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Welche Diäten sind bei Reizdarm sinnvoll?
Jörg-Dieter Schulzke Klinik f. Gastroenterologie Ernährungsmedizin/Klin. Physiologie
15 + 5 min
Charité-Centrum 13 Universitätsmedizin Berlin
Symposium Reizdarmbeschwerden: Liegt es doch am Essen?
Daten zu spezifischen Diäten gibt es kaum, sondern allenfalls Empfehlungen RDS vom Diarrhoetyp RDS vom Obstipationstyp
Ätiologie des RDS: postinfektiös maldigestiv slow transit weizensensitiv
Wie ernähre ich mich bei Reizdarm?
Individuelle Diät: Meiden der Lebensmittel, die die Symptomatik verstärken
z.B. Kaffee, rohes Obst, blähende Gemüse, Milch, gebratene Speisen, scharfe Gewürze, Alkohol, ...
Bei gleichzeitiger Verstopfung werden Ballast-stoffe empfohlen (und bei Diarrhoe auch!)
→ Die herkömmlichen allgemeinen Empfehlungen
Therapie des Reizdarmsyndroms
• Identifizierung von Triggerfaktoren (Stress, Medikamente, Residualzustände von GI-Erkrankungen)
• Psychotherapie und die Aufklärung über die nicht-organische Natur der Erkrankung (Angst nehmen!)
• medikamentöse Therapie
multimodal !
• Ernährungsgewohnheiten: Ballaststoffe, Trinkmenge↑, Diäten (i.S. Functional Food)
Medikamentöse Therapiekomponenten
RDS vom Obstipationstyp Laxantien Laktulose Polyäthylenglykol (PEG, Macrogol) Bisacodyl Natriumpicosulfat RDS vom Diarrhoetyp Opiate Tinctura opii Loperamid (µ-Opiatrezeptorantagonist)
Diätetische Maßnahmen bei Reizdarm
• Indikation: vor allem bei obstipationsprädominantem RDS (IBS-C oder chron. Obstipation)
Metaanalyse (Rao et al. 2015; Alimentary Pharmacology and Therapeutics)
• ballaststoffreiche Ernährung ~ 30g Ballaststoffe pro Tag Vollkorn, Gemüse, Kleie, Flohsamen
Nachteil bei Kleie und Leinsamen - Schmerz und Blähungen können agraviert werden
Mittel der Wahl: Flohsamen -> wasserlöslich (gelbildend) und zu SCFA metabolisierbar
RDS „today“
(Obstipations-/Schmerztyp)
Ziel Regelmäßiger weicher und problemloser
Stuhlgang mindestens 3x wöchentlich
Ernährung bei Verstopfung
viel trinken
wenig Salz und scharfe Gewürze
öfters kleine Mahlzeiten
wenig Alkohol
5 Obst und Gemüse Portionen/Tag
täglich Vollkornprodukte
Normalgewicht halten
wenig Fleisch*
schonende Zubereitung
Fett reduzieren
Dt. Ges. f. Ernährung (DGE): Ernährungsbericht 2000
Ernährung bei Blähungen
Sutalf et al. Dig. Dis. Sci. 1979
• stark blähende Kost: Milch, Milchprodukte, Zwiebel, Bohnen, Sellerie, Karotten, Bananen, Aprikosen, Hefegebäck
• wenig blähende Kost: Fleisch, Fisch, Eier, Salat, Gurken, Broccoli, Paprika, Blumenkohl, Tomaten, Spargel, Zucchini, Nüsse, Avocado, Oliven, Trauben, Beeren
Medikamente bei RDS mit Obstipation
Guanylcyclase Aktivator (Anionen-Sekretion) Linaclotid (Constella®)
5-HT4-Agonisten (prokinetisch + Chlorid-Sekretion) Prucaloprid (Resolor®) Chron. Obstipation bei Frauen
Chloridkanal-Aktivator (Anionen-Sekretion durch ClC-2 Öffnung) Lubiproston (Amitiza®) Chron. Obstipation: schwach wirksam (Schweiz)
Probiotika z.B. E. coli Nissle 1917, Lactobac. rhamnosus GG od. shirota
• Hinweise für immunologisch vermittelte Wirkansätze (am ehesten bei meteorischen Beschwerden wirksam)
Tcp = TIR (Toll/IL-1 receptor) domain containing proteins
Mollenbrink M, Bruckschen E. Treatment of chronic constipation with physiologic Escherichia coli bacteria. Results of a clinical study of the effectiveness and tolerance of microbiological therapywith the E. coli Nissle 1917 strain (Mutaflor). Med Klin 1994; 89: 587–593
RDS vom Diarrhö-Typ
Diarrhö unter einer total parenteralen Ernährung (TPE) als Diagnostikum
chronische Diarrhoe
malabsorptiv sekretorisch / Leckflux-bedingt
exokrine Pankreasinsuffizienz Dünndarmfunktionsstörung Zöliakie ...
TPE persistiert sistiert
mikroskopische Colitis ... Reizdarmsyndrom (diarrhoisch)
Ballaststoffe beim RDS-D unlösliche/lösliche Ballaststoffe ?
- Kasper (2000) Ernährungsmedizin und Diätetik; 2. Auflage, Urban & Fischer Verlag - Liu et al. (2003) J. Clin. Nutr. - Matarese (2006) J. Clin. Gastroenterol. 40 Suppl 2: S85-S93
• lösliche Ballaststoffe beim Diarrhoetyp - geleetieren den Stuhl - werden bakteriell zu kurzkettigen Fettsäuren fermentiert
- dazu gehören: Pektin (Apfel), Dextrin (Green Banana), Flohsamen
Weizensensitivität
Reizdarm
Prävalenz 15 %
Zöliakie
Prävalenz 1%
overlap?
ein Drittel Weizen-sensitiv !
Gluten (Klebereiweiß)
Mehlkörper
Keim
Alkohol-löslich: PROLAMINE
Weizen: Gliadine Roggen: Secaline Gerste: Hordeine
Alkohol+H2O-unlöslich: GLUTELINE
BuchweizenKamut
Kartoffeln
HirseGrünkern
SojaEmmer
WildreisEinkorn
(Hafer)
ReisDinkel
MaisGerste
AmarantWeizen
QuinoaRoggen
GlutenfreiGlutenhaltig
BuchweizenKamut
Kartoffeln
HirseGrünkern
SojaEmmer
WildreisEinkorn
(Hafer)
ReisDinkel
MaisGerste
AmarantWeizen
QuinoaRoggen
GlutenfreiGlutenhaltig
BRAN ENDOSPERM
Teigelastizität
Photocredit: Shutterstock
Gibt es für die Weizen-Sensitivität auch alternative Erklärungen ?
Nicht Gluten, sondern fermentierbare Oligo-, Di-, Monosaccharide und Polyole (FODMAP) waren für die Weizen-induzierten Beschwerden verantwortlich.
2013 Biesiekierski JR et al. Gastroenterology 2013;145:320–328
In einer doppelt-blinden, randomisierten und Placebo-kontrollierten Studie, rief Gluten intestinale Beschwerden bei Patienten ohne Zöliakie hervor, was als bis dahin stärkster Beweise für die Existenz einer NCGS galt
Peter Gibson (Melbourne, Australien)
Biesiekierski JR, Newnham ED, Irving PM, Barrett JS, Haines M, Doecke JD, Shepherd SJ, Muir JG, Gibson PR. Am J Gastroenterol 2011; 106: 508–514
2011
FODMAP - Biesiekierski et al. Gastroenterology 2013;145:320-328 visuelle Analogskala
Kommentar in GASTROENTEROLOGY: Wichtigste Unterschied besteht hier darin, dass FODMAP konstant (hoch) gegessen wurden, wobei dieser hohe FODMAP Anteil einer modernen „westlichen“ Ernährungsform entspricht.
FODMAPs sind dabei dafür bekannt, bei Patienten mit viszeraler Hypersensitivität Beschwerden triggern zu können und zwar durch osmotische Effekte und erhöhte Gasproduktion.
Gut Online First, published on March 14, 2016
FODMAP-haltige Lebensmittel Obst (Trauben, Äpfel, Melone …) Gemüse (Spargel, Zwiebel …) Milch (Laktose-haltige) Diätsüßstoffe Fruktose-haltiger Sirup
Allgemeine RDS Empfehlung z.B. Kaffee, rohes Obst, blähende Gemüse, Milch, gebratene Speisen, scharfe Gewürze, Alkohol, ...
Gastroenterology 2015; 149: 1399-1407
Weizensensitivität des RDS 1. FODMAP = Fermentierbare Oligo-, Di-,
Monosaccharide and Polyole
2. ATI = Amylase Trypsin Inhibitoren (via angeborenem Immunsystem: TLR4, MyD88 und NFκB)
3. latente Zöliakie mit Reizdarmsymptomen (anti-tTG2-IgG ist kein geeigneter diagnostischer Marker)
4. IgE-vermittelt (Allergie) - wird eher selten getestet (Gliadin-IgE wird mit 3% Positivität in der Erwachsenenbevölkerung angegeben)
Zusammenfassung • es gibt keine durch Studien abgesicherte
allgemeine Diätempfehlung bei RDS
• Stuhlregulierung kann durch Medikamente zusammen mit der Diät erfolgen und sollte Details zu den Ballaststoffen berücksichtigen
• Subgruppierungen des RDS werden in
Zukunft präzisere Diätempfehlungen bringen • Weizensensitivität jenseits der Zöliakie sollte
von uns ärztlich mehr berücksichtigt werden