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a4. SEPI'EMBER 1023 I~[,INI SCHE WOCHENSCHRIFT. 2. J AHR GANG. Nr. 30 Gewebe noch nicht vollst/~ndig ersch6pft erschienen, durch Einspritzung yon Natriul_nphosphatl6suilg Festigung zu er- reichen. Ein Eriolg blieb aus. In einem weiteren Fall trat Festigung bis auk sehr geringe Wackelbeweguilgen ein. Ich vermag noch nicht zu sagen, ob sis Fortschritte machen wird. L i t e r a t u r: BILLXaH~.IM~R,Klin. Wochenschr. 1923, Nr. 22 u. 23. ~ BussE u. BLECHEg, Dtsch. Zeitschr. f. Chirurg. 73, 388. 19o 4. -- EOEN, Dtsch. Zeitschr. f. Chirurg. 17o, 2o9. 1922. -- FR~,UD~NBEg~ u. GY6RGY, Biochem. Zeitsehr. Ixo. 192o; xx5, II8, I2I, I24. 1921, u. ~29. 1922. -- v. GAZA,Bruns' Beitr. z. klin. Chirurg. zxo, 347- 1917. --GEBHARD~, Arch. f. Entwicklungsmech. d. Organismen. 32, 727 . 1911. -- GRu~R, Mitt. a. d. Grenzgeb. d. lVled, u. Chirurg. 27, 762. I914 und Bruns' Beitr. z. klin. Chirur. x06, 384. 1917 . -- HOF~EIS~R, Ergebn. d. Physiol. II, S. 429. tglo. -- ISRAEL,Fortschr. a. d. Geb. d. R6ntgenstr. 27, 365. 192o._ KiJTTNER, Ergebn. d. Chirurg. u. Orthop. l, 49- 191o. -- LF, X ~ , Arch. f. klin. Chirurg. Hg, 52o. i922. -- LI~S~GANG, Zentralbl. f. GynAkol. 1915, S. 241. -- LUBARSCH, Verhandl. d. Dtsch. Ges. f. Pathol. nI, s. 102. 19oo. --MARCItAND, Dtsch. Chirurg. I6. 19Ol. -- PICK, Zieglers Bsitr. z. alg. Path. u, pgthol. Anat. 69, 496. 1921. -- POCHHAMm:ER,Arch. f. klin. Chirurg. 94, 352. 1911. --- M. B. SCHMIDT, Verhandl, d. Dtsch. Ges. f. Pathol. Bd. XIIL s. 3. t9o9. - - STOELTZN~R, Mfinch. med. Wochenschr. 192 L S. 272. UNTERSUCHUNGEN ZUR THEORIE DER THROMBINWIRKUNG. Von Dr. EDGAR W6HHSCH. Aus der Med. Klinik der Universit~it Kiel (Direkto~: Prof, SCHI3~FENHELM). Uber den Entstehungsmodus des Fibrins aus dem Fibri- nogen beim Vorgange der Blutgerinnung gehen die Ansichten der verschiedeilen Autoreil heute Iloch weit auseinander. Von den neueren Forschern nimmt NOLF eine kolloid- chemische Reaktion an nach dem Schema: Fibrinogen + Thrombogen + Thromboeym = Fibrin + Thrombin. Er sieht also das Thrombin als eii1 Nebenprodukt der Ge- rinnung an, dfirfte aber mit dieser Aukfassung vereinzelt dastehen. Alle anderen Autoren betrachten, meines Er- aehtens mit vollem Recht, das Thrombin als das eigentliche die Gerinnung ausl6sende Agens. An eine fermentative Spaltung des Fibrinogeils durch das Thrombin dachteil SCI~MIEDEB~Ra und H~UBNER, ffir die Aukfassung einer intramolekulareil Umlagerung des Fibri- nogenmolekfils unter dem Einflug des Thrombins trat zil- letzt HAMMARSTEN ein. BORDET scheint an eine Verbindung der beiden Substanzen zu glauben. HEKMA schreibt dem Thrombin die Fs zu, dem Fibrinogen Alkali zu ent- ziehen und dadurch die Gerinnung herbeizuffihren. H~RZ- enLD und KLIN~R nehmen an, dab durch das Thrombin dem Fibrinogen eine desseil Stabilit/~t bedingende Adsorptions- hfille aus einer Iliedrigmolekularen Substanz eiltzogen werde, und nach STUBER eildlich ist der Prozeg der Gerinnuilg nichts anderes als eiile einkache Eiltquellung des Fibrinogens durch das queUende Thrombin. Die Stubersche Hypothese hatte ieh bereits in einer in dieser Zeitsehrift (dieser Jahrg., H. 23) erschieilenen kurzen Mitteilung auf Grund eigeiler Untersuchungen fiber den isoelek- trischen Punkt des Fibrinogens und des Fibrins abgelehnt. Von den fibrigen der erwAhnten Theorien, deren keine streng bewiesen ist, erschien dem Verf. die yon HERZFELD uild KLINaE~ noch als die relativ bestfundierte, weshalb vor aUem eine Nachpriifung ihrer Grundlagen nStig war. Die Theorie der beiden Autoren steht in der Hauptsache auf folgendem Fundamentalversuch. HERZFELD und KLINGER hatten den merkwfirdigen Befund erhoben, dab sich eine an sich stabile FibrinogenlSsung durch bloBe Dialyse gegen eine gleich- prozentige KochsalzlSsung zur Gerinnung bringen lasse. Sie folgerten hieraus, wie bereits erwAhnt, auk eine dutch Dialyse oder durch Thrombin entfernbare, die Stabilits des Fibri- noegns bedingende Adsorptionshfille. STUBER, der ebenfaUs eine Nachpriifung des Herzfeht- und Klingerschen Grundversuches vornahm, konnte ihn nicht best/itigen. Mir gelang dagegen die Ausflockung des Fibri- nogens durch Dialyse gegen KochsalzlSsung stets. Ich arbeitete mit Pergamenthfillen yon SC~LEICH~R und SCn0LL Vielleicht erkl/irt sich der negative Ausfall der Stuberschen Versuche dadurch, dab dieser Autor andere Hfilsen anwandte, worfiber sich keine Angaben finden. Es erschien mir silk Grund der folgenden Erw~igungen indessen sehr kraglieh, ob wirklich die yon tlERZFELD und KLINGER ihrem Grundversuche gegebene Deutung und die auf dieser Deutung basiereilde Auffassung vom Wesen der Thrombinwirkung zutrefkend sei. Es bestehen n/imlich noch zwei andere MSglichkeiten, den Versuch yon HERZPELO und KLINGER ZU deuten, deren eine sich erst auf Grund neuester Untersuchungen yon VINES ergibt, deren zweite aber HE~Z- FELD und KI, INGER fibersehen haben. VI~ES hat daxauI hingewiesen, dab wahrscheinlich im Gegensatz zu der klassischen Auffassung den Ca-Ionen keine spezifische Rolle bei der Entstehung des Thrombins zu- kommt, wie man bisher in vermutlich f/tlschlicher Deutung der geriilnungsverhindernden -- weil thrombinbildungsverhin- dernden -- Wirkung der Oxalate, Citrate und Fluoride an- nahm, da ja diese drei Anionen den Kalk ausf~llen bzw. entioilisieren. VI~ES 1) hat es sehr wahrscheinlich gemacht, dab die gerinnungsverhindernde Wirkung der drei Anionen vielmehr auf einer direkten, gewissermaBen vergiftenden Wirkuilg beruht, die sie durch ihre Bindung an Vorstufen des Thrombins ausfiben. Stellt man sich auf den meines Erachtens experimentell gut begrfindeten Standpunkt yon VI~ES, so l~gt der Versuch yon HBRZF~.LD und KLINOER such die folgende Deutung zu: Die Fibrinogenl6sungen, die ja durch Salzfgllung aus Oxalatplasma hergestellt werdeil, enthalteil h~ufig -- je nach dem angewandten Reinigungs- verfahren -- auger dem Fibrinogeil noch oxalathaltiges Pro- thrombin. Entzieht man diesem durch Dialyse das Oxalat, so kann es in der Hiilse zur Thrombinentstehung und damit zur Gerinnung kommen. Die zweite M6glichkeit zur Deutung des Herzfeld- und Kliilgerscheil Versuches ist die folgende. Die Flockung des Fibrinogens kann such die Folge einer direkten katalytischen Wirkung der Membran auf diesen Eiweigk6rper sein. Es lieg sich zeigen, dab diese letztere M6glichkeit tats/~ch- lich zutrifft. Es gelingt n/imlich die Ausflockung des Fibri: nogeils, auch wenil man die mit Fibrinogen gefiillte Dialysier- hfilse start in KochsalzlSsung in die gleiche FibrinogenlSsung eintaucht. Man erh~ilt dann eine Flockung in der Hiitse und in der AuBenflfissigkeit. DaB die Wirkung der Membran eine direkte ist -- dab es sich also nicht etwa um eine Bindung des Oxalates etwaigen Oxalatprothrombins an die Membran und dadurch bedingte Thrombinentstehung handelt --, lieg sich dadurch zeigen, dag die Flockuilg such bei Anwendung eines Oxalat- bzw. Citrat- oder Fluoridfiberschusses eintrat. Mit dem Nachweise der unrichtigen Deutung des yon HERZ- FEI,D und KI, I~GER ihrer Theorie zugrunde gelegten Versuches I/~llt meines Erachteils die ganze Theorie dieser Autoren, da die fibrigen Versuche keinerlei zwingende Beweise ffir die Richtigkeit ihre Auffassung enthalten. Ich m6chte nun an dieser Stelle, vorl/~ufig mit aller Re- serve und im Sinne einer Arbeitshypothese, fiber meine eigene -- meines Wissens in der Geriilnungsliteratur bisher nicht vertretene -- Ansicbt fiber das Wesen der Thrombin- wirkung kurz berichtem Auf Grund der im iolgenden *be- sprochenen Versuche, fiber die an anderem Orte ausffihrlich berichtet werden wird, halte ich es f fir recht wahrscheinlieh, dab der Vorgang der Flockung des Fibrinogens dutch das ~1 Auch STUBER bestreitet neuerdings die spez. RoUe der Kalksalze. lgr will die gerinnungsverhindernde Wirktmg der Oxalate und Citrate dutch die Bildung eines fiir das Thrombin nieht angreifbaren Oxalatfibrinogens erld~en. Rr verlegt also die Oxalatwirkung in die II. Phase der Gefinnung. Die Stubersehe Annahme wider- spricht den elementarsten Tatsae . : " " ~g,9~yj~a~.~fier iiberzeugen kann, der ein Oxalatl~lasmta~r@der ~eine %xalathaltige Fibrinogenlgsb.ng klassischen Arbeiten yon HAMMA#~STEN~igI~ |~rigst ~defitiitiv "naehgewieseh, dag der Angriffspunkt tier Oxalate usw. di~ I. Phase, die der Thrombinbildtmg, ist.

Untersuchungen zur Theorie der Thrombinwirkung

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a4. SEPI 'EMBER 1023 I ~ [ , I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 2. J A H R G A N G . Nr. 30

Gewebe noch nicht vollst/~ndig ersch6pft erschienen, durch Einspritzung yon Natriul_nphosphatl6suilg Festigung zu er- reichen. Ein Eriolg blieb aus. In einem weiteren Fall t ra t Festigung bis auk sehr geringe Wackelbeweguilgen ein. Ich vermag noch nicht zu sagen, ob sis Fortschri t te machen wird.

L i t e r a t u r: BILLXaH~.IM~R, Klin. Wochenschr. 1923, Nr. 22 u. 23. ~ BussE u. BLECHEg, Dtsch. Zeitschr. f. Chirurg. 73, 388. 19o 4. - - EOEN, Dtsch. Zeitschr. f. Chirurg. 17o, 2o9. 1922. - - FR~,UD~NBEg~ u. GY6RGY, Biochem. Zeitsehr. Ixo. 192o; xx5, II8, I2I, I24. 1921 , u. ~29. 1922. - - v. GAZA, Bruns' Beitr. z. klin. Chirurg. zxo, 347- 1917. --GEBHARD~, Arch. f. Entwicklungsmech. d. Organismen. 32, 727 . 1911. - - GRu~R, Mitt. a. d. Grenzgeb. d. lVled, u. Chirurg. 27, 762. I914 und Bruns' Beitr. z. klin. Chirur. x06, 384 . 1917 . - - HOF~EIS~R, Ergebn. d. Physiol. II, S. 429. tglo. - - ISRAEL, Fortschr. a. d. Geb. d. R6ntgenstr. 27, 365. 192o._ KiJTTNER, Ergebn. d. Chirurg. u. Orthop. l, 49- 191o. - - LF, X~, Arch. f. klin. Chirurg. Hg, 52o. i922. - - LI~S~GANG, Zentralbl. f. GynAkol. 1915, S. 241. - - LUBARSCH, Verhandl. d. Dtsch. Ges. f. Pathol. nI, s. 102. 19oo. - - M A R C I t A N D , Dtsch. Chirurg. I6. 19Ol. - - PICK, Zieglers Bsitr. z. alg. Path. u, pgthol. Anat. 69, 496. 1921. - - POCHHAMm:ER, Arch. f. klin. Chirurg. 94, 352. 1911. - - - M. B. SCHMIDT, Verhandl, d. Dtsch. Ges. f. Pathol. Bd. XIIL s. 3. t9o9. - - STOELTZN~R, Mfinch. med. Wochenschr. 192 L S. 272.

UNTERSUCHUNGEN ZUR THEORIE DER THROMBINWIRKUNG.

V o n

Dr. EDGAR W6HHSCH. Aus der Med. Klinik der Universit~it Kiel (Direkto~: Prof, SCHI3~FENHELM).

Uber den Entstehungsmodus des Fibrins aus dem Fibri- nogen beim Vorgange der Blutgerinnung gehen die Ansichten der verschiedeilen Autoreil heute Iloch weit auseinander.

Von den neueren Forschern nimmt NOLF eine kolloid- chemische Reaktion an nach dem Schema:

Fibrinogen + Thrombogen + Thromboeym = Fibrin + Thrombin.

Er sieht also das Thrombin als eii1 Nebenprodukt der Ge- rinnung an, dfirfte a b e r mit dieser Aukfassung vereinzelt dastehen. Alle anderen Autoren betrachten, meines Er- aehtens mit vollem Recht, das Thrombin als das eigentliche die Gerinnung ausl6sende Agens.

An eine fermentat ive Spaltung des Fibrinogeils durch das Thrombin dachteil SCI~MIEDEB~Ra und H~UBNER, ffir die Aukfassung einer intramolekulareil Umlagerung des Fibri- nogenmolekfils unter dem Einflug des Thrombins t ra t zil- letzt HAMMARSTEN ein. BORDET scheint an eine Verbindung der beiden Substanzen zu glauben. HEKMA schreibt dem Thrombin die Fs zu, dem Fibrinogen Alkali zu ent- ziehen und dadurch die Gerinnung herbeizuffihren. H~RZ- enLD und KLIN~R nehmen an, dab durch das Thrombin dem Fibrinogen eine desseil Stabilit/~t bedingende Adsorptions- hfille aus einer Iliedrigmolekularen Substanz eiltzogen werde, und nach STUBER eildlich ist der Prozeg der Gerinnuilg nichts anderes als eiile einkache Eiltquellung des Fibrinogens durch das queUende Thrombin.

Die Stubersche Hypothese hat te ieh bereits in einer in dieser Zeitsehrift (dieser Jahrg., H. 23) erschieilenen kurzen Mitteilung auf Grund eigeiler Untersuchungen fiber den isoelek- trischen Punkt des Fibrinogens und des Fibrins abgelehnt. Von den fibrigen der erwAhnten Theorien, deren keine streng bewiesen ist, erschien dem Verf. die yon HERZFELD uild KLINaE~ noch als die relativ bestfundierte, weshalb vor aUem eine Nachpriifung ihrer Grundlagen nStig war. Die Theorie der beiden Autoren steht in der Hauptsache auf folgendem Fundamentalversuch. HERZFELD und KLINGER hatten den merkwfirdigen Befund erhoben, dab sich eine an sich stabile FibrinogenlSsung durch bloBe Dialyse gegen eine gleich- prozentige KochsalzlSsung zur Gerinnung bringen lasse. Sie folgerten hieraus, wie bereits erwAhnt, auk eine dutch Dialyse oder durch Thrombin entfernbare, die Stabilits des Fibri- noegns bedingende Adsorptionshfille.

STUBER, der ebenfaUs eine Nachpriifung des Herzfeht- und Klingerschen Grundversuches vornahm, konnte ihn nicht best/itigen. Mir gelang dagegen die Ausflockung des Fibri- nogens durch Dialyse gegen KochsalzlSsung stets. Ich arbeitete mit Pergamenthfillen yon SC~LEICH~R und SCn0LL Vielleicht erkl/irt sich der negative Ausfall der Stuberschen Versuche dadurch, dab dieser Autor andere Hfilsen anwandte, worfiber sich keine Angaben finden.

Es erschien mir silk Grund der folgenden Erw~igungen indessen sehr kraglieh, ob wirklich die yon tlERZFELD und KLINGER ihrem Grundversuche gegebene Deutung und die auf dieser Deutung basiereilde Auffassung vom Wesen der Thrombinwirkung zutrefkend sei. Es bestehen n/imlich noch zwei andere MSglichkeiten, den Versuch yon HERZPELO und K L I N G E R ZU deuten, deren eine sich erst auf Grund neuester Untersuchungen yon VINES ergibt, deren zweite aber HE~Z- FELD und KI, INGER fibersehen haben.

VI~ES hat daxauI hingewiesen, dab wahrscheinlich im Gegensatz zu der klassischen Auffassung den Ca-Ionen keine spezifische Rolle bei der Entstehung des Thrombins zu- kommt, wie man bisher in vermutlich f/tlschlicher Deutung der geriilnungsverhindernden -- weil thrombinbildungsverhin- dernden -- Wirkung der Oxalate, Citrate und Fluoride an- nahm, da ja diese drei Anionen den Kalk ausf~llen bzw. entioilisieren. VI~ES 1) hat es sehr wahrscheinlich gemacht, dab die gerinnungsverhindernde Wirkung der drei Anionen vielmehr auf einer direkten, gewissermaBen vergiftenden Wirkuilg beruht, die sie durch ihre Bindung an Vorstufen des Thrombins ausfiben. Stellt man sich auf den meines Erachtens experimentell gut begrfindeten Standpunkt yon VI~ES, so l~gt der Versuch yon HBRZF~.LD und KLINOER such die folgende Deutung zu: Die Fibrinogenl6sungen, die ja durch Salzfgllung aus Oxalatplasma hergestellt werdeil, enthalteil h~ufig -- je nach dem angewandten Reinigungs- verfahren -- auger dem Fibrinogeil noch oxalathaltiges Pro- thrombin. Entzieht man diesem durch Dialyse das Oxalat, so kann es in der Hiilse zur Thrombinentstehung und damit zur Gerinnung kommen.

Die zweite M6glichkeit zur Deutung des Herzfeld- und Kliilgerscheil Versuches ist die folgende. Die Flockung des Fibrinogens kann such die Folge einer direkten katalytischen Wirkung der Membran auf diesen Eiweigk6rper sein.

Es lieg sich zeigen, dab diese letztere M6glichkeit tats/~ch- lich zutrifft. Es gelingt n/imlich die Ausflockung des Fibri: nogeils, auch wenil man die mit Fibrinogen gefiillte Dialysier- hfilse start in KochsalzlSsung in die gleiche FibrinogenlSsung eintaucht. Man erh~ilt dann eine Flockung in der Hiitse und in der AuBenflfissigkeit. DaB die Wirkung der Membran eine direkte ist -- dab es sich also nicht etwa um eine Bindung des Oxalates etwaigen Oxalatprothrombins an die Membran und dadurch bedingte Thrombinentstehung handelt --, lieg sich dadurch zeigen, dag die Flockuilg such bei Anwendung eines Oxalat- bzw. Citrat- oder Fluoridfiberschusses eintrat. Mit dem Nachweise der unrichtigen Deutung des yon HERZ- FEI, D und KI, I~GER ihrer Theorie zugrunde gelegten Versuches I/~llt meines Erachteils die ganze Theorie dieser Autoren, da die fibrigen Versuche keinerlei zwingende Beweise ffir die Richtigkeit ihre Auffassung enthalten.

Ich m6chte nun an dieser Stelle, vorl/~ufig mit aller Re- serve und im Sinne einer Arbeitshypothese, fiber meine eigene -- meines Wissens in der Geriilnungsliteratur bisher nicht vertretene -- Ansicbt fiber das Wesen der Thrombin- wirkung kurz berichtem Auf Grund der im iolgenden *be- sprochenen Versuche, fiber die an anderem Orte ausffihrlich berichtet werden wird, halte ich es f fir recht wahrscheinlieh, dab der Vorgang der Flockung des Fibrinogens dutch das

~1 Auch STUBER bestreitet neuerdings die spez. RoUe der Kalksalze. lgr will die gerinnungsverhindernde Wirktmg der Oxalate und Citrate dutch die Bildung eines fiir das Thrombin nieht angreifbaren Oxalatfibrinogens er ld~en. Rr verlegt also die Oxalatwirkung in die II . Phase der Gefinnung. Die Stubersehe Annahme wider- spricht den elementarsten Tatsae . : " " ~g ,9~y j~a~ .~ f i e r iiberzeugen kann, der ein Oxalatl~lasmta~r@der ~eine %xalathaltige Fibrinogenlgsb.ng

klassischen Arbeiten yon HAMMA#~STEN~igI~ |~rigst ~defitiitiv "naehgewieseh, dag der Angriffspunkt tier Oxalate usw. di~ I. Phase, die der Thrombinbildtmg, ist.

Page 2: Untersuchungen zur Theorie der Thrombinwirkung

1802 K L I N I S C H E W O C H E N S C H R I F T . 2. J A H R G A N G . Nr. 39 24. SEPTEMBER 1923

Thrombin einerseits und der Vorgang der langsamen spon- tanen Flockung des Fibrinogens bet gew6hnlicher Temperatur und der damit wohl identische schnell verlaufende ProzeB der Hitzekoagulation des Fibrinogens andererseits artgleiche Vorgfinge sind. Ich hatte diese Anffasung in der erw~hnten Mitteilung in dieser Zeitschrift bereits knrz angedeutet.

Wie mir scheint, wird die bier vertretende Anschauung nahegelegt durch folgende Befunde.

Zunfichst einmal ist das dutch Hitzekoagulation aus dem Fibrinogen entsteheade Gerinnsel in seinem Aussehen und seinen mechanischen Eigenschaffen zum Verwechseln / ihn- lich mit dem durch Thrombinkoagulatioi1 entstandenea Fi- br in; es ist wie dieses ein echtes glasiges, elastisches, zghes, stark gequollenes und beim Liegen sein "Wasser teilweise ab- gebendes Gel. Interessanterweise unterscheidet sich das Hitzekoagulum des Fibrinogens, das doch auch ein Globulin vorstellt, in seinen Eigenschaften scharf yon dem tiitze- koagulum beispielsweise des Serumglobulins, das eine weiche, br6cklige, nichtgelatinSse und unelastische Masse bildet.

Ferner : Der Ansicht, dab die bet gevz6hnlicher Temperatur langsam und spontan -- also ohne Thrombinzusatz -- ver, laufende Flockung des Fibrinogens und die beim sogenannten Koagulationspunkt schnell verlau~ende Denaturierung beim Fibrinogen wie auch bet den tibrigen Globulinen artgleiche Fro- zesse sind, diirite wohl keinem Widerspruch begegnea. Nun weisen aber auch die langsame Spontanflockung und die durch Zusatz kleiner Thrombinmengea hervorgeruieaea Gerinnsel eine derartige Ahnlichkeit auf, dab sie sich nich* unterscheiden lassen. Es wgre meines Erachtens direkt merkwiirdig, wean man annehmen wollte, dab aus einem EiweiBk6rper aui zwei ganz verschiedeae Weisea zwei Endprodukte mit ganz spezi- fischen Eigenscha{ten entstehen, die einander zum Verwechseln ~hntich sind. Ngberliegend erscheint mir die Auffassung des Thrombins als eines Katalysators der langsamen Spontan- flockung, insbesondere da wir an dem. Beispiel der Flockung des Fibrinogens durch die Wirkung ether Pergamentmenbran gesehen batten, dab die Fibrinogenilockung katalytischen Einfliissen zug/inglich ist.

Ist die hier vertretene Auffassung richtig, So ist zu er- warren, dab sich die Prozesse der Hitzekoagulation nnd der Thrombingerinnung gegenseitig unterstii tzen werden. Dies ist tats/ichlich der Fall: eine klare Fibrinogenl6sung, die man bis dicht an ihren Koagulationspunkt herai1 -- also bis zum Auftreten ether eben bemerkbaren Opalescenz -- erwgrmt, und die m~n nach dem Wiederabki~hlen mit Thrombin versetzt, gerinnt unter sonst gleichen Bedingungen viel schneUer als die nicht vorher erwSxmte Kontrolle.

Ob umgekehrt auch durch Thrombinwirkung die ttitze- koagulation beg/instigt wird, babe ich aus gugeren Gr/inden (Hirudinmangel) bisher nicht untersuchen k6nnen; ich finde aber in der Literatur die auf HAMgARS:tE~r zurfickgehende Angabe, dab diesem Autor durch Thrombineinwirkung auf das Fibrinogen die Herstellung eines niedriger als dieser EiweiBk6rper koagulierenden ,,Zwischenproduktes" gelungea sei, was ganz im Sinne meiner Auffassung ist.'

In der Kolloidchemie der ]~iweiBk6rper i s t ierner bekannt, dab der Prozel3 der Hitzekoagulation durch Alkoholzusatz stark besehleunigt wird, so dab es zu einer Erniedrigung des Koagulationspunktes kommt. Es liel3 sich zeigea, daB, ganz wie zu erwarten warl auch die Thrombingerinnung durch A1- koholzusatz stark beschleunigt w i rd . Gelegentlieh dieser Untersuchungen wurde die Frage n a c h der Spezifit~t der Thrombinwirkung er6rtert: es erschien nach unserer Auf- "fassung m6glich, dab der Grund ffir die Unangreffbarkeit der fibrigen Globuline ffir das Thrombin~n der gr6Beren Stabilit/~t dieser EiweiBk6rper, die sich u. a. in dem h6here/a K6agula- t ionspunkt ~ul3ert, zu suchen sei. Eine Ersehfitterung dieser Stabilit~t durch Alkoh01zusatz, deraxt, dab der Koagulations- punkt auf den des Fibrinogens herabgedrfickt wird, k6nnte vielleicht das Globulin anch fiir das Thrombin angreifbar machen. Dies ist ' indessen nicht der Fall. Das Thrombin ist also ein streng spezifischer Katalysator.

Endlich wurde untersueht, ob auch beziiglich der Abh/~ngig- keit tier Hitze- und der Thrombinkoagulation yon der Wasser-

stoffionenkonzentration Ahnlichkeiten zwischen beiden Pro- zessen bestehen. Die Verh/iltnisse liegen hier folgendermaBen: Die Ititzekoagulation verl/iuft bekalmtlich am schnellsten im isoelektrischen Punkte eines Eiweil3k6rpers. Die Thrombin- koagulation verl/iuft dagegen nach meinen Untersuehungen am schnellsten bet ungef~hr neutraler (ganz schwach saurer) Reaktion. Dieser Befund spricht indessen nicht gegen die Hypothese der Identi t~t yon Hitze- und Tlwombinkoagulation. Dean eine st/~rker saure Reaktion, welche an sich die Flockung des Fibrinogens begiinstigt, well es diesen Eiweil3k6rper seinem isoelektrischen Punkte n/iherbringt, kann gleichzeitig das Thrombin reversibel oder irreversibel seh/Migen, w/ihrend es bet ann~ihernd neutraler Reaktion sein ~qrkungsopt imum aufweist. Ein derartiges Verhalten war sogar yon vornherein zu erwarten, da alle Fermente -- zu denen ja wahrscheinlich auch das Thrombin geh6rt -- das Optimum ihrer Wirksam- keit bet der Reaktion haben, bet welcher der betreffende ProzeB unter natiirlichen Bedingungen abl~iuft.

Dagegea sfimmea die Hitze- und die Thrombinkoagulation in dem wichtigea Punkte fiberein, dab elektropositives Fibri- nogen, als0 S~urefibrinogen, weder durch Hitze noch darch Thrombin zum Gerinnen zu bringen ist.

AuI der alkalischen Seite reicht die Tbrombinwirkung bis zu kleineren Werten der [H +] als die Hitzekoagulation, was aber ebenfalls unsere Auffassung nicht widerlegt, da die Grenze der F~llbarkeit des Fibrinogens ja ihrerseits eine Funk- tion der Temperatur sein kann, die sieh mit steigender Tem- peratur zu h6heren [H+]-Werten verschiebt. Ffir die Rich- tigkeit diesel" Deutung spricht besonders der Umstand, dab auch die mit der Hitzekoagulation mit gr6Bter Wahrschein- lichkeit identische Spontanflockung bet gew6hnlicher Tem- peratur ebenfalls wetter ins alkalische Gebiet hineinreicht als die Hitzekoagulation.

Bisher haben also meine Untersuchungen zur Theorie der Thrombinwirkung, die alIerdings noch stark erweiterungs- f~ihig sind, keine Ergebnisse gezeitigt, die im Widerspruch zu tier eingangs geguBerten Arbeitshypothese stgndea.

Zusacnmen]assung. Auf Grnnd eigener Untersuchungen wird die Theorie der Gerinnung yon I-tERZFELD und KLINGER abgelehnt.

E s werden einige Untersuchungsergebnisse mitgeteilt, die es wahrscheinlich maehen, dab der ProzeB der Gerinnung des Fibrinogens dutch Thrombin einerseits, die spontane Flockung bet gew6hnlicher Temperatur und die Hitzekoa- gulation des Fibrinogens andererseits gleichartige Prozesse sind. Das Thrombin w~ire hiernach als ein -- wie gezeigt wurde -- s• spezifischer Katalysator der spontanen K0agulat ion des Fibrinogens aufzufassen.

VESTIBULARE KORPERREFLEXE UND REAKTIONSBEWEGUNGEN BEIM MENSCHEN.

V o n

Dr: ERNST WODAK 11. Priv.-Doz. Dr. MAx HEINRICH FISCHER Aus dem physiologisehen Institute der deutschen Universil~it in Prag

(Vorstand: Prof. Dr. A. TSCHERMAK).

In den folgenden Ausffihrungen m6chten wir in Kfirze nnsere Auffassung yon den vestibnlaren K6rperreilexen und Reaktionsbewegungea darlegen. Unsere Ergebnisse basieren auf zahlreichen, durch mehrere Jahre hindurch vorgenom- menen experimentellen Untersuchungea, bet denen uns der exakte Subjektivismns im Sinne unseres Lehrers A. TSCHER- MAX Ffihrer und Grnndlage war. So war es nns m6glich, ill das Physiologen, Neurologen und Otologen noeh gleich dunMe Gebiet der sog. tonischen Vestibularisreaktionen -- wie wir glauben -- einiges Licht zu bringen, wobei wir uns, angefangen yon der Nomenklatur bis Zu den kompliziertesten Begriffen, yon d e l l bisherigen unklaren Anschauungen v611ig emanzi- pieren muBten. Wir wotlen bei tier Darstellung unseres schwierigen stoffes - den Werdegang unserer Erkenntnis nachahmend - - y o n der Ph~nomenologie ausgehen und aus dieser dann unsere Anschauung yon den K6rperreflexen und Reaktionsbewegungen entwickeln.