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Operative Therapie Indikationen und Kontraindikationen zur konservativen vs. operativen Therapie Die Indikation zum operativen Verschluss ist von vielen Parametern abhängig. Es gibt hierzu vitale, absolute und relative Indikationen (Tab. 1). Abhängig von der Ausdeh- nung eines Dekubitus sollte primär ein konservativer Therapieversuch unternommen werden. Die konservative Therapie ist den Stadien I und II (nach Seiler) vorbehal- ten. Alle höhergradigen Ulzerationen sollten plastisch- chirurgischen Lösungen zugeführt werden. Konservativ können diese in der Regel nur schwer bzw. kaum zum Verschluss gebracht werden. Meist bildet sich ein insta- biles Narbenfeld, aus dem sich oft erneute Ulzerationen bilden, da sie den erneuten Druckbelastungen auf Dauer nicht standhalten. Trotzdem sollte die operative Indika- tion v.a. bei multimorbiden Patienten streng gestellt werden, da diese möglicherweise einen operativen Ein- griff aus anästhesiologischer Sicht nicht überleben bzw. eine fehlende Wundheilung aufweisen könnten. Aller- dings sollte bei frisch querschnittgelähmten oder poly- traumatisierten Patienten die frühzeitige plastische Deckung angestrebt werden, denn nur dann kann mit einer suffizienten Frührehabilitation begonnen werden. Aufklärung Die Patienten müssen über allgemeine und spezifische OPRisiken sowie Komplikationen aufgeklärt werden. Wundheilungsstörungen treten in 15 30% der Fälle auf, da es sich um septischeOperationen handelt. Tabelle 1 Operationsindikationen. vitale Indikation n Sepsis n Arrosionsblutung absolute Indikation n Osteomyelitis n Narbenkarzinom n Fistel (Vagina, Urethra, Rektum) relative Indikation n Dekubitus Grad III und IV n Dekubitusschmerzen n beschleunigte Rehabilitation n aufwendige Pflege Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera Teil 2 M. Schempf 1 , C. Warda 2 , M. Mentzel 3 , Y.-B. Kalke 4 , K. Huch 4 1 Nova Clinic Biberach an der Riß 2 Donau-Ries Klinik Donauwörth 3 Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie 4 Orthopädische Universitätsklinik Ulm am RKU Die operative Therapie bedarf ebenfalls einer gründlichen Vorbereitung und der Behandlung von Begleiterkrankungen, die patienten- und problemorientiert ausgerichtet sein sollte. Das radikale chirurgische Débridement, wenn möglich in der Pseudotumor-Techniknach Guttmann, steht an erster Stelle. Prinzipiell sollten dabei das Spenderareal und die versorgenden Gefäße geschützt werden. Der Entscheid der operativen Versorgung sollte nach einem Stufenkonzept der plastisch-chirurgischen Deckungsverfahren getroffen werden. Beim Ersteingriff sollte die eventuelle erforderliche Behandlung von Rezidiven mit eingeplant werden. Im Regelfall ist ein zweizeitiges Vorgehen indiziert: 1. Gründliches operatives Wunddébridement zur Erzielung eines makroskopisch sauberen Wundgrundes. 2. Nach nochmaligem Ausschneiden der Defektfläche folgt die definitive Defektdeckung mit plastisch-chirurgischen Operationsverfahren. Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera Teil 2 27 Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 7 Œ 2012 Œ 27 41 Œ DOI: http://dx.doi.org/10.1055/s-0031-1298234 Œ VNR 2760512012137991819 Dieses Dokument wurde zum persönlichen Gebrauch heruntergeladen. Vervielfältigung nur mit Zustimmung des Verlages.

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Operative Therapie

Indikationen und Kontraindikationenzur konservativen vs. operativen Therapie

Die Indikation zum operativen Verschluss ist von vielenParametern abhängig. Es gibt hierzu vitale, absolute undrelative Indikationen (Tab. 1). Abhängig von der Ausdeh-nung eines Dekubitus sollte primär ein konservativerTherapieversuch unternommenwerden. Die konservativeTherapie ist den Stadien I und II (nach Seiler) vorbehal-ten. Alle höhergradigen Ulzerationen sollten plastisch-chirurgischen Lösungen zugeführt werden. Konservativkönnen diese in der Regel nur schwer bzw. kaum zumVerschluss gebracht werden. Meist bildet sich ein insta-biles Narbenfeld, aus dem sich oft erneute Ulzerationenbilden, da sie den erneuten Druckbelastungen auf Dauernicht standhalten. Trotzdem sollte die operative Indika-tion v.a. bei multimorbiden Patienten streng gestelltwerden, da diese möglicherweise einen operativen Ein-griff aus anästhesiologischer Sicht nicht überleben bzw.eine fehlende Wundheilung aufweisen könnten. Aller-dings sollte bei frisch querschnittgelähmten oder poly-traumatisierten Patienten die frühzeitige plastischeDeckung angestrebt werden, denn nur dann kann miteiner suffizienten Frührehabilitation begonnen werden.

Aufklärung

Die Patienten müssen über allgemeine und spezifischeOP‑Risiken sowie Komplikationen aufgeklärt werden.Wundheilungsstörungen treten in 15–30% der Fälle auf,da es sich um „septische“ Operationen handelt.

Tabelle 1

Operationsindikationen.

vitale Indikation

n Sepsis

n Arrosionsblutung

absolute Indikation

n Osteomyelitis

n Narbenkarzinom

n Fistel (Vagina, Urethra, Rektum)

relative Indikation

n Dekubitus Grad III und IV

n Dekubitusschmerzen

n beschleunigte Rehabilitation

n aufwendige Pflege

Therapie und Prophylaxevon Dekubitalulzera – Teil 2M. Schempf1, C. Warda2, M. Mentzel3, Y.-B. Kalke4, K. Huch4

1 Nova Clinic Biberach an der Riß2 Donau-Ries Klinik Donauwörth3 Universitätsklinikum Ulm, Klinik für Unfall-, Hand-, Plastische und Wiederherstellungschirurgie4 Orthopädische Universitätsklinik Ulm am RKU

Die operative Therapie bedarf ebenfalls einer gründlichen

Vorbereitung und der Behandlung von Begleiterkrankungen,

die patienten- und problemorientiert ausgerichtet sein sollte.

Das radikale chirurgische Débridement, wenn möglich in der

„Pseudotumor-Technik“ nach Guttmann, steht an erster

Stelle. Prinzipiell sollten dabei das Spenderareal und die

versorgenden Gefäße geschützt werden. Der Entscheid der

operativen Versorgung sollte nach einem Stufenkonzept

der plastisch-chirurgischen Deckungsverfahren getroffen

werden. Beim Ersteingriff sollte die eventuelle erforderliche

Behandlung von Rezidiven mit eingeplant werden.

Im Regelfall ist ein zweizeitiges Vorgehen indiziert:

1. Gründliches operatives Wunddébridement zur Erzielung

eines makroskopisch sauberen Wundgrundes.

2. Nach nochmaligem Ausschneiden der Defektfläche folgt

die definitive Defektdeckung mit plastisch-chirurgischen

Operationsverfahren.

Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera – Teil 2

27Orthopädie und Unfallchirurgie up2date 7 Œ2012 Œ27–41 ŒDOI: http://dx.doi.org/10.1055/s-0031-1298234 ŒVNR 2760512012137991819

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Page 2: Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera Teil 2...Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera – Teil 2 ... Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera – Teil 2 ... angewandt,

Chirurgisches Wunddébridement

Hierbei wird mit dem scharfen Löffel und Skalpell dasnekrotische Gewebe entfernt. Dies wird in einer Sitzungmeist nicht gelingen, da die Wundränder sich erst nacheiner Latenzzeit demarkieren. Beim Débridement solltedas Gewebe so ausführlich wie nötig und sowenig wiemöglich reseziert werden, um einerseits den Defekt nichtunnötig auszuweiten und um andererseits eine idealeWundkonditionierung zu erreichen. Erst nach dem Dé-bridement zeigt sich das ganze Ausmaß des Defekts.

An ein ggf. mehrfaches chirurgisches Débridementschließt sich die Wundkonditionierung an. Bei kleinerenUlzera beinhaltet dies die täglichen, mehrfachen Ver-bandwechsel mit mit Ringer-Laktat-Lösung versetztenKompressen. NaCl-Verbände sind zelltoxisch. Es werdenin der Literatur Verbandwechsel alle 4–6 Stunden emp-fohlen, um eine gute Reinigung der Wunde zu gewähr-leisten und Infekte früh zu erkennen. Die lokale Appli-kation von Antibiotika sollte vermieden werden, diesystemische Gabe setzt eine manifeste Infektion voraus.Bei größeren Defekten können nach DébridementVakuumverbände (VAC) zum Einsatz kommen.

VAC‑Therapie

Die VAC‑Therapie ist ein invasives, aktives Wundver-schlusssystem, das durch Vakuum die Wundgranulationunterstützt. Durch intermittierenden oder kontinuierli-chen Sog von 125mmHg wird durch eine feuchte Wund-reinigung eine kontinuierliche Drainage mit Reduktiondes Wundödems und Verbesserung der Durchblutungmit Angiogenese erreicht, und ein Granulationsgewebeentsteht. Zudem wird eine Umgebungsverschmutzungverhindert. Des Weiteren kommt es zur Reduktion der

bakteriellen Kolonisationen und der Wundkontraktiondurch Zugwirkung. Wird ein Vakuumsystem nicht richtigangewandt, kann ein zusätzlicher Druck auf das Ulkusentstehen (Abb. 1).

Eine komplette Wundheilung wird durch die VAC‑The-rapie nur selten erreicht. Erschwerend kommt einewochenlange Behandlung hinzu, zudem ist die epithe-lialisierte Oberfläche wenig druckresistent. ChronischeWunden sollten somit einer zeitnahen Defektdeckungzugeführt werden. Jedoch kann die Indikation zum kom-pletten Wundverschluss mittels VAC‑Dauertherapie ge-stellt werden, wobei dies auf wenige Patienten begrenztbleiben sollte, die für eine chirurgische Defektdeckungnicht geeignet sind, wie z.B. Multimorbidität. Empfoh-

lener Therapiemodus: 125mmHg mit Dauersog.

Nach Konditionierung der Weichteile sollte zügig eineWeichteildeckung mittels Lappenplastik oder in Einzel-fällen durch Hauttransplantation erfolgen. Der VAC‑Ver-band kann v.a. bei Hauttransplantationen als Fixierungs-hilfe auf das Transplantat gelegt werden. Durch dieSogwirkung wird eine gleichmäßige Fixierung des Trans-plantats auf der Wundoberfläche erreicht; dies dient derSerom- und Infektprophylaxe. Durch das feuchte Milieuwird die Nutrition des Transplantats erhöht.

Standard-Therapiemodus: 125mmHg kontinuierlichesVakuum, weißer PVA‑Schwamm für 5–7 Tage (Abb. 2).

Komplexe, große Weichteildefekte können oft nicht mehrdurch Lappenplastiken gedeckt werden. Hier kommt die„Delay“-Technik zum Einsatz. Hierbei kann ein Lappen inEtappen unter Einbeziehung von Angiosomen gehobenwerden. Es wird der VAC dabei zwischen Lappen undMuskulatur platziert. Bei der sog. Präfabrikation könnenfunktionelle Strukturen wie Haut, Knochen, Knorpel inden Lappen integriert werden.

Komplikationen bei VAC‑Therapie werden in der Litera-tur selten beschrieben. Eine Komplikation stellt dieKeimvermehrung v.a. bei Staphylokokkken (cave: MRSA)dar. Deshalb sollten die Systeme alle 3–5 Tage gewech-selt werden. Weitere Komplikationen sind:n Blutungen mit Anämie,n Elektrolytstörungen,n Hautmazeration,n Schmerzen,n Hypergranulation,n Fibrosierung und Gelenkeinsteifung.

Abb. 1 n VAC‑Therapie mit schwarzem Schwamm, dem Absaugansatz und einer Folienver-siegelung.

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Schwenklappenplastik

Die Wahl des Operationsverfahrens zur plastischenDeckung wird von lokalen und allgemeinen Faktorenbeeinflusst.n Lokale Faktoren: Lokalisation des Ulkus, Größen und

Tiefenausdehnung, Knochen und Gelenkbeteiligung,Haut und Weichteilzustand. Narben und Voroperatio-nen können die Wahlmöglichkeiten der Lappen ein-schränken. Sorgfältige Planung der Lappenplastik, umdie Gefäßversorgung anderer potenzieller Lappen fürRezidive zu erhalten.

n Allgemeine Faktoren: Diese hängt von EZ und AZ, derCompliance und psychosozialen Faktoren ab. Ent-scheidend ist die Rehabilitationsfähigkeit, wobei dieEntscheidung, ob ein Patient in Zukunft vermehrtliegen oder sitzen wird, maßgeblich ist. Bei kachek-tischen Patienten kann ein muskulokutaner LappenVorteile bieten. Dagegen kann bei adipösen Patientenein Kalibersprung des Subkutangewebes Problemebereiten. Bei Paraplegikern mit Rückenmarkläsiondistal L2/3 kann ein sensibler Tensor-fasciae-latae-Lappen eine Reinnervierung von druckbelastetenStellen bewirken. Bei Patienten mit stark reduzierterCompliance sollte erwogen werden, ob eine plastischeDeckung Erfolg verspricht.

Eine Kombination von Débridement und sofortiger plas-tischer Deckung wird aus verschiedenen Gründen nichtempfohlen:

n Die Grenzen von gesundem und nekrotischem Gewe-be sind nicht klar erkennbar. Damit entstehen Wund-randnekrosen bei primärer plastischer Deckung.

n DasGewebe ist vomDruck noch geschädigt und enthältgewebetoxische Stoffewie Proteasen und Zytokine.

n Vor dem Débridement kann eine erhebliche Bakte-rienlast vorhanden sein. Durch ein Débridement kannsolche eine Verunreinigung in eine einfache Wund-kontamination überführt werden.

VerminderteDurchblutung

VerminderteDurchblutung

Verminderte bakterielle Belastung

Verminderte bakterielle Belastung

Entfernen desWundexsudats

Entfernen inter-stitieller Flüssigkeit

Stimulation desGranulationsgewebes

Entfernen desWundexsudats

Stimulation desGranulationsgewebesT.R.A.C.™ Pad

T.R.A.C.™ Pad

verringerte Ödeme

V.A.C.® Versa Foam-Schwamm

V.A.C.® PU Schaum

Abb. 2 n Grundprinzipien der unterschiedlichen Schwammanwendungen.

Prinzipien

n Radikale Exzision des Ulkus mit Narbengewebe, Bursae

und Weichteilverkalkungen.n Bei Knochenbefall mit Osteitis sollte das Periost eröffnet

und mit dem Meißel ca. 1 cm der Knochen abgetragen

werden. Bei ausgeprägtem Befall des Knochens muss

auch dieser débridiert werden. Eine Rekonstruktion von

Knochenprominenzen zur besseren Druckverteilung

kann erwogen werden.n Zur Hämatomvermeidung Einlage mindestens einer

Wunddrainage.n Verschluss jedes potenziellen Totraums durch muskuläre

oder deepithelisierte Lappenanteile.n Planung von gut vaskularisierten Lappen, wobei die

Nähte nicht in die druckbelastete Zone zu liegen

kommen sollten.n Verschluss des Hebedefekts durch spannungsfreie bzw.

‑arme Adaptation oder Hauttransplantate.

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Page 4: Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera Teil 2...Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera – Teil 2 ... Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera – Teil 2 ... angewandt,

n Der Patient befindet sich ein einem reduzierten All-gemeinzustand. Durch 2-zeitiges Vorgehen konntedie Rezidivrate nach plastischer Deckung deutlichgesenkt werden.

Nach der Wundkonditionierung folgt das radikale Dé-bridement in der Pseudotumor-Technik nach Guttmann.Dabei werden der Wundrand in einem ausreichendenAbstand umschnitten und die Wundränder mit Halte-fäden miteinander einstülpend vernäht, sodass das Ulkusmit sämtlichem Granulationsgewebe in toto reseziertwerden kann.

n Lappenwahl

Aufgrund der Komplexität der Schwenklappenchirurgiewird an dieser Stelle beispielhaft darauf eingegangen(v.a. im Beckenbereich), und wir verweisen hierzu aufdetaillierte plastisch-chirurgische Literatur. Für die rich-tige Schwenklappenwahl sollten mehrere Kriterien inBetracht genommen werden:n Muskellappen oder fasziokutane Lappen: In der Ver-

gangenheit wurden überwiegend Muskellappen imGegensatz zu den fasziokutanen Lappen durchgeführt.Inzwischen konnte allerdings in der Literatur eineweitgehende Ebenbürtigkeit der fasziokutanen Lap-pen gezeigt werden, da andere Faktoren, wie Lappen-volumen und Begleitosteitis eine ebenfalls entschei-dende Rolle spielen.

n Sensible Lappen: Bei Querschnittgelähmten liegt esnahe, eine plastische Deckung mit sensibler Versor-gung anzustreben, um Rezidive aufgrund Hypo- bzw.Asensibilität zu verhindern (z.B. TFL). Allerdingshaben diese eine begrenzte Reichweite und einenSensibilitätsverlust an der Donorstelle zur Folge.

n Lappenplastik ohne definierte Gefäßversorgung: Diessind Lappen aus unmittelbarer Umgebung des Defektsohne definierte anatomische Gefäßversorgung, sog.Nahlappenplastiken („random pattern flaps“). Voraus-setzung ist, dass die Lappen spannungsfrei im Defektzu liegen kommen und die Hebestelle außerhalb derBelastungszone liegt. Hier kommt der meistbenutzteLimberg-Lappen zum Decken von kleinen Defekten imBereich des Sakrums und der Sitzbeine zum Einsatz.Bei größeren Defekten eignet sich der fasziokutaneRotationslappen.

n Lappenplastik mit definierter Gefäßversorgung: DieLappenplastiken mit definierter Gefäßversorgung be-inhalten Muskellappen wie auch fasziokutane Lappen,die eine sehr gute Vaskularisation versprechen. Derfasziokutane Lappen zeigt sich druckresistenter als derMuskellappen, da der Muskel durch die Deinnervationatrophiert und fibrotisch umgebaut wird. Durch dieDeinsertion an Ansatz oder Ursprung des Muskelskann es zu einer Kraftminderung kommen. Die Indi-kation für Muskellappen besteht für tiefe Defekte, beidenen Wundhöhlen ausgefüllt werden müssen. Nachfasziokutaner Lappendeckung besteht immer noch dieMöglichkeit der Muskellappentransplantation beiRezidiven.

n Freie mikrovaskuläre Lappenplastik: Bei jungen Pa-tienten, z.B. rollstuhlfähige Paraplegiker, eignet sichdie Deckung v.a. bei Osteomyelitis mit mikrovaskulä-ren Lappen.

Prinzipiell sollte möglichst ein einzeitiger Verschluss an-gestrebt werden. Jedoch zeigt sich erst nach dem radika-len Débridement das gesamte Ausmaß des Defekts, so-dass erst dann der Entscheid zur richtigen Lappenwahlgestellt werden kann. Zur Wahl des Lappen kann mansich am Stufenkonzept der rekonstruktiven Chirurgie(rekonstruktive Leiter) orientieren (Abb. 3). Dies richtetsich auch nach der anatomischen Region des Dekubitusund der Funktionalität des Schwenklappens (Tab. 2).

Primärverschluss. Der primäre Wundverschluss verbietetsich weitgehend, da es nach Verschließen der Haut meistzu Weichteilhöhlen kommt, die zu Hämatomen, Abszes-sen und Wunddehiszenzen neigen. Außerdem ist einspannungsfreier Verschluss in schlecht durchblutetemGewebe nicht möglich. Durch zugbedingte Wundrand-ischämie besteht die Gefahr der Vergrößerung des Deku-bitus bzw. septischer Komplikationen. In Ausnahmefällenkönnen sehr kleine Fisteln mit gutem Umgebungsgewebeoder einer prophylaktischen Kokzygektomie mit Primär-verschluss behandelt werden.

freier Composite-Lappen

Rekonstruktion

freier Lappen

Insellappen

Fernlappen

lokaler Lappen

Transplantat

direkter WundverschlussDefekt

Abb. 3 n Rekonstruktive Leiter. Ein allgemeingültiges Stufenkonzept zur Defektdeckung in derplastisch-rekonstruktiven Chirurgie.

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Page 5: Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera Teil 2...Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera – Teil 2 ... Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera – Teil 2 ... angewandt,

Spalthauttransplantation. Prinzipiell ist die Deckungeines Dekubitus mit Spalthaut nicht geeignet, da sie denDruckverhältnissen nicht standhalten kann und sich in-stabiles Narbengewebe bildet. Diese Therapie ist für Aus-nahmesituationen vorbehalten, in denen sich Patientenin einem schlechten Allgemeinzustand befinden. Es setzteinen gut granulierten, keimarmen (< 105 Keime/g Ge-webe) Wundgrund voraus. Die Überlebenschance derHauttransplantation liegt in der Literatur bei 60%. Mitdem Dermatom wird an geeigneter Stelle (z.B. Ober-schenkel) ein 0,2–0,3mm dickes Hauttransplantat ent-nommen. Eine Transplantatvergrößerung erreicht mandurch die „Meshgraft-Technik“ (Gitternetz) die im Ver-hältnis 1 :1,5 angefertigt werden sollte. Die Spalthautwird geschützt durch Fettgaze und in Überknüpftechnikmit Schaumstoff oder Stahlwolle 5 Tage, bis zur vollstän-digen Vaskularisation, gesichert (alternativ: temporäreVakuumversiegelung). Es schließt sich die Hautpflege mitParaffinöl oder Panthenolsalbe an. Die Aufbelastung desTransplantats kann frühestens nach 21 Tagen begonnenwerden.

n Lappenwahl nach Dekubituslokalisation

Sakrumdekubitus

Ulzera im Bereich des Sakrums treten v.a. bei respirato-rischen und urogenitalen Infekten auf. Kleine Defektekönnen mit lokalen Hautlappen wie dem Rhomboidlap-pen nach Limberg oder Verschiebeschwenklappen nachSchrudde gedeckt werden (Abb. 4). Größere Defekte

Tabelle 2

Lappenwahl nach anatomischer Region und Funktionalität (mod. nach Kremer et al. 1999).

Lappen Ulkusgröße Verschluss desHebedefekts

Sensibilität Eingriffgröße BevorzugteLokalisation

Schwierigkeitder OP

(Primärnaht) + kein Hebedefekt ja + Fisteln, (S, Si, Tr) +

Spalthaut ++(+) Epithelisierung aus Umgebung + Si, Tr +

Nahlappen +(+) primär teilweise ++ S, Si, (Tr) ++

Glutaeus-Rotationslappen ++ primär ja ++ S, (Si) ++

Glutaeus-maximus-Lappen ++(+) primär nein +++ S, (Si, Tr) ++(+)

Posterior Thigh Flap ++ primär ja ++ Si, (Tr) ++(+)

Biceps-femoris-Lappen ++ primär nein ++ Tr, (S) ++

Grazilislappen ++ primär nein +++ Tr +++

Verschiebelappen nach Conway ++ primär/Spalthaut nein ++ Tr, (Si) ++

TFL ++(+) primär ja ++(+) Tr, (Si) ++(+)

Total Thigh Flap ++++ Amputation ja ++++ Si, Tr, (S) +++

freier Lappen ++++ unterschiedlich möglich ++++ Si, Tr, S ++++

S = Sakrum; Si = Sitzbein; Tr = Trochanter

Abb. 4 n Sogenannter Schrudde-Lappen.

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Page 6: Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera Teil 2...Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera – Teil 2 ... Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera – Teil 2 ... angewandt,

werden mit faszio- oder myokutanen Lappen der Glu-täalregion aus dem Gefäßgebiet der oberen und unterenGlutäalarterien versorgt. Die Muskelursprünge und An-sätze an Sakrum, Crista iliaca und Tractus iliotibialiskönnen durchtrennt werden, was die Mobilität desLappens erhöht. Glutäallappen können als VY‑Lappen(Abb. 5, Abb. 6), Rotationslappen (Abb. 7) oder Insellappengeschwenkt werden. Je größer der Lappen ist, umso mehrmüssen die die Haut versorgenden Gefäße durchtrenntwerden, was die Lappendurchblutung gefährden kann.

Eine Alternative stellt der Perforatorlappen dar. Hierbeiwerden mikrochirurgisch myokutane Perforatorgefäßepräpariert, die ein definiertes Hautsegment (Angiosom)versorgen. Das Angiosom kann mit seinem Gefäßstielüber die Muskulatur gehoben werden. Der Vorteil dieserMethode ist die Schonung der Muskulatur, die Mobilitätund dünne, flexible Hautinseln.

Abb. 5 n Fasziokutaner VY‑Schwenklappen. a Primärer Dekubitus mit Nekrosen. b Z.n. Wundkonditionierung nach VAC‑Anlage. c FasziokutanerVY‑Schwenklappen am 14. postoperativen Tag. d Ausheilung nach 6 Wochen.

Abb. 6 n Fasziokutane doppelseitige VY‑Plastik bei großem sakralemDefekt.

Abb. 7 n Rotationslappen zur Deckung eines sakralen Dekubitusulkus.

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Tuber-ischiadicum-Dekubitus

Ein optimaler Lappen zur Sitzbeindekubitusdeckung istder fasziokutane „posterior thigh flap“, der durch dieA. glutaea inferior und den N. cutaneus femoris posteriorversorgt wird.

Die Sitzbeinhöcker sollten ggf. geglättet werden, um einegleichmäßige Druckverteilung der beiden Sitzbeine unddorsalen Oberschenkelregion zu erreichen. Von einerprophylaktischen Ischiektomie wird abgeraten, da sieeine hohe Inzidenz perinealer Ulzera und urogenitalerKomplikationen aufweist. Da in dieser Region gehäuftRezidive eintreten, muss die Gefäßversorgung zukünf-tiger Lappenplastiken in die chirurgische Strategie ein-bezogen werden. Erste Wahl ist der „glutaeal thigh flap“(Abb. 8), der die Gefäßversorgung anderer Lappen nichtgefährdet. Bei tiefen Ulzera kann hierbei der Biceps fe-moris mit eingeschlossen werden, wobei allerdings dieinferioren Glutäalgefäße durchtrennt werden müssen.Alternativ kann der „inferior glutaeal artery perforatorflap“ verwendet werden. Dieser gefäßgestielte Lappenbietet optimale Mobilität unter Schonung der inferiorenGlutäalgefäße.

Ferner ist der Tensor-fasciae-latae-Lappen (TFL) zu er-wähnen, der allerdings die dorsalen Gefäße der Ober-schenkelregion verletzten kann (Abb. 9). Soll die Sensibi-lität durch das Versorgungsgebiet des N. femoris lateralisund N. iliohypogastricus jedoch erhalten bleiben undgeschwenkt werden, bietet der TFL einen Vorteil. Reser-velappen ist der myokutane Grazilislappen.

Trochanterdekubitus

Typischerweise weisen Trochanterdekubitalulzera eherkleinere Hautdefekte auf, die oft mit Taschenbildungvergesellschaftet sind. Zur Trochanterdeckung bietet der„Tensor-fasciae-latae-Lappen“ (Abb. 9) durch eine guteGefäßversorgung (A. circumflexa femoris lateralis) unddurch Wiederherstellung der Sensibilität durch denN. femoris cutaneus lateralis Vorteile.

Dieser kann als VY‑Vorschublappen, Brückenlappen odersensibler Lappen geschwenkt werden. Nachteilig kann esv.a. bei weiblichen und adipösen Patienten durch Auftra-gung des subkutanen Fettgewebes zur sog. „Dog-Ear“-Bildung kommen. Alternativ wird in der lateralen Ober-schenkelregion der „sliding flap“ verwendet. Als sehrschonende Variante kann der „anterolateral thigh flap“benutzt werden.

Perioperatives Management

n Dekubitalulzera gelten primär als kontaminiert, da sieoft lange Zeit offen therapiert werden und oft in derBeckenregion lokalisiert sind. Dabei ist von einerMischflora auszugehen, da Hautkeime mit Keimen ausdem urogenitalen System und Darmkeimen sich ver-mischen. Bei sauber granulierten Ulzera finden sichhäufig Keimbesiedelungen mit Staphylokokken, E. coli,und Enterokokken, bei reduzierter HeilungstendenzPseudomonas aeruginosa und Anaerobier.

n Die bakterielle Kontamination kann häufig nicht voll-ständig beseitigt, aber deutlich reduziert werden. Indiesem Stadium ist eine plastische Deckung indiziert.Durch die Lappenplastik wird ein gut durchblutetesGewebe in das Ulkus geschwenkt, womit eine verbes-serte Gewebetrophik und Wirksamkeit von Antibio-tika erzielt werden kann.

n Bei offener Wundbehandlung ist keine generalisierteantibiotische Therapie indiziert, außer bei entzünde-ten, phlegmonösen Ulzera oder septischen Krank-heitsbildern. Prinzipiell erfolgt die antibiotischeTherapie nach Antibiogramm, jedoch kann im Akut-stadium eine Kombination eines Cephalosporins der2. Generation mit Metronidazol verabreicht werden.

Abb. 8 n Glutaeal Thigh Flap in VY‑Technik.

Abb. 9 n Tensor-fasciae-latae-Lappen mit primärem Verschluss des Entnahmebereichs.

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Therapie und Prophylaxe von Dekubitalulzera – Teil 2

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n Ist eine definitive plastische Deckung geplant, sollteperi- und postoperativ eine resistenzgerechte Anti-biotikagabe erfolgen, da diese Operationen Wundhei-lungsstörungen in bis zu 20–35% der Fälle aufweisen.Es kann intraoperativ über eine Einlage eines Anti-biotikaträgers entschieden werden. Postoperativ solltebei Lappenplastiken mindestens 5–7 Tage, bei Osteo-myelitis mindestens 6 Wochen eine antibiotischeTherapie erfolgen. Die Drainage kann 5–10 Tagebelassen werden.

n Zur Prophylaxe thromboembolischer Komplikationensollte eine Thromboseprophylaxe mit niedermoleku-larem Heparin perioperativ eingeleitet werden.

n In der Literatur wird eine präoperative Darmreinigungempfohlen, da hierdurch das Infektionsrisiko um 30%gesenkt werden kann.

n Die Urinableitung kann durch Dauerkatheter odersuprapubische Harnableitung erfolgen.

n Bei querschnittgelähmten Patienten mit aufgehobenerSensibilität sollte eine Anästhesie in Standby bereit-gestellt werden, da diese Patienten Kreislaufinsuffi-zienzen, respiratorische Instabilitäten, autonomeMassenreflexe und Muskelspasmen bieten können.

Nachbehandlung

n Konsequente Immobilisation mit optimaler Druck-exposition postoperativ durch spezielle Lagerungstech-niken und Lagerungsmatratzen, ggf. Wechseldruck-matratzen ist Grundvoraussetzung für den Erfolg einerLappenplastik, da sonst Frührezidive drohen. DurchSpezialmatratzen ist z.B. eine Rückenlagerung auchbei sakralen Schwenklappenplastiken möglich.

n Eine Bauchlage sollte 10–14 Tage nach Lappenplastikim Gesäßbereich eingehalten werden. Für die psy-chisch belastende Bauchlage sind den Patientensedierende Medikamente anzubieten.

n Nach 5–6 Wochen wird eine sukzessive Aufbelastungerfolgen.

n Eine Physiotherapie sollte insbesondere auch auseiner Atemgymnastik bestehen.

n Vor Entlassung aus dem Krankenhaus ist sicherzustel-len, dass der Patient auf einer superweichen Matratzezu Hause liegen kann.

n Rollstuhlanpassung, Sitzkissenoptimierung, Schonungdes Patienten.

Komplikationen

Lebensbedrohliche Komplikationen bestehen in derAusbildung einer Sepsis oder Pneumonie. Durch eineentsprechende Prophylaxe kann die Inzidenz gesenktwerden (Abb. 10).n Hämatome stellen die häufigste Komplikationsform.

Diese sollten frühzeitig verhindert werden. Seromeund nachfolgende Infektionen und Lappennekrosenbegünstigen Rezidive mit Revisionen um 10–20%.

n Serome entstehen auch durch ein zu geringes Lap-penvolumen, inkomplette Resektion von Bursae undfrühzeitige Druckbelastung des Schwenklappens.Drainagen sollten 5–10 Tage belassen werden.

n Wundheilungsstörungen treten in 15–30% der Fälleauf.

n Instabile Narben können rezidivierend aufbrechen.Aus mehrfachen Rezidiven können selten Narbenkar-zinome entstehen.

n Abhängig von der Lokalisation und Größe des Defektsentsteht ein Spenderarealdefekt mit teilweise Funk-tionsverlust z.B. der Muskulatur.

n Weitere Komplikationen sind Osteomyelitis, Bakteri-ämie, Sepsis.

Abb. 10 n Komplikationen. a Frühkomplikation: Hämatom und Teilnekrose nach Schwen-klappenplastik. b Spätkomplikation: Hämatom und Infektion bei zu früher Belastung. c Post-operatives Hämatom und Schwellung.

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Grenzen der chirurgisch-plastischenDekubitusbehandlung

In Grenzfällen ist ein Patient aufgrund allgemeiner Fak-toren nicht operabel. Dies sind z.B. kardial oder pulmonaldekompensierte Patienten, ein schlecht eingestellterDiabetes mit starken Wundheilungsstörungen, Tumor-kachexie usw. Trotz ausgedehnter Nekrosen kann eineaufwendige plastische Deckung nicht mehr ohne weitereGefährdung des Patienten durchgeführt werden.

Der Erfolg einer Dekubitusbehandlung ist von weiterenFaktoren abhängig und kann nicht nur durch eine opti-male konservative wie auch operative Therapie erreichtwerden. Damit eine konservativ oder operativ behandelteWunde heilen kann, braucht sie optimale Umgebungs-voraussetzungen. Hierzu sind die Vermeidung bzw. Ver-ringerung von Risikofaktoren sowie wundheilungsför-dernde Maßnahmen indiziert.

n Behandlung von Risikofaktoren

Primäre Risikofaktoren wie z.B. Tetraplegie oder Demenzkönnen zwar nicht therapiert werden, jedoch können diesekundären Faktoren gezielt beeinflusst werden:n Erhöhung des Sauerstoffangebots im Gewebe: Be-

handlung z.B. von Pneumonien, Herzinsuffizienz,n Verbesserung des Sauerstofftransports, Nährstoffan-

gebots und Verminderung des Sauerstoffverbrauchs:Nikotinabusus, Diabetes mellitus, Adipositas, chro-nische Erkrankungen des kardiovaskulären Systems.

n Wundheilungsfördernde Maßnahmenund Vermeidung von Störfaktoren

Beim Dekubitalulkus zeigt sich das typische klinische Bildeiner gestörten Wundheilung. Vorrangiges Ziel ist dieWiederherstellung der physiologischen Wundverhältnis-se, damit die Wundheilungskaskade beginnen und ab-laufen kann. Wenn Wunden schlecht heilen, kann diesan Störfaktoren liegen, die vermindert bzw. vermiedenwerden müssen.

Mobilisation verbessert die Blutzirkulation, wodurch derHeilungsprozess initiiert und beschleunigt wird. Ein Be-wegungsplan sollte sich an den individuellen Bedürfnis-sen des Patienten orientieren.

Als Primärfaktor gilt die Mangelernährung. Diese betrifftinsbesondere ältere pflegeabhängige Patienten und jün-gere Querschnittgelähmte mit Neigung zu einseitigerErnährung.

Zur Diagnostik gehört ein Nutrigramm mit Überprüfungvon Albumin, Transferrin, Zink, Vitamin B12, Folsäure,Lymphozyten. Somit wird hinsichtlich der Ernährung beiDekubitalläsionen eine ausgewogene Ernährung miteiner Energiezufuhr von 30–35 kcal pro kgKG und einerausreichenden Proteinzufuhr von 1,0–1,5 g pro kgKG ge-fordert.

Zur Wundheilung benötigt der Körper Nährstoffe, die ggf.ersetzt werden müssen. Wirkung und Behandlung sind in(Tab. 3) aufgeführt. Weitere allgemeine und lokale Stör-faktoren und ihre Behandlung zeigen Tab. 4 und Tab. 5.

Tabelle 3

Nährstoffe und ihre Wirkung bei der Wundheilung.

Nährstoff Rolle in der Wundheilung Quellen

Protein Kollagenbildung

Fibroblastenproliferation

Revaskularisation

Immunität

Bildung des lymphatischen Systems

Synthese und Sekretion von Wachsfaktoren

Fleisch, Fisch, Eier,Milchprodukte, Hülsenfrüchte,Sojaprodukte, Getreide

Kohlen-hydrate

Energie für Leukozyten und Fibroblasten Brot, Getreide, Nudeln, Reis,Kartoffeln, Obst, Gemüse

Fette Phospholipide der Zellmembran

Prostaglandinsynthese

Energiequelle

pflanzliche Öle, Margarine,Butter, Fischöle und verstecktin fettreichen Lebensmitteln

Vitamin A Cross-linking und „Remodeling“des Kollagens

Epthelialisierung

Immunantwort

gelbe und grüne Gemüseund Obst, Milchprodukte,Eigelb, Leber, Lebertran

B‑Vitamine Verstoffwechselung von Proteinen,Fetten und Kohlenhydraten

Hefe, Leber, Fleisch, grüneGemüsesorten, Milch,Vollkornprodukte

Vitamin K Synthese der Gerinnungsfaktoren Milchprodukte, Eigelb, Leber,grüne Blattgemüse

Vitamin C Hydroxylierung von Prolin und Lysinin der Kollagensynthese

Leukozytenfunktion

Obst und Gemüse

Zink Zellproliferation

Kofaktor der RNA- und DNA‑Polymerase

rotes Fleisch, Leber, Nüsse,Vollkornprodukte

Eisen Hydroxylierung von Prolin und Lysinin der Kollagensynthese

Fleisch, grünes Blattgemüse,Vollkornprodukte

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Der Therapieerfolg lässt sich in Laborparametern wieCRP, Albumin, Lymphozyten und klinisch an der Bildungdes Granulationsgewebes kontrollieren.

Prognose

Die Frage, ob ein Rezidiv bei optimaler Behandlung ver-mieden werden kann, ist mit „nein“ zu beantwortet. Inder aktuellen Literatur wird das Rezidiv eines Dekubital-geschwürs mit 30–60% angegeben. Dies ist vor allemdurch die Tatsache bedingt, dass durch eine plastischeOperation das ursächliche Problem (z.B. Querschnitt-

lähmung) nicht behoben werden kann. Somit ist es es-senziell, eine suffiziente Rezidivprophylaxe mit Schulungder Patienten durchzuführen, die allerdings eine dem-entsprechende Compliance des Patienten voraussetzt.Wichtig ist in der postoperativen Phase die Ausschaltungder Noxe, in diesem Fall die Druckbelastung, wie die op-timale technisch-orthopädische wie auch pflegerischeVersorgung.

Tabelle 4

Allgemeine Störfaktoren der Wundheilung und ihre Behandlung (nach Hartmann 2001).

Allgemeine Störfaktorender Wundheilung

Therapieoptionen Allgemeine Störfaktorender Wundheilung

Therapieoptionen

Infektionen

n Pneumonie (akut, chronisch)

n chronische Bronchitis

n Harnwegsinfektionen(akut, chronisch)

n Osteomyelitis

n Sepsis

n Lokalinfektion des Ulkus

n Nekrose des Ulkus

n Fieber

n Leukozytose

n CRP‑Anstieg

n Lymphopenie

n Kausaltherapien, wenn immermöglich, bzw. optimierte Therapiender Grunderkrankungen

n Antibiotikatherapie

n Débridement

n Fieber senken

n optimale Ernährung

Krankheiten

n Depression, Vereinsamung

n Anämie

n Dehydratation

n Diabetes mellitus

n Immunschwäche

n Herzinsuffizienz

n Niereninsuffizienz

n Krankheiten des Magen-Darm-Trakts

n Lähmungen

n Immobilität

n Nikotinabusus

Krankheiten immer optimalbehandeln, da Krankheiten zumKatabolismus führen

n Depression: SSRI, Betreuung

n Hämoglobin > 11 g/dl

n Trinkmenge: > 20ml/kgKG

n Diabetes mellitus: optimalerGlukosespiegel

n Herzinsuffizienz, z.B. keineBeinödeme!

n Lymphozytenzahl > 2000 (abs.)

n Serum-Zink > 12mmol/l

n Mobilisieren

Malnutrition

n Katabolismus

n Appetitmangel

n Dehydratation

n eiweißarme Ernährung

n eiweißlose Ernährung

n fleischlose Ernährung

n Albuminmangel

n Transferrinmangel

n Ferritinmangel

n Cholinesterasemangel

n tiefes Cholesterin

n Vitamin-B12-Mangel

n Folsäuremangel

n Hyperhomocysteinämie

n Zinkmangel

n Eisenmangel

n Vitamin-D‑Mangel

n Ursachen des Katabolismus suchen

n Ursache der Malnutrition suchen(multifaktoriell), z.B. Magenulkus,Depression, Zinkmangel

n Kausaltherapie der Malnutritionsursache

n optimale Ernährung:

– Proteine: 1,0–1,5 g/kgKG

– Kalorien: 30–50 kcal/kgKG

– Fette: 30% der Tageskalorien

– Trinkmenge: > 20ml/kgKG

– Vitamin B12: 10 × 1mg s.c.

– Folsäure 1mg per os

– Zink (org.) 20mg/Tag per os

– Eisen, immer intravenös, Dosis je nachSchweregrad

– vollbilanzierte Trinknahrung bis1500ml/Tag

– Multivitaminpräparat

– Kalzium-Vitamin-D‑Präparat

Medikamente

n Kortikosteroide

n sedierende Medikamente

n Zytostatika

n Immunsupressiva

n toxische Lokaltherapeutika,z.B. Wasserstoffsuperoxyd

n Lokaltherapeutika und Medika-mente immer prüfen nachnegativen Effekten auf dieWundheilung

n sedierende Medikamenteimmobilisieren und erschwerendie Druckentlastung

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Begutachtung

Eine lückenlose Dokumentation (auch bildtechnisch) desBehandlungsablaufs ist sinnvoll. Hierdurch lassen sichder Therapieerfolg messen und ggf. begründete Thera-pieregimeänderungen einleiten.

Gesetzlich ist der Nachweis einer dem aktuellen Standardentsprechenden ärztlich-pflegerischen Versorgung zurPflicht erhoben, sodass die schriftliche Dokumentationauch zur (haftungs-)rechtlichen Absicherung der ärzt-lichen und pflegerischen Leistung unabdingbar ist.

Perspektiven

Die Entstehung und das Rezidiv eines Dekubitus sindhäufig durch eine Prophylaxe vermeidbar.

Je besser jeder Patient aufgeklärt ist, desto besser kanndie Entstehung eines Dekubitus vermieden oder, wennvorhanden, effizienter behandelt werden (Tab. 6). Eineregelmäßige, adäquate Verlaufskontrolle und Wunddo-kumentation ermöglichen die zeitnahe Erfassung vonProblemen und ein frühzeitiges Behandeln. Sollte es al-lerdings zur Entstehung eines Dekubitus gekommen sein,ist eine konsequente, stadiengerechte Therapie einzu-leiten. Hierzu ist ein individuelles, patientenorientiertes,ganzheitliches und interdiziplinäres Vorgehen nötig. Essollte alles unternommen werden, um die quälende undrisikobehaftete Hospitalisationszeit für den Patienten zuverkürzen. Dies ist auch unter sozioökonomischer Sichtanzustreben.

Tabelle 5

Lokale Störfaktoren der Wundheilung und ihre Behandlung (nach Hartmann 2005).

Lokale Störfaktoren (Lokalbefund) Prozedere

ungenügende Druckentlastung

n weißlicher Wundrand

n sichtbare, 4-eckige oder runde Druckstempelam Ulkusrand durch zu dicken Verband (> 2mm)

n Druckentlastung optimieren

n nur dünne, feuchte Verbände verwenden

Nekrose

n schmierige Beläge

n schwarze Nekrosekruste

n Infektionsparameter erhöht

n Débridement

n Druckentlastung optimieren

n nur dünne, feuchte Verbände verwenden

n Antibiotika systemisch, wenn Infektionsparameter erhöht

Lokalinfektion

n Ulkusrand: gerötet, überwärmt, ödematös,druckschmerzhaft, schmerzend

n Infektionsparameter erhöht

n Débridement

n permanentes Feuchthalten

n Verbandwechsel 4 × täglich

Wundfläche ohne Granulation, ausgetrocknet

n Wundfläche ausgetrocknet

n Verband klebt

n nach Verbandwechsel: blutende Stellen, Gewebe klebt amVerband; Schmerzen beim und nach dem Verbandwechsel

n Wundspülung mit Ringer-Lösung

n permanentes Feuchthalten mit geeigneten hydroaktivenWundauflagen, z.B. Hydrokolloidverbänden

toxische Lokaltherapeutika; gewebetoxisch sind:

n Wasserstoffsuperoxyd

n starke Desinfektionsmittel

n gefärbte Lösungen usw.

n Wundmittel auf lokale Gewebetoxizität prüfen

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Tabelle 6

Prävention von Dekubitalulzera (nach Anders et al. 2010).

Präventive Prinzipien Strategien Präventive Maßnahmen* Präventive Umsetzung

Risikominimierung Risikoerkennung Erfassung von Hochrisikogruppen (C)

regelmäßige Hautinspektionen (B)

Einschätzung durch Fachkraft (Hautinspektion,Mobilitätsstatus, Alter) Risikoskalen

Risikoeinschätzung Erfassung der begünstigendenRisikofaktoren (C)

Anamnese, Befunde, Hautinspektion geriatrischesAssessment inklusive Behandlungsplan

Fehlervermeidung Patientenidentifikation (C)

Dokumentation (C)

Kommunikation (C)

koordiniertes Handeln (C)

Teamschulung (B)

Kennzeichnung

Lagerungsplan

Pflegeüberleitung

Teambesprechung

Verfahrensanweisung

Druckentlastung Lagewechsel individueller Lagerungsplan (C) Frequenz durch Hautkontrollen bestimmen

Lagerungsarten Umlagerung (A)

Weichlagerung (A)

Fersenfreilagerung (B)

Teamschulung (C)

30°-Schräglage

Rückenlage

135°-Lagerung

Mikrolagerung

Langsitz

V‑Lagerung

Nest-Lagerung

Hohl-Lagerung

Knochenvorsprüngeentlasten

direkten Kontakt von Knochenauf Knochen vermeiden (C)

versetzte Lagerung

Mikrolagerung

Unterpolsterung

Druckverteilung Lagerungssysteme (A)

individuelle Matratzenauswahl (A)

Superweichmatratze (Auflagedruck ca. 25mmHg)oder Mikrostimulationssysteme, nur bei sehrhohem Risiko oder zur Therapie (cave: mindertEigenwahrnehmung): Wechseldrucksysteme,Luftbett (Low-Flow), nur bei Querschnittlähmung:Drehbett, Sandwich-Bett

Vermeidung vonHautverletzung

Vermeidung vonReibung undScherkräften

Lagerungstechnik (C) atraumatische Lagerung, Durchführung durch2 Pflegekräfte, natürliche Schaffelle

Transfertechnik (C)

Hilfsmittel zur Fortbewegung (C)

atraumatischer Transfer, natürliche Schaffelle,En-bloc-Drehung, Durchführung durch 2 Pflege-kräfte, Drehsitz, Ergotherapie

Vermeidung vonMazeration

Hautschutz Meidung von Nässe und Hitzestau (C) Hautschutzpflaster- oder ‑sprays (Acrylat-Terpolymere, dünne Hydrokolloide),regelmäßiger Wechsel von Inkontinenzhilfen

Stärkung derHautbarriere

Hautpflege (B) Verwendung hautfreundlicher Syndets,Hautpflege (Creme), Ernährung

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Korrespondenzadresse

Dr. med. M. Schempf

Nova Clinic Biberach an der Riß

Eichendorffweg 5

88400 Biberach

Telefon: 0049-7351-44490

Fax: 0049-7351-444911

E-Mail: [email protected]

Tabelle 6

Prävention von Dekubitalulzera (nach Anders et al. 2010).

Präventive Prinzipien Strategien Präventive Maßnahmen* Präventive Umsetzung

Bewegungsförderung passive Bewegung Lagerung (A)

Kontrakturprophylaxe (A)

sensorische Reize (C)

Bewegung der Extremitäten und Gelenke,basale Stimulation

aktive Bewegung Bewegungsanbahnung (A)

Bewegungsübung (A)

Physiotherapie, Training von Defiziten

Ernährung Flüssigkeit Flüssigkeitszufuhr (C) Trinkplan, parenterale Gaben

feste Nahrung Nährstoffzufuhr für alleDekubitusrisikopatienten (C)

Nährstoffzufuhr für Risikopatientenfür Mangelernährung, Multimorbi-dität oder nach chirurgischenEingriffen (A)

angereicherte Vollwertkost (hoch kalorisch,proteinreich), supplementierte Nahrungs-aufbereitung (z.B. Dysphagiekost), Nahrungs-anreichung, parenteral

* Die Einteilung der Evidenzgrade folgt den Kriterien des Oxford Centre of Evidence-Based Medicine: Grad A: hohe Evidenz, Grad B: ausreichende Evidenz,Grad C: geringere Evidenz.

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CME‑Fragen

Was sollte durch die VAC‑Therapie

nicht erreicht werden? 1 A Feuchte Wundreinigung.B Reduktion von Wundödem bei kontinuierlichem Sog.C Angiogenese.D Reduktion der Bakterienlast.E Druck auf das Ulkus.

Welcher Schwenklappen ist v.a.

für die Os-sacrum-Region geeignet? 2 A Tensor-fasciae-latae-Lappen.B Bizepsschwenklappen.C M.-gracilis-Lappen.D Fasziokutaner VY‑Lappen.E Glutaeal Thigh Flap.

Was ist die häufigste Komplikation

nach Schwenklappenplastik? 3 A Drucknekrose.B Kompartiment.C Hämatome.D Narbenkarzinome.E Exsikkose.

Bei welcher Begleiterscheinung

eines Dekubitalulkus besteht eine

absolute Operationsindikation? 4 A Schmerzen.B Fistel.C Sepsis.D Aufwendige Pflege.E Keine Möglichkeit der Druckentlastung.

Welche therapeutischen

Maßnahmen gehören nicht

zur konservativen Therapie

eines Dekubitalulkus?5 A Spezielle Lagerungskissen.

B Verbesserung des Gasaustauschs.C Durch Verbände ein feuchtes Wundmilieu erhalten.D Chirurgisches Débridement.E Mikrolagerung.

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Was gehört nicht zur Prävention

eines Dekubitalulkus? 6 A Regelmäßige Hautinspektion.B Spezielle Lagerungssysteme.C Anwendung von Transfertechniken.D Allgemeiner Lagerungsplan.E Ermittlung von Hochrisikogruppen.

Was gehört nicht zu den lokalen

und allgemeinen Faktoren für

die Wahl des Operationsverfahrens

zur plastischen Deckung?7 A Haut- und Weichteilzustand.

B Compliance des Patienten.C Größe der operativen Einrichtung.D Ulkusgröße und Tiefe.E Allgemeinzustand des Patienten.

Welche Aussage trifft nicht zu? 8 A Sparsame Exzision des Ulkus, um das umliegende Gewebe maximal zu schonen.B Die Nähte eines Schwenklappens sollten nicht in der Druckbelastungszone

platziert werden.C Der entstandene Totraum nach Ausschneiden eines Ulkus muss u.a. mit

muskulären Lappenanteilen gedeckt werden.D Anlegung einer Wunddrainage zur Hämatomvermeidung.E Eröffnung des Periosts bei Osteomyelitis.

Welche Aussage trifft zu? 9 A Meistens handelt es sich bei Kontamination eines Ulkus um einen Keim, der gutmit einem spezifischen Antibiotikum therapiert werden kann.

B Bei offener Wundbehandlung ist generell eine antibiotische Therapie indiziert.C Dekubitalulzera gelten primär mit Bakterien kontaminiert.D Präoperative Darmreinigung ist nicht notwendig, da kein Zusammenhang

zwischen Wunde und Darmausscheidung besteht.E Bei Patienten mit einem Querschnittsyndrom muss keine Anästhesie bei

Operationen unterhalb der Querschnittläsion bereitgestellt werden, da durchdie Grunderkrankung das Schmerzempfinden aufgehoben ist.

Welche Störfaktoren der

Wundheilung und ihre

Behandlung gehören nicht

zusammen?10 A Lokalinfektion – Débridement.

B Verband klebt an der Wunde – langsames gewebeschonendes Abziehen desVerbands.

C Druckstempel am Ulkusrand – Druckentlastung.D Schmierige Beläge im Wundgrund – Débridement.E Wundfläche zu trocken – Hydrokolloidverbände.

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