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Fresenius Zeitschrift fiir Fresenius Z Anal Chem (1989) 335:980-981 Springer-Verlag1989 Trennung, Nachweis und Bestimmung von Benzidin, - und/ -Naphthylamin R. Haas 1, I. Sehreiber 1, M. Losekam 1 und G. Koss 2 1FB Chemic der Philipps-Universit/it Marburg, Hans-Meerwein-Strasse, D-3550 Marburg, Bundesrepublik Deutschland z Beh6rde ffir Arbeit, Gesundheit und Soziales der Freien und Hansestadt Hamburg, Tesdorpfstrasse, D-2000 Hamburg 13, Bundesrepublik Deutschland Separation, detection and determination of benzidine, - and ~-naphthylamine Summary. Three methods (photometry, TLC, HPLC) are proposed for the separation, detection and determination of the cancerogenic compounds benzidine, ~- and/%naphthyl- amine in drinking water. The necessary detection limit of 0.1 ~g/1 has been achieved. Einleitung Bei Routineuntersuchungen von Rohwasser eines Wasser- werkes in Mittelhessen wurden mit einer photometrischen Summenbestimmungsmethode aromatische Amine nachge- wiesen. Seit der Beschreibung des sog. ,,Anilinkrebses" bei Arbeitern in der Anilinfarbenherstellung durch den Frank- furter Arzt Ludwig Rehn im Jahre 1895 wird diesen Substan- zen ein besonders hohes Gef~ihrdungspotential zuerkannt [4]. Untersuchungen am Menschen ergaben, dab Benzidin und /~-Naphthylamin Blasenkrebs ausl6sen [3, 6]. Bei der Zusammenstellung und toxikologischen Bewertung umwelt- relevanter Altstoffe kam ein Beratergremium der Gesell- schaft Deutscher Chemiker kfirzlich zu dem SchluB, dab auch ~-Naphthylamin cancerogen ist [7]. Das Vorkommen dieser Substanzen im Rohwasser, das der Trinkwassergewinnung dient, stellt eine auBerordentlich groBe gesundheitliche Gefahr fiir die Bev61kerung dar. Das Bundesgesundheitsamt empfahl daher, die Anwesenheit die- set Amine auszuschlieBen bzw. im Trinkwasser auf die Nachweisgrenze, die bei 0,1 ~tg/1 liegt, zu begrenzen [5]. Diese Vorgabe zwingt dazu, mittels spezifischer Nachweisverfah- ten diese aromatischen Amine im Wasser zu erfassen. Da dies mit den fiblichen analytischen Verfahren nicht m6glich ist, wurden Methoden zum Nachweis der o.g. aromatischen Amine in Wasserproben entwickelt. Diese werden im folgen- den dargestellt. Offprint requests to." R. Haas Experimentelles Probenaufbereitung 1 1 einer Wasserprobe wird 12 h mit 10 ml n-Hexan extra- hiert. Die n-Hexanphase wird abgetrennt und fiber Natrium- sulfat getrocknet. Die in Blindversuchen mit Standardl6sun- gen ermittelte Wiederfindung betr~igt ffir Benzidin 92%, f/Jr ~-Naphthylamin 88% und ffir/~-Naphthylamin 85%. Photometric Die n-Hexanphase wird auf ca. 100 ~tl eingeengt, in 5 ml Methanol aufgenommen und in einen 25 ml-MeBkolben fiberffihrt. Zu der L6sung werden zur Diazotierung der aromatischen Amine I ml konz. Salzsfiure und 1 ml w/iBrige 0,5%ige Natriumnitritl6sung zugeffigt. Nach einer Re- aktionszeit von 15 min wird das iiberschfissige Nitrit durch Zugabe von 1 ml 5%iger w~iBriger Amidosulfons~iure ausge- trieben. Die Reaktion ist nach ca. einer Stunde abgeschlos- sen, wenn bei kr~iftigem Schfitteln keine Gasentwicklung mehr sichtbar ist. Der MeBkolben wird mit dest. Wasser auf ca. 24 ml aufgeffillt und der Blindwert photometrisch bei einer Mel3wellenl~inge yon 565 nm bestimmt (Spektralpho- tometer Beckmann DU 40). Als Kupplungsreagens wird 1 ml einer 1%igen methanolischen N-(1-Naphthyl)-ethylen- diammoniumdichlorid-L6sung (NEDA) verwandt [2]. Das violett geffirbte Azokupplungsprodukt wird nach einer Stunde im Absorptionsmaximum vermessen. Die Absorp- tion des Farbstoffes bleibt etwa 6 h stabil. Die Absorptions- maxima liegen fiir Benzidin bei 560 nm, fiir ~-Naphthylamin bei 563 nm und ffir fl-Naphthylamin bei 570 rim. Die Nachweisgrenzen liegen ffir Benzidin bei 0,5 ~tg/ 25 ml, fiir ~-Naphthylamin bei 5 ~tg/25 ml und f/Jr fl- Naphthylamin bei 0,7 ~g/25 ml bei Verwendung einer 5 cm- K/ivette. Es wurden Eichkurven im Bereich von 0,5 ~tg/25 ml bis 10 ~tg/25 ml erstellt. Abbildung 1 zeigt die Eichkurve ffir Benzidin, ~- und fl-Naphthylamin. Dfinnschicht-Chromatographie Die dfinnschicht-chromatographische Trennung von Benzidin, ~- und/~-Naphthylamin gelingt zweidimensional auf Kieselgel 60 F254-Platten (Fa. Merck) mit Konzentrie- rungszone 20 • 20 cm. Die abgetrennte n-Hexanphase wird auf 40 ~tl eingeengt und mit einer DC-Auftragepipette auf die DC-Platte fiberffihrt. Als Laufmittel wird in der ersten Dimension Toluol/Methanol 90/10 (A), in der zweiten

Trennung, Nachweis und Bestimmung von Benzidin, α- und β-Naphthylamin

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Fresenius Zeitschrift fiir Fresenius Z Anal Chem (1989) 335:980-981

�9 Springer-Verlag 1989

Trennung, Nachweis und Bestimmung von Benzidin, �9 - und/ -Naphthylamin

R. Haas 1, I. Sehreiber 1, M. Losekam 1 und G. Koss 2

1 FB Chemic der Philipps-Universit/it Marburg, Hans-Meerwein-Strasse, D-3550 Marburg, Bundesrepublik Deutschland z Beh6rde ffir Arbeit, Gesundheit und Soziales der Freien und Hansestadt Hamburg, Tesdorpfstrasse, D-2000 Hamburg 13, Bundesrepublik Deutschland

Separation, detection and determination of benzidine, �9 - and ~-naphthylamine

Summary. Three methods (photometry, TLC, HPLC) are proposed for the separation, detection and determination of the cancerogenic compounds benzidine, ~- and/%naphthyl- amine in drinking water. The necessary detection limit of 0.1 ~g/1 has been achieved.

Einleitung

Bei Routineuntersuchungen von Rohwasser eines Wasser- werkes in Mittelhessen wurden mit einer photometrischen Summenbestimmungsmethode aromatische Amine nachge- wiesen. Seit der Beschreibung des sog. ,,Anilinkrebses" bei Arbeitern in der Anilinfarbenherstellung durch den Frank- furter Arzt Ludwig Rehn im Jahre 1895 wird diesen Substan- zen ein besonders hohes Gef~ihrdungspotential zuerkannt [4].

Untersuchungen am Menschen ergaben, dab Benzidin und /~-Naphthylamin Blasenkrebs ausl6sen [3, 6]. Bei der Zusammenstellung und toxikologischen Bewertung umwelt- relevanter Altstoffe kam ein Beratergremium der Gesell- schaft Deutscher Chemiker kfirzlich zu dem SchluB, dab auch ~-Naphthylamin cancerogen ist [7].

Das Vorkommen dieser Substanzen im Rohwasser, das der Trinkwassergewinnung dient, stellt eine auBerordentlich groBe gesundheitliche Gefahr fiir die Bev61kerung dar. Das Bundesgesundheitsamt empfahl daher, die Anwesenheit die- set Amine auszuschlieBen bzw. im Trinkwasser auf die Nachweisgrenze, die bei 0,1 ~tg/1 liegt, zu begrenzen [5]. Diese Vorgabe zwingt dazu, mittels spezifischer Nachweisverfah- ten diese aromatischen Amine im Wasser zu erfassen. Da dies mit den fiblichen analytischen Verfahren nicht m6glich ist, wurden Methoden zum Nachweis der o.g. aromatischen Amine in Wasserproben entwickelt. Diese werden im folgen- den dargestellt.

Offprint requests to." R. Haas

Experimentelles

Probenaufbereitung

1 1 einer Wasserprobe wird 12 h mit 10 ml n-Hexan extra- hiert. Die n-Hexanphase wird abgetrennt und fiber Natrium- sulfat getrocknet. Die in Blindversuchen mit Standardl6sun- gen ermittelte Wiederfindung betr~igt ffir Benzidin 92%, f/Jr ~-Naphthylamin 88% und ffir/~-Naphthylamin 85%.

Photometric

Die n-Hexanphase wird auf ca. 100 ~tl eingeengt, in 5 ml Methanol aufgenommen und in einen 25 ml-MeBkolben fiberffihrt. Zu der L6sung werden zur Diazotierung der aromatischen Amine I ml konz. Salzsfiure und 1 ml w/iBrige 0,5%ige Natriumnitritl6sung zugeffigt. Nach einer Re- aktionszeit von 15 min wird das iiberschfissige Nitrit durch Zugabe von 1 ml 5%iger w~iBriger Amidosulfons~iure ausge- trieben. Die Reaktion ist nach ca. einer Stunde abgeschlos- sen, wenn bei kr~iftigem Schfitteln keine Gasentwicklung mehr sichtbar ist. Der MeBkolben wird mit dest. Wasser auf ca. 24 ml aufgeffillt und der Blindwert photometrisch bei einer Mel3wellenl~inge yon 565 nm bestimmt (Spektralpho- tometer Beckmann DU 40). Als Kupplungsreagens wird 1 ml einer 1%igen methanolischen N-(1-Naphthyl)-ethylen- diammoniumdichlorid-L6sung (NEDA) verwandt [2]. Das violett geffirbte Azokupplungsprodukt wird nach einer Stunde im Absorptionsmaximum vermessen. Die Absorp- tion des Farbstoffes bleibt etwa 6 h stabil. Die Absorptions- maxima liegen fiir Benzidin bei 560 nm, fiir ~-Naphthylamin bei 563 nm und ffir fl-Naphthylamin bei 570 rim.

Die Nachweisgrenzen liegen ffir Benzidin bei 0,5 ~tg/ 25 ml, fiir ~-Naphthylamin bei 5 ~tg/25 ml und f/Jr fl- Naphthylamin bei 0,7 ~g/25 ml bei Verwendung einer 5 cm- K/ivette. Es wurden Eichkurven im Bereich von 0,5 ~tg/25 ml bis 10 ~tg/25 ml erstellt. Abbildung 1 zeigt die Eichkurve ffir Benzidin, ~- und fl-Naphthylamin.

Dfinnschicht-Chromatographie

Die dfinnschicht-chromatographische Trennung von Benzidin, ~- und/~-Naphthylamin gelingt zweidimensional auf Kieselgel 60 F254-Platten (Fa. Merck) mit Konzentrie- rungszone 20 • 20 cm. Die abgetrennte n-Hexanphase wird auf 40 ~tl eingeengt und mit einer DC-Auftragepipette auf die DC-Platte fiberffihrt. Als Laufmittel wird in der ersten Dimension Toluol/Methanol 90/10 (A), in der zweiten

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Abb. 1. Eichkurven der NEDA-Kupplungsprodukte von Benzidin (1), e-Naphthylamin (3) und/~-Naphthylamin (2)

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Abb. 2. HPLC-Chromatogramm von Benzidin, e-Naphthylamin und/LNaphthylamin

Tabelle 1. Nachweisgrenzen, Farben und Rf-Werte der getrennten Standardsubstanzen

Substanz Nachweis- Farbe Rf(A) Rf(B) grenze (gg)

Benzidin 0,01 blau 0,27 0,07 ~-Naphthylamin 0,02 violett 0,60 0,45 /~-Naphthylamin 0,01 violett 0,54 0,39

Dimension Dibutylether/n-Hexan/Eisessig/Methano178/16/ 4/2 (B) eingesetzt. Die Laufstrecke betrfigt in beiden Dimensionen 15 cm. Nach Entwicklung wird die DC-Platte getrocknet und zur Diazotierung der aromatischen Amine 5 rain in einem DC-Entwicklungstank, der mit nitrosen Gasen gesfittigt ist, gestellt. Anhaftende nitrose Gase werden im Warmluftstrom eines F6ns entfernt. Die diazotierten aromatischen Amine werden durch Besprfihen der Platte mit einer l%igen methanolischen NEDA-L6sung gekuppelt [1, 2]. Benzidin erscheint als blauer Fleck, e- und ]~- Naphthylamin ergeben violette Flecke.

In Tabelle 1 sind die Nachweisgrenzen, Farben der Kupplungsprodukte und Rf-Werte zusammengefagt.

Diskussion

Die angewandte Azokupplungsreaktion ffir die Photometrie ist eine Summenbestimmungsmethode, die in der Routine- analytik zur Untersuchung yon Wasserproben auf spreng- stoffspezifische Rfickstfinde eingesetzt wird [1, 2]. Mit ihr werden aromatische Amine erfagt, wobei die molaren Ex- tinktionskoeffizienten substanzabhfingig sind und fiber einen weiten Bereich differieren.

Der yore Bundesgesundheitsamt geforderte Trinkwas- ser-Grenzwert yon 0,1 ~tg/1 [5] ist ffir Benzidin, ~- und fl- Naphthylamin nur bei Einsatz unverhfiltnismfiBig groBer Wassermengen zu erreichen.

Wie aus den Ergebnissen hervorgeht, kann der gefor- derte Grenzwert mit Dfinnschicht-Chromatographie und HPLC erreicht bzw. erheblich unterschritten werden, wobei die Dfinnschicht-Chromatographie als halbquantitative Me- thode um einen Faktor 1,5 bis 10 empfindlicher als die HPLC ist. Fiir den Einsatz in der Routineanalytik wird zur Absicherung der Ergebnisse eine Doppelbestimmung mit Dfinnschicht-Chromatographie und HPLC vorgeschlagen. Bei einem qualitativen Nachweis der Substanzen sollte die quantitative Bestimmung mit HPLC vorgenommen werden.

Hochdruckfli~ssigkeits-Chromatographie ( HPLC)

Die abgetrennte n-Hexanphase wird auf 40 ~tl eingeengt. Die HPLC-Trennung von Benzidin, e- und/~-Naphthylamin gelingt mit einer Kieselgels/iule (Bondapack RP-Kartusche Si 8 mm, Fa. Waters), als Fliegmittel dient n-Heptan/ Ethylacetat/Chloroform/Methano160/25/12,5/2,5 bei einem Durchflugdruck von 1 ml/min. Die Detektion erfolgt mit einem UV-Detektor bei einer Megwellenl/inge von 340 nm (HPLC Fa. Waters, Mod. 440).

Die Nachweisgrenzen liegen ffir Benzidin bei 0,1 gg/ 40 ~tl, f/ir ~-Naphthylamin bei 0,03 gg/40 ~tl und ffir/~-Naph- thylamin bei 0,05 gg/40 ~tl. Die Retentionszeiten betragen ffir e-Naphthylamin 3,86 min, ftir/~-Naphthylamin 4,17 min und fiir Benzidin 8,16 min. Abbildung 2 zeigt das HPLC- Chromatogramm der getrennten Substanzen.

Literatur

1. Haas R (1985) Forum Stfidte-Hyg 35:86-89 2. Haas R, v L6w E (1986) Forum Stfidte-Hyg 36:33-43 3. Hueper WC (1969) Occupational and environmental cancers of

urinary system. Yale University Press, New Haven 4. Rehn L (1895) Arch Klin Chir 50:588-600 5. Schreiben des Bundesgesundheitsamtes v. 31.3.80 betr. Grenz-

werte yon cancerogenen Trinkwasserinhaltsstoffen und Risi- koabschfitzung bei der Trinkwassergewinnung im Gebiet der Trihalde Stadtallendorf

6. Scott TS (1962) Carcinogenic and chronic toxic hazards of aro- matic amines. Elsevier, Amsterdam

7. Umweltrelevante ARe Stoffe (1986) Beratergremium ffir umwelt- relevante Altstoffe (BUA) der Ges Dtsch Chemiker (Hrsg) Verlag Chemie, Weinheim New York

Eingegangen am 1. Juli 1989