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TÜV SÜD Gruppe
exklusiv bei www.tuev-sued.de
Was tragen wir 2010? Hightech in der Textilbranche – die aktuellen Trends auf einen Blick
Der Inhalt in Kürze:
Wer nicht innovativ ist, hat es schwer in der Textilbranche. Nicht nur wasser- und winddicht muss Kleidung sein. Sie soll „mitdenken“, Körperfunktionen überwachen, Körpergerüche neutralisieren und menschliches Leben schützen. Blicken Sie mit uns auf die Trends von übermorgen. Der nachfolgende Artikel ist im April 2006 im Magazin TÜV SÜD Journal erschienen. Seite 3 -8 Was tragen wir 2010? Seite 6 Nanotechnologie kurz erklärt Seite 9 Interview mit Prof. Marie-Loise Klotz Professorin Dr. rer. nat. Marie-Louise Klotz ist Dekanin des Fachbereichs Textil- und Bekleidungstechnik an der Hochschule Niederrhein in Mönchengladbach.
Sto ry I Tex t i l i nnovat i onen
Wer nicht innovativ ist, hat es schwer
in der Textilbranche. Nicht nur wasser-
und winddicht muss Kleidung sein. Sie
soll »mitdenken«, Körperfunktionen
überwachen, Körpergerüche neutrali-
sieren und menschliches Leben schützen.
Das TÜV Journal blickt auf die Trends
von übermorgen.
acken, die Orkanböen winddicht trotzen? Kennen
wir doch! Kappen, an denen Wasser einfach ab-
perlt? Fast schon ein alter Hut! Aber was ist mit Hosen,
die nie schmutzig werden? Oder mit Hemden, die immer
frisch riechen? Sind das nur Fantasien von allein stehen-
den Männern mit 50-Stunden-Woche oder Wunschträume
von geplagten Hausfrauen? Nein, denn diese textile
Zukunft hat längst begonnen. Rund um den Globus ent-
wickeln die Textiltüftler solche und ähnliche Produkte,
von denen manche schon bald in den gut sortierten Ein-
zelhandel einziehen könnten.
Insbesondere die »Sport- und Freizeitbekleidung« als
kleinerer Teilmarkt des wachsenden Wirtschaftsfeldes
»technische Textilien« (s. Info S. 5) wartet beständig mit
Neuerungen und Visionen auf. Nach dem Siegeszug der
wasser- und windabweisenden, atmungsaktiven Membran
stehen nun neue Herausforderungen und Chancen im
Fokus von Forschung und Industrie. Das TÜV Journal hat
J
Was tragenwir 2010?
Stoffe für die Zukunft: Eine
Mitarbeiterin des Membran-
herstellers Sympatex prüft
die Elastizität des Textils.
3
5 Sto ry I Tex t i l i nnova t i on e n
groß (s. Info S. 7). Mit Hilfe nanopartikulärer Oberflächen-
beschichtung lassen sich textile Oberflächen »veredeln«.
Sie sind dann zugleich wasser- und schmutzabweisend
und trotzdem atmungsaktiv. Sogar Körpergerüche sollen
künftig mit Hilfe der Oberflächenmanipulation neutralisiert
werden können. So riechen nicht nur Hemden immer frisch,
sondern auch Schuhe, die lange Zeit getragen worden
sind. Damit sich die geruchshemmende Wirkung im Schuh
entfalten kann, werden die Textilfasern zunächst mit sil-
berhaltigen Keramikteilchen angereichert. Diese Silberio-
nen – elektrisch aufgeladene Atome – sondern sich wäh-
rend des Tragens permanent von selbst ab und töten dabei
Mikrobakterien, die den Körperschweiß zersetzen und den
unangenehmen Geruch verursachen. Selbst nach vielfa-
chem Waschen soll der High-Tech-Stoff seine antimikro-
bielle Wirkung noch entfalten.
Ein weiteres Plus nanotechnologisch veredelter Ober-
flächen: Es muss keinerlei Chemie verwendet werden.
Das ist nicht nur für Allergiker gut, sondern ist auch um-
weltfreundlich. Allein beim Waschen lassen sich durch
das biotechnische Verfahren gegenüber chemischen
Verfahrensweisen zahlreiche Vorteile* erzielen:
fünf Entwicklungsbereiche und Trends genauer unter die
Lupe genommen: Nanotechnologie, Sweat-Management-
Lösungen, Phase Change Materials, Wearable Electronics
sowie Smart Clothes.
Hat die Textilbranche so viel Innovation nötig? Ja, sagen
die Experten. Stärker als bisher, so die Annahme, wird der
Verbraucher auf die »Fähigkeiten« seiner Sport- und Frei-
zeitbekleidung achten und sie neben dem Preis und Aus-
sehen zum Kaufkriterium machen. Textilexpertin Prof.
Dr. Marie-Louise Klotz von der Hochschule Niederrhein
(s. Interview S. 8): »Ob sich beispielsweise ein Schuh
selbst reinigen kann, wird für die Kaufentscheidung
eines Verbrauchers künftig zentral sein.«
Nanotechnologie: Erst am Anfang der Entwicklung
Sie beschäftigt sich mit ganz kleinen Strukturen und soll
schon bald ganz groß rauskommen: die Nanotechnologie.
Nicht nur Textilforscher versuchen, das in weiten Teilen
noch unentdeckte Potenzial dieses Forschungsansatzes für
innovative und marktreife Entwicklungen fruchtbar zu nut-
zen. Nanopartikel sind nur wenige Millionstel Millimeter
Im Schatten der »klassischen« Textilbran-
chen »Bekleidung« sowie »Heim- und Haus-
textilien« ist der Teilbereich der »technischen
Textilien« in den vergangenen Jahren stark
gewachsen (in der BRD auf über 40 Prozent).
Nach Auskunft von Werner Zirnzak vom IVGT
lässt sich dieser Markt in neun Teilmärkte
gliedern:
■ Mobiltech – Textilfasern für z.B. Automotive,
Luft und Raumfahrt, Schifffahrt
■ Indutech – Industrietextilien, z.B. für Filtra-
tion, Schalldämmungen und Reinigungen für
chemische Industrie, Maschinenbau und
Elektroindustrie
■ Medtech – Medizintextilien, z.B. Babywindeln,
Spezialbandagen, Rettungsdienstausrüstungen
■ Sporttech – Sport- und Freizeitbekleidung,
z.B. wasser- und windabweisende Kleidung
■ Protech – Personen- und Objektschutz, auch im
Industriebereich, z.B. feuerfeste Westen für
Stahlarbeiter, Schusswesten
■ Buildtech – Bautextilien, z.B. Membranen,
Polyester-, Aramid-, Glas- oder Kohlenstofffaser
■ Agrotech – Textilien für den Garten und Land-
schaftsbau, z.B. Zäune, Netze für Felder
■ Packtech – Textilfasern, z.B. für Spezialver-
packungen, Schutzhüllensysteme, Postsäcke,
Big Bags
■ Geotech – Geokunststoffe, z.B. für den
Verkehrswege-, Tief- und Dammbau
Technische Textilien
Agrotech
7 %10 %
3 %
18 %
13 %22 %
5 %
10 %
12 %
Der Bereich technische Textilien
(5,2 Mrd. € Umsatz in Deutsch-
land) mit seinen neun Teilmärk-
ten und ihren Umsatzanteilen.
Foto links: Im Gore-Tex-For-
schungslabor wird ein Schuh
mit einem Sensor für einen
Wasserdurchlässigkeitstest
ausgestattet. Modernstes Equip-
ment und Mitarbeiter-Fachwissen
bilden die Grundlage der Inno-
vationsforschung: Jackentest in
einer Beregnungsanlage (Mitte)
und Schuhleder im Stabilitätstest
(rechts).
Quelle: Industrieverband Garne Gewebe Technische Textilien – IVGT
Sporttech
Protech
Packtech
Buildtech
Geotech
Indutech
MedtechMobiltech
5Sto ry I Tex t i l i nnovat i onen
Zivilschutz, Polizei und Feuerwehr eine übergeordnete
Rolle. Die dort entwickelten Ideen werden dann von den
Produktdesignern und Ingenieuren der Textilbranche auf-
gegriffen und mit Blick auf eine breite Anwendung insbe-
sondere für Sport- und Freizeitbekleidung weiterentwickelt.
Eine der ersten Adaptationen waren Membrane, die
sich in wind-, wasser- und UV-Licht-abweisenden Jacken,
Hosen, Schuhen etc. finden und inzwischen weit verbrei-
tet sind. Dass Membran jedoch nicht gleich Membran ist,
wird bei einem Besuch von Sympatex Technologies deut-
lich. Das Wuppertaler Unternehmen zählt in Deutschland zu
den führenden Anbietern von textil einsetzbaren Membra-
• Pro Waschgang 80 bis 90 Prozent Energieeinsparung
• Halbierung des Wasserverbrauchs pro Waschgang
• Kostenersparnis – durch schmutzabweisende Ober-
fläche muss nicht mehr so häufig gewaschen werden
• Verringerung der eingesetzten Chemie
• Reduktion der Umweltbelastung
Sweat-Management: Schwitzen ohne Folgen
Dass Anglizismen in dem einen oder anderen Fall einfach
besser klingen, zeigt der nächste Forschungsbereich:
Sweat-Management. Das »Schweiß-Management« geht
der Frage nach, wie Körperschweiß am schnellsten ab-
transportiert werden kann. Ein Thema, das die Wissen-
schaftler in den Forschungslabors aus gutem Grund ins
Schwitzen bringt: Der stete Drang nach Perfektion duldet
keine Ruhepausen. Man stelle sich einfach vor: Körper-
flüssigkeit wird nicht mehr nur von der Baumwolle auf-
gesogen, sondern über mehrere textile Schichten vom
Körper wegtransportiert und verdampft dann unauffällig
an der äußersten Bekleidungsschicht. Währenddessen –
ohne dass der Träger etwas davon bemerkt – beseitigen
bioaktive Fasern übel riechende Rückstände. Das alles ist
keine Fiktion, sondern bereits realisierbar.
Sweat-Management ist ein gutes Beispiel für den
Weg, den Innovationen in der Textilbranche gehen kön-
nen. »Hier ebenso wie beim Thema Wärmeisolation stan-
den zum Beispiel die NASA und ihre Entwicklungslabors
Pate«, erklärt Prof. Dr. Marie-Louise Klotz. Denn High-Tech-
Kleidung spielt speziell in den sicherheitssensiblen, öffent-
lichen Bereichen wie z.B. bei Luft- und Raumfahrt, Militär,
Ganz schön trocken: Bei
Gore-Tex legen Testschuhe
im Dauerwassertest eine
Distanz von 500 km zurück.
kontaktAndré Leroy
TÜV SÜD Asia-Pac i f ic
+852- 27 88 - 51 86
www.tuev-sued.de
*Quelle: DECHEMA Gesellschaft für Chemische Technik und Biotechnologie e.V.
6 Sto ry I Tex t i l i nnovat i onen
Der Ursprung des Wortes stammt aus dem Griechischen: Nãnnos bedeutet
»Zwerg«. Vorwiegend gebräuchlich ist die Vorsilbe »Nano«; sie steht für »ein
Milliardstel«. Hat z.B. ein Partikel den Durchmesser von einem Nanometer,
verhält er sich gegenüber einem Meter wie eine Haselnuss gegenüber dem
Erdball. Anders gesagt: Ein Nanometer entspricht z.B. in einem Stück Metall
ungefähr der Strecke von vier benachbarten Atomen. Nanotechnologie ist
ein Oberbegriff für unterschiedlichste Arten der Analyse und Bearbeitung von
Materialien, denen eines gemeinsam ist: Ihre Größendimension beträgt ein bis
einhundert Nanometer (ein Nanometer ist ein milliardstel Meter). Aus diesem
Grund sind Nanomoleküle oder -partikel nur unter einem hochauflösenden
Rasterkraft- oder Elektronenmikroskop sichtbar. Im Nanometer-Grenzbereich
ist die Material-Oberfläche zentral, nicht das Volumen. Beispiel: Der »Lotus-
effekt« ermöglicht selbstreinigende Oberflächen. Auch als Schutzanstrich für
Karosserien werden nanotechnologisch behandelte Lacke derzeit verwendet.
Quelle: Bundesministerium für Forschung und Bildung
Was ist Nanotechnologie?
auf normalem Level halten. Umgekehrt funktioniert es
ähnlich: Friert der Träger eines PCM-Kleidungsstücks,
kristallisieren die Kügelchen und sondern Restwärme ab.
Natürlich stammen nicht alle Innovationen der Textil-
branche aus der Weltraumforschung. Ein grundsätzliches
Phänomen jedoch ist, dass viele Unternehmen sowohl auf
eigene Forschung als auch auf die Kooperation mit exter-
nen Forschungsinstituten setzen – und so z.B. Chemiker,
Mediziner und Pharmazeuten in der Entwicklung einsetzen.
»Wir nutzen beide Möglichkeiten«, sagt Oliver Opitz von
der deutschen Tochter der US-Firma W. L. Gore, des welt-
weit führenden Anbieters innovativer Membranlösungen.
»Zum einen haben wir eine sehr große eigene Entwick-
lungsabteilung für Textilien im Haus: Gore beschäftigt mehr
als 100 Ingenieure verschiedener Fachrichtungen. Des
Weiteren nutzen wir Synergieeffekte durch die Zusammen-
arbeit mit anderen Units von Gore, denn wir stellen z.B.
auch Medizin- und Elektronikprodukte her. Bei speziellen
Themen setzen wir bei Bedarf aber auch auf Kooperatio-
nen mit externen Forschungsinstituten, um technische
Entwicklungen zu forcieren.«
Wearable Electronics: Eingenähte MP3-Player
Schon heute bietet die Bekleidungsindustrie auch ein Betä-
tigungsfeld für IT-Spezialisten und Elektroingenieure, frei
nen. Längst forscht Sympatex an einer neuen Membran-
generation und nutzt dafür auch »höhere« Erkenntnisse:
»Die Raumfahrttechnologie lieferte den Ideenansatz für
unser aufwändiges Vakuumverfahren, bei dem wir Membra-
ne mit Aluminium bedampfen«, erklärt Unternehmens-
sprecherin Diana Kösterkamp. Diese neue, hauchdünne
und glatte Aluminiumschicht wirkt isolierend, indem sie
die Körperwärme reflektiert und nicht entweichen lässt.
Phase Change Materials: Der coole Schaum
Weniger bekannt, dafür aber sehr spektakulär sind so
genannte Phase Change Materials (PCM). Ursprünglich
für die Raumfahrt entwickelt, werden PCM inzwischen
auch in »normalen« Sportjacken, Skianzügen, (Hand-)
Schuhen und sogar in Socken eingenäht. PCM ist ein in
die Kleidung integrierter Spezialschaum, der seinen Aggre-
gatzustand wechseln kann. Unter dem Mikroskop sieht
man, dass PCM-Schaum aus Millionen kleiner Kügelchen
besteht. Sie sind bei Temperaturen unter 22 Grad in festem
Zustand. Sobald sich die Kügelchen durch Körperwärme
oder die Außentemperatur auf über 28 Grad erhitzen, ver-
flüssigen sie sich und speichern die Wärmeenergie. Gleich-
zeitig geben sie ihre Kälte ab. Tests zeigen: Eine z.B. bei
sportlicher Aktivität ansteigende Körpertemperatur lässt
sich auf diese Weise für die Dauer von bis zu drei Stunden
Großes Foto oben und klei-
nes Foto oben links: Jacken
und Schnürsenkel werden
darauf getestet, ob sie
wasserdicht bzw. farbecht
sind. Kleines Foto oben
rechts: Beim Rubbeltest
kann das Material zeigen,
wie strapazierfähig es ist.
Die wasserabweisende
Funktion der Lotusblüten-
blätter wird von der Textil-
forschung kopiert.
Anzeige
S t o ry I x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x x
InterviewPROFESSORIN DR. RER. NAT. MARIE-
LOUISE KLOTZ ist Dekanin des Fachbereichs
Textil- und Bekleidungstechnik an der Hoch-
schule Niederrhein in Mönchengladbach.
Frau Prof. Dr. Klotz, welche textilen Trends erwarten Sie?
Man muss nach Einsatzgebieten unterscheiden: Im Sport werden zuneh-
mend funktionalisierte Textilien eingesetzt, die auf spezielle Einsatzge-
biete zugeschnitten sind. Der Kunde soll sich bei jeder besonderen Akti-
vität in seiner Kleidung absolut wohl fühlen – von der Unterwäsche bis
zu den Schuhen. Passform, Sweat-Management und Schutzfunktionen,
z. B. durch Protektoren, werden für den Verkauf wichtig. Bei den Beklei-
dungstextilien werden individuelle Maßanfertigungen attraktiver: Der
Kunde wählt Design, Material und Verarbeitung selbst aus und erhält
ein passformgerechtes, industriell gefertigtes Bekleidungsstück.
Integrierte MP3-Player und Handys faszinieren die Freizeitindustrie.
Was erwarten Sie von den Wearable Electronics?
Wearable Electronics werden kommen, aber langsam. Sie müssen
hinsichtlich der Tragbarkeit, der Funktionalität, dann hinsichtlich der
Waschbarkeit bzw. Pflegbarkeit noch verbessert werden. Sicherlich
muss sich auch der Preis noch nach unten bewegen.
Wie sollen kleinere und mittlere Textilunternehmen überleben,
die sich keine teure Forschung leisten können?
Kooperationen zwischen Industrie und externen Forschungsinstituten
sind sehr wichtig. Innovative Produkte können nur von einer modernen
Laborinfrastruktur und durch hochqualifizierte Wissenschaftler zur
Marktreife gebracht werden. Forschungsinstitute bieten diese Leis-
tungen zu vertretbaren Kosten und Entwicklungszeiten.
Durch welche weiteren Maßnahmen können sich Textilfirmen einen
Marktvorsprung verschaffen?
Ein effektives Qualitätsmanagement schafft Wettbewerbsvorteile. Es
schützt vor dem Produkthaftungsrisiko und hilft durch eine konsequente
Anwendung der Instrumente Kontrolle, Analyse und Verbesserung auf
allen Unternehmensebenen vor kostenintensiven Rückruf- und Nach-
besserungsaktionen.
nach dem Motto: Kleidung soll nicht nur funktional sein,
sondern auch Spaß machen. Das Stichwort: Wearable
Electronics. MP3-Player, Mobiltelefone und andere Geräte
werden dabei fest in das Kleidungsstück integriert, z.B. in
Ski- und Snowboardbekleidung. Die Kommunikation von
den Ski- und Freizeitpisten dieser Welt soll so noch einfa-
cher werden. Ein wichtiger Markt laut Prof. Dr. Klotz: »Der
Erfolg eines Bekleidungsunternehmens oder Schuhherstel-
lers wird zukünftig stark durch den möglichen Zusatznut-
zen bestimmt. Dieser kann auch durch integrierte Kommu-
nikationslösungen und Fun-Angebote erreicht werden.«
Und so hat z.B. auch Gore-Tex schon in Sachen Wearable
Electronics geforscht und entwickelt. »Wir haben für
einige unserer Partner Kleidung mit Kabeln produziert«,
erklärt Sprecher Oliver Opitz. Die größte Herausforderung:
Sie musste waschbar sein.
Smart Clothes: Kinder über GPS orten
Wie so häufig in der Forschung kommt auch bei den inte-
grierten Elektrogeräten nur die »Spitze des Eisbergs« zur
praktischen Anwendung – von Marktreife ganz zu schwei-
gen. Prof. Dr. Klotz ist sich aber sicher: »Intelligente
Bekleidung, die aktiv mit der Umwelt kommuniziert, wird
kommen. Sensoren erfassen beispielsweise Körperdaten
und Biosignale, die gespeichert oder aber auch zur Über-
wachung weitergegeben werden können. Ein anderes
Anwendungsfeld kann die Ermittlung von Umweltdaten
wie z.B. Temperatur und Feuchte sein. Über Aktuatoren
in der Bekleidung wird daraufhin beispielsweise das
Kühlen oder Wärmen des Trägers ausgelöst.«
Optimismus, der eine praktische Grundlage hat –
denn die kreativen Köpfe in den Labors sind dem
»Status quo der Marktinnovation« immer eine Nasen-
länge voraus. So können Bekleidungsstücke bereits mit
Hilfe von Mini-Elektrochips erkennen, welche Gegen-
stände ihr Besitzer bei sich trägt. Mehr noch: Smart
Clothes weisen den Träger darauf hin, wenn er ein
wichtiges Utensil, z. B. die Geldbörse, nicht bei sich
trägt. Auch die Überwachung menschlicher Körperfunk-
tionen (Herzschlag, Blutdruck) mittels Bekleidung ist
ein potenzieller Gewinn – für Sportler wie für alte und
kranke Menschen. Und dann wäre da noch der Alb-
traum jedes Jugendlichen: Eltern, die ihre Spröss-
linge via GPS- bzw. GSM-Modul überall orten können.
Qualitätsprüfungen
Als Dienstleister für die Textilindustrie hat TÜV
SÜD in China, Indien, Thailand und anderen
asiatischen Ländern modernstes Equipment.
In Kombination mit dem Know-how eines welt-
weit operierenden Experten-Netzwerks werden
die Textilien dort in Labors auf schädliche Sub-
stanzen sowie die Einhaltung internationaler
Marktanforderungen kontrolliert (z.B. ASTM
und AATCC für den US-Markt, BS für Großbri-
tannien, DIN für Deutschland, EN für die EU).
Des Weiteren bietet TÜV SÜD ganzheitliche
QM- und Umwelt-Zertifizierungen nach interna-
tionalen Standards an, z.B. ISO 9000 und ISO
14000. TÜV SÜD Product Service in Asien prüft
u.a. Fasern und Garn, Teppichboden, Beklei-
dungszubehör, Federn und Daunen, Leder, Latex,
Watte und untersucht dabei folgende Materialei-
genschaften: Farbe und Feuerfestigkeit, Qualität,
Güte, Formstabilität, Beschaffenheit, Beständig-
keit, Umweltverträglichkeit etc.
Produktüberwachung
Wichtiger Bestandteil der Qualitätskontrolle: Das
Produkt wird von TÜV SÜD-Experten bereits in der
Fertigungsphase auf Einhaltung spezifischer An-
forderungen visuell inspiziert. Im Bedarfsfall wer-
den Modifikationen vorgeschlagen und vorgenom-
men. Die Analyse unabhängiger Prüfer garantiert
eine optimale Kontrolle der angestrebten Quali-
tätsmaßstäbe vom Beginn des Fertigungsprozes-
ses bis zur Verschiffung.
Social Compliance
Unternehmen setzen ihre eigenen Social Compli-
ance Standards schon von sich aus höher, als es
gesetzliche Vorgaben verlangen. Tun sie dies nicht,
droht der Verlust des Verbrauchervertrauens. TÜV
SÜD dokumentiert die Arbeitsbedingungen (z.B.
durch SA 8000-Zertifizierungen) bei Zulieferern
und in deren Management. Ein wichtiger Vorteil
für Unternehmen, die in Asien produzieren, und
für Kunden, die Transparenz wünschen.
Kundenspezifische Audits
■ Schulungen
■ Internationale Richtlinien: Was ist zu beachten?
■ Trainings zur Qualitätsverbesserung
■ Supply Chain Management
TÜV SÜD – Mehrwertpartner für die Textilbranche
Ob Nanotechnologie, Sweat-Management, PCM-Schaum,
Wearable Electronics oder Smart Clothes – auf jeden Fall
werden solche und ähnliche Innovationen für Textilunter-
nehmen in westlichen Industriestaaten überlebenswichtig
sein. Prof. Dr. Klotz: »Ein Textil- und Bekleidungsunterneh-
men in Europa oder speziell in Deutschland kann nur mit
innovativen Produkten seine Marktposition halten bzw.
ausbauen.« Denn auf dem Weltmarkt herrscht ein harter
Konkurrenz- und Preisdruck.
Rund 18 Mio. Beschäftigte arbeiten in den Unterneh-
men der europäischen Textilindustrie (350 Mrd. US-Dollar
Umsatz), 250 Mio. sollen es weltweit sein. 30 Jahre lang
regelten Quotenvereinbarungen bilateral, welches Import-
land von welchem Exportland welche Einfuhrmenge akzep-
tiert. Auf diese Weise gelang es den Industrieländern, ihre
Fabriken vor der »Billigkonkurrenz« zu schützen. Hunderte
von Quotenvereinbarungen entstanden so, die aber den
Zielen des GATT (General Agreement on Tariffs and Trade)
für einen freien Handel und globalen Wettbewerb wider-
sprachen. Schließlich entschärfte eine Kompromisslösung
den Konflikt zwischen GATT-Befürwortern und Anhängern
der Quotenregelung: die Gründung der Welthandelsorgani-
sation (WTO – World Trade Organization) im Jahr 1994, in
die das GATT überführt wurde. Die WTO setzte in dem vor-
geschriebenen Zehnjahres-Zeitfenster den freien Handel
durch, der nun seit dem 1. Januar 2005 gilt – von wenigen
Ausnahmen abgesehen.
Innovative Produkte, die kühlen oder wärmen, den
Schweiß abführen und »mitdenken«. Was genau im Jahr
2010 in den Regalen der Textilabteilung liegt, ist noch
nicht sicher. So viel jedoch steht heute schon fest: der
Kleiderschrank wird zur High-Tech-Kammer! ■
Zeitgerecht: die Integration
elektrischer Kleinstgeräte
(MP3-Player, Handy) in moderne
Kleidungsstücke (Foto oben
links). Foto oben rechts: Ein
Textil wird im Sympatex-Labor
auf seine wasserabweisenden
Eigenschaften geprüft.
8
Kontakt TÜV SÜD AG Westendstr. 199 80686 München Telefon: +49 89 5791 - 0 [email protected] © TÜV SÜD AG | 01-2007