisten zumanschaulichen Lernen Unterstützung.Eine Verknüpfung der Exkursionen istmit unterschiedlichen Unterrichtsfä-chern möglich.

Alle angeschlossenen Betriebe sindEG-Biozertifiziert, die Höfe und Gärtne-reien darüber hinaus Bioland oder De-meter Mitglieder. Das Projekt wird ge-fördert im Rahmen des Bundespro-gramms Ökologischer Landbau durchdas Bundesministerium für Ernährung,

Landwirtschaft und Verbraucherschutzsowie durch Mittel der NorddeutschenStiftung für Umwelt und Entwicklung.Anfragen zu Veranstaltungen sind je-derzeit willkommen!

Tanja Neubüser

Weitere Informationen:Ökomarkt e.V. Schule und Landwirt-schaftTel.: 040-432 70 600E-Mail: schule-und-landwirtschaft@oekomarkt-hamburg.dewww.oekomarkt-hamburg.de

Unseren Nahrungsmitteln auf der Spur

Das Projekt Schule und Landwirtschaftdes Ökomarkt e.V. Hamburg

Urproduktionsbetriebe in der Region Hamburg. Die Verarbei-tungs- und Handelsbetriebe sind auf dieser Karte nicht darge-stellt.

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Die bisher größte deutsche Studie zumThema »Lehrergesundheit« zeigt, dass»Pädagogen seelisch stärker belastet sindals Ärzte oder Polizisten« (Die Zeit). DieStudie der Universität Potsdam ist alar-mierend: Der Job des Lehrers ist häufigsehr viel stressiger, als sich das »Otto Nor-malverbraucher«, der seine Brötchenweitab von Schulen verdient, vorzustel-len in der Lage ist. Oft belastet der Leh-rerberuf merklich und nachhaltig sogardie Gesundheit. Das jedenfalls hat derPotsdamer Psychologe Uwe Schaar-schmidt erforscht, der mit seinem Ar-beitsteam für zwei Studien insgesamtrund 20.000 Lehrkräfte befragte.

Uwe Schaarschmidt bemüht sich an derUniversität Potsdam seit einigen Jahren umeine Analyse der Arbeitsbedingungen undGesundheit von Lehrern. Der erste Teil sei-ner »Potsdamer Lehrerstudie« erschien2004. Schon diese Studie zeigt, wie wenigdas oft kolportierte Image vom betulichen»Halbtagsjobber« mit der konkreten Ar-beit von Pädagogen übereinstimmt. In vie-len Fällen diagnostizierte der Psychologie-Professor eine permanente Arbeitsüber-lastung und eine (Selbst-) Überforderung,Motivationsprobleme und erhebliche Kom-petenzlücken. Schaarschmidt kam bereits2004 zu dem Ergebnis, dass es erheblicheRisiken für die psychische und physischeGesundheit von vielen Lehrerinnen undLehrern gibt. Der Wissenschaftler hat ineinem zweiten Arbeitsabschnitt versucht,die bisherigen Ergebnisse zu verifizierenund Erfolg versprechende Lösungsstrate-gien zu erarbeiten. Diese Arbeitsergebnissesind Ende 2006 der Öffentlichkeit präsen-tiert worden. Professor Schaarschmidtunterscheidet vier Muster beruflichen Ver-haltens und Erlebens: 1. Zur ersten Kategorie gehören Lehrkräf-

te, die offenbar für »psychische Ge-sundheit« (Schaarschmidt) stehen. Sieengagieren sich erheblich in ihren Jobs– aber nicht in einem überzogenen Maße.Diese Kollegen sind mit ihrer Arbeit undihrem Leben zufrieden und offenbarendeutliche Widerstandskräfte gegenüberden vielfältigen Alltagsbelastungen.

2. Die zweite Gruppe hat den »Schongang«eingelegt. Die Lehrkräfte bemühen sich,mit möglichst wenig Kraft- und Zeitauf-wand die täglichen Aufgaben zu erledi-gen. Von besonderer Motivation kannnicht die Rede sein.

3. In dieser Kategorie sind Lehrerinnenund Lehrer zu beobachten, die die Ten-denz aufweisen, »sich über alle Maßenzu verausgaben« (Schaarschmidt). DiePädagogen »geben alles und nochmehr« – und merken nicht, dass sie aufDauer ihre psychische und physische Ge-sundheit erheblich gefährden.

4. In diesem Segment haben die Pädago-gen – aus verschiedenen Gründen – denRückzug in die Resignation vollzogen.Diese Gruppe ist ebenfalls gesundheit-lich gefährdet.

Uwe Schaarschmidt und seine Kollegenhaben festgestellt, dass zur ersten Kate-gorie, dem »gesunden Muster«, nur gan-ze 17 Prozent der Beschäftigten zu rech-nen sind. Aber jeweils 30 Prozent gehö-ren, wenn die Potsdamer Studie wirklichvoll zutreffend ist, zu den Kategorien 3 und4. Die Pädagogen, die hier erfasst wurden,zeigen zwar nicht immer voll ausgepräg-te Symptome mit Krankheitswert, doch vonBeeinträchtigungen der psychischen Ge-sundheit ist meist auszugehen. Der Psycho-loge sagt: »Rund zwei Dritteln der Lehrermangelt es also an Widerstandsressour-cen, Ausgeglichenheit und Spaß an der Ar-beit.« Von einem angeblich beneidens-werten Halbtagsjob sei also in der Regelkeineswegs auszugehen. Vielmehr übtenLehrer – was die seelischen Belastungenangeht – einen der anstrengendsten Be-rufe aus. Schaarschmidt gegenüber derZeit: Bei anderen Berufsgruppen, die eben-falls erheblich »psychosozialen Bean-spruchungen ausgesetzt sind, wie Pflege-kräften, Polizisten oder Ärzten, finden wirnicht annähernd so hohe Zahlen von Per-sonen mit Risikomustern«. Dabei sei »dashäufige Vorkommen von Resignation be-sonders bedenklich, denn Lehrer solltendoch ihre Schüler motivieren und mitrei-ßen können«. Das sei aber wohl schwie-rig, wenn viele Pädagogen »ihre verblie-

bene Kraft nur dazu aufwenden, irgend-wie über die Runden zu kommen«.

Bei Lehrerinnen ist die Lage noch kriti-scher als bei den männlichen Kollegen.Schaarschmidt weiß auch den Grund: FürLehrerinnen sei »ein gutes Verhältnis zuSchülern und Eltern besonders wichtig«.Die »soziale Sensibilität« sei die Stärke derweiblichen Kollegen, »macht sie abergleichzeitig verletzlicher für Beziehungs-störungen, von denen es ja zunehmendmehr in der Schule gibt«.

Als Hauptbelastungen für Lehrer nen-nen die Forscher schwierige Schüler undschwierige Eltern, erhebliche Disziplin-schwierigkeiten, die Zahl der Unterrichts-stunden, zu große Klassen und individuel-le Fehlentscheidungen. Überdies: Bei denSchülern mache sich immer mehr »Lern-unlust« breit. Die Bereitschaft von Schü-lern, sich bei schulischer Arbeit anzu-strengen, lasse nach.

Arbeitsbewertungscheck zurVerbesserung der Arbeitssituation

Der Psychologieprofessor – er legt seine Ar-beitsergebnisse in Kürze in einem Buch derÖffentlichkeit vor – hat auch ein Programmpräsentiert, das überlasteten Lehrern hel-fen soll, Stress abzubauen. Schaarschmidtofferiert ein Trainingsprogramm für Lehr-kräfte, in denen sie lernen können, ihreKräfte besser einzuteilen. In einem Ar-beitsbewertungscheck soll die Situation deseinzelnen Lehrers analysiert und seine Ar-beitsorganisation möglichst verbessertwerden.

Self-Assessment-Verfahren: Überprüfungder Eignung zum Lehrerberuf

Um zum Beispiel Abiturienten, die sich fürden Lehrerberuf interessieren, eine Ana-lyse ihrer Eignung oder Nicht-Eignung zuermöglichen, hat der Potsdamer Hoch-schullehrer ein »Self-Assessment-Verfah-ren« entwickelt. Schaarschmidt sieht dasProgramm als eine Reflexionshilfe, die ge-eignet sein soll, die eigenen Fähigkeitenfestzustellen oder kritisch zu hinterfragen.

Solche Eignungstests – »Selbsttests« –sind für den Bundesvorsitzenden des Deut-schen Philologenverbandes, Heinz-PeterMeidinger, sinnvoll. Könnten doch so an-gehende Lehramtsstudenten ihre Kompe-tenzen überprüfen. Solche Tests in Ver-

Größte deutsche Studie zur Lehrergesundheit

Die Ausgebrannten

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bindung mit »verpflichtenden Orientie-rungspraktika mit professioneller Bera-tung« charakterisiert Meidinger als einen»richtigen Weg«. Mit solchen Programmenund Praktika könne jeder junge Menschüberprüfen, ob er für den Lehrerberufwirklich geeignet ist.

Diese Tests für Lehrer und solche Per-sonen, die den Lehrerberuf anstreben, so-wie die Studie des Potsdamer ProfessorsSchaarschmidt sollen in Kürze auf denInternetseiten des Deutschen Beamten-bundes veröffentlicht werden.

Wie können die Arbeitsbedingungenverbessert werden?

Aus der Sicht Schaarschmidts lassen sichdurchaus Schulen finden, wo es trotz pro-blematischen Schülerverhaltens und gro-ßer Klassen nicht so schlecht um die Leh-rergesundheit steht. Er meint, zum Bei-spiel durch ein gutes soziales Klima im Kol-legium könnten die Arbeitsbedingungenerheblich verbessert werden. »Dies ist, sohaben wir festgestellt, der wichtigste ent-lastende Faktor. Eine gute Zusammenar-beit im Kollegium verleiht Lehrern das Ge-fühl, mit ihren Problemen nicht allein zustehen, und gibt ihnen Halt und Anerken-nung. Das Erleben kollegialer Unterstüt-zung hilft ihnen auch, besser damit zu-recht zu kommen, dass sich die Dankbar-keit der Schüler für die investierten Be-mühungen in aller Regel in Grenzen hält.«Nicht sehr positiv sieht der Forscher das»Einzelkämpfertum« der Lehrer. »VieleLehrer haben Angst, ihren Unterricht zuöffnen und sich anderen anzuvertrauen,wenn es schlecht läuft.«

Es sei auch ein mehr partnerschaftli-ches Verhalten der Schulleitung gefragt.Eine so verstandene Personalführung undTeamentwicklung sei leider bisher nicht

die Norm. Außerdem fehle es zumeistschlicht an Erholungsmöglichkeiten. »Leh-rer müssen heute fünf, sechs, sieben Stun-den am Stück unterrichten und dabei enor-me Aufmerksamkeitsleistungen erbrin-gen.« Auch in den Pausen, die ganz über-wiegend ebenso mit Arbeit und Lärm ver-bunden seien, »gibt es kaum eine Chancezur Entspannung«. Selbst die langen Fe-rien könnten die häufig schwierigen Ar-beitsbedingungen nicht kompensieren.Der »menschliche Organismus kann nichtwochenlang von Reserven leben, die sicherst in den Ferien wieder auffüllen«. Des-wegen seien mehr als in anderen Berufenüber die Dienstjahre hinweg bei den Be-schäftigten eine »Abnahme der Wider-standsressourcen« zu beobachten.

Nötig sei in den Schulen ein »anderesZeitregime«. Man dürfe den Unterricht»nicht auf wenige Stunden des Tages ver-dichten«. Eine Ganztagsschule könne »ge-sundheitsförderlich sein, wenn dadurchein Wechsel von Phasen der Anspannungund Entspannung erreicht wird«. Es müs-sten »räumliche Lösungen gefunden wer-den, die einen Rückzug zum Zweck derRegeneration und für eine ungestörte Vor-und Nachbereitung des Unterrichts er-lauben«. Es solle »gewährleistet sein, dassder Lehrer am späten Nachmittag dieSchule verlässt und die Arbeit im wesent-lichen erledigt ist«.

Auf den Einwand, den schulfreien Nach-mittag würden die wenigsten Lehrer frei-willig aufgeben wollen, erwiderte Schaar-schmidt: »Er ist ja gar nicht frei.« NachUnterrichtsende gehe die Schule für vieleLehrer zu Hause weiter – »und zwar nichtselten bis in die Nacht«. »Vorbereitungenstehen an, Klassenarbeiten sind zu korri-gieren.« Nicht zu unterschätzen sei außer-dem, »dass die am Tage aufgestauten

Emotionen zu verarbeiten sind«. Häufigseien es Ärger, Kränkung und Enttäu-schung – »Gefühle, von denen wir wissen,dass sie lange anhalten und das Immun-system schwächen«. Insgesamt brauchtenSchulen »mehr Ruhe und Muße für einesolide Arbeit«.

Sind zu viele Lehrer nicht geeignet fürihren Beruf?

Auf die Frage, ob die Lehrer denn die inihrem Beruf notwendige Stressresistenz inder Regel mitbrächten, antwortete Schaar-schmidt, es gebe zu viele Lehramtsstudie-rende, denen die »Basisvoraussetzungenfür ihren Beruf fehlen«. Zu diesen Vor-aussetzungen gehörten »neben der psy-chischen Belastbarkeit vor allem eine op-timistische und aktive Lebenseinstellungsowie die erforderlichen sozial-kommuni-kativen Fähigkeiten«. Außerdem müsstenLehrer über »Geschick und Freude im Um-gang mit Kindern und Jugendlichen« ver-fügen. Zu viele junge Leute, die sich fürdas Lehramtsstudium entscheiden, mein-ten, »einen angenehmen Beruf mit viel Fe-rien und Freizeit zu ergreifen«. Schaar-schmidt vielsagend: »Später müssen sieschmerzlich erfahren, dass sie sich geirrthaben.«

Manfred Schwarz

Workshop in der BBS

Lehrergesundheit: Denktüren öffnen – Bildung gestalten

Am 22. Februar hat es in der BBSeinen Workshop – mit über 40 Teil-nehmern – zum Thema »Lehrerge-sundheit« gegeben. Zwei hochkarä-tige Referenten haben vorgetragen:Prof. Dr. Uwe Schaarschmidt undProf. Dr. Gerald Hüther.

Prof. Schaarschmidt hat vor allem dieForschungsergebnisse und Thesen vor-getragen, die in seinem Buch (siehe oben-stehenden Artikel) abgedruckt sind. Prof.Hüther referierte interessante Ergebnisseaus der Hirn- und Stressforschung, dieerstarrte Denkstrukturen zumindest kri-

tisch hinterfragten und Impulse für wei-tere spannende Diskussionen lieferten.

Weitere Informationen bei derWorkshopleiterin: Hannelore Reich-

Gerick, BBS; Tel.: 4 28 63 – 62 05;[email protected]

Das Buch von Uwe Schaarschmidt erscheint imBeltz-Verlag (Uwe Schaarschmidt / Ulf Kieschke[Hg.]: Das Lehrerhelferbuch. Psychologische Unter-stützungsangebote für den Arbeitsplatz Schule,Weinheim 2007).

Sie können den Autor unter der folgenden E-Mail-Adresse erreichen: [email protected]

Weitere Informationen im Internet unter:www.dbb.de oder www.psych.unipotsdam.de/people/schaarschmidt

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BBS-Info

Jugendliche mit Migrationshintergrundhaben deutlich schlechtere Chancen, ei-nen Ausbildungsplatz zu erhalten, als Ju-gendliche ohne Migrationshintergrund.Nur 42 Prozent aller ausländischen Ju-gendlichen, die 2006 den Wunsch nacheiner betrieblichen Ausbildung geäußerthaben, fanden tatsächlich einen Ausbil-dungsplatz. Von den Jugendlichen ohneMigrationshintergrund waren es rund 54Prozent. Dies sind die Ergebnisse eineraktuellen Schulabgängerbefragung desBundesinstituts für Berufsbildung(BIBB).

Fast jeder vierte Jugendliche mit Mi-grationshintergrund (23,2 Prozent) mün-det demnach in eine Berufsfachschule ein,die keinen Berufsabschluss vermittelt, ab-solviert eine Berufsgrundbildung odernimmt an einer Berufsvorbereitung teil(Jugendliche ohne Migrationshintergrund:13,1 Prozent). Weitere rund 15 Prozent

sind arbeitslos bzw. ohne Beschäftigung.Bei den Jugendlichen ohne Migrations-hintergrund sind es lediglich 5,5 Prozent.

»Diese Zahlen belegen«, so BIBB-Präsi-dent Manfred Kremer, »dass die Chancenauf eine qualifizierte Berufsausbildung fürJugendliche mit Migrationshintergrunddeutlich verbessert werden müssen. Es giltzum Beispiel, zielgruppendifferenziert aus-reichend Ausbildungsplätze zur Verfügungzu stellen, für junge Erwachsene ohne Be-rufsabschluss eine Nachqualifizierung zuermöglichen und die Anerkennung undNutzung von interkulturellen Kompeten-zen zu stärken.«

Das BIBB analysiert regelmäßig auf Ba-sis der Berufsbildungsstatistik sowie derBevölkerungsfortschreibung des Statisti-schen Bundesamtes die Ausbildungssitu-ation ausländischer Jugendlicher im dua-len System. 2005 hatten von allen Auszu-bildenden rund 67.600 einen ausländi-

schen Pass. Dies entspricht einem Anteilvon rund vier Prozent. Der Anteil jungerAusländer und Ausländerinnen an dergleichaltrigen Wohnbevölkerung ist mitweit über zehn Prozent hingegen mehr alsdoppelt so hoch. Ausländische Auszubil-dende sind demnach in der beruflichenAusbildung stark unterproportional ver-treten. Dies gilt sowohl für die alten alsauch für die neuen Bundesländer.

Weitere Informationenfinden Sie im Bei-trag »Integration und berufliche Ausbil-dung« im Internetangebot des BIBB unterwww.bibb.de/de/wlk28963.htm

Inhaltliche Auskünfte im BIBB erteilen: • Dr. Alexandra Uhly, Tel.: 0228 / 107-

1905, E-Mail: [email protected] • Dr. Mona Granato, Tel.: 0228 / 107-1227,

E-Mail: [email protected] • Michael Friedrich, Tel.: 02 28/1 07-20

23, E-Mail: [email protected] / MSz

Schwierige Suche nach Ausbildungsplätzen

Ausbildungschancen von Jugendlichenmit Migrationshintergrund verbessern

DOSB-Vizepräsident Walter Schnee-loch hat den Bundestags-Sportaus-schuss zum Thema »Integration durchSport« informiert. Sein Fazit: Sport-vereine seien ein sehr wichtiges In-strument zur Integration von Bürgernmit Migrationshintergrund.

Schneeloch hat in seiner Rede vor demSportausschuss des Deutschen Bundes-tages zum Thema »Wie kann Integra-tion gelingen?« herausgestellt, dass derSport das ideale Integrationsmedium ist.Zwar räumte Schneeloch ein, dass esweder in Deutschland noch in Europaeinfache Rezepte für die komplexe ge-sellschaftliche Herausforderung der In-tegration von Zuwanderern gebe unddass auch der Sport – vor allem aufGrund seiner ehrenamtlichen Struktu-ren – nicht alles leisten könne.

Aber der Sport, so Schneeloch, »ver-fügt von allen Kulturgütern über diemeisten kulturübergreifenden Gemein-samkeiten«. Und er präzisierte: »In den

90.000 Sportvereinen unter dem Dachdes DOSB wird Integration täglich ge-lebt. Sie sind offen für alle Bevölkerungs-und Altersgruppen und vergleichsweisedie attraktivste Organisationsform mitrelativ hoher Bindungskraft für auslän-dische Jugendliche.«

Sportvereine, die sich besonders fürdie Integrationsarbeit engagieren, wer-den von der Bundesregierung geför-dert. Schneeloch stellte dem vomBundesinnenministerium finanziertenund vom DOSB durchgeführten Pro-gramm »Integration durch Sport« eingutes Zeugnis aus: »470 solcher Stütz-punktvereine wurden 2005 gefördert.12.800 Integrationsmaßnahmen, wiezum Beispiel Sportfeste oder Ferien-freizeiten, sind Bestandteile des Pro-gramms. Über 700 Starthelferinnenund -helfer mit Migrationshintergrund,die organisatorische und sport-prakti-sche Aufgaben übernehmen, sindbundesweit im Einsatz.«

Ein erfolgreiches Beispiel aus seinerHeimatregion lieferte der DOSB-Vize-präsident gleich mit. Der SV RhenaniaHamborn, im von sozialen Problemenbelasteten Duisburger Stadtteil Marxlohgelegen, organisiert Familien-Sporttageund interkulturelle Wochen. Allein in derTaekwon-Do-Abteilung sind Deutsche,Türken, Polen, Iraker, Engländer, Bos-nier, Spanier und Marokkaner aktiv. DerGeschäftsführer des Vereins, Cafer Kaya,bilanziert: »Wichtig ist neben dem Sportdie Sprache als verbindendes Element.Wir sprechen nur Deutsch und verste-hen das als ›die‹ Integrationsmaßnah-me.«

Weitere Informationen: DeutscherOlympischer Sportbund, Presse- und Öf-fentlichkeitsarbeit, Otto-Fleck-Schneise12, 60528 Frankfurt am Main, Tel.: +49(0)69 670 00, Fax: +49 (0)69 67 49 06,E-Mail: [email protected]

DOSB / MSz

DOSB-Vizepräsident referierte im Bundestag

»In den 90.000 Sportvereinen wird Integration täglich gelebt«

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Im März 2007 machte wieder ein neu-es Gutachten Schlagzeilen – das »Jah-resgutachten 2007« des »AktionsratBildung«: Die wesentlichen Aussagenhat die Süddeutsche Zeitung (SZ) am8. März sogar als Aufmacher auf Seite1 gebracht.

Die Vorschläge der Bildungsforscheraus dem »Aktionsrat Bildung« be-zeichnet die SZ »als revolutionär«. Siefordern die Kita-Pflicht für Vierjährigeund befristete Stellen für Lehrer. Fürden Zugang zur Universität sollte dem-

nach das Abitur nicht unbedingt dieVoraussetzung sein.

Die Wissenschaftler plädieren füreine bundesweite Umstellung derSchulstrukturen auf eine zweigliedri-ge Struktur aus Sekundarschulen undGymnasien. Folgte die Politik diesenVorschlägen, »würde das bedeuten, dieHauptschulen abzuschaffen, und ent-spräche dem Kurs, den derzeit die CDUin Hamburg einschlägt« (SZ).

Autoren des Werkes (180 Seiten) sinddie Professoren Dieter Lenzen (FU-Prä-

sident), Wilfried Bos, Jürgen Oelkers,Manfred Prenzel und Ludger Wöß-mann.

Weitere Informationen:Wilfried Bos u. a. (Aktionsrat Bildung):Bildungsgerechtigkeit. Jahresgutachten 2007. Hrsg. von der Vereinigung der Bayeri-schen Wirtschaft. Wiesbaden 2007;www.vbw-bayern.de

MSz

»Aktionsrat Bildung«

»Bildungsgerechtigkeit«: Ein Gutachten macht Schlagzeilen

»Bessere Führungskräfte sind Frauenüberwiegend nicht.« Glaubt man einerStudie der UnternehmensberatungIfak-Institut, zeigt sich sowohl bei ei-ner generellen Bewertung des Füh-rungstils als auch in einzelnen Füh-rungseigenschaften kein signifikanterUnterschied zwischen Chefs und Che-finnen« (Frankfurter Allgemeine Zei-tung vom 3. Februar 2007).

Die FAZ hat die Studie des Institutsanalysiert. Danach bestätigt die Unter-suchung nicht das Vorurteil von den be-sonders teamorientierten, kommunika-tiven und motivierenden Managerinnen.Sowohl in Fragen des Führungsstils wieauch beim menschlichen Umgang zei-

gen sich keine signifikanten Unter-schiede zwischen den Geschlechtern.

Befragt hatte das Institut 664 Mitar-beiter. Die Antworten zeigen, dass Füh-rungskräfte beiderlei Geschlechts eineVorliebe für eher klassische Manage-ment-Stile hegen. Eine hierarchisch ge-lebte »Top-Down-Vorgesetztenrolle«nehmen demnach zweiundfünfzig Pro-zent der weiblichen und vierundfünfzigProzent der männlichen Manager ein.Eher selten sind Führungskräfte mitwirklich teamorientierten Führungssti-len: «Laut Studie führen vierundvierzigProzent der Frauen und einundvierzigProzent der Männer eher kollegial«(ebd.).

Nicht weit her zu sein scheint es mitden Motivationskünsten der Führungs-kräfte. Lediglich acht Prozent der Be-fragten mochten der Aussage zustimmen,ihr Chef bzw. ihre Chefin könne «sie be-geistern«. Auch die Zufriedenheit der Mit-arbeiter mit ihren Führungskräften hältsich demnach in Grenzen. Mit den Wer-ten 2,50 für die Chefs und 2,57 für dieChefinnen erhalten beide Gruppen nurdie Note «befriedigend«. Eine schlechte-re Note (2,72) bekommt die Führungs-kraft, die einen mehr autoritären Füh-rungsstil an den Tag legt. Führungskräf-te, die eher auf Kollegialität setzen, er-reichen dagegen die Note 2,20.

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Führungskompetenzen

Sind Frauen gar nicht besser?

Die Grundlinien des finnischen Bil-dungswesens beleuchtet eine neueBroschüre, die zum Beispiel im finni-schen Unterrichtsministerium er-hältlich ist. Titel der Veröffentlichung:»Bildung und Wissenschaft in Finn-land« (2006).

Das Unterrichtsministerium in Finn-land hat diese Übersicht – in deutscher

Sprache – veröffentlicht. Auf 44 Seiteninformiert die Publikation über we-sentliche Strukturen des Schulwesens,der Hochschulen und der Weiterbil-dung – aber auch über Ausbildungs-förderung, Lehrerbildung und Vor-schulunterricht.

Weitere Informationen: FinnischesUnterrichtsministerium: Pressestelle,

Postfach 29, FI-00029 REGIERUNG;ISBN: 952-485-128-8 (geb.); 952-485-129-6 (pdf)

Botschaft von Finnland: Rauchstr. 1,10787 Berlin, Telefon 030/50 50-30, Fax 030/50 50-33 33,Internet: www.finnland.de/de/E-Mail: [email protected]

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Neue Broschüre

Überblick: Das finnische Bildungswesen

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BBS-Info

Kritik am »Lob der Disziplin« von Bernhard Bueb

Vordemokratische PrinzipienMit einem Fontane-Vers als Motto istder Grundton von Bernhard Buebs»Streitschrift« angestimmt und jedersoll es von Anfang an wissen:»Freiheit freilich. Aber zum Schlimmen/ Führt der Masse sich selbst Bestimmen.«Im Hamburger Schulmuseum gibt es einrekonstruiertes Klassenzimmer aus derKaiser- (und Fontane-)Zeit, wo die Pä-dagogik schon in den Möbeln steckt. Hierfindet auch Unterricht statt. Alles funk-tioniert nach Befehl und Gehorsam – undes funktioniert wirklich. Die meisten Kin-der mögen diese Probierstunden, weilsie sich gerne in andere Welten begebenwie in die Geisterbahn. Aber sie wollendann auch wieder raus.

Bueb will sicher so einen Unterrichtund so eine Schule nicht, aber er machtunverhohlen vordemokratische Prinzi-pien zu Maximen seines Handelns: Er-ziehung bedeutet für ihn »die vorbehalt-lose Anerkennung von Autorität und Dis-ziplin« (S. 11). Sie »beginnt immer fremd-bestimmt« (S. 18). »Alle Einrichtungender Bildung und Erziehung … beruhenauf dem Prinzip der Unterordnung untereine Autorität« (S. 58). Deshalb solltenwir »Macht emotional positiv besetzenkönnen«, uns »zur Freude an der Macht«bekennen und »niemanden wegen sei-ner Macht verdächtig« ansehen (S. 61).Solche Sätze werden – über 172 Seitenverteilt – ex cathedra vorgetragen. Da-zwischen gibt es Bedenkenswertes, vie-le Sprichwörter, sensible Beobachtungen,Banalitäten, Militaria und ein schönesKapitel über das Spiel als »zentrales Me-dium der Erziehung« (S. 155).

Nicht Buebs pädagogisches Handelnist das Problem – das mag er mit denSchülern und Eltern in Schloss Salemausmachen –, aber die zitierten Maxi-men dieses Handelns haben in einer de-mokratischen Gesellschaft nichts verlo-ren. Den westlichen Besatzungsmäch-ten, den Vätern und Müttern des Grund-gesetzes und vor ihnen der Reformpä-dagogik sei dafür gedankt. Demokratieist nicht nur eine Regierungs-, sonderneine Lebensform. Das ist der Auftrag un-

serer Verfassung und der Schulgesetzealler Bundesländer: »Die Schule eröff-net Schülerinnen und Schülern alters-und entwicklungsgemäß ein größtmög-liches Maß an Mitgestaltung von Unter-richt und Erziehung, um sie zunehmendin die Lage zu versetzen, ihren Bil-dungsprozess in eigener Verantwortungzu gestalten« (Hamburgisches Schulge-setz § 3 Absatz 6).

Bueb hat demgegenüber schon Proble-me mit der Schülermitverwaltung, seit inSalem die Schulsprecher gewählt undnicht mehr vom Schulleiter ernannt wer-den. Er bevorzugt deshalb englische Inter-nate, wo die »führenden Schüler«, die alsAufseher und Hilfsmannschaft der Inter-natsleitung fungieren, besondere Privile-gien genießen und sich zum Beispiel inder Mensa nicht in die Warteschlange ein-zureihen brauchen – »weil es demmenschlichen Bedürfnis nach Hierarchie,nach damit verbundenen Vorteilen undnach ein wenig Glanz entspricht« (S. 89).

Was man als Skurrilität und ›Feuer-zangenbowle‹ abtun könnte, entfacht beieinem besonnenen Pädagogen und Ju-gendforscher wie Wolfgang Edelstein,Direktor a.D. am Berliner Max-Planck-Institut für Bildungsforschung, heiligenZorn: »Worum geht es? Eine generali-sierende Projektion der subjektiven Er-fahrung des pädagogischen Scheiternsunter den spezifischen Bedingungen ei-nes elitären Internats wird zur gegen-aufklärerischen Anthropologie der Kind-heit und des Jugendalters stilisiert, fürdie kein einziger empirischer Belegspricht: eine Position, die … allen rele-vanten Befunden zur Persönlichkeits-entwicklung und Sozialisation wider-spricht, der Forschung zur Gewaltgene-se, der Praxis des kooperativen Lernens,usw, usf. Die empirische Evidenz wirdzugunsten einer idée fixe suspendiert.«

Dass es handgreifliche gesellschaftli-che und ökonomische Ursachen für dasVerhalten vieler Jugendlicher, insbe-sondere von Hauptschülern in den Groß-städten, gibt, erwähnt Bueb zwar amRande, bürdet aber Eltern und Lehrern

die Last auf, damit fertig zu werden.Aber selbst die rigideste Null-Toleranz-Erziehung löst nicht das Problem feh-lender Ausbildungsplätze sowie die ra-sante Zunahme prekärer Lebenslagen.Und die verbreitete Konsumfixierungwird massiv durch die gar nicht so ge-heimen Miterzieher beeinflusst, gegendie Lehrer oft verzweifelt ankämpfen.Wo bleibt hier Buebs Appell an diese Ver-antwortlichen? Weshalb nutzt er dieBILD-Zeitung für seine Auflagenhöheund nicht für eine Offenlegung dieserZusammenhänge?

Richtig ist, dass viele Lehrkräfte anLärm, Unruhe, Verweigerung und ag-gressivem Verhalten von Schülern lei-den. Dahinter liegt immer ein Bündel vonUrsachen, personale, ausstattungsbezo-gene, aber auch solche, die mit An-strengung, Phantasie und der Bereit-schaft zu Kooperation und Konsensfin-dung in einem Kollegium zu beeinflus-sen wären – in einer »Schule der Ermu-tigung und Stärkung« (Ulrich Herrmann).

Die z.T. überschwänglich positive Re-aktion auf Buebs Buch basiert – nebender Resonanz in den Medien – auch aufder Sehnsucht nach Autorität, die nichtskostet und gleichsam im Selbstlauf dis-zipliniertes Verhalten auslöst. Umsonstaber gibt’s nichts. Je schwieriger die Pro-blemlagen einzelner Jugendlicher oderin einer Klasse, umso notwendiger ist eszu motivieren, aktivierende Methodeneinzusetzen, Vorhaben zu begründen,Beteiligung zu evozieren und Anerken-nung zu geben. Solche Lehrkräfte undSchulen, die ihren Erziehungsauftrag er-füllen, gibt es; zum Konzept dieser Zeit-schrift gehört, sie zur Sprache zu brin-gen. Das hat wenig mit Kuscheln undviel mit Mut, Geduld, Empathie und Ge-staltung in einem gemeinsamen Regel-werk – zu dem auch Disziplin gehört –zu tun. Schulen der Unterordnung sindes jedenfalls nicht, einer vorbehaltlosenschon gar nicht.

Peter Daschner(Der Beitrag erschien bereits in

PÄDAGOGIK 4/2007)

Page 50: WERBUNG U2 - hamburg.de€¦ · Hamburg macht Schule 1|2007 Editorial »Die Finnen sind in allem weiter: Sie haben schulstrukturelle Bedingungen, die das Fördern ohne Auslese in

Nach dem Durchlaufen eines 18monati-gen Testierungsverfahrens ist das Lan-desinstitut für Lehrerbildung und Schul-entwicklung (LI) in seiner Qualitätsent-wicklung als Weiterbildungseinrichtungzertifiziert worden. Nach dem erfolgrei-chen Abschluss des Qualitätsentwick-lungsprozesses mit externer Evaluationdurch die ArtSet GmbH, Hannover, stell-ten dessen Geschäftsführer, Prof. Dr. R.Zech, und die Gutachterin, Frau H. Stark,im Abschlussgutachten fest:

»Die Organisation hat in vorbildlicherUmsetzung des LQW-Modells eine Be-standsaufnahme ihrer Verfahren undStandards vorgenommen, diese in einempartizipativen Prozess bewertet und ggf.konsequent Verbesserungsmaßnahmenumgesetzt bzw. in die Wege geleitet. Dievereinbarten strategischen Ziele mit ih-ren jeweiligen Teilzielen spiegeln die Ent-schlossenheit, sich kontinuierlich im Sin-ne der Lernerorientierung weiter zu ent-wickeln, überzeugend wider.«

Zurückgegriffen wurde bei dem zwi-schen 2005 und 2007 durchlaufenen Tes-tierungsverfahren auf das Modell »Ler-nerorientierte Qualitätstestierung in derWeiterbildung - LQW 2«, das im Rahmeneines BLK-Modellversuchs für Weiter-bildungseinrichtungen entwickelt wur-de und durch die Bundesagentur für Ar-beit nach SGB III anerkannt ist. »DasLandesinstitut versteht sich als ein »Hausdes Lernens« und ist bestrebt, ein glaub-würdiges Modell für eine lernende Or-ganisation zu sein«, so Direktor Peter Da-schner. »Da das LI selber umfassendeBeratungs- und Unterstützungsangebo-te für die Weiterentwicklung der Qualitätvon Schule und Unterricht in Hamburg

anbietet, gehört es zu unserem Selbst-verständnis, uns hinsichtlich unseres ei-genen Qualitätsanspruchs und dessenEinlösung extern bewerten zu lassen.«

Der Aufbau und die Anforderungender Qualitätsbereiche sind - ähnlich wiebeim Hamburger OrientierungsrahmenSchulqualität - angelehnt an das EFQM-Modell. Im Mittelpunkt aller Qualitäts-bemühungen steht der Lerner, weil vonseiner Eigenaktivität der Lernerfolg ab-hängt. Der Qualitätsprozess im Institutfand unter Einbeziehung aller Mitarbei-terinnen und Mitarbeiter statt und wirdjetzt kontinuierlich fortgesetzt. Das Tes-tierungsverfahren beinhaltet eine Selbst-und Fremdevaluation von Standards undMaßnahmen in elf Qualitätsbereichen:Leitbild, Bedarfserschließung, Schlüs-selprozesse, Lehr-Lern-Prozesse, Evalu-ation, Infrastruktur, Führung, Personal,Controlling, Kundenkommunikation,Strategische Entwicklungsziele.

Einige Beispiele für erreichte Ergeb-nisse:• Auf der Grundlage der bestehenden

Evaluationsverfahren wurde von einerexternen Beratungsfirma ein umfas-sendes Evaluationskonzept für die Bil-dungsprozesse im LI erstellt. Das Eva-luationskonzept wird im Herbst 2007erstmals im gesamten LI umgesetzt.

• Das neu entwickelte Führungsleitbildwurde in die Personalentwicklung amLI integriert. Ein zur vertiefenden Be-fassung mit Leitungsaufgaben durch-geführter Workshop mit allen Füh-rungskräften am LI wird zukünftig re-gelhaft stattfinden.

• Kunden der Hamburger Lehrerbiblio-thek und des Medienverleihs wurden

Hamburg macht Schule 1|200750

Marktplatz

in Zusammenarbeit mit der Humboldt-Universität Berlin hinsichtlich organi-satorischer Verbesserungen und zu-sätzlicher inhaltlicher Bedarfe befragt.Die Ergebnisse werden für die Leh-rerbibliothek demnächst bzw. für denMedienverleih in 2008 erwartet.

• Die Kundeninformationen wurden imSinne des Verbraucherschutzes durcheine verbesserte Information über dieKompetenzen der Lehrenden und dieStandards für Seminarveranstaltun-gen weiterentwickelt.

• Neben der dezentralen Kundenbefra-gung wurde ein zentrales Beschwer-demanagement eingeführt.

• Eine Arbeitsgruppe zur Weiterent-wicklung des »Wissens- und Daten-managements im LI« wurde einge-setzt, um dem Umgang mit Neuen Me-dien in der Lehrerbildung gerecht zuwerden und Komplexität sowie Kostenzu reduzieren.

• Ein Konzept zur dauerhaften Wahr-nehmung der Aufgabe »Qualitätsma-nagement im LI« wurde entwickelt undumgesetzt.

Bereits auf dem Abschlussworkshop istder Prozess der Retestierung durch dieVereinbarung der strategischen Ent-wicklungsziele für die nächsten vier Jah-re eingeleitet worden. Neu ist beim LI-Controlling das Qualitätsmanagement alsRegelaufgabe - einschließlich der Durch-führung von vier Qualitätsforen pro Jahr- angesiedelt worden.

Weitere Informationen:Rainer Schulz und Uwe Grieger,Projektgruppe Qualitätsmanagement amLandesinstitut. Tel.: 4 28 01-37 04

Landesinstitut schließt Qualitätstestierung erfolgreich ab

Neu vom LI: »Schulportfolio Qualifizierungsplanung«Das Schulportfolio ist ein Instrumentzur Unterstützung der schulischen Qua-lifizierungsplanung. Es ist ein Sammel-ordner mit Materialien für alle Statio-nen des Planungszyklus’ an einer Schu-le. Das Portfolio bietet die Möglichkeitalle notwendigen Unterlagen zu doku-mentieren und kann als Analyse-, Pla-nungs-, Koordinierungs- und Auswer-

tungsinstrument schulintern oder in Zu-sammenarbeit mit Beratern, Fortbild-nern und Evaluatoren genutzt werden.Es stellt eine Reihe von wichtigen Werk-zeugen zur Verfügung, die der Schuledie systematische Durchführung ihrerQualifizierungsplanung erleichtern. Ineinem Arbeitskreis wird das Portfoliovorgestellt und weiter entwickelt.

Jede Hamburger Schule erhält ein kos-tenloses Exemplar des Schulportfolios.Sie können die Broschüre des Schul-portfolios und die der Kopiervorlagen alspdf-Datei herunterladen und zusätzlicheOrdner in der Agentur für Schulbeglei-tung am LI für 15,– EUR zzgl. Versand-kosten erwerben.E-Mail: [email protected]