14
Aus dem Hygiene-Institut der Universit/~t Freiburg/Br. Untersuehungen zum Meehanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren* Von R. Haas, R. Thomssen, V. Dostal und E. Ruschmann Mit 7 Abbildungen (Eingegangen am 9. JuIi 1959) Uber die Inaktivierung yon Poliomyelitisviren mit FormMdehyd und fiber die Gesetzm/iBigkeiten, denen sie gehorcht, sind in den letzten Jahren eine Reihe yon Untersuehungen vorgenommen women (5, 6, 9, 10, 13, 17, 20). Dabei fand man bekanntlich, daB die Inaktivierung durch FormMdehyd vorwiegend im Sinne einer l~eaktion i. Ordnung verlaufen kann. Jedoch wiesen die Inaktivierungskurven h/~ufig Abweichnngen in gichtung einer Verlangsamung der Inaktivierungsgeschwindigkeit auf, die man formal Ms Abnahme der Trefferwahrseheinliehkeit deuten kann (15). AuBerdem wurde beobachtet, dab Poliomyelitisviren nach mehrstfindiger Einwirkung yon Formaldehyd, sofern sie ihre Vermeh- rungsf//higkeit noeh nicht v611ig eingebfiBt haben, naeh Verimpfung auf Kulturen einpfgnglieher Gewebearten ein verzSgertes Auftreten der dutch sie hervorgerufenen cytopathogenen Effekte bewirken (1, 14). Dieser Verz6gerungseffekt kann sowohl mit dem l~6hrehentest als auch mit der Plaquemethode naehgewiesen werden. Zur Kl~irung der beiden Phgnomenen zugrunde liegenden Meehanismen haben wir Untersuchungen durchgeffihrt, fiber die wir nachfolgend berichten. Material und Methoden Virus: Poliomyelitisviru s Typ I, Stainm Mahoney, vermehrt auf Affen- nierenzellkult~uren (M. rhesus bzw. cynomolgus), filtriert durch einen US- 2 • 3/400-M 4-Filterschichtensatz (Seitz-Werke/Bad Kreuznach; Membran- * Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Deutschen Vereinigung zur Bek/~mpfung der Kinderl~hmung fiir die Bereitstellung yon Mitteln zur Durchftihrung der Arbeit.

Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

  • Upload
    r-haas

  • View
    218

  • Download
    5

Embed Size (px)

Citation preview

Page 1: Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

Aus dem Hygiene-Institut der Universit/~t Freiburg/Br.

Untersuehungen zum Meehanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren*

Von

R. Haas, R. Thomssen, V. Dostal und E. Ruschmann

Mit 7 Abbildungen

(Eingegangen am 9. JuIi 1959)

Uber die Inaktivierung yon Poliomyelitisviren mit FormMdehyd und fiber die Gesetzm/iBigkeiten, denen sie gehorcht, sind in den letzten Jahren eine Reihe yon Untersuehungen vorgenommen women (5, 6, 9, 10, 13, 17, 20). Dabei fand man bekanntlich, daB die Inaktivierung durch FormMdehyd vorwiegend im Sinne einer l~eaktion i. Ordnung verlaufen kann. Jedoch wiesen die Inaktivierungskurven h/~ufig Abweichnngen in gichtung einer Verlangsamung der Inaktivierungsgeschwindigkeit auf, die man formal Ms Abnahme der Trefferwahrseheinliehkeit deuten kann (15). AuBerdem wurde beobachtet, dab Poliomyelitisviren nach mehrstfindiger Einwirkung yon Formaldehyd, sofern sie ihre Vermeh- rungsf//higkeit noeh nicht v611ig eingebfiBt haben, naeh Verimpfung auf Kulturen einpfgnglieher Gewebearten ein verzSgertes Auftreten der dutch sie hervorgerufenen cytopathogenen Effekte bewirken (1, 14). Dieser Verz6gerungseffekt kann sowohl mit dem l~6hrehentest als auch mit der Plaquemethode naehgewiesen werden. Zur Kl~irung der beiden Phgnomenen zugrunde liegenden Meehanismen haben wir Untersuchungen durchgeffihrt, fiber die wir nachfolgend berichten.

Material und Methoden Virus: Poliomyelitisviru s Typ I, Stainm Mahoney, vermehrt auf Affen-

nierenzellkult~uren (M. rhesus bzw. cynomolgus), filtriert durch einen US- 2 • 3/400-M 4-Filterschichtensatz (Seitz-Werke/Bad Kreuznach; Membran-

* Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft und der Deutschen Vereinigung zur Bek/~mpfung der Kinderl~hmung fiir die Bereitstellung yon Mitteln zur Durchftihrung der Arbeit.

Page 2: Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

R. Haas u. a. : Formaldehydinaktivierung yon Poliomyelitisviren 471

filtergesellschaft/G5ttingen) (2). Die Gewebekulturen wurden naeh dem Trypsinaufschluf~verfahren hergestellt (21). Niihrmedium bei der Anzfichtung der Zellen: 0,5~)ige LSsung yon Laetalbuminhydrolysat (LAH) (Nutritional Biochemicals Corporation, Cleveland-Ohio, USA) in Hanks-LSsung mit einem Zusatz yon 5 ~o Ks oder, an Stelle des LAH, TCM 199 (11). Ns wi~hrend der Virusvermehrungsphase: 0,5% ige L5sung yon LAH in Hanks- LSsung oder TCM 199 1 : 4 oder 1 : 10 verdiinnt in Hanks-LSsung. Das Virus wurde bei q-4~ aufbewahrt. Die bei den einzelnen Versuchsans~itzen ge- messenen und angegebenen Virus- und Stickstoffkonzentrationen beziehen sich auf filtriertes Material.

Bestimmung der Viruslconzentration

a) Rdhrchentest: Die Titration auf RShrchenkulturen yon Affennieren- gewebe fiihrten wir in der bereits an anderer Stelle (6) geschilderten Weise dutch. Das Virus wurde in Stufen yon 1 log10 verdfinnt. Jede Konzentrations- stufe war mit 10 RShrchenkulturen besetzt. Zur Einschr~nkung yon Ver- dtinnungsfehlern wurden jeweils relativ grol~e Volumina angesetzt, n~mlich 5 cem Virusfliissigkeit mit 45 ccm Verdfinnungsfifissigkeit (0,5~oige LSsung yon LAH in Hanks-LSsung) zur Herstellung der Verdfinnungsstufen gemischt. Die Berechnung der Viruskonzentration erfolgte nach l~eed und 2guench (12). Der Berechnung liegen die Ergebnisse der mikroskopischen Ablesung vom 7. Tag naeh Beschickung der Kulturen mit Virus zugrunde.

b) Plaquetest: Die Konzentrationsbestimmung mit der Plaquemethode wurde in der Modifikation yon Hsiung und Melnick (8) ausgeftihrt. Die Kul- turen yon Affennierengewebe wurden in sogenannten Vierkantflasehen (Vierkantflasehe zur Keimzahlbestimmung nach Breed und Demeter tier Firma Schott und Gen., Mainz, Kat.-Nr. 4174) gezfichtet. Der Zellrasen wurde mit 0,5 ccm Virusfltissigkeit besehickt. Die Grundfl~che der Flaschen betrs fund 40 cmK Die Viruskonzentration wurde durch Verdfinnung mlt Hanks-LSsung so eingestellt, dalt pro Kulturgef~tI~ 10 bis 25 Plaques auf- traten. Adsorptionszeit: 2 Stunden bei 37 ~ C. Der Uberstand wurde vor der ~berschichtung mit Agar nicht abgezogen.

Bestimmung der Formaldehydkonzentration

Verfahren nach Tanenbaum und Bricker (16) mit Ablesung im SpektrM- photometer PMQ II der Firma Zeiss.

Inaktivierungen

Eine Reihe yon Versuchsbedingungen wurde bei den Inaktivierungen, fiber die wir nachfolgend berichten, stets konstant gehalten. Das Volumen der Anss betrug durchwegs 500 cem. Die Anfangskonzentration an Form- a]dehyd (F) war stets 70 y/ccm. Es wurde stets Formaldehyd so]utus 35 Gew.% p .a . (E. Merck Nr. 4003) benutzt. Die Temperatur betrug -+-37 ~ C. Die Ans/itze befanden sich in einem automatisch temperaturreguliertenWasserbad und wurden mit einem Magnetrfihrer gerfihrt. Zu verschiedenen Zeiten wurden Stichproben yon 10 ecru aus den Ans~tzen entnommen. Sofern nicht anders angcgeben, wurde der F mit Natriumpyrosulfit abgebunden. Die zugesetzte Menge Natriumpyrosulfit betrug, bezogen auf die F-Anfangs- konzentration, ein Mol~quivalent. Die Bestimmung tier Viruskonzentration in den Stichproben erfolgte meist unmittelbar nach ihrer Entnahme. Teil-

Page 3: Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

472 R. Haas, It. Thomssen, V. Dostal und E. Ruschmann:

weise wurden sie bis maximal 24 Stunden bei §176 aufbewahrt, ehe die Viruskonzentration ermittelt wurde. Abweichungen yon Vorstehendem werden im Text besonders erws

Resultate

Wir prtiften zun/~ehst den Einflufi, den die LAH-Konzentrat ion auf die Inaktivierungsgeschwindigkeit ausiibt. Da im LAH in Gestalt der versehiedenen Aminos/~uren reichlieh Reaktionspartner ffir den Formal- dehyd (F) vorliegen, war eine Abh/~ngigkeit der Inaktivierungsgesehwindig- keit vonder Konzentration des LAH im Inaktivierungsansatz zu erwarten. Die verschiedenen Konzentrationen der fiir die Inaktivierungsversuehe

15 30 Stunden I i

Log [vo]

-1

-2 *

-3 55.8mg % N

-L.

32,0 -5

�9 17.8 ~.8

Abb. 1. Einfh2 der L~4~H-E:onzentration auf die Formaldehydinaktivierung yon Polioviren.

benfitzten Virusl6sungen an LAH wurden durch Verdiinntmg der ViruslSsung mit Hanks-LSsung hergestellt. Hierdurch t ra t gleiehzeitig eine gewisse J~nderung der Virusausgangskonzentration ein, die maximal knapp fiber 1 log lolag. DieViruskonzentration der unverdiinnten ViruslSsung betrug, mit der t{Shrchenmethode bestimmt, 10s, 25 IDs0/m]. Obenstehende Abbildung veransehaulicht das Ergebnis eines solchen Versuches. Man sieht, dab die Inaktivierungsgeschwindigkeit mit fallender Hydrolysatkonzentration zunimmt. Die Abweiehung der Inaktivierungsgeschwindigkeitskurven vom Verlauf einer I~eaktion 1. Ordnung wird um so geringer, je niedriger die LAH-Konzentrat ion ist. Man darf wohl annehmen, dab sie sich mit fallender Konzentration asymptotisch dem Verlauf der Inaktivierung bei Verwendung gereinigter ViruslSsungen nghert.

Bei dem in Abb. 1 dargestellten Versuch wurden nach 16- und 43stiin- diger Inaktivierungsdauer Stiehproben aus den Ans/itzen entnommen. In beiden wurde die Viruskonzentration ermittelt und in der nach

Page 4: Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

Meehanismus der Formaldehydinaktivierung yon Poliomyelitisviren 473

43 Stunden entnommenen Stiehprobe der F-Gehalt. Aus den Virus- konzentrationen der beiden den gleichen Ans/itzen entstammenden Stieh- proben ermittelten wir die Inaktivierungsgesehwindigkeit im zugeh6rigen Zeitabschnitt (tg a). Tr//gt man sowohl die F-Konzentrationen gegen die Stiekstoffkonzentrationen der zugehSrigen Ans/~tze ab als aueh den tg a gegen die Stickstoffkonzentrationen, so erh~,lt man das in Abb. 2 dar- gestellte Diagramm. Die weitgehende Parallelit/it der beiden Kurven deutet auf die LAg-bedingte Senkung der freien F-Konzentration als bestimmenden Faktor fiir die Inaktivierungsgeschwindigkeit.

In weiteren Versuehen ermittelten wir den EinfluB yon bestimmten Aminos/iuren und yon Natriumbisulfit auf die Inaktivierungsgeschwin-

-!-H2C0/mt tgo

50

30 Inakt ivierungsgeschwindigkeit

0,2 H=C0-Konzentrotion nach 24 5td 10

' ' ' ~ g 6'0 20 0 N-Gehott mg ~

Abb. 2. E in f lug yon LAH-S t i cks to f f konzen t ra t i on und FormMdehyd-Endkonzent ra t io r t au f die I nak t i v i e r lmg yon Pol ioviren.

digkeig. Wir w/thlten hierfiir L-Cysteinmonohydrochlorid, L-Asparagin, L-Arginin-monohydrochlorid und L-Histidindihydrochlorid, L-Histidin versehiedentlich aueh als Base. Natriumbisulfit ist an der Luft nieht best/~ndig. Wir verwendeten Natriumpyrosulfit p .a . , das in w/~Briger L6sung in zwei Molek/ile Natriumbisulfig zerfgllt. Das Virus lag im LAI-I- Medium vor. Die Stiekstoffkonzentration betrug 22,1 rag% N, die Virus- konzentration 107,50 IDs0/eem; das pI-I war 7,6. Von den Aminos/turen stellten wit uns entspreehend ihrer LSsliehkeit m6gliehst hoehkonzentrierte w/ii3rige L6sungen in Hanks-L6sung her. Der pH-Wert wurde dutch Zugabe yon HC1 oder NaOH auf 7,6 eingestellt. Eine Menge yon 2000 ecru eines Virus-Formaldehyd-Gemisehes wurde 15 Stunden unter den oben genannten Bedingungen inaktiviert. Die Viruskonzentration wurde zu Beginn, vor dam F-Ansatz und naeh 15 Stunden gemessen. Danaeh wurde der Ansatz in Volumina yon je 400eem geteilt und Aminos//uren und Na-bisulfit in zur Formaldehydkonzentration 5faeh mol/~quivalenter

Page 5: Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

474 R. Haas, R. Thomssen, V. Dostal und E. Ruschmann:

Menge hinzugefiigt. Die durch den Zusatz bedingte Volumens des Inaktivierungsansatzes und die damit gleichzeitig auch verbundene Konzentrations/inderung des freien Formaldehyds betrug maximal 10%, ein Wert, der bei der Viruskonzentrationsbestimmung im R5hrchentest eine Verschiebung des Titers hervorruft, die in den Bereich der Fehler- grenze der Methode fs Ein Tell des Ansatzes erhielt start des Zusatzes Hanks-LSsung in entsprechendem Volumen. Nach dem Zusatz der Amino- s~uren verb]ieben die Ans~tze bei 37 ~ C. Die Tab. 1 zeigt die Ergebnisse: Innerhalb der ersten 15 Stunden f~]]t die Viruskonzentration yon 107, 5 IDs0/ccm , also um 2,40 ]og~0-Stufen. Der zus~tzliche Abfall der

Tabel le 1

Zusatz

Asparagin .......

Arginin .........

Cystein .........

Na-Bisulfit .......

0hne Zusatz . . .

]og~o-Abfall nach 15 Stunden

Inaktiviei~mg

Zus~itzlicher log10-Abfall 10 Stunden

nach Zusatz

- - 2 , 4

- - 2 , 4

- - 2 , 4

-- 2,4 -- 2,4

- - 1 , 0

- - 1 , 1

- - 0,3 + 0,1 - - 1 , 2

Znsgtzl icher log10-Abfall 25 S tunden nach Zusatz

- - 1 , 4

- - 2 , 0

-- 0,45 - - 0,3 - - 2 , 2

Viruskonzentration nach den Zusiitzen ist ffir zwei Zeitabschnitte, n~imlich

ffir i0 und fiir 25 Stunden, angegeben.

Die Tabelle zeigt, dag insbesondere Cystein und Na-bisulfit die

Inaktivierung stark zu hemmen vermSgen, wiihrend der Einflul~ yon

Asparagin weniger deutlich und ein Einflu~ yon Arginin gar nicht er-

kennbar ist.

Im folgenden wurde der EinfluB yon Histidin nigher untersucht,

dessen Reaktion mit F in einem relativ zum isoelektrischen Punkt des

I-Iistidins yon pH ~ 7,6 alkalischen Bereich sehr schnell erfolgt und

praktisch unter Bildung yon Methylenbriicken irreversibel ist (4, 19). Die Versuchsanordnung entspricht der eben geschilderten. Volumina yon 500 ccm Virusmaterial wurden auf die gleiche F-Anfangskonzentration yon 70 y/ccm gebrach~. LAH-Medium mit einer Stickstoffkonzentration yon 60,0 rag% ; Viruskonzentration: 10 s,29 ID~o/ccm; pH 7,6. Ein Kontroll- ansatz gleichen Volumens enthielt kein F.

Nach bestimmter Inaktivierungsdauer, ns nach 13 Stunden und 41 Stunden wurde einigen Ans~tzen Histidin zum F in 1- bzw. 5fach moli~quivalenter Menge hinzugefiigt. Die durch den Zusatz bedingte Volumen~nderung der Inaktivierungsansi~tze betrug in diesem Falle 3%.

Page 6: Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

Mechanismus der Formaldehydinaktivierung yon Poliomyelitisviren 475

Der weitere Verlauf der Inaktivierung in diesen Ans/Rzen wurde mit einer Inaktivierung ohne Histidinzusatz und mit einer Inaktivierung yon Ansiitzen verglichen, die kein F enthielten, denen jedoch ebenfalls Histidin in entsprechender Konzentration hinzugeffigt worden war.

Das Ergebnis zeigt Abb. 3. Die Inaktivierung des Poliovirus unter dem Einflul] yon Formaldehyd verl/~uft mit einer der relativ hohen LAH-Konzentration des Materials entspreehenden niedrigen Geschwindig- keit. Die VerzSgerung der Inaktivierung mit zunehmender Dauer der Inaktivierung entspricht wiederum der Abnahme der Konzentration an freiem F. Naeh Zusatz yon Histidin wird die Inaktivierung zum Stillstand gebracht und l~iuft nunmehr der sogenannten ,,thermisehen Inaktivierung" parallel. Das heigtt die Wirkung des F ist aufgehoben, es machen sich nur

Log V

- 8

o h n e H 2 CO

J ' 4'8 r , , 16 32 64 80 g6 S t u n d e n

Abb. 3. StSrung der Fo rma ldehyd inak t iv i e rung drench t t is t idinzusatz.

noch vom F unabh~ngige inaktivierende Einfliisse des Milieus bemerkbar. Daneben aber f~llt der geringe Anstieg des Virustiters nach Zusatz der Aminosguren auf, der der HShe der jeweiligen Histidinkonzentration parallel geht. Die diesen Titerverschiebungen zugrunde liegende absolute Menge an vermehrungsf~higen Partikeln, die anscheinend ihre Vermeh- rungsf/~higkeit wiedergewonnen haben, ist beim Zusatz des Histidins nach 41 Stunden grSl~er als bei einem Zusatz yon 13 Stunden; relativ zur TiterhShe liegen die Verh~ltnisse umgekehrt.

Eine Uberpriifung dieses Befundes in weiteren Versuchen zeigte, dal3 derartige Titerverschiebungen nach Histidinzusatz iiberzufgllig h~ufig beobachtet werden konnten.

Urn eine n/~here Erkl~rung ffir diesen Effekt zu bekommen, haben wir uns ffir die folgenden Untersuchungen der empfindlicheren Methode des Plaquetests bedient.

Archly f. u Bd. IX , H. 4 39

Page 7: Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

476 R. Haas, R. Thomssen, V. Dostal und E. Rusehmann:

Abb. 4 zeigt den bekannten, in der Einleitung erws VerzSgerungs- efiekt im Auftreten yon Plaques auf Affennierenzellkulture m Der Versueh wurde so ausgefiihrt, dab aus einem Inaktivierungsansatz (TCM 1 9 9 - - 1 : 4 in Hanks-LSsung verdiinnt: Stiekstofikonzentration 4,8 mg% N; Viruskonzentration 106,Spfu/eem) unmittelbar vor dem Z u s a t z des Formaldehyds sowie 5 und 15 Stunden naeh Inaktivierungsbeginn Stieh- proben gezogen wurden. Alle Stiehproben wurden sofort 1 : 10 mit Hanks- LSsung verdiinnt und 24 Stunden bei @4~ gegen Hanks-L6sung bei einer Volumrelation yon 1 :50 dialysiert. Dadureh wurde ein weiterer inaktivierender EinfluB des F ausgesehaltet. Bei der Viruskonzentrations- bestimmung in diesen Stiehproben war die beobaehtete VerzSgerung um so sts je ls das Virus dem Ein fhg des F ausgesetzt war. Das

o/o 100 '

50

pfu / 7.Tag

1 2 3 4 5 6 7 Tage

Abb. 4. Die Verz6gerung der In fek t ions ra t e naeh E inf lug yon Fo rma lde hyd .

Absinken der absoluten Viruskonzentration setzt der Beobachtung des Effektes bei noch l~ngerer Einwirkung des F bald ein Ende.

Wir untersuchten nun den EinfluB yon Histidin auf diesen Ver- zSgerungseffekt. Aus einem unter den zuvor geschilderten Bedingungen ]aufenden Inaktivierungsansatz wurde naeh 15stiindiger Inaktivierungs- dauer eine Stichprobe gezogen. Dem Rest des Ansatzes wurde, bezogen auI seinen F-Gehalt, 5 Mol/~quiva]ente Histidin zugesetzt. Der Zusatz erfolgte in Form einer 0,175 molaren w/~Brigen LSsung. Dieser Ansatz wurde dann bei 25~ weiter aulbewahrt. Naeh 3 Stunden sowie l, 3, 5 und 10 Tagen wurden weitere Stichproben entnommen. S/~mtliche Stichproben wurden sofort naeh der Entnahme in der oben genannten Weise dialysiert, danach bis zur Durchfiihrung des Plaquetests zur Viruskonzentrationsbestimmung bei --60~ eingefroren. Die Volum- relation betrug bei der Dialyse 1:50.

Page 8: Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

Meehanismus der FormMdehydinaktivierung van Poliomyelitisviren 477

Den Ausfall des Versuehes veranschaulieht Abb. 5. Man sieht wie mit zunehmender Dauer der Einwirkung des Histidins das Virus sieh, soweit es die Gesehwindigkeit des Auftretens der Plaques betriHt, der Ver- haltensweise des nativen Virus n/~hert. ,Naeh 5- und 10tggiger I-Iistidin- einwirkung ist dieser Zustand ungef/~hr erreicht. Demgegeniiber gab das Virus naeh 3sttindiger I-Iistidineinwirkung, trotz der zus/~tzliehen Dialyse bei + 4 ~ C, noeh einen starken VerzSgerungseffekt.

Um die l~olle zu untersuehen, die das Histidin bei der Aufhebung des VerzSgerungseffektes spielt, haben wir den Inaktivierungsversueh wieder- holt, jedoeh naeh 15st/indiger Inaktivierungsdauer aliquote Teile des Ansatzes mit 0,5, 1,5 und 10 Mol~quivalenten I-Iistidin versetzt. Die Ans/~tze blieben naeh dem Zusatz der Aminos/~ure 2r Stunden bei +25 ~ C stehen. Danaeh wurde die Zahl der plaquebildenden Viruseinheiten

100% pfu/7 Tag 1 ~

nfektionsrate normol.e ~/$o//~o 17 3y.t/. I nach Infektl ~ 15 h H2CO = 0 h nGch

Hi~idinzusotz

i ~ i g ~ ~ Tog: Abb. 5. Die Restitu~i()n der no rmalen In f ek t i ons r a t e naeh Zusa tz yon t t i s t id in .

bestimmt, ohne dab das Material vorher noch dialysiert wurde. Als Bezugsgr6l]e w/ihlten wir die am 4. Tage naeh der Besehiekung der Gewebekulturen ermittelten Plaquezahlen. Letztere wurden zur maxi- malen in der gleichen Kultur auftretenden Plaquezahl in Beziehung gesetzt. Die Verh~ltnisse, die dabei ge~unden wurden, verdeutlicht Abb. 6.

Man erkennt, wie mit steigender Konzentration des Histidins der bis zum 4. Tag auftretende Anteil der Plaques ansteigt. Jedoch ist der steile Anstieg der Kurve zwisehen 0,5 und 1,0:4quivalent I-Iistidin auf- fallig, der wohl besagt, dab es in erster Linie auf die Bindung des freien F ankommt.

Es lag nun nahe, auch den EinfluB anderer Faktoren auf den Ver- zSgerungseffekt zu untersuchen. Im Hinblick auf die groBe praktisehe Bedeutung, die der Effekt bei der Unsch//dliehkeitspriifung von Polio-

32*

Page 9: Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

478 R. Haas, R. Thomssen, V. DostM und E. l%uschmann:

vakzinen besitzen kann, untersuchten wir die Wirkung der Dialyse, die beim Ansetzen der Unsch/~dlichkeitspriifungen regelm//l~ig und zumeist bei + 4 ~ vorgenommen wird. Bei einem in iiblicher Weise angesetzten Inaktivierungsversuch unter Benutzung des gleichen Materials wie in den Vorversuchen wurden nach 15 Stunden ein aliquoter Teil des Ansatzes mit 5 Mol~quivalenten Histidin versetzt. Sowohl dieser Teil als auch ein Teil des Restansatzes wurden zur Unterbrechung der Inaktivierung 1 : 10 mit Hanks-LSsung verdiinnt. Die Dialyse der Stichprobe mit Histidin-

O/o I00 I

.... I I 1

pfu ] ? Tog

I I j 5 10 Aqulv . H i s t i d i n

Abb. 6. Der EinfluB versch iedcner Hi s t id inkonzen t ra t ionen auf die In fek t ionsra te .

zusatz erfolgte bei ~-4 ~ C, 5 Tage lang. Die Dialyse der Stichproben ohne Histidinzusatz erfo]gte einerseits in iiblicher Weise bei --4 ~ C, andererseits abet wurde einer 48stfindigen Dialyse bei -{-4 ~ C noch eine 3ts Dialyse bei ~-25~ C angeschlossen. Die Volumrelation bei den Dialysen betrug 1:2500 bei einmaligem Wechsel. Nach beendeter Dialyse wurde die Zahl der p]aquebildenden Einheiten bestimmt. Die Auswertung erfolgte in der gleichen Weise wie bei dem in Abb. 5 dargestellten Versuch. Den Ausfall des Versuches zeigt Abb. 7, aus der der groi~e Einflu~ hervorgeht, den die Temperatur, bei der dia]ysiert wird, au f das Ergebnis hat.

Schlie•lich interessierten wit uns auch noch fiir die Frage, ob es mSglich ist, neben der Aufhebung des Verz6gerungseffektes eine Steigerung der absoluten Zahl der plaquebildenden Einheiten durch den Zusatz yon Histidin herbeizuffihren, also ein Ph~nomen herbeizuffihren, alas im Sinne einer Reaktivierung gedeutet werden kSnnte.

Hierzu setzten wir wieder, in fiblicher Weise Inaktivierungsversuche an. Nach ]5stiindiger Inaktivierung wurden Stichproben entnommen und sofort 1 :10 mit Hanks-L6sung verdfinnt. Ein aliquoter Tell der Ver- diinnung wurde 24 Stunden bei q-4~ gegen Hanks-LSsung im Ver- haltnis 1 : 50 dialysiert. Ein anderer Tell wurde sofort ohne Dialyse bei

Page 10: Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

Mechanismus der Formaldehydinaktivierung yon Poliomyelitisviren 479

--60~ eingefroren. Beide Verfahren ergaben bei der Auswertung die gleiehen Viruskonzentrationen. Der Rest des Inaktivierungsansatzes wurde tells mit 5 Mol//quivalenten Histidin in der iibliehen Weise versetzt und 5 Tage lang bei ~-25 ~ C aufbewahrt, teils wurde in der ebenfalls oben angegebenen Weise ohne I-Iistidinzusatz 2 Tage zun/~ehst bei ? 4 ~ C und anschliegend 3 Tage bei @25~ dialysiert. Danaeh wurden Stiehproben entnommen und die absoluten Zahlen der plaqueformenden Einheiten

o/o 100~ pfu / ?,Tog

be; 4~ mit Histidln

O l o l ~ s e be~ 4~ ohne H i s t i d i h

/ 50 Oiotyse be, 25~ 4 1 1

// I I I t I I 1 2 3 4 5 6 7 Tage

Abb, 7. Der Einflui~ einer Dialyse bei ve rsch iedenen Te mpe ra tn r e n .

mit den Werten vor dem Histidinzusatz bzw. vor der speziell durchge- fiihrten Dialyse verglichen. Tab. 3 gibt die l~esultate yon drei derartigen Versuchen wieder.

Tabel le 3

Vor d e m Zusa tz N a c h d e m Znsa tz pfu/0,5 ccm bzw. vo r der Dia lyse bzw. nach der DiMyse P

bei 25~ bei 2 5 ~

Versuch 19 . . . . . . Versuch 20 . . . . . . Versuch 21 . . . . . .

29,0 x 102,s 14,5 X 10 ~,~ 17,0 x 101,7

12,0 X 10 s'3 20,0 X 101,~ 27,0 X 101,7

0,01 0,05 0,01

Es ergab sich durchwegs, dab die absoluten Viruskonzentrationen naeh dem Histidinzusatz (Versueh 20 und 21) und naeh der Dialyse bei ~-25~ C (Versuch 19) hSher lagen als davor. Die Signifikanzberechnung erfolgte im t-Test.

Diskussion

Uber den Mechanismus der Formaldehydinaktivierung der Polio- myelitisviren sind verschiedene Vorstellungen entwickel~ worden. Unter anderem hat man auch diskutier~, dab es sich dabei urn ein zwci- bzw.

Page 11: Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

480 R. Haas, R. Thomssen, V. Dostal und E. Rusehmann:

mehrstufiges Geschehen handelt. Als Argument ffir diese Auffassung dienten sowohl die Beobaehtung, dag die Inaktivierung h/iufig vom VerlauI einer l~eaktion 1. Ordnung abweieht als aueh der gesehilderte VerzSgerungseffekt. Es wurde angenommen, dal~ zun/~ehst in partiell reversibler Weise Proteine der AuBenhfille der Viren mit F reagieren und erst sekund~/r in noeh unbekannter Weise die Vermehrungsf/~higkeit irreversibel gesehgdigt wird (5). Die vorliegenden Kenntnisse fiber das Reaktionsverm6gen des FormMdehyds beispielsweise mit Amino-, Sulfhydryl- und tIydroxylgruppen lessen sieh zwanglos mit derartigen Vorstellungen vereinbaren. Welter erseheint es aueh yore ehemisehen Bliekwinkel her gesehen ohne weiteres verst&ndlieh, dag lediglieh mit Formaldehyd behandeltes Virus den VerzSgerungseffekt zeigte, nieht dagegen Poliomyelitisvirus, das mit fl-Propiolakton, Jod, UV-Strahlung oder thermiseher Energie partiell inaktiviert wurde (14).

Die hier vorgelegten Untersuehungen fiber den Einflul~ versehiedener Milieufaktoren auf die Formaldehydinaktivierung zeigen in /~hnlieher Weise, wie es am Modell yon T 3-Phegen naehgewiesen wurde (7), dab insbesondere Aminos/iuren die Konzentration des freien F im Laufe der Inaktivierung senken und damit die Inaktivierung der Viren kompetitiv hemmen. Dutch Senkung der Konzentration dieser Hemmstoffe in der Virussuspension gewinnt man gleiehsam asymptotiseh AufsehluB fiber des Verhalten der Inaktivierungsgesehwindigkeit in gereinigten Virus- suspensionen. Unsere Befunde zeigen, dab zumindest eine Kompor~ertte der in vielen Laboratorien gefundenen Abweiehungen des I%eaktions- verlaufs yon jener einer Reaktion 1. Ordnung dutch im Virusmilieu anwesende Reektionspartner des Formaldehyds wie Aminoss gegeben sein kann.

Der Zusatz yon Histidin zu einem Inaktivierungsgemiseh zu einem Zeitpunkt, wo noeh vermehrungsf~higes Virus in gut megbarer Konzen- tration vorhanden ist, bewirkte, dag naeh entspreehender Einwirkung des Histidins die Polioviren sieh in bezug auf die Infektion yon Gewebe- kulturen und auf das Auftreten eytopathogener Effekte normal, d .h . wie native Viren verhielten. Von vornherein war nieht zu erwarten, dab es sieh hierbei um eine besonders sl0ezifisehe Wirkung des I-Iistidins handelt.

Die weitere Untersuehung ergab, dab dieser Restitutionseffekt such dureh eine bei ~ 2 5 ~ durehgeffihrte Dialyse herbeigeffihrt wird. Ver- mntlieh wird der Effekt such dureh Aminos//uren und sonstige geeignete Reaktionspartner des Formsldehyds zu erzielen sein.

Unseres Eraehtens stellen unsere Untersuchungen eine experimentelle Stiitze ffir die Auffassung dar, dab die Formaldehydinaktivierung der Poliomyelitisviren in zwei oder mehreren Stufen erfolgen kann. Dabei

Page 12: Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

Mechanismus der Formaldehydinaktivierung yon Poliomyelitisviren 481

ist ein Schritt offensichtlich reversibel. Welcher das ist, kann auf Grand unserer Versuche nicht genau gesagt werden. Indessen ist es wohl am naheliegendsten, diesen ersten Sehritt in der Bildung der Methylolverbin- dungen zu sehen. Jedenfalls entstehen l~eaktionsprodukte zwischen Poliomyelitisvirus und F, die sich in bezug auf ihr Verhalten gegenfiber empf/~nglichen Gewebekulturen entweder wie inaktivierte Viren verhalten kSnnen oder durch eine besondere Verhaltensweise, die sich u. a. im VerzSgerungseffekt /~uBerst, gekennzeichnet sind. Letzterer Effekt ist vermutlich so zu verstehen, dab sich jene restituierenden Einflfisse, die in vitro beispielsweise durch Histidin oder Dialyse zu erzielen sind, aueh ohne eine derartige Vorbehandlung nach der Beimpfung der Gewebe- kulturen entweder im extra- oder vielleicht auch im intracellul/~ren Milieu geltend maehen kSnnen.

Sowohl durch entsprechend lange Einwirkung des Histidins als aueh dureh geeignet geleitete Dialyse konnte sogar erreicht werden, dab der absolute Betrag der dureh die Formaldehydinaktivierung abgesunkenen Viruskonzentration wieder anstieg. Diese Beobachtung kann als Reakti- vierung aufgefaBt werden.

Die Ergebnisse unserer Untersuehungen erm5glichen gewisse ~ber- legungen in bezug auf die Unsch/~dlichkeitsprfifung yon Poliomyelitis- impfstoffen. Es ist allgemein fiblich, die Vakzineproben zur Vorbereitung ffir die Unsch~dlichkeitspriifung auf Gewebekultnren entweder mit Natriumbisulfit umznsetzen oder der Dialyse bei fiblieher Kfihlschrank- temperatur zu unterwerfen. Wenn man diese Prozeduren unter dem Gesichtswinkel betrachten wiirde, dab sie aueh giinstige Vermehrnngs- bedingungen ffir eventuell vorhandene noeh nicht irreversibel inaktivierte Poliomyelitisviren schaffen sollen, damit ]etztere nicht dem Nachweis entgehen, w/~re z. B. zu erw/s ob es nicht vorzuziehen ist, die Dialyse bei hSherer Temperatur durchzuffihren. Analoge Uberlegungen w/~ren hinsichtlich der quantitativen Verh/iltnisse bei der Umsetzung mit Bisulfit mSglich.

Zusammenfassung

Es wurden Untersuchungen fiber die Formaldehydinaktivierung yon Poliomyelitisvirus Typ I (Mahoney) und ihre Beeinflussung durch chemi- sche (Aminos/s und physikalische (Dialyse) Faktoren durchgeffihrt. Es ergab sieh, dab bei der St6rung der Formaldehydinaktivierung durch Aminos/~uren die Abbindung des freien Formaldehyds eine wesentliche Ursache fiir die Verlangsamung der Inaktivierungsgeschwindigkeit ist. Der bei formaldehydbehandelten Poliomye]itisviren zu beobachtende VerzSgerungseffekt in bezug auf die Infektion yon Gewebekulturzellen und das Auftreten cytopathogener Effekte konnte dnrch Zusatz yon

Page 13: Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

482 R. Haas, R. Thomssen, V. Dostal und E. Ruschmann:

His t id in und durch DiMyse bei 25~ vo l lkommen rfickg/~ngig gem~cht

werden. Die mSgliche Bedeutung ffir die Unschi~dlichkeitspriifung der

Pol iomyel i t isvaccine wird diskutiert . Nach Anwendung formMdehyd-

, ,desorbierender" Verfahren kann es in begrenztem AusmM3 zu einer

Reakt iv ie rung des Pol iomyel i t i svi rus kommen, woraus hervorgeht , daI3

die Reak t ion zwischen Pol iomyeli t isvirus und Forma]dehyd fiber partiell

reversible Stufen li~uft.

Literatur

1. BSttiger, M., E. Lycke, B. Meldn, and G. Wrange: Inactivation of Polio- myelitisvirus by Formaldehyd. Arch. f. Virusforsch. 8~ 259 (1958). -- 2. Do- stal, V., R. Haas, R. Thomssen und E. Ruschmann: Uber den Einflu• ver- schiedener Filterschichten auf die Viruskonzcntration bci der Filtration yon Poliovirus. (Ira Druck.) -- 3. Dulbecco, R. and .]!. Vogt: Plaque Formation and Isolation of Pure Lines of Poliomyelitis Virus. J. Exp. Med. 99, 167 (1954). -- 4. French, D. and J. T. Edsall: Reactions of Formaldehyde with Amino Acids and Proteins. Advance Protein Chem. 2, 278--335 (1945). -- 5. Gard, S.: Chemical Inactivation of Viruses. Ciba Foundat. Symposium on "The Nature of Viruses" pp. 123--140. Little Brown & Co., Boston Mass. (1957). -- 6. Haas, R., L. Kdrner, V. Dostal und H. Schweinsberg: Inaktivie- rung yon Poliomyelitisvirus mit Formaldehyd. Z. Hyg. Infekt. Kr. 143, 490--512 (1957). -- 7. Heieken, K. und G. Spicher: ~ber die Kinetik der Inaktivierung und Reaktivierung yon Phagen. Zbl. Bakt. Orig. I 167, 97 (1956). -- 8. Hsiung, G. D. and J. L. Melniek: Plaque Formation with Poliomyelitis, Coxsackie and Orphan (ECHO) Viruses in Bottle Cultures of Monkey Epithelial Cells. Virology I f 533--535 (1955). -- 9. Lycke, E.: Studies of the Inactivation of Poliomyelitisvirus by Formaldehyd. Inactivation of Partially Purified Virus Material and the Effect upon the Rate of Inactiva- tion of Glycose. Arch. f. ges. Virusforschg. 8, 23 (1958). -- 10. Lycke, E., B. Melgn, and G. Wrange: Studies of the Inactivation of Po]iomyelitisvirus by Formaldehyde. Arch. f. ges. Virusforschg. 7, 378--435 (1957). -- 11. Mot- gan J. F., H. J. Morton, and R. C. Parker: Nutrition of Animal Cells in Tissue Culture. I. Initial Studies on a Synthetic Medium. Prec. Soc. Exp. Biol. and Mcd. 73, 1--8 (1950). -- 12. Reed, L. J. and H. A. Muench: A Simple Method of Estimating Fif ty per Cent Endpoint. Am. J. Hyg. 27, 493--497 (1938). -- 13. Salk, L . J . , B. L. Bennet, L. J. Lewis, E. 2~. Ward, and J. S. Youngner: Studies in Human Subjects on Active Immunization against Poliomyelitis. I. A Preliminary Report of Experiments in Prog. J. Am. Med. Ass. 151, 1081--1098 (1953). -- 14. Schultz, P., W. A. Rhightsel, E. A. Timm, A. R. Taylor, and I. W. McLean jr.: Partially Inactivated Polio- mye]itisvirus for the Preparation of Vaccines. J. Immunol. 79, 297--507 (1957). -- 15. Stur, D.: Zur Kinetik der Virusinaktivicrung dutch Formal- dehyd. Zbl. Bakt. I Orig. 173, 1 (1958). -- 16. Tanenbaum, .]1. and C. E. Bricker: Microdctermination of Free Formaldehyde. Anal. Chem. 23, 354 (.1951). -- 17. Taylor, A. R., W. W. Kay, E. A. Timm, A. E. Hoo]~, and I. W. McLean jr.: Inactivation of Poliomyelitisvirus for the Preparation of Vaccines. I. Formalin and Ultraviolet Irradiation. J. Immnnol. 79, 265--275 (1957). -- 18. Timm, E. A., I . W. McLean ~r., C. H. Kupsky, and A. E. Hock: The Nature of Formalin Inactivation of Po]iomyelitisvirus. J. Immunol. 77, 444--452 (1957). -- 19. Walker, J .F . : Formaldchyd, 2nd ed Reinolf Publ.

Page 14: Untersuchungen zum Mechanismus der Formaldehydinaktivierung von Poliomyelitisviren

Mechanismus der Formaldehydinaktivierung yon Poliomyelitisviren 483

New York. -- 20. Wessl~n, T., E. Lycke, S. Gard, and G. Olin: Inactivation of Poliomyelitisvirus by Formaldehyde. Arch. ges. Virusforschg. 7~ 125--135 (1957). -- 21. •oungner, J. S.: Monolayer Tissue Culture. I. Preparation and Standardization of Suspensions of Trypsin-Dispersed Monkey-Kidney Cells. Proc. Soc. Exp. Biol. and Med. 85, 202--205 (1954). -- 22. Youngner, J. S.: III . Propagation of Poliomyelitisvirus. Viruses in Cultures of Trypsin-Dispersed Monkey-Kidney Cells. J. Immunol. 78~ 392--396 (1954). -- 23. ~oungner J. S.: Virus Adsorption and Plaque Formation in Monolayer Cultures of Trypsin- Dispersed Monkey Kidney. J. Immunol. 76, 288 (1956).