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64 Guns: heitszustandes bedingen. Bei der gesteigerten Strahlensensibilit~t der in st~ndiger Teilungsunruhe befindlichen Ekzemzellen ist es denkbar, dab es durch die Bestrahlung auf dem Wege der direkten Zellsch~digung im Rahmen der epidermMen Reaktionsvorg~nge zu einer Elimination der am meisten gesch~digten Zellelemente und dadurch zu einer Ge- sundung der Haut kommt. Leider fehlen systematische histologische Untersuchungen fiber die R6ntgenwirkung beim Ekzem noch voll- kommen. Die vereinzelten Untersuchungen, wie die.des Japaners Sato, erlauben kein Urteil. Eine Herabsetzung der allergischen Reaktionsf~higkeit der Haut l~l~t sich, wie der Vortragende experimentell naehgewiesen hat, durch R6ntgenstrahlen nicht erzielen. Die tIautist naeh der tteilung des be- strahlten wie des unbestrahlten Ekzemherdes in gleieher Weise spezifisch fiberempfindlich wie frfiher, und auch systematische Vorbestrahlung des Terrains hat keinen Effolg. ])as gleiche gilt auch, wie der Vortragende festgestellt hat, fiir andere Formen der Allergie, z. B. die Tuberkulin- allergie. Die RSntgenstrahlen wirken nicht desensibilisierend/ M. D. u.H. Ein Eintreten auf weitere Einzelheiten verbietet die Zeit. Unser Wissen fiber biologische Wirkungsvorg~nge bei Haut- krankheiten ist sehr beseheiden. Die Empirie beherrscht vielfach noch v611ig das Feld. Um abet aus dem Dunkel vager Vorstellungen heraus- zutreten, das uns umgibt, miissen wir zu einer systematischen Analyse der Strahlenwirkung unter einfachen, experimentell leicht reproduzier- baren Verh~ltnissen iibergehen und dabei die aus dem Studium der ttautreaktion sich ergebenden Besonderheiten (Frfiheffekt, Sekund~r- und Sp~teffekt) bei der Deutung der Wirkungen im Auge behalten. Die vorl~ufig noch ganz vereinzelten Untersuchungen dieser Art, wie die- jenigen yon Mittermaier, bedeuten einen ersten Anfang in dieser I%ichtung. Vortr~ige zum Referatthema. 4. Herr Guns-Heidelberg: Sber die biologische Wirkung und die Angriffspunkte der tliintgenstrahlen. Aus frfiheren, auch yon anderer Seite wiederholt best~tigten Unter- suchungen geht hervor, da~ die menschliche Itaut durch Beliehtung mit Strahlen der verschiedensten Wellenl~ngen gewisse funktionelle Ver- ~nderungen erleidet. Die einzelnen Schichten der Haut verhalten sieh dabei verschieden beziiglich des AusmaBes. Diese St6rungen treten unmittelbar nach der Belichtung bereits ein und sind nach- weisbar, lunge bevor klinisch irgendeine Ver~nderung an der bestrahlten ttaut auff~llt.

Über die biologische Wirkung und die Angriffspunkte der Röntgenstrahlen

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Page 1: Über die biologische Wirkung und die Angriffspunkte der Röntgenstrahlen

6 4 Guns:

heitszustandes bedingen. Bei der gesteigerten Strahlensensibilit~t der in st~ndiger Teilungsunruhe befindlichen Ekzemzellen ist es denkbar, dab es durch die Bestrahlung auf dem Wege der direkten Zellsch~digung im Rahmen der epidermMen Reaktionsvorg~nge zu einer Elimination der am meisten gesch~digten Zellelemente und dadurch zu einer Ge- sundung der Haut kommt. Leider fehlen systematische histologische Untersuchungen fiber die R6ntgenwirkung beim Ekzem noch voll- kommen. Die vereinzelten Untersuchungen, wie die.des Japaners Sato, erlauben kein Urteil.

Eine Herabsetzung der allergischen Reaktionsf~higkeit der Haut l~l~t sich, wie der Vortragende experimentell naehgewiesen hat, durch R6ntgenstrahlen nicht erzielen. Die t Iau t i s t naeh der tteilung des be- strahlten wie des unbestrahlten Ekzemherdes in gleieher Weise spezifisch fiberempfindlich wie frfiher, und auch systematische Vorbestrahlung des Terrains hat keinen Effolg. ])as gleiche gilt auch, wie der Vortragende festgestellt hat, fiir andere Formen der Allergie, z. B. die Tuberkulin- allergie. Die RSntgenstrahlen wirken nicht desensibilisierend/

M. D. u .H. Ein Eintreten auf weitere Einzelheiten verbietet die Zeit. Unser Wissen fiber biologische Wirkungsvorg~nge bei Haut- krankheiten ist sehr beseheiden. Die Empirie beherrscht vielfach noch v611ig das Feld. Um abet aus dem Dunkel vager Vorstellungen heraus- zutreten, das uns umgibt, miissen wir zu einer systematischen Analyse der Strahlenwirkung unter einfachen, experimentell leicht reproduzier- baren Verh~ltnissen iibergehen und dabei die aus dem Studium der ttautreaktion sich ergebenden Besonderheiten (Frfiheffekt, Sekund~r- und Sp~teffekt) bei der Deutung der Wirkungen im Auge behalten. Die vorl~ufig noch ganz vereinzelten Untersuchungen dieser Art, wie die- jenigen yon Mittermaier, bedeuten einen ersten Anfang in dieser I%ichtung.

Vortr~ige zum Referatthema.

4. Herr Guns-Heidelberg: Sber die biologische Wirkung und die Angriffspunkte der tliintgenstrahlen.

Aus frfiheren, auch yon anderer Seite wiederholt best~tigten Unter- suchungen geht hervor, da~ die menschliche Itaut durch Beliehtung mit Strahlen der verschiedensten Wellenl~ngen gewisse funktionelle Ver- ~nderungen erleidet. Die einzelnen Schichten der Haut verhalten sieh dabei verschieden beziiglich des AusmaBes. Diese St6rungen treten unmittelbar nach der Belichtung bereits ein und sind nach- weisbar, lunge bevor klinisch irgendeine Ver~nderung an der bestrahlten t taut auff~llt.

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{}bet die biologisohe Wirkung und die Angriffspunkte der R6ntgenstrahlen. 65

Nachgewiesen wurden derartige Vergnderungen zungehst duroh ein Verfahren, das yon Gans und Schlossmann in Anlehnung an friihere Untersuohungen yon Newton und Harvey und Bethe bzw. Warburg urspriinglich fiir die Feststellung yon Permeabilitgtsgnderungen im Gewebe angewandt wurde. Im weiteren Verfolg der Methodik hat sioh jedoeh herausgestellt, dub es sieh dabei vielleicht weniger um Fragen vergnderter Permeabilitgt als vielmehr um Differenzen der Wasser- stoffionenkonzentration handelt. Bringt man ngmlich Hautstiiekehen, deren eine Hglfte mit H6hensonne bestrahlt wurde, in eine Neutral- rotlSsung und behandelt sie nachher mit einer sehwaohen Base, so erfolgt der Farbumsehlag an der bestrahlten Hautstelle fast doppelt so sehnell wie an der unbestrahlten. Kehrt man jetzt den Vorgang urn, indem man den in einer sehwachen Base behandelten Gewebs- schnitt nun in eine sehwaehe S~ure bringt, so miiSte, wenn es sich wirklich um Permeabilit~tsi~nderungen handelte, nunmehr auch der zuerst durch das Eindringen der Base gelbgef~rbte Teil sieh rot f~rben. Der Versuch zeigt jedoch, daI~ zun~chst der nichtbestrahlte, also sp~ter ins gelb umschlagende Tell des Schnittes sieh wieder rot f~rbt und dann erst der andere. Diese Feststellung erlaubt den Schlul~, dab es sieh hier nicht um eine Permeabilit~ts~nderung handeln kann.

Es ist jedoch auch gelungen, die p~ in den Gewebszellen mit Indi- katoren naeh der Methode yon SSrensen unmittelbar zu messen, und zwar dutch Verwendung yon den SSrensenschen Farben (Bromkresol- purpur, Bromthymolblau und Phenolrot), indem man kleinste St~ubehen yon ihnen in das Gewebe einbrachte und die beim LSsen auftretende F~rbung beobachtete, sowie mit einer Indikatorenreihe yon bekannten p~ verglich. Es sei dabei darauf hingewiesen, dal~ es sich ja zun~Lehst weniger um die Feststellung absoluter Werte als um Vergleichswerte handelt, wie dies auch bei frtiheren Untersuehungen betont wurde.

Mittels dieser Methode, die auch bereits yon versehiedenen underen Untersuchern angewandt wurde, ergab sich an rSntgenbestrahlten Hautstellen (es wurde sowohl weiehe als mittelharte und harte Strah- lung verwandt, grunds~tzlich immer mit dem gleichen Ergebnis), dal~ bier die PR mehr naeh der sauren Seite hin lag, als in der nor- malen Haut . Rein qualitativ war dies nachweisbar dutch Neutral- rot, wobei die rSntgenbestrahlte Haut bei weitem l~nger die rote Farbe behielt wie die umliegende normale Haut ; eine Beobachtung, die die entsprechenden Angaben Brummers best~tigt. Diese Unter- sehiede zwischen bestrahlter und unbestrahlter Haut lieBen sieh aber aueh mittels der S6rensensehen Indikatoren unmittelbar unter dem Mikroskop verfolgen. Der Farbumsehlag t r i t t dabei zu allererst in den Basalzellen der Epidermis und den Endothelien der Blutgef~f3e der oberen horizontalen Schicht bzw. der Capillaren ein; besonders

Archiv f. Dermato logie u. Syphilis. Bd. 155. (Kongrel~berich~,.) 5

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66 Gans: Uber d. biologische Wirkung u. die Angriffspunkte d. R6ntgenstrahlen.

das NeutrMrot eignet sich fiir die Beobaehtung sehr gut, da der Farb- umsehlag nur langsam eintritt. Diese Feststellung entsprieht grund- s~tzlieh jenen frfiher mit rein morphologisehen Methoden gewonnenen Untersuehungsergebnissen, die Mlerdings zu einem bedeutend sp~teren Zeitpunkt naeh der Bestrahlung erst offenbar wurden (Rost u.a.) . Dies riihrt wohl daher, dag wir eben in der Jmderung der Wasserstoff- ionenkonzentration eine der ersten AuBerungen der Dysfunktion der tierisehen Zellen sehen diirfen.

Andere Ergebnisse erzielt man jedoeh, wenn zwisehen der Be- strahlung und dem Zeitpunkt der Untersuehung ein l~ngerer Abstand liegt. Die gleiehen Versuehungsbedingungen Itihrten bei Anstellung der Reaktionen naeh 2--20 Tagen zu einem beziiglieh der 2~-Versehie- bung entgegengesetzten Ergebnis. Nunmehr lieft sieh ein Aussehlag naeh der alkalisehen Seite feststellen. Dieses Ergebnis steht in Uberein- stimmung mit eigenen friiheren Untersuehungen sowie aueh mit dem Versuehen yon Sharlit und Scheer bzw. Memmesheimer.

Wie ist dieser Gegensatz zu erkl~ren ? Man darf vielleieht annehmen, dab bier nieht mehr die reine R6ntgenwirkung vorliegt, sondern bereits die reaktive Exsudation, die mit einer alkaliseheren geakt ion des Gewebes einhergeht. Qualitativ naehweisbar ist dies dutch den Umsehlag des im sauren Milieu roten, in alkalisehem gelben NeutrMrot nunmehr zun~ehst an den bestrahlten Stellen. Quantitativ Iand sieh mit den oben er- w~hnten Indikatoren eine Versehiebung der 6rtliehen Gewebsreaktion n~ch der Mkalisehen Seite, die bis zu p~ 7,5 sehwankte. Diese Beob- aehtung stimmt grunds~ttzlieh mit der allgemeinen Erfahrung ttberein, daft die sauren Zerfallstoffe im geseh&digten Gewebe dauernd vom Blute her abgepuffert werden, so lange iiberhaupt noeh ein KreislauI und damit ein Stoffweehsel mSglieh ist.

Aus den vorstehenden Untersuchungen geht hervor, daft wit den ersten Angriffspunkt der R6ntgenstrahlen in der mensehlichen Haut in den Basalzellen der Epidermis bzw. den Endothelien der Blutgefiige zu suehen haben. Zeitliehe Untersehiede beziiglieh des Iriiheren Auf- tretens in den einen oder anderen Zellen konnten mit den bisherigen Methoden nieht festgestellt werden.

Es liegt bei dieser Wirkungsweise der g6ntgenstrahlen zun~ehst also eine Beeinflussung der Zell/unlction vor, als deren erste Augerung man die alsbald auftretende pR-Versehiebung zur sauren Seite ansehen darf. Erst im sp~teren Stadium kommt es im Ausgleich der dureh die R6ntgen- strahlen ausgel6sten Gewebssch~digung zur Versehiebung zum alkalisehen.

Die Untersuehungen haben sich bisher notgedrungen, da es sieh nm Untersuehungen am Mensehen handelte, auI l~0ntgenstrahlen- mengen und Qualit~ten bezogen, die ohne Dauerseh~digung blieben; bei anderen Dosen sind such vielleieht andere Ergebnisse zu erwarten.

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Ph. Keller und Rein: Polarisationsmessungen an der Haut usw. 67

Festgestellt wird mit dieser Methodik allerdings aueh nut eine Funktions~nderung des Gewebes. W e n n diese auch au[terordentlich ~riihzeitig wahrnehmbar wird; so ist damit doeh noch nichts ausgesagt fiber den Vorgang, der nun in der Zelle selbst zu der p~-Verschiebung filhrt.

5. Herren Phi l ipp Keller und Rein-Freiburg i. Br. : Polarisations- messungen an der Haut nach ROntgcn- und Ultraviolettlichtbestrahlungen.

Unter Polarisationsmessungen an der Hau t versteht man Messungen des Gleichstromwiderstandes des K6rpers unter best immter Methodik, naehdem man erkannt hat, dal~ der Gleichstromwiderstandodes KSrpers in der Epidermis seinen Sitz hat. Entfernt man z. B. die Epidermis dureh ein Blasenpflaster oder verletzt sic nur durch einen Nadelstich, so sinkt der Gleichstromwiderstand so~ort auf die H6he des Wechsel- stromwiderstandes herab, der etwa blo[~ ein 1/100 1/loo 0 betr~gt und als der wahre Widerstand des K6rpers und der t I au t angesehen werden mu]~. Der h6here Gleichstromwiderstand ist dagegen bedingt durch die sog. Polarisation, d .h. , eine e]ektromotorisehe Gegenkraft, die in der Zelle dem erzeugenden Strom entgegengerichtet entsteht und die nach einer Theorie yon Nernst auf der versehiedenen Durchlassig- keit der Zellmembranen fiir Ionen beruht.

Diese derart unmittelbar mel~bare Durchl~ssigkeit hat sich nun als eine sehr variable und beeinflul~barc Gr61~c gezeigt. I m Rcizungs- zustand wird sic nach Bernstein-H6ber gr61~er.

A n d e r normalen Hau t kennen wir zweierlci Formcn yon Erregungs- zust~nden der Hautpolarisation:

Einmal kommen untcr dem Einflul~ des vegetativen Nervensystems auf psychische oder nerv6se Reize hin reflektorisch an der ganzcn Hautdecke, wenigs~ens iiberall, wo Schweil~driisen sitzen, gleichzeitig kurzdauernde kleinere Abnahmen der Hautpolarisation vo r Diese pl6tzlichen Zunahmen der Membrandurchl~ssigkeit haben ihren Sitz wahrscheinlich in den Schweil~drfisenzellen, gehen abet der eigent- lichen Schweil~produktion voraus. Die genauere Kenntnis dicscr gal- vanischen ]-Iautreflexe, zu denen auch das psychogalvanische Phanomen von Veraguth geh6rt, verdanken wir Gildemeister.

Die zweite Form der reaktiven Polarisations~nderung ~inden wir dagegen in allen Epidermiszellen. Reizt man eine Hautstelle, so wird sofort lediglieh an dieser t tautstelle ffir l~ngere Zeit die Polarisation betr~chtlich herabgesetzt. Als Reiz fiir diese lokale galvanische Realctio~ nach Ebbecke kann eine Beriihrung dicnen, ebenso wirkt aber der Gleich- strom selbst.

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