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VuR Zeitschrift für Wirtschafts- und Verbraucherrecht Nomos Aus dem Inhalt Interview Verbraucherpolitische Perspektiven 2008 Gerd Billen, Vorst. vzbv, Berlin III Aufsätze Nachbelehrung und Verwirkung des Widerrufsrechts bei Haustürgeschäften Matthias Martens, Bremen 121 Das Provisionsabgabeverbot in der Lebensversicherung Johann Klinge, Berlin 125 Die Reform der Timesharing-Richtlinie – Lösung aller Probleme? Enrico Gaedtke, Rostock 130 Rechtsprechung Bankrecht Bordinghouse-Fall BGH, Urt. v. 06.11.2007, Az.: XI ZR 322/03 142 mit Anmerkung von Priv.-Doz. Dr. Kai-Oliver Knops, Bremen Versicherungsrecht Änderung und Auslegung von Klauseln in der privaten Krankenversicherung BGH, Urt. v. 12.12.2007, Az.: IV ZR 130/06 150 mit Anmerkung von Ass. jur. Florian Overbeck, Hamburg Verbraucherinsolvenzrecht Insolvenzverfahren: Notwendige Entscheidung über einen Kostenstundungsantrag BGH, Beschl. v. 25.10.2007, Az.: IX ZB 149/05 154 mit Anmerkung von Prof. Dr. Wolfhard Kohte, Halle/Saale Sonstiges Unzulässigkeit der Androhung eines „Schufa“-Eintrags bei bestrittener Forderung AG Plön, Urt. v. 16.10.2007, Az.: 2 C 650/07 156 mit Anmerkung von RA Jörg Faustmann, Düsseldorf 4 / 2008 Jahrgang 23 · Seiten 121–160 ISSN 0930-8369 · E 20025 www.vur-online.de In Verbindung mit Verbraucherzentrale Bundesverband und Bund der Versicherten herausgegeben von Prof. Dr. Hans-W. Micklitz Prof. Dr. Udo Reifner Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski Prof. Dr. Klaus Tonner Prof. Dr. Joachim Bornkamm Dr. Friedrich Bultmann Prof. Dr. Peter Derleder Dr. Stefan Ernst Dr. Günter Hörmann Prof. Dr. Wolfhard Kohte Dr. Rainer Metz Prof. Dr. Norbert Reich Prof. Wolfgang Römer Prof. Dr. Astrid Stadler Prof. Dr. Dirk Staudenmayer Walter Stillner Andreas Tilp Verbraucher und Recht Anlegerschutz Konsumentenkredit Versicherung private Altersvorsorge Verbraucherinsolvenz Verbraucherschutz

und Recht Matthias Martens, Bremen 121 VuREinzelheft 18,– € ; Die Preise verstehen sich incl. MwSt zzgl. Versandkosten. Bestellungen neh-men entgegen: Der Buchhandel und der Verlag

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Page 1: und Recht Matthias Martens, Bremen 121 VuREinzelheft 18,– € ; Die Preise verstehen sich incl. MwSt zzgl. Versandkosten. Bestellungen neh-men entgegen: Der Buchhandel und der Verlag

VuRZeitschrift für Wirtschafts- und Verbraucherrecht

Nomos

Aus dem Inhalt

Interview

Verbraucherpolitische Perspektiven 2008Gerd Billen, Vorst. vzbv, Berlin III

Aufsätze

Nachbelehrung und Verwirkung des Widerrufsrechts beiHaustürgeschäftenMatthias Martens, Bremen 121

Das Provisionsabgabeverbot in der LebensversicherungJohann Klinge, Berlin 125

Die Reform der Timesharing-Richtlinie – Lösung allerProbleme?Enrico Gaedtke, Rostock 130

Rechtsprechung

Bankrecht

Bordinghouse-FallBGH, Urt. v. 06.11.2007, Az.: XI ZR 322/03 142mit Anmerkung von Priv.-Doz. Dr. Kai-Oliver Knops, Bremen

Versicherungsrecht

Änderung und Auslegung von Klauseln in der privatenKrankenversicherungBGH, Urt. v. 12.12.2007, Az.: IV ZR 130/06 150mit Anmerkung von Ass. jur. Florian Overbeck, Hamburg

Verbraucherinsolvenzrecht

Insolvenzverfahren: Notwendige Entscheidung über einen KostenstundungsantragBGH, Beschl. v. 25.10.2007, Az.: IX ZB 149/05 154mit Anmerkung von Prof. Dr. Wolfhard Kohte, Halle/Saale

Sonstiges

Unzulässigkeit der Androhung eines „Schufa“-Eintrags bei bestrittener ForderungAG Plön, Urt. v. 16.10.2007, Az.: 2 C 650/07 156mit Anmerkung von RA Jörg Faustmann, Düsseldorf

4/2008Jahrgang 23 · Seiten 121–160ISSN 0930-8369 · E 20025

www.vur-online.de

In Verbindung mitVerbraucherzentraleBundesverband undBund der Versicherten

herausgegeben vonProf. Dr. Hans-W. MicklitzProf. Dr. Udo ReifnerProf. Dr. Hans-Peter SchwintowskiProf. Dr. Klaus Tonner

Prof. Dr. Joachim BornkammDr. Friedrich BultmannProf. Dr. Peter DerlederDr. Stefan ErnstDr. Günter HörmannProf. Dr. Wolfhard KohteDr. Rainer MetzProf. Dr. Norbert ReichProf. Wolfgang RömerProf. Dr. Astrid StadlerProf. Dr. Dirk StaudenmayerWalter StillnerAndreas Tilp

Verbraucher und Recht

A n l e g e r s c h u t z ■ K o n s u m e n t e n k r e d i t ■ V e r s i c h e r u n g ■ p r i v a t eA l t e r s v o r s o r g e ■ V e r b r a u c h e r i n s o l v e n z ■ V e r b r a u c h e r s c h u t z

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Das neue VVGErläuterungen | Texte | SynopseVon Prof. Dr. Ernst Niederleithinger, MinDir i. R.2007, 358 S., brosch., 38,– €, ISBN 978-3-8329-2942-8

Am 1.1.2008 ist das neue Versicherungsvertragsgesetz in Kraft getreten undhat maßgeblich die seit nahezu 100 Jahren bestehende Rechtslage geändert.Alle Neuverträge müssen hierauf abgestellt werden.Das aktuelle Handbuch liefert Ihnen die notwendige Interpretationssicher-heit für den rechtssicheren Umgang mit dem neuen Gesetz. Zu jeder Rege-lung bietet das Werk:

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Versicherungsvertragsgesetz HandkommentarHerausgegeben von RA Dr. Winfried Rüffer, RiOLG Dr. Dirk Halbach,RiLG Dr. Sven Marlow und Prof. Dr. Peter Schimikowski2008, ca. 1.300 S., geb., ca. 108,– €, ISBN 978-3-8329-3062-2Erscheint August 2008

Der neue Handkommentar bietet eine profunde und praxisgerechte Kommentierung des neuen Versicherungsvertragsgesetzes. Dabei ent-wickeln die Autoren Lösungsmodelle für zahlreiche bisher ungelöste Fragestellungen aus der Praxis. Das gesamte Gesetz ist umfassend kom-mentiert. Neue Regelungen können durch Kurzsynopsen mit den Altregelnverglichen werden. Der Kommentar enthält zahlreiche Praxishinweise fürBeratung, Vertragsgestaltung und Prozess. Die klare Gliederung ermög-licht einen schnellen Zugriff auf die jeweilige Problemstellung.

Versicherungs-vertragsgesetz

Rüffer | Halbach | Marlow | Schimikowski [Hrsg.]

NomosKommentar

Handkommentar

Nomos

NEU

Umschlag 4_2008 24.04.2008 8:44 Uhr Seite U4

Page 2: und Recht Matthias Martens, Bremen 121 VuREinzelheft 18,– € ; Die Preise verstehen sich incl. MwSt zzgl. Versandkosten. Bestellungen neh-men entgegen: Der Buchhandel und der Verlag

INTERVIEWVerbraucherpolitische Perspektiven2008Gerd Billen, Vorst. vzbv, Berlin . . . . . . III

AUFSÄTZENachbelehrung und Verwirkungdes Widerrufsrechts bei HaustürgeschäftenDipl. Jur. Matthias Martens, Bremen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 121

Das Provisionsabgabeverbot in der LebensversicherungWiss. Mit. Johann Klinge, Berlin . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 125

Die Reform der Timesharing-Richtlinie – Lösung aller Probleme?Wiss. Mit. Enrico Gaedtke, Rostock . 130

VERBRAUCHERRECHTAKTUELL . . . . . . . . . . . . . . . . . . .137

RECHTSPRECHUNG

BANKRECHT

Vergleichswirksamkeit bei HAT-Fonds, Heilung formnichtigerKreditverträge und Haustür-situationBGH, Urt. v. 18.12.2007, Az.: XI ZR 76/06 . . . . . . . . . . . . . . . 139

Bordinghouse-FallBGH, Urt. v. 06.11.2007, Az.: XI ZR 322/03 . . . . . . . . . . . . . . 142

mit Anmerkung von Priv.-Doz. Dr. Kai-Oliver Knops,

Bremen

VERSICHERUNGSRECHT

Änderung und Auslegung von Klauseln in der privaten Kranken-versicherungBGH, Urt. v. 12.12.2007, Az.: IV ZR 130/06 . . . . . . . . . . . . . . 150

mit Anmerkung von Ass. jur. Florian Overbeck,

Hamburg

VERBRAUCHERINSOLVENZRECHT

Keine Ausdehnung der Anwalts-beiordnung auf den Stundungs-antrag selbst im Verbraucher-insolvenzverfahrenBGH, Beschl. v. 17.01.2008, Az.: IX ZB 184/06 . . . . . . . . . . . . . . 154

Insolvenzverfahren: NotwendigeEntscheidung über einen KostenstundungsantragBGH, Beschl. v. 25.10.2007, Az.: IX ZB 149/05 . . . . . . . . . . . . . . 154mit Anmerkung von Prof. Dr. Wolfhard Kohte,

Halle/Saale

SONSTIGES

Unzulässigkeit der Androhung eines„Schufa“-Eintrags bei bestrittenerForderungAG Plön, Urt. v. 16.10.2007, Az.: 2 C 650/07 . . . . . . . . . . . . . . . . 156mit Anmerkung von RA Jörg Faustmann, Düsseldorf

RECHTSPRECHUNGS-ÜBERSICHT . . . . . . . . . . . . . . .157

BANKRECHT . . . . . . . . . . . . . . . . 157

VERSICHERUNGSRECHT . . . . . . 157

SONSTIGES . . . . . . . . . . . . . . . . . 158

BUCHBESPRECHUNGKröger, Detlef/Hofmann, Dirk(Hrsg).: Rechts-Handbuch zum E-GovernmentOtto Schmidt-Verlag, Köln 2005Von Privatdozent Dr. Nikolaj Fischer,Frankfurt a. M. . . . . . . . . . . . . . . . . 159

INFORMATIONEN

Verbraucherzeitschriften im Ausland . . . . . . . . . . . . . . . . . . . .V

Veranstaltungshinweise . . . . . . . . .VI

I N H A LT

IMPRESSUM

Schriftleitung: Priv.-Doz. Dr. Kai-Oliver Knops (V.i.S.d.P.), e-mail: [email protected]

Redaktion:Institut für Finanzdienstleistungen e.V. (iff)Rödingsmarkt 31–33, 20459 HamburgTelefon (0 40) 30 96 91 26Telefax (0 40) 30 96 91 22e-mail: [email protected]

Die redaktionelle Arbeit der Zeitschrift wirddurch den Verbraucherzentrale Bundesver-band und den Bund der Versicherten finan-ziert.

Druck und Verlag: Nomos Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG,Waldseestraße 3-5, D-76530 Baden-Baden, Telefon 07221/2104-0, Fax 07221/2104-27

Anzeigen: sales friendly, Verlagsdienstleistungen, Bettina Roos, Siegburger Straße 123, 53229 Bonn, Telefon 0228/978980, Telefax 0228/9789820,E-Mail: [email protected]

Die Zeitschrift, sowie alle in ihr enthalteneneinzelnen Beiträge und Abbildungen sind ur-heberrechtlich geschützt. Jede Verwertung,die nicht ausdrücklich vom Urheberrechts-gesetz zugelassen ist, bedarf der vorherigenZustimmung des Verlags. Namentlich gekennzeichnete Artikel müssennicht die Meinung der Herausgeber/Redak-tion wiedergeben. Unverlangt eingesandteManuskripte – für die keine Haftung über-nommen wird – gelten als Veröffentlichungs-vorschlag zu den Bedingungen des Verlages.Es werden nur unveröffentlichte Originalar-beiten angenommen. Die Verfasser erklärensich mit einer nicht sinnentstellenden redak-tionellen Bearbeitung einverstanden.

Erscheinungsweise: monatlich

Bezugspreis 2008: jährlich 149,– € (inkl. MwSt),Einzelheft 18,– €; Die Preise verstehen sich incl.MwSt zzgl. Versandkosten. Bestellungen neh-men entgegen: Der Buchhandel und der Verlag.Kündigung: Drei Monate vor Kalenderjahres-ende. Zahlungen jeweils im Voraus an: NomosVerlagsgesellschaft, Postbank Karlsruhe, Konto73636-751 (BLZ 660 100 75) und Stadtspar-kasse Baden-Baden, Konto 5-002266 (BLZ662 500 30).

ISSN 0930-8369

Zeitschrift für Verbraucher und Unternehmen

23. Jahrgang, S. 121-160

4/2008

VuR V E R B R A U C H E R

U N D R E C H T

Vorschau auf Heft 5/2008

AUFSÄTZEDarf ein Versandhändler Selbstbelieferungsprobleme überVertragsabschlussklauseln an seine Kunden weiterreichen?Von Dr. Volker Wiese, Hamburg

Die Hinderniskosten beim widerrufenen FernabsatzvertragVon Dr. Jan Eichelberger, Jena

VuR 4/2008 | I

VuR_4_2008.qxd 24.04.2008 8:45 Uhr Seite I

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1. Sie sind seit August 2007 neuer Vorstand des Bundesverban-des der Verbraucherzentralen (vzbv). Zuvor waren Sie unteranderem beim Naturschutzbund Deutschland (NABU), der Ver-braucherinitiative und der Otto Group tätig. Was hat Sie bewo-gen, an die Spitze des vzbv zu wechseln?

Ich kehre gewissermaßen zu meinen Wurzeln zurück. AlsGründer der Verbraucherinitiative habe ich bereits in den80er Jahren intensiv für die Interessen der Verbrauchergestritten. Im Verbraucherschutz ist in den letzten 20 Jahrenviel passiert. Doch trotz aller Erfolge gibt es noch viel zu tun.Wenn Energiekonzerne dank ihrer Oligopolstellung Milliar-dengewinne mit steigenden Strom- und Gaspreisen machen,ärgert mich dies ebenso wie Internetanbieter, die Jugend-lichen mit untergeschobenen Abonnements das Geld aus derTasche ziehen. Hier brauchen wir unmissverständlicheRegeln, die auch kontrolliert und sanktioniert werden. Aufder anderen Seite reizt es mich, die Verbraucher selbst darinzu unterstützen, stark und mündig zu werden. Meine Visionsind Verbraucher, die selbstbewusst und frech ihre Muskelnspielen lassen und mit ihren Konsumentscheidungen denPreis und die Qualität von Produkten und Dienstleistungen

beeinflussen. Das Internet eröffnet den Verbrauchern ganzneue Möglichkeiten, ihre Macht und ihre Interesse zu artiku-lieren. Unsere erfolgreiche Kampagne zum Stromanbieter-wechsel war ein guter Auftakt, dem weitere Aktionen folgensollen, mit denen wir Verbraucher aktivieren werden.

2. Welche verbraucherrelevanten Wirtschaftsthemen beschäfti-gen Ihren Verband in den kommenden Monaten?

Ein wichtiges Feld sind Verbraucherrechte im Internet.Kostenfallen bei Online-Angeboten müssen unterbundenund vertrauliche Daten besser geschützt werden. Hier hat dasBundesverfassungsgericht kürzlich untermauert, dass Ver-traulichkeit und Integrität informationstechnischer Systemegewährleistet sein müssen. Weitere Schwerpunkte sind dieEindämmung unlauterer Telefonwerbung und verbesserteFahrgastrechte im öffentlichen Personenverkehr. Außerdemwerden wir die Tauglichkeit des Verbraucherinformationsge-setzes sehr genau beobachten, das im Frühjahr in Kraft tritt.Auf EU-Ebene wird das europäische Verbraucherschutzrechtderzeit reformiert. Hier setzen wir uns dafür ein, das erreich-te Schutzniveau zu bewahren.

3. Ein ganz brisantes Thema ist der Weiterverkauf von Hypothe-kenkrediten an Investoren. Die Bundesjustizministerin BrigitteZypries hat Vorschläge gemacht, um einen missbräuchlichenZugriff auf die Immobilie gesetzlich einzudämmen. Halten Siedie Vorschläge für ausreichend?

Wir begrüßen, dass der Gesetzgeber an die Kündigung einesKredites bestimmte Anforderungen stellen will. Völlig inak-zeptabel ist jedoch die Idee eines „abtretungsfreien Ange-bots“. Verbraucher müssten sich hier das Vertrauen in denVertragspartner mit einem höheren Zins erkaufen. Das führtzwangsläufig zu einer Zwei-Klassen-Kreditnehmerschaft.Dagegen sind die bisher diskutierten Maßnahmen gegenunseriöse Angebote zur Anschlussfinanzierung sinnvoll. DerGesetzgeber muss jedoch noch mehr tun, um die Rechte derVerbraucher zu schützen, deren Forderungen übertragen wur-den. Was selbstverständlich sein sollte, wird in der Praxis inFrage gestellt, wenn zum Beispiel mangelhafte Forderungs-abrechnungen offen lassen, wie viel der Betrag, über den voll-streckt werden soll, noch mit der eigentlich geschuldetenDarlehensforderung zu tun hat. Verbraucher können Sicher-heiten wie die Grundschuld nur noch vertrauensvoll gewäh-ren, wenn sichergestellt ist, dass sie nicht missbräuchlich ein-gesetzt werden. Dazu müssen sich die Forderungen der Gläu-biger bei der Vollstreckung an der tatsächlich noch ausste-henden Forderung orientieren statt am eingetragenen Betragder Grundschuld. Die Sicherungsabrede muss also verbind-licher gestaltet werden. Darüber hinaus muss der Staatunrechtmäßige Zwangsvollstreckungen unterbinden. Dennder Verlust des Eigenheims lässt sich über einen möglichen

I N T E R V I E W

Gerd Billen

Verbraucherpolitische Perspektiven 2008Gerd Billen, Vorst. vzbv, Berlin

VuR 4/2008 | I I I

VuR_4_2008.qxd 24.04.2008 8:45 Uhr Seite III

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IV | VuR 4/2008

späteren Schadensersatzanspruch kaum wiedergutmachen.Forderungen sollten zudem nur an Dritte abgetreten werdendürfen, die über eine Banklizenz nach dem Kreditwesengesetzverfügen. Denn im Falle einer Forderungsabtretung ist es fürden Verbraucher entscheidend, Vertragspartner zu erhalten,mit dem er sinnvoll über Anpassungen und Prolongationenverhandeln kann.

4. Das Finanzmarktrichtline-Umsetzungsgesetz (FRUG) hat fürVerbraucher im Kapitalmarktsektor einige Verbesserungengebracht. Was bleibt aus Ihrer Sicht in diesem Bereich derzeitnoch zu tun?

Mit dem FRUG wird die EU-Richtlinie über Märkte für Fi-nanzinstrumente (MiFID) umgesetzt. Einmal mehr zeigt sich,dass der Anlegerschutz nicht von der Bundesregierung, son-dern fast ausschließlich von Brüssel vorangetrieben wird. Derdeutsche Gesetzgeber beschränkt sich darauf, die europäischenVorgaben in nationales Recht umzusetzen und nutzt dabei soviele Ausnahmeoptionen wie möglich. Wir hätten es für er-forderlich gehalten, endlich die unzureichenden und unein-heitlichen Anlegerschutzbestimmungen zu verbessern. Insge-samt wurde die Chance vertan, den Finanzplatz Deutschlandzu stärken. Sinnvoll wäre es, das Kapitalmarktinformations-haftungsgesetz (KapInHG) wieder aufleben zu lassen. DasBundesfinanzministerium hatte das Gesetz auf Eis gelegt. Esenthält aber wesentliche verbraucherfreundliche Aspekte wiedie Anpassung der Verjährungsfristen an die zivilrechtlichenRegeln, eine leichtere Beweisführung, die Ausweitung derHaftung für falsche oder unterlassene Kapitalmarktinforma-tionen und die Einführung einer persönlichen Haftung vonMitgliedern der Leitungs-, Verwaltungs- und Aufsichtsorga-ne.

5. Im Versicherungssektor ist am 1. Januar 2008 das Versiche-rungsvertragsgesetz (VVG) in Kraft getreten, das die Kunden-rechte erheblich stärkt. Sehen Sie weiteren Handlungsbedarf?

So wichtig ein geeigneter Rechtsrahmen ist, er schützt denVerbraucher nicht davor, sich falsch oder zu teuer zu versi-chern. Mit der Informationspflichten-Verordnung (VVG-InfoV) wurde bei Versicherungsverträgen erstmals eine über-sichtliche Produktinformation verbindlich eingeführt. Diesist positiv und wesentlich auch auf unsere Lobbyarbeitzurückzuführen. Die Maßnahmen greifen jedoch noch zukurz: Das Hauptproblem ist die fehlende Markttransparenz.Trotz Informationspflichten der Versicherer verfügen Ver-braucher nicht über die notwendigen Informationen, um dasoptimale Produkt auszuwählen. Um eine so genannte „Lai-entransparenz“ zu schaffen, müssen bestehende Informa-tionspflichten verbraucherfreundlicher umgesetzt werden.Produktbeschreibungen und Versicherungsbedingungen soll-ten branchenweit einheitlich und logisch aufgebaut sein.Wichtige Informationen müssen von unwichtigeren getrenntund hervorgehoben werden. Darüber hinaus sollte auf irre-

führende Anreizsysteme im Vertrieb verzichtet und die anbie-terunabhängige Beratung gestärkt werden. Nachbesserungs-bedarf sehen wir außerdem bei der Überschussbeteiligung beiLebensversicherungen.

6. In diesen Tagen hat der Rechtsausschuss des Bundestagesdie Novelle des Verbraucherinsolvenzrechts beraten. Erfülltder Gesetzesentwurf alle Forderungen des vzbv?

Wir sind mit dem Entwurf insofern zufrieden, als er fürmittellose Schuldner die Restschuldbefreiung aufrecht erhält.Allerdings hat der Entwurf noch Schwächen. Wir fordern vorallem drei Korrekturen: Erstens sind vorgerichtlich die lück-enlose Prüfung der Einkommens- und Vermögensverhält-nisse der Schuldner und ihre persönliche Beratung gesetzlichfestzuschreiben. Nur so sind Insolvenzanträge gewährleistet,die vor Gericht Bestand haben. Zweitens ist auf den vorgese-henen vorläufigen Treuhänder zu verzichten. Hat ein GerichtZweifel an den Angaben eines Schuldners kann es wie bisherSachverständige einschalten. Andere dem Treuhänder zuge-schriebene Aufgaben erledigen bereits vorgerichtlich dieInsolvenzberatungsstellen. Drittens sind Schuldner von denVerfahrenskosten zu befreien, die nur über das sozialrechtli-che Existenzminimum verfügen. Die entsprechenden Gebüh-renregelungen im Gesetzentwurf sind mit unserer Verfassungnicht vereinbar.

7. In mehreren Untersuchungen ist das so genannte Infor-mationsmodell in die Kritik geraten, das von der EU-Kom-mission, dem europäischen Gerichtshof und nationalenOrganen favorisiert wurde. Tatsächlich ist Verbrauchern mitseitenlangen, unverständlichen Informationen kaumgedient. Brauchen wir nicht auch eine verstärkte materielleKontrolle der Vertragsinhalte?

Information ist nicht alles. Das Informationsmodell basiertauf dem Trugschluss, dem Verbraucher müsse man nur voll-ständige Informationen geben, damit er weiß, was gut undwas schlecht für ihn ist. Dies blendet Aspekte aus, wie zumBeispiel die Produktkomplexität und die Rolle von Vermitt-lern. Auch der Zeitaufwand ist nicht zu unterschätzen. Ichwill mich nicht 24 Stunden über ein Produkt informieren.Damit der Verbraucher eine souveräne Entscheidung treffenkann, braucht er nicht möglichst viele, sondern fokussierteund vergleichbare Kerninformationen. Zudem muss er dieMöglichkeit haben, sich weitere, möglichst unabhängigeHilfe von Experten zu suchen. Dies bedeutet auch, dass eineindividual- und kollektivrechtliche Kontrolle von Vertragsin-halten noch wichtiger wird. Grundsätzlich haben sich dieInformationspflichten jedoch bewährt. Wichtig ist allerdings,wie die Rechtsfolgen einer falschen oder fehlenden Beleh-rung gefasst sind. Unsere Auffassung ist, dass in solchen Fäl-len die Widerrufsfrist nicht laufen darf.

VuR_4_2008.qxd 24.04.2008 8:45 Uhr Seite IV

Page 5: und Recht Matthias Martens, Bremen 121 VuREinzelheft 18,– € ; Die Preise verstehen sich incl. MwSt zzgl. Versandkosten. Bestellungen neh-men entgegen: Der Buchhandel und der Verlag

A U F S Ä T Z E

Herausgeber: Prof. Dr. Udo Reifner, Universität Hamburg, Institut für Finanzdienstleistungen e.V. (geschäftsführend); Prof. Dr. Hans-W. Mick-litz, Universität Bamberg; Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski, Humboldt-Universität Berlin; Prof. Dr. Klaus Tonner, Universität Rostock

Prof. Dr. Joachim Bornkamm, Vorsitzender Richter am Bundesgerichtshof, Karlsruhe; Dr. Friedrich Bultmann, Rechtsanwalt, Berlin; Prof. Dr. Pe-ter Derleder, Universität Bremen; Dr. Stefan Ernst, Rechtsanwalt, Freiburg; Dr. Günter Hörmann, Geschäftsführer der VerbraucherzentraleHamburg e.V.; Prof. Dr. Wolfhard Kohte, Universität Halle-Wittenberg; Dr. Rainer Metz, Bundesministerium für Verbraucherschutz, Ernährungund Landwirtschaft, Berlin; Prof. Dr. Norbert Reich, Universität Bremen; Prof. Wolfgang Römer, Richter am Bundesgerichtshof a.D., Berlin;Prof. Dr. Astrid Stadler, Universität Konstanz; Prof. Dr. Dirk Staudenmayer, Europäische Kommission, Referatsleiter Generaldirektion Gesund-heit und Verbraucherschutz, Brüssel; Walter Stillner, Rechtsanwalt, Stuttgart; Andreas Tilp, Rechtsanwalt, Tübingen

Schriftleitung: Priv.-Doz. Dr. Kai-Oliver Knops, Institut für Finanzdienstleistungen e.V. (iff), Rödingsmarkt 31-33, 20459 Hamburg

4/200823. Jahrgang, Seiten 121-160

Zeitschrift für Wirtschafts- und Verbraucherrecht

VuR V E R B R A U C H E R

U N D R E C H T

Der Beitrag befasst sich mit der Möglichkeit des Unterneh-mers, nach unterbliebener oder falscher Widerrufsbelehrungeine Nachbelehrung vorzunehmen und dadurch die gesetzli-che Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Bedeutsam ist dieseMöglichkeit vor allem bei Altverträgen, also Verträgen, die vordem 01.01.2002 geschlossen wurden, da bis dahin die Nach-belehrung nicht gesetzlich geregelt war. Erst das OLG-Ver-tretungsänderungsgesetz (OLGVertrÄndG)1 hat sie auf derBasis des Schuldrechtsmodernisierungsgesetzes (SMG)2 in§ 355 Abs. 2 S. 2 BGB vorgesehen, sodass die Untersuchungder Nachbelehrung mit der gegenwärtigen Rechtslage be-ginnt (dazu A.). Sodann wird die Möglichkeit einer Nachbe-lehrung bei Altverträgen diskutiert (dazu B.). Ob sie mit demEuroparecht, also der Haustürgeschäfterichtlinie 85/577/EWG, konform ist, ist ebenfalls zu thematisieren (dazu C.).Weiterhin werden die Auswirkungen einer Nachbelehrung füreinen Haustürimmobiliarkredit durchleuchtet, da diese nichtunumstritten sind (dazu D). Und schließlich wird aufgrund derAktualität der Vorlage des OLG Stuttgart zum EuGH3 die Ver-wirkung als Alternative zur Nachbelehrung diskutiert (dazuE.).

A. Die Nachbelehrung gemäß § 355 Abs. 2 S. 2 BGB

Die Widerrufsfrist bei Haustürgeschäften, also solchen Ge-schäften, die an der Haustür oder in vergleichbaren Situatio-nen abgeschlossen oder angebahnt wurden und somit zu einerÜberrumpelung des Verbrauchers führen können, beträgt ge-mäß § 312 Abs. 1 S. 1, § 355 Abs. 1 S. 2 BGB grundsätzlich

zwei Wochen. Dabei beginnt die Frist gemäß § 355 Abs. 2 S. 1BGB erst mit dem Zeitpunkt zu laufen, zu dem der Verbraucherordentlich über sein Widerrufsrecht belehrt wurde. Erfolgtdie Belehrung nach dem Zeitpunkt des Vertragsschlusses, stehtdem Verbraucher gemäß § 355 Abs. 2 S. 2 BGB ein einmona-tiges Widerrufsrecht zu. Mit dieser Vorschrift, die durch dasOLGVertrÄndG geschaffen und im Gesetzgebungsverfahrenerst vom Vermittlungsausschuss eingeführt wurde,4 ist zumersten Mal eine eigene Frist für die nachträgliche Belehrungentstanden. Wenn es danach bereits in der Haustürsituationzum Vertragsschluss gekommen und der Verbraucher dabei zu-nächst nicht ordnungsgemäß durch den Unternehmer belehrtworden ist, führt die nachträgliche ordnungsgemäße Beleh-rung zu der Verlängerung der Widerrufsfrist von ursprünglichzwei Wochen auf einen Monat nach Widerrufsbelehrung.

Dabei ist die Belehrung, abweichend von der früher herr-schenden Meinung, nicht mehr als Obliegenheit des Unter-nehmers zu sehen,5 bei deren Nichterfüllung lediglich dasWiderrufsrecht nicht erlischt. Vielmehr ist die Belehrung beirichtlinienkonformer Auslegung auf der Basis der Haustürge-schäfterichtlinie 85/577/EWG Gegenstand einer echtenRechtspflicht,6 sodass in der Nichtbelehrung des Verbrau-

Nachbelehrung und Verwirkung des Widerrufsrechts bei HaustürgeschäftenVon Dipl. Jur. Matthias Martens, Bremen

VuR 4/2008 | 121

1 BGBl. 2002, 2850.2 BT-Drucks. 14/7052.3 S. OLG Stuttgart, ZfIR 2007, 18 ff.4 S. BT- Drucks. 14/9633, S. 2.5 So noch MünchKomm-Ulmer, 4. Aufl. Bd. 2a § 355 Rn. 44; Staudinger-Kaiser,

2004, § 355 Rn. 33; Schäfer, DStR 2006, 1753, 1760.6 S. EuGH, NJW 2005, 3551 (3552); OLG Bremen, WM 2006, 758, 763; Derleder,

BKR 2005, 442, 446; Habersack, JZ 2006, 91 93.

VuR_4_2008.qxd 24.04.2008 8:45 Uhr Seite 121

Page 6: und Recht Matthias Martens, Bremen 121 VuREinzelheft 18,– € ; Die Preise verstehen sich incl. MwSt zzgl. Versandkosten. Bestellungen neh-men entgegen: Der Buchhandel und der Verlag

122 | VuR 4/2008

chers durch den Unternehmer eine Pflichtverletzung zu se-hen ist. Somit ist der Unternehmer verpflichtet, das Informa-tionsdefizit, das durch die fehlerhafte oder unterbliebene Be-lehrung entstanden ist, nachträglich zu beheben und dadurchdie Widerrufsfrist in Gang zu setzen. Denn fehlt es an einerordnungsgemäßen Widerrufsbelehrung des Verbrauchers,sieht § 355 Abs. 3 S. 3 Halbs. 1 BGB vor, dass die Widerrufs-frist nicht zu laufen beginnt und somit das Widerrufsrechtnicht erlischt.

B. Nachbelehrung bei Altverträgen

Wurde demgegenüber der Vertrag, welcher in einer Haustür-situation zustande gekommen ist, in dem Zeitraum vom01.05.1986 bis 31.12.2001 geschlossen und abgewickelt, indem das Haustürwiderrufsgesetz (HWiG) und (ab 01.10.2000)7

die §§ 361a, 361b BGB aF maßgeblich waren, stellt sich dieFrage der Möglichkeit einer Nachbelehrung. Ausdrücklich istdie Nachbelehrung weder in § 2 Abs. 1 S. 2, 3 HWiG noch inden §§ 361a, 361b BGB aF angesprochen. Während gemäß §§ 1Abs. 1, 2 Abs. 1 S. 2 HWiG die Widerrufsfrist eine Woche abAushändigung einer ordnungsgemäßen Widerrufsbelehrungbetrug und in § 361a Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 und S. 3 BGB aF aufzwei Wochen verlängert wurde, findet sich zu der Möglich-keit einer Nachbelehrung nichts. Lediglich für den Fall, dasseine ordnungsgemäße Belehrung unterblieb, bestimmte § 2Abs. 1 S. 4 HWiG, dass das Widerrufsrecht erst einen Monatnach beiderseits vollständiger Erbringung der Leistung erlö-schen sollte. Dies wurde auch in § 361a BGB aF übernom-men. Somit hat der Gesetzgeber damals die Möglichkeit einerNachbelehrung nicht in Betracht gezogen. Dennoch wurde dieAuffassung vertreten, dass in Bezug auf § 2 Abs. 1 HWiG einenachträgliche Belehrung zulässig sei und dadurch die gesetz-liche Widerrufsfrist in Gang gesetzt werde.8

Die Nachbelehrung ist auch nicht durch die Überleitungsre-gelungen zum 01.01.2002 eingeführt worden. Denn auf Ver-träge, die vor dem 01.01.2002 geschlossen wurden, ist gemäßArt. 229 § 5 S. 1 EGBGB weiterhin das alte Recht anzuwen-den, mit der Folge, dass eine nachträgliche Belehrung ebenfallsdie Wochenfrist des § 1 Abs. 1 S. 1 HWiG bzw. die Zweiwo-chenfrist des § 361a Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BGB aF auslöst undnicht die verbraucherfreundlichere Einmonatsfrist des § 355Abs. 2 S. 2 BGB. Demgegenüber bestimmt aber Art. 229 § 5S. 2 EGBGB, dass nach der Übergangszeit von einem Jahr, al-so ab dem 01.01.2003, für Dauerschuldverhältnisse nur nochdas neue Recht gilt, sodass es zu einem Statutenwechselkommt.9 Dies bedeutet, dass auf ein Dauerschuldverhältnis,das vor dem 01.01.2002 begründet wurde und noch nachdem 01.01.2003 besteht, das neue Recht mit der Folge anzu-wenden ist, dass eine Nachbelehrung des Verbrauchers dieeinmonatige Widerrufsfrist gemäß § 355 Abs. 2 S. 2 BGB zurFolge hat. Die Übergangsregelung zum OLGVertrÄndG in Art.229 § 9 Abs. 2 EGBGB10, nach der § 355 Abs. 2 BGB auch fürAltverträge gilt, also auch mit der längeren Frist zum Widerruf,sofern die Nachbelehrung nach dem 01.08.2002 erfolgte, be-trifft daher nur die bereits vor dem 01.01.2002 bestehendenDauerschuldverhältnisse, die von Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB nochnicht erfasst waren und für die sämtlich die neue Nachbeleh-rungsregelung gilt. Art. 229 § 9 Abs. 2 EGBGB tritt nämlichim Verhältnis zu Art. 229 § 5 S. 2 EGBGB, welcher eine Spezi-alvorschrift für Dauerschuldverhältnisse darstellt, zurück, dadieser ab dem 01.01.2003 für einheitliches Recht sorgen will.11

C. Die Europarechtskonformität der Nachbelehrung

Art. 4 Abs. 2 der Haustürwiderrufsrichtlinie 85/577/EWGspricht davon, dass die Widerrufsbelehrung zum Zeitpunkt desVertragsschlusses zu erfolgen hat.12 Somit ist davon auszuge-hen, dass das Gemeinschaftsrecht den Begriff der Nachbeleh-rung nicht kennt. Daher wird die Auffassung vertreten, dass ei-ne verspätete Belehrung wie eine fehlende zu behandeln sei,sodass eine nachträgliche Befristung des Widerrufsrechtsdurch die Nachbelehrung nicht ausgelöst werde.13 Begründetwird diese Auffassung vor allem mit dem Argument, dass diedurch eine Nachbelehrung ausgelöste Frist die Rechtspositiondes Verbrauchers verkürze, da nach Gemeinschaftsrecht demVerbraucher in diesem Falle ein unbefristetes Widerrufsrechtzustehe.14

Demgegenüber wird die Auffassung vertreten, dass sich derAusschluss einer nachträglichen Belehrung negativ auf den be-teiligten Verbraucher auswirke.15 Denn die Monatsfrist des§ 2 Abs. 1 S. 4 HWiG laufe ohne Rücksicht auf die Kenntnisdes Verbrauchers von seinem Widerrufsrecht. Diese Kenntnisverschaffe dem Verbraucher die Nachbelehrung aber gerade.Ferner sei zu berücksichtigen, dass der Unternehmer, der nichtdie Wochenfrist des § 1 Abs. 1 HWiG, bzw. die Zweiwochen-frist gemäß § 361a Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BGB aF durch nach-trägliche Belehrung in Gang setzen könne, von einer Nachbe-lehrung Abstand nehme. Das entspreche wiederum nicht demGedanken des Verbraucherschutzes, der in der Haustürwider-rufsrichtlinie verankert sei.

Der EuGH hat in der „Heininger“-Entscheidung vom13.12.200116 unter anderem klargestellt, dass der nationaleGesetzgeber daran gehindert gewesen ist, das Widerrufsrechtnach der „Haustürgeschäfterichtlinie“ auf ein Jahr nach Ver-tragsabschluss zu befristen. Zuvor war nach nationalem Rechtbei einem Realkreditvertrag im Sinne des § 3 Abs. 2 Nr. 2VerbrKrG die Norm des § 7 Abs. 2 S. 4 VerbrKrG mit der Folgeangewandt worden, dass das Widerrufsrecht bei unterbliebe-ner Belehrung nach beiderseits vollständiger Erbringung derLeistung, spätestens aber ein Jahr nach Abgabe der auf denAbschluss des Kreditvertrages gerichteten Willenserklärungdes Verbrauchers erlosch. Das HWiG fand nämlich in solchenFällen aufgrund der Subsidiarität der Regelung des § 5 Abs. 2HWiG keine Anwendung. Dem Argument der Rechtssicher-heit, das für die Befristung auf ein Jahr nach Vertragsschlussangeführt wurde, hielt der EuGH entgegen, dass die Kreditins-titute dem Bedürfnis nach Rechtssicherheit dadurch Rechnungtragen könnten, dass sie ihrer Obliegenheit zur Widerrufsbe-lehrung nachkämen.17

A U F S Ä T Z E | Martens, Nachbelehrung und Verwirkung des Widerrufsrechts bei Haustürgeschäften

7 S. § 9 Abs. 3 HWiG.8 Vgl. Fischer-Machunsky, HWiG, 2. Aufl., 1995, Grundlagen Rn. 46 ff.; Münch-

Komm-Ulmer, 3. Aufl. BGB, § 2 Rn. 4aE; OLG Stutgart, NJW-RR 1990, 1081, 1083.9 Vgl. Bülow/Artz, VerbrKrG, 6. Aufl., 2006, Verbraucherkreditrecht im Zeitablauf, Rn.

16.10 Ursprünglich wurde durch das OLGVertrÄndG der Art. 229 § 8 EGBGB verse-

hentlich zweimal angefügt. Dieses Versehen ist jedoch zwischenzeitlich berichtigtworden: BGBl. 2002 I 4410.

11 S. Staudinger-Schiemann-Löwisch 2003, Art. 229 § 9 Rn. 7.12 S. EG-Richtlinie 85/577/EWG AmtsBl. EG Nr. L 372 vom 31.12.1985 S. 31.13 Vgl. Tonner, BKR 2002, 856, 858) Derleder/Knops/Bamberger-Derleder, Kap. II § 9

Rn. 55 und Reifner, Kap. II § 11 Rn. 150; Borst, Die Prinzipien des Schutzes von Im-mobilienanlegern bei Fonds- und Bauträgermodellen, Kap. 3, S. 80 f.

14 Vgl. Tonner, BKR 2002, 856, 858.15 S. Fischer/Machunsky (o. Fn. 4), § 2 Rn. 48; Palandt-Heinrichs, 66. Aufl., § 355

Rn. 19.16 S. EuGH, NJW 2002, 281 = ZIP 2002, 31 = ZfIR 2002, 15.17 S. EuGH, NJW 2002, 281, 283.

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Hieraus hat Hoffmann geschlossen, dass man dem Urteil im-plizit eine Billigung der deutschen Praxis entnehmen könne,bei einer verspäteten Belehrung die Widerrufsfrist in Gang zusetzen.18 Er begründet seine Auffassung damit, dass es nachder Belehrung beim Verbraucher liege, ob er vom Widerrufs-recht Gebrauch mache oder nicht. Mache er davon keinenGebrauch, sei er auch nicht schutzbedürftiger, als wenn er beiVertragsschluss eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrungerhalten hätte, mit der Folge, dass er nicht mehr widerrufenkönne. Bezüglich der Möglichkeit einer Nachbelehrung istmeines Erachtens jedoch der „Heininger“-Entscheidung nichtszu entnehmen. Allein aus der Tatsache, dass die Bank durch dierechtzeitige Belehrung für das Ingangsetzen der Widerrufs-frist sorgen kann, ist nicht zu schließen, dass der EuGH zumAusdruck bringen wollte, dass die Frist auch nachträglich inGang gesetzt werden können muss.19

Für die Möglichkeit einer Nachbelehrung spricht nicht nurdie Sicht des Unternehmers, sondern auch die des Verbrau-chers. Dem Verbraucher nutzt es wenig, ein jahrelanges Wider-rufsrecht zu haben, von dem er keine Kenntnis hat. Somit wirddurch die Nachbelehrung die Rechtsposition des Verbrau-chers gerade nicht verkürzt, sondern ihm dadurch noch ein-mal explizit sein Widerrufsrecht vor Augen geführt.20 Auch fürden Unternehmer muss die Möglichkeit bestehen, durchNachholung der Belehrung und der damit verbundenen In-gangsetzung der Widerrufsfrist Rechtssicherheit zu schaffen.Es macht zwar einen Unterschied, ob der Verbraucher vorVertragsschluss belehrt wird, wo er in seinen Entscheidungenfrei ist, oder erst nach (teilweiser) Durchführung des Vertra-ges, wo er die Rückabwicklungsfolgen bedenken muss. Obdiese so ausgestaltet sind, dass sie ihn nicht vom Widerruf ab-halten, ist jedoch die Sache einer angemessenen Rückabwick-lungsregelung, jedoch kein Argument gegen eine Nachbeleh-rung zur faktischen Ermächtigung des Widerrufs.

D. Die Auswirkungen der Nachbelehrung bei denHaustürimmobiliarkrediten

Sobald die kreditgebende Bank die Widerrufsbelehrung nach-geholt hat, beginnt die Widerrufsfrist zu laufen. Dass die meis-ten Verbraucher erfahrungsgemäß von ihrem Widerrufsrechtkeinen Gebrauch machen und daher den Vertrag ordnungs-gemäß erfüllen, liegt auch an den Rechtsfolgen, da ein Wider-ruf nach der Rechtsprechung des BGH eine sofortige Rück-zahlung des Nettokredites nebst marktüblicher Verzinsung zurFolge hat.

Vor den Urteilen des EuGH zu den Rechtssachen „Schulte“21

und „Crailsheimer Volksbank“22 hat die höchstrichterlicheRechtsprechung die Parteien entsprechend der gesetzlichenRegelung des § 3 Abs. 1 S. 1 HWiG (jetzt §§ 346 Abs. 1, 357Abs. 1 S. 1 BGB) grundsätzlich zur Rückgewähr der empfange-nen Leistungen verpflichtet. Dies galt auch bei Widerruf ei-nes Haustürimmobiliarkredites, mit der Folge, dass der Darle-hensnehmer bei Widerruf des Kredites grundsätzlich zursofortigen Rückzahlung des empfangenen Nettokreditbetragesnebst marktüblicher Verzinsung verpflichtet wurde.23 Der Dar-lehensgeber war demgegenüber verpflichtet, die auf das Dar-lehen geleisteten Zins- und Tilgungsraten inklusive derenmarktüblicher Verzinsung an den Darlehensnehmer zurück-zuzahlen.24 Dies galt nach Auffassung des BGH auch dann,wenn das Darlehen nicht an den Darlehensnehmer selber, son-dern auf Weisung des Darlehensnehmers direkt an einen Drit-ten gezahlt war.25

Handelt es sich demgegenüber bei dem Darlehensvertrag unddem zu finanzierenden Geschäft um einen verbundenen Ver-trag nach § 9 Abs. 1 VerbrKrG (jetzt § 358 Abs. 3 BGB), sieht§ 9 Abs. 2 S. 1 VerbrKrG (jetzt § 358 Abs. 2 S. 1 BGB) im Falleeines Widerrufes nach § 7 VerbrKrG vor, dass sich die Wir-kung des Widerrufes des Darlehensvertrages auch auf das fi-nanzierte Geschäft erstreckt. Dies gilt jedoch nicht bei Wider-ruf eines Haustürimmobiliarkredites, da ein Realkreditvertragund ein finanziertes Grundstücksgeschäft nach ständigerRechtsprechung des XI. Zivilsenates aufgrund des Wortlautesdes § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG, nach dem § 9 VerbrKrG keineAnwendung auf Kreditverträge findet, grundsätzlich nicht alsein verbundener Vertrag anzusehen sind, sodass der Darle-hensnehmer nicht unter Hinweis auf § 9 Abs. 3 VerbrKrG dieRückzahlung des Nettodarlehens nebst marktüblichen Zinsenverweigern kann.26 Begründet wird dies mit dem ausdrück-lichen Hinweis, dass das Widerrufsrecht bei einem Darlehens-vertrag nicht dazu diene, das wirtschaftliche Risiko der Ver-wendung des Darlehens vom Darlehensnehmer auf denDarlehensgeber abzuwälzen.27

Bei den Haustürimmobiliarkrediten zur Finanzierung einesAnlagegeschäftes handelte es sich in vielen Fällen um Anlagen,deren Werthaltigkeit oftmals gering war bzw. die einem ra-schen Wertverlust ausgesetzt waren, also um sogenannte„Schrottimmobilien“. Auch waren die erzielten Einnahmen,sofern es solche gab, nicht ausreichend, um den der Bank in-folge des Widerrufes geschuldeten Betrag zurückzuzahlen. Auf-grund dessen war der Darlehensnehmer verpflichtet, die Sum-me aus Eigenmitteln aufzubringen, was erheblichewirtschaftliche Nachteile zur Folge hatte.28 Daher sah sichdie Rechtsprechung des XI. Zivilsenates durch das Schrifttumerheblicher Kritik ausgesetzt.29

Diese Kritik, die auch von unterinstanzlichen Gerichten auf-genommen wurde, endete schließlich in den bereits erwähn-ten Vorabentscheidungsverfahren beim EuGH zu den Rechts-sachen „Schulte“30 und „Crailsheimer Volksbank“31. Dabeiwurde entschieden, dass die Haustürwiderrufsrichtlinie einenEinwendungsdurchgriff bei Widerruf des Finanzierungsge-schäfts in Bezug auf das finanzierte Geschäft nicht vorsehe. So-mit müsse bezüglich der Rechtsfolgen eines widerrufenenHaustürimmobiliarkredites auf das nationale Recht verwiesenwerden. Dies hat zur Folge, dass der Verbraucher als Darle-hensnehmer im Falle eines Widerrufs eines Immobiliarkredi-tes auch weiterhin den ausgezahlten Nettokreditbetrag sofortzurückzuzahlen hat und darüber hinaus auch hierfür markt-

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18 Vgl. Hoffmann, ZIP 2005, 1985, 1989.19 Vgl. Tonner, BKR 2002, 856, 858; Reiter/Methner, VuR 2004, 52, 54.20 S. MünchKomm-Masuch, 5. Aufl., § 355 Rn. 54.21 S. EuGH, VuR 2005, 419.22 S. EuGH, VuR 2005, 423.23 S. BGHZ 152, 331 336 ff. = WM 2002, 2501; BGH, WM 2003, 2184, 2185; BGH,

ZIP 2003, 1741, 1743; BGH, WM 2003, 2410, 2411; BGH, WM 2004, 27, 31.24 Seit BGHZ 152, 331, 336 ff. ständige Rechtsprechung.25 S. BGHZ 152, 331, 336 f. m. w. N.26 S. BGHZ 152, 331, 337; BGH, WM 2003, 64, 66; ZIP 2003, 1741, 1744; WM 2003,

2410, 2411; WM 2004, 172, 175; WM 2005, 375, 376; BKR 2005, 501, 504; BB 2006,1588, 1589.

27 S. BGH, NJW 2004, 1376, 1378 = ZIP 2004, 606, 609.28 Vgl. Borst (Rn. 9) Kap. 4, S. 98.29 Vgl. Derleder, ZfIR 2003, 177, 187 ff.; ders., EWiR 2004, 285, 286; Fischer, DB 2003,

83, 85 ff.; ders., DB 2004, 639, 643; Tonner, BKR 2002, 856, 859 f.; Kulke, EWiR2003, 1265, 1266; ders., ZfIR 2004, 138 ff.

30 S. EuGH, VuR 2005, 419.31 S. EuGH, VuR 2005, 423.

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übliche Zinsen zahlen muss.32 Dem kann der Verbraucher, wiebereits erwähnt, auch nicht entgegenhalten, dass es sich beidem zur Finanzierung des Kaufs einer Immobilie in den meis-ten Fällen geschlossenen Realkreditvertrag und dem damit fi-nanzierten Immobilienerwerb um ein verbundenes Geschäfthandele. Dieses Ergebnis hat der EuGH in den vorgenanntenEntscheidungen bestätigt, indem er ausdrücklich betont, dassdie Haustürwiderrufsrichtlinie es nicht verbiete, den Verbrau-cher nach Widerruf eines Darlehensvertrages zur sofortigenRückzahlung der Darlehensvaluta zuzüglich marktüblicherZinsen zu verpflichten, obwohl die Valuta, wie regelmäßigbei Haustürimmobiliarkrediten, nach dem für die Kapitalan-lage entwickelten Konzept ausschließlich der Finanzierung desErwerbs der Immobilie diente und unmittelbar an deren Ver-käufer ausgezahlt wurde.33 Der EuGH hat allerdings eine Über-wälzung des Risikos auf die Bank im Falle einer Belehrungs-pflichtverletzung vorgesehen.

Der XI. Zivilsenat des BGH hat jedoch einer derartigen Risi-koverlagerung bislang keinen Raum gelassen. Abgesehen vomVerschulden der Banken hat er vor allem die Kausalität derPflichtverletzung in Abrede gestellt, wenn der Kaufvertragvor dem Finanzierungsvertrag geschlossen worden ist. Der Ver-braucher habe sich dann nämlich auch bei Belehrung überdas Recht zum Widerruf des Darlehensvertrages nicht denAnlagerisiken entziehen können.34 Deswegen muss der Wider-rufende regelmäßig nach dem Widerruf mit der sofortigenRückzahlung der Nettovaluta und marktüblicher Verzinsungrechnen. Der XI. Zivilsenat des BGH hat jedoch eine neue Be-gründung von Schadensersatzansprüchen bei institutionali-siertem Zusammenwirken von Bank und Veräußerer eröffnet,da sich hier der Anleger unter erleichterten Voraussetzungenauf einen die Aufklärungspflicht auslösenden Wissensvor-sprung der finanzierenden Bank im Zusammenhang mit ei-ner arglistigen Täuschung des Anlegers durch unrichtige An-gaben der Vermittler, Verkäufer oder Fondsinitiatoren bzw. desFondsprospekts über das Anlageobjekt berufen kann.35

E. Nachbelehrung und Verwirkung

Mit der Vorlageentscheidung des OLG Stuttgart vom02.10.2006 – 6 U 8/0636 wurde der Verbraucherschutz in Be-zug auf das bei Haustürsituationen bestehende Widerrufs-recht erneut in den Fokus des EuGH gerückt. Dabei geht esneben der Frage der Vereinbarkeit von § 2 Abs. 1 S. 4 HWiG mitArt. 4 I, 5 I der Richtlinie 85/577/EWG vor allem darum, ob dasWiderrufsrecht des Verbrauchers nach vollständiger Abwick-lung des Vertrages verwirkt sein kann, obwohl keine Belehrunggemäß Art. 4 I der Richtlinie 85/577/EWG erteilt worden ist.Damit könnte sich auch eine Nachbelehrung erübrigen.

Die Verwirkung eines Rechts tritt ein, wenn es vom Berech-tigten über längere Zeit nicht geltend gemacht worden ist(Zeitmoment) und der andere Teil sich nach dem gesamtenVerhalten des Berechtigten darauf einstellen durfte und sichauch tatsächlich darauf eingestellt hat, dass dieser das Rechtauch in Zukunft nicht mehr geltend machen wird (Um-standsmoment).37 Der Berechtigte muss also ein Verhaltenan den Tag gelegt haben, das bei dem Verpflichteten in zure-chenbarer Weise ein schutzwürdiges Vertrauen auf die weite-re Nichtinanspruchnahme hervorgerufen hat.38 Ob und wannvon einer Verwirkung des Widerrufsrechts ausgegangen wer-den kann, ist umstritten.

Das OLG Hamm hat in analoger Anwendung des § 7 Abs 2 S. 3VerbrKrG, wonach bei unterbliebener Widerrufsbelehrungdas Widerrufsrecht erst nach beiderseitiger Erbringung der Lei-stungen, spätestens jedoch ein Jahr nach Abgabe der Willens-erklärung erlischt, bei einem im Rahmen eines Haustürge-schäftes nach unterbliebener Belehrung bestehendenWiderrufsrecht eine Verwirkung nach einer Ausschlussfristvon einem Jahr angenommen.39 Begründet wurde diese Auf-fassung mit dem Argument, dass sich bei § 7 Abs. 2 S. 3VerbrKrG wegen der absoluten zeitlichen Begrenzung auf einJahr ab Abgabe der Vertragserklärung die Frage nach einerVerwirkung nicht stelle und der Gesetzgeber eine auf Dauerschwebende Unwirksamkeit des Darlehensvertrages habe ver-meiden wollen, sodass ein Widerrufsrecht bei einer Haustür-situation dem Verbraucher nicht auf ewig offengehalten wer-den könne.40

Demgegenüber wurde auch die Auffassung vertreten, überein argumentum a maiore ad minus sei die Zehnjahresfristdes § 124 Abs. 3 BGB auf die Fälle des § 2 Abs. 1 S. 4 HWiG beiunterbliebener Widerrufsbelehrung analog anzuwenden, daein Wertungswiderspruch bestehe, wenn dort keine Frist zulaufen beginne, während bei einer arglistigen Täuschung oderwiderrechtlichen Drohung eine Zehnjahresfrist bestehe.41 Daes sich bei § 124 Abs. 3 BGB um eine Ausschlussfrist handle,komme es nicht darauf an, wann der Anfechtungsberechtigtedie arglistige Täuschung entdecke bzw. wann die Zwangslagegeendet habe.42

Eine weitere Meinung zieht die handelsrechtlichen Aufbe-wahrungsfristen des § 257 HGB in Betracht, mit der Begrün-dung, dass es sich bei den meisten Fällen des Widerrufs umeinen Anspruch aus einer Bankverbindung handle und fürKorrespondenzen mit Kunden die Sechsjahresfrist des § 257Abs. 1 Nr. 2 und 3, Abs. 4, Abs. 5 HGB einschlägig sei, da essich hierbei um Handelsbriefe handele.43 Wenn dementspre-chend die Banken nach sechs Jahren unter den Voraussetzun-gen des § 257 Abs. 5 HGB ihre Kundenkorrespondenz ver-nichten dürften, könnten sie auch auf eine sonstigeDokumentation der Geschäftsverbindungen verzichten. Dannspreche aber auch einiges dafür, dass sie ab diesem Zeitpunktnicht mehr mit Vorwürfen ihrer Kunden konfrontiert werdenkönnten. Denn dann könnten sie die Vorwürfe nicht mehr aufihre Richtigkeit überprüfen. Somit ergebe sich daraus eineSchutzbedürftigkeit der Banken, nicht mehr mit früheren An-sprüchen seitens der Kunden behelligt zu werden.44

Diese Ansichten überzeugen nicht. Zunächst handelt es sichbei § 7 Abs. 2 S. 3 VerbrKrG um eine singuläre Norm, sodasssich eine Anwendung auf das HWiG, auch eine analoge An-wendung, verbietet.45 Außerdem würde die Sanktion der

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32 S. BGHZ 152, 331 336, 338; BGH, WM 2003, 64, 66; ZIP 2003, 1741, 1744; WM2003, 2410; WM 2004, 172,176; ZIP 2006, 846, 847; BB 2006, 1588, 1589.

33 Vgl. BGH, BB 2006, 1588, 1590 m. w. N.34 Vgl. OLG Frankfurt, WM 2006, 769; OLG Karlsruhe, WM 2006, 676, 680; Ehricke,

ZBB 2005, 443, 449; Habersack, JZ 2006, 91, 93; Sauer, BKR 2006, 96, 101.35 S. BGHZ 168, 1 = WM 2006, 1194 = ZIP 2006, 1187 = DB 2006, 1424 = NJW 2006,

2099.36 S. OLG Stuttgart, ZfIR 2007, 18 ff.37 S. BGH, WM 1957, 976; NJW 1965, 1532; NJW 1989, 836.38 Vgl. Staudinger-Looschelders/Olzen, 2005, § 242 Rn. 306.39 S. OLG Hamm, MDR 1999, 537 = WM 1999, 1057.40 S. OLG Hamm, MDR 1999, 537 = WM 1999, 1057, 1059.41 Vgl. Mankowski, EWiR 1999, 657, 658.42 S. Staudinger-Singer/ von Finckenstein, 2004, § 124 Rn. 8.43 S. OLG München, WM 2006, 1292, 1293.44 S. OLG München, WM 2006, 1292, 1293.45 Vgl. Mankowski, EWiR 1999, 657, 658.

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Kl inge, Das Provis ionsabgabeverbot in der Lebensvers icherung | A U F S Ä T Z E

Richtlinie 85/577/EWG missachtet, die dem nicht belehrtenVerbraucher sein Recht nicht mit Ablauf einer Frist nehmenwill. Dadurch würde unseriösen Unternehmen geradezu einAnstoß gegeben, die Verbraucher nicht oder nicht ordnungs-gemäß zu belehren und zu hoffen, dass der Verbraucher indem einen Jahr seit Vertragsschluss nichts von seinem Wider-rufsrecht erfährt.46 Schließlich soll es nach Sinn und Zweck desWiderrufsrechts ausschließlich vom freien Willen des Kun-den abhängen, ob er seine Vertragserklärung wirksam werdenlassen will oder nicht.47 Die Schwäche der analogen Anwen-dung des § 124 III BGB besteht darin, dass die Ausschlussfristunabhängig von der beiderseitigen Vertragserfüllung vorgese-hen ist. Daher sprechen die Schutzbedürftigkeit des Verbrau-chers und die Möglichkeit des Unternehmers, die Belehrungnachzuholen und somit die Frist in Gang zu setzen, um derInanspruchnahme durch den Verbraucher auch noch nachmehreren Jahren zu entgehen, gegen eine analoge Anwendungdes § 124 III BGB.

Auch die Anwendung der handelsrechtlichen Aufbewah-rungsfristen von sechs Jahren gemäß § 257 Abs. 1 Nr. 2 und 3,Abs. 4, Abs. 5 HGB erfüllt nicht den von der Richtlinie85/577/EWG verfolgten Verbraucherschutzzweck. Denn dasUmstandsmoment kann weder allein aus dem Zeitmoment,dem Ablauf der Frist des § 257 Abs. 4, Abs. 5 HGB, abgeleitet,noch allein an Umstände geknüpft werden, an denen der Be-rechtigte unbeteiligt ist. Außerdem fehlt es in solchen Fällenan einem Verhalten des Berechtigten, auf das der Verpflichte-te sein Vertrauen stützen darf, sodass der erforderliche Ver-trauenstatbestand nicht erfüllt ist.48

Da dem Unternehmer die Möglichkeit einer Nachbelehrungauch für die Altverträge eröffnet ist, liegt es also an ihm, ob ereine Frist für die Ausübung des Widerrufsrechts in Gang setzen

will. Er kann verständlicherweise nicht die Strategie verfol-gen, den Verbraucher nicht zu belehren, um dadurch dieWiderrufsrechtsausübung zu vermeiden, und sich schließlichauf Verwirkung berufen. Insofern verdient keinen Vertrau-ensschutz durch Verwirkung, wer seinerseits das zur Informa-tion des Vertragspartners Erforderliche nicht getan hat. Es fehltsomit generell an dem Umstandsmoment für eine Verwirkung,wenn der Unternehmer auf eine ihm vom nationalen Recht er-öffnete Nachbelehrung verzichtet. Außerdem widerspricht ei-ne Verwirkung dem bereits genannten Sanktionscharakter undSchutzzweck der Haustürwiderrufsrichtlinie, durch die derUnternehmer zur Belehrung über das Widerrufsrecht veran-lasst werden soll.

F. Ergebnis

Es hat sich gezeigt, dass die Möglichkeit einer Nachbelehrungnicht nur im geltenden Recht möglich ist, sondern auch be-reits bei Altverträgen zur Anwendung kommen muss. Dabeiverstößt die Möglichkeit der Nachbelehrung nicht gegen Art. 4Abs. 2 der Haustürwiderrufsrichtlinie 85/577/EWG, obwohldanach die Widerrufsbelehrung bereits zum Zeitpunkt des Ver-tragsschlusses vorgesehen ist. Im Falle des Widerrufs nach ei-ner Nachbelehrung hat der Verbraucher nach der Rechtspre-chung des BGH unverzüglich den Nettodarlehensbetrag nebstmarktüblicher Verzinsung zurückzuzahlen. Auf eine Verwir-kung des Widerrufsrechts kann sich ein Kreditinstitut nicht be-rufen, wenn es selbst von der Befugnis zur Nachbelehrungkeinen Gebrauch gemacht hat.

46 Vgl. Frisch, EWiR 1999, 895, 896.47 S. BGHZ 97, 127, 135.48 Vgl. Haertlein, WuB IV E. § 257 HGB 2.06, 807 808.

Am 1.1.2008 sind das neue Versicherungsvertragsgesetz so-wie die Informationspflichtverordnung in Kraft getreten.1 DieRahmenbedingungen des Marktes für Lebensversicherungenhaben sich damit aus der Perspektive des Wettbewerbs tief-greifend verändert: Die Nachfrager nach Lebensversicherun-gen können nun Produkte verschiedener Anbieter aufgrundvon Preis (Abschlusskosten/Verwaltungskosten) und Leistung(Rendite) vergleichen. Problematisch ist jedoch das Provi-sionsabgabeverbot, das eine Weitergabe eines Teils der Pro-vision seitens des Vermittlers an den Versicherungsnehmerunterbindet. Denn durch das Provisionsabgabeverbot werdendie potentiellen positiven Wirkungen der VVG-InfoV wie dieSteigerung des Wettbewerbs verhindert. Auch eine Senkungder Abschlusskosten und damit höhere Ablaufleistungen in-folge erhöhten Wettbewerbs werden vereitelt, was vor demHintergrund des Absinkens des Leistungsniveaus der gesetz-lichen Rentenversicherung bedenklich ist.

A. Ursprung und Folgen des Provisionsabgabever-bots

Das Provisionsabgabeverbot geht zurück auf eine Anordnungdes Reichsaufsichtsamtes für das Versicherungswesen vom8.3.1934.2 Heute findet sich das Provisionsabgabeverbot ineiner Richtlinie des Bundesaufsichtsamtes für das Versiche-rungswesen3, die ihre Grundlage in § 81 Abs. 2, S. 4 VAG hat.4

Das Provisionsabgabeverbot in der Lebensversicherung Von Wiss. Mit. Johann Klinge*, Humboldt-Universität zu Berlin

* Der Autor ist Wissenschaftlicher Mitarbeiter am nestor-Forschungsinstitut in derHumboldt-Universität zu Berlin.

1 Gesetz zur Reform des Versicherungsvertragsrechts v. 23.11.2007 (BGBl. I, S. 2631)und Verordnung über Informationspflichten bei Versicherungsverträgen (VVG-In-foV) v. 18.12.2007 (BGBl. I, S. 3004).

2 Anordnung des RAV v. 8.3.1934 über das Verbot von Sondervergütungen und Be-günstigungsverträgen in der Lebensversicherung, VA 1934, 99.

3 Nunmehr die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht.4 Richtlinie R 3/94 des Bundesaufsichtsamtes für das Versicherungswesen, VerBAV

95, S. 3.

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Danach kann die Bafin allgemein oder für einzelne Versiche-rungszweige den Versicherungsunternehmen und Vermittlernvon Versicherungsverträgen untersagen, dem Versicherungs-nehmer in irgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren.Aufgrund der Anordnung ist es dem Versicherungsvermittlerverboten, die Provision, die er vom Versicherungsunterneh-men für die erfolgreiche Vermittlung eines Versicherungs-vertrages erhält, an den Kunden ganz oder zu einem Teilweiterzugeben. Es ist daher dem Kunden und dem Versiche-rungsvermittler nicht möglich, über die Provision zu verhan-deln. Damit wird der Wettbewerb zwischen den Versiche-rungsvermittlern beeinflusst. Der Versicherungsvermittlerkönnte sich z. B. durch eine teilweise Weitergabe der Provi-sion an den Kunden einen Wettbewerbsvorteil verschaffen,da er dann ein vergleichbares Produkt billiger anbieten kann.Durch das Provisionsabgabeverbot hingegen ist es den Versi-cherungsvermittlern unmöglich, eigenständig einen Preis fürihre Vermittlungsleistung mit dem Kunden zu vereinbaren.Durch das Provisionsabgabeverbot werden zugleich die mit derInformationspflichtverordnung beabsichtigten Wirkungender Transparenz der Abschlusskosten, der Erhöhung des Wett-bewerbs um die Abschlusskosten und damit die mittelfristigeAbsenkung der Abschlusskosten vereitelt. Denn auch wennder Nachfrager künftig über die Höhe der Abschlusskosten in-formiert wird, führt das noch nicht zwingend zu einem Wett-bewerb um die Abschlusskosten. Das wäre erst dann der Fall,wenn der Nachfrager mit dem Vermittler über die Höhe derAbschlusskosten verhandeln kann. Der Nachfrager könntenun nämlich den Abschluss des Versicherungsvertrages da-von abhängig machen, dass er einen Teil der Provision zu-rückbekommt. Erst durch die Provisionsabgabe könnten dieVermittlungsprovisionen und damit auch die Abschlusskostenletztlich sinken, was das Provisionsabgabeverbot jedoch ver-hindert. Die Frage, ob das Provisionsabgabeverbot in der Le-bensversicherung gegen europäisches Wettbewerbsrecht ver-stößt und damit rechtswidrig ist, gewinnt durch die neuenInformationspflichten an Relevanz, da diese nur dann ihreWirkungen entfalten können, wenn es den Versicherungsver-mittlern nicht verwehrt ist, die Provisionen an die Kundenweiterzugeben. Die Frage der Europarechtswidrigkeit des Pro-visionsabgabeverbots, die sowohl in der Rechtsprechung alsauch in der Literatur5 bereits diskutiert, für die Lebensversi-cherung jedoch noch nicht entschieden worden ist, gewinntsomit an Relevanz.6

B. Verstoß des Provisionsabgabeverbots gegenArt. 81 Abs. 1 EG

Nach Art. 81 Abs. 1 EG sind solche Vereinbarungen zwischenUnternehmen mit dem gemeinsamen Markt unvereinbar undverboten, die den Handel zwischen den Mitgliedstaaten zubeeinträchtigen geeignet sind und eine Verhinderung, Ein-schränkung oder Verfälschung des Wettbewerbs innerhalbdes gemeinsamen Marktes bezwecken oder bewirken. Dazugehört insbesondere die unmittelbare oder mittelbare Festset-zung der An- und Verkaufspreise (Art. 81 Abs. 1 a EG). Dabeihandelt es sich um vertikale Wettbewerbsbeschränkungen.Im Gegensatz zu horizontalen Wettbewerbsbeschränkungen,denen eine Vereinbarung von Unternehmen auf gleicher Wirt-schaftsstufe zugrundeliegt (Kartell), sind vertikale Wettbe-werbsbeschränkungen dadurch gekennzeichnet, dass eine Ver-einbarung zwischen zwei Unternehmen aufeinanderfolgenderWirtschaftsstufen getroffen wird.7 Die Wettbewerbsschäd-lichkeit einer vertikalen Vereinbarung ist dann gegeben, wenn

ihr Inhalt darin besteht, dass eine vorgelagerte Wirtschafts-stufe der nachgelagerten Wirtschaftsstufe Vorgaben hin-sichtlich der Preisgestaltung macht. Dadurch wird die wettbe-werbliche Handlungsfreiheit der Marktakteure dernachgelagerten Wirtschaftsstufe beeinträchtigt. Durch dasProvisionsabgabeverbot wird den Vermittlern untersagt, Teileder Provision, die sie vom Versicherungsunternehmen für ih-re Vermittlung erhalten, an den Versicherungsnehmer weiter-zugeben. Damit werden Vermittler in der Preisgestaltung ih-rer Vermittlungsleistung beeinflusst. Voraussetzung für eineAnwendung des Art. 81 Abs. 1 EG ist, dass der Vermittler als„Unternehmen“ anzusehen ist. Der angestellte und der nicht-angestellte Versicherungsvertreter als „echter Handelsvertre-ter“ sind nicht in dem Maße unabhängig, als dass sie als„Unternehmen“ angesehen werden können.8 Der Versiche-rungsmakler hingegen ist aufgrund seiner umfangreichenPflichten und seines eigenen Haftungsrisikos gegenüber demVersicherungsunternehmen so weit unabhängig, dass ihn dasProvisionsabgabeverbot in seiner Handlungsfreiheit be-schränkt.9 Durch das Provisionsabgabeverbot im Verhältniszwischen Versicherungsunternehmen und Makler ist es demMakler unmöglich, seine Leistung zu einem niedrigeren Preisanzubieten als andere Vermittler. Das Provisionsabgabeverbotbeeinträchtigt somit die wettbewerbliche Handlungsfreiheitdes Maklers. Es hat zusätzlich eine horizontale wettbewerbs-beschränkende Wirkung. Denn die Vermittlung eines Produktserfolgt unabhängig vom Vermittler zu einem einheitlichenPreis. Die Makler haben den Nachteil, dass sie andere Ver-mittler,wie Versicherungsvertreter nicht unterbieten können.Der Versicherungsnehmer hat den Nachteil, dass hinsichtlichdes Vermittlungspreises kein Wettbewerb existiert, der einePreissenkung zur Folge haben könnte. Zwar könnte man ein-wenden, dass Makler die Provision nicht direkt von dem Ver-sicherungsnehmer erhalten, dem sie eine Versicherung ver-mitteln, sondern von dem Versicherungsunternehmen.Jedoch trägt der Versicherungsnehmer wirtschaftlich mit sei-nen Prämien die Provision. Die Provisisonszahlung findet ausdieser Perspektive im Verhältnis von Makler und Versiche-rungsnehmer statt. Das Provisionsabgabeverbot ermöglichtes damit dem Versicherungsunternehmen, dem Makler vor-zuschreiben, zu welchem Preis er die Vermittlungsleistunggegenüber dem Versicherungsnehmer erbringen muss. Han-delte es sich bei dem Provisionsabgabeverbot um eine privat-rechtliche Vereinbarung zwischen Versicherungsunterneh-men und Makler, so wäre es nach Art. 81 Abs. 1 EG verboten.10

I. Staatliches Handeln als Gegenstand von Art. 81 Abs. 1 EGund effet utile

Adressaten des Verbots nach Art. 81 Abs. 1 EG sind allerdingsUnternehmen. Nicht erfasst von Art. 81 Abs. 1 EG sind grund-sätzlich staatliche Maßnahmen, seien es Handlungen oder Ge-

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5 Dreher, VersR 2001, S. 1 ff.6 Siehe auch Versicherungsjournal v. 27.02.2007, „Kippt Brüssel das Provisionsab-

gabeverbot?“ und (in Bezug auf Industrieversicherungen) VW 2007, 228. 7 Schmidt, Wettbewerbspolitik und Kartellrecht, 8. Aufl. 2005, S. 121.8 Vgl. Deckers, Die Abgrenzung des Versicherungsvertreters vom Versicherungsmak-

ler, 2003; zur Abgrenzung echter / unechter Handelsvertreter: vgl. Kommission v.13.10.2000, Leitlinien für vertikale Beschränkungen, 2000/C 291/01, Rn. 12 ff.;Kapp/Schumacher, WuW 2007, 26.

9 Zum Haftungsrisiko vgl. „Sachwalterurteil“ des BGH, BGHZ 94, 356 (359); Bau-mann, Versicherungsvermittlung durch Versicherungsmakler, 1998, S. 49 ff., S.196 ff.; Matusche, Pflichten und Haftung des Versicherungsmaklers, 4. Aufl. 1995,S. 148; Werber, VersR 1992, 917.

10 Zum aktuellen Meinungsstand: Kapp/Schumacher, WuW 2007, 26 ff.; vgl. auchSchwintowski, ZfV 2005, 783 ff.

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setze oder Verordnungen, wie der, auf der das Provisionsabga-beverbot beruht.11 Somit fällt das Provisionsabgabeverbotnicht unter den Wortlaut des Art. 81 Abs. 1 EG.

Der EuGH hat jedoch bei der Beurteilung staatlicher Maß-nahmen auf ihre Vereinbarkeit mit dem EG-Vertrag einenWeg entwickelt, über den auch staatliches Handeln an Art. 81Abs. 1 EG gemessen werden kann: Nach § 10 Abs. 2 EG habendie Mitgliedstaaten alle Maßnahmen zu unterlassen, welchedie Verwirklichung der Ziele des Vertrags gefährden könnten.Der EuGH hat daraus den Grundsatz gezogen, dass Mitglied-staaten keine Maßnahmen treffen dürfen, die die praktischeWirksamkeit der Wettbewerbsregeln aufheben könnten (ef-fet-utile-Doktrin).12 Damit sollen staatlichen InterventionenSchranken gezogen werden, soweit dies erforderlich ist, um dasSystem unverfälschten Wettbewerbs in der Gemeinschaft voreinseitigen Eingriffen der Mitgliedstaaten zu schützen.13 Dar-aus folgt, dass Maßnahmen von Mitgliedstaaten grundsätzlichgegen die Wettbewerbsregeln verstoßen können. Noch nichtabschließend geklärt und für neue Entwicklungen offen istdie Frage nach der Reichweite des Anwendungsbereiches dereffet-utile-Doktrin. Da sich die Wettbewerbsregeln zunächstnur an Unternehmen richten, muss die Handlung des Staatesin Zusammenhang mit einem wettbewerbswidrigen Verhaltenvon Unternehmen stehen. Die Rechtswidrigkeit staatlicherMaßnahmen ist nach Ansicht des EuGH davon abhängig, obes einen erheblichen Zusammenhang zwischen der staatlichenMaßnahme und dem wettbewerbswidrigen Verhalten derUnternehmen selbst gibt.14 Nur dann kann die Maßnahme desStaates nach Art. 10 Abs. 2, 81 Abs. 1 EG als rechtswidrig an-zusehen sein.15

II. Der aktuelle Streitstand

Der EuGH hat sich erst in einem Fall, in der Rechtssache Meng,mit der Frage des Provisionsabgabeverbots auseinandergesetzt.Im Jahre 1993 hatte er über eine Vorlagefrage des Kammerge-richts Berlin zu entscheiden.16 Das KG legte dem EuGH dieFrage vor, ob das Provisionsabgabeverbot mit Art. 85 Abs. 1EWG (heute Art. 81 Abs. 1 EG) unvereinbar und deshalb un-anwendbar sei. Allerdings war die Vorlagefrage auf das Provi-sionsabgabeverbot bei Kranken- und Rechtsschutzversiche-rungen begrenzt. Der EuGH nannte vier Fallgruppen, in deneneine staatliche Maßnahme nach der effet-utile-Doktrin gegenArt. 81 Abs. 1 EG verstößt: Der Staat schreibt eine gegen Art.81 Abs. 1 EG verstoßende Kartellabsprache vor, erleichtertdiese, verstärkt deren Auswirkungen, oder aber er nimmt dereigenen Regelung dadurch ihren staatlichen Charakter, dasser die Verantwortung für in die Wirtschaft eingreifende Ent-scheidungen privaten Wirtschaftsteilnehmern überträgt.17

Der EuGH kam zu dem Ergebnis, dass diese Voraussetzungenbeim Provisionsabgabeverbot bei Schadensversicherungennicht vorliegen, denn das Provisionsabgabeverbot schreibe we-der eine Kartellabsprache vor noch erleichtere es eine solche.Die Regelung sei „aus sich heraus” wirksam. Sie verstärke auchnicht eine wettbewerbsbeschränkende Absprache, denn der(staatlichen) Regelung sei keine (privatrechtliche) Abspracheim Bereich der Kranken- und Rechtsschutzversicherung vor-ausgegangen. Das Urteil Meng konkretisierte damit die Anfor-derungen, die der EuGH an den Zusammenhang zwischenstaatlicher Maßnahme und unternehmerischen Verhaltensstellt.

Der EuGH folgte damit den Ausführungen des Generalan-walts Tesauro. Nach dessen Ansicht sei seit dem Urteil in derRechtssache Vlaamse Reisbureaus18 die praktische Wirksamkeit

der Wettbewerbsregeln dann verletzt, wenn eine staatlicheVorschrift an die Stelle früherer (privatrechtlicher) Vereinba-rungen getreten sei und selbständige wettbewerbswidrige Ver-haltensweisen der beteiligten Wirtschaftsteilnehmer über-flüssig mache.19 Dann komme es zu einer Verstärkung derAuswirkungen bestehender Vereinbarungen. Tesauro kommtim Fall Meng zu dem Ergebnis, dass eine Verstärkung einerprivatrechtlichen Vereinbarung zum Provisionsabgabeverbotdurch die gesetzliche Regelung gerade aus dem Grund zu ver-neinen sei, da im Bereich der Kranken- und Rechtsschutzver-sicherung nie eine privatrechtliche Vereinbarung zwischenden Versicherungsunternehmen und den Vermittlern bestan-den habe.20 Allerdings könne dies im Bereich der Lebensver-sicherung anders sein, denn hier hätten privatrechtliche Ver-einbarungen vor der Einführung eines gesetzlichenProvisionsabgabeverbotes bestanden.21 Der gesetzlichen Re-gelung seien das Heidelberger Abkommen von 1900, das Anti-rabattabkommen von 1911 und Richtlinien von 1919 voraus-gegangen. Nach Ansicht von Generalanwalt Tesauro kommt esfür den Bereich der Lebensversicherung deshalb in Betracht,dass die gesetzliche Regelung des Provisionsabgabeverboteseine Verstärkung von privatrechtlichen Vereinbarungen derVersicherungswirtschaft darstellt, die gegen Art. 81 Abs. 1 EGverstoßen würden. Das Kammergericht, das abschließend zuentscheiden hatte, folgte der Einschätzung des EuGH undverneinte einen Verstoß des Provisionsabgabeverbots gegeneuropäisches Wettbewerbsrecht. Es bezog sich dabei aber, wieder EuGH, dezidiert auf den Bereich der Kranken- und Rechts-schutzversicherung.22

Das LG Düsseldorf stellte sich in einer Entscheidung aus demJahre 1997 auf den Standpunkt, dass das Provisionsabgabe-verbot in der Lebensversicherung nicht gegen europäischesWettbewerbsrecht verstoße.23 Dies begründet es damit, dassim vorliegenden Fall nicht ausreichend dargelegt worden sei,dass das Provisionsabgabeverbot in der Lebensversicherung ei-ne vorhergehende privatrechtliche Vereinbarung verstärkthabe. Das LG Düsseldorf bedient sich damit grundsätzlich derArgumentation des EuGH.24 Schwerpunkt der Begründungist die mangelnde Darlegung vorhergehender Absprachen inder Versicherungswirtschaft.25 Auch in einer späteren Ent-scheidung aus dem Jahre 2006 kommt das LG Düsseldorf je-doch inzident zum Ergebnis, dass das Provisionsabgabeverbotin der Lebensversicherung zulässig sei.26 Hier ging es um dieRechtmäßigkeit eines Zusammenschlusses von Versiche-rungsunternehmen und -Maklergesellschaften („Wiesbade-ner Vereinigung“) zur „Sicherstellung der Einhaltung des staat-

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11 Vgl. nur, FrankfurterKom-Roth/Ackermann, Bd. II, 2007, Grundfragen Art. 81 Abs.1 EG, Tz. 7 ff.

12 Ständige Rechtsprechung des EuGH: Grundlegend EuGHE 1969, 1 Walt Wilhelm;EuGH vom 17. 11. 1993 - Rs. C-185/91, Slg. 1993, I-5801; EuGH, Slg. 1997, I-6301Ladbroke-Racing; vgl. Roth/Ackermann, a.a.O., Art. 81 Abs. 1 EG, Tz. 38; Dauses-Em-merich, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, 2007, H. I § 1 Rn. 11 m.w.N.

13 Emmerich, a.a.O., H. I § 1 Rn.11.14 EuGH Nouvelles frontieres; BNIC/Aubert; Ahmed Saeed; VVR; Vgl. auch Schlussanträge

des Generalanwalts Tesauro, EuGH Slg. 1993 - 5781.15 Emmerich, a.a.O., H.I § 1 Rn.13.16 EuGH , Urt. V. 17.11.1993, Rechtssache Meng, Rs C 2/91.17 EuGH Rs. Meng C-2/91, Slg. 1993-5797.18 EuGH vom 1. 10. 1987, Rs. 66/86 Slg. 1989 - 803.19 Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, EuGH Slg. 1993 - 5779.20 Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, EuGH Slg. 1993 - 5783.21 Schlussanträge des Generalanwalts Tesauro, EuGH Slg. 1993 - 5774.22 KG Urt. v. 03. 06. 1994, VerBAV 1995, 129 ff.23 LG Düsseldorf, Urt. v. 30. 4. 1997, VerBAV 1999, 231 ff.24 Ähnlich auch OLG Celle, Urt. v. 23.02.1994, VersR 1994, 856.25 Siehe dazu: Dreher, VersR 2001, S. 1 ff.26 LG Düsseldorf , Urt. v. 24.05.2006, Az.: 34 O (Kart) 67/06, VersR 2007, 1109.

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27 Kirscht, Versicherungskartellrecht: Problemfelder im Lichte der Europäisierung,2003, S. 103 ff. S.130; ähnlich Martinek/ Oechsler, Die EG-kartellrechtliche Stellungder deutschen Versicherungsvermittler. 1993, S. 102 f., S.114.

28 Vgl. die umfassende Darstellung bei Dreher, VersR 2001, 1 ff., 6 ff.29 Aus: Koenig/Petersen, 3. Aufl. 1927, § 64 Rn. 8; nachzulesen bei Dreher, VersR 2001,

1 ff., 6.30 So Kirscht, a.a.O., S. 129.31 Zum „Lock-In-Effekt“ vgl. Fritsch/Wein/Evers, Marktversagen und Wirtschaftspoli-

tik, 6. Aufl. 2005, S. 45; bei Lebensversicherungen vgl. Theis, Die deutsche Le-bensversicherung als Alterssicherungsinstitution, 2001, S. 110.

32 EuGH, Rs.C-2/91, Meng, Slg.1993 I-5791, Tz. 14. 33 EuGH, Rs.C-2/91, Meng, Slg.1993 I-5791 ff. 34 EuGH, Rs.C-2/91, Meng, Slg.1993 I-5797.

lichen Provisionsabgabeverbots“. Das Gericht ist der Auffas-sung, dass die Vereinigung weder gegen das GWB noch gegenArt. 81 ff. EGV verstoße, denn der Zusammenschluss in derWiesbadener Vereinigung stelle eine Absprache in Hinblick auf„illegalen Wettbewerb“ dar und sei damit zulässig. Inzidentüberprüft das Gericht die Zulässigkeit des Provisionsabgabe-verbotes am Maßstab des Art. 12 Abs. 1 GG und kommt nachknapper Prüfung zu dem Ergebnis, dass das Provisionsabgabe-verbot einen verhältnismäßigen Eingriff in Art. 12 Abs. 1 GGdarstelle: Denn angemessener Zweck des Provisionsabgabe-verbotes sei, „zu verhindern, dass einzelne Versicherungsneh-mer durch Gewährung von Sondervergütungen auf Kosten derÜbrigen bevorzugt werden, um so die Belange der Versicher-ten insgesamt vor Gefahren einer übermäßigen Belastung derVersicherungsunternehmen mit Provisions- und Verwal-tungskosten infolge Sondervergütungen zu schützen“. Das Ge-richt verlässt damit die Argumentationslinie, die der EuGH inder Rechtssache Meng aufgestellt hat und setzt sich nicht mitden wettbewerbsrechtlichen Argumenten und Wertungendes Art. 81 EG auseinander. Deshalb ist es zweifelhaft, ob die-sem Urteil eine große Bedeutung zuzumessen ist. Das LG Düs-seldorf greift jedoch Argumente auf, die auch in der Literaturfür das Provisionsabgabeverbot herangezogen werden: So wirdvon denjenigen, die sich für das Provisionsabgabeverbot aus-sprechen, vertreten, dass das Provisionsabgabeverbot zwar ei-nen Verstoß gegen das europäische Wettbewerbsrecht darstel-le, dieser jedoch aus Gründen des Verbraucherschutzes unddem Schutz des lauteren Wettbewerbes gerechtfertigt sei.27

III. Unzulässigkeit des Provisionsabgabeverbots

Gründe, die für die Zulässigkeit des Provisionsabgabeverbotssprechen, sind indes nicht ersichtlich.

1. „Verstärken“ und „Vorschreiben“ wettbewerbswidrigen Ver-haltens

Zunächst verstößt das Provsisionsabgabeverbot gegen zweiMerkmale, die die Rechtsprechung des EuGH als Vorausset-zung für den Verstoß staatlichen Handelns gegen die Wett-bewerbsregeln aufgestellt hat: Das staatliche Provisionsab-gabeverbot in der Lebensversicherung „verstärkt“ einevorhergehende private Absprache in der Versicherungswirt-schaft und es „schreibt den Unternehmen ein wettbewerbs-widriges Verhalten vor“.

Im Bereich der Lebensversicherung hat es bereits vor einer ge-setzlichen Regelung eine Reihe von privaten Vereinbarungengegeben, mit dem Ziel, die Provisionsabgabe zu verhindern.28

Die damalige Kommentierung des die privatrechtlichen Ver-einbarungen ablösenden § 64 Abs. 2 VAG von 1923, der diegesetzliche Grundlage für das Provisionsabgabeverbot schuf,zeigt, welcher Zweck mit der gesetzlichen Regelung verfolgtwurde. Danach soll die Vorschrift in erster Linie das Unwesender Provisionsabgabe bekämpfen, welche zu den „Auswüch-sen des Wettbewerbs gehört”. Wobei nach Ansicht der Versi-cherungsunternehmen die Beseitigung dieser „Auswüchse“nicht anders möglich war als durch ein gesetzliches Verbot.29

Das Provisionsabgabeverbot hatte damit den Zweck, den Wett-bewerb einzuschränken und deutet daraufhin, dass die privat-rechtliche Vereinbarung nach Auffassung der Versicherer nichtso wirksam war wie die gesetzliche Anordnung. Das sprichtdafür, dass die gesetzliche Anordnung die privatrechtliche Ver-einbarung verstärkt hat.

An dieser Stelle wird nun argumentiert, dass es „paradox” sei,wenn lediglich die Lebensversicherung vom Provisionsabga-beverbot ausgenommen sei, andere Versicherungssparten, beidenen es keine vorhergehenden Absprachen gegeben hat, da-gegen nicht.30 Gegen dieses Argument spricht bereits, dasssich die Lebensversicherung von anderen Versicherungen inwichtigen Punkten unterscheidet und gerade hier das Provi-sionsabgabeverbot nachteilige Wirkungen hat: Denn die Ent-scheidung, die der Nachfrager für oder gegen ein bestimmtesLebensversicherungsprodukt zu treffen hat, ist derzeit nicht indem Maße reversibel wie bei anderen Versicherungen. Dasliegt nicht zuletzt an der Höhe der Provisionen, die die Ab-schlusskosten in die Höhe treiben und den Nachfrager lang-fristig an das Versicherungsunternehmen binden.31 Zudem hatdie Höhe der Provision Auswirkungen auf das Produkt selbst,denn es belastet den Ansparvorgang, da derjenige Prämienan-teil, der zur Tilgung der Abschlusskosten verwendet wird, nichtdem aufzubauenden Kapitalstock zugute kommt. Somit kannbei der kapitalbildenden Lebensversicherung der Wegfall vonHindernissen für den Wettbewerb unter den Vermittlern nach-haltige Verbesserungen für das Produkt selbst bewirken. Ausdiesem Grunde wäre es nicht paradox, dass das Provisionsab-gabeverbot lediglich bei der Lebensversicherung rechtswidrigist. Darüber hinaus verfängt das Argument schon deshalbnicht, da staatliche Provisionsabgabeverbote auch in anderenVersicherungssparten rechtswidrig sind, wie im Folgenden ge-zeigt werden wird.

Denn bislang wurde die Frage kaum diskutiert, ob das Provi-sionsabgabeverbot auch aus einem weiteren Grunde rechts-widrig sein könnte, der nicht allein auf die Lebensversicherungbeschränkt ist: Der EuGH selbst hat in der Rechtssache Mengals weitere Fallgruppe von Regelungen, die gegen Art. 81 Abs. 1EG i.V. m. dem Grundsatz des effet-utile verstoßen, solchestaatlichen Normen anerkannt, die den Unternehmen Ver-haltensweisen „vorschreiben“, die gegen Wettbewerbsregelnverstoßen.32 Nach Ansicht des EuGH in der Rechtssache Mengist das Merkmal des „Vorschreibens” durch die gesetzliche Re-gelung des Provisionsabgabeverbots nicht erfüllt.33 Der EuGHbegründet dies damit, dass das staatliche Provisionsabgabe-verbot „aus sich heraus” wirksam sei.34 Der EuGH setzt damitvoraus, dass nur dann ein Verstoß gegen den effet-utile derWettbewerbsregeln vorliegt, wenn die staatliche Regelung le-diglich die Rahmenbedingungen für eine verbotene Kartell-absprache setzt, die Unternehmen diese aber selbst vereinba-ren müssen. Das Provisionsabgabeverbot geht danach darüberhinaus, da es selbst an die Stelle der verbotenen Kartellab-sprache tritt und diese überflüssig macht. Damit fehlt es nachAuffassung des EuGH am Zusammenhang zwischen staatlicherRegelung und unternehmerischem Handeln, der für die An-wendbarkeit der Wettbewerbsregeln erforderlich ist. Ergebnisdieser Rechtsprechung ist, dass eine staatliche Regelung danngegen die Wettbewerbsregeln verstößt, wenn es ein wettbe-

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werbswidriges Verhalten in irgendeiner Weise zulässt. Wenndie staatliche Regelung den Unternehmen allerdings keinewettbewerbliche Handlungsfreiheit lässt, sodass das Unter-nehmen zur wettbewerbswidrigen Handlung gezwungen ist,soll sie zulässig sein. Das erscheint im Ergebnis zweifelhaft,wird damit doch ein stärker in den Wettbewerb eingreifendesVerhalten des Staates privilegiert.35 Gerade eine derartige Pri-vilegierung würde jedoch die Verwirklichung des europäi-schen Rechts erschweren und die praktische Wirksamkeit derWettbewerbsregeln gefährden, deren Aufhebung den Mit-gliedstaaten durch Maßnahmen in Form von Gesetzen undVerordnungen untersagt ist.36 Zudem ist es fraglich, ob beimProvisionsabgabeverbot eine Differenzierung zwischen einerstaatlichen Regelung, durch die den Unternehmen ein Ver-halten vorgeschrieben wird und einer Regelung, die „aus sichheraus wirksam ist“ sinnvoll ist. Die Vorschrift des § 81 Abs. 2,S. 4, auf den sich das Provisionsabgabeverbot gründet, lautetwie folgt37:

„Den Versicherungsunternehmen und den Vermittlern von Versi-cherungsverträgen wird untersagt, dem Versicherungsnehmer inirgendeiner Form Sondervergütungen zu gewähren.“

Diese Vorschrift lässt den Unternehmen keinen Handlungs-spielraum, und soll damit zulässig sein. Eine Vorschrift, die denUnternehmen einen größeren Handlungsspielraum lassenwürde, sodass das Provisionsabgabeverbot zusätzlich noch pri-vatrechtlich vereinbart werden müsste, würde allerdings gegenArt. 81 Abs. 1 EG verstoßen. Eine derartige Regelung könnteso lauten:

„Versicherungsunternehmen und Vermittler sind verpflichtet, eineVereinbarung zu treffen, nach der es ihnen untersagt ist, den Versi-cherungsnehmern in irgendeiner Weise Sondervergütungen zu ge-währen.“

Diese Formulierung würde den Adressaten einen Handlungs-spielraum in der Weise gewähren, dass sie selbst noch die wett-bewerbsbeschränkende Vereinbarung treffen müssten, so dasssie der EuGH als rechtswidrig ansehen müsste. Dieses Beispielverdeutlicht jedoch die Zweifelhaftigkeit der Argumentationdes EuGH in der Rechtssache Meng: Denn es ist fraglich, ob eszwischen den beiden Formulierungen hinsichtlich ihrer Wir-kungen einen Unterschied gibt. Denn auch bei der zweitenFormulierung wäre der Entscheidungsspielraum der Versiche-rungsunternehmen nicht weiter als bei der ersten. Der Inhaltdes Provisionsabgabeverbotes ist in beiden Fällen vorgege-ben. Es kann also kein Unterschied darin bestehen, ob eineNorm „aus sich heraus wirksam ist” oder Private noch eine ei-gene Vereinbarung treffen müssen.

Zudem besteht die „wettbewerbswidrige Verhaltensweise“nicht nur in einer Vereinbarung, sondern auch darin, dass Ver-sicherungsmakler aufgrund des Verbots auf eine Provisions-abgabe verzichten, sodass allein deshalb das Merkmal „Vor-schreiben einer wettbewerbswidrigen Verhaltensweise“ erfülltist. Diese Erwägungen sprechen somit dafür, dass die hoheit-liche Anordnung des Provisionsabgabeverbotes einen Fall des„Vorschreibens von wettbewerbsschädigenden Verhaltens-weisen“ i.S.d. Art. 81 Abs. 1 EG darstellt und auch deshalb ge-gen das europäische Wettbewerbsrecht verstößt.

Das nicht weiter begründete Argument für die Zulässigkeitdes Provisionsabgabeverbotes, der Staat dürfe nicht daran ge-hindert werden, gesetzliche Regelungen zu erlassen, die in-haltlich privaten Kartellabsprachen entsprechen38 erscheintverfehlt. Denn die vom EuGH entwickelte effet-utile-Doktrin

ist gerade vor dem Hintergrund zu sehen, dass Mitgliedstaa-ten versucht sein können, die Wettbewerbsregeln für be-stimmte Wirtschaftsbereiche auszuhebeln und damit denBinnenmarkt zu gefährden.

2. Rechtfertigung des Provisionsabgabeverbots?

Von den Befürwortern des Provisionsabgabeverbotes werdenjedoch Gründe angeführt, nach denen das Provisionsabgabe-verbot gerechtfertigt sein soll: Die Versicherungsunternehmenhätten ein schutzwürdiges Interesse daran, die durch Provi-sionsweitergaben ihrer Vertreter an die Versicherungsnehmerverursachten Marktintransparenzen zu verhindern.39 Werdedie Provisionsweiterabe erlaubt, so werde der Verbraucher „ir-ritiert” und „beunruhigt”, und sei darauf angewiesen „mit al-len Versicherungsvertretern seines Bezirks zu verhandeln”,sodass er mit „Suchkosten” belastet würde.40 Auch sei derWettbewerb auf Vermittlerebene nicht schutzwürdig, da sichsonst am Markt nicht das bessere Versicherungsprodukt durch-setze, sondern dasjenige, welches am höchsten, durch eineweitreichende Provisionsweitergabe, subventioniert sei.41

Diese Argumentation ist jedoch zweifelhaft, vielmehr ist vonder Rechtswidrigkeit des Provisionsabgabeverbotes auszuge-hen42:

Die Wettbewerbsregeln haben den Zweck, einen funktionie-renden Markt mit selbständig agierenden Akteuren zu ge-währleisten, die die Preise für ihre Tätigkeit frei gestalten dür-fen. Nur auf diese Weise kann der marktmäßige Preis fürProdukte und Dienstleistungen, hier die Versicherungsver-mittlung, als angemessener Preis für die Nachfrageseite gene-riert werden. Es ist zweifelhaft, ob ein Provisionsabgabever-bot durch zwingende Allgemeininteressen gerechtfertigtwerden kann.43 Denn die vertikale Preisbindung behindertden Wettbewerb in zweifacher Hinsicht: Zum Einen wird dienachgelagerte Marktstufe in ihrer wettbewerblichen Freiheitder Preisgestaltung beschränkt, zum Anderen entfaltet diePreisbindung auch eine horizontale Wirkung, da sie den Wett-bewerb zwischen den Akteuren der nachgelagerten Wettbe-werbsstufe, hier der Vermittler, beseitigt oder zumindest ein-schränkt.44 Die „Preisbindung der zweiten Hand” ist in einemsolchen Maße als wettbewerbsschädigend erkannt worden,dass sie nicht freistellungsfähig ist, Art. 4 lit. a) GVO.45 Sie stellteine Kernbeschränkung (sog. „schwarze Klausel”) dar, die un-ter keinen Umständen gerechtfertigt werden kann und die vonEuGH und Kommission ausnahmslos als wettbewerbswidrigbeurteilt wird.46 Eine Rechtfertigung würde schon dieser Wer-tung widersprechen. Zweifelhaft ist auch, ob durch die Auf-

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35 Emmerich, a.a.O., H I § 1 Rn.15.36 Vgl. auch EuGH C-48/90, Tz. 37. 37 Anordnung des Reichsaufsichtsamtes für das Versicherungswesen v. 08.03.1934;

beachte hierzu auch die Richtlinie R 3/ 94 des Bundesaufsichtsamtes für das Ver-sicherungswesen, VerBAV 95, S. 3.

38 Prölss-Kollhosser, VAG, 12. Aufl. 2005, § 81, Rn. 96.39 Martinek/ Oechsler, a.a.O., S. 114.40 Martinek/ Oechsler, a.a.O., S.102 f.41 Martinek/ Oechsler, a.a.O., S. 105 ff.42 Ebenso Schwintowski, ZfV 2005, 783 ff.; Winter, JR 2005, 290 f.; ders. Versiche-

rungsaufsichtsrecht, S. 661 ff.; Dreher, VersR 2001, S. 1 ff. 43 So Kirscht, a.a.O., S. 130.44 Komm. zum Europäischen Wettbewerbsrecht Schröter/Jakob/Mederer-Schröter,

2003, Art. 81 Abs. 1, Rn. 163.45 EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Wettbewerbsbeschränkungen,

2001. 46 Vgl. Roth/Ackermann a.a.O., Art. 81 Abs. 1 EG, Rn. 245 m. w. N.; Bunte, Kartell-

recht, 2003, S. 144 f.

Kl inge, Das Provis ionsabgabeverbot in der Lebensvers icherung | A U F S Ä T Z E

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nen, dass einige Makler mit der Vermittlung von Nettopolicen,die der BHG im Übrigen anerkannt hat,50 faktisch bereits ei-ne Provisionsabgabe praktizieren: Bei Nettopolicen handeltes sich um Versicherungsverträge, bei denen der Versiche-rungsnehmer an das Versicherungsunternehmen keine Provi-sion zahlt, sondern eine eigenständige Provisionsvereinbarungmit dem Versicherungsmakler schließt und an diesen direktProvisionszahlungen leistet, rechtlich unabhängig von sei-nen Prämienzahlungen an das Versicherungsunternehmen.Schließt der Makler aber eine eigenständige Provisionsverein-barung mit dem Versicherungsnehmer, so kann er auch denInhalt dieser Provisionsvereinbarung nach eigenem Beliebenausgestalten und dabei, ohne dies so zu benennen, Sonder-vergütungen gewähren, sodass das Provisionsabgabeverbothierdurch umgangen wird, was der BGH im Übrigen aner-kannt hat.51 Insgesamt dürften Makler der Befugnis zur Pro-visionsabgabe somit nicht abgeneigt sein.

IV. Ergebnis

Die staatliche Anordnung des Provisionsabgabeverbotes stelltbei allen Versicherungszweigen eine Gefährdung der prakti-schen Wirksamkeit der Wettbewerbsregeln dar und ist im Ver-hältnis Versicherungsunternehmen – Versicherungsmaklerrechtswidrig. Rechtfertigungsgründe für ein Provisionsabga-beverbot sind nicht ersichtlich. Zur Schaffung von Rechtssi-cherheit, auch in Hinsicht auf die dem Provisionsabgabever-bot widersprechende Rechtsprechung zu den Nettopolicen,sollte sich der Gesetzgeber dafür entscheiden, das Provisions-abgabeverbot vollständig abzuschaffen. Den Versicherungs-unternehmen würde es dann unbenommen bleiben, mitVersicherungsvertretern als echten Handelsvertretern privat-rechtlich Provisionsabgabeverbote zu vereinbaren.

47 Martinek/ Oechsler, a.a.O., S.102 f.48 Martinek/ Oechsler, a.a.O., S. 105 ff.49 Vgl. Nell/Karten, FS Lorenz, 1994, S. 402.50 Vgl. BGH v. 14.06.2007, Az.: III ZR 269/06, VuR 2007, 465; BGH v. 20.01.2005,

Az.: III ZR 207/04.

hebung des Provisionsabgabeverbotes der Verbraucher in derWeise überfordert wird, dass er nun herausfinden muss, wel-cher Vermittler ihm das günstigste Angebot macht und somitseine Suchkosten steigen.47 Zum Einen wird der Nachfragernicht gezwungen, zu suchen, sondern er kann auch darauf ver-zichten. Die Folge wird im ungünstigsten Fall sein, dass eraufgrund der fehlenden Suche an einen Vermittler gerät, derdie Provision nicht weitergibt. Damit ist der Nachfrager abernicht schlechter gestellt als mit dem Provisionsabgabeverbot.Zum Anderen besteht auch die Möglichkeit, dass selbst der„bequeme” Nachfrager auf einen Vermittler trifft, der, auf-grund des höheren Wettbewerbsdrucks, von sich aus einen Teilder Provision weitergeben wird.

Auch das Argument, wonach durch die Provisionsweitergabenicht mehr die Qualität des Versicherungsprodukts im Vorder-grund stehe, sondern die Höhe des Weitergabebetrages und da-mit ein „nicht schützenswerter Wettbewerb” gefördert werde,verfängt nicht.48 Ein gesteigerter Wettbewerb unter den Ver-mittlern kann schließlich bewirken, dass die Preise für dieVermittlung sinken,49 was sich dergestalt positiv auf die Qua-lität z. B. einer Lebensversicherung auswirken wird, dass mehrGeld für den Ansparvorgang verwendet wird.

Aus Maklersicht kann sich zwar die Frage stellen, ob die Pro-visionsabgabe dazu führen wird, dass die Profitabilität derVersicherungsvermittlung sinkt, da der Druck steigen könnte,günstiger zu vermitteln. Das ist jedoch nicht zu befürchten.Denn alle Makler werden sich auf eine Provisionsabgabe auchkünftig nur insoweit einlassen, wie sie trotz der Provisionsab-gabe noch von dem Vermittlungsgeschäft wirtschaftlich pro-fitieren. Die Provisionsabgabe kann dazu führen, dass sich fürdie Vermittlung einer Versicherung künftig ein marktmäßigerPreis herausbildet, der dem wirtschaftlichen Aufwand (z.B.für die Beratung), der Kenntnisse und der Effizienz des MaklersRechnung trägt. Dadurch, dass der Makler zur Provisionsab-gabe befugt ist, hat er künftig einen Wettbewerbsvorteil gegen-über den gebundenen Versicherungsvermittlern, sodass er vonder Provisionsabgabe profitieren würde. Zudem ist zu erwäh-

Der Markt für Timesharing-Produkte hat sich seit Inkrafttre-ten der Richtlinie 94/47/EG weiterentwickelt. Neben den all-seits bekannten herkömmlichen Ferienwohnrechten fürHotels oder Club-Apartments werden heutzutage vor allem„Travel Discount Clubs“ und „Holiday Packs“ als „neueUrlaubsidee“ angepriesen. Diese neuen teilzeitähnlichenUrlaubsprodukte werden aber ebenso wenig von der gelten-den Richtlinie erfasst wie die mit dem Erwerb von Timesha-ring-Rechten zusammenhängenden Geschäfte „Tausch“ und

„Wiederverkauf“. Aktuelle Fälle aus der Praxis machen deut-lich, dass hier erheblicher Regelungsbedarf im Hinblick aufeinen wirksamen Verbraucherschutz besteht. Davon abgese-hen hat sich ferner gezeigt, dass durch eine geschickte Ver-tragsgestaltung der von der derzeitigen Richtlinie gewährte

* Der Verfasser ist wissenschaftlicher Mitarbeiter und Doktorand bei Prof. Dr. Ton-ner am Lehrstuhl für Bürgerliches und Europäisches Recht an der Universität Ros-tock.

Die Reform der Timesharing-Richtlinie – Lösung aller Probleme?Von Enrico Gaedtke, Rostock*

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Gaedtke, Die Reform der Timeshar ing-Richt l in ie – Lösung a l ler Probleme? | A U F S Ä T Z E

Schutz auch bei den gewöhnlichen Teilzeitnutzungsrechtensystematisch unterlaufen wird. Vor diesem Hintergrund hatdie Kommission am 07.06.2007 einen Vorschlag für eineneue Richtlinie vorgelegt, der Verbrauchern Schutz im Hin-blick auf bestimmte Aspekte von Teilzeitnutzungsrechten,langfristigen Urlaubsprodukten sowie beim Tausch undWiederverkauf derselben gewähren soll.1 Der vorliegendeBeitrag will den Regelungsgehalt des Richtlinienvorschlagsder Kommission mit dem der Richtlinie 94/47/EG verglei-chen und die vorgesehenen Änderungen herausarbeiten underläutern. Dazu ist es notwendig, den wesentlichen Inhaltder Richtlinie 94/47/EG und ihre Entstehungsgeschichtezunächst kurz zu skizzieren. Am Ende des Beitrags nimmt derVerfasser eine Bewertung des Richtlinienvorschlags vor undgibt Anregungen für eine weitere Verbesserung des Schutz-niveaus aus Verbrauchersicht.

A. Entstehungsgeschichte der Richtlinie94/47/EG

Missbräuchliche Praktiken und Betrügereien beim Erwerbvon Timesharing-Rechten veranlassten bereits Ende der 80erJahre des vergangenen Jahrhunderts das Europäische Parla-ment, die Kommission zur Unterbreitung eines Richtlinien-vorschlags zur Regelung der Materie aufzufordern.2 Ziel die-ses Vorstoßes sollte es sein, den Verbraucherschutz durch dieSchaffung europaweit einheitlicher Mindeststandards zu stär-ken und Wachstumshindernisse für einen gemeinsamenBinnenmarkt zu beseitigen. An dem daraufhin vorgelegtenersten Entwurf der Kommission für eine „Richtlinie des Rateszum Schutz der Erwerber bei Verträgen über die Nutzung vonImmobilien als Teilzeiteigentum“3 forderten sowohl derWirtschafts- und Sozialausschuss als auch das EuropäischeParlament zahlreiche Änderungen. Diese betrafen einerseitsdie Verbesserung des Verbraucherschutzes, andererseits dieBeschränkung des Rechtsakts auf allein touristischen Zweck-en dienende Immobilien. Die Kommission ging in ihremzweiten Richtlinienvorschlag auf diese Anregungen sowie aufdie Kritik aus dem Schrifttum ein und nahm zahlreiche Ände-rungen an dem ursprünglichen Vorschlag vor. So wurde etwader Begriff „Teilzeiteigentum“ durch den Begriff „Teilzeitnut-zungsrecht“ ersetzt, um so dem Eindruck vorzubeugen, derAnwendungsbereich beschränke sich allein auf Verträge, diedem Verbraucher eine dingliche Rechtsposition verschaffenwürden.4 Demgegenüber konnte sich der Gedanke eines 28-tägigen Widerrufsrechts aus dem Richtlinienvorschlag nichtdurchsetzen. Durch die Mitwirkung des Rates wurde darüberhinaus ein Anzahlungsverbot während der Rücktrittsfrist inden Richtlinienvorschlag aufgenommen. Im Oktober 1994einigten sich schließlich Parlament und Rat auf eine endgül-tige Fassung, sodass die Timesharing-Richtlinie 94/47/EG am29.10.1994 im Amtsblatt der Europäischen Gemeinschaftenveröffentlicht werden konnte. Gemäß ihres Art. 12 Abs. 1musste die Richtlinie innerhalb von 30 Monaten nach Ver-kündung im Amtsblatt von den Mitgliedstaaten umgesetztwerden. Diese Frist wurde jedoch lediglich von Deutschland5

und Großbritannien eingehalten; Griechenland vermeldeteals letzter Mitgliedstaat die Umsetzung erst zum 01.10.1999.

B. Konzeption und Regelungsgehalt der Richt-linie 94/47/EG

I. Konzeption

Die Richtlinie ist eine sogenannte Mindeststandardrichtlinie,d. h. die Mitgliedstaaten dürfen weitergehende Schutzvor-schriften beibehalten oder einführen. Dies ergibt sich aus Art.11. Nach dem Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers solltenzwar möglichst alle Erscheinungsformen des Timesharingerfasst werden, allerdings wurde kein eigenständiger Ver-tragstyp auf europäischer Ebene geschaffen, sondern manbeschränkte sich stattdessen auf Fragen, die mit der Vertrags-anbahnung und dem Vertragsschluss zusammenhängen.Deshalb ist etwa alles das, was mit sachenrechtlichen Proble-men verbunden ist, bewusst nicht geregelt worden. Hätteman hier harmonisiert, hätte es mit zusätzlichen Vorschriftenzum bestehenden Zivilrecht nicht sein Bewenden haben kön-nen, sondern man hätte ins nationale Zivilrecht eingreifenmüssen, möglicherweise in Kernmaterien desselben, bei-spielsweise die Frage des numerus clausus der Sachenrechte.6

Die Folge ist, dass Probleme zum Beispiel der dinglichen Absi-cherung oder von Treuhandkonstruktionen in der Richtlinieselbst nicht geregelt sind und weiterhin mit Hilfe von natio-nalem Recht gelöst werden müssen.

II. Regelungsgehalt der Richtlinie

Der Sekundärrechtsakt erfasst gemäß Art. 2 und Erwägungs-grund 3 sämtliche Ausgestaltungsformen des Timesharing.Für die Anwendbarkeit der Richtlinie macht es also keinenUnterschied, ob Anbieter schuldvertrags-, eigentums- odergesellschaftsrechtliche Konstruktionen wählen, um dieRechtsbeziehungen zum Erwerber zu regeln. Der Vertragmuss sich von seinem Gegenstand her auf den Erwerb einesTeilzeitnutzungsrechts beziehen, wobei die Mindestlaufzeitdrei Jahre beträgt. Der Nutzungszeitraum darf innerhalbeines Jahres nicht weniger als eine Woche betragen (vgl.Art. 2). Obwohl sich der Grundgedanke des Timesharing aufalle höherwertigen Wirtschaftgüter übertragen lässt, gilt dieRichtlinie lediglich für das Timesharing an Immobilien. Dempersönlichen Anwendungsbereich unterfallen Verträge zwi-schen „Verkäufern“ und „Erwerbern“. Nach Art. 2 ist Verkäu-fer, wer im Rahmen seiner Berufsausübung Verträgeabschließt, durch welche er ein Teilzeitwohnrecht begründet,überträgt oder sich zur Übertragung eines solchen verpflich-tet, und zwar gleichviel, ob es sich bei ihm um eine natürli-che oder juristische Person handelt. Erwerber kann dagegennur eine natürliche Person sein, die zudem bei den unter dieRichtlinie fallenden Vertragsabschlüssen für einen Zweckhandelt, der außerhalb ihrer Berufsausübung liegt (Art. 2 letz-ter Spiegelstrich). Vom Anwendungsbereich ausgenommensind mithin reine Privatgeschäfte zwischen Verbrauchern.7

Im Übrigen wird die Timesharing-Richtlinie inhaltlich vonvier Elementen getragen:8

1 KOM (2007) 303 endg.2 ABl. 1988 Nr. C 290, 148.3 ABl. 1992 Nr. C 222, 5 ff.4 Vgl. Gebauer/Wiedmann-Staudinger, Zivilrecht unter europäischem Einfluss, 2005,

Kap. 10 Rn. 4.5 Das die Vorschriften der Richtlinie umsetzende Teilzeit-Wohnrechtegesetz (TzWrG)

trat am 01.01.1997 in Kraft.6 Tonner, Das Recht des Timesharing an Ferienimmobilien, 1997, Rn. 8.7 Gebauer/Wiedmann-Staudinger, a.a.O. (Fn. 5), Kap. 10 Rn. 7.8 Einteilung nach MünchKomm-BGB-Franzen, 4. Aufl. 2004, Vor. § 481 Rn. 13.

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9 Kappus, EWS 1996, 273.10 Gebauer/Wiedmann-Staudinger, a.a.O. (Fn. 5), Kap. 10 Rn. 10.11 JurisPK-BGB-Tonner, 3. Aufl. 2006, § 486 Rn. 1; Reich/Micklitz, Europäisches Ver-

braucherrecht, 4. Aufl. 2003, § 19.35, 727.12 Bericht der EG-Kommission über die Anwendung der Richtlinie 94/47/EG, SEC

(1999) 1795 final.13 A.a.O., S. 25.14 Entschließung des Europäischen Parlaments zur Beobachtung der Gemein-

schaftspolitik im Bereich des Schutzes der Erwerber von Teilzeitnutzungsrechtenan Immobilien (Richtlinie 94/47/EG), abgedruckt in: NJW 2002, 3604.

15 Bericht der Kommission – Erster jährlicher Fortschrittsbericht zum europäischenVertragsrecht und zur Überprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands vom23.09.2005, KOM (2005) 456 final.

16 A.a.O. (Fn 15), S. 9.17 KOM (2007) 303 endg.18 KOM (2006) 629 endg., Fundstelle: 2006/SANCO/038.19 KOM (2006) 774.20 Vgl. Tamm, EuZW 2007, 756; Reich/Micklitz, VuR 2007, 121.21 KOM (2007) 303 endg., S. 3; hierzu kritisch Schubert, NZM 2007, 665, die eine ein-

heitliche und damit zeitgleiche Überarbeitung des gesamten gemeinschaftlichenBesitzstands für wünschenswert gehalten hätte.

a) Die umfangreichen Informationspflichten bilden das erstezentrale Schutzinstrument. Sie spielen nicht nur im vorver-traglichen Stadium durch die in Art. 3 geregelte Pflicht zurÜbergabe eines Prospektes eine wichtige Rolle, sondern auchbeim Vertragsschluss selbst, wo Art. 4 bestimmte Pflichtanga-ben vorschreibt. Diese Vorschriften zu Prospekt und Vertragsind durch erwerberfreundliche Sprachregelungen ergänzt,d.h. die Richtlinie bestimmt, in welcher Sprache Prospektund Vertrag abgefasst sein müssen. Eine Regelung darüber, inwelcher Sprache die Kommunikation während der Vertrags-laufzeit erfolgen soll, fehlt indes; insofern besteht eineSchutzlücke.9 Im Übrigen bedarf der Timesharing-Vertraggemäß Art. 4 Spiegelstrich 1 der Schriftform.

b) Das zweite Element besteht aus der Einräumung einesRücktrittsrechts, welches durch ein Anzahlungsverbotergänzt wird. Gemäß Art. 5 Nr. 1, 1. Spiegelstrich, S. 1 kannsich der Erwerber eines Timesharing-Rechts innerhalb von 10Tagen nach Unterzeichnung ohne Angabe von Gründen vomVertrag lösen. Diese Möglichkeit der Vertragsbeendigung sollnach dem Willen des Gemeinschaftsgesetzgebers die natio-nalen Regelungen über Lösungsrechte vom Vertrag nichtersetzen, sondern ergänzen.10 Die Frist, sich vom Vertraglösen zu können, verlängert sich bis auf 3 Monate und 10Tage, wenn der Verkäufer gegen bestimmte vertragliche Infor-mationspflichten verstößt (vgl. Art. 5 Nr. 1, Spiegelstrich 2und 3).

Um der Gefahr entgegenzuwirken, dass der Erwerber voneinem Rücktritt aus Sorge vor dem Verlust einer bereits getä-tigten Anzahlung absieht, ist in Art. 6 ferner ein Anzahlungs-verbot normiert.11

c) Einen dritten wichtigen Gesichtspunkt enthält Art. 7 derRichtlinie. Er betrifft die Abwicklung verbundener Verträge,also von Kreditverträgen, die der Kunde abschließt, um denErwerb des Teilzeitnutzungsrechts zu finanzieren. Art. 7 siehtvor, dass der Erwerber bei einem Rücktritt vom Timesharing-Vertrag auch den Kreditvertrag entschädigungsfrei auflösenkann.

d) Als viertes Element sind die Anforderungen an das Inter-nationale Privatrecht zu verstehen, die Art. 9 verlangt.Danach ist sicherzustellen, dass das in der Richtlinie enthal-tene Schutzniveau auch bei grenzüberschreitenden Sachver-halten nicht unterlaufen wird, wenn die Immobilie imHoheitsgebiet eines Mitgliedstaates belegen ist.

C. Der Richtlinienvorschlag vom 07.06.2007

I. Reformbestrebungen des Gemeinschaftsgesetzgebers

Auf europäischer Ebene wird seit langer Zeit erwogen, dieRichtlinie 94/47/EG zu reformieren. Bereits in ihrem Berichtüber die Anwendung der Timesharing-Richtlinie stellt dieKommission zahlreiche Überlegungen dazu an.12 Sie haterkannt, dass viele Rechtsprobleme mit den Rechtsinstru-menten der gegenwärtigen Richtlinie nicht zu lösen warenbzw. sind.13 Im Jahre 2002 wurde dann schließlich auch dasEuropäische Parlament tätig. Es griff die Überlegungen derKommission zur Reform der Richtlinie auf und forderte inseiner Entschließung vom 04.07.200214 ebenfalls eine Über-arbeitung des Legislativaktes. In Übereinstimmung mit derKommission hält das Europäische Parlament das Verbrau-cherschutzniveau auf dem Gebiet des Timesharing für unzu-reichend. Neben der an die Adresse der Kommission gerich-

teten Aufforderung, Maßnahmen zur Lösung der gegenwärti-gen Probleme mit Timesharing-Produkten zu ergreifen, kriti-siert es auch die Praxis der Mitgliedstaaten, von der in Art. 11der Richtlinie eingeräumten Möglichkeit, einen umfassende-ren Verbraucherschutz zu gewährleisten, keinen Gebrauchgemacht zu haben. Auch in ihrem „ersten jährlichen Fort-schrittsbericht zum europäischen Vertragsrecht und zurÜberprüfung des gemeinschaftlichen Besitzstands“15 weistdie Kommission darauf hin, dass im Bereich des Timesharingnoch immer zahlreiche Probleme vorhanden sein würden.Bei der Kommission seien zahlreiche Beschwerden – vorallem von Verbrauchern und Abgeordneten des EuropäischenParlaments – eingegangen, die sich auf den Verkauf von Teil-zeitnutzungsrechten hauptsächlich in Spanien, aber auch inPortugal und Zypern beziehen würden, was auch von denEuropäischen Verbraucherzentren festgestellt worden sei.16

Unter Berücksichtigung der Entschließung des EuropäischenParlaments legte die Kommission am 07.06.2007 dannschließlich den hier in Rede stehenden Vorschlag für eineneue Timesharing-Richtlinie17 vor. Der Vorschlag ist Teil desfortlaufenden Programms der Kommission zur Aktualisierungund Vereinfachung des Gemeinschaftsrechts sowie ihresArbeits- und Legislativprogramms.18 Neben der Timesharing-Richtlinie sollen in diesem Zusammenhang noch sieben wei-tere Richtlinien überarbeitet werden. Ein entsprechendesGrünbuch19 wurde am 08.02.2007 angenommen. Danachmöchte die Kommission eine Konsolidierung des Verbrau-cherschutzes in der Weise durchführen, dass ein horizontalesInstrument allgemeine Regelungen sowie die derzeitige Ver-brauchsgüterkaufrichtlinie aufnimmt, während die anderenRichtlinien, soweit sie dadurch nicht überflüssig gewordensind, als vertikales Instrument daneben gestellt werden. Zuletzterem gehört auch die Timesharing-Richtlinie. Darüberhinaus enthält das Grünbuch allgemeine Erklärungen, wobeider von der Kommission generell gewünschte Übergang vomMindeststandardprinzip zur Vollharmonisierung besondersbemerkenswert und kritikwürdig20 erscheint. Angesichts derDringlichkeit der Probleme der Verbraucher im Bereich desTimesharing ist die Überarbeitung der Richtlinie 94/47/EGunabhängig von der Konsolidierung des gesamten gemein-schaftlichen Besitzstands vorgezogen worden.21

II. Der wesentliche Inhalt des Richtlinienvorschlags

Um eine Bewertung des neuen Richtlinienvorschlages imHinblick auf Verbraucherfreundlichkeit und Praktikabilität

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vornehmen zu können, muss zunächst deren wesentlicherInhalt dargestellt werden.

1. Anwendungsbereich

Nach Auffassung der Kommission gibt es ernste Probleme beilangfristigen Urlaubsprodukten und bei Vermittlungsverträ-gen für den Wiederverkauf. Darüber hinaus werden Verbrau-cher häufig auch beim Abschluss von Verträgen über die Mit-gliedschaft in einer Tauschorganisation für Teilzeitnutzungs-rechte übervorteilt. Da in letzter Zeit beim Abschluss vonTeilzeitnutzungsverträgen der Anwendungsbereich der geltenRichtlinie durch eine Verkürzung der Vertragslaufzeit aufunter drei Jahre zudem nicht selten unterlaufen wird, wurdeder Anwendungsbereich der neuen Timesharing-Richtliniedeutlich erweitert. Art. 1 Abs. 1 des Richtlinienvorschlags(Richtlinien-V) sieht deshalb vor, dass die neue Richtliniezum Schutz der Verbraucher im Hinblick auf bestimmteAspekte der Vermarktung und des Verkaufs von Teilzeitnut-zungsrechten und langfristigen Urlaubsprodukten sowie fürden Wiederverkauf von Teilzeitnutzungsrechten und langfris-tigen Urlaubsprodukten und den Tausch von Teilzeitnut-zungsrechten Geltung beanspruchen soll. Weil der Begriff„Erwerber“ für einen Verbraucher beim Wiederverkauf nichtzutreffend ist, wurden die Begriffe „Erwerber“ und „Verkäu-fer“ durch „Verbraucher“ und „Gewerbetreibender“ ersetzt.Genaue Definitionen dieser beiden Begriffe enthält der Richt-linien-V in Art. 2 Abs. 1 Buchstabe e) und f).

Art. 2 des Richtlinien-V definiert überdies, was unter den imAnwendungsbereich des Art. 1 verwendeten Begriffen „Teil-zeitnutzungsrecht“, „langfristiges Urlaubsprodukt“, „Wieder-verkauf“ sowie „Tausch“ zu verstehen ist. Der Ausdruck „Teil-zeitnutzungsrecht“ bezeichnet gemäß Art. 2 Abs. 1 Buchstabea) danach einen Vertrag mit einer Laufzeit von mehr alseinem Jahr, mit dem der Verbraucher gegen Entgelt das Rechterwirbt, eine oder mehrere Unterkünfte für mehr als einenNutzungszeitraum zu nutzen. Im Gegensatz zum geltendenRecht sind damit vom Anwendungsbereich alle Formen vonUnterkünften erfasst, da sich die Begriffsbestimmung nichtmehr ausschließlich auf Immobilien bezieht. Verbraucherkönnten sich zukünftig also auch bei Verträgen über Unter-künfte auf Hausbooten und Kreuzfahrtschiffen auf denSchutz durch die neu zu schaffende Richtlinie berufen.22

Durch die Verkürzung der Mindestlaufzeit derartiger Verträgeauf ein Jahr soll ferner dem Versuch entgegengewirkt werden,durch eine missbräuchliche Vertragsgestaltung den Anwen-dungsbereich zu unterlaufen. Auch gibt es keine Bestimmungin dem Richtlinien-V, die besagt, dass die gesamte Gegenleis-tung bereits zu Beginn der Vertragslaufzeit fällig sein muss,sodass auch Verträge, bei denen der Verbraucher nur einenTeil des Gesamtpreises im Voraus entrichtet, den Rest jedocherst bei fortlaufender Nutzung, von der Definition erfasstwerden.

Unter einem „langfristigen Urlaubsprodukt“ ist gemäß Art. 2Abs. 1 Buchstabe b) des Richtlinien-V ein Vertrag mit einerLaufzeit von mehr als einem Jahr zu verstehen, mit dem derVerbraucher gegen Entgelt in erster Linie das Recht auf Preis-nachlässe oder sonstige Vergünstigungen auf die Nutzungeiner Unterkunft erwirbt, unabhängig davon, ob damit Reise-oder sonstige Leistungen verbunden sind. Unter diese Defini-tion fallen etwa die so genannten „Travel Discount Clubs“.Dagegen werden die üblichen Treuesysteme von Hotelketten,bei denen Nachlässe auf den Preis für künftige Aufenthalte

gewährt werden, nicht von diesem Begriff erfasst, da es hieran der Entgeltlichkeit fehlt.23

Unter einem „Wiederverkauf“ ist nach Art. 2 Abs. 1 Buchsta-be c) ein Vertrag zu verstehen, mit dem ein Gewerbetreiben-der gegen Entgelt einem Verbraucher dabei hilft, ein Teilzeit-nutzungsrecht oder ein langfristiges Urlaubsprodukt zu ver-äußern oder zu erwerben.

Die Definition von „Tausch“ in Art. 2 Abs. 1 Buchstabe d) desRichtlinien-V will schließlich Verträge über die Mitglied-schaft in einer Tauschorganisation erfassen. Auch hier wirdeine Entgeltlichkeit des Vertrages vorausgesetzt. Nach demWillen der Kommission soll das Merkmal der Entgeltlichkeitauch dann erfüllt sein, wenn eine kostenlose Einführungs-phase vorgesehen ist oder die Gebühr für den ersten Zeitraumvon einem Dritten bezahlt wird. Tauschaktionen währendder Laufzeit des Vertrages über die Mitgliedschaft in einerTauschorganisation sollen demgegenüber nicht erfasst sein.24

2. Die vier tragenden Elemente des Richtlinienrechts

Auch der neue Richtlinienvorschlag der Kommission lässtsich im Hinblick auf seine zentralen und für den Verbraucherwichtigen Regelungen wiederum in vier Sektoren einteilen.Zwar stimmen nicht alle Artikelbezeichnungen des neuenEntwurfs mit denen der noch in Kraft befindlichen Richtlinieüberein. Einer Zusammenfassung der verschiedenen Vor-schriften unter vier gemeinsame Regelungsbereiche steht diesjedoch nicht entgegen.

a) Die Vorschriften über die vom Gewerbetreibenden zubeachtenden vorvertraglichen und vertraglichen Informa-tionspflichten sowie die Sprachregelung befinden sich auchim neuen Richtlinienvorschlag in Art. 3 und 4. Das erste Ele-ment des Richtlinienrechts wird damit im Vorschlag imWesentlichen unverändert übernommen. Lediglich einigeDetails sind gegenüber dem geltenden Recht vereinfacht bzw.klargestellt worden. So sind etwa die Informationspflichtender Erweiterung des Anwendungsbereichs entsprechendgeordnet worden, sodass es nunmehr für alle Geschäfte – alsofür den Vertrag über Teilzeitnutzungsrechte und langfristigeUrlaubsprodukte ebenso wie für den Wiederverkauf und denTausch – jeweils eigenständige Anhänge gibt. Auch wenn dieAnzahl der zu leistenden Informationen beispielsweise fürVerträge über den Erwerb eines Teilzeitzeitnutzungsrechtsvom Umfang her nicht reduziert werden soll, sorgt eine klareGliederung nach Geschäftsbereichen bei den Rechtsanwen-dern für Übersichtlichkeit im Umgang mit der Verordnung.

Im Richtlinien-V wird des Weiteren die Sprachregelung ver-einfacht. Die den Mitgliedstaaten in der Richtlinie 94/47/EGgewährte Möglichkeit, zusätzliche Sprachfassungen für Pro-spekt und Vertrag zu fordern, wird nicht weiter aufrechter-halten.25 Ebenfalls neu ist die in Art. 4 Abs. 3 des Entwurfsstatuierte Pflicht des Gewerbetreibenden, jeden Verbrauchervor Unterzeichnung des Vertrages ausdrücklich auf seinWiderrufsrecht und die im nachfolgenden Art. 5 des Richtli-nien-V genannte Widerrufsfrist sowie das damit korrespon-dierende Anzahlungsverbot aufmerksam zu machen. Umdem Verbraucher die Bedeutung dieser für ihn besonders

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22 KOM (2007) 303 endg., S. 9.23 KOM (2007) 303 endg., S. 10.24 KOM (2007) 303 endg., S. 11.25 KOM (2007) 303 endg., S. 11.

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26 KOM (2007) 303 endg., S. 11.27 SEC (1999) 1795 final, S. 25 f.28 NZM 2007, 665.

wichtigen Rechte nahe zu bringen, sollen sie von ihmgesondert unterzeichnet werden.

b) Auch die zweite Säule, das Widerrufsrecht nebst Anzah-lungsverbot, wurde mit nur wenigen Änderungen in denRichtlinien-V überführt. Der Standort dieser Regelungen inArt. 5 und 6 soll ebenfalls erhalten bleiben. Neu ist hier dievon zehn auf vierzehn Tage verlängerte Widerrufsfrist (vgl.Art. 5 Abs. 1 Richtlinien-V), wobei die Mitgliedstaaten dieseFrist zugunsten des Verbrauchers nicht mehr verlängern dür-fen. Gemäß Art. 1 Abs. 2 Buchstabe a) sollen sie nur nochberechtigt sein, den Beginn des Widerrufsrechts zu regeln.

Flankiert wird dieses Rücktrittsrecht auch weiterhin durchein Anzahlungsverbot. Art. 6 Abs. 1 des Richtlinien-V enthälteinige Beispiele für Gegenleistungen des Verbrauchers undhat demnach überwiegend lediglich klarstellenden Charak-ter, wenn man von dem nunmehr ausdrücklich normiertenLeistungsverbot an Dritte einmal absieht. Der Vorschlag stelltjetzt ferner klar, dass das Anzahlungsverbot auch für die auf-grund der Nichteinhaltung von Informationspflichten ver-längerten Widerrufsfristen gilt.26 Konsequenterweise über-trägt die Kommission dieses Anzahlungsverbot auch auf denWiederverkauf, der nach den vorstehenden Ausführungennunmehr in den Anwendungsbereich der Richtlinie fällt (vgl.Art. 6 Abs. 2 Richtlinien-V).

c) Art. 7 des Richtlinien-V trägt die Überschrift „Beendigungakzessorischer Verträge“. Dieses dritte zentrale Instrumentzum Schutze der Verbraucher wurde gegenüber der ebenfallsin Art. 7 der Richtlinie 94/47/EG enthaltenen Regelungsprachlich klarer ausgestaltet und inhaltlich an die Erweite-rung des Anwendungsbereichs angepasst. Nach Art. 7 Abs. 1Richtlinien-V sollen alle akzessorischen Verträge automatischihre Gültigkeit verlieren, wenn der Verbraucher den Haupt-vertrag über ein Teilzeitnutzungsrecht oder ein langfristigesUrlaubsprodukt widerruft. Erfasst werden soll von dieserRegelung jeder Vertrag, der wie etwa der Tauschvertrag demHauptvertrag untergeordnet ist. Eine Entschädigung soll indiesem Fall nicht gezahlt werden müssen. Die Regelung inAbs. 1 gilt allerdings nicht für Kreditverträge, denn die Auf-lösungsvorschriften für derartige Vereinbarungen befindensich nun in Art. 7 Abs. 2 des Richtlinien-V, der damit beifinanzierten Geschäften als speziellere Regelung dem Abs. 1vorgeht.

d) Art. 8 Abs. 1 des Richtlinien-V stellt sicher, dass Verbrau-cher durch entsprechende Klauseln in den Verträgen nichtwirksam auf die ihnen aus dieser Richtlinie erwachsenenRechte verzichten können. Entsprechendes galt auch bereitsnach Art. 8 der Richtlinie 94/47/EG. Demgegenüber ist dieRegelung aus Art. 9 der derzeit noch geltenden Richtlinie nunin Art. 8 Abs. 2 des Richtlinien-V zu finden. Sie ist vomAnwendungsbereich her etwas erweitert worden undbestimmt nunmehr, dass dem Verbraucher der in dem Rich-linien-V gewährte Schutz unabhängig davon, ob sich dasunbewegliche Eigentum auf dem Gebiet eines Mitgliedstaatsbefindet, auch dann nicht entzogen werden darf, wenn derVertrag in einem Mitgliedstaat geschlossen wurde. Damit sollklargestellt werden, dass auch die nunmehr in den Anwen-dungsbereich des Richtlinien-V fallenden beweglichenSachen, namentlich Hausboote, Kreuzfahrtschiffe etc., vondieser Regelung profitieren sollen.

e) Mit der Darstellung dieses letzten zentralen Richtlinienele-ments sind die bedeutsamen Änderungen, die der Vorschlaggegenüber der ursprünglichen Richtlinie 94/47/EG mit sich

bringt, aber noch nicht erschöpfend erörtert worden. Nebeneinigen technischen Änderungen bzw. Standardbestimmun-gen und –formulierungen, die in den Artikeln 12 bis 16 desRichlininen-V enthalten sind und keiner besonderen Kom-mentierung bedürfen, verabschiedet sich die Kommission imVorschlag aber vom Mindeststandardprinzip, ohne das in dervorangestellten Begründung mit der gebotenen Deutlichkeithervorzuheben. Nach Art. 11 der Richtlinie 94/47/EG war esden Mitgliedstaaten noch unbenommen, vorteilhaftereBedingungen zugunsten der Verbraucher (Erwerber) zu erlas-sen oder beizubehalten. Eine derartige Bestimmung fehlt indem nunmehr vorgelegten Entwurf vollständig. Auch sollden Mitgliedstaaten nur noch in Teilbereichen ein eigenerHandlungsspielraum überlassen bleiben (vgl. etwa die Rege-lung in Art. 1 Abs. 2 Richtlinien-V). Dies ist – von den gene-rellen Bestrebungen im Grünbuch zur Einführung des Voll-harmonisierungsprinzips abgesehen – auf dem Gebiet desTimesharing umso erstaunlicher, als die Kommission sich inihrem Bericht über die Anwendung der Richtlinie 94/47/EGnoch darüber beklagt hatte, dass die Mitgliedstaaten von derihnen eingeräumten Möglichkeit, den Verbraucherschutzdurch vorteilhaftere Bestimmungen zu verbessern, nur unzu-reichend Gebrauch machen würden.27 Wie diese schleichen-de Abkehr vom Mindeststandardprinzip speziell für denRegelungsbereich des Timesharing-Rechts zu bewerten ist,wird im nächsten Kapitel erörtert.

Abschließend sei noch kurz auf folgende Veränderungen hin-gewiesen: Die Artt. 9 bis 11 des Richtlinien-V enthaltenBestimmungen über die Durchsetzung des Richtlinienrechts,die Sanktionen bei einem Verstoß des Unternehmers gegenVorschriften aus der Richtlinie, die Verbraucherinformationund den Rechtsschutz. Mit ihnen soll die bessere Umsetzungin der Praxis gewährleistet werden. Bei der genauen Ausge-staltung dieser Vorgaben im nationalen Recht ist den Mit-gliedstaaten ein gewisser Handlungsspielraum zugestandenworden.

D. Bewertung des Richtlinienvorschlags unterBerücksichtigung des nationalen Umsetzungs-rechts

Der Vorstoß der Kommission, auf dem Gebiet des Timesha-ring tätig zu werden, ist ausdrücklich zu begrüßen. Entgegender Ansicht von Schubert28 gilt dies auch ausdrücklich fürden von der Kommission gewählten Zeitpunkt. Es hat sichnämlich gezeigt, dass zahlreiche Probleme mit den Regelun-gen des geltenden Rechts nicht gelöst werden können. Einweiteres Zuwarten bis zum Abschluss der Überprüfung undÜberarbeitung des gemeinsamen Besitzstands ist Verbrau-chern nicht zuzumuten. Der nunmehr vorgelegte Richtli-nienentwurf geht in die richtige Richtung und verdient mitAusnahme des auch hier von der Kommission avisierten Voll-harmonisierungsprinzips vom Grundsatz her Zustimmung,wenngleich einige Wünsche offen bleiben. Hierzu im Einzel-nen:

I. Grundsätzlich begrüßenswerte Regelungen

Die Ausweitung des sachlichen Anwendungsbereichs ver-dient Zustimmung. Timesharing an beweglichen Sachen wie

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etwa Segelyachten oder Kreuzfahrtschiffen gewinnt in derletzten Zeit zunehmend an Bedeutung. Es gibt keinen ver-tretbaren Grund, Teilzeitnutzungsverträge über derartige,ebenfalls der Unterkunft dienende Produkte anders zu behan-deln als Timesharing an Immobilien. Auch die ins Augegefasste Verkürzung der Mindestvertragslaufzeit auf ein Jahrbegrüßt der Verfasser ausdrücklich, denn in Deutschland sindebenfalls Probleme aufgetaucht durch Angebote, bei denendie Geltungsdauer eines Nutzungsrechts der bisherigen Richt-linie knapp unterboten war. Die damit verbundenen Schwie-rigkeiten konnten zwar teilweise durch die Anwendung desim deutschen Recht enthaltenen Umgehungsverbots gelöstwerden, doch ist eine klare gesetzliche Regelung vorzugswür-dig.

Dagegen sind in Deutschland mit „langfristigen Urlaubspro-dukten“ bislang keine nennenswerten Probleme aufgetreten.Es ist jedoch davon auszugehen, dass diese Probleme auchhierzulande mit der weiteren Nutzung des Internets auftau-chen werden, sodass die Erweiterung des Anwendungsbe-reichs auf „Travel Discount Clubs“ und ähnliches auch ausdeutscher Sicht zu begrüßen ist.

Ebenfalls Zustimmung verdient die grundsätzliche Bereit-schaft der Kommission, die Widerrufsfrist zu verlängern. Sieerreicht jetzt im Richtlinien-V die Länge, die auch im deut-schen Recht maßgeblich ist (vgl. § 485 i.V.m. § 355 BGB), istjedoch immer noch zu kurz. Es ist vielmehr an einer Wider-rufsfrist von 28 Tagen festzuhalten, wie sie bereits im Vor-schlag der derzeit geltenden Timesharing-Richtlinie enthal-ten war. Das Bedürfnis nach einer gegenüber anderen Wider-rufsfristen deutlich längeren Frist ist damit zu begründen,dass der Verbraucher Timesharing-Verträge häufig im Urlaubabschließt und mit den negativen Folgen des Vertragsschlus-ses erst nach der Rückkehr zu Hause konfrontiert wird.

Einer längeren Widerrufsfrist kann auch nicht entgegenge-halten werden, dass im Zuge der Konsolidierung des verbrau-cherrechtlichen Besitzstands einheitliche Widerrufsfristengeschaffen werden. Zwar ist das im Grünbuch vorgeschlage-ne, so genannte horizontale Instrument grundsätzlich zuunterstützen, jedoch sollte eine einheitliche Länge derWiderrufsfrist dort als Mindestfrist konzipiert werden, die imEinzelfall durch vertikale Instrumente oder nationale Rege-lungen verlängert werden kann. Die besondere Lage beimVertrieb von Timesharing-Produkten rechtfertigt eine derarti-ge Durchbrechung einer allgemeinen Widerrufsfrist.

Ohne jede Einschränkung zu begrüßen, ist die radikale Ver-einfachung der Sprachregelung. Die derzeit noch geltendeRegelung ist entschieden zu kompliziert und für den Schutzder Verbraucher in dieser Form nicht notwendig, da Anbieterbeim Vertrieb ohnehin ein Interesse daran haben, Prospekteund Verträge in der jeweiligen Landessprache der potenziel-len Erwerber vorrätig zu halten.

Positiv zu bewerten ist auch, dass der Richtlinien-V erstmalsdas Schicksal der an den Timesharing-Vertrag anknüpfendenFolgeverträge regelt. Es macht keinen Sinn, wenn der Erwer-ber bei Unwirksamkeit seines Timesharing-Vertrages zum Bei-spiel an den meist zeitgleich geschlossenen Tauschvertraggebunden bleibt.29 Das geltende Recht legt demgegenüberlediglich fest, dass sich der Widerruf des Timesharing-Ver-trags auf den zur Finanzierung abgeschlossenen Kreditvertragerstreckt.

Zu guter Letzt zu begrüßen sind auch die in den Art. 9 bis 11des Richtlinien-V enthaltenen Bestimmungen über dieDurchsetzung des Richtlinienrechts, die Sanktionen beieinem Verstoß des Unternehmers gegen Vorschriften aus derRichtlinie, die Verbraucherinformation und den Rechts-schutz. Es hat sich gezeigt, dass die tatsächliche Geltung desRichtlinien- und des darauf basierenden Umsetzungsrechtsohne die Errichtung von Schlichtungs- bzw. Beschwerdestel-len und die Einführung von Sanktionen gegenüber Gewerbe-treibenden, falls diese den Bestimmungen zum Schutz derVerbraucher nicht nachkommen, in Frage steht.

II. Probleme im Zusammenhang mit der Abkehr vom Min-deststandardprinzip

Wie bereits dargelegt wurde, geht der Richtlinien-V grund-sätzlich vom Vollharmonisierungsprinzip aus und enthältlediglich für einen engen Teilbereich, das Widerrufsrecht,eine Mindeststandard-Regelung. Der von der Kommission beider Überarbeitung des verbraucherrechtlichen Besitzstandsgenerell beabsichtigte Übergang vom Mindeststandardprin-zip zur Vollharmonisierung ist scharfer Kritik ausgesetzt.30

Bemängelt wird vor allem, dass diejenigen Mitgliedstaaten,die über ein hohes Verbraucherschutzniveau verfügen, zula-sten europaweit einheitlicher Regelungen gezwungen wer-den, ihre Schutzstandards abzusenken. Auch für den Time-sharing-Bereich ist diese Kritik aufrechtzuerhalten. Denn soll-te der europäische Gesetzgeber vom grundsätzlich avisiertenPrinzip der Vollharmonisierung nicht abweichen, bedarf esbereits an den in Deutschland gegenwärtig geltenden Bestim-mungen für Teilzeitwohnrechte gewichtiger Änderungen, dieden Verbraucherschutz hierzulande reduzieren würden:

Zunächst kennt das deutsche Recht beispielsweise keine ein-wöchige Mindestfrist als Voraussetzung für die Anwendbar-keit der Vorschriften über Teilzeitnutzungsverträge. Aus Miss-brauchsgründen wurde hier davon abgesehen, diese Schwelleaus der Richtlinie 94/47/EG in § 481 BGB zu übernehmen.Darüber hinaus gibt es in Deutschland weitere sinnvolleRegelungen, namentlich zu den Verbraucherinformationen,wonach es etwa gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 3 BGB-InfoV eines aus-drücklichen Hinweises an die Verbraucher bedarf, wenn siekein Eigentum oder kein dingliches Wohn- oder Nutzungs-recht erwerben, und zum Anzahlungsverbot. Letzteres gilt imGegensatz zum alten und neuen Richtlinienrecht gemäߧ 486 BGB auch für den Fall, wenn das Widerrufsrecht auf-grund fehlender Widerrufsbelehrung unbefristet besteht(§ 355 Abs. 3 S. 2 BGB). Schließlich steht auch das in § 487S. 2 BGB geregelte Umgehungsverbot in Frage, weil Gerichtebeispielsweise Verträge, in denen die einjährige Mindestver-tragslaufzeit unterschritten worden ist, auf der Grundlagedieser Regelung für unwirksam erklären könnten.

Um das Verbraucherschutzniveau in Deutschland nichtabsenken zu müssen, ist bei einer generellen Beibehaltungdes Vollharmonisierungsprinzips deshalb zu fordern, dassdiese Vorschriften des nationalen Umsetzungsrechts, die eineBesserstellung von Verbrauchern gegenüber der Richtlinie94/47/EG bewirken, in den Richtlinien-V übernommen wer-den. Sollte es davon abgesehen in einzelnen Teilbereichendoch Mindeststandardklauseln geben, so muss zumindestklar werden, wo die Grenzen einer solchen Regelung verlau-fen. Diese Grenzziehung ist im Richtlinien-V beim Wider-

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29 Schubert, NZM 2007, 665.

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30 Vgl. statt aller nur Tamm, EuZW 2007, 756.31 Kind, Die Grenzen des Verbraucherschutzes durch Information, 1998, S. 513 ff.;

Bütter, Immobilien-Time-Sharing und Verbraucherschutz, 2000, S. 151 ff.32 A.a.O. (Fn. 31).33 Wendlandt, VuR 2004, 117.34 Zöller-Geimer, ZPO, 25. Aufl. 2005, Art. 22 EuGVVO Rn. 5; Saeger-Dörner, ZPO, 1.

Aufl. 2005, Art. 22 EuGVVO 14; a.A. Micklit/Rottz, EuZW 2001, 325, die für einegenerelle Anwendbarkeit des Verbrauchergerichtsstands unabhängig von derAusgestaltung des Vertrages plädieren.

35 Vgl. nur Saenger-Dörner, a.a.O. (Fn. 35), Art. 22 EuGVVO 14; a.A. wiederum Mick-litz/Rott, EuZW 2001, 325.

rufsrecht nicht gelungen. Auf keinen Fall darf es bei der vor-geschlagenen Regelung in Art. 1 Abs. 2 des Richtlinien-V blei-ben, da sie nicht einmal im Ansatz klar macht, welche Teileder Regelung des Widerrufsrechts dem Mindeststandardprin-zip unterliegen sollen und welche nicht. Es muss zumindestauf das Widerrufsrecht insgesamt das Mindeststandardprin-zip anwendbar sein.

III. Weitergehende rechtspolitische Vorschläge

Die Vorschläge zur Verbesserung des Verbraucherschutzesgehen meines Erachtens aber nicht weit genug. Unabhängigvon der Diskussion über die Einführung des Vollharmonisie-rungsprinzips besteht deshalb weiterer Reformbedarf.

Wünschenswert ist etwa eine Entrümpelung der Informa-tionspflichten. Eine möglichst große Menge von Informatio-nen nützt nicht per se dem Verbraucher. In der Verhaltens-wissenschaft ist seit Langem anerkannt, dass eine Überzahlvon Informationen den Verbraucher eher desorientiert(„information overload“).31 Dieses Problem ist gerade amBeispiel der Timesharing-Richtlinie diskutiert worden.32 AlsAusweg wird in der Literatur vorgeschlagen, die Anzahl derInformationen zu reduzieren und besonders wichtige Infor-mationen drucktechnisch hervorzuheben.33 Dem europäi-schen Gesetzgeber ist zu empfehlen, diesen Weg bei der Neu-fassung der Richtlinie zu gehen.

Davon abgesehen besteht auch Bedarf an zusätzlichen Rege-lungen:

Zunächst sollte eine Vorschrift in den Richtlinien-V aufge-nommen werden, die vorschreibt, dass eine gewisse Zeit-spanne, meines Erachtens mindestens ein Tag, zwischen derÜbergabe des Informationsmaterials und dem Vertragsschlussliegen muss. Dies sollte wegen der für den Verbraucher vomUmfang her bedeutsamen finanziellen Investition zumindestfür die vom Regelungsbereich des Richtlinien-V erfasstenTeilzeitnutzungsrechte gelten. Gerade vor dem Hintergrund,dass Verbraucher derartige Produkte vorwiegend im Auslanderwerben, muss wenigstens die Möglichkeit zum Durchlesendes Informationsmaterials gegeben sein.

Probleme bestehen auch im Hinblick auf eine Sicherung desNutzungsrechts bei Timesharing-Verträgen. Wegen der obenbeschriebenen Vielschichtigkeit der Timesharing-Modelle imHinblick auf ihre Rechtsnatur, ist nur eine Einlagensicherungim Insolvenzfalle des Anbieters praktikabel. Ähnlich wie beiArt. 7 der Pauschalreise-Richtlinie, der eine Absicherung vonZahlungen des Reisenden zwingend vorschreibt, sollte dieEinführung einer Versicherungspflicht in den Richtlinien-Vaufgenommen werden. Im Vergleich zu einem Pauschal-touristen ist der Erwerber eines Teilzeitnutzungsrechts wegender erheblich höheren Investitionen wesentlich schutzwürdi-ger. Für eine solche Versicherungspflicht spricht außerdem,dass sie sich ohne großen gesetzgeberischen Aufwand in jedeRechtsordnung integrieren lässt. Da die Investitionen, dieVerbraucher bei dem Erwerb von sog. „langfristigen Urlaubs-produkten“ tätigen, ebenfalls vom Umfang her mit den Teil-zeitnutzungsrechten vergleichbar sind, sollten auch dieseProdukte der Insolvenzabsicherung unterfallen.

Die Effektivität von materiellen Verbraucherschutzbestim-mungen hängt entscheidend von ihrer Durchsetzungsfähig-keit ab. Deshalb ist zu bedauern, dass sich die Kommission imRahmen der Überarbeitung der Richtlinie 94/47/EG keineGedanken über die gerichtliche Zuständigkeit bei Streitigkei-

ten aus Timesharing-Verträgen gemacht hat. Folgerichtigwürde sich die internationale Zuständigkeit auch nachInkrafttreten des Vorschlags aus den Bestimmungen derEuGVVO ergeben. Dies ist problematisch, weil der Verbrau-chergerichtsstand nach Art. 15, 16 I, II EuGVVO von derRegelung des Art. 22 Nr. 1 EuGVVO verdrängt werden könn-te. Die Folge davon ist, dass Verbraucher im Belegenheitsstaatder Immobilie Klage erheben müssten. Man ist sich einig,dass dies zumindest beim dinglichen Timesharing der Fallist.34 Auch beim schuldrechtlich ausgestalteten Timesharingwird der Verbrauchergerichtsstand nach herrschenderAnsicht35 verdrängt, wenn der Schwerpunkt des Timesha-ring-Vertrages nicht auf Dienstleistungsaspekten beruht.Somit ist für einen nicht unerheblichen Teil der Verträge derausschließliche Gerichtsstand nach Art. 22 Nr. 1 EuGVVOmaßgeblich. Um dieses Problem zu beseitigen, erscheint esnotwendig, die EuGVVO entsprechend zu ändern, damit die-ses wichtige Erfordernis eines für sämtliche Timesharing-Modelle einheitlichen Gerichtsstandes am Wohnort des Ver-brauchers verwirklicht werden kann.

Nach allem lässt sich somit feststellen, dass an dem neuenRichtlinien-V aus Verbrauchersicht noch erheblicher Ände-rungsbedarf besteht, um die Verwirklichung des angestrebtenhohen Verbraucherschutzniveaus sicherzustellen.

E. Zusammenfassung

Mit Inkrafttreten der Richtlinie 94/47/EG und des daraufbasierenden deutschen Umsetzungsrechts haben sich vieleProbleme im Zusammenhang mit dem Vertrieb von Time-sharing-Produkten aufgelöst. Bei der Anwendung dieser Vor-schriften zeigte sich aber zugleich auch deren Lückenhaftig-keit in Bezug auf den Verbraucherschutz.

Nach unzähligen Beschwerden von Verbrauchern und einerEntschließung des Europäischen Parlaments unterbreitete dieEuropäische Kommission einen Entwurf für eine neue Richt-linie. Die Auswertung dieses Richtlinienvorschlags hat erge-ben, dass der Verbraucherschutz durch die einzelnen Neure-gelungen in weiten Teilen verbessert wird. Insbesonderebringt die Ausdehnung des Anwendungsbereichs entschei-dende Vorteile mit sich. Probleme mit neuen Urlaubsproduk-ten sowie Versuche der Umgehung bisher geltenden Rechtskönnen so beseitigt werden.

Abzulehnen ist demgegenüber der Versuch der Kommission,auch in diesem Sektor das Vollharmonisierungsprinzip zuinstallieren. Es hat sich deutlich gezeigt, dass das hierzulandeerreichte Verbraucherschutzniveau nicht beibehalten werdenkann, wenn dieser Richtlinien-V unverändert zu geltendemRecht erstarkt. Sollten die europäischen Institutionen imLaufe des Gesetzgebungsverfahrens nicht von ihrem diesbe-züglichen Vorhaben Abstand nehmen, muss aus Verbrau-chersicht in jedem Falle darauf hingewirkt werden, dass diegegenüber dem Richtlinien-V vorteilhafteren nationalen

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Bestimmungen in den Vorschlag aufgenommen werden.Anderenfalls wird der nationale Gesetzgeber bei einer Beibe-haltung des Vollharmonisierungsprinzips den Verbraucher-schutz auf diesem Gebiet absenken müssen, ein Vorgang, derkaum vermittelbar sein dürfte.

Über diesen äußerst wichtigen Teilaspekt hinaus hat sich aberebenfalls gezeigt, dass auch der neue Richtlinienvorschlag noch

einige Fragen offen lässt. Die Kommission sollte die hier unter-breiteten Verbesserungsvorschläge aufgreifen und bei einerÜberarbeitung ihres Richtlinienvorschlags berücksichtigen. Fra-gen bezüglich der Absicherung des Nutzungsrechts oder derinternationalen Zuständigkeit bedürfen dringend einer gesetz-lichen Regelung. Erst dann kann von einem gelungenen Werkeuropäischer Gesetzgebungskunst gesprochen werden.

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EU-Kommission sieht Beginn der vollständigenMarktöffnung mit Veröffentlichung der Postrichtlinie

Die dritte Postrichtlinie ist am 27.02.2008 im Amtsblatt veröf-fentlicht worden. Damit ist die Richtlinie in Kraft getreten, und derCountdown für die Beseitigung der gesetzlichen Monopole für Post-dienste bis zum 31.12.2010 hat begonnen. Das berichtet die Euro-päische Kommission am 28.02.2008. Die Richtlinie beruhe auf ei-nem breiten politischen Konsens über die Zukunft des rechtlichenRahmens für die europäischen Postdienste. Besondere Aufmerk-samkeit werde potenziellen Markteintrittsbarrieren gelten. Die Kom-mission will die Mitgliedstaaten bei der Umsetzung der Richtlinieaktiv unterstützen und kontrollieren.

Die veröffentlichte neue Richtlinie ist der letzte Schritt in ei-nem langen Reformprozess, in dessen Verlauf bereits große Be-reiche der EU-Postmärkte mit sehr positiven Ergebnissen für denWettbewerb geöffnet wurden. Gemäß der Richtlinie müssendie Mitgliedstaaten weiterhin für alle Kunden einen Universal-dienst gewährleisten, der die kostengünstige Postabholung und-zustellung an mindestens fünf Wochentagen im gesamtenHoheitsgebiet einschließt. Die Postdienste in der EU unterliegenbisher der Postrichtlinie von 1997 (97/67/EG). Diese garantiertden Bürgern einen hochwertigen Universaldienst. Mit der Richt-linie soll durch eine allmähliche Marktöffnung der bestmögli-che Dienst gewährleistet werden, indem der Umfang des reser-vierten Bereichs schrittweise reduziert wird (zunächst aufSendungen bis 350 g, seit 2002 auf Sendungen bis 100 g undseit dem 01.01.2006 auf Sendungen bis 50 g).

In der nun anstehenden nächsten Phase werde eine genaue Be-obachtung der Entwicklung des Wettbewerbs notwendig sein,teilte die Kommission weiter mit. Diese solle insbesonderedurch die nationalen Regulierungsbehörden erfolgen, derenRolle nun weiter gestärkt worden sei. Besonders aufmerksamwürden Qualität und Preise der Universaldienstleistungen be-obachtet. Die Kommissionsdienststellen wollen die Mitglied-staaten bei der Umsetzung der Richtlinie unterstützen, um si-cherzustellen, dass die Postreform ihr Ziel erreicht.

Frist für die endgültige Umsetzung der neuen Richtlinie ist jetztder 31.12.2010; allerdings wird einigen Mitgliedstaaten dieMöglichkeit eingeräumt, die volle Marktöffnung maximal zweiJahre später zu vollziehen, wobei für die Mitgliedstaaten, dievon dieser Übergangsfrist Gebrauch machen, die Einfügungeiner befristeten Gegenseitigkeitsklausel vorgesehen ist.

Quelle: beck-aktuell-Redaktion, v. 28.02.2008

Kabinett beschließt schärferes Vorgehen gegenGeldwäsche und Terrorismusfinanzierung

Im Kampf gegen weltweite Geldwäsche und Terrorismusfinanzie-rung sollen künftig auch in Deutschland schärfere Vorgaben gel-ten. Mit Verspätung hat das Bundeskabinett am 27.02.2008 dieUmsetzung einer neuen EU-Richtlinie in nationales Recht be-schlossen. Die vor zweieinhalb Jahren beschlossene dritte EU-Geldwäscherichtlinie sollte eigentlich schon seit Dezember 2007Gesetz sein. Die Bundesregierung begründet die Verspätung mitden «sehr komplexen Regelungen». Auch andere EU-Staaten seienin Verzug.

Bargeschäfte im Umfang von mehr als 15.000 Euro müssennach den geplanten Regelungen künftig registriert werden.Bisher waren im Wesentlichen nur Banken und Finanzdienst-leister verpflichtet, Vorkehrungen gegen Geldwäsche zu tref-fen und den Behörden verdächtige Fälle zu melden. Nun sindauch andere Akteure auf diesem Gebiet gefordert, etwa Steu-erberater und Rechtsanwälte. Die Richtlinie sieht vor, dass dieBetroffenen nicht nur die Identität ihrer Kunden überprüfen,sondern auch jeden Verdacht auf Geldwäsche oder Terror-Fi-nanzierung den Behörden melden müssen.

Im Zuge der aktuellen Steueraffäre hatte Deutschland auchLiechtenstein aufgefordert, diese EU-Vorgaben rasch umzuset-zen. Das Fürstentum hatte die Forderung mit Blick auf die Ver-zögerungen in Berlin erst vergangene Woche «skurril» genannt.

Quelle: beck-aktuell-Redaktion, v. 28.02.2008 (dpa)

Immobilienkredite: Freibrief zum Weiterverkaufunterbinden

Die Forderung zur Eindämmung rechtswidriger Forderungs-verkäufe von Immobilienkrediten untermauert der Verbrau-cherzentrale Bundesverband (vzbv) jetzt mit rechtlichenSchritten. Abmahnungen wurden in diesen Tagen der Baden-Württembergischen Bank, der ING-DiBa, der Deutschen Kre-ditbank, der Volksbank Allgäu-West und der WestdeutschenImmobilienbank zugestellt. Rechtswidrig sind nach Einschät-zung des Bundesverbandes Klauseln in den Darlehensverträ-gen, mit denen die Verbraucher pauschal in Forderungsver-käufe einwilligen.

„Diese Klauseln, durch die Kredite jederzeit verkauft werdenkönnen, unterwandern das Vertrauensverhältnis in die Bankund bergen enorme Risiken”, so Vorstand Gerd Billen. Jeder-

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zeit könnte der Kunde einem völlig Fremden als Vertragspart-ner gegenüberstehen. „Durch die Klausel wird de facto dasBankgeheimnis abgeschafft, indem es im Moment des Ver-tragsschlusses schon nicht mehr gelten soll.”

Nach einer vom Verbraucherzentrale Bundesverband beimInstitut für Finanzdienstleistungen Hamburg (iff) in Auftraggegebenen Studie haben Kreditinstitute auch eine große Zahlnicht notleidender Kredite ohne Zustimmung der Kreditneh-mer an Investoren verkauft. Mit den Abmahnungen will derVerband nun die Praxis der Banken eindämmen, sich schonbei Vertragsschluss einen Freibrief zu verschaffen, den Kreditjederzeit weiterverkaufen zu dürfen.

In den abgemahnten Klauseln willigt der Kunde in die Weiter-gabe seiner Daten ein und befreit die Bank von dem Bankge-heimnis – unabhängig davon, ob der Kredit notleidend ist odernicht. Damit können auch Kredite, die regelmäßig bedientwerden, jederzeit verkauft werden. In der Folge sind Kredit-kündigungen und willkürliche Zwangsvollstreckungen durchdie Neuerwerber nicht ausgeschlossen.

Quelle: vzbv, Pressemitteilung v. 21.02.2008

Stromanbieter: Die Wechsel-Botschaft ist angekommen

Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) und seine Mit-glieder ziehen eine positive Zwischenbilanz ihrer bundeswei-ten Kampagne zum Stromanbieterwechsel. Unter dem Motto„Strom. Jetzt wechseln. Jetzt sparen” setzten sie sich mit Er-folg gegen die Preiserhöhungen der Stromversorger zur Wehrund riefen die Kunden bundesweit zum Wechsel ihres Strom-anbieters auf. „Auch wenn klar ist, dass nicht allein wir Aus-löser der Wechsel-Welle in Deutschland waren – an der Ver-dopplung der Wechselzahlen hatten wir einen maßgeblichenAnteil”, resümiert Vorstand Gerd Billen. Die Kampagne hat ge-zeigt: Ein Wechsel ist einfach und ohne Risiko möglich undspart bares Geld. Zum Weltverbrauchertag im März wird derBundesverband und seine Mitglieder neben dem Anbieter-wechsel das Thema Strom-Sparen ins öffentliche Bewusstseinrücken.

Mit ihrer in der vergangenen Woche als beste nationale Ver-braucherkampagne des Jahres 2007 ausgezeichneten Wech-selkampagne trafen die Verbraucherzentralen den Nerv derVerbraucher. „Die Botschaft unserer Kampagne ist beim Ver-braucher angekommen”, sagt Gerd Billen. Als Ziel hatten dieKampagnenmacher ausgerufen, zusätzlich eine Million Haus-halte zum Wechsel ihres Anbieters oder Tarifs zu bewegen. Die-se Marke wurde nach aktuellen Hochrechnungen voll erreicht:2007 haben nach Angaben des Bundesverbandes der deut-schen Energie- und Wasserwirtschaft zwei Millionen Kundenihren Anbieter oder Tarif gewechselt. 1,2 Millionen davon ha-ben sich für einen komplett neuen Anbieter entschieden –800.000 Kunden haben einen anderen Tarif beim bisherigenVersorger gewählt. Damit haben sich die Wechselzahlengegenüber 2006 mehr als verdoppelt. Wie Preischecks gezeigthaben, konnten Familien mit einem Wechsel bis zu 200 Euro,Singles immerhin bis zu 120 Euro pro Jahr sparen. Eine be-sondere Dynamik war im zweiten Halbjahr zu verzeichnen.„Die Möglichkeit des Wechsels wurde damit tief im Bewusst-sein der Bevölkerung verankert. Der Anbieterwechsel ist eineSelbstverständlichkeit geworden”, so Billen.

Der Verbraucherzentrale Bundesverband rechnet mit einerweiterhin hohen Wechselrate und Nachfrage nach anbieter-neutraler Beratung. Das zeigen unter anderem die Ergebnisseeiner Online-Umfrage des Verbraucherzentrale Bundesver-bandes: 13.000 Nutzer hatten seit Mitte Oktober 2007 an derBefragung teilgenommen. Rund 10 Prozent gaben an, im Kam-pagnenzeitraum ihren Stromanbieter oder -tarif gewechseltzu haben. Demnach hatten sich knapp drei Prozent für einenÖkostromanbieter entschieden. Von den übrigen plant dieüberwältigende Mehrheit von 96 Prozent einen Wechsel. „DieUmfrage zeigt, dass der Druck der Verbraucher auf die Anbie-ter ungebremst ist”, so Billen.

Mit ihrer Kampagne erreichten der VerbraucherzentraleBundesverband und seine 41 Mitgliedsverbände bundesweitmehrere Millionen Verbraucher. Ein Strompreischeck für die100 größten Städte und die Kampagnen-Website versorgtendie Verbraucher mit allen wichtigen Informationen zumWechsel. Einen Ansturm gab es auch auf die persönlichen Be-ratungsangebote der Verbraucherzentralen. „Nicht jeder hatZugang zum Internet und damit zum nächsten Tarifrechner”,erklärt der vzbv-Vorstand. Mit zahlreichen Beratungsangebo-ten, teilweise wegen der großen Nachfrage auch für Grup-pen, boten die Verbraucherzentralen die geeignete Anlauf-stelle für den richtigen Durchblick im Tarif-Dschungel. Auchdas politische Interesse und die Unterstützung waren und sindgroß.

Doch der Anbieterwechsel allein drückt die Stromrechnungnicht auf Dauer. Strom sparen heißt hier das Mittel ersterWahl. Dies werden der Bundesverband und seine Mitglieder inden nächsten Wochen und Monaten, vor allem rund um denWeltverbrauchertag am 15. März, ins öffentliche Bewusstseinrücken. „Strom sparen ist der einfachste und effektivste Weg,Konto und Klima zu schonen”, sagt Billen. Parallel dazu blie-be aber auch das Thema Stromanbieterwechsel aktuell. DieVerbraucherzentralen stünden weiterhin als Anlaufstelle fürWechselwillige zur Verfügung. Um den Druck auf den Wett-bewerb weiter zu forcieren, setzt sich der Verband für denAusbau des unabhängigen Beratungsangebotes für Verbrau-cher ein. Anschauungsunterricht bietet etwa das Nachbar-land Österreich, wo Wechselwilligen ein unabhängiger Tarif-rechner und eine kostenlose Telefon-Hotline zur Verfügungstehen. Der Wechsel ist ein erster Schritt, um Kosten zu spa-ren und ein Bewusstsein für den eigenen Energieverbrauch zuentwickeln. Hier setzt die Energieberatung der Verbraucher-zentralen an – denn erst wer weiß, wofür er wie viel Energieverbraucht, kann überhaupt Strom sparen.

Quelle: vzbv, Pressemitteilung v. 22.02.2008

BAG: Kein Widerspruchsrecht gegen Betriebsüber-gang bei Erlöschen des bisherigen Arbeitgebers

Erlischt der bisherige Betriebsinhaber und tritt der neue Arbeitgeberdurch gesellschaftsrechtliche Gesamtrechtsnachfolge in die Ar-beitsverhältnisse ein, so besteht kein Widerspruchsrecht der Arbeit-nehmer nach § 613a Abs. 6 BGB. Dies hat das Bundesarbeitsgerichtdamit begründet, dass das Arbeitsverhältnis mit dem bisherigenerloschenen Arbeitgeber nicht fortgesetzt werden könne (Urt. v.21.02.2008, Az.: 8 AZR 157/07).

Der Kläger war bei der K GmbH & Co. KG beschäftigt. Kom-plementärin war die K Verwaltungs GmbH, einzige Komman-ditistin die M GmbH. Diese beiden Gesellschafter der K GmbH& Co. KG vereinbarten, dass die K Verwaltungs GmbH austre-

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ten und ihr gesamtes Vermögen mit allen Aktiva und Passivaauf die M GmbH übergehen solle. Die M GmbH wurde gesell-schaftsrechtliche Gesamtrechtsnachfolgerin der K GmbH &Co. KG, die gemäß den Vereinbarungen ihrer beiden Gesell-schafter erlosch. Zuvor hatte sie den Kläger darauf hingewie-sen, dass sein Arbeitsverhältnis auf die M GmbH übergehe.Dem könne er nach § 613a Abs. 6 BGB schriftlich widerspre-chen. In diesem Fall würde das Arbeitsverhältnis jedoch mitdem Zeitpunkt des Erlöschens der K GmbH & Co. KG auto-matisch enden. Der Kläger widersprach, hielt jedoch späterdiesen Widerspruch für unwirksam und beantragte die Fest-stellung des Bestehens eines Arbeitsverhältnisses mit der MGmbH, nunmehr H GmbH.

Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufungdes Klägers blieb ohne Erfolg. Seine Revision führte zu der Fest-stellung, dass zwischen ihm und der H GmbH ein Arbeitsver-hältnis besteht. Der Kläger konnte laut BAG dem Wechsel sei-nes Arbeitgebers nicht mit Erfolg nach § 613a BGBwidersprechen, da der bisherige Arbeitgeber durch die gesell-schaftsrechtliche Gestaltung erloschen war. Sein erklärterWiderspruch sei auch nicht als Kündigung oder anderweitigeBeendigungserklärung auszulegen.

Quelle: beck-aktuell-Redaktion, v. 22.02.2008

Umschuldung ohne Vorfälligkeitszinsen

Viele Bauherren blicken neidvoll auf die zurzeit niedrigen Zin-sen für Baukredite. Der Bund der Kapitalanleger e. V. (BdKA)weist darauf hin, dass wenigstens für einen Teil der Häuslebauereine Umfinanzierung auch ohne die bei einer Umschuldungzu zahlende Vorfälligkeitsentschädigung möglich ist.

Voraussetzung ist allerdings zum ersten, dass der Darlehensver-trag nicht in den Räumen der Bank oder der Sparkasse verhan-delt worden ist. Zum zweiten ist Bedingung, dass keine Beleh-rung nach dem Gesetz über den Widerruf von Haustürgeschäftenoder ähnlichen Geschäften in der Hochzinsphase er 90-er Jahrestattgefunden hat; ein eventuell erteilter Hinweis nach demVerbraucherkreditgesetz ist auf keinen Fall ausreichend.

In den meisten Fällen ist ein Widerruf noch heute möglich,so der BdKA. Ein solcher Widerruf kann selbst dann nocherklärt werden, wenn der ursprüngliche Kreditvertrag schoneinmal verlängert worden ist. Der Restkredit muss nach demerklärten Widerruf ohne die ungeliebte Vorfälligkeitsentschä-digung zurück gezahlt werden. Für die Rückzahlung kanndann der neue, zinsgünstigere Kredit eines anderen Kreditin-stituts genutzt werden.

Quelle: www.banktip.de v. 21.02.2007

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Bankrecht | R E C H T S P R E C H U N G

R E C H T S P R E C H U N G

B A N K R E C H T

Vergleichswirksamkeit bei HAT-Fonds, Heilungformnichtiger Kreditverträge und Haustürsituation

a) Zur Wirksamkeit eines Vergleichs betreffend HAT-Fonds 48.

b) Zur Heilung eines in einem Vergleich enthaltenen form-nichtigen Kreditvertrages nach § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrGdurch Inanspruchnahme des Kredits seitens des Erwerberseines Fondsanteils, wenn die an den Fonds geflossene Darle-hensvaluta vereinbarungsgemäß dem Fonds belassen wor-den ist.

c) Ob eine Haustürsituation i.S. von § 1 Abs. 1 HWiG für denspäteren Vertragsschluss mitursächlich war, ist eine Frageder Würdigung des konkreten Einzelfalles, die jeweils demTatrichter obliegt. Dabei ist zu beachten, dass es keinenRechtssatz gibt, nach dem mit Ablauf einer bestimmten Fristdie Kausalität ohne Rücksicht auf die Umstände des Einzel-falls entfällt.

BGH, Urteil v. 18.12.2007, Az.: XI ZR 76/06

(ID 41015)

Sachverhalt:

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit eines Vergleichs unddadurch betroffene Ansprüche der Klägerin. Diese unterzeichne-

te am 18. Juli 1993 einen mit „Auftrag und Vollmacht” über-schriebenen formularmäßigen Zeichnungsschein, mit dem siedie D. Steuerberatungsgesellschaft mbH (künftig: Treuhänderin),die keine Erlaubnis nach dem Rechtsberatungsgesetz besaß,beauftragte, für sie den wirtschaftlichen Beitritt zu dem in derRechtsform einer GbR organisierten Immobilienfonds (künftig:Fonds) zu erklären, der ein Büro- und Geschäftshaus in Dr.errichten sollte. Die Beteiligung der Klägerin sollte 60.000 DMbetragen und in Höhe von 48.000 DM zuzüglich Damnum durcheinen Kredit mit Tilgung über eine Kapitallebensversicherungfinanziert werden.

Die Klägerin erteilte der Treuhänderin im Zeichnungsschein aus-drücklich Vollmacht, erforderliche Zwischen- und Endfinanzie-rungskredite für die Gesellschaft wie auch für sie selbst aufzu-nehmen, und bot ihr den Abschluss eines umfassenden Treu-handvertrages an. Die Treuhänderin nahm das Angebot an undübernahm für sie treuhänderisch einen Teil des von ihr gehalte-nen Gesellschaftsanteils. Für die Klägerin als Treugeberin solltedie Treuhänderin im Wege offener Stellvertretung tätig werdenmit der Folge, dass die Klägerin unmittelbar Trägerin von Rech-ten und Pflichten aus den für sie abgeschlossenen Verträgen,begrenzt auf die Höhe ihrer Beteiligung, sein sollte. Nach Fertig-stellung des Bauvorhabens wurde am 16./23. Dezember 1994von der Rechtsvorgängerin der Beklagten (künftig: Beklagte) undden Gründungsgesellschaftern des Fonds sowie der Treuhänderinein Darlehensvertrag über insgesamt 86.183.595 DM geschlos-sen, dessen Valuta dem Fonds zur Projektverwirklichung zufloss.Durch diesen Vertrag wurde unter anderem ein Zwischenfinan-zierungsdarlehen vom 19./24. Mai 1993 abgelöst, dessen Ver-tragsbedingungen ausdrücklich auch für den Endfinanzierungs-

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R E C H T S P R E C H U N G | Bankrecht

vertrag gelten sollten. Danach diente als Sicherheit für das Dar-lehen unter anderem eine Grundschuld am Fondsgrundstück.Ferner war bestimmt, dass jeder der Fondsanleger persönlich inHöhe von 80% des von ihm gezeichneten Anteils zuzüglich einesvereinbarten anteiligen Disagios haften sollte. Für den Großteildes Endfinanzierungskredits wurde die Tilgung bis zum 30. Juni2013 ausgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt sollte die Tilgung durchAnsprüche aus Kapitallebensversicherungsverträgen der einzel-nen Fondsanleger erfolgen, die diese an die Beklagte sicherheits-halber abtraten. Mit Schreiben vom 13. Februar 1995 informier-te die Beklagte die Klägerin über das Kreditverhältnis und teilteihr mit, dass sie aus der kreditvertraglichen Vereinbarung per-sönlich bis zu einem Betrag von maximal 88,9% ihres Gesell-schaftsanteils für die Verbindlichkeiten der Fondsgesellschafthafte.

Nach der Insolvenz einer der Initiatorinnen des Fonds schlosssich die Klägerin einer Gemeinschaft an, die die Interessen einerVielzahl von Anlegern gegenüber der Beklagten wahrnahm. DieInteressengemeinschaft beauftragte Rechtsanwalt H., der nachlängeren Verhandlungen mit der Beklagten auf der Grundlageeiner ausführlichen rechtlichen Stellungnahme vom 26. Juli1999 den Anlegern den Abschluss eines vom ihm ausgehandel-ten Vergleichs empfahl. Die Klägerin unterzeichnete daraufhinam 30. August 1999 die ihr von der Beklagten übersandte Ver-gleichsvereinbarung vom 9. August 1999, in der u. a. der Netto-kreditbetrag mit 37.338 DM, der Zinssatz mit 4,95%, die effekti-ven Jahreszinsen mit 5,06%, die Art und Weise der Rückzahlungund die Besicherung des Kredits durch die auf dem Fondsgrund-stück ruhende Grundschuld angegeben sind. Kernpunkte diesesVergleichs sind ein Forderungsverzicht der Beklagten in Höhevon 30%, ein vergünstigter Zinssatz sowie ein wechselseitigerVerzicht der Parteien u.a. auf etwaige weitergehende Schadenser-satz-, Erstattungs- oder sonstige Regressansprüche gegen dieBeklagte. Mit Anwaltsschreiben vom 9. Oktober 2003 berief sichdie Klägerin auf die Nichtigkeit des Vergleichs, erklärte vorsorg-lich dessen Anfechtung wegen arglistiger Täuschung und forder-te die Rückabtretung einer an die Beklagte abgetretenen Lebens-versicherung sowie Rückzahlung der gezahlten Zinsen.

Das Landgericht hat die Klage auf Zahlung von 13.037,49 DMzuzüglich Zinsen, Rückabtretung der Lebensversicherung undFeststellung, dass die Klägerin aus dem Vergleich keine Zah-lungspflichten hat, hilfsweise, dass sie nur 4% Zinsen schuldet,abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung zurückgewie-sen. Mit der – vom Berufungsgericht zugelassenen – Revision ver-folgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Gründe:

Die Revision ist nicht begründet.

I.

Das Berufungsgericht hat im Wesentlichen ausgeführt: DerVergleich sei nicht gemäß § 779 Abs. 1 BGB unwirksam. DieParteien hätten dem Vergleich keinen Sachverhalt zugrundegelegt, der der Wirklichkeit nicht entsprochen hätte. Viel-mehr werde aus der Stellungnahme von Rechtsanwalt H.vom 26. Juli 1999 deutlich, dass eine wirksame Verpflichtungder einzelnen Anleger gegenüber der Beklagten unter vielfäl-tigen, aber nicht abschließenden Gesichtspunkten geprüftund in Zweifel gezogen worden sei. Rechtsanwalt H. habeausdrücklich betont, dass es zu keinem der Haftungsansätzeeine klare höchstrichterliche Entscheidung gebe. Er habeauch in Erwägung gezogen, dass eine solche später zugunstender Anleger ausfallen könne. Die Klägerin habe daher erkenn-bar und bewusst das Risiko übernommen, dass spätere recht-liche Beurteilungen womöglich zu einem für die Anlegergünstigeren Ergebnis gelangen könnten. Sinn und Zweck des

Vergleichs sei gerade die Beseitigung der durch die Vielzahltatsächlicher und rechtlicher Probleme entstandenen Unge-wissheit über eine anteilsmäßige Haftung der Klägerin für dieRückzahlung des Darlehens gewesen. Es habe eine neueRechtsgrundlage geschaffen werden sollen. Deshalb sei uner-heblich, ob die Klägerin der Beklagten bereits vor Abschlussdes Vergleichs direkt verpflichtet gewesen sei. Die Klägerinkönne den Vergleich nicht nach § 123 BGB anfechten, da sienicht getäuscht worden sei. Auch ein Widerruf des Vergleichsnach § 1 HWiG (HWiG im Folgenden jeweils in der bis zum30. September 2000 geltenden Fassung) scheide aus.

Selbst wenn die Unterzeichnung des Zeichnungsscheins imJuli 1993 in einer Haustürsituation erfolgt sein sollte, sei diesefür den Abschluss des Vergleichs im August 1999 nichtursächlich. Vielmehr habe die Klägerin den Vergleichsvor-schlag nach eingehender rechtlicher Beratung unbeeinflusstangenommen. Der Vergleich sei auch nicht gemäß § 6 Abs. 1VerbrKrG (VerbrKrG im Folgenden jeweils in der bis zum 30.September 2000 geltenden Fassung) nichtig. Er enthalte dienach § 4 Abs. 1 Satz 4 Ziffer 1 VerbrKrG erforderlichen Anga-ben. Die Angabe eines Gesamtbetrages (§ 4 Abs. 1 Satz 4Nr. 1b VerbrKrG) sei nicht erforderlich gewesen, da der Kre-ditvertrag von der Sicherung durch ein Grundpfandrechtabhängig gemacht worden sei (§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG). EinRealkreditvertrag in diesem Sinne liege auch dann vor, wennder Erwerber ein Grundpfandrecht nicht selbst bestelle, son-dern ein bestehendes teilweise übernehme. Gleichfalls sei esnicht erforderlich gewesen, die Jahresbeiträge der Kapitalle-bensversicherung in dem Vergleich anzugeben. Diese Prämiegehöre nicht zu den in § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 f VerbrKrGgenannten Kosten einer sonstigen Versicherung. Da die Klä-gerin zum Zeitpunkt des Vergleichsabschlusses die Prämienseit nahezu sechs Jahren entrichtet gehabt habe, sei es außer-dem mit Treu und Glauben (§ 242 BGB) nicht zu vereinbaren,wenn sie aus dem Fehlen der ziffernmäßigen Bezeichnungder Versicherungsprämien die Nichtigkeit des Vergleichsab-schlusses herleiten wolle. Der im Vergleich enthaltene Hin-weis auf die der Beklagten abgetretene Kapitallebensversiche-rung beinhalte zugleich die gemäß § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 cVerbrKrG erforderliche Angabe der Art und Weise der Rück-zahlung des Kredits.

II.

Diese Ausführungen halten rechtlicher Überprüfung jeden-falls im Ergebnis stand.

1 Das Berufungsgericht hat zu Recht ausgeführt, dass dieVergleichsvereinbarung der Parteien vom 9./30. August1999 nicht gemäß § 779 BGB unwirksam ist.

a) Voraussetzung für die Unwirksamkeit eines Vergleichesnach § 779 Abs. 1 BGB ist, dass der von beiden Parteiennach dem Inhalt des Vertrages als feststehend zugrundegelegte Sachverhalt nicht der Wirklichkeit entspricht undder Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhält-nis bei Kenntnis der Sachlage nicht entstanden seinwürde. Ein Sachverhalt ist dann als feststehend zugrundegelegt, wenn er den Beteiligten nicht oder nicht mehrungewiss ist und von ihnen als wesentliche Voraus-setzung der Streitbeilegung betrachtet wird (vgl. Münch-KommBGB/Habersack, 4. Aufl. § 779 Rdn. 63 m.w.Nachw.). Ein etwaiger Irrtum über einen Umstand, dervor dem Vergleich als streitig und ungewiss angesehenwurde und deshalb Gegenstand der Streitbeilegung war,

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führt nicht zur Anwendbarkeit des § 779 BGB (BGH,Urteil vom 8. Dezember 1999 – I ZR 230/97, WM 2000,2160, 2162). Ebenso wenig hat ein reiner Rechtsirrtumder Parteien ohne jeden Irrtum über Tatsachen dieUnwirksamkeit des Vergleichs zur Folge (BGH, Urteilvom 7. Juni 1961 – VIII ZR 69/60, NJW 1961, 1460m.w.Nachw.).

b) Die Revision beruft sich ohne Erfolg darauf, die Par-teien seien bei Abschluss des Vergleichs übereinstim-mend fehlerhaft davon ausgegangen, die Klägerin per-sönlich sei Darlehensnehmerin des Kreditvertrages vom16./23. Dezember 1994 gewesen. Ob beide Parteien einesolche Vorstellung hatten, ist zweifelhaft, da es im Schrei-ben von Rechtsanwalt H. vom 13. Oktober 1998 an dieBeklagte heißt, der Darlehensvertrag vom 16./23. Dezem-ber 1994 sei von der Treuhänderin als Gesellschafterindes Fonds, nicht für die einzelnen Anleger geschlossenworden, diese seien daraus nicht verpflichtet. Indes kanndie Frage für die Entscheidung des Rechtsstreits offenbleiben. Denn für den Vergleichsschluss war es, wie dasBerufungsgericht zu Recht ausgeführt hat, nicht ent-scheidend, ob die Parteien von einer direkten Darlehens-verpflichtung der Klägerin oder lediglich von einermittelbaren Haftung aufgrund des Treuhandvertragesausgegangen sind. Beide Parteien wussten, dass die Klä-gerin aufgrund der ausdrücklichen vertraglichen Abspra-chen für die Erfüllung der Kreditverbindlichkeiten inHöhe von 88,9% ihres Anteils persönlich haften sollte.Über die Wirksamkeit dieser Verpflichtung herrschteunabhängig von der rechtlichen Konstruktion Streit zwi-schen den Parteien. Die Begründung einer neuen darle-hensvertraglichen Verpflichtung, die unabhängig vonmöglichen Einwendungen aus den bisherigen vertrag-lichen Konstruktionen und insbesondere der Verknüp-fung mit dem Fondsbeitritt der Klägerin sein sollte, warübereinstimmender Beweggrund für den Vergleichsab-schluss. Darüber hinaus ist der Sachverhalt von den Par-teien in der Vergleichsvereinbarung und in der Stellung-nahme des Rechtsanwalts H. vom 26. Juli 1999 erschöp-fend dargestellt worden. Über diesen bestand kein Streit.Wenn die Parteien irrtümlich von einer persönlichenDarlehensverpflichtung der Klägerin ausgegangen seinsollten, handelte es sich um einen reinen unbeachtlichenRechtsirrtum.

2 Entgegen der Ansicht der Revision hat das Berufungsge-richt zu Recht ausgeführt, dass die Klägerin ihre Ver-gleichserklärung nicht nach § 123 BGB wirksam ange-fochten hat, weil sie von der Beklagten nicht arglistiggetäuscht worden ist.

a) Soweit die Klägerin ihr Anfechtungsrecht darauf stützt,dass die Geschäftsführer der Interessengemeinschaft vor-mals maßgeblich am Vertrieb der Fondsanteile beteiligtgewesen seien, hat das Berufungsgericht eine arglistigeTäuschung zu Recht mangels konkreten Vortrages derKlägerin zu einem für sie nachteiligen Verhalten derGeschäftsführer verneint. Der von der Revision ange-führte Interessenkonflikt bestand zudem nicht, weil eineetwaige Haftung der Fondsvertreiber durch den Vergleichnicht berührt wurde.

b) Das Berufungsgericht hat auch zu Recht ausgeführt,dass aus damaliger Sicht die Haftung der Klägerin durchden Vergleich nicht nachteilig verändert worden ist. Ent-

gegen der Ansicht der Revision war die Klägerinursprünglich nicht nur der Treuhänderin gegenüber ver-pflichtet, sondern sollte der Beklagten aufgrund der kre-ditvertraglichen Vereinbarungen unmittelbar in Höheihres Anteils haften. Die Frage, ob diese vertraglichenVereinbarungen wirksam waren oder nicht, war zwischenden Parteien im Streit. Die Klägerin war durch Rechtsan-walt H. über die damals erkennbaren rechtlichen Fragenin Kenntnis gesetzt worden. Eine Aufklärungspflicht derBeklagten über eine mögliche Nichtigkeit der Treuhand-vollmacht bestand – unabhängig von der davon nichtohne weiteres berührten Finanzierungsvollmacht imZeichnungsschein (vgl. dazu Senatsurteil vom 24. Okt-ober 2006 – XI ZR 216/05, WM 2007, 116, 117 f., Tz. 16f.) – schon allein deswegen nicht, weil den vor dem Jahr2000 ergangenen Entscheidungen des Bundesgerichts-hofs nichts zu entnehmen war, was für einen Verstoßeines umfassenden Geschäftsbesorgungsvertrages undder mit ihm verbundenen Vollmacht eines Geschäftsbe-sorgers gegen Art. 1 § 1 RBerG i.V. mit § 134 BGB gespro-chen hätte (st.Rspr., vgl. etwa BGHZ 145, 265, 276 ff.;Senatsurteile vom 9. November 2004 – XI ZR 315/03,WM 2005, 72, 75 und vom 23. Januar 2007 – XI ZR44/06, WM 2007, 639, 640, Tz. 11, für BGHZ 171, 1 vor-gesehen).

3 Das Berufungsgericht hat auch zu Recht ausgeführt, dassdie Klägerin die Vergleichsvereinbarung nicht nach § 1Abs. 1 HWiG wirksam widerrufen hat. Es fehlt nach denzutreffenden Feststellungen des Berufungsgerichts jeden-falls an der Ursächlichkeit einer Haustürsituation für denVergleichsabschluss. Ob eine – vorliegend unterstellte –Haustürsituation, bei Unterzeichnung des Zeichnungs-scheins im Jahr 1993 für den Abschluss des Vergleichs imJahr 1999 mitursächlich war, ist eine Frage der Würdi-gung des konkreten Einzelfalles, die jeweils dem Tatrich-ter obliegt und die deshalb in der Revisionsinstanz grund-sätzlich nur beschränkt überprüft werden kann(Senatsurteile vom 9. Mai 2006 – XI ZR 119/05, WM 2006,1243, 1244, Tz. 14, vom 13. Juni 2006 – XI ZR 94/05, WM2006, 1995, 1997, Tz. 15 und vom 10. Juli 2007 – XI ZR243/05, WM 2007, 1831, 1832, Tz. 11 m.w.Nachw.). Da-bei ist zu beachten, dass es keinen Rechtssatz gibt, nachdem mit Ablauf einer bestimmten Frist die Kausalität oh-ne Rücksicht auf die Umstände des Einzelfalls entfällt.Das Berufungsgericht ist unter Würdigung der Umständedes Falles rechtsfehlerfrei zu dem Ergebnis gelangt, dassder Abschluss des Vergleichs der Parteien nicht unter demEindruck einer für Haustürgeschäfte typischen Überrum-pelungssituation zustande gekommen ist, sondern nacheingehender rechtlicher Beratung und nach langem Zeit-abstand unbeeinflusst von einer eventuellen Haustürsitu-ation geschlossen wurde. Diese tatrichterliche Würdi-gung ist ohne weiteres vertretbar, verstößt nicht gegendie Denkgesetze und beruht nicht auf verfahrenswidrigerTatsachenfeststellung.

4 Schließlich hat das Berufungsgericht im Ergebnis zu Rechtangenommen, dass der zwischen den Parteien geschlos-sene Vergleich auch nicht gemäß § 6 Abs. 1 VerbrKrGwegen Fehlens von Pflichtangaben nach § 4 Abs. 1VerbrKrG nichtig ist.

a) Das Berufungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen,dass der Vergleich die Gesamtbetragsangabe nach § 4Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 b VerbrKrG gemäß § 3 Abs. 2 Nr. 2

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VerbrKrG nicht enthalten musste. Die in der Vergleichs-vereinbarung festgelegte Darlehensforderung ist von derSicherung durch ein Grundpfandrecht abhängig gemachtworden. Auf Seite 4 unter Buchstabe C.) des Vergleichs istausdrücklich geregelt, dass das Darlehen grundpfand-rechtlich durch die zu Lasten des Fondsgrundstücks ein-getragene Grundschuld besichert werden soll. Ein Real-kreditvertrag im Sinne von § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG liegtbei einer kreditfinanzierten Immobilienfondsbeteiligungauch dann vor, wenn der Erwerber ein Grundpfandrechtnicht selbst bestellt hat, sondern ein bestehendes (teil-weise) als Sicherheit dienen soll. Ob der Kreditnehmerselbst Sicherungsgeber ist, ist ohne Belang. Entscheidendist die schuldrechtliche Abrede, nach der ein Grund-pfandrecht zur Absicherung dienen soll (SenatsurteilBGHZ 167, 223, 229 f., Tz. 20).

b) Soweit das Berufungsgericht die fehlende Angabe überdie Höhe der Kapitallebensversicherungsprämien (§ 4 Abs.1 Satz 4 Nr. 1 f VerbrKrG) als unbeachtlich und die Anga-be über die Art und Weise der Rückzahlung des Kredits (§4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 c VerbrKrG) als erfüllt angesehen hat,sind seine Ausführungen nur im Ergebnis zutreffend.

aa) Zwar schreibt § 779 BGB selbst keine Form vor. Gehtaber eine Partei in dem Vergleich eine nach anderen Vor-schriften formbedürftige Verpflichtung ein, die nichtschon in dem zugrunde liegenden Rechtsverhältnis form-gerecht begründet worden ist, erstreckt sich das jeweiligeFormerfordernis auch auf den Vergleich (vgl. Münch-KommBGB/Habersack, 4. Aufl. § 779 Rdn. 39; Palandt/Sprau, BGB 67. Aufl. § 779 Rdn. 2). Für einen in einemVergleich enthaltenen Verbraucherdarlehensvertrag folgtdies bereits aus einem Umkehrschluss zu § 3 Abs. 2 Nr. 3VerbrKrG. Dieser macht eine Ausnahme vom Formerfor-dernis nur für gerichtlich protokollierte Vergleiche (vgl.Staudinger/Marburger, BGB Bearb. 2002 § 779 Rdn. 35).

bb) Die von der Revision gerügten Formmängel sind abergemäß § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG durch Inanspruchnah-me des Darlehens geheilt worden. Einer Heilung durchInanspruchnahme des Darlehens steht nicht entgegen,dass die Darlehensvaluta zum Zeitpunkt des Vergleich-sabschlusses bereits an den Fonds ausgezahlt war. DieInanspruchnahme liegt in diesem Fall in der Fortsetzungder Darlehensnutzung durch den Fonds. Eine Heilungwegen Fortsetzung der Darlehensnutzung hat der Senatzwar bislang nur für den Darlehensnehmer bejaht (vgl.BGHZ 165, 213, 218). Für den Fall des Empfangs einesDarlehens entspricht es gefestigter Rechtsprechung desSenats, dass ein Darlehensnehmer die Darlehensvalutaauch dann erhalten hat, wenn sie vereinbarungsgemäßan die Fondsgesellschaft ausgezahlt worden ist (BGHZ167, 223, 235, Tz. 33; 167, 239, 244 f., Tz. 16; 167, 252,263 f., Tz. 31). Für den vorliegenden Fall der Inanspruch-nahme durch Fortsetzung der Nutzung kann aber nichtsanderes gelten. Denn nach dem Inhalt des Vergleichssollte das Darlehen vereinbarungsgemäß dem Fondsbelassen werden. Entgegen der Ansicht der Revision istder vorliegende Fall nicht mit einem formnichtigenSchuldbeitritt vergleichbar, bei dem eine Heilung des-wegen ausgeschlossen ist, weil der Mitverpflichtete kei-nen Anspruch auf Gewährung des Darlehens hat undlediglich für eine fremde Schuld haftet (vgl. BGHZ 134,94, 98 f.; 155, 240, 248; 165, 43, 52 f.). Vorliegend haftetdie Klägerin aber nicht für eine fremde Schuld, sondern

sie ist selbst Darlehensnehmerin und wird gegenüberdem Fonds durch das Belassen der Darlehensvaluta vonihrer Einlageverpflichtung aus dem Fondsbeitritt befreit.Die Heilung erfolgt nach § 6 Abs. 2 Satz 1 VerbrKrG ohneReduzierung der Zahlungspflicht der Klägerin gemäß § 6Abs. 2 Satz 2 und 3 VerbrKrG. Der von der Klägerin unterBerufung auf das Senatsurteil vom 9. Mai 2006 (XI ZR119/05, WM 2006, 1243, 1246, Tz. 31) geltend gemachteVerstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 c VerbrKrG wegenNichtangabe der Anzahl der zu entrichtenden Lebensver-sicherungsprämien löst im Falle seiner Heilung keine spe-zifische Sanktion aus (Senatsurteil vom 19. Oktober 2004– XI ZR 337/03, WM 2004, 2436, 2438). Auch der von derKlägerin geltend gemachte Verstoß gegen § 4 Abs. 1 Satz4 Nr. 1 f VerbrKrG wegen Nichtangabe der Kosten derKapitallebensversicherung löst, unabhängig von derFrage, ob noch ein zeitlicher und sachlicher Bezug zwi-schen dem Abschluss des Versicherungsvertrages unddem des Vergleichs bestand, sie also überhaupt anzuge-ben waren (dazu Senatsurteil vom 5. Dezember 2006 – XIZR 341/05, WM 2007, 440, 442, Tz. 21), keinen Erstat-tungs- oder Ermäßigungsanspruch aus (Senat BGHZ 162,20, 29). Darüber hinaus hat das Berufungsgericht zutref-fend ausgeführt, dass die Klägerin seit rund sechs Jahrenvor Abschluss des Vergleichs die Prämien auf die Kapital-lebensversicherung gezahlt hat und ihr sowohl derenKosten und als auch ihr Einsatz zur Tilgung des Darle-hens bei Abschluss des Vergleichs bekannt waren. Wenndas Berufungsgericht in Würdigung dieser Sachlage dieBerufung der Klägerin auf das Fehlen entsprechenderPflichtangaben im Vergleich als rechtsmissbräuchlich(dazu BGHZ 142, 23, 34 f.; 144, 370, 385; 165, 43, 53 undSenatsurteil vom 19. Oktober 2004 – XI ZR 337/03, WM2004, 2436, 2438; zweifelnd Staudinger/Kessal-Wulf,BGB Bearb. 2004 § 494 Rdn. 10 a.E.) gewertet hat, ist dasrechtlich nicht zu beanstanden.

III.

Die Revision war nach alledem zurückzuweisen.

Boardinghouse-Fall

BGB §§ 123, 276 Abs. 1 Cc, § 311 Abs. 2, HWiG § 2 (in der biszum 30. September 2000 geltenden Fassung)

a) Eine die Aufklärungspflicht der finanzierenden Bank auf-grund eines widerleglich vermuteten Wissensvorsprungs beiinstitutionalisiertem Zusammenwirken mit dem Verkäuferoder Vertreiber des finanzierten Objekts begründende argli-stige Täuschung ist gegeben, wenn die Angaben zur Höhedes erzielbaren Mietzinses entgegen der Mitteilung im Ver-kaufsprospekt ohne betriebswirtschaftliche Untersuchungzur Rentabilität und Vermietbarkeit des Objekts (hier: sog.Boarding-House) gemacht wurden.

b) Für einen Schadensersatzanspruch aus Verschulden beiVertragsschluss wegen unterbliebener Widerrufsbelehrunggemäß § 2 HWiG muss der Darlehensnehmer die Ursächlich-keit des Belehrungsverstoßes für den Schaden auch dannkonkret nachweisen, wenn der mit dem Darlehen finanzier-te Kaufvertrag nicht wirksam zustande gekommen ist.

BGH, Urt. v. 06. 11.2007, Az.: XI ZR 322/03

(ID 40824)

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Sachverhalt:

1 Die Klägerin, eine Bank, und der Beklagte streiten über An-sprüche im Zusammenhang mit zwei Darlehensverträgenzum Erwerb eines Appartements.

2 Der Beklagte wurde im Jahr 1992 von einem für die P. GmbH& Co. KG tätigen Untervermittler geworben, zwecks Steue-rersparnis ohne Eigenkapital ein Appartement in einem inBau befindlichen sogenannten Boarding-House bei S. zu er-werben. Bei dem Objekt handelte es sich um eine in Teilei-gentum aufgeteilte Anlage, die über eine von den Miteigen-tümern gemeinsam beauftragte Pächterin hotelähnlichbetrieben werden und dem längeren Aufenthalt von Gästendienen sollte. Dieses von der W. KG (im Folgenden: Bauträ-gerin) geplante und errichtete Bauvorhaben wurde von derKlägerin finanziert. Nachdem das ursprünglich mit dem Ver-trieb der Appartements beauftragte Unternehmen insolventgeworden war, übertrug die Bauträgerin diese Aufgabe der P.GmbH & Co. KG, die mit der Klägerin vereinbarte, dass dieseauch den von zu werbenden Anlegern zu zahlenden Kaufpreisfinanzieren sollte.

3 In dem für den Vertrieb der Appartements erstellten Prospektder P. GmbH & Co. KG war die Klägerin namentlich als Ob-jektfinanziererin benannt. Außerdem wurde in dem Prospektaus einem Schreiben der Klägerin zitiert, in dem diese unteranderem bestätigte, für die Käufer der Appartements Treu-handkonten zu führen sowie eine Mittelverwendungskon-trolle durchzuführen und die Kaufpreiszahlungen der Erwer-ber erst nach Fälligkeit freizugeben; darüber hinaus bestätigtedie Klägerin, dass sie mit der Bauträgerin „seit vielen Jahrenim Bereich der Baufinanzierung für die Erstellung ihrer Pro-jekte sehr angenehm zusammenarbeite” und die Abwick-lung bisher „ohne jegliche Beanstandung” erfolgt sei. In demProspekt wurde ferner mit einem erzielbaren Mietertrag von812 DM pro Monat, d. h. umgerechnet ca. 34 DM pro qm, kal-kuliert und auf eine – tatsächlich jedoch nicht vorhandene –betriebswirtschaftliche Untersuchung der Rentabilität undVermietbarkeit des Objekts hingewiesen.

4 Am 17. Juni 1992 unterbreitete der Beklagte der T. GmbH(im Folgenden: Treuhänderin) ein notariell beurkundetesAngebot zum Abschluss eines Treuhand- und Geschäftsbe-sorgungsvertrages zum Erwerb des Appartements Nr. und er-teilte ihr zugleich eine umfassende Vollmacht, ihn in allenAngelegenheiten zu vertreten, die mit der Durchführung desErwerbs des Teileigentums im Zusammenhang stehen, insbe-sondere in seinem Namen den Kaufvertrag, Darlehensverträ-ge und alle erforderlichen Sicherungsverträge abzuschließenund gegebenenfalls auch wieder aufzuheben. Die Treuhän-derin nahm das Angebot an und schloss am 23. Juni 1992namens des Beklagten mit der Bauträgerin den notariell be-urkundeten Kaufvertrag über das Appartement zu einemKaufpreis von 128.342,99 DM. Zur Finanzierung des Ge-samtaufwandes von 191.100,34 DM schloss der Beklagte per-sönlich am selben Tag mit der Klägerin zwei Annuitätendar-lehensverträge über 115.000 DM und 97.333,71 DM, dievereinbarungsgemäß durch eine Grundschuld über 223.000DM abgesichert wurden und die eine Widerrufsbelehrung ent-sprechend § 7 VerbrKrG (in der bis zum 30. September 2000geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.) enthielten. Der Net-tokreditbetrag von 191.100,71 DM wurde dem in den Darle-hensverträgen bezeichneten Girokonto des Beklagten gutge-schrieben und zur Finanzierung des Erwerbs eingesetzt.

5 Das Boarding-House wurde im Februar 1993 fertig gestellt unddanach von einer Pächterin betrieben, die bereits im Februar1994 insolvent wurde. Im Jahr 1995 fiel auch die Bauträgerinin Konkurs. Der Betrieb wird seit 1995 von einer Gesellschaftfortgeführt, die die Eigentümer der Appartements zu diesemZweck gründeten.

6 Wegen rückständiger Raten kündigte die Klägerin am 30. Ja-nuar 1998 die Darlehensverträge und das Kontokorrentkon-to. Mit Schreiben vom 12. Juni 2001 widerrief der Beklagteseine Darlehensvertragserklärungen nach dem Haustürwider-rufsgesetz, weil er zum Abschluss aller Verträge aufgrund ei-nes Besuchs des Vermittlers in seiner Wohnung veranlasst wor-den sei.

7 Die Klägerin begehrt mit der Klage in erster Linie, gestütztauf ihre Kündigung, die Rückzahlung der Darlehen und denAusgleich des Sollsaldos auf dem Girokonto in Höhe voninsgesamt 114.844,33 B nebst Zinsen seit dem 21. Februar1998. Hilfsweise, für den Fall eines wirksamen Widerrufs derDarlehensverträge, verlangt sie die Zahlung von 118.335,27B nebst Zinsen seit dem 13. Juni 2001 sowie von weiteren4.477,34 B nebst Zinsen seit dem 21. Februar 1998. Der Be-klagte ist der Auffassung, zu Zahlungen nicht verpflichtet zusein, weil er die Darlehensvaluta nicht empfangen habe. Dar-lehensverträge und Kaufvertrag bildeten ein verbundenesGeschäft, sodass die Klägerin sich an die Verkäuferin haltenmüsse. Außerdem stünden ihm gegen die Klägerin Schadens-ersatzansprüche wegen unterbliebener Belehrung nach demHaustürwiderrufsgesetz und wegen Aufklärungspflichtverlet-zungen zu.

8 Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufungder Klägerin hat das Oberlandesgericht unter Abweisung desHauptantrages den Beklagten auf den Hilfsantrag zur Zahlungverurteilt. Mit der – vom erkennenden Senat zugelassenen -Revision verfolgt der Beklagte seinen Antrag auf Klageabwei-sung weiter.

Gründe:

9 Die Revision ist begründet. Sie führt zur Aufhebung des an-gefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung der Sachean das Berufungsgericht.

I.

10 Das Berufungsgericht hat zur Begründung seiner Ent-scheidung im Wesentlichen ausgeführt:

11 Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Rückzahlung derDarlehen nach § 607 BGB a.F., sondern lediglich auf de-ren Rückabwicklung gemäß § 3 HWiG (in der bis zum 30.September 2000 geltenden Fassung, im Folgenden: a.F.).Der Beklagte habe die Darlehensverträge wirksam wider-rufen, weil er zu deren Abschluss in einer Haustürsituationbestimmt worden sei und die erteilte Widerrufsbelehrungnicht den Anforderungen des § 2 Abs. 1 Satz 3 HWiG a.F.entsprochen habe. Der schlüssigen Berechnung der An-spruchshöhe sei der Beklagte nicht entgegengetreten. Fer-ner habe die Klägerin Anspruch auf Ausgleich des geltendgemachten Sollsaldos auf dem Verrechnungskonto.

12 Der Beklagte könne dem Anspruch der Klägerin keinenSchadensersatzanspruch entgegenhalten. Es liege keinerder Ausnahmefälle vor, in denen die kreditgebende Bank

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zur Aufklärung über das finanzierte Geschäft verpflichtetsei. Aufgrund des von dem Beklagten vorgelegten Gut-achtens über eine vergleichbare Wohnung könne nichtfestgestellt werden, dass der von ihm entrichtete Kaufpreisin sittenwidriger Weise überhöht gewesen sei. Die vonder Bauträgerin für die Anlaufphase des Pachtbetriebes an-geblich an die Pächterin geleisteten Pre-Opening-Zahlun-gen seien schon deshalb irrelevant, weil diese erst nachAbschluss der Darlehensverträge erfolgt seien. Ein eineAufklärungspflicht begründender Interessenkonflikt derKlägerin ergebe sich weder aus ihrer gleichzeitigen Rolleals Objektfinanziererin noch aus der Referenzerklärung imProspekt oder der dort angesprochenen Mittelverwen-dungskontrolle. Schließlich müsse sie sich auch nicht ge-mäß § 278 BGB etwaige unrichtige Erklärungen des Ver-mittlers über Wert und Rentabilität der Immobilienanlagezurechnen lassen.

13 Die Klägerin müsse sich auch nicht gemäß § 9 Abs. 2 Satz4 VerbrKrG a.F. auf Ansprüche aus der Rückabwicklung desKaufvertrages verweisen lassen, weil diese Vorschrift nach§ 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG hier nicht anwendbar sei. Ausdiesem Grund könne sich der Beklagte auch nicht auf ei-nen Einwendungsdurchgriff gemäß § 9 Abs. 3 VerbrKrGberufen. Ein solcher lasse sich auch nicht über § 242 BGBbegründen, weil die Darlehensverträge und der Kaufver-trag nicht als wirtschaftliche Einheit anzusehen seien.

II.

14 Das Berufungsurteil hält rechtlicher Nachprüfung in ei-nem entscheidenden Punkt nicht stand.

15 1. Nicht zu beanstanden und von der Revision als ihrgünstig nicht angegriffen ist allerdings der Ausgangspunktdes Berufungsgerichts, dass der Klägerin kein Anspruchaus § 607 Abs. 1 BGB a.F. auf Rückzahlung der Darlehenzusteht, weil der Beklagte seine auf den Abschluss der bei-den Darlehensverträge gerichteten Willenserklärungenwirksam widerrufen hat.

16 2. Infolge des wirksamen Widerrufs hat die Klägerin ge-gen den Beklagten – wie das Berufungsgericht zu Recht an-genommen hat – gemäß § 3 Abs. 1, 3 HWiG a.F. einenAnspruch auf Erstattung des ausgezahlten Nettokreditbe-trages sowie auf dessen marktübliche Verzinsung (vgl. Se-nat BGHZ 152, 331, 336, 338; 168, 1, 8 Tz. 20; 169, 109,119 Tz. 38; zuletzt Senatsurteile vom 19. Dezember 2006– XI ZR 374/04, BKR 2007, 152, 154 Tz. 18, vom 17. April2007 – XI ZR 130/05, NJOZ 2007, 3210, 3211 Tz. 12 undvom 12. Juni 2007 – XI ZR 112/05, Umdruck S. 6 f. Tz. 9,jeweils m.w.Nachw.).

17 a) Das Berufungsgericht ist zutreffend davon ausgegangen,dass der Beklagte zur Rückzahlung des Kapitals verpflich-tet ist und die Klägerin nicht auf das Appartement mitder Begründung verweisen kann, bei den Darlehensver-trägen und dem finanzierten Immobilienerwerb handelees sich um ein verbundenes Geschäft (vgl. Senat BGHZ152, 331, 337; 168, 1, 9 Tz. 21; Senatsurteile vom 26. Sep-tember 2006 – XI ZR 283/03, WM 2006, 2347, 2348 Tz.13, vom 19. Dezember 2006 – XI ZR 374/04, BKR 2007,152, 154 Tz. 19 und vom 17. April 2007 – XI ZR 130/05,NJOZ 2007, 3210, 3211 Tz. 13, jeweils m.w.Nachw.).

18 aa) § 9 VerbrKrG findet nach dem eindeutigen Wortlautdes § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG auf Realkreditverträge, die

zu für grundpfandrechtlich abgesicherte Kredite üblichenBedingungen gewährt worden sind, keine Anwendung(Senat BGHZ 152, 331, 337; 161, 15, 25; 168, 1, 9 Tz. 21;Senatsurteil vom 24. April 2007 - XI ZR 340/05, WM 2007,1257, 1258 f. Tz. 25, jeweils m.w.Nachw.). Dies ist hierder Fall.

19 (1) Die Parteien haben in beiden Kreditverträgen die Stel-lung einer Grundschuld über 223.000 DM als Sicherheitvereinbart. Der von dem Beklagten erhobene Einwand, derBeleihungswert der Grundschuld habe weit unter der Ge-samtdarlehenssumme gelegen, sodass das erste Darlehennur zu einem geringen Teil und das zweite Darlehen über-haupt nicht durch eine werthaltige Grundschuld gesichertgewesen sei, greift nicht durch.

20 Nach ständiger Rechtsprechung des Senats (Senatsurteilevom 18. März 2003 - XI ZR 422/01, WM 2003, 916, 917und vom 18. November 2003 - XI ZR 322/01, WM 2004,172, 175 m.w.Nachw.) setzt § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG nichtvoraus, dass der Kredit grundpfandrechtlich vollständigdurch einen entsprechenden Wert der belasteten Immo-bilie gesichert oder der Beleihungsrahmen gemäß §§ 11,12 HypBG eingehalten ist. Etwas anderes gilt nur dann,wenn die Voraussetzungen des § 18 Satz 2 VerbrKrG vor-liegen, etwa weil nur ein nicht wesentlicher Teil des Ge-samtkredits grundpfandrechtlich abgesichert ist (Senats-urteile vom 18. März 2003 aaO und vom 18. November2003 aaO). Das ist hier indes nach dem eigenen Vortragdes Beklagten nicht der Fall. Seine schlichte Behauptung,das Appartement sei lediglich 40.000 DM wert gewesen, istunsubstantiiert. Sie steht im Widerspruch zu seinem wei-teren Vorbringen, tatsächlich wäre höchstens ein Kauf-preis von 2.500 DM pro Quadratmeter – bei einem 23,9qm großen Appartement insgesamt also 59.750 DM – an-gemessen gewesen, sowie zu dem vom Beklagten vorge-legten Wertgutachten des Sachverständigen B. vom 25.August 1992, in dem für ein gleich großes Appartementein Ertragswert von 73.000 DM und ein Sachwert von192.500 DM ausgewiesen ist. Es kann danach keine Rededavon sein, nur ein nicht wesentlicher Teil des Gesamt-kredits sei durch ein Grundpfandrecht abgesichert.

21 (2) Die beiden Darlehen sind auch zu für grundpfand-rechtlich abgesicherte Kredite üblichen Bedingungen ge-währt worden. Der vertragliche effektive Jahreszins von9,2% lag innerhalb der Streubreite von 9,13% bis 10,37%,die die Deutsche Bundesbank in ihren Monatsberichtenfür den hier maßgeblichen Zeitraum Juni 1992 für fest-verzinsliche Hypothekarkredite auf Wohngrundstücke miteiner Laufzeit von fünf Jahren ermittelt hat, und war da-mit marktüblich (vgl. Senatsurteile vom 18. März 2003 –XI ZR 422/01, WM 2003, 916, 917, vom 18. November2003 – XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 175 und vom 25.April 2006 – XI ZR 219/04, WM 2006, 1060, 1066 Tz. 50).

22 bb) Entgegen der Ansicht der Revision, die sich insoweitauf Schnauder JZ 2006, 1049, 1054 beruft, kommen aucheine einschränkende Auslegung des § 3 Abs. 2 Nr. 2VerbrKrG oder eine analoge Anwendung von § 9 VerbrKrGa.F. auf Realkreditverträge, die zwar nicht nach § 7VerbrKrG a.F., wohl aber nach § 1 HWiG a.F. widerrufenwerden können, nicht in Betracht. Nach ständiger Recht-sprechung des erkennenden Senats bilden Grundpfand-kredit und finanziertes Immobiliengeschäft ausnahmsloskein verbundenes Geschäft (vgl. nur BGHZ 168, 1, 11 f. Tz.

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29; Senatsurteil vom 24. April 2007 – XI ZR 340/05, WM2007, 1257, 1258 f. Tz. 25, jeweils m.w.Nachw.). Der Ge-setzgeber hat mit § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrG eine abschlie-ßende Regelung geschaffen, die zum einen keinen Raumfür eine teleologische Reduktion lässt und zum anderen ei-ne analoge Anwendung des § 9 VerbrKrG verbietet. Dassder Gesetzgeber mit der Neuregelung des § 358 Abs. 3Satz 3 BGB für die Zukunft ein verbundenes Geschäft beiKrediten zum Erwerb einer Immobilie nicht mehr gene-rell ausgeschlossen hat, ist entgegen der Auffassung der Re-vision nicht geeignet, das Verständnis der zuvor gelten-den, anders lautenden Vorschrift zu bestimmen (SenatBGHZ 167, 223, 231 Tz. 22).

23 cc) Ebenso zutreffend hat das Berufungsgericht einen Ein-wendungsdurchgriff nach den aus § 242 BGB hergeleite-ten Grundsätzen der Rechtsprechung zum verbundenenGeschäft verneint. Ein Rückgriff auf den von der Recht-sprechung zum finanzierten Abzahlungsgeschäft entwi-ckelten Einwendungsdurchgriff scheidet bei dem Ver-braucherkreditgesetz unterfallenden Realkrediten aus(st.Rspr.; vgl. BGHZ 168, 1, 10 Tz. 25; Senatsurteile vom 27.Januar 2004 – XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 622 und vom26. September 2006 – XI ZR 283/03, WM 2006, 2347,2349 Tz. 14).

24 b) Entgegen der Auffassung der Revision hat der Beklagtedie Darlehensvaluta auch empfangen. Nach dem – fürdas Revisionsverfahren gemäß §§ 314, 559 ZPO bindenden– Tatbestand des erstinstanzlichen Urteils, auf dessen Fest-stellungen das Berufungsurteil Bezug nimmt, ist die Dar-lehensvaluta auf das dem Beklagten zustehende Girokon-to ausgezahlt worden. Die von der Revision aufgeworfeneFrage, ob die in den Darlehensverträgen enthaltene Aus-zahlungsanweisung trotz des wirksamen Widerrufs derDarlehensverträge dem Beklagten zuzurechnen ist, stelltsich damit nicht. Ebenso ist unerheblich, ob die Treuhän-derin Auszahlungen von dem Girokonto veranlasst hat,die dem Beklagten infolge eines Verstoßes der Vollmachtgegen das Rechtsberatungsgesetz nicht zurechenbar sind.In einem solchen Fall hätte der Beklagte gegen die Kläge-rin einen - hier nicht geltend gemachten - Anspruch aufWiedergutschrift der ausgezahlten Beträge (vgl. BGHZ 121,98, 106).

25 c) Wie der erkennende Senat mit Urteil vom 16. Mai 2006entschieden und im Einzelnen begründet hat (BGHZ 168,1, 15 f. Tz. 33 f. m.w.Nachw.; ebenso Senatsurteile vom26. September 2006 - XI ZR 283/03, WM 2006, 2347, 2349Tz. 20 f. und XI ZR 358/04, ZGS 2007, 26, 28 f. Tz. 28 f.),kann sich der Darlehensnehmer bei einem Kredit zur Fi-nanzierung einer Immobilie nicht darauf berufen, dasswegen der bestimmungsgemäßen Verwendung für denErwerb der Immobilie die Herausgabe der Darlehensvalu-ta unverschuldet unmöglich geworden sei (§ 3 Abs. 2HWiG a.F.), eine gemäß § 3 Abs. 3 Halbs. 2 HWiG a.F. nichtzu vergütende Wertminderung vorliege oder die Berei-cherung weggefallen sei (§ 818 Abs. 3 BGB). Die Ausfüh-rungen der Revision geben zu einer abweichenden Beur-teilung oder einer weitergehenden Begründung keinenAnlass.

26 d) Entgegen der Ansicht der Revision stellt diese Recht-sprechung – auch unter Berücksichtigung der Urteile desGerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (im Fol-genden: EuGH) vom 25. Oktober 2005 (WM 2005, 2079

ff. – Schulte und WM 2005, 2086 ff. – Crailsheimer Volks-bank) – keinen Verstoß gegen das Gemeinschaftsrechtdar. Dies hat der erkennende Senat ebenfalls bereits inseinem Urteil vom 16. Mai 2006 (BGHZ 168, 1, 10 ff. Tz.26 ff.) im Einzelnen begründet (vgl. auch Senatsurteil vom26. September 2006 – XI ZR 283/03, WM 2006, 2347,2349 Tz. 17 ff.). Die Ansicht des Beklagten, er sei durch denWiderruf der Darlehensverträge schlechter gestellt als beideren Wirksamkeit, weil der Klägerin auf den Hilfsantrageine um ca. 8.000 B höhere Hauptforderung zugespro-chen worden sei als die aufgrund der Darlehenskündigungerrechnete Hauptforderung, trifft nicht zu. Hierbei lässter nämlich fälschlicherweise den jeweils geltend gemach-ten Zinsanspruch außer Betracht, der dazu führt, dass dieGesamtforderung aus dem Hauptantrag diejenige aus demHilfsantrag deutlich übersteigt.

27 3.Das Berufungsurteil hält rechtlicher Überprüfung abernicht stand, soweit das Berufungsgericht einen dem An-spruch der Klägerin entgegenzusetzenden Schadenser-satzanspruch des Beklagten aus Verschulden bei Vertrags-schluss verneint hat.

28 a) Allerdings hat das Berufungsgericht entgegen der Auf-fassung der Revision zutreffend angenommen, dass dieKlägerin nicht aus zugerechnetem Verschulden für un-richtige Angaben des Vermittlers über die Rentabilität desAppartements und die Notwendigkeit des Einsatzes eige-ner Mittel haftet. Nach ständiger Rechtsprechung desBundesgerichtshofs wird der im Rahmen von Kapitalan-lagemodellen auftretende Vermittler als Erfüllungsgehilfeim Pflichtenkreis der in den Vertrieb nicht eingeschaltetenBank nur insoweit tätig, als sein Verhalten den Bereichder Anbahnung des Kreditvertrages betrifft. Möglicher-weise falsche Erklärungen zu den Mieteinnahmen, zurmonatlichen Belastung des Beklagten unter Berücksichti-gung von Mieteinnahmen und Steuervorteilen sowie zuder Möglichkeit, das Appartement später mit Gewinn ver-äußern zu können, betreffen nicht die Darlehensverträge,sondern die Rentabilität des Anlagegeschäfts, liegen damitaußerhalb des Pflichtenkreises der Bank und sind ihr des-halb nicht nach § 278 BGB zuzurechnen (vgl. Senat BGHZ168, 1, 27 Tz. 63; Senatsurteile vom 27. Januar 2004 – XIZR 37/03, WM 2004, 620, 622, vom 23. März 2004 – XIZR 194/02, WM 2004, 1221, 1225 und vom 15. März 2005– XI ZR 135/04, WM 2005, 828, 829, jeweils m.w.Nachw.).

29 b) Das Berufungsgericht hat auf der Grundlage der bishe-rigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs auch dieschuldhafte Verletzung einer eigenen Aufklärungspflichtdurch die Klägerin rechtsfehlerfrei verneint.

30 aa) Danach ist eine kreditgebende Bank bei steuersparen-den Bauherren-, Bauträger- und Erwerbermodellen zurRisikoaufklärung über das finanzierte Geschäft nur unterganz besonderen Voraussetzungen verpflichtet. Sie darf re-gelmäßig davon ausgehen, dass die Kunden entweder überdie notwendigen Kenntnisse oder Erfahrungen verfügenoder sich jedenfalls der Hilfe von Fachleuten bedient ha-ben. Aufklärungs- und Hinweispflichten bezüglich des fi-nanzierten Geschäfts können sich daher nur aus den be-sonderen Umständen des konkreten Einzelfalls ergeben.Dies kann der Fall sein, wenn die Bank im Zusammenhangmit der Planung, der Durchführung oder dem Vertriebdes Projekts über ihre Rolle als Kreditgeberin hinausgeht,wenn sie einen zu den allgemeinen wirtschaftlichen Risi-

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ken hinzutretenden besonderen Gefährdungstatbestandfür den Kunden schafft oder dessen Entstehung begün-stigt, wenn sie sich im Zusammenhang mit Kreditgewäh-rungen sowohl an den Bauträger als auch an einzelne Er-werber in schwerwiegende Interessenkonflikte verwickeltoder wenn sie in Bezug auf spezielle Risiken des Vorhabenseinen konkreten Wissensvorsprung vor dem Darlehens-nehmer hat und dies auch erkennen kann (vgl. etwa Se-nat BGHZ 168, 1, 19 f. Tz. 41 sowie Senatsurteile vom 17.Oktober 2006 – XI ZR 205/05, WM 2007, 114, 115 Tz. 15,vom 19. Dezember 2006 – XI ZR 374/04, BKR 2007, 152,154 f. Tz. 28 und vom 20. März 2007 – XI ZR 414/04, WM2007, 876, 877 Tz. 15, jeweils m.w.Nachw.).

31 bb) Ein solches Aufklärungsverschulden hat das Beru-fungsgericht auf der Grundlage der früheren Recht-sprechung des Bundesgerichtshofs bei den von ihm ge-prüften möglicherweise verletzten Aufklärungspflichtennicht festgestellt, ohne dass ihm insoweit ein Rechtsfeh-ler unterlaufen wäre.

32 (1) Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen,dass die Klägerin nicht verpflichtet war, den Beklagtendarüber aufzuklären, dass sie nicht bereit ist, für Erklä-rungen des Vermittlers über die Tragweite der Belastun-gen einzustehen (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2004 –XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 622), sodass das Unterlasseneines entsprechenden Hinweises keine Schadensersatz-pflicht der Klägerin begründet.

33 (2) Mit dem Berufungsgericht ist des Weiteren davon aus-zugehen, dass die Klägerin wegen des angeblich weit über-teuerten Kaufpreises unter dem Gesichtspunkt eines für sieerkennbaren Wissensvorsprungs keine Aufklärungspflichttraf.

34 Eine kreditgebende Bank ist zur Aufklärung über die Un-angemessenheit des Kaufpreises ausnahmsweise nur dannverpflichtet, wenn eine so wesentliche Verschiebung derRelation zwischen Kaufpreis und Verkehrswert vorliegt,dass die Bank von einer sittenwidrigen Übervorteilungdes Käufers durch den Verkäufer ausgehen muss. Das istnach ständiger Rechtsprechung erst dann der Fall, wennder Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie derWert der Gegenleistung (vgl. etwa Senat BGHZ 168, 1, 21Tz. 47; Senatsurteile vom 19. September 2006 – XI ZR204/04, WM 2006, 2343, 2345 Tz. 19 (insoweit in BGHZ169, 109 nicht abgedruckt) und vom 26. Juni 2007 – XIZR 277/05,WM 2007, 1651, 1653 Tz. 15, jeweilsm.w.Nachw.), wobei die in dem Gesamtaufwand für denErwerb enthaltenen Nebenkosten wie Grunderwerbssteu-er, Notar- und Grundbuchkosten, Provisionen und Ge-bühren für Mietgarantie und Finanzierungsvermittlungnicht zu berücksichtigen sind (Senatsurteil vom 18. April2000 – XI ZR 193/99, WM 2000, 1245, 1247).

35 Nach den rechtsfehlerfreien Feststellungen des Beru-fungsgerichts hat der Beklagte eine sittenwidrige Über-teuerung des erworbenen Appartements nicht substanti-iert dargelegt. Wie schon oben zu § 3 Abs. 2 Nr. 2 VerbrKrGausgeführt, sind die schlichten Behauptungen des Be-klagten, das Appartement sei lediglich 40.000 DM wertgewesen bzw. tatsächlich wäre nur ein Quadratmeter-Kaufpreis von maximal 2.500 DM – insgesamt also 59.750DM – angemessen gewesen, nicht in Einklang zu bringenund stehen zudem in deutlichem Widerspruch zu demvon dem Beklagten selbst eingereichten und wiederholt in

Bezug genommenen Wertgutachten des SachverständigenB. , in dem ein Ertragswert von 73.000 DM und ein Sach-wert von 192.500 DM ausgewiesen sind. Der Vergleichdes Ertragswertes mit dem (reinen) Kaufpreis für das Ap-partement von 128.342,99 DM ergibt eine Überteuerungvon etwa 76 %, die nach der Rechtsprechung des Bundes-gerichtshofs für die Feststellung der Sittenwidrigkeit alleinnicht genügt (vgl. Senatsurteile vom 18. März 2003 - XIZR 188/02, WM 2003, 918, 921 und vom 20. Mai 2003 -XI ZR 248/02, WM 2003, 1370, 1372, jeweils m.w.Nachw.).Daher kommt es – anders als die Revision meint – auchnicht darauf an, ob der von der Bauträgerin ihrerseits fürden Erwerb des Grundstücks gezahlte Preis angemessenwar und ob dieser in die Kaufpreiskalkulation eingeflossenist.

36 (3) Entgegen der Ansicht der Revision hat die Klägerinauch keine Aufklärungspflicht im Hinblick auf ihre in demVerkaufsprospekt abgedruckte Erklärung über die Durch-führung einer Mittelverwendungskontrolle verletzt. DerBeklagte hat nicht behauptet, dass die Klägerin die Zah-lungen vom Projektkonto der Bauträgerin nicht über-wacht hat, sondern lediglich vorgetragen, dass es im Au-gust 1992 und im März 1993 und damit nach Abschlussder hier in Rede stehenden Darlehensverträge zu – angeb-lich rechtsgrundlosen – Pre-Opening-Zahlungen von die-sem Konto an die Pächterin gekommen sei. Dieser Um-stand kann allenfalls den Vorwurf rechtfertigen, dieKlägerin habe die ihr obliegende Mittelverwendungskon-trolle nicht mit der gebotenen Sorgfalt durchgeführt; erlässt aber nicht den Schluss zu, die Klägerin habe eine sol-che Kontrolle von Anfang an nicht beabsichtigt. Nur indiesem Fall wären aber die Prospektangaben unrichtig(vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2004 – XI ZR 37/03, WM2004, 620, 621 f.). Soweit der Vorwurf mangelnder Sorg-falt bei der Mittelverwendungskontrolle seinerseits eineSchadensersatzhaftung der Klägerin begründen könnte, istweder vorgetragen noch ersichtlich, dass dem Beklagtengerade dadurch ein Schaden entstanden ist (vgl. Senats-urteil vom 27. Januar 2004 aaO S. 622).

37 (4) Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten besteht ent-gegen der Ansicht der Revision auch nicht unter dem Ge-sichtspunkt der Verletzung einer Aufklärungspflicht derKlägerin wegen Überschreitung der Kreditgeberrolle.

38 Eine solche Aufklärungspflicht setzt voraus, dass die Bankim Zusammenhang mit der Planung, der Durchführungoder dem Vertrieb des Objekts gleichsam als Partei des zufinanzierenden Geschäfts in nach außen erkennbarerWeise Funktionen oder Aufgaben des Veräußerers oderVertreibers übernommen und damit einen zusätzlichen,auf die übernommenen Funktionen bezogenen Vertrau-enstatbestand geschaffen hat (Senatsurteile vom 18. No-vember 2003 – XI ZR 322/01, WM 2004, 172, 174 und vom27. Januar 2004 – XI ZR 37/03, WM 2004, 620, 623m.w.Nachw.). Diese Voraussetzungen sind hier nicht ge-geben. Aus dem Vortrag des Beklagten ergibt sich nicht,dass ein über die Kreditgeberrolle hinausgehendes Enga-gement der Klägerin für das Projekt des Boarding-Housenach außen in Erscheinung getreten ist. Wie das Beru-fungsgericht zutreffend ausgeführt hat, lässt sich dem imVerkaufsprospekt abgedruckten Schreiben der Klägerinnicht entnehmen, dass sie über ihre Rolle als Kreditgebe-rin hinausgegangen wäre und etwa Aufgaben des Vertriebsübernommen hätte. Dafür reicht die allgemeine, auf die

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Baufinanzierung bezogene Referenzerklärung im Ver-kaufsprospekt, die Führung der Treuhandkonten für dieKäufer sowie die Ankündigung, eine Mittelverwendungs-kontrolle durchzuführen, nicht aus, da die Klägerin da-mit keine Funktionen oder Aufgaben des Veräußerers oderVertreibers übernommen hat, sondern sich auf solche be-schränkt hat, die für ein finanzierendes Kreditinstitutnicht unüblich sind (vgl. Senatsurteil vom 27. Januar 2004aaO S. 623 f.).

39 Entgegen der Ansicht der Revision ist eine Überschrei-tung der Kreditgeberrolle – in Erweiterung dieser Fall-gruppe – nicht allein deshalb zu bejahen, weil die kredit-gebende Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber desfinanzierten Objekts nach Maßgabe des Senatsurteils vom16. Mai 2006 (BGHZ 168, 1, 23 Tz. 53) in institutionali-sierter Weise zusammengewirkt hat. Diese Ergänzung derRechtsprechung des Senats ist im Interesse der Effektivie-rung des Verbraucherschutzes bei realkreditfinanziertenWohnungskäufen erfolgt und bezieht sich ausschließlichauf die eine eigene Aufklärungspflicht der Bank begrün-dende Fallgruppe des konkreten Wissensvorsprungs, in-dem unter bestimmten Voraussetzungen zugunsten desDarlehensnehmers eine Beweiserleichterung in Form einerwiderleglichen Vermutung für die Kenntnis der Bank vonder arglistigen Täuschung durch den Verkäufer oderFondsinitiator sowie der von ihnen eingeschalteten Ver-mittler statuiert worden ist (vgl. Senat BGHZ 168, 1, 22Tz. 50 f.). Der Hinweis des Beklagten auf § 358 BGB geht– wie bereits oben in anderem Zusammenhang dargelegt– auch hier fehl.

40 (5) Die Klägerin war auch nicht wegen eines schwerwie-genden Interessenkonflikts aufklärungspflichtig. Ein sol-cher ist nicht schon allein deshalb zu bejahen, weil einefinanzierende Bank zugleich Kreditgeberin des Bauträgersoder Verkäufers und des Erwerbers ist oder dem Verkäufereine globale Finanzierungszusage erteilt hat (Senatsurtei-le vom 18. März 2003 – XI ZR 188/02, WM 2003, 918,921, vom 27. Januar 2004 – XI ZR 37/03, WM 2004, 620,624 und vom 20. März 2007 – XI ZR 414/04, WM 2007,876, 882 Tz. 50). Ein schwerwiegender Interessenkonfliktkann vielmehr nur vorliegen, wenn zu dieser „Doppelfi-nanzierung” besondere Umstände hinzutreten. SolcheUmstände hat das Berufungsgericht nicht festgestellt undwerden auch von der Revision nicht aufgezeigt. Gegendie Annahme, die Klägerin könnte bei Abschluss der Dar-lehensverträge im Juni 1992 das Risiko eines ungesicher-ten Kreditengagements bei der Bauträgerin auf die Erwer-ber abgewälzt haben, spricht vor allem der Umstand, dassdas Boarding-House 1993 fertig gestellt wurde und seinenBetrieb aufnehmen konnte, während der Konkurs der Bau-trägerin erst 1995 eintrat (vgl. Senatsurteil vom 27. Janu-ar 2004 aaO).

41 (6) Schließlich hat das Berufungsgericht rechtsfehlerfreiausgeführt, dass die Klägerin auch keinen besonderen Ge-fährdungstatbestand geschaffen hat, der sie zur Aufklä-rung über die damit verbundenen Risiken verpflichtet hät-te.

42 (a) Eine solche Gefährdung ist etwa zu bejahen, wenn dasKreditinstitut das eigene wirtschaftliche Wagnis auf denKunden verlagert und diesen bewusst mit einem Risiko be-lastet, das über die mit dem zu finanzierenden Vorhabennormalerweise verbundenen Gefahren hinausgeht (vgl.

Senatsurteile vom 18. November 2003 – XI ZR 322/01,WM 2004, 172, 174 und vom 20. März 2007 – XI ZR414/04, WM 2007, 876, 878 Tz. 19 m.w.Nachw.). Dies isthier – wie bereits dargelegt – nicht der Fall, weil das Vor-haben planmäßig fertig gestellt wurde. Deshalb ist uner-heblich, dass die Klägerin mit ihrer Finanzierungsbereit-schaft den Verkauf der Appartements erst ermöglicht hat.

43 (b) Unrichtig ist auch die Annahme der Revision, die Klä-gerin habe dadurch einen besonderen Gefährdungstatbe-stand geschaffen, dass sie den Erwerb des Appartementsohne Eigenkapital und ohne werthaltige dingliche Absi-cherung finanziert habe. Ein Darlehensnehmer hat selbstzu prüfen, ob er in der Lage ist, den aufgenommenen Kre-dit zurückzuführen. Zudem waren die Darlehen durch ei-ne Grundschuld über 223.000 DM gesichert. Selbst wenndie Klägerin diesen Wert intern aufgrund einer unrichti-gen Kalkulation festgesetzt haben sollte, begründet dieskeine Aufklärungspflicht der Klägerin (vgl. Senatsurteilvom 20. März 2007 aaO S. 880 Tz. 40). Nach ständigerRechtsprechung des Bundesgerichtshofs prüfen und er-mitteln Kreditinstitute den Wert der ihnen gestellten Si-cherheiten grundsätzlich nur im eigenen Interesse sowieim Interesse der Sicherheit des Bankensystems, nicht aberim Kundeninteresse (Senat BGHZ 147, 343, 349; 168, 1,20 f. Tz. 45; Senatsurteil vom 20. März 2007 aaO S. 880 f.Tz. 41 m.w.Nachw.). Dementsprechend kann sich grund-sätzlich aus einer lediglich zu bankinternen Zwecken er-folgten Beleihungswertermittlung, keine Pflichtverletzunggegenüber dem Kreditnehmer und somit auch keine dies-bezügliche Aufklärungspflicht ergeben (Senat BGHZ 168,1, 20 f. Tz. 45; Senatsurteil vom 20. März 2007 aaO). Aufdie Frage, ob die Bank mit der überhöhten internen Ver-kehrswertfestsetzung eigene wirtschaftliche Vorteile er-strebt, kommt es insoweit ebenso wenig an wie auf die Fra-ge, ob das finanzierende Kreditinstitut es dem Verkäuferdurch die überhöhte Wertermittlung und Finanzierung er-möglicht, das Objekt zu einem überteuerten Kaufpreis zuveräußern, jedenfalls solange - wie hier - keine sittenwid-rige Übervorteilung des Käufers durch den Verkäufer vor-liegt (Senatsurteile vom 20. März 2007 aaO und vom 12.Juni 2007 - XI ZR 112/05, Umdruck S. 10 ff. Tz. 17).

44 c) Mit diesen Ausführungen lässt sich jedoch – wie die Re-vision unter Hinweis auf die erst nach Erlass des Beru-fungsurteils modifizierte Rechtsprechung des erkennen-den Senats zur tatsächlichen Vermutung einesaufklärungspflichtigen Wissensvorsprungs der kreditge-benden Bank zu Recht geltend macht – eine Haftung derKlägerin für eigenes Aufklärungsverschulden nicht ab-schließend verneinen.

45 aa) Nach dieser Rechtsprechung (BGHZ 168, 1, 22 ff. Tz.50 ff.; 169, 109, 115 Tz. 23; Urteile vom 24. April 2007 –XI ZR 340/05, WM 2007, 1257, 1260 Tz. 39 und vom 26.Juni 2007 – XI ZR 277/05, WM 2007, 1651, 1654 Tz. 24,jeweils m.w.Nachw.) können sich die Anleger in Fällen ei-nes institutionalisierten Zusammenwirkens der kreditge-benden Bank mit dem Verkäufer oder Vertreiber des fi-nanzierten Objekts unter erleichterten Voraussetzungenmit Erfolg auf einen die Aufklärungspflicht auslösendenkonkreten Wissensvorsprung der finanzierenden Bankim Zusammenhang mit einer arglistigen Täuschung desAnlegers durch unrichtige Angaben der Vermittler, Ver-käufer oder Fondsinitiatoren bzw. des Fondsprospekts überdas Anlageobjekt berufen. Die Kenntnis der Bank von ei-

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ner solchen arglistigen Täuschung wird widerleglich ver-mutet, wenn Verkäufer oder Fondsinitiatoren, die von ih-nen beauftragten Vermittler und die finanzierende Bankin institutionalisierter Art und Weise zusammenwirken,auch die Finanzierung der Kapitalanlage vom Verkäuferoder Vermittler, sei es auch nur über einen von ihm be-nannten besonderen Finanzierungsvermittler, angebotenwurde und die Unrichtigkeit der Angaben des Verkäufers,Fondsinitiators oder der für sie tätigen Vermittler bzw.des Verkaufsprospekts nach den Umständen des Falles evi-dent ist, so dass sich nach der allgemeinen Lebenserfah-rung aufdrängt, die Bank habe sich der arglistigen Täu-schung geradezu verschlossen.

46 bb) Ob bei Anwendung dieser Grundsätze hier eine Auf-klärungspflichtverletzung der Klägerin aufgrund eineswiderleglich vermuteten Wissensvorsprungs über eine arg-listige Täuschung des Beklagten gegeben ist, kann ohneweitere Feststellungen des Berufungsgerichts schon des-halb nicht abschließend beurteilt werden, weil der Kläge-rin Gelegenheit zur Widerlegung einer Vermutung gege-ben werden muss.

47 (1) Nach Behauptung des Beklagten ist ihm ein Mieter-trag von 34 DM pro qm und Monat versprochen worden,während realistischerweise – wie sich aus dem Wertgut-achten des Sachverständigen B. ergebe – nur ein solchervon 17 DM pro qm und Monat zu erwarten war. Darin istzugleich die Behauptung des Beklagten enthalten, er seivon der Verkäuferin bzw. dem Vermittler über die Höhedes erzielbaren Mietzinses und die Rentabilität des Anla-geobjekts getäuscht worden. Unerheblich ist insoweit derHinweis im Verkaufsprospekt, dass der Pächter zahlungs-unfähig und das Objekt in der Zukunft zu einem niedri-geren Pachtzins verpachtet werden könne. Dieser Hin-weis betrifft nur die künftige Entwicklung, während sichder Vortrag des Beklagten bereits auf die fehlende Wirt-schaftlichkeit des Objekts im Zeitpunkt des Vertrags-schlusses bzw. der Inbetriebnahme des Boarding-House be-zieht.

48 Dagegen ist entgegen der Ansicht der Revision das Vor-bringen des Beklagten zu einer Täuschung über den an-geblich krass überhöhten Ankaufspreis von 5,5 Mio. DMfür das Grundstück nicht schlüssig, weil eine Aufklä-rungspflicht der Verkäuferin über diesen Preis und dessenAngemessenheit nicht bestand. Denn bis zur Grenze derSittenwidrigkeit, die hier – wie bereits dargelegt – nichtüberschritten ist, bleibt es den Vertragsparteien überlas-sen, welchen Preis sie vereinbaren, so dass der Verkäuferim Regelfall nicht verpflichtet ist, den Wert des Kaufob-jektes offen zu legen, selbst wenn dieser erheblich unterdem geforderten Preis liegt (vgl. BGHZ 158, 110, 119; BGH,Urteil vom 14. März 2003 – V ZR308/02, WM 2003, 1686,1688; Senatsurteil vom 20. Januar 2004 – XI ZR 460/02,WM 2004, 521, 524).

49 (2) Die eine subjektive Komponente umfassende Arglistergibt sich nach dem Beklagtenvorbringen daraus, dassdie Angaben zur Höhe des erzielbaren Mietzinses entge-gen der Mitteilung im Verkaufsprospekt ohne betriebs-wirtschaftliche Untersuchung zur Rentabilität und Ver-mietbarkeit des Objekts und damit „ins Blaue hinein”gemacht wurden. Dem steht angesichts dessen nicht ent-gegen, dass bei Vermarktung der Appartements tatsäch-lich ein Pachtvertrag zu dem im Prospekt genannten Pacht-

zins bestand. Das Boarding-House-Projekt war damals inDeutschland nicht geläufig, sodass es kaum praktische Er-fahrungen damit gab. Die Rentabilität war deshalb schwereinzuschätzen und ungesichert. Allein der Abschluss eineslangjährigen Pachtvertrages war hier deshalb nicht ausrei-chend; vielmehr war die Initiatorin – wie im Verkaufs-prospekt vorgesehen – gehalten, die konkrete Möglichkeitder Erwirtschaftung der zugesagten Pachtzahlungen durcheine betriebswirtschaftliche Untersuchung zu klären (vgl.BGH, Urteil vom 01. März 2004 – II ZR 88/02, WM 2004,928, 930). Das gilt besonders, da der Erfolg der Vermö-gensanlage durch Erwerb von Teileigentum an dem Boar-ding-House von einer langjährigen gesicherten Pachtzah-lung abhängig war, weil es sich – wie die Klägerin selbstvorgetragen hat – nicht nur um den Erwerb einer be-stimmten Fläche in einem Immobilienobjekt, sondern umdie Teilhabe an einem Gewerbebetrieb handelte.

50 (3) Da nach dem Vortrag des Beklagten der realistischer-weise zu erzielende Mietzins nur etwa 50 % des „verspro-chenen” Mietzinses betrug, war die Angabe auch objektivevident unrichtig (vgl. Senat BGHZ 168, 1, 24 f. Tz. 57;Senatsurteil vom 20. März 2007 - XI ZR 414/04, WM 2007,876, 882 Tz. 55).

51 (4) Die weiteren Voraussetzungen für die Vermutung dervon dem Beklagten behaupteten Kenntnis der Klägerinvon der arglistigen Täuschung des Beklagten sind nachdem im Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Sach-verhalt – wie die Revision zu Recht geltend macht unddie Revisionserwiderung nicht in Abrede stellt – gegeben.Danach bestand zwischen der Bauträgerin als Verkäufe-rin, den eingeschalteten Vermittlern und der Klägerin ei-ne institutionalisierte Zusammenarbeit, die die Veräuße-rung der Hotelappartements und die Finanzierung desErwerbs durch die Klägerin im Strukturvertrieb vorsah. DieKlägerin, die in ständiger Geschäftsbeziehung mit der Bau-trägerin und Verkäuferin stand, übernahm zunächst die Fi-nanzierung des Baus des Boarding-House. Sie erklärte sichgegenüber der Vermittlerin bereit, auch die Enderwerber-finanzierung zu übernehmen, als sich keine andere Bankdazu bereitfand und der Absatz der Einheiten über länge-re Zeit nur sehr schleppend verlaufen war. Bei der Anbah-nung der Darlehensverträge bediente sie sich des von derVerkäuferin eingeschalteten Vertriebs. Die Anbahnung derDarlehensverträge erfolgte zusammen mit der der Er-werbsverträge über den Vertrieb der Verkäuferin, ohneunmittelbaren Kontakt der Klägerin mit den Erwerbern.Ausweislich des von der P. GmbH & Co. KG erstellten„Fahrplans zum Notarvertrag” sollten die (Unter-)Ver-mittler sämtliche für die Darlehensvergabe notwendigenUnterlagen, wie etwa die Selbstauskunft und die Einkom-mensnachweise, für die Klägerin einholen. Die P. GmbH &Co. KG erteilte danach die vorläufige Darlehenszusage undreichte die Unterlagen an die Klägerin weiter, die die Dar-lehensverträge vorbereitete, und die Vertragsurkundenan die P. GmbH & Co. KG sandte, die sie über die Ver-mittler an die Kunden zur Unterzeichnung weiterreichte.Auch dem Beklagten wurde die Finanzierung des Kauf-preises entsprechend dem „Fahrplan zum Notarvertrag”von dem eingeschalteten Vermittler angeboten, ohne dasser persönlichen Kontakt mit Mitarbeitern der Klägeringehabt oder von sich aus dort um einen Kredit nachge-sucht hätte. Die Darlehensverträge wurden ihm vom Ver-mittler zur Unterzeichnung vorgelegt.

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52 (5) Im Falle einer Aufklärungspflichtverletzung im darge-legten Sinn wegen eines Wissensvorsprungs hätte die Klä-gerin den Beklagten nach dem Grundsatz der Naturalres-titution (§ 249 Satz 1 BGB a.F.) so zu stellen, wie er ohnedie schuldhafte Aufklärungspflichtverletzung gestandenhätte. Diesen Schadensersatzanspruch könnte der Beklag-te dem Anspruch der Klägerin aus § 3 HWiG a.F. entgegenhalten, wenn die Klägerin nicht den Beweis erbringt, dassder Beklagte das kreditfinanzierte Appartement auch beigehöriger Aufklärung durch die Klägerin erworben hätte(vgl. Senat BGHZ 168, 1, 26 Tz. 61; Senatsurteil vom 17.Oktober 2006 – XI ZR 205/05, WM 2007, 114, 116 Tz.22).

III.

53 Das angefochtene Urteil war daher aufzuheben (§ 562Abs. 1 ZPO). Da die Sache nicht zur Endentscheidung reifist, war sie zur weiteren Sachaufklärung an das Beru-fungsgericht zurückzuverweisen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

54 1. Dieses wird – nachdem die Parteien im Hinblick auf dieModifikation der Rechtsprechung des Bundesgerichts-hofs zur tatsächlichen Vermutung eines aufklärungs-pflichtigen Wissensvorsprungs der finanzierenden BankGelegenheit zum ergänzenden Sachvortrag hatten – die er-forderlichen Feststellungen zu den Voraussetzungen ei-nes möglichen Schadensersatzanspruchs des Beklagten auseinem eigenen Aufklärungsverschulden der Klägerinwegen eines widerlegbar vermuteten Wissensvorsprungsüber eine arglistige Täuschung zu treffen haben.

55 2. Außerdem könnte – wie die Revision geltend macht –ein Schadensersatzanspruch des Beklagten wegen unter-bliebener Widerrufsbelehrung gemäß § 2 Abs. 1 HWiGa.F. in Betracht kommen. Wie der Senat zur Umsetzung derUrteile des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaf-ten vom 25. Oktober 2005 (WM 2005, 2079 ff. – Schulteund WM 2005, 2086 ff. – Crailsheimer Volksbank) in na-tionales Recht entschieden und näher begründet hat(BGHZ 169, 109, 120 Tz. 40 ff.), kann ein Schadensersatz-anspruch wegen unterbliebener Widerrufsbelehrung ge-geben sein, sofern der Darlehensnehmer zum Zeitpunktdes Abschlusses des Darlehensvertrages an den Kaufvertragnoch nicht gebunden war, das Unterlassen der Widerrufs-belehrung auf einem Verschulden der finanzierendenBank – insbesondere einem vom Berufungsgericht festzu-stellenden verschuldeten Rechtsirrtum – beruht und dieSchadensursächlichkeit des Belehrungsverstoßes feststeht(Senat BGHZ 169, 109, 121 f. Tz. 43; Senatsurteile vom24. Oktober 2006 – XI ZR 265/03, Umdruck S. 14 Tz. 30,vom 19. Dezember 2006 – XI ZR 401/03, Umdruck S. 13 f.Tz. 26 und vom 17. April 2007 – XI ZR 130/05, NJOZ2007, 3210, 3213 Tz. 20). Es genügt nicht, dass der Be-klagte bei ordnungsgemäßer Belehrung die Möglichkeitgehabt hätte, mit dem Widerruf der Darlehensverträgeauch Risiken des Anlagegeschäftes zu vermeiden. Der Be-klagte muss vielmehr konkret nachweisen, dass er dieDarlehensverträge bei ordnungsgemäßer Belehrung tat-sächlich widerrufen und die Anlage nicht getätigt hätte.Auf die sogenannte Vermutung aufklärungsrichtigen Ver-haltens kann sich der Beklagte nicht stützen (vgl. SenatBGHZ 169, 109, 121 f. Tz. 43 m.w.Nachw.; Senatsurteilevom 24. Oktober 2006 aaO, vom 19. Dezember 2006 aaOund vom 17. April 2007 aaO). Dies gilt entgegen der An-sicht der Revision auch dann, wenn der mit dem Darle-

hen finanzierte Kaufvertrag nicht wirksam zustande ge-kommen sein sollte. Ohne einen Widerruf war der Be-klagte an den Darlehensvertrag gebunden und zu seinerErfüllung verpflichtet, ohne der Klägerin die Unwirksam-keit des Kaufvertrages entgegenhalten zu können.

AnmerkungVon Priv.-Doz. Dr. Kai-Oliver Knops,* Universität Bremen

Die Entscheidung führt eine durch den Europäischen Ge-richtshof veranlasste Wendung in der Rechtsprechung zur Be-handlung sog. Schrottimmobilienfälle fort.

I. Anstatt konsequent den Überrumpelungsschutz bei Ver-mittlungen an der Hautüre anhand der Richtlinie 85/577/EGund dem Haustürwiderrufsgesetz umzusetzen, hat sich derSenat nun darauf verlegt, Verbrauchern gegenüber Banken inbestimmten, eng umrissenen Fallkonstellationen Beweiser-leichterungen hinsichtlich des Nachweises einer Täuschungdurch die Bank zu gewähren.1 Aus den in dieser Entschei-dung genannten Grundsätzen, Ausnahmen und Ausnahmender Ausnahmen wird deutlich, dass dem Bankrechtsenat eineinheitliches Konzept fehlt, wie Banken ihre Rolle zu definie-ren und zu beschränken haben. Die Mittelverwendung ist Sa-che des Kunden, die Wertbestimmung erfolgt nur zugunstender Bank, aber die Angaben des Vertriebs, des Bauträgers undähnlicher Partner zu den Mieteinnahmen des Erwerbsobjektsetc. sollen zu einer Haftung der Bank führen, das Verschwei-gen exorbitanter Provisionen, die die Rentabilität der Finan-zierung im Verhältnis zum erzielbaren Ertrag von vornehe-rein aufheben, aber nicht. In Zeiten des Allfinanzangebots, dernicht mehr zu steigernden Verquickung von Immobilienver-mittlung und deren Finanzierung durch Banken und ihrerTochterfirmen, ist wenigstens für den Kunden nicht mehr zuerkennen, auf welche Angaben der Bank, des Vertriebs undder übrigen Beteiligten er sich verlassen darf und auf welchenicht. Vertrauen wird so weder in die Finanzprodukte selbstnoch in die rechtsstaatliche Beurteilung des Bank-Kunden-Ver-hältnisses geschaffen. Der Bundesgerichtshof täte gut daran,wie im Kapitalmarktrecht, das Haftungssystem im Kreditbe-reich hin zu einem produkt- und kundenbezogenen Grundsatzzu vereinfachen und damit auch den Unterinstanzen den nö-tigen Spielraum in der Lösung der immer wieder auftreten-den Probleme im Banksektor zu geben.

II. Leider ist mit dieser Entscheidung die Umsetzung der eu-roparechtlichen Vorgaben abermals nicht hinreichend gelun-gen. Nach der Rechtsprechung des EuGH ist der Verbraucher,wenn er bei hinreichender Belehrung durch das Kreditinsti-tut es hätte vermeiden können, sich den Risiken auszusetzen,die mit Kapitalanlagen der im Ausgangsverfahren in Rede ste-henden Art verbunden sind, vor den Folgen der Verwirkli-chung dieser Risiken zu schützen.2 Diese etwas umständlichformulierte, aber in der Sache klare Aussage ist der Kernpunktder Auslegung der Richtlinie 85/577/EG im Hinblick auf dieVorlageverfahren und wird vom Bankrechtssenat für das deut-sche Recht dahin gehend umgesetzt, dass der Kreditnehmerkonkret nachweisen müsse, dass er bei hinreichender Beleh-rung 1. den Darlehensvertrag widerrufen und 2. die Anlage

* Der Autor hat die Verbraucherseite vor dem Europäischen Gerichtshof u. a.zur Rechtssache C-229/04 Crailsheimer Volksbank, VuR 2005, 423 vertreten.

1 Siehe dazu zuletzt ausf. Derleder/Knops/Bamberger-Derleder, Hdb. z. dt. u.europ. Bankrecht, 2. Aufl. 2008, Kap. Immobiliarkreditvertrag Rn. 22 ff., (imErscheinen).

2 EuGH, VuR 2005, 423 Rz. 48 a.E.

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nicht getätigt hatte.3 Beides ist in Deutschland unter Geltungdes HWiG und der Haustürgeschäfterichtlinie weder nötignoch möglich:

1. Der Vertrag ist mangels wirksamer Belehrung gemäß § 1HWiG schwebend unwirksam und bindet ihn nicht. EinWiderruf beseitigt nur den Schwebezustand, nicht aber die vonAnfang an bestehende Unwirksamkeit. Widerruf oder Nicht-Widerruf bei fehlender Belehrung – die Rechtslage ist hin-sichtlich der nicht vorhandenen Vertragsbindung dieselbe.Nun – für den hypothetischen Fall angenommen, er wäreordnungsgemäß belehrt worden – einen Beweis zu verlangen,dass er den Vertrag widerrufen hätte, ist daher unnötig. Diesentspricht der herrschenden Auffassung in Literatur undRechtsprechung.4 Der Bankrechtssenat setzt sich damit nichtauseinander und benennt seine Abweichung von der bisheri-gen Rechtsprechung nicht einmal. Auch das HWiG kenntkein Kausalitäts- und Beweiserfordernis, sondern knüpft dieRechtsfolgen des Unterlassens der Beleherung nur an objekti-ve Tatbestandselemente.

2. Ebenso wie die Haustürgeschäfterichtlinie verlangt auch derEuropäische Gerichtshof keinen Beweis durch den Kreditneh-mer. Es geht lediglich darum, dass der Verbraucher die Aus-setzung des Risikos der Kapitalanlage hätte vermeiden „kön-nen“ (mithin nicht müssen oder sollen) und verlangt damitgerade nicht, dass er nachweist, dies auch getan zu haben,wenn er ordnungsgemäß belehrt worden wäre. Vermeiden„können“ hätte er die Risiken, wenn ihm die Möglichkeitzum Haustürwiderruf gegeben worden wäre, womit die Darle-hensvaluta auch nicht in die marode Kapitalanlage geflossen,sondern bei der Bank verblieben wäre. Die Widerrufsmöglich-keit aber gerade hat ihm die belehrungspflichtige Bank ge-nommen, sodass er nichts mehr beweisen muss, als dass ihmentweder die Möglichkeit zum Widerruf nach dem Vertrags-formular der Bank gänzlich versagt war oder nur unter er-schwerten, von der Richtlinie 85/577/EG nicht gedeckten Be-dingungen.

3. Hinzu kommt noch ein rechtstatsächliches Problem: Wiesoll ein Kreditnehmer überhaupt, erst recht gut 10-15 Jahrespäter beweisen können, dass er unter anderen Umständen an-ders gehandelt hätte, wusste er damals weder, dass ihm einWiderrufsrecht zusteht noch der Vertrag schwebend unwirk-sam ist. Vielmehr haben die beteiligten Banken alles getan, umihn zur Vertragserfüllung zu bringen und ihm nie die Zweifel-haftigkeit ihres Handelns offenbart, geschweige denn überdie Rechtslage Klarheit verschafft. Wer aber seinem Vertrags-partner ein gesetzliches Recht nimmt, kann sich keinesfalls aufdessen Nichtausübung berufen.

4. Schließlich ist der Fall der unterbliebenen Belehrung imGesetz geregelt. Nach § 3 Abs. 2 HWiG haftet der unbelehrteVerbraucher nur für die Sorgfalt in eigenen Angelegenheiten(§ 277 BGB). Auf die Risikovermeidung bezogen wäre dannjedes Handeln oder Unterlassen des nicht belehrten Verbrau-chers bis zur Grenze der groben Fahrlässigkeit gedeckt. Wiebereits mit der analogen Anwendung des § 123 Abs. 2 BGBstellt der Bankrechtsenat mithin eine Hürde auf, die er beiHaustürgeschäften mit der Beweisanforderung an den Ver-braucher unter Geltung der Richtlinie 85/577/EG nicht auf-stellen darf. Eine Klarstellung durch den EuGH ist daher aber-mals angezeigt.

V E R S I C H E R U N G S R E C HT

Änderung und Auslegung von Klauseln in der priva-ten Krankenversicherung

a) Die Frage, ob der Versicherer Änderungen seiner Kran-kenversicherungsbedingungen auf dem Weg des § 178gAbs. 3 VVG wirksam in die bestehenden Verträge einbe-zogen hat, kann in analoger Anwendung von § 1 UKlaGim Verbandsklageverfahren überprüft werden (Aufgabevon Senat, Beschluss vom 16. Oktober 2002 – IV ZR307/01 – VersR 2002, 1498 unter 1 b).

b) Wenn eine Klausel in Allgemeinen Versicherungsbedin-gungen der Krankenversicherung von der Rechtspre-chung in einer dem Verwender ungünstigen Weise aus-gelegt wird, liegt allein deshalb keine Veränderung derVerhältnisse des Gesundheitswesens im Sinne von§ 178g Abs. 3 VVG vor.

BHG, Urt. v. 12.12.2007, Az.: IV ZR 130/06 (OLG Köln, LG Köln)

(ID 40963)

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 5. Zivilsenatsdes Oberlandesgerichts Köln vom 26. April 2006 aufgehoben.

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 26. Zivil-kammer des Landgerichts Köln vom 20. Juli 2005 geändert:

Die Beklagte wird verurteilt, es bei Vermeidung eines für jedenFall der Zuwiderhandlung vom Gericht festzusetzenden Ord-nungsgeldes von bis zu 250.000 B, ersatzweise am Vorstands-vorsitzenden der Beklagten zu vollziehender Ordnungshaftvon bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, sich bei der Regu-lierung von Schadensfällen in der Krankenversicherunggegenüber den Bestandsversicherten auf die nachfolgendgenannten, ab November 2003 an die Versicherungsnehmerverschickten, im Treuhänderverfahren geänderten Versiche-rungsbedingungen und Tarifbestimmungen zu berufen:

Ergänzung zu § 1 Abs. 1a MB/KK 94 („Preisliche Angemes-senheit im Allgemeinen”):

„(Nr. 1) Preisliche AngemessenheitDie Aufwendungen für Heilbehandlungen und sonst verein-barte Leistungen werden – soweit sich aus § 4 MB/KK 94 ein-schließlich der Nummern 9 bis 13 TB nichts anderes ergibt –bis zu angemessenen Beträgen anerkannt.”

Ergänzung zu Nr. 11 Abs. 2 TB („Preisliche Angemessenheitbei Heilmitteln”):

„(Nr. 11) DefinitionenDie Erstattung von Heilmittelkosten richtet sich nach den inder Heilmittelliste genannten Leistungsinhalten und Höchst-sätzen, sofern der Tarif nichts anderes vorsieht.

Ändern sich Leistungsinhalte oder angegebene Höchstsätzebei der als Vergleichsbasis herangezogenen Heilmittelliste desBundes, wird der Versicherer mit Zustimmung des Treuhän-ders die Inhalte und Höchstpreise entsprechend anpassen.

Die neuen Leistungsinhalte bzw. Höchstsätze gelten dann fürBehandlungen, die am 1. des übernächsten Monats nachBenachrichtigung der Versicherungsnehmer oder später

3 Siehe oben BGH, VuR 2008, 143, 149 Rz. 55.4 Siehe Staudinger-Werner, 13. Bearb. 1998, § 2 HWiG Rn. 52 f. m.w.N.

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beginnen, sofern nicht mit Zustimmung des Treuhänders einanderer Zeitpunkt bestimmt ist.”

Ergänzung zu Nr. 11 Abs. 3 TB („Preisliche Angemessenheitbei Hilfsmitteln”):

„(3) Als Hilfsmittel gelten ausschließlich orthopädische Hilfs-mittel, Hör-, Seh- und Sprechhilfen, Herzschrittmacher,Heimdialysegeräte, Krankenfahrstühle jeweils in funktionalerStandard-Ausführung.”

Ergänzung zu § 4 Abs. 4 MB/KK 94 („Angemessene Entgeltebei stationärer Behandlung” als Nr. 12 TB):

„(Nr. 12) Angemessene Entgelte(1) Für Krankenhäuser, die dem Geltungsbereich der Bundes-pflegesatzverordnung bzw. dem Krankenhausentgeltgesetzunterliegen, bestimmt sich die Angemessenheit des Entgeltsdurch die genannten Rechtsgrundlagen in der jeweils gülti-gen Fassung.

(2) Entgelte, die nicht nach Abs. 1 zu berechnen sind, geltenals angemessen, sofern sie die im Vergleich zu den durch dieBundespflegesatzverordnung bzw. das Krankenhausentgelt-gesetz vorgegebenen Entgelte nicht um mehr als 50% über-schreiten.”

Erweiterung und Präzisierung zur preislichen Angemessen-heit als Nrn. 19a und 19b TB zu § 5 Abs. 2 MB/KK 94:

„(Nr. 19a) Berücksichtigung der preislichen AngemessenheitDie Herabsetzungsbefugnis gemäß § 5 Abs. 2 MB/KK 94besteht auch, wenn die Aufwendungen für eine Heilbehand-lung oder eine sonst vereinbarte Leistung die Angemessen-heit gemäß Nr. 1 TB überschreiten. Über die in § 4 MB/KK 94einschließlich der Nummern 9 bis 13 TB vereinbarten Gren-zen hinaus ist die Erstattung ausgeschlossen.

(Nr. 19b) Berücksichtigung der WirtschaftlichkeitDie Herabsetzungsbefugnis gemäß § 5 Abs. 2 MB/KK 94besteht auch dann, wenn bei mehreren zumutbaren Behand-lungsalternativen mit vergleichbarem Therapieerfolg die Auf-wendungen durch die Entscheidung der versicherten Persondie Angemessenheit gemäß Nr. 1 TB überschreiten, sofern derVersicherer nicht vor dem Behandlungsbeginn eine Kosten-übernahme schriftlich zugesagt hat.”

Ergänzung zu Nr. 29 TB (Auslösender Faktor für Beitragsan-passungen):

„(Nr. 29 Überprüfungseinheiten und Anpassungsfaktor)(2) Abweichend von der Regelung des § 8b Abs. 1 Satz 2MB/KK, wonach der Versicherer bei dem in Nr. 29 Abs. 1 TBgenannten vom Hundertsatz die Überprüfung der techni-schen Berechnungsgrundlagen durchzuführen hat, kann derVersicherer unter den übrigen in § 8b Abs. 1 MB/KK genann-ten Voraussetzungen bereits bei einer Abweichung von mehrals 5% die Beiträge des jeweiligen Tarifes anpassen.”

(…)

Sachverhalt:

1 Der Kläger, ein eingetragener Verbraucherschutzverein aufdem Gebiet des Versicherungswesens, verlangt von der Be-klagten, es zu unterlassen, sich gegenüber Bestandsversicher-ten bei der Regulierung von Schadensfällen in der Kranken-versicherung auf eine Vielzahl von ab November 2003eingefügten Ergänzungen ihrer (im Übrigen den Musterbe-dingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustage-

geldversicherung – MBKK 94 – entsprechenden) Versiche-rungs- sowie sich daran anschließender Tarifbedingungen zuberufen. Die Beklagte hatte aus Anlass des Senatsurteils BGHZ154, 154 ff. im Wege eines Treuhänderverfahrens nach § 178gAbs. 3 VVG ihre Erstattungspflicht ausdrücklich von der preis-lichen Angemessenheit der Aufwendungen für Heilbehand-lung und sonst vereinbarten Leistungen abhängig gemacht.Von den Bedingungsänderungen wurden die Versichertenunterrichtet.

2 Der Kläger fordert ferner, die Beklagte zur Auskunft darüber zuverurteilen, welchen Versicherungsnehmern sie die geänder-ten Versicherungsbedingungen zugeschickt habe, die Beklag-te zu verurteilen, die Unwirksamkeit der Ergänzung allen da-von betroffenen Versicherungsnehmern mitzuteilen und demKläger Gelegenheit zur Überprüfung und Sicherstellung zu ge-ben, dass jeder Versicherungsnehmer ein Richtigstellungs-schreiben erhält. Schließlich beantragt der Kläger hilfsweise,die Urteilsformel mit der Bezeichnung der verurteilten Be-klagten auf deren Kosten im Bundesanzeiger veröffentlichenzu dürfen.

3 Landgericht und Berufungsgericht haben die Klage abgewie-sen. Mit der Revision verfolgt der Kläger seine Anträge wei-ter.

Gründe:

4 Die Revision hat überwiegend Erfolg.

5 I. Das Berufungsgericht, dessen Urteil in VersR 2006, 1113veröffentlicht ist, vertritt die Auffassung, für das Begeh-ren des Klägers gebe es im hier vorliegenden Verbands-klageverfahren keine Anspruchsgrundlage. Nach § 1UKlaG könne nur der Inhalt Allgemeiner Geschäftsbe-dingungen geprüft werden, nicht aber die Art ihrer Ein-beziehung. Der Kläger wende sich jedoch nur gegen dieZulässigkeit des hier von der Beklagten durchgeführtenTreuhänderverfahrens gemäß § 178g Abs. 3 VVG. Für ei-ne materiellrechtliche Unwirksamkeit der neuen Klau-seln sei weder ausreichend vorgetragen noch sei diesesonst erkennbar. Für eine analoge Anwendung von § 1UKlaG fehle es sowohl an einer Regelungslücke als auch –wegen der Möglichkeit des Individualrechtsschutzes – aneinem Regelungsbedürfnis. § 2 UKlaG sei nach seinem ein-deutigen Wortlaut nicht einschlägig. Für §§ 3, 8 UWGfehle es an einer Wettbewerbshandlung, da die Beklagtemit den neuen Klauseln lediglich die bestehende Leis-tungspflicht eingeschränkt habe.

6 II. Dem folgt der Senat nicht. Vielmehr kann der Kläger dieFrage, ob der Versicherer Änderungen seiner Krankenver-sicherungsbedingungen auf dem Weg des § 178g Abs. 3VVG wirksam in die bestehenden Verträge einbezogenhat, in analoger Anwendung von § 1 UKlaG im Ver-bandsklageverfahren zur Überprüfung stellen. Soweit derKläger Unterlassung und Veröffentlichung der Urteilsfor-mel beantragt hat, ist die Klage auch begründet.

7 1. a) Nach dem Wortlaut des § 1 UKlaG kann auf Unter-lassung in Anspruch genommen werden, wer in Allge-meinen Geschäftsbedingungen Bestimmungen verwen-det, die nach den §§ 307 bis 309 des BürgerlichenGesetzbuchs unwirksam sind. Die in den §§ 305 ff. BGB ge-regelte Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Be-stimmung wirksam in den Vertrag einbezogen ist, soll mit-

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hin nicht Gegenstand eines Verbandsklageverfahrensnach § 1 UKlaG sein. Der sachliche Grund für diese, schonin der Vorgängervorschrift des § 1 UKlaG, dem § 13 AGBG,zum Ausdruck kommende Begrenzung des Anwendungs-bereichs ist darin zu sehen, dass sich Fragen der Einbezie-hung einschließlich der Frage, ob eine Klausel für denVertragspartner des Verwenders überraschend ist, in allerRegel nur anhand der Einzelumstände beurteilen lassen.Sie sind daher für die abstrakte Klauselkontrolle im Ver-bandsklageverfahren ungeeignet (vgl. Senatsurteile vom25. Juni 1986 – IVa ZR 263/84 – VersR 1986, 908 unter 2a;BGHZ 127, 35, 40; beide m.w.N.).

8 b) Mit § 178g Abs. 3 VVG hat der Gesetzgeber dem Kran-kenversicherer allerdings einen über §§ 305 ff. BGB hin-ausgehenden Weg zur Einbeziehung zusätzlicher oderveränderter Klauseln in die bereits mit den Kunden ver-einbarten Allgemeinen Versicherungsbedingungen mitWirkung für sämtliche Einzelverträge an die Hand gege-ben, denen die geänderten Versicherungsbedingungen zu-grunde lagen. Die Anpassung der bisherigen Bedingun-gen setzt die Zustimmung des davon betroffenenjeweiligen Versicherungsnehmers nicht voraus, sondernwirkt generell. Vorausgesetzt wird nach Satz 1 eine nichtnur vorübergehende Veränderung der Verhältnisse des Ge-sundheitswesens, die eine Anpassung der Bedingungenzur hinreichenden Wahrung der Belange der Versicher-ten erforderlich macht; das ist von einem unabhängigenTreuhänder zu überprüfen. Satz 1 findet entsprechendeAnwendung, wenn eine Bestimmung in den Versiche-rungsbedingungen unwirksam und zur Fortführung desVertrages dessen Ergänzung notwendig ist (Satz 2). Mit-hin spielen Besonderheiten im Zusammenhang mit einembestimmten Einzelvertrag keine Rolle.

9 c) Deshalb trifft die ratio legis für die oben beschriebeneEinschränkung des Anwendungsbereichs von § 1 UKlaGhier nicht zu. Wegen der Beschränkung im Wortlaut die-ser Vorschrift auf die Überprüfung von §§ 307 bis 309BGB kommt eine erweiternde Auslegung allerdings nichtin Betracht. Geboten erscheint aber eine analoge Anwen-dung, jedenfalls wenn es um die Prüfung einer generellenEinbeziehung veränderter Klauseln auf einem Weg, wie erin § 178g Abs. 3 VVG eröffnet wird, in sämtliche Verträgegeht, für die das geänderte Klauselwerk maßgebend ist. Da-mit wird dem Zweck des § 1 UKlaG Rechnung getragen,den Rechtsverkehr von sachlich unangemessenen und un-zulässigen Klauseln und den durch sie tatsächlich oft er-zeugten Scheinbindungen freizuhalten (vgl. BGHZ 100,157, 178; 136, 394, 400). Der Kunde soll durch das Ver-bandsklageverfahren gerade davor geschützt werden, dasser durch den Hinweis auf neue Bedingungen missbräuch-lich davon abgehalten wird, seine sich aus den ursprüng-lich vereinbarten Bedingungen ergebenden Rechte gel-tend zu machen (BGH, Urteil vom 28. April 1983 – VII ZR246/82 – NJW 1983, 1853 unter 2 b a.E.). Soweit der Se-nat im Beschluss vom 16. Oktober 2002 (IV ZR 307/01 –VersR 2002, 1498 unter 1 b) eine andere Auffassung ver-treten hat, hält er daran nicht fest.

10 2. Die von der Beklagten hier im Treuhänderverfahren vor-genommene Änderung ihrer Bedingungen wird den An-forderungen des § 178g Abs. 3 VVG nicht gerecht und istdeshalb unwirksam.

11 a) Das wird bereits aus Satz 2 des § 178g Abs. 3 VVG deut-lich, wonach selbst bei Unwirksamkeit einer der bisherverwendeten Klauseln der Satz 1 lediglich entsprechendeAnwendung findet, aber nur unter der weiteren Voraus-setzung, dass zur Fortführung des Vertrages dessen Ergän-zung notwendig ist. Der Senat hat jedoch in der Ent-scheidung BGHZ 154, 154 ff., die Anlass für das von derBeklagten durchgeführte Treuhänderverfahren war, keineKlausel für unwirksam erklärt. Er hat allerdings die Ausle-gung des Begriffs „medizinisch notwendige Heilbehand-lung” in § 1 Abs. 2 Satz 1 MBKK geklärt und der Ausle-gung des § 5 Abs. 2 MBKK widersprochen, wonach sich diedort getroffene Übermaßregelung auch auf einen im Ver-hältnis zum medizinisch notwendigen Behandlungsum-fang überhöhten Vergütungsansatz des Arztes oder Kran-kenhausträgers erstrecke (BGHZ 154, 154, 166 ff.). Diegeänderte Auslegung einer Klausel steht der Erklärungder Unwirksamkeit aber gerade nicht gleich, bleibt in derEingriffsintensität vielmehr deutlich dahinter zurück.Schon das legt ein Verständnis des § 178g Abs. 3 VVGdahin nahe, dass eine Änderung selbst von für die Be-grenzung der Leistungspflicht des Krankenversicherers be-deutsamen Klauseln von vornherein seinem Anwen-dungsbereich nicht unterfällt.

12 b) Aber selbst wenn man auf die Voraussetzungen der An-passungsbefugnis nach Satz 1 des § 178g Abs. 3 VVG ab-stellt, führt das zu keinem anderen Ergebnis. Dabei be-darf es keiner grundsätzlichen Klärung der Frage, wanneine nicht nur vorübergehende Veränderung der Verhält-nisse des Gesundheitswesens vorliegt und inwieweit sieauch durch Änderungen der rechtlichen Rahmenbedin-gungen bewirkt werden kann. Die Bestimmung des § 178gAbs. 3 VVG betrifft – wie auch die Stellungnahme derBundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht mit Rechtbetont – einen Fall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage,für den eine spezielle Regelung getroffen wird. Vor die-sem Hintergrund gilt aber auch für § 178g Abs. 3 VVG, dasseine erhebliche, die Anpassung geschlossener Verträgerechtfertigende Störung des Äquivalenzverhältnisses nichtvorliegt, soweit Veränderungen in die Risikosphäre einerVertragspartei fallen (vgl. etwa BGH, Urteil vom 21. Sep-tember 2005 – XII ZR 66/03 – NJW 2006, 899 Tz. 30). DieFormulierung von Versicherungsbedingungen durch denVerwender und deren ihm nachteilige Auslegung durchdie höchstrichterliche Rechtsprechung gehören aber, auchwenn die Klausel hier aufgrund der seit längerer Zeit all-gemein aufgegebenen gesetzesähnlichen Auslegung All-gemeiner Versicherungsbedingungen früher anders ver-standen worden ist (BGHZ aaO S. 169), zur Risikosphäreallein des Verwenders. Die richterliche Auslegung bringtlediglich zur Geltung, was nach Treu und Glauben undinsbesondere aus der maßgeblichen Sicht des verständigenVersicherungsnehmers (vgl. BGHZ 123, 83, 85) Inhalt desgeschlossenen Vertrages ist; sie verändert die Verhältnissemithin nicht. Über die danach von § 178g Abs. 3 VVG ge-zogenen Grenzen hinaus kann der Versicherer seine Kran-kenversicherungsbedingungen nicht wirksam zum Nach-teil des Versicherungsnehmers ändern (§ 178o VVG).

13 Davon unberührt bleibt die Befugnis des Versicherers,unter den Voraussetzungen des § 178g Abs. 2 VVG – sosie denn vorliegen – die Prämien neu festzusetzen.

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14 3. Die zur Folgenbeseitigung gestellten Klageanträge sindnicht begründet. Insoweit ist die Klage in den Vorinstan-zen mit Recht abgewiesen worden.

15 a) Auf § 8 i.V. mit § 3 UWG können die Anträge nicht ge-stützt werden. Denn die von der Beklagten gegenüber ih-ren Bestandsversicherten vorgenommene Klauselergän-zung ist keine Wettbewerbshandlung im Sinne von § 2Abs. 1 Nr. 1 UWG. Der Senat hat zu der seinerzeit gelten-den Fassung des UWG in seinem Beschluss vom 16. Ok-tober 2002 (aaO unter 1 a) entschieden, dass ein Schreibendes Versicherers an seine Bestandskunden, das die Erset-zung für unwirksam erklärter Versicherungsbedingungenin der Kapitallebensversicherung betraf, kein Handeln imgeschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs dar-stelle. Vielmehr fehle es an einer auf Außenwirkung imMarkt gerichteten Förderung des Wettbewerbs, wenn esnach einem Vertragsschluss allein noch um die Erfüllungund Durchsetzung individueller vertraglicher Pflichten ge-he. In einem solchen Fall werde nur die Wahrnehmungder im Wettbewerb bereits erlangten Rechtsposition er-strebt, aber nicht die – durch den vorangegangenen Ver-tragsschluss bereits verwirklichte – Förderung des eige-nen Wettbewerbs zulasten von Mitbewerbern.

16 Aus den gleichen Gründen fehlt es auch im vorliegendenFall an einer auf Außenwirkung im Markt gerichtetenWettbewerbshandlung. Die Beklagte hat ihre Leistungs-pflicht im Vergleich zu Mitbewerbern, die die Entschei-dung BGHZ 154, 154 ff. hingenommen haben, einge-schränkt. Darin liegt auch nach der neuen Definition des§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UWG keine Handlung, die mit dem Zielvorgenommen wird, zugunsten des eigenen oder einesfremden Unternehmens den Absatz zu fördern.

17 b) Das Gesetz über Unterlassungsklagen (UKlaG) gewährtüber den Anspruch auf Unterlassung hinaus nur einen An-spruch auf Veröffentlichung (§ 7 UKlaG). Der Bundesge-richtshof hat zu der Vorgängervorschrift des § 13 AGBGentschieden, vom Verwender einer unwirksamen Klauselkönne nicht verlangt werden, dass er bereits abgewickelteVerträge rückabwickle oder den Vertragspartner von sichaus auf die Unangemessenheit der Klausel aufmerksammache; seine Unterlassungspflicht gehe vielmehr lediglichdahin, sich bei der Durchsetzung seiner Rechte nicht aufdie unwirksame Klausel zu berufen, sie also nicht mehrzu verwenden (Urteil vom 11. Februar 1981 – VIII ZR335/79 – NJW 1981, 1511 unter II 2 c cc). WeitergehendeAnsprüche hat das Gesetz über Unterlassungsklagen nichteröffnet.

18 4. Danach bleibt noch über den hilfsweise gestellten An-trag des Klägers zu entscheiden, ihm die Befugnis zur Ver-öffentlichung der Urteilsformel gemäß § 7 UKlaG zuzu-sprechen. Diese Entscheidung steht im Ermessen desGerichts (vgl. BGH, Urteile vom 3. Dezember 1991 – XIZR 77/91 – NJW 1992, 503 unter II 3 e; vom 18. April2007 – VIII ZR 117/06 – NJW-RR 2007, 1286 Tz. 47). Füreine Veröffentlichung spricht hier, dass andere Verwen-der gleichartiger Versicherungsbedingungen gewarnt wer-den. Da der Kläger in Ermangelung eines weitergehendenFolgenbeseitigungsanspruchs nicht kontrollieren kann, obdie Beklagten alle Versicherten, denen sie ihre Klauselän-derungen mitgeteilt hat, auch über deren Unwirksamkeitunterrichtet, bietet dieVeröffentlichungsbefugnis immer-hin ein Hilfsmittel, das neben dem Bekannt werden die-

ses Urteils zur Information der Betroffenen beitragenkann. Mithin war dem Hilfsantrag stattzugeben.

Anmerkung

Von Ass. jur. Florian Overbeck, Hamburg

A. Hintergrund

Entscheidungsgegenstand ist die Frage der Leistungsreduk-tion bei Übermaßvergütungen. In Rechtsprechung und Lite-ratur war nach alter Rechtslage ursprünglich anerkannt, dassder Versicherer keine Kosten zu ersetzen hatte, die im Ver-hältnis zur medizinisch notwendigen Behandlung überhöhtwaren. Die Rechtsprechung leitete diese Leistungsbegrenzungaus § 5 Abs. 2 MB/KK 94 her. In seiner „Alphaklinik-Ent-scheidung“ (Az.: IV ZR 278/01) änderte der Bundesgerichts-hof seine Meinung dahin gehend, dass weder die Auslegungdes § 5 Abs. 2 MB/KK 94 noch des § 1 Abs. 2 MB/KK 94 erge-be, dass Kostengesichtspunkte bei der Beurteilung der medi-zinischen Notwendigkeit eine Rolle spielen. Diese Entschei-dung hatte die Beklagte dazu veranlasst, ihre Bedingungenim Wege des Treuhänderverfahrens nach § 178g Abs. 3 VVGa. F. einseitig so anzupassen, dass erneut finanzielle Gesichts-punkten bei der Leistungsprüfung berücksichtigt werdenkonnten. Gegen dieses Vorgehen wendete sich der Kläger imRahmen eines Verbandsklageverfahrens.

B. Die Entscheidung

Die Entscheidung ist insbesondere im Hinblick auf zweiPunkte bemerkenswert.

1. Analoge Anwendung des § 1 UKlaG

Mit Bejahung der analogen Anwendung des § 1 UKlaG gibtder Senat seine bisher vertretene Auffassung auf, wonach inVerbandsklageverfahren nur der Inhalt von AllgemeinenGeschäftsbedingungen, nicht aber die Art ihrer Einbeziehungkontrolliert werden könne. Dieser Wandel in der höchstrich-terlichen Rechtsprechung führt dazu, dass es auch künftigqualifizierten Einrichtungen im Sinne des Unterlassungskla-gengesetzes unter den genannten Voraussetzungen möglichist, die Einbeziehung von Allgemeinen Geschäftsbedingun-gen einer Prüfung unterziehen zu lassen. Die Bundesrichterbegründen den Wandel ihrer Rechtsprechung richtigerweisemit der ratio legis des § 1 UKlaG. Das dem Urteil zugrundeliegende Verfahren ist mit den klageabweisenden Entschei-dungen der Vorinstanzen ein gutes Beispiel dafür, wie geeig-net Verbandsklageverfahren sein können, wenn es um dieDurchsetzung von Verbraucherrechten geht.

2. Anforderungen an die Änderungsbefugnis des § 178gAbs. 3 VVG

Bei der Wirksamkeitsprüfung der von der Beklagten im Treu-händerverfahren vorgenommen Bedingungsänderung hatder Bundesgerichtshof mit dem Regelungsgehalt des § 178gAbs. 3 VVG a. F. argumentiert. Das Gericht geht zu Rechtdavon aus, dass es sich bei § 178g Abs. 3 VVG a. F. um einenSpezialfall des Wegfalls der Geschäftsgrundlage handelt undeine wirksame Bedingungsänderung demnach auch die Vor-aussetzungen dieses Rechtsgrundsatzes erfüllen muss. Dieshat Bedeutung über die Entscheidung hinaus, da im neuenVersicherungsvertragsgesetz mit § 203 Abs. 3 VVG eine wort-

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R E C H T S P R E C H U N G | Verbraucher inso lvenzrecht

gleiche Regelung getroffen wurde. Auch in Zukunft sind dieKrankenversicherer nach § 203 Abs. 3 VVG zu einer Anpas-sung ihrer allgemeinen Versicherungsbedingungen und Tarif-bestimmungen demnach nur berechtigt, wenn neben deneigentlichen Tatbestandsvoraussetzungen des § 203 Abs. 3VVG eine erhebliche, die Anpassung geschlossener Verträgerechtfertigende Störung des Äquivalenzverhältnisses vorliegt,die nicht nur der Risikosphäre einer Vertragspartei zuzuord-nen ist. Die Bundesrichter weisen zu Recht darauf hin, dassdie Formulierung von Versicherungsbedingungen durch denVersicherer und deren ihm nachteilige Auslegung durch diehöchstrichterliche Rechtsprechung allein der Risikosphäredes Versicherungsunternehmens zuzuordnen sind und mit-hin kein einseitiges Änderungsrecht des Versicherers begrün-den.

C. Praktische Bedeutung

Den von dem Urteil betroffenen Versicherungsnehmern derBeklagten dieses sowie des Parallelverfahrens (Az.: IV ZR144/06), denen eine vollständige Erstattung der Heilbehand-lungskosten unter Hinweis auf einseitig geänderte Versiche-rungsbedingungen versagt wurde, steht nach den Urteilenunter Umständen ein Nachforderungsrecht zu. Zumindest biszur Berufung auf die Einrede der Verjährung steht diesesRecht auch denjenigen Versicherungsnehmern zu, derenAnsprüche vor Ablauf der zweijährigen Verjährungsfrist ent-standen sind, wobei der Verjährungsbeginn entsprechendden Besonderheiten des Einzelfalls bestimmt werden muss.

D. Regelung im neuen VVG

Der Gesetzgeber hat die „Alphaklinik-Entscheidung“ zumAnlass genommen, die Frage der Übermaßvergütung gesetz-lich in § 192 Abs. 2 VVG zu verankern. Die Neuregelung ent-hält gemäß § 208 VVG kein zwingendes Recht. Für sichgenommen bewirkt sie eine inhaltliche Änderung weder beibestehenden Verträgen, noch bei Neuverträgen. Um sich aufdie Leistungsreduktion bei einer Übermaßvergütung berufenzu können, müssen die Versicherer entsprechende Klauselnim Rahmen ihrer Versicherungsbedingungen gesondert ver-einbaren. Art. 2 Nr. 2 EGVVG sieht für Altverträge ab dem 1.Januar 2008 die Möglichkeit der Einbeziehung von u. a. § 192Abs. 2 VVG auch in Altverträge vor.

V E R B R AU C H E R I N S O LV E N Z R E C H T

Keine Ausdehnung der Anwaltsbeiordnung auf denStundungsantrag selbst im Verbraucherinsolvenz-verfahrenBGH, Beschl. v. 17.01.2008, Az.: IX ZB 184/06 (LG Chemnitz, AGChemnitz)

(ID 41013)

Gründe:

I.

1 Der in den Vorinstanzen durch einen Rechtsbeistand ver-tretene Schuldner beantragte die Eröffnung eines Ver-braucherinsolvenzverfahrens, Restschuldbefreiung sowie

Stundung der Verfahrenskosten. Mit der Begründung,den Vordruck für den Insolvenzantrag nicht allein ausfül-len zu können, hat er insoweit um die Gewährung vonProzesskostenhilfe nachgesucht. Das Amtsgericht hat die-sen Antrag abgelehnt. Die hiergegen gerichtete sofortigeBeschwerde des Schuldners ist erfolglos geblieben. Gegendiese Entscheidung wendet sich der Schuldner mit seinerzugelassenen Rechtsbeschwerde.

II.

2 Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 ZPO statthafte Rechts-beschwerde ist auch im Übrigen zulässig. Sie ist jedoch un-begründet. Für die begehrte Bewilligung von Prozesskos-tenhilfe und Beiordnung eines Rechtsanwalts zurMitwirkung an den das Verbraucherinsolvenzverfahreneinleitenden Anträgen (§ 4a Abs. 2, § 305 InsO; §§ 119, 121ZPO) besteht keine rechtliche Grundlage.

3 1. Die von dem Schuldner begehrte Ausdehnung der An-waltsbeiordnung gemäß § 4a Abs. 2 InsO – entgegen demWortlaut der Vorschrift – auf die Antragstellung selbstkommt nicht in Betracht. Der Bundesgerichtshof hat be-reits wiederholt entschieden, dass die Beiordnung einesRechtsanwalts nach § 4a Abs. 2 InsO die Stundung der Ver-fahrenskosten voraussetzt, vor einer Stundung also nichtmöglich ist (BGH, Beschl.v. 24. Juli 2003 – IX ZA 12/03,NZI 2003, 647, 648; v. 22. März 2007 – IX ZB 94/06, WM2007, 1035). Hieran hält der Senat fest.

4 2. Die Gewährung von Prozesskostenhilfe nebst Anwalts-beiordnung nach § 4 InsO in Verbindung mit § 114 ffZPO scheidet ebenfalls aus. Für das Stundungsverfahrenselbst kann der Schuldner grundsätzlich nicht die Beiord-nung eines Rechtsanwalts verlangen (BGH, Beschl.v. 24.Juli 2003 – IX ZB 539/02, NJW 2003, 2910, 2911 [inso-weit in BGHZ 156, 92 nicht abgedruckt]); die Stundungs-regelung des § 4a InsO ist in diesem Verfahrensabschnittvorrangig und abschließend (BGH, Beschl.v. 22. März2007 aaO). Entgegen der Auffassung des Schuldners ist esihm durchaus zuzumuten, bei Fragen und Unklarheitenim Zusammenhang mit den von ihm geforderten Anga-ben beim Insolvenzgericht vorstellig zu werden. Kannder Schuldner die Vordrucke trotz der ihm zuteil werden-den gerichtlichen Fürsorge nicht ohne eine weitergehen-de rechtliche Hilfe ausfüllen, betreffen diese Schwierig-keiten das Vorfeld eines Insolvenzeröffnungsverfahrensund nicht das gerichtliche Verfahren selbst. Bei Vorliegender persönlichen Voraussetzungen ist dem Schuldner des-halb zur Vorbereitung eines Eigenantrags Beratungshilfezu gewähren. Weitergehender Bedarf nach einer kosten-freien Hilfe bei der Einreichung eines Insolvenzantragesbesteht nicht (BGH, Beschl.v. 22. März 2007 aaO).

Insolvenzverfahren: Notwendige Entscheidung übereinen Kostenstundungsantrag

Über den Stundungsantrag des Schuldners ist durchBeschluss zu entscheiden; eine konkludente Zurückweisungdes Antrags ist nicht statthaft.

BGH, Beschl. v. 25.10.2007, IX ZB 149/05 (LG Amberg, AGAmberg)

(ID 41014)

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VuR 4/2008 | 155

Verbraucher inso lvenzrecht | R E C H T S P R E C H U N G

Sachverhalt:

Der Schuldner beantragte am 29.10.2002 wegen Überschuldungund Zahlungsunfähigkeit die Eröffnung des Insolvenzverfahrensüber sein Vermögen. Mit Beschluss vom 30.10.2002 bestellte dasInsolvenzgericht Rechtsanwalt W. zum vorläufigen Insolvenzver-walter und beauftragte ihn mit der Erstattung eines Gutachtens.Am 04.11.2002 beantragte der Schuldner, ihm Verfahrenskosten-stundung zu bewilligen. Mit Bericht vom 29.11.2002 legte dervorläufige Insolvenzverwalter sein Gutachten vor und stellte fest,dass das freie Vermögen des Schuldners zur Deckung der Verfah-renskosten ausreiche. Mit Beschluss vom 01.02.2003 eröffnetedas Insolvenzgericht das Insolvenzverfahren über das Vermögendes Schuldners. Nach Ableben des bisherigen Insolvenzverwal-ters W., wurde mit Beschluss vom 15.08.2004 Rechtsanwalt G. alsneuer Insolvenzverwalter bestellt. Mit Schreiben vom 01.10.2004stellte Insolvenzverwalter G. Massearmut gemäß § 207 InsO festund wies darauf hin, der Antrag des Schuldners auf Verfahrens-kostenstundung sei noch nicht beschieden worden. Hierauf hatdas Insolvenzgericht mit Beschluss vom 21.12.2004 den Antragauf Stundung der Verfahrenskosten zurückgewiesen. Auf diehiergegen gerichtete sofortige Beschwerde des Schuldners hat dasLandgericht den Beschluss des Insolvenzgerichts abgeändert unddem Schuldner mit Wirkung ab 04.01.2005 die Stundung derVerfahrenskosten bewilligt, im Übrigen hat es die sofortigeBeschwerde zurückgewiesen. Mit der Rechtsbeschwerde verfolgtder Schuldner seinen Antrag auf Gewährung von Verfahrenskos-tenstundung ab Antragstellung weiter.

Das Landgericht hat ausgeführt, die Zurückweisung des Antragesdes Schuldners vom 04.11. 2002 auf Stundung der Verfahrens-kosten erfolge lediglich zur Klarstellung. Bereits mit Eröffnungs-beschluss vom 01.02.2003 habe das Insolvenzgericht festgestellt,dass das freie Vermögen des Schuldners zur Deckung der Verfah-renskosten ausreiche. Auch ohne ausdrückliche Entscheidunghabe es die subjektiven Voraussetzungen des § 4a InsO als nichtgegeben angesehen und damit zugleich konkludent den Antragauf Verfahrenskostenstundung zurückgewiesen.

Aus den Gründen:

Diese Ausführungen halten einer rechtlichen Nachprüfungnicht stand.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann bereitsaus Rechtsgründen in dem Eröffnungsbeschluss vom 01.02.2003 keine konkludente Zurückweisung des Antrags aufVerfahrenskostenstundung gesehen werden.

Eine Stundung ist abgelehnt, wenn das Gericht einen ent-sprechenden Antrag des Schuldners zurückgewiesen hat(Kohte in Kohte/Ahrens/Grote, Verfahrenkostenstundung,Restschuldbefreiung und Verbraucherinsolvenzverfahren,InsO 3. Aufl. § 4d Rn. 6). Die Bestimmungen zur Entschei-dung des Gerichts über den Stundungsantrag (§ 4a Abs. 3 Satz4, § 4b Abs. 2, § 4c, § 5 Abs. 2 InsO) setzen erkennbar eineausdrückliche Entscheidung voraus. Gegen die Möglichkeiteiner konkludenten Ablehnung des Stundungsantrags sprichtinsbesondere, dass die Wirkungen der Stundung bereits mitdem Antrag einstweilig eintreten (§ 4a Abs. 3 Satz 3 InsO).Eine konkludente Ablehnung widerspräche nicht nur inBezug auf die Stundungswirkungen, sondern auch mit Blickauf das dem Schuldner eröffnete Rechtsmittel dem Gebot derRechtssicherheit. Dem Schuldner steht nach § 4d Abs. 1 InsOgegen die Ablehnung der Stundung die sofortige Beschwerdezu. Im Diskussionsentwurf des Bundesministeriums der Justizzur Änderung der Insolvenzordnung war ein besonderesRechtsmittel gegen die Versagung der Stundung noch nichtfür erforderlich gehalten worden. Vielmehr wurde es für aus-reichend erachtet, die Ablehnung der Stundung als Vorfrage

im Rahmen von Beschwerden nach § 34 InsO gegen dieAbweisung des Eröffnungsantrags zu prüfen (ZIP 2000, 1688,1689). Im Gesetzesentwurf der Bundesregierung ist die Versa-gung oder Aufhebung der Stundung indessen als ein schwer-wiegender Eingriff in die Rechte des Schuldners angesehenworden, weshalb ihm ein Rechtsmittel eröffnet wurde (BT-Drucks. 14/5680, S. 13, 24). Da die Verfahrenskostenstun-dung für den Schuldner typischerweise von existenziellerBedeutung ist, bedarf sie einer wirksamen gerichtlichen Kon-trolle (Kohte aaO, Rn. 1). Eine konkludente Ablehnung wärehingegen für den Schuldner regelmäßig nicht erkennbar,sodass das Rechtsmittel praktisch leer liefe.

Entgegen der Ansicht des Beschwerdegerichts kann von derEröffnung des Insolvenzverfahrens ohnehin nicht auf dieAblehnung der Stundung geschlossen werden. Im Grundsatzweist das Insolvenzgericht zwar den Antrag auf Eröffnung desInsolvenzverfahrens ab, wenn das Vermögen des Schuldnersvoraussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Ver-fahrens zu decken (§ 26 Abs. 1 Satz 1 InsO). Die Eröffnung desInsolvenzverfahrens bedingt jedoch nicht die Verneinung derStundungsvoraussetzungen. Gemäß § 26 Abs. 1 Satz 2 Fall 2InsO unterbleibt vielmehr die Abweisung, wenn die Kostennach § 4a InsO gestundet werden. Es ist rechtlich möglich,ein Insolvenzverfahren auch ohne Entscheidung über denStundungsantrag zu eröffnen (vgl. AG Hamburg ZIP 2001,2241). Für den Schuldner tritt durch die Verzögerung der Ent-scheidung über seinen Antrag auf Verfahrenskostenstundungkein Nachteil ein, weil die Wirkungen der Stundung einst-weilig bis zur Entscheidung eintreten und lediglich die funk-tionelle Zuständigkeit nach Verfahrenseröffnung gemäß § 3Nr. 2 Buchst. e) RpflG beim Rechtspfleger liegt (Jaeger/Eckardt, InsO § 4a Rn. 56 f).

Ob die Voraussetzungen der Verfahrenkostenstundung auf-grund des Antrages vom 04.11.2002 gegeben sind, hat dasBeschwerdegericht abschließend zu prüfen. Da der Schuldnereinen Antrag auf Restschuldbefreiung gestellt hat und keineVersagungsgründe nach § 290 InsO vorliegen, kommt es fürdie Stundung allein noch darauf an, ob sein Vermögen vor-aussichtlich nicht ausreichen wird, um die Kosten des Insol-venzverfahrens (§ 54 InsO) zu decken. Das Vermögen desSchuldners ist nach Maßgabe der Vorschriften der §§ 35 bis37 InsO über die Insolvenzmasse zu bestimmen (BGHZ 156,92, 94; MünchKomm-InsO/Ganter 2. Aufl., § 4a Rn. 8). DieVerfahrenskosten sind selbst dann zu stunden, wenn derSchuldner unter Berücksichtigung der voraussichtlichenDauer des Bewilligungszeitraums (§ 4a Abs. 3 Satz 2 InsO) diein dem jeweiligen Verfahrensabschnitt anfallenden Kostenim Wege von Ratenzahlungen, nicht aber in einer Einmal-zahlung, aufbringen kann (BGH, Beschl. v. 25. September2003 – IX ZB 459/02, NJW 2003, 3780). Das Landgericht hatohne weitere Begründung die Voraussetzung der Stundungab Eingang des Schreibens des Insolvenzverwalters vom11.10.2004 bejaht. Dies steht allerdings im Widerspruch zumBeschlusstenor, in dem Stundung erst ab dem 04.01.2005bewilligt wird. Auf die im Eröffnungsverfahren zugrundegelegten Werte der Masse kann die noch ausstehendeBescheidung des Stundungsantrages nicht gestützt werden,weil sich diese Beträge als unzutreffend herausgestellt haben.Maßgeblich für die Bescheidung eines Antrages auf Verfah-renskostenstundung sind die Verhältnisse zum Zeitpunkt derEntscheidung; vorausgehende Prognosen können dagegennicht mehr berücksichtigt werden, soweit sie sich als unzu-treffend erwiesen haben.

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AnmerkungVon Prof. Dr. Wolfhard Kohte, Halle/Saale

Als die erste Novellierung der InsO 2001 konzipiert wurde, warursprünglich beabsichtigt worden, einen speziellen Rechtsbe-helf gegen die Ablehnung eines Antrags auf Verfahrenskosten-stundung nicht zuzulassen. Es erschien als ausreichend, wenndie Rechtmäßigkeit der Ablehnung eines Stundungsantrags alsVorfrage im Zusammenhang mit der Eröffnungsentscheidunggeklärt würde. In der Diskussion hat sich dann die Positiondurchgesetzt, dass eine solche Verknüpfung, die vor allem mitdirekter bzw. analoger Anwendung von § 34 InsO erreicht wer-den sollte (dazu ausführlich FK-InsO-Kohte, 4. Aufl. 2005 § 311Rz. 35), nicht sachgerecht ist und das Insolvenzverfahren ver-zögern kann. Die im Gesetzgebungsverfahren vorgenommeneEinfügung von § 4 d InsO ist daher auch ein Beitrag zur effi-zienten Strukturierung des Insolvenzverfahrens.

Ein solcher Rechtsbehelf gegen die Ablehnung der Stundung istgeboten, weil über die Kostenfrage und die Dauer der vorläufi-gen Stundung nach § 4 a Abs. 3 S. 3 InsO möglichst bald Klar-heit bestehen muss, die einer Überprüfung in einem geordne-ten Verfahren standhält oder auf diese Weise erreicht wird. Alsdas Insolvenzgericht 2002 über den Sachverhalt zu entscheidenhatte, fehlte noch die grundlegende Entscheidung desIX. Senats, dass Verfahrenskostenstundung auch dann zu bewil-ligen ist, wenn der Schuldner die Kosten nur in Raten zahlenkann (BGH NJW 2003, 3780). Auch für eine solche Situation isteine sofortige Bewilligung der Verfahrenskostenstundung gebo-ten; bei entsprechender Massehaltigkeit würden die Beträgebereits nach §§ 53, 292 InsO zügig an die Staatskasse fließen.Der Sachverhalt dokumentiert zugleich, dass solche Kosten-schätzungen risikobehaftet sind und trotz anfänglich optimisti-scher Prognose Masseunzulänglichkeit eintreten kann.

Da das Insolvenzgericht von sich aus 2004 eine weitere Ent-scheidung getroffen hatte, war der Senat nicht gehalten, auf diein der Literatur streitige Frage (dazu Jaeger-Eckardt InsO § 4 dRz. 16; HK-InsO-Kirchhof, 4. Aufl. 2006 § 4 d Rz. 5) einzugehen,ob nach dem Vorbild der Prozesskostenhilfe auch im Recht derVerfahrenskostenstundung die fehlende Bescheidung desAntrags einer Ablehnung gleichgestellt werden kann, um aufdiese Weise den Weg in die sofortige Beschwerde zu eröffnen(dazu auch FK-InsO-Kohte § 4 d Rz. 7 m.w.N.). Sicherlich hättein unserem Fall auf diese Weise eine zügige Klärung erfolgen kön-nen, bevor Masseunzulänglichkeit festgestellt werden musste.

Aus meiner Sicht ist von besonderer Bedeutung, dass der Senatdie Notwendigkeit des Rechtsbehelfs auch auf die „exis-tentielle Bedeutung“ der Verfahrenskostenstundung für denSchuldner stützt. Dieser Gesichtspunkt ist auch für die künfti-ge rechtspolitische Diskussion von großer Bedeutung, denn eswäre nicht akzeptabel, wenn ein Antrag auf Restschuldbefrei-ung an finanziellen Mitteln scheitert, weil gerade das Fehlenakuter finanzieller Liquidität eine typische Situationbeschreibt, in der der Antrag auf Restschuldbefreiung gestelltwird und auch gestellt werden soll. Auch wenn in der jetzigenrechtspolitischen Diskussion zutreffend eine Vereinfachungund damit auch Verbilligung des Restschuldbefreiungsverfah-rens angestrebt wird, ist doch weiterhin ernsthaft zu diskutie-ren, dass es Situationen geben kann, in denen das geplanteEntschuldungsverfahren an liquiden Mitteln des Schuldnersscheitern kann. Die Argumentation des Senats spricht dafür,dass für eine solche Situation eine Antragsmöglichkeit undeine Rechtsbehelfsmöglichkeit zur Verfügung zu stellen sind.Der im Bundesrat nur mit knapper Mehrheit gescheiterte

Antrag, der in diese Richtung zielte, wird sicherlich im weite-ren Gesetzgebungsverfahren wieder eingebracht werden. DasBeispiel der Kodifikation des § 4 d InsO zeigt, dass in jedemGesetzgebungsverfahren Verbesserungen möglich sind.

S O N ST I G E S

Unzulässigkeit der Androhung eines „Schufa”-Eintrags bei bestrittener Forderung

Eine Meldung an die SCHUFA darf nur bei vertragswidrigemVerhalten des Schuldners und nur nach Abwägung seinerdadurch betroffenen Interessen erfolgen.

AG Plön, Urt. v. 16.10. 2007, Az.: 2 C 650/07

(ID 40919)

Gründe:(unter Verzicht auf den Tatbestand gemäß § 313 a Abs. 1 ZPO)

Die zulässige Klage hat auch in der Sache Erfolg. Die Klägerinhat einen Anspruch auf die begehrte Unterlassung aus§§ 1004 Abs. 1 analog, 823 Abs. 1 BGB i.V.m. Art. 1, 2 Abs. 1GG, den sie gerichtlich durchsetzen kann.

Nach diesen Vorschriften hat die Beklagte es zumindest der-zeit zu unterlassen, einen negativen „SCHUFA“-Eintrag undeinen Eintrag im „Fraud Prevention Pool“ gegen die Klägerinzu veranlassen, denn dies wäre eine unzulässige Datenüber-mittlung und ein Verstoß gegen den Datenschutz und damitgegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin.

Eine „SCHUFA“-Meldung darf nur bei vertragswidrigem Verhal-ten des Schuldners und nur nach Abwägung der betroffenenInteressen erfolgen. Dies führt in aller Regel und auch hier dazu,dass bestrittene Zahlungsverpflichtungen nicht gemeldet werdendürfen. Die sog. „Schufa“-Meldung stellt einen schweren Eingriffin das Persönlichkeitsrecht des Betroffenen dar; sie kann ihnerheblich schädigen, indem sie seine Kreditwürdigkeit beein-trächtigt und ihm dadurch den Zugang zu vielen Bereichen destäglichen Wirtschaftslebens erschwert oder versperrt. Sie darfdaher nicht erfolgen, wenn ein Anspruchsgegner seine Zah-lungspflicht mit ernst zu nehmenden Argumenten bestreitet.

So liegt der Fall hier. Ob die Klägerin zur fristlosen Kündigung desVertrages berechtigt war und ob für die Zeit nach der Kündigungnoch Zahlungsverpflichtungen bestehen, ist zwischen den Par-teien streitig. Die Frage bedarf hier keiner abschließenden Ent-scheidung; jedenfalls aber sprechen für die Wirksamkeit der frist-losen Kündigung gute Gründe. Vor diesem Hintergrund kommteine „SCHUFA“-Meldung gegen die Klägerin gegenwärtig nichtin Betracht. Ebenso verhält es sich mit einer Meldung an den„Fraud Prevention Pool“. Zwar resultieren aus einem solchen Eintrag keine so schweren Beeinträchtigungen wie aus einem„Schufa“-Eintrag. Auch hierbei handelt es sich jedoch um eineDatenübermittlung zum Nachteil des Betroffenen in der Tele-kommunikationsbranche, die nur zur Wahrnehmung berechtig-ter Interessen zulässig ist, die gegenüber den Interessen desBetroffenen überwiegen müssen. Dies ist hinsichtlich einer mitgewichtigen Argumenten bestrittenen Forderung nicht der Fall.

Die Klägerin musste die Meldungen, deren Unterlassung siebegehrt, seitens der Beklagten auch i.S.d. § 1004 Abs. 1 S. 2BGB befürchten. Sie wurden ihr mit Schreiben vom13. November 2006 ausdrücklich angedroht.

R E C H T S P R E C H U N G | Sonst iges

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VuR 4/2008 | 157

R E C H T S P R E C H U N G S Ü B E R S I C H T

R E C H T S P R E C H U N G S Ü B E R S I C H T

B A N K R E C H T

Einwendungen gegen kreditfinanzierte Immobilien-fondbeteiligung OLG Koblenz, Urteil vom 17.01.2008 – 5 U 831/07 (nicht rechtskräftig)

(ID 40852)

Zur Frage, ob der Gesellschafter eines geschlossenen Immobi-lienfonds dem Darlehensrückzahlungsanspruch der Fonds –Finanzierungsbank Mängel seines Beitritts, Einwendungenaus dem Innenverhältnis der Gesellschaft und Prospektfehlerentgegenhalten kann.

(eingesandt von RiOLG Ernst Weller)

V E R S I C H E R U N G S R E C H T

Pfändbarkeit einer TodesfalllebensversicherungBGH, Beschl. v. 12.12.2007, Az.: VII ZB 47/07

(ID 40962)

Ansprüche aus einer nur auf den Todesfall abgeschlossenenLebensversicherung sind, auch wenn die Versicherungssum-me 3.579 Euro übersteigt, nach § 850b Abs.1 Nr.4 ZPOinsoweit pfändbar, als sie sich auf der Grundlage einer die-sen Betrag nicht übersteigenden Versicherungssumme erge-ben.

Ob es sich dabei, wie die Beklagte in der Klageerwiderungerklärt, „um eine Standardinformation“ handelt, vermag derErklärungsempfänger nicht zu erkennen; im Übrigen ist esunerheblich, denn auch bei eine „standardmäßigen“ Andro-hung muss der Empfänger damit rechnen, dass diese sodann– gewissermaßen ebenfalls „standardmäßig“ – die Meldungnach sich zieht. Im Übrigen hat die Beklagte die Androhungmit Schreiben vorn 24. November 2006 ausdrücklich – undnicht standardmäßig, sondern, durch einen individuell aufdas Schreiben des Klägervertreters vom 21. November 2006bezogenen Text – aufrecht erhalten und sogar konkretisiert.Die Formulierung „(...) Die (…) Kreditgefährdung liegt somitim Verantwortungsbereich ihrer Mandantin“ kann der Emp-fänger nur dahin verstehen, dass die Beklagte zur Meldungentschlossen ist, sofern die Forderungen nicht ausgeglichenwerden – und zwar unabhängig von dem Bestreiten.

Die vorgerichtlichen Kosten kann die Klägerin aufgrund ver-tragswidrigen Verhaltens der Beklagten aus §§ 280 Abs. 1Satz 1, 241 Abs. 2, 249 Abs. 1 BGB als Kosten zweckentspre-chender Rechtsverfolgung ersetzt verlangen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO. Die Entschei-dung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708Nr. 11, 711, 713 ZPO.

AnmerkungVon RA Jörg Faustmann, Düsseldorf

Zunehmend befassen sich die Gerichte mit Fragen des Daten-schutzes. Für Aufsehen sorgten beispielsweise die jüngste Ent-scheidung des EuGH (Urt. vom 29.01.2008, Az.: C-275/06) zuder von ihm verneinten Frage, ob der Urheberschutz Mitglied-staaten verpflichtet, Regelungen über Offenlegung personenbe-zogener Daten zur Wahrung zivilrechtlicher Belange zu treffen,und das Urteil des LG Berlin Mitte (K&R 2007, 601), mit demdie Unzulässigkeit einer Speicherung von IP-Adressen der Nut-zer eines Internetportals durch den Betreiber festgestellt wurde.

Das AG Plön hatte sich auf einer ganz anderen Ebene mit derReichweite der Persönlichkeitsrechte zu befassen, nämlich

der Drohung mit einem „Schufa“-Eintrag. Inzwischen ist diesleider regelmäßig zu beobachten, wenn zwischen Vertrags-parteien eine ungeklärte Forderung besteht. Schließlich istbekannt, wie wichtig eine gute „Schufa“-Bewertung für eineVielzahl von Vertragsschlüssen ist bzw. dass negativen Ein-trägen im schlimmsten Fall eine stigmatisierende Wirkungals zahlungsunfähig zukommen kann.

Infolge der in den letzten Jahren signifikant verschlechtertenZahlungsmoral gehören „Schufa“-Anfragen bei einer Reihevon Verträgen zum Standardverfahren. Hatte der Einzelne frü-her möglicherweise nur bei der Eröffnung eines Kontos oderdem Abschluss eines Telefonvertrags Berührung mit der „Schu-fa“, werden inzwischen auch bei Mietverträgen, Ratenverein-barungen und größeren Vertragsabschlüssen Kontrollanfragenvorgenommen. Deshalb verwundert es nicht, dass die Dro-hung, einen „Schufa“-Eintrag vornehmen zu lassen, mitunterwirksamer ist, als die Ankündigung gerichtlicher Schritte. Häu-fig weiß der Betroffene, dass er vor Gericht in einer aussichts-reichen Position wäre – also insofern nichts zu befürchten hat.Das ohnehin viel zu undurchsichtige Verfahren der „Schufa“ist hingegen dafür bekannt, dass es kaum Kontrollen unterliegtund die Löschung selbst offensichtlicher Falscheinträge sehrlange Zeit in Anspruch nehmen kann. Zumeist wird es schonan einer Kenntnis des Betroffenen fehlen.

Insofern ist die Entscheidung des AG Plön zu begrüßen. FürUnternehmen sollte die Möglichkeit eines „Schufa“-Eintragskein standardisiertes Druckmittel, sondern grundsätzlich nurdie Folge sein, wenn der Verbraucher seinen Verpflichtungentatsächlich nicht nachkommt. Anderenfalls wird ein Unwert-urteil vorweggenommen, das die Entschließungsfreiheit desVertragspartners unzulässig beschneidet und so letztlich eineEntscheidungskompetenz suggeriert, die der Judikative zusteht.

Die wünschenswerte Sensibilisierung für datenschutzrechtli-che Belange der Unternehmen muss daher auch das Forde-rungsmanagement erfassen. Versäumen sie eine dementspre-chende Anpassung ihrer Geschäftspraktiken, kann dies nichtnur Verfahren wie das vorliegende hervorrufen, sondernauch Sanktionen nach § 2 UKlaG nach sich ziehen.

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158 | VuR 4/2008

§ 61 VVG grobe Fahrlässigkeit, darkroomOLG Brandenburg, Urt. v. 19.12.2007, Az.: 4 U 64/07

(ID 40965)

Von einer grob fahrlässigen Herbeiführung des Versicherungs-falls im Sinne des § 61 VVG ist auszugehen, wenn der Versi-cherungsnehmer sich mit auffällig sichtbaren und erkennbarwertvollen Schmuckstücken in einen abgeteilten und abge-dunkelten Nebenraum eines Lokals, hier einen sog. darkroom,begibt. Dies gilt insbesondere, wenn es sich in besondererWeise um einen ungeschützten Raum handelt, weil das Lokalnur von sehr wenigen Gästen besucht ist und eine Bedienungder Gäste an ihrem Platz nicht stattgefunden hat.

(Leitsatz der Redaktion)

Zur Haftung des Versicherers nach Ablehnung desAntrags auf Abschluss einer Berufsunfähigkeits-versicherungOLG Karlsruhe, Urt. v. 18.12.2007, Az.:12 U 117/07

(ID 40964)

Ein Versicherer, der den Antrag auf Abschluss einer privatenBerufsunfähigkeitsversicherung wegen einer Behinderungdes Antragstellers abgelehnt hat, haftet nicht nach § 826BGB, wenn später beim Antragsteller eine Berufsunfähig-keit eintritt, die nicht durch seine Behinderung verursachtist.

Gezahlte Prämien einer Lebensversicherung sindGegenstand der Schenkung beim Pflichtteils-ergänzungsanspruchOLG Stuttgart, Urt. v. 13.12.2007, Az.: 19 U 140/07

(ID 40966)

Bei einer Lebensversicherung zu Gunsten eines Dritten sind im Rahmen der Pflichtteilsergänzung nicht die Versi-cherungssumme, sondern die gezahlten Prämien als Gegen-stand der Schenkung anzusehen; dem steht nicht entgegen,dass bei der Anfechtung unentgeltlicher Leistungen nach derInsO etwas anderes gilt (Abgrenzung zu BGHZ 156, 360).

Krankentagegeldversicherung – Zur Beendigung desVersicherungsverhältnisses bei BerufsunfähigkeitLG Köln, Entsch. v. 23.1.2008, Az.: 23 O 30/07

(ID 40967)

Eine Klausel in AVB (Krankentagegeldversicherung), nach derdas Versicherungsverhältnis mit „Bezug einer Berufsunfähig-

keitsrente” endet, lässt sich nicht dahin gehend auslegen,dass die Bestimmung nur bei tatsächlich gegebener Berufsun-fähigkeit anwendbar sein soll.

S O N ST I G E S

Verjährungsneubeginn bei mehreren Forderungenund Abschlagszahlungen ohne konkrete Zuordnung

OLG Koblenz, Beschl. v. 16.01.2008, Az.: 5 U 1029/07

(ID 40945)

1. Für einen Neubeginn der Verjährung genügt jedes auchrein tatsächliche Verhalten des Schuldners gegenüber demGläubiger, aus dem sich das Bewusstsein vom Bestehen desAnspruchs – zumindest dem Grunde nach – ergibt und dassdeswegen das Vertrauen des Gläubigers begründet, dass sichder Schuldner nicht nach Fristablauf auf Verjährung berufenwird.

2. Macht der Gläubiger mehrerer offener Forderungen dieBelieferung mit Neuware davon abhängig, dass der Schuld-ner zu jeder neuen Rechnung auch einen Abschlag auf diealten Verbindlichkeiten leistet, führen diese Abschlagszah-lungen nicht zu einem sämtliche Altforderungen erfassen-den Neubeginn der Verjährung. Mangels Tilgungsbestim-mung des Schuldners sind die Abschlagszahlungen nachMaßgabe des § 366 Abs. 2 BGB den Altverbindlichkeitenzuzuordnen.

(eingesandt von RiOLG Ernst Weller)

Streitwert einer einstweiligen Verfügung gegen dieSperre weiterer Gaslieferung

OLG Koblenz, Beschl. v. 4.07.2007, Az.: 5 W 503/07

(ID 40947)

Der Streitwert einer einstweiligen Verfügung, durch die derGaskunde das Versorgungsunternehmen daran hindern will,die weitere Energieversorgung einzustellen, richtet sich nichtnach dem Wert künftiger Gaslieferungen, sondern nach demUmfang der Beeinträchtigung, die dem Antragsteller im Falleder Sperre droht. Erfordert sie den Einbau einer anderen Hei-zungsanlage, kann auf deren Kosten abgestellt werden.Wegen des vorläufigen Charakters der erstrebten Regelung istein Abschlag von 2/3 vorzunehmen.

(eingesandt von RiOLG Ernst Weller)

R E C H T S P R E C H U N G S Ü B E R S I C H T

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VuR 4/2008 | 159

B U C H B E S P R E C H U N G

Kröger, Detlef / Hofmann, Dirk (Hrsg.):Rechts-Handbuch zum E-GovernmentOtto Schmidt-Verlag, Köln 2005, 392 S.

I. Das von Detlef Kröger und Dirk Hoffmann her-ausgegebene Rechtshandbuch verfolgt, aus-weislich seines Vorworts das Ziel, „als Einfüh-rung, als Nachschlagewerk in Fallfragen und alsQuelle für weiterführende Literatur“ zu dienen.Das Handbuch richtet sich an Angehörige desÖffentlichen Dienstes sowie an Unternehmenund Organisationen, die mit der Verwaltung zu-sammenarbeiten, sowie an den interessiertenBürger. Bei den insgesamt vierzehn Autorenhandelt es sich um „Experten mit praktischer Er-fahrung in der Verwaltungsarbeit und E-Go-vernment-Projekten“ (vgl. das Vorwort auf S. V).Die Notwendigkeit einer tieferen wissenschaft-lichen Durchdringung und insbesondere einerstärkeren wechselseitigen Berücksichtigung vonTheoretikern und Praktikern auf dem Gebiet des„e-law“ bzw. „IT-Law“ – um die rechtsrelevan-ten Bereiche von „e-business“, „e-government“und (zuletzt) „e-justice“ zusammenzufassen –folgt daraus, dass diese Querschnittsdisziplinlängst nicht mehr zu den Randgebieten derRechtsanwendungspraxis zählt. Dies korrespon-diert einerseits mit der erheblichen wirtschaft-lichen Bedeutung von „IT“, andererseits stelltdie Entwicklung hin zur elektronischen Abwik-klung von Geschäftsprozessen „einen Umbruchdar, dem sich Menschen innerhalb und außer-halb der Verwaltung in kürzester Zeit anpassenmüssen“, wie die Herausgeber im Vorwort her-vorheben.

II. Das Buch unterteilt sich im Wesentlichen invier größere Abschnitte (Teile 1-4: „Informa-tion“, „Kommunikation“, „Transaktion“, „Orga-nisation“), die nicht nur hier Generalthemen desIT-Law darstellen, sondern auch als solche in denjeweiligen Fachdiskussionen erkannt und the-matisiert werden (vgl. zu den Aspekten der „In-formation“ und Kommunikation“ unter demAspekt der „e-justice“ z.B. N. Fischer, KritV 2006,43 ff., 62 ff. m.w.N.). Diesen Generalthemensind im Handbuch wiederum unterschiedlicheEinzelbeiträge verschiedener Autoren zugeord-net. So behandelt Mitherausgeber Kröger im 1.Teil – „Information“ – den „Zugang zu Informa-tionen“ unter dem Aspekt der „Transparenz inder Verwaltung durch E-Government“ sowie an-schließend das „Domainrecht für Kommunenund Verwaltung“, wobei er auch auf das (be-sonders derzeit sehr aktuelle) Problem des Na-mensschutzes (vgl. § 12 BGB) von Kommunenund Behörden eingeht (siehe S. 24 ff. m.w.N.,insb. der Rechtsprechung). Unter dem Topos„Kommunikation“ befasst sich MitherausgeberHoffmann (im 2. Teil) mit arbeitsrechtlichenAspekten der Nutzung von E-Mail und Internet,anschließend mit „Empfehlungen zur Regelungelektronischer Kommunikation“, was auch denvieldiskutierten Aspekt „E-Mail-Etikette“ um-fasst. Dem – dank der elektronischen Steuerer-klärung namens ELSTER (vgl. zur elektronischenFinanzakte § 87a AO) boomenden – Spezialthe-ma der elektronischen Kommunikation mit denFinanzbehörden widmet sich Nöcker (leider mit

zu wenig Verweisen auf die umfangreiche Spe-zialliteratur, vgl. S. 73). Anschließend folgt einBeitrag der Frankfurter Koautoren Fritsch undRannenberg zum „Mobile Government: Voraus-setzungen und Anwendungen“. Unter dem an-schließenden Generalthema „Transaktion“ fin-det sich zunächst ein Beitrag zum „Elektroni-schen Verwaltungsverfahren“ von Eifert/Püschel– einschließlich des wichtigen Themas „Elektro-nischer Verwaltungsakt“ (vgl. insbesondere § 3aVwVfG; s.a. Roßnagel, NJW 2003, S. 469 ff.m.w.N.) –, bevor Kröger „Elektronische Signatu-ren und Verwaltungsverfahren“ (auf S. 135-159)thematisiert und – darauf folgend – Hoffmannsich dem Spezialthema „E-Government in derSozialverwaltung“ (vgl. zu der diesbezüglichen„elektronischen Kommunikation“ nur § 36a SGBI) zuwendet. Daran schließt sich ein Beitrag vonHanken zum „E-Procurement in der öffentlichenVerwaltung“ an, der die für die öffentliche Handsehr wichtige Frage der Vergabe und Beschaf-fung von Gütern und Dienstleistungen unterNutzung elektronischer Mittel behandelt. Vonzentraler Bedeutung für den Bürger und Ver-braucher ist der „Zahlungsverkehr“, dessenelektronischen Bezügen sich Gramlich annimmt,man denke nur an die Stichworte „E-Money“oder „Electronic Payment Systems“. Unter demvierten und letzten Generalthema „Organisa-tion“ finden sich Handbuchbeiträge von Müller-Terpitz zu „Verantwortlichkeit und Haftung“,von dem Team Kröger/Hanken zu „Interkommu-naler Kooperation im E-Government“, zur „Auf-gabenverlagerung beim E-Government mittelsPublic Private Partnership oder IT-Outsourcing“von Moos sowie zu dem komplexen Thema „Da-tenschutz im E-Government“ (bearbeitet eben-falls von Moos), bevor Fischer-Dieskau mit denrechtlichen Rahmenbedingungen der elektroni-schen Aufbewahrung die Reihe der Beiträge ab-schließt. Das Handbuch selber endet mit einemüberschaubaren Stichwortverzeichnis, währendes – leider – an einem Gesamtliteratur- undQuellenverzeichnis fehlt. Vielmehr finden sich je-weils am Beginn jedes Einzelbeitrages die ein-schlägigen Literaturhinweise. Für kommendeAuflagen sei jedoch ein zusätzliches Gesamtlite-ratur- und Quellenverzeichnis als hilfreich emp-fohlen, gerade weil das Handbuch, in Gestalt ei-ner Beitragssammlung, auch als „Nachschlage-werk in Fallfragen und als Quelle für weiterfüh-rende Literatur“ dienen soll (s.o.).

III. Das Rechtshandbuch greift mit seinen Gene-ral- und Spezialthemen Bereiche auf, die zu denderzeit meist diskutierten Aspekten des „IT-Law“bzw. „e-law“ gehören: Nachdem die IT-Wellenach dem „e-business“, dem „e-government“zuletzt die „e-justice“ (vgl. dazu das „Justizkom-munikationsgesetz“ vom 22.03.2005, BGBl. I S.837, als letzten größeren legislatorischen Akt dere-justice; s.a. Köbler, NJW 2006, S. 2089 ff.) er-reicht hat, stellt sich für den hiervon unmittelbarwie mittelbar betroffenen Bürger die Frage nachder Wahrung seiner Interessen angesichts einerimmer weiter vorangetriebenen „Elektronifizie-rung“ wesentlicher Lebensbereiche. Da die IT-Experten und (Justiz-) Verwaltungsfachleute dieAnwendung der EDV nicht nur am „grünen

Tisch“ planen (vgl. nur Viefhues, CR 2001, 556ff., 563), sondern längst auch in den Praxisbe-trieb der (Justiz-) Verwaltungen überführt ha-ben, wird nicht nur die Frage des „Wie“ bezüg-lich der Handhabung der neuen Informations-und Kommunikationsformen immer wichtiger,sondern auch und gerade die Grundprinzipienrechtsstaatlicher Rechtsanwendung und grund-rechtsgemäßer gesetzlicher Ausgestaltung. Dieszeigen insbesondere die Diskussionsthemen undReferate einschlägiger nationaler Fachtagungen– vgl. neben dem EDV-Gerichtstag z. B. den 4.Kongress des Bayreuther Arbeitskreises für Infor-mationstechnologie, Neue Medien, Recht e.V.am 02./03.07.2004 mit dem Thema „Rechts-konformes eGovernment – eGovernment-kon-formes Recht – Gesetzgebung, Verwaltung undJustiz im Informationszeitalter“ - sowie interna-tionale Kongresse, wie etwa jüngst den XIII.Weltkongress für Prozessrecht der InternationalAssociation of Procedural Law vom 16.-20.09.2007 in Salvador de Bahia / Brasilien. Dortwurde u. a. das Thema „New Trends in Proce-dural Law, Theme 2: Les nouvelles technologiesdans les procès civils/New technologies in civillitigation“ nach Referaten des französischen Ge-neralberichterstatters Emmanuel Jeuland und derdeutschen Nationalberichterstatter intensiv di-skutiert, insbesondere unter dem Aspekt „accessto e-justice“ (vgl. dazu demnächst die Samm-lung der deutschen Nationalberichte zu diesemKongress, herausgegeben von Gilles und Pfeif-fer). Ein gutes Beispiel für die Aktualität und Be-deutung der, letztlich immer noch nicht ange-messen intensiv behandelten, Grundsatzfragenbietet auch die Diskussion um die tragendenrechtsstaatlichen Prinzipien der e-justice, insbe-sondere soweit sie den Zugang zur „elektroni-schen Justiz“ betreffen (vgl. dazu. Fischer, Justiz-Kommunikation, 2004, S. 17 ff. m.w.N.). DieseGrundsatzdiskussion lässt sich mühelos auf die„elektronische Verwaltung“ übertragen, da auchhier in Frage steht, inwiefern dem betroffenenBürger der Zugang zum „elektronischen Ver-waltungsverfahren“ ermöglicht wird. Erfreuli-cherweise greift das Handbuch die damit zu-sammenhängenden Grundsatzfragen jedenfallsansatzweise auf, soweit es bereits im ersten Bei-trag um den „Zugang zu Informationen“ undder „Transparenz in der Verwaltung durch E-Go-vernment“ (S. 1 ff.) geht: Zutreffend stellt Krö-ger (a.a.O., S. 1) fest, dass der Zugang zu Infor-mationen gerade in einer „Informationsgesell-schaft“ eine „der grundlegenden Fragestellun-gen des Informationsrechts“ darstellt, was auchfür die öffentlich-rechtlichen und zivilrechtlichenSchranken der Informationsfreiheit gilt. Trotz ei-nes festzustellenden Booms des Informations-freiheitsrechts mit immer neuen und umfang-reicheren legislatorischen Akten, vgl. zuletzt ins-besondere das „Gesetz zur Regelung des Zu-gangs zu Informationen des Bundes (Informa-tionsfreiheitsgesetz – IFG)“ v. 05.09.2005, BGBl.I S. 2722 (siehe zur Fülle an Rechtsquellen nurdie empfehlenswerte Sammlung Fluck, /Theuer,„Informationsfreiheitsrecht mit Umweltinforma-tions- und Verbraucherinformationsrecht - IF-Richtlinie/UIG-Kommentar, Vorschriften der EU,des Bundes und der Länder, Internationales

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Recht, Rechtsprechung“, Stand: 20. Ergän-zungslieferung vom November 2007), ist dasBemühen um eine transparente Verwaltungnach wie vor aktuell – gerade angesichts der viel-fältigen Möglichkeiten der neuen Medien einer-seits und des (insbesondere gemeinschafts-rechtlich bedingten) Wandels der Informations-bedürfnisse und -rechte andererseits. Geradeweil „Transparenz und Publizität der Entschei-dungsprozesse für eine Demokratie essentiell“sind (so zutreffend Kröger, a.a.O., S. 3; vgl. dazubereits im Jahr 1978 Lohmar, Staatsbürokratie –Das hoheitliche Gewerbe, insb. S. 144 ff.), ist dieEntwicklung der Informationsbedürfnisse vonAbwehrrechten gegen staatlich verlangte Infor-mation (vgl. nur das sog. Volkszählungsurteil desBundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 1983,BVerfGE 65, 1 ff.) zu einem immer stärker nor-mierten „Informationsteilhabe“-Anspruch desBürgers auf „staatliche“ Informationen nach-vollziehbar und angesichts des „Informations-zeitalters“ sachgerecht, da es um die Verteilungstaatlicher Informationsleistungen geht (vgl. zuden Tendenzen im deutschen Recht nur Kröger,

a.a.O., S. 15 ff. m.w.N.). Zudem wird deutlich,dass es heute und künftig immer stärker auchum „Schutz vor privater Datenmacht“ gehenmuss, wenn man die „multipolaren Informa-tionsbeziehungen“ der zivilen Informationsge-sellschaft angemessen berücksichtigt (so diff.Kröger, a.a.O., S. 16).

IV. Insgesamt thematisiert das Rechtshandbuchgemäß seiner Zielsetzung überwiegend die ver-schiedenen (o. g.) und praktisch zweifellos wich-tigen Einzelfragen des E-Government. Damit be-findet sich das Werk in guter Gesellschaft mit ei-nem Großteil der einschlägigen Literatur (gera-de zur e-justice), da derzeit weit mehr über De-tail-, als über Grundsatzfragen des IT-Lawnachgedacht und publiziert wird (vgl. bereits dieKritik in Fischer, Justiz-Kommunikation, 2004,S. 3). Die fehlende grundsätzliche Auseinander-setzung mit den Grundsatzfragen des IT-Law alsQuerschnittsmaterie verschiedener Rechtsge-biete zeigt sich beispielsweise deutlich an demGegensatz der (bei den „Elektronifizierungs“-Re-formen) dominierenden Verfahrens-„Formen“

gegenüber den Inhalten von E-Gerichts- oderVerwaltungsverfahren: Nicht nur im Zuge derJustiz-Elektronifizierung ist eine deutliche Domi-nanz der Form über die Inhalte von Verfahren zuerkennen (s. a., Schulte-Nölke/Schulze-Man-kowski, Europäisches Vertragsrecht im Gemein-schaftsrecht, 2002, S. 181 ff., 182 m.w.N. zurFormalismus-„Renaissance“). Als Fazit bleibt da-her zu vermerken, dass das Rechtshandbuchdurchgehend solide Diskussionsbeiträge zum E-Government in seinen verschiedenen Ausprä-gungen liefert, eine Darstellung der nötigenGrundsatzdiskussion(en) jedoch nur im Ansatzbietet. Jedenfalls hat das Werk die selbstgesetz-te Zielsetzung erfüllt, nämlich „als Einführung,als Nachschlagewerk in Fallfragen und als Quel-le für weiterführende Literatur“ zu dienen (s. o.).Für den Theoretiker und Praktiker des „IT-Law“ist es damit jedenfalls ein Handbuch, das zurGrundausstattung gehört.

Privatdozent Dr. Nikolaj Fischer, J.W. Goethe-Universität Frankfurt a. M.

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I N F O R M AT I O N E N

■ Die französische Verbraucherzeitschrift INCHebdo Nr. 1465 vom 25.02.2008 berichtetüber eine kürzlich in die Wege geleitete Ini-tiative der Europäischen Kommission, mit derMobilfunkgesellschaften aufgefordert wur-den, ihre Roaming-Preise fuer SMS, MMS,E-Mails, Bilder, Videos, etc. umgehend zusenken. Die Mobilfunkunternehmen reali-sierten einen 20 Mal höheren Profit auf demRücken der Roaming-Kunden. Auch solltendie jeweiligen Tarife “in klarer und vergleich-barer Form” veröffentlicht werden, andern-falls würde die Europäische Kommission sieselbst im Internet zugänglich machen. Soll-te sich bis Jahresende nichts getan haben,sieht die Kommission neue Regelungen vor.Diese Offensive erfolgt mehr als sieben Mo-nate nach Inkrafttreten der europäischen Ver-ordnung 717/2007 zu Roaming von Tele-fonanrufen, womit eine tarifliche Obergrenzevorgeschrieben wurde. Die Mobilfunkgesell-schaften hielten sich im Allgemeinen an die-se Verordnung und hätten die Tarife gesenkt.Jedoch bedauere der französische Verbrau-cherverband Association française des utili-sateurs de télécommunications (Afutt), wieauch die Europäische Kommission, dass An-rufe immer noch nach Minuten und nichtnach Sekunden abgerechnet werden wür-den.

■ In der Zeitschrift der belgischen Verbrau-cherschutzorganisation CRIOC, Du Côté desConsommateurs vom 15.02.2008, geht esum eine Klage gegen Dannon, die amerika-nische Tochtergesellschaft von Danone. DieAnklage lautet auf missbräuchliche Wer-bung für biologischen Joghurt, welchersich zu einem übertrieben hohen Preis ver-kaufe und dessen Nutzen für die Gesundheitnicht bewiesen sei. Danone argumentiert,dass die den gesundheitlichen Nutzen desProdukts betreffenden Angaben und die kli-nischen Studien hinreichend begründetseien. Seit einiger Zeit sind Aussagen, die dengesundheitlichen Nutzen von Produkten be-treffen, auf verschiedenen politischen Ebe-nen zum heißen Thema avanciert. Bis heutebesteht das große Problem darin, dass der-artige Behauptungen von den Herstellernaufgestellt würden und die Verbraucher kei-ne objektiven Informationen erhielten. Umhier Abhilfe zu schaffen und Verbrauchernbei ihren Kaufentscheidungen zur Seite zustehen, wurde von CRIOC eine Internetseiteins Leben gerufen. Auf dieser Website wer-den die Gesundheitsangaben hunderter Pro-dukte von für CRIOC tätigen Diätberaternund unabhängigen Experten analysiert.

■ In der monatlich publizierten Zeitschrift In-formationen zum Verbraucherrecht des ös-

terreichischen Vereins für Konsumentenin-formation (VKI) geht es in einem Artikel vom12.02.2008 um eine neue Broschüre desKonsumentenschutzministeriums – ‚Flie-gen ohne Turbulenzen‘ – die über EU-Flug-gastrechte informiert. Sie widmet sich denhäufigsten Problemen und Fragestellungen,die bei Flugreisen auftreten können, ange-fangen bei nützlichen Grundbegriffen, überdie Möglichkeiten bei Überbuchungen, Flug-streichungen und Verspätungen bis zu demFall, dass Gepäck nicht rechtzeitig ankommt,beschädigt wird oder gar verloren geht.Schließlich findet sich auch ein Kapitel zumThema Rechte von Passagieren mit einge-schränkter Mobilität. Eine Verordnung derEuropäischen Union bringt hier Verbesse-rungen für ältere Reisende und Fluggästemit Behinderungen.

Übersetzungen : Doris Luik

V E R B R A U C H E R Z E I T S C H R I F T E N I M A U S L A N D

Die entsprechenden Links auf dieaktuellen Zeitschriften finden Sie imInternet unter www.vur-online.deunter der Rubrik „Verbraucherzeitschrif-ten im Ausland“.

Dieses Handbuch liefert eine praxisgerechte Darstellung aller wesentlichen Rechts-fragen, die sich rund um die Insolvenz stellen – vom Regelinsolvenz-, über das In-solvenzplan-, bis hin zum besonderen Insolvenzverfahren.

Die Reform zur Vereinfachung des Insolvenzverfahrens und das Gesetz zumPfändungsschutz der Altersvorsorge sind berücksichtigt. Eingeflossen sind auchdie Gesetzgebungsvorhaben zur Modernisierung des GmbH-Rechts und zur Be-kämpfung von Missbräuchen (MoMiG) sowie zur Verbraucherinsolvenz undRestschuldbefreiung.

InsolvenzrechtVon Dr. Kathrin Brei und RAin Dr. Britta Bultmann2007, 446 S., brosch., 59,– €, ISBN 978-3-8329-1091-4

Alle wesentlichen Fragen beantwortet.

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VI | VuR 4/2008

„Kunde und Bank - Partner oder Gegner“3. Nationale Konferenz zu Finanzdienst-leistungen, Hamburg 06./07. Juni 2008

Freitag 06.06.2008: Ehemalige HamburgerKaffeebörse, Pickhuben 3 (Speicherstadt)Samstag 07.06.2008: Stiftung weltweite Wis-senschaft, Gästehaus der Univ., Rothen-baumchaussee 34

Die 3. Konferenz im Rahmen der Internatio-nalen Koalition für Verantwortung im Kreditin Deutschland wendet sich an Kredit-,Schuldner- und Kundenberater und will diepraktischen Probleme einer produktiven Kre-ditvergabe diskutieren. Sie soll ein Forumsein für Diskussion und Austausch.

Das Programm:Freitag, 06.06.2008Begrüßung und Einleitung: Prof. Dr. UdoReifner (iff) „Wie sieht die Bank von morgen aus?“ Prof. Dr.Norbert Walter (Deutsche Bank)* Die Kredit-krise – Verbraucherperspektiven aus Amerika“John Taylor (NCRC, Vereinigte Staaten)

Plenum 1:● Kunden – Bankbeziehung: Ende eines Ver-

trauensverhältnisses?Klaus-Friedrich Otto (bank und markt + tech-nik, Moderation)*; N.N. (DSGV)*; TheophilGraband (Teambank); Franz-Josef Nick (Citi-bank); Edda Castellò (VerbraucherzentraleHamburg); Andreas Büchner (VolkswagenFinancial Services); Melanie Bergermann(Wirtschaftswoche)

Parallele Workshops vormittags:Workshop F1: ● Verantwortliche Kreditvergabe in Deutsch-

land – Die Umsetzung der Konsumenten-kreditrichtlinie 2008

Prof. Dr. Peter Derleder (Universität Bremen,Moderation); Manfred Westphal (Verbrau-cherzentrale Bundesverband); Peter Wacket(Bankenfachverband); Tim Sommer (IHVSchuldnerberatung Wilhelmshaven)

Workshop F2: ● Best Practice in finanzieller Allgemeinbil-

dungVolkmar Lübke (Verbraucherinitiative, Mode-ration); Heinz Fronhoffs (Schuldenkoffer Kre-feld)*; Gudrun Wiesner-Wehde (GymnasiumOhmoor)*; Kathrin Wirz (DSGV Schulservi-ce); Prof. Dr. Michael-Burkhard Piorkowsky,(Universität Bonn)*; Insa Thormälen-Hop-good (iff)

Parallele Workshops nachmittags: Workshop F3: ● Finanzierte Kapitalanlagen – Reicht der An-

legerschutz aus? (in Kooperation mit DIAS) Volker Pietsch (Deutsches Institut für Anle-gerschutz, Moderation); RA Eberhard Ahr

(Anwaltsnetzwerk Bremen); RA Dr. Julius F.Reiter (Düsseldorf); RA Manfred Resch (Ber-lin)*;Christa Frank (Bundesverband Invest-ment und Asset Management)*; N.N. (Rich-ter)*

Workshop F4:● Versichern gegen die Krise? Was macht

die Bank, wenn der Kunde nicht mehr zah-len kann?

RA Michael Knobloch (iff, Moderation);Milko Hascher (Creditplus Bank)*; InkenWestphal (Citibank); Thilo Feuchtmann(Teambank); N.N. (Bundesverband Dt. Inkas-so-Unternehmen)*; Jan Willem Boshuizen(Corrente)*; Eva Grunwald (Deutsche Bank)*;Hjördis Christiansen (VerbraucherzentraleHamburg)*

Plenum 2: ● Das Scoring der Banken - angemessene

Risikobewertung oder intransparente undbenachteiligende Kundensegmentierung?

Franz-Christian Pauli (VerbraucherzentraleBundesverband, Moderation); Michael Wil-ken (GP Forschungsgruppe); Thilo Feucht-mann (Teambank); Dr. Thilo Weichert(Datenschutzbeauftragter SH); Franz-JosefNick (Citibank)

Parallel Informationsveranstaltung: ● „Digitale Schuldnerberatung“ Ilona Heit-

mann (AWO Kreisverband Hildesheim-Al-feld)

Plenum 3: ● Verkauf von Krediten Sabina Wolf (Bayerischen Rundfunk, Modera-tion); Dr. Heinz Georg Bamberger (Justizmi-nister Rheinland-Pfalz)*; Horst Arenz (DieLinke, Bundestag)*; PD Dr. Kai-Oliver Knops(Universität Bremen); Dr. Karsten von Köller(LoneStar); Judith Wittig (Deutsche Bank)*;Franz-Christian Pauli (VerbraucherzentraleBundesverband); John Taylor (NCRC); RA Dr.Julius F. Reiter (Düsseldorf)*

Samstag, 07.06.2008Parallele Workshops vormittags:Workshop S1:● Zukunft der SchuldnerberatungWerner Sanio (Schuldnerfachberatungszen-trum Mainz, Moderation); Franziska Matsch-ke (Schuldnerhilfe Köln); Harro Norder(Volkskredietbank Holland)*; Bettina Sobko-wiak (Eibe Rostock)*; Heribert Rollik (AGSBV)*

Workshop S2: ● Ausbildung im Finanzdienstleistungssek-

tor: Retail Finance Banker, Schuldnerbera-ter und Fachanwalt?

PD Dr. Kai-Oliver Knops (Universität Bremen,Moderation); Milko Hascher (Creditplus

Bank)*; Dr. Ulrich Ott (ING DiBa)*; N.N.(HASPA)*; Prof. Dr. Jochen Hoffmann (Uni-versität Hamburg)*; Prof. Heinrich Bockholt(Fachhochschule Koblenz)*; RA Jan-HenningAhrens (Bremen); Prof. Dr. Axel Halfmeier(Frankfurt School of Finance & Manage-ment)

Workshop S3:● Neue Altersvorsorge-Produkte (Reverse

Mortgage etc.) - Entwicklungen auf demdeutschen Markt und europäische Vorbil-der

Dr. Achim Tiffe (iff, Moderation); GunnarLang (ZEW); Andrea Hoffmann (Verbraucher-zentrale Sachsen)*; Axel Vogt (Investitions-bank SH)

Plenum 4:● Einkommensschutz auf dem Girokonto –

Erwartungen an das P-Konto und auslän-dische Erfahrungen mit "Banken für Ar-me“

Prof. Dr. Udo Reifner (iff, Moderation); Dr.Hans Grohs (ASB Schuldnerberatung Linz,Österreich); Boris Marte (Erste Stiftung,Österreich)*; Harro Norder (VolkskredietbankHolland)*; Prof. Dr.Wolfhard Kohte (Univer-sität Halle)*; Frank Kirchner (Citibank); Clau-dia Kurzbuch (BAG SB)*

Abschlussdiskussion* Referenten sind angefragt

Weitere Informationen und Anmeldung:Institut für Finanzdienstleistungen e.V.Rödingsmarkt 31/3320459 HamburgFax: +49 40 30 96 91 22www.iff-hamburg.de/registration_form4_new.php E-Mail: [email protected]

Haftung der Bank bei Immobilien-Kapital-anlagenSamstag, 07. Juni 2008, Frankfurt a.M./Stei-genberger Hotel Frankfurt-City

Anhand praktischer Fälle, insbesondere ausder neueren Rechtsprechung, wird die Bank-enhaftung bei Immobilien-Kapitalanlagendargestellt.

Überblick über Formen der Kapitalanlage inImmobilienDie Rollen der Beteiligten: ● Die Bank als Kreditgeberin, die Mitwirkung

der Bank am Projekt, Rolle des Kapitalan-legers

Haftung und Risiken des Kapitalanlegers: ● Vertragsrisiken bei Immobilienanlagen, Im-

mobilienfonds, Anlagegesellschaften, Leis-tungsfähigkeit des Anlegers

V E R A N S TA LT U N G S H I N W E I S E

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VuR 4/2008 | VII

I N F O R M AT I O N E N

Die Bank als Anlagevermittlerin/Anlagebera-terin:● Anlageberatungs-/Anlagevermittlungsver-

trag, anlagegerechte Produktinformation,anlegergerechte Beratung, angabepflichti-ge Umstände

Die Bank als Treuhänderin:● Prüfungs- und Aufklärungspflichten des

Treuhänders, ● Wahrung allgemeiner Treugeberinteres-

sen, ● finanzielle und steuerliche Treugeberinter-

essen

Die Bank als Kreditgeberin: ● Verbraucherkreditverträge, Gewerbeord-

nung, ● Widerruf von Haustürgeschäften, ● Fehlerhafte Vollmacht, Auszahlung des

Darlehens an Dritte,● Verschulden bei Vertragsschluss (Prüfungs-

pflichten, Aufklärungspflichten)

Zurechnung des Verhaltens Dritter: ● Anfechtung nach § 123 BGB, Anlagever-

mittler als Erfüllungsgehilfe nach § 278BGB,

● Prospekthaftung

Haftungsumfang: ● Kausalität und Beweislast,● Verschulden und Mitverschulden,● Schaden und Vorteilsausgleichung

Weitere Informationen:Matthias Herrfurth Tel.: 0 30/72 61 53-1 24,Fax. 0 30/72 61 53-1 11E-Mail: [email protected]

Kranken- und Unfallversicherung – ausge-wählte ProblemeFreitag, 06.Juni 2008, Hamburg/NovotelHamburg Arena

Die Veranstaltung gibt einen Überblick überdie wesentlichen Änderungen im Bereich derUnfallversicherung und der privaten Kran-kenversicherung durch die zum 01.01.2008in Kraft getretene Reform des Versicherungs-vertragsgesetzes und die in Hinblick auf dieReform neu formulierten Versicherungsbe-dingungen.

Sie informiert darüber hinaus über die aktuel-len Entwicklungen in der Rechtsprechung inden Bereichen der Unfallversicherung, derprivaten Krankheitskostenversicherung undder Krankentagegeldversicherung, unterbesonderer Berücksichtigung der Auslegungvon Versicherungsbedingungen, der eineimmer größere Bedeutung für die Entschei-dung von Rechtsstreiten zukommt.

Weitere Informationen unter:Jenny StegerTel.: 0 30/72 61 53-1 26Fax: 0 30/72 61 53-1 11E-Mail: [email protected]

Lebens- und Berufsunfähigkeitsversiche-rung – ausgewählte ProblemeSamstag, 07. Juni 2008 Hamburg/NovotelHamburg Arena

Aktuelle Urteile und die Kenntnis von Recht-sprechungstendenzen sind für jeden auf dasVersicherungsrecht spezialisierten Anwaltvon entscheidender Bedeutung. Spätestensnachdem die VVG-Reform mit ihren grundle-genden Änderungen Gesetz geworden ist,werden Fragen wie: Was mache ich, wennich aus meinem (alten) Vertrag wieder herauswill? für die Beratungspraxis des auf das Ver-sicherungsrecht spezialisierten Anwalts einemaßgebliche Rolle spielen.

Aus dem Programm:Lebens- und Berufsunfähigkeitsversicherung –welche Veränderungen bringt die VVG-Reform?

Verletzung der vorvertraglichen Anzeige-pflicht, maßgeblicher Zeitraum, Verschulden,Beweislast; Garantiewerte und Mindest-Rück-kaufswerte; Ausschluss- und Verjährungsfrist;Klauselersetzungsverfahren; gesetzlicheRegelung der BUZ; vorläufiger Versiche-rungsschutz

Änderungen aufgrund anderer Gesetze:Informations-, Beratungs-, Dokumentations-und Aufklärungspflichten des Versicherers/Versicherungsvermittlers; Abschluss des Ver-trags über das Internet; Insolvenzsicherungund Rückversicherungsaufsicht

Auswirkungen der Gesetzesänderungen beiVertragsreue des VN

Aktuelle Rechtsprechung zur Lebens- undBerufsunfähigkeitsversicherung

Weitere Informationen unter:Jenny Steger Tel.: 0 30/72 61 53-1 26, Fax: 0 30/72 61 53-1 11E-Mail: [email protected]

10. Düsseldorfer Insolvenztage 2008Donnerstag, 12. bis 13.Juni 2008, Düssel-dorf/Industrieclub, Elberfelder Straße 6,40213 Düsseldorf

Programm:Donnerstag, 12. Juni 2008Aktuelles Anfechtungsrecht – Tendenzen inder Rechtsprechung des BGH

Fortführungsprognose und Finanzierungs-möglichkeiten bei vorliegender gravierenderdoloser Handlung

Das Hochklappen von Tochtergesellschaften– Konzerninsolvenzrechtliche Praxis ohnegesetzliches Netz

Anfechtungsrecht in der Praxis – Taktik,Antragstellung, Darlegungs- und Beweislast

Die Durchsetzung von Haftungs- undAnfechtungsansprüchen gegenüber Beratern(Steuerberater, Wirtschaftsprüfer, Insolvenz-verwalter)

Freitag, 13. Juni 2008Die Haftung des Insolvenzverwalters in derhöchstrichterlichen Rechtsprechung

Arbeitsrechtliche Strategien nach der BenQ-Abwicklung

Existenzvernichtungshaftung – Vermögens-vermischungshaftung – Durchgriffshaftung

§ 93 InsO in der Praxis – Haftungsrealisie-rung: gelöste und offene Fragen

Case-Study BenQ

Weitere Informationen:Monika OlligTel.: 0 30/7 26 15 31 59, Fax: 0 30/72 61 53-1 11E-Mail: [email protected]

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