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Das Online-Magazin für psychologische Themen, Schicksalsanalyse und therapeutische Arbeit
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1 «texte» April 2013
«texte»
Das Online-Magazin für psychologische Themen, Schicksalsanalyse
und therapeutische Arbeit
Herausgeber: Alois Altenweger, www.psychologieforum.ch und Szondi-Institut Zürich
2 «texte» April 2013
«texte» Bildlegende: Wo enden Therapien – nach steilem Aufstieg?
Das Online-Magazin
für psychologische Themen,
Schicksalsanalyse
und therapeutische Arbeit
April 2013
Szondi-Institut Zürich
Die Verantwortung für den Inhalt der Texte, die vertretenen Ansichten und Schlussfolgerungen liegt bei den
Autoren bzw. den zitierten Quellen.
Fotos: © Alois Altenweger
Szondi-Institut, Krähbühlstrasse 30, 8044 Zürich, www.szondi.ch, [email protected], Tel. 044 252 46 55
3 «texte» April 2013
Inhalt
Thema im Schnittpunkt
Die Zähmung des egoistischen Menschen
Die wirtschaftswissenschaftliche Theorie spricht vom Homo oeconomicus, einem
grundsätzlich egoistischen Menschen, der nur zu seinem eigenen Nutzen kooperiert. Der
Realität wird diese Theorie nur bedingt gerecht. Zwei Arbeiten von Forschern der ETH
Zürich liefern nun neue Erklärungsansätze, wie kooperatives Verhalten entstehen und sich
durchsetzen konnte. Die wirtschaftswissenschaftliche Theorie spricht vom Homo
oeconomicus, einem grundsätzlich egoistischen Menschen.
Fabio Bergamin
Psychologisches Näherungen an das Unbewusste
Alois Altenweger
Medizin und Gesundheit Die Macht der Verdrängung
Dr. Ute Schönfelder
Über den Tellerrand hinaus
Schnelles und langsames Denken
Denken ist in den wenigsten Fällen rational. Der Psychologe Daniel Kahneman hat
analysiert, was unser Denken und unsere Entscheidungen beeinflusst – und dafür den
Wirtschaftsnobelpreis erhalten.
Theo von Däniken
Das Buch des Monats Gefühle im Wandel der Zeit Christian Wolf
Zur psychotherapeutischen Arbeit Internetbasierte Interventionen: Der Therapeut im Internet
Prof. Dr. med. Horst Kächele
Veranstaltungen Psychotherapie im Alter
Zu guter Letzt
Geduld
Marie Luise Kaschnitz
4 «texte» April 2013
__Thema im Schnittpunkt
Die Zähmung des
egoistischen Menschen
Die wirtschaftswissenschaftliche
Theorie spricht vom Homo
oeconomicus, einem grundsätzlich
egoistischen Menschen, der nur zu
seinem eigenen Nutzen kooperiert. Der
Realität wird diese Theorie nur
bedingt gerecht. Zwei Arbeiten von
Forschern der ETH Zürich liefern nun
neue Erklärungsansätze, wie
kooperatives Verhalten entstehen und
sich durchsetzen konnte.
Fabio Bergamin
Sind wir alle Homines oeconomici,
rational denkende und eigennützig
handelnde Menschen? Die
wirtschaftswissenschaftliche Theorie ist lange von diesem Konzept ausgegangen. Demnach
würden wir als Konsumenten nur das Ziel verfolgen, für jeden ausgegebenen Franken einen
maximalen Nutzen zu erhalten. Und als Verkäufer hätten wir keine andere Motivation als die
Maximierung des Profits. Heute sind viele Wirtschaftswissenschaftler und Soziologen
überzeugt, dass das vereinfachende Konzept des Homo oeconomicus der komplexen Realität
der menschlichen Interaktionen nicht gerecht wird. Denn ganz offensichtlich verhalten sich
nicht alle Menschen egoistisch. Die meisten von uns sind kooperativ – nicht nur aus
Eigennutz –, haben ein Verständnis von Fairness oder gar eine soziale Ader.
Doch wie konnte dieses kooperative, «faire» Verhalten in der Menschheitsgeschichte
entstehen? Wie konnten sich Menschen, die auch zulasten des eigenen Vorteils auf andere
Rücksicht nehmen, gegen Menschen durchsetzen, die nur an den eigenen Vorteil denken?
Viele Theorien versuchen dies mit Altruismus, selbstlosem Handeln, zu erklären. Diese
Theorien gehen in der Regel davon aus, dass Menschen nicht nur gegenüber Verwandten
selbstlos handeln, sondern auch gegenüber wildfremden Menschen, die sie zum ersten Mal
sehen. Die gute Behandlung von Verwandten ist evolutiv einfach zu erklären, denn
Verwandte haben ähnliche Erbanlagen. Wenn wir sie unterstützen, tragen wir indirekt zur
Weitergabe der eigenen Gene bei. Selbstloses Verhalten gegenüber Fremden ist hingegen
evolutiv schwierig nachzuvollziehen.
Zwei Modelle, die ETH-Wissenschaftler in diesen Tagen unabhängig voneinander
veröffentlicht haben, bieten nun neue Erklärungsansätze für kooperatives Verhalten – auch
gegenüber Fremden. Das eine Modell der Gruppe von Dirk Helbing, Professor für Soziologie,
liefert eine neue Erklärung, wie sich kooperative, «faire» Menschen während der Evolution
durchsetzen konnten. Ein anderes Modell von Andreas Diekmann, ebenfalls Professor für
Soziologie, zeigt, dass Kooperation zwischen fremden Menschen nicht zwingenderweise auf
5 «texte» April 2013
Altruismus beruhen muss, sofern sich Freiwillige finden, die nicht-kooperatives Verhalten
bestrafen.
«Homo socialis»
Helbing und seine Kollegen simulierten das Verhalten einer Gruppe von einigen hundert
Menschen – im Modell Agenten genannt – während 200 Generationen mit einem
spieltheoretischen Evolutionsmodell am Computer. Das in der Fachzeitschrift «Scientific
Reports» veröffentlichte Modell berücksichtigt nicht nur den – unter anderem wirtschaftlichen
– Erfolg der Agenten, sondern auch ihre «Freundlichkeit» und ihr Kooperationsverhalten.
Auch beinhaltet es, dass soziale Werte unter bestimmten Voraussetzungen über Generationen
hinweg weitergegeben werden, aber auch spontan entstehen und variieren können.
Die Wissenschaftler begannen die Simulation mit ausschliesslich egoistischen Agenten, die
dem Homo oeconomicus entsprechen. Nach der Simulation von rund 60 Generationen kippte
das Modellsystem von einem eigennützigen in einen sozialen Zustand: Die Mehrheit der
Agenten zogen ab diesem Punkt Vor- oder Nachteile des Gegenübers in ihren Entscheidungen
in Betracht – es entwickelte sich ein «Homo socialis».
Helbing und seinen Kollegen gelang es auch, die Umstände zu ermitteln, unter welchen sich
das soziale Verhalten in der modellierten Menschheitsgeschichte durchsetzen und verbreiten
konnte, nämlich wenn die Nachfahren tendenziell nahe bei ihren Eltern bleiben. Auf diese
Weise können Clans oder Dorfgemeinschaften von Individuen mit ähnlichem
Freundlichkeitsniveau entstehen. Die in solchen Gemeinschaften lebenden Agenten hatten in
einem frühen Stadium der Simulation eine Präferenz für Freundlichkeit, sie verhielten sich
jedoch zunächst nur bedingt kooperativ. Zufällig in solche Gemeinschaften hineingeborene,
«bedingungslos kooperierende» Agenten vermochten das Verhalten der Clanmitglieder in
Richtung Kooperation zu beeinflussen. Über einen Dominoeffekt konnte sich der «Homo
socialis» letztlich durchsetzen, wie die Simulation zeigte.
Trittbrettfahrer bestrafen
Einen anderen Erklärungsansatz veröffentlichte Andreas Diekmann gemeinsam mit seinem
Kollegen Wojtek Przepiorka von der Universität Oxford in der Fachzeitschrift «Proceedings
of the Royal Society B». Die Wissenschaftler liefern eine mögliche Erklärung für
Kooperation zwischen fremden Personen, die sich zum ersten Mal begegnen – eine Erklärung,
die ohne das Konzept des Altruismus, des selbstlosen Handelns, auskommt. Die Forscher
stellen nicht in Abrede, dass es Menschen gibt, die Rücksicht nehmen auf Fremde. Doch sei
es ihnen ein Anliegen gewesen, eine Erklärung für Kooperation zu präsentieren, die ohne
dieses Konzept auskomme, sagt Diekmann.
Es ist bekannt, dass Kooperation entstehen kann, wenn nicht-kooperative Trittbrettfahrer in
einer Gemeinschaft bestraft werden. «Voraussetzung dafür ist aber, dass sich Freiwillige
finden, die diese Trittbrettfahrer im Eigeninteresse bestrafen», erklärt Diekmann. Das
Problem ist als Freiwilligendilemma
bekannt: Jemand, der einen anderen bestraft, hat oft negative Folgen zu gewärtigen. Niemand
prescht gerne vor, wenn es darum geht, einen Trittbrettfahrer zu bestrafen oder – als konkretes
Beispiel – jemanden, der im Zug zu laut Musik hört, um Ruhe zu bitten. Die Frage ist also, ob
jemand aktiv wird, statt auf das Eingreifen der anderen zu warten.
Asymmetrie steigert Kooperationsniveau
In einem spieltheoretischen Experiment mit 120 Versuchspersonen haben Diekmann und
Przepiorka das Freiwilligendilemma auf das Kooperations- und Sanktionsproblem angewandt.
Dabei untersuchten sie, wie die Versuchsteilnehmer in einem Spiel um Spielgeld mit einem
6 «texte» April 2013
betrügenden Mitspieler umgingen. Das Experiment bestätigte, dass kooperatives Verhalten in
einer Gruppe entstehen kann, solange es eine Person gibt, die straft.
Wir sind alle miteinander verknotet.
Ausserdem zeigte das Experiment, dass die Kooperation in einer Gruppe grösser ist, wenn die
Mitglieder eine sichtlich unterschiedliche Bereitschaft haben, Trittbrettfahrer zu bestrafen.
Die Verantwortung zur Sanktion wird dann nicht gleichmässig auf die Gruppenmitglieder
verteilt, sondern konzentriert sich in der Regel auf die Person, die aus der Bestrafung den
grössten Nutzen zieht oder für die die Bestrafung mit den geringsten negativen Folgen
verbunden ist. Wenn beispielsweise eine Reisegruppe im Zug von Herrn Meier weiss, dass er
sich besonders stark an lauter Musik stört, werden alle Gruppenmitglieder darauf warten, dass
Herr Meier einen Störenfried sanktioniert. «Von dieser Person wird erwartet, dass sie für alle
die Kohlen aus dem Feuer holt», sagt Diekmann. So führe die Ungleichheit der Mitglieder zu
einer effizienten Sanktionierung und gleichzeitig zu einem hohen Kooperationsniveau.
Literaturhinweis
Grund T, Waloszek C, Helbing D: How Natural Selection Can Create Both Self- and Other-Regarding
Preferences, and Networked Minds, Scientific Reports, 2013, 8: 1480, doi: 10.1038/srep01480
Przepiorka W, Diekmann A: Individual heterogeneity and costly punishment: a volunteers’s dilemma.
Proceedings of the Royal Society B, 2013, doi: 10.1098/rspb.2013.0247
7 «texte» April 2013
__Psychologisches
Näherungen an das Unbewusste
Das Konzept vom Unbewussten ist der Kern aller tiefenpsychologisch orientierten Therapien
und Analysen. Etabliert hat sich nach Szondi das Drei-Schichten-Modell des Inhalts des
Unbewussten: persönliche, familiäre und kollektive Inhalte. Ferner nehmen alle drei Schöpfer
des Konzepts vom Unbewussten in sehr unterschiedlicher Konsequenz an, dessen Inhalte
seine genetisch fixiert, wobei die schicksalsanalytische Lehre hier ein umfassendes und in
sich schlüssiges System aufweist. Bei einer näheren Untersuchung des Begriffs vom
Unbewussten stellt sich nun rasch die Frage, ob es nicht mehr Inhalte gibt, als Freud, Szondi
und Jung postulieren und ob die genetische Verortung dieser Inhalte nicht zu eng gefasst ist.
Alois Altenweger
Bei C.G. Jung lesen wir vom «psychoiden Unbewussten» und davon, dass das kollektive
Unbewusste einen Potentialitätsraum ausmache, während wir von Erich Fromm vernehmen,
dass das Unbewusste hingegen den universalen, den ganzen Menschen verkörpere, der im
Kosmos verwurzelt sei; «es verkörpert
die Pflanze, das Tier und den Geist in
ihm. Es verkörpert seine
Vergangenheit bis zur
Morgendämmerung des menschlichen
Seins, und seine Zukunft». Bei
Leopold Szondi hingegen geht’s
stringenter zu: da ist das Unbewusste
in erster Linie «Warteraum der
Ahnen» oder Kraftraum genetischer
(rezessiver) Dispositionen; die
Einschränkung auf «in erster Linie» ist
darum nötig, weil Szondi in der
inhaltlichen Definition des
Unbewussten noch Ungeklärtes offen
lässt, indem er zwar prinzipiell den Regelkreis von «Genetischer Disposition > im
Unbewusste befindlich > den Wahlzwang auslösend» postuliert aber am Rande anmerkt, dass
es Quasi-Vererbungen gäbe, die nicht in dieses Schema passen würden.
Auf Grund dieses Umrisses, der noch durch die Definition des Unbewussten bei Freud zu
ergänzen wäre, zeigt sich, dass die Frage nach dem Unbewussten sich in mehrere Teilaspekte
auflöst:
Erstens wo befindet sich das Unbewusste,
zweitens in welchem Medium ist es,
drittens wie kommuniziert das Unbewusste und wir mit ihm,
viertens wie ist – wenn überhaupt – das Unbewusste gegliedert,
fünftens welche Inhalte hat das Unbewusste,
sechstens welche Funktion nimmt das Unbewusste wahr, falls man von Funktion im Sinne
einer Aufgabe sprechen kann
siebtens: welches Ordnungsprinzip regelt das Unbewusste
achtens: von welcher Energie wird das Unbewusste betrieben.
8 «texte» April 2013
Fragen, die wir in einem Zyklus von Texten zu beantworten versuchen.
Wenden wir uns zuerst dem schicksalsanalytischen Credo zu, nachdem die unbewussten
Zwangswahlhandlungen eine Funktion der im Unbewussten lagernden (rezessiven) familiären
vererbten Genansprüche sei: «Das familiäre Unbewusste ist das unbewusste Wirkungsgebiet
der verborgenen familiären Erbanlagen. Die unbewusste Funktion des familiären
Unbewussten nennen wir Genotropismus. (Szondi, 1956/1999, S. 71)»
Zur Klärung gilt es festzuhalten, dass die unbewusste Wahl zwar für uns unbewusst
erscheinen mag, diese Wahl aber gemäss der Schicksalsanalyse einem Motivkomplex von
Triebbedürfnissen entspringt, der für die möglicherweise zuständigen Gene nicht unbewusst
ist, sondern einem dem Gen bekannten Programm, also dem Bewusstsein des Gens folgt.
Wenn man sich die
Vielfarbiges Unbewusstes und viel Dunkles
Aktivitäten in den Zellen, einem der Aufenthaltsorte der Gene, dem nahezu hektischen und
minutiösen Arbeiten in den Zellen – wie in einer Fabrik! - sich vor Augen führt, gewinnt man
schon den Eindruck, da sei äusserst bewusstes und programmiertes Schalten und Walten
dahinter. Unbewusst ist nicht mit dem Unbewussten gleichzusetzen und es als «Warteraum
der Ahnen» zu bezeichnen, dürfte insofern zutreffen, als dass die «Ahnenansprüche» eben
nicht genetisch bedingte Aktivitäten sind, sondern präformierte Formen, Programme und
Methoden der Daseinsbewältigung wie sie die fast unendlichen Reihe von Vorfahren in einem
kollektiven Raum der Erinnerungen abgespeichert hat. Der Begriff «Potentialitätsraum» von
C. G. Jung dürfte die Qualität dieses Raumes gut umschreiben und schliesst die genetisch
verlaufende Vererbung von psychischen Manifestationen und vorab Krankheiten in keiner
Weise aus, sondern würde eben auf ein transgenerationales «Gedächtnis» (Schützenberger)
hindeuten, in dem eben familiäre Ereignisse, Traumata, Erfahrungen und Lebensmodi
gespeichert sind, die nicht die Gene als Speichermedium benützen. Der springende Punkt
dabei ist, dass der Inhalt dieses Gedächtnisses für uns unter normalen Umständen nicht
bewusst abrufbar ist wie das Geburtsdatum oder eine Telefonnummer, sondern eben
unbewusst bleibt, ergo im Unbewussten abgelegt worden ist. Es sind die Antworten unserer
Ahnen auf spezifische Problematiken des Daseins – so gesehen durchdringen uns die
Lebenserfahrungen unserer Vorfahren als ererbte «pattern of behaviour» (Jung), als
Lösungswege und Leitmotive und werden von uns unbewusst (Zwangswahl nach Szondi) in
unsere persönliche und aktuelle Art der Lebensbewältigung eingebaut. Also gilt es, das
Unbewusste aus dem genetischen Korsett zu befreien, denn das Unbewusste sitzt nicht im
Baustoff der Gene, der DNA, der Aminosäuren und der daraus geformten Proteine, vielmehr
sind die in der DNA codierten Informationen der Gene Inhalte eines viel umfangreicheren
kosmischen Unbewussten. Unbewusst ist die Übernahme der sich über x-Generationen
hinziehenden ererbter Programmierungen und unser – vom ersten Lebenstag an - persönliches
Schreiben an diesem familiären Fortsetzungsroman. Solcherart leisten wir unseren Beitrag an
die familiäre Ahnengeschichte. Nebenbei bemerkt, ist es völlig offen, ob und wann und wie
familiäres Ahnenerbe modifiziert, umgeformt oder gelöscht werden kann, denn eine
beispielsweise schicksalsanalytische Therapie ermöglicht im besten Fall eine Sozialisierung
oder eine freudsche Sublimierung, aber damit wird nur für eine individuelle Person die
negative Manifestation eines Triebbedürfnis «gezähmt», aber nicht auf Dauer «unschädlich»
gemacht, denn wie es Szondi in seinen Büchern «Triebdiagnostik» und «Ich-Analyse»
schlüssig dargelegt hat, sind die Triebbedürfnisse unveränderlich, sie treten nur immer in
wechselnden Schaustücken auf der «Drehbühne der Triebbedürfnisse» (Szondi) auf.
Die in diesem Text vorgenommene erste Annäherung an das Unbewusste hat wie nicht anders
zu erwarten, mehr Fragen aufgeworfen als beantwortet wurden und zu mehr Hypothesen
9 «texte» April 2013
geführt, als vorauszusehen war. Erfreulich wäre es, wenn die skizzierten Überlegungen und
vorläufigen Schlüsse zu einer Diskussion unter SchicksalsanalytikerInnen führen würden.
Häufig findet sich nicht die Blaue Blume sondern violetter Kohl im Unbewussten.
__Medizin und Gesundheit
Die Macht der Verdrängung
Dr. Ute Schönfelder
Wer unangenehme Gefühle permanent unterdrückt, wird über kurz oder lang krank. Das
postulierte bereits Ende des 19. Jahrhunderts der „Vater“ der Psychoanalyse Sigmund Freund.
Obwohl häufig zitiert und in der Alltagspsychologie mittlerweile fest verankert, stand der
wissenschaftliche Beweis für die Richtigkeit dieser These bislang aus. „Die Forschung zum
direkten Zusammenhang zwischen der Verdrängung negativer Emotionen und dem Auftreten
physischer Symptome und Beschwerden beruht bisher auf vielen teils widersprüchlichen
Einzelbefunden“, erklärt Prof. Dr. Franz J. Neyer von der Friedrich-Schiller-Universität Jena
diese Forschungslücke. Zwar seien Spekulationen vor allem in der populärwissenschaftlichen
Literatur weit verbreitet, so der Psychologe. „Doch ob Menschen, die negative Gefühle
vermeiden, tatsächlich häufiger unter körperlichen Krankheiten leiden als andere, ist bislang
nicht nachgewiesen worden.“
Am Lehrstuhl für Differentielle Psychologie, Persönlichkeitspsychologie und Psychologische
10 «texte» April 2013
Diagnostik sind jetzt – mehr als ein Jahrhundert nach Freud – Nachwuchsforscher erstmals
systematisch daran gegangen, eine neuere Version von dessen Theorie zu überprüfen. In der
Fachzeitschrift „Health Psychology“ haben Marcus Mund und Kristin Mitte
die erste Meta-Analyse veröffentlicht, die den Zusammenhang von emotionaler Verdrängung
und körperlichen Erkrankungen quantitativ untersucht hat (DOI: 10.1037/a0026257). Dafür
haben sie sämtliche weltweit verfügbaren Einzelergebnisse zusammengetragen, die das
Auftreten von Krankheiten wie Krebs, Herz-, Kreislauferkrankungen, Asthma oder Diabetes
im Zusammenhang mit Verdrängungstendenzen untersucht haben.
Das Ergebnis: Tatsächlich gibt es Zusammenhänge zwischen der Verdrängung und einigen
Krankheiten. „Das Unterdrücken unangenehmer Gefühle ist ein allgemeiner
Abwehrmechanismus, den jeder Mensch von Zeit zu Zeit nutzt“, erläutert Marcus Mund,
Hauptverantwortlicher der Studie: „Es gibt aber auch Menschen, in deren Persönlichkeit das
Prinzip der Abwehr wesentlich verankert ist.“ Diese Eigenschaft nennen die Psychologen
„Repression“.
Im Mittelpunkt der in die Studie eingegangenen Daten standen typische „Represser“ – also
Menschen, die negative Gefühle generell unterdrücken. „Diese Menschen zeichnen sich
dadurch aus, dass sie einerseits angeben, wenig Angst zu verspüren und sich andererseits sehr
defensiv verhalten, also wenig risikofreudig sind und stets eine hohe Kontrolle über sich und
die jeweilige Situation suchen“, so Marcus Mund. Interessanterweise sind Represser aber
weitaus ängstlicher als sie selbst glauben oder zugeben wollen. „Setzt man Represser
psychischem Stress aus, so zeigen sie heftige körperliche
Angstreaktionen, wie Schwitzen oder einen beschleunigten
Puls.“ Auch im Vergleich zu „Nicht-Repressern“ reagieren sie
häufig stärker.
Genau an diesem Punkt, so der Psychologe weiter, setze auch
der Einfluss auf die körperliche Gesundheit ein. So bestehe ein
eindeutiger Zusammenhang zwischen Repression und einem
erhöhten Blutdruck. Chronischer Bluthochdruck wiederum kann schwerwiegende
Folgeerkrankungen wie koronare Herzerkrankungen, Nieren- oder Augenschäden
verursachen. Für andere Krankheiten, wie Krebs, lasse sich allerdings kein Zusammenhang
zwischen der Unterdrückung von Emotionen und dem Risiko zu erkranken feststellen. „Die
häufig ins Spiel gebrachte sogenannte Krebspersönlichkeit gibt es definitiv nicht“, ist sich
Marcus Mund sicher.
Allerdings bedeute die persönliche Veranlagung zur Repression nicht, dass auftretende
Krankheiten auch schwerer verlaufen als bei Nicht-Repressern. Im Gegenteil: „Aufgrund
ihres hohen Kontrollbedürfnisses sind Represser in der Regel sehr diszipliniert und
motivierter, ihren Lebensstil an die Krankheit anzupassen.“ Werden diese Ressourcen
genutzt, könne sich das günstig auf den Therapieerfolg auswirken. Jedoch betonen die
Psychologen auch, dass viele der vorliegenden Studien keine Rückschlüsse darüber erlauben,
was eigentlich „Henne“ und was „Ei“ ist: Führt die Verdrängung zu chronischen Krankheiten
oder verdrängt man, weil man chronisch krank geworden ist. (Foto: Anne Günther/FSU)
Kontakt:
Marcus Mund
Institut für Psychologie der Friedrich-Schiller-Universität Jena
Humboldtstraße 11, 07743 Jena
Tel.: 03641 / 945165
E-Mail: marcus.mund[at]uni-jena.de
11 «texte» April 2013
__über den Tellerrand hinaus
Schnelles und langsames Denken
Denken ist in den wenigsten Fällen rational. Der Psychologe Daniel Kahneman hat
analysiert, was unser Denken und unsere Entscheidungen beeinflusst – und dafür den
Wirtschaftsnobelpreis erhalten. Am Dienstagabend sprach er auf Einladung des UBS
International Center of Economics in Society.
(Text und Bild: Theo von Däniken)
Wie kein Zweiter hat sich der Nobelpreisträger Daniel Kahneman in seiner Forschung damit
auseinandergesetzt, was eigentlich unser Denken und Entscheiden lenkt. Damit hat er weite
Kreise in der Wissenschaft beeinflusst. Unter anderem entzauberte Kahneman den «homo
oeconomicus», der sich bei genauerem Hinsehen keineswegs als der rational abwägende, alle
Informationen berücksichtigende Mensch erweist, als den ihn die Wirtschaftswissenschaftler
lange Zeit gern gesehen haben. Kahneman sei einer «der wichtigsten und einflussreichsten
lebenden Psychologen», erklärte UZH-Wirtschaftsprofessor Ernst Fehr in seiner Begrüssung
zum Vortrag Kahnemans an der Universität Zürich. Als einer der wenigen Nichtökonomen
erhielt Kahneman 2002 den Wirtschaftsnobelpreis für seine Erkenntnisse, wie sich Menschen
entscheiden. Rationales und vernünftiges Denken ist dabei weniger bedeutend, als schnelles,
assoziatives Denken, das zudem von irrationalen Neigungen gesteuert wird.
Mühelos und automatisch
Schnelles Denken, so erläuterte Kahneman, basiere auf Eindrücken und darauf folgende
automatisierte Reaktionen des Gehirns. Ohne dass wir aktiv etwas dazu tun, steigen je nach
Situation Worte, Assoziationen, Erinnerungen und Emotionen in uns hoch. Das schnelle
Denken, das die Psychologen als «System 1» bezeichnen, passiert einfach so und fordert uns
keine Mühe ab. In den meisten Fällen geben wir uns damit zufrieden, Eindrücke und
Wahrnehmungen zu verarbeiten, auch wenn uns dazu eigentlich nur wenige Informationen
zur Verfügung stehen. Solange sich diese kohärent in unsere Wahrnehmung einbinden lassen,
sind wir bereit, diese Interpretation ohne weiteres Nachdenken zu akzeptieren.
Denn das langsame Denken, das «System 2», mit dem wir zum Beispiel die Reaktionen des
«Systems 1» kontrollieren oder komplizierte Rechenaufgaben lösen, ist mit echter
Anstrengung verbunden. Diese ist durchaus mit körperlicher Anstrengung vergleichbar. Und
selbst wenn wir «langsam» oder nach «System 2» denken, so ist auch dieses wiederum vom
schnellen Denken beeinflusst. Denn wir neigen dazu, darin vor allem jene Informationen und
12 «texte» April 2013
Einschätzungen zu berücksichtigen, die unseren ersten Eindruck stützen. Was nicht dazu
passt, vernachlässigen wir.
Irrationale Neigungen
Nun wird insbesondere das schnelle Denken von einer ganzen Reihe von Irrationalitäten
beeinflusst, denen Kahneman in seiner Forschung auf den Grund gegangen ist. So neigen wir
etwa dazu, mögliche Verluste viel höher einzuschätzen als mögliche Gewinne. Haben wir die
Gelegenheit, ein Geschäft zu machen, bei dem wir 200 Franken gewinnen können, bei dem
aber auch mit gleicher Wahrscheinlichkeit ein Verlust von 100 Franken droht, werden wir es
in der Regel nicht machen.
Diese Verlustaversion hat weitreichende Konsequenzen für unser Verhalten in vielen
Bereichen. In Verhandlungen etwa werden eigene Konzessionen, die man dem Gegenüber
macht, als Verluste empfunden und deshalb hoch gewertet. Die Konzessionen des
Gegenübers hingegen stellen für einen selbst Gewinne dar, die jedoch nicht gleich hoch
eingeschätzt werden.
Rat von Freunden
Die Verlustaversion spielt jedoch keine Rolle, wenn es um Gewinne oder Verluste von
Anderen geht. Deshalb werden Politiker oder Wirtschaftsführer oft von den heftigen
Reaktionen auf ihre Entscheide überrascht, weil sie die Gewinne und Verluste ganz anders
einschätzen als die Betroffenen. Für diese haben die Verluste emotional ein anderes Gewicht.
Deshalb, so riet Kahneman, sei es aber auch eine gute Idee, sich externen Rat, beispielsweise
von Freunden einzuholen. Denn ein Aussenstehender kann mögliche Verluste und Gewinne
objektiver abwägen.
In scheinbarem Widerspruch zu der Verlustaversion steht ein anderer irrationaler Faktor, der
unser Denken verzerrt: der «übersteigerte Optimismus». Die Menschen sind gemäss
Kahneman fast unverbesserliche Optimisten. Obwohl zum Beispiel der weitaus grösste Teil
von neuen Unternehmen innert weniger Jahre wieder in Konkurs geht, lassen sich immer
wieder unzählige Menschen von Neuem auf das Abenteuer Unternehmensgründung ein. Weil
sie der festen Überzeugung sind, ihr Unternehmen werde es schon schaffen.
Antriebskraft des Kapitalismus
Dieser Optimismus sei die «Antriebskraft» des Kapitalismus, erläuterte Kahneman. Denn
dadurch würden Menschen Innovation wagen, auch dann, wenn ein nüchterner Blick auf die
Chancen zeigen würde, dass nur in den wenigsten Fällen ein wirtschaftlicher Erfolg zu
erzielen ist. Für die gesellschaftliche und technologische Entwicklung ist dieser übertriebene
Optimismus deshalb eine wichtige Voraussetzung.
«Planungen», so erklärte Kahneman, «sind immer zu optimistisch.» Dabei hilft nicht einmal
die Einsicht in dieses Phänomen, um ihm nicht zum Opfer zu fallen. Das musste Kahneman
selber erfahren, als er plante, sein Buch «Thinking, fast and slow» in achtzehn Monaten zu
schreiben. Letztlich wurden viereinhalb Jahre daraus.
Theo von Däniken, Journalist und Mitarbeiter von UZH News
13 «texte» April 2013
_zur psychotherapeutischen Arbeit
Internetbasierte Interventionen:
Der Therapeut im Internet
Prof. Dr. med. Horst Kächele
Therapeuten, seien sie nun als Berater oder Psychotherapeuten tätig, sind ein eigenartiger
Berufsstand. Sie verdanken ihre Popularität der Veränderung sozialer Netzwerke in der
westlichen Kultur (Kächele 2000), worunter nicht nur die religiöse Bindung gemeint ist,
sondern überhaupt die Auflockerung sozialer Beziehungssysteme. Jede Gesellschaft schult
einige ihrer Mitglieder für die Ausübung einer speziellen Form von Einflussnahme, die im
alltäglichen sozialen Umfeld nicht oder nicht mehr verfügbar ist, schrieb der US-Psychiater
J. Frank (1961, dt. 1981. S. 20). Durch Jahrhunderte kultureller Entwicklung hat sich der
frühgeschichtliche Schamane zum modernen Heiler entwickelt, dessen Charisma ungeachtet
seiner methodischen Kompetenz sich in sehr unterschiedlichen Überzeugungen auszudrücken
scheint. Es vereint sie, wie es scheint, das Gefühl einen „unmöglichen“ Beruf auszuüben
(Kernberg et al. 2005).
Es ist nun der Frage nachzugehen, wo der Therapeut im Gefolge der technischen
Veränderungen bleibt, die die neuen Medien mit ihren rasanten
Kommunikationsmöglichkeiten mit sich bringen?
Allerdings, ob mit den „neuen Medien“ ein ganz neues kulturelles Phänomen in Erscheinung
getreten ist, das uns als Psychotherapeuten nur irritiert und das wir nur zögerlich zur Kenntnis
nehmen, kann zunächst offen bleiben. Denn es könnte hilfreich sein, sich durch einen
Rückgriff auf ein „altes und ehrwürdiges Medium“ eine hilfreiche Orientierung zu
verschaffen, die dann auch bei der Bewertung der sog. neuen Medien nützliche Anregungen
liefern könnte. Botschaften wurden schon ausgetauscht, als die Menschheit noch „auf den
Bäumen hockte“. Übermittlung von Hinweisen erfolgt mit vielfältigen Materialien; doch erst
mit der Entwicklung elaborierter Sprachsysteme konnte ein kommunikatives Phänomen
entstehen, das wir heute als „Briefwechsel“ kennen. Vom lateinischen „brevis (libellus)“
stammend, handelt es sich um eine schriftliche, meist verschlossene Mitteilung an einen
bestimmten Adressaten, die persönlich durch Boten überbracht oder seit Jahrhunderten durch
organisierte Postsysteme befördert wurde. Neben dem eigentlich privaten Brief gab es immer
schon den offiziellen Brief für Mitteilungen oder Anweisungen sowie den meist auf politische
Wirkung berechneten „offenen Brief“. In jeder Form – privat oder als literarischer Brief fiktiv
und zur Veröffentlichung bestimmt - stellen Briefe wichtige Zeitdokumente dar. Sie
verdeutlichen den jeweiligen Stand der Medialität in einer Kultur.
Eine kommunikative Kultur durch Briefwechsel konnte geographische und oder soziale
14 «texte» April 2013
Entfernungen überbrücken (Beyrer & Täubrich 1996). Viele Zeugnisse belegen, dass auch im
Medium des Schreibens „therapeutisch wirksame Kommunikation“ vermittelt werden kann.
Allerdings stellt sich eine Frage, die allem Briefeschreiben zugrunde liegt: Die Unsicherheit
einer Antwort, die nicht nur durch physische Abwesenheit des Kommunikationspartners oder
die geographische Ferne bestimmt ist, lässt jeden Brief zunächst zu einem monologischen
Ereignis werden, dem erst durch die verzögerte Antwort eine dialogische Qualität zukommt.
Im alltäglichen dialogischen Sprechen sind die Möglichkeit einer Antwortverweigerung
erheblich schwieriger, da sich der Sprechende unmittelbar dazu äußern kann (Streeck 2004).
Er kann insistieren, nachfragen, darauf bestehen, dass eine Antwort erfolgt, und nicht selten
geschieht dies dann auch unter Einsatz physischer Mittel. Briefe haben diese Möglichkeit
nicht. Sie sind in einem hohen Masse erwartungsunbeständig; sie werden geschrieben in der
Hoffnung auf eine Antwort, doch bleibt unsicher, ob sie kommt. Sie nehmen oft eine Antwort
vorweg. Damit markieren sie einen oft vergeblichen
Versuch, eine Trennung zu überbrücken, wie Koopmann
(2002) am Beispiel des recht einseitigen Briefwechsel
Goethes mit Frau von Stein belegt hat.
Die sog. neuen Medien haben besonders in der Form des e-
mailens viele Aspekte des altehrwürdigen Briefeschreibens
abgewandelt aufgegriffen. Wir können die vordergründigen
Merkmale der e-mail Kommunikation, die schon vielfältig
untersucht wurden (Döring 2003), bei Seite lassen, um uns
auf die Frage zu konzentrieren, ob und wie sich psycho-
therapeutische Prozesse in diesen Medien ereignen, wie
man sich als Therapeut dieser neuen Situation stellt.
Auch Online sollte die Übertragung blühen
Eine ungewöhnliche Kommunikationsleistung dürfte die von dem Ulmer Psychoanalytiker
Andreas Bilger in eine Kunstgalerie präsentierte Fax-Therapie darstellen, der sich mit seinem
Patienten, einem Architekten, auf zeichnerische Weise, dessen diesen stark
einschränkende Tierphobie therapeutisch genähert hat. Durch Fax übermittelte Zeichnungen
des Patienten seines phobischen Objektes wurden vom Analytiker überzeichnet,
korrigierend umgezeichnet und wieder an den Patienten zurückgefaxt. Die Arbeitsweise
erinnert an das Winnicottsche Schnörkel Spiel (1973); das Fax als Medium schuf Kontakt
und Abstand, die Zeichnungen wurden als Medium des Austausches Träger von deutender
Annäherung aus Aussöhnung mit dem gefürchteten Objekt.
Die grundlegende Situation therapeutischer Tätigkeit ist durch eine prägnante zeitliche und
örtliche Beschränkung gegeben. Ob einmal in der Woche oder mehrmals, macht da keinen
Unterschied; die meiste Zeit ist ein Therapeut real nicht verfügbar. Der Klient oder Patient
muss mit dieser Beschränkung leben und muss lernen, daraus seinen Gewinn ziehen.
Die Funktionalität eines Therapeuten besteht in der Verfügbarkeit als symbolisches Objekt,
als quasi den psychischen
Stoffwechsel anregende Person, die gerade durch ihre überwiegende Nicht-Verfügbarkeit der
kurzen Präsenz der Sitzung eine bedeutungsvolle Rolle zuweist.
15 «texte» April 2013
Ermöglicht man nun eine therapeutische Beziehung überwiegend durch den Austausch von
Briefen, e-mails, oder gar nur durch SMS-Botschaften, wird dieser Prozess der physischen
Nicht-Präsenzradikalisiert; gleichzeitig wird durch die zeitlich unspezifizierte
Kontaktmöglichkeit das Phantasmaeiner Omnipräsenz bestätigt. Der bedeutungsvolle Andere,
als der ein Therapeut zu agieren hat, muss noch stärker vom Kunden, vom Klient oder Patient,
eigenständig „erfunden“ werden. Je betonter eine Intervention die Rolle des Therapeuten
zurückfährt, desto mehr wird dem Nutzer diese Ausgestaltung des therapeutischen Einflusses
überlassen.
Dies dürfte Auswirkungen auf die Herstellung der therapeutischen Allianz haben, die
anerkanntermaßen das wichtigste technische Prinzip nicht nur der psychodynamischen
Therapieformen ist, sondern wie heute allgemein anerkannt wird, in allen
Behandlungsmodalitäten.
Was ist damit gemeint?
Die hilfreiche Beziehung, wie Luborsky (1976) diese Allianz als Thema der
Therapieforschung initiierte, ist eine Bezeichnung für eine Reihe offensichtlich verwandter
Phänomene, in denen sich widerspiegelt, in welche Masse der Patient die Beziehung zum
Therapeuten als hilfreich bzw. möglicherweise hilfreich für das Erreichen der
Behandlungsziele erlebt. Dieses steht im Einklang mit Freuds (1912b) Empfehlung, dass die
milde positive Übertragung als "Trägerin des Erfolges" (S. 371) betrachtet werden sollte. Im
Kontext der neuen Medien stellt sich also die Frage, inwieweit diese dieser Herstellung
förderlich oder hinderlich sind.
Das Konzept der „hilfreichen Beziehung“ ist ein multidimensionales Konstrukt, an dem vier
Aspekte differenziert werden können (Horvath u. Greenberg 1994); es ist lohnend, diese vier
Aspekte darauf zu betrachten, inwieweit sie unter den Bedingungen einer indirekt-medial
gestalteten Kommunikation – im Gegensatz zur face-to-face Kommunikation - erreichbar
sind:
a. „Die Fähigkeit des Patienten zielgerichtet in der Therapie arbeiten zu können“ wird je
nach den Eigenarten der kommunikativen Situation unterschiedlich zum Tragen
kommen; klar strukturierte Vorgaben einer direktiven Intervention fördern eher die mehr
oder weniger bestehenden Fähigkeiten eines Patienten als die indirekten Einladungen
sich über seine Probleme spontan zu äußern.
b. „Die affektive Verbundenheit des Patienten mit dem Therapeuten“ sicher zu stellen,
erfordert eine spezielle Fähigkeit des Therapeuten, sich im schriftlichen Kontakt so
deutlich zu zeigen, dass ein Gefühl des Verbundenseins sich ausbilden kann.
c. „Das empathische Verstehen und die Involviertheit des Therapeuten“ dürfte zu einem
nicht geringen Grad von dessen Bereitschaft abhängen, mögliche textuelle Hinweise in
den schriftlichen Äußerungen zu erfassen und in seinen wiederum schriftlichen
Antworten zu expandieren.
d. „Die Übereinstimmung von Patient und Therapeut hinsichtlich der
Behandlungsaufgaben - und –ziele“ zu sichern, hängt wiederum stark vom Grad der
Strukturiertheit der Vereinbarung ab.
Hierzu liegen auch bereits Befunde vor, die sich auf die Qualität der Patienten- Therapeut
Beziehung richten. Ott (2003) berichtet in seiner Übersicht zu klinischpsychologischen
Interventionen und Psychotherapie im Internet zwar, dass noch „keine eindeutigen Trends
gefunden werden konnten“, aber eine Reihe von Studien zeige, dass „Internet-Basierte
Interventionen“ häufig mit einer negativen Compliance und einer Unzufriedenheit mit der
Intervention verbunden waren“ (S.141). Massive Drop-out Raten von über 50% innerhalb der
IBI-Bedingung sind nicht nur ein Hinweis, welche Personen unabhängig von Störungsbildern
16 «texte» April 2013
für solche Interventionen geeignet sind, – was einen Rückfall hinter den Stand der
Indikationsforschung darstellen würde (Kächele & Kordy 2011) – sondern mehr noch,
welches Ausmaß von ‚concern’ ein Therapeut aufbringen muss, um den Erwartungen gerecht
zu werden und die Tücken des Mediums ausreichend in Rechnung zu stellen. Wird im
Extremfall via einer Internet-Seite die personale Ausgestaltung durch einen real existierenden
Therapeuten auf Null gebracht, - was vermutlich für rein psychoedukative Vorschläge
sinnvoll sein mag -, verbleibt die kühne Hoffnung, dass auch Lesen bildend wirken kann.
In meiner therapeutischen Praxis haben sich verschiedene Möglichkeiten etabliert. Schon
lange war
mir in der Handhabung schwieriger therapeutischer Konstellationen ein telefonischer Kontakt
zwischen Sitzungen nützlich, um Rupturen der therapeutischen Allianz aufzufangen (s.d.
Safran 2002; Scharff 2012). Botschaften, in denen Patienten ankündigten, nie mehr
wiederkommen zu wollen, wurden rasch mit telefonischen Rückanrufen meinerseits
beantwortet. Dies hat sich bewährt, da solche außergewöhnlichen Krisenzeichen stets auch
mögliche Fehler in meiner Behandlungsführung anzeigten. Das nachfolgende Beispiel aus
meinen Behandlungsunterlagen illustriert jedoch, dass solche Reparaturversuche auch durch
Tücken des Mediums gefährdet sein können:
Gestern Mittag hat die Patientin A. angerufen, nachdem sie am Tag vorher schon angerufen
hat und es wegen schlechter Verbindung sehr wackelige Gesprächskontakte gab. Abends
erreicht sie mich zu Hause und kündigt diesmal „endgültig“. Sie werde nicht mehr
wiederkommen, sie wünscht mir alles Gute, sie sei halt wiedermal die Verliererin. Ich habe
ihr dann auch alles Gute gewünscht und das Gespräch auch dann nicht weiter fortgesetzt.
Trotzdem wurde die Behandlung Monate später auf Wunsch der Patientin wieder
aufgenommen. Zunehmend stellte die Patientin ihre Kontaktwünsche statt durch
Telefonanrufe, die stets durch mein Sekretariat gingen, auf Kontaktnahme mittels e-mails
um. Wie im nachfolgenden Ausschnitt zu erkennen, reguliert sie nun selbst die (durch meine
Abwesenheit bedingte) Phase der Unterbrechung
lieber Herr K.,
Danke fuer die schnelle Reaktion,
das hilft schon enorm;
es reicht dann auch noch spaeter als Dienstag.
Sie muessen sich nicht zerreissen. Ich weiß ja jetzt, dass ich nicht aus ihren
Gedanken bin, dann kann ich warten.
Ich schlage vor, Sie mailen, wenn Sie sehen, dass es ohne Stress reinpasst: es ginge
bei mir leider nur Mittwoch, weil einmal den ganzen Tag Besprechungen sind und
ich ein Gespräch mit dem neuen Chef habe, das kann ich schlecht umlegen.
die neue Technik hat doch auch Riesenvorteile
ich wünsche Ihnen eine gute Zeit, bis dann und nochmals danke
beste Gruesse A.
Eine andere, heute schon nicht mehr, ungewöhnliche Situation ist durch den Gebrauch von
längeren e-mails gekennzeichnet, in denen belastende Themen „angesprochen“ werden, die
sich ein Patient vor Aufnahme einer Behandlung oder während einer Sitzung nicht mitzuteilen
getraut. Hier fungiert das andere, schriftliche Medium als Träger von Botschaften, denen die
mündliche Mitteilung (noch) versagt ist und das Medium etabliert eine eigenständige Ebene
der therapeutischen Beziehung (Cook & Doyle 2002). Ein chronisch schweigender Patient
erprobte mit längeren e-mails versuchsweise die Mitteilbarkeit von schwer Sagbarem; die
Frage, ob in der nachfolgenden Sitzung dieses Material besprochen werden kann, überlasse
ich stets dem Patienten – nur er kann wissen, was sagbar ist und was noch verschwiegen
werden muss. Manche Therapeuten würden eine solche Zugänglichkeit durch ein alternatives
17 «texte» April 2013
Medium nicht tolerieren wollen. Man warnt vor der Gefahr einer intrusiven
Objektmanipulation durch unkontrollierbares Agieren. So berichtet Gabbard (2001)
über e-mail vermittelte Übertragungslieben. Es scheint eine Frage der individuellen Toleranz
zu sein, welchen Belastungen man sich aussetzen möchte.
Ein schlicht praktisches Problem stellt sich mit der Frage, in welchem Zeitraum man als
Therapeut eine e-mail beantworten sollte. Bei vereinbarten Terminen in regulärer Therapie ist
dieses Problem geklärt; bei vereinbarter Möglichkeit des e-mail Austausches bleibt dies offen.
Das folgende Beispiel reagiert auf die Klage der Patientin:
Liebe Frau A
es wiederholt sich in der Tat etwas. Sie schreiben einen persönlichen e-mail
Brief und erwarten, dass ich Ihnen bald antworte.
In der guten alten Zeit der Schneckenmail war das Schreiben eines Briefes
noch nicht mit der Erwartung verknüpft, dass eine Antwort sogleich eingeht.
Warum gilt dies nicht auch für e-mails.
Ich lese Ihre mail, ob kurz oder lang, denke darüber nach, und wenn es für mich
stimmt, dann antworte ich Ihnen.
Als medizinisch identifizierter Therapeut sehe ich solche zusätzliche Inanspruchnahme als
eine Art Analog zu Nacht- und Sonntagsdiensten an, deren Verpflichtung mir sonst erspart
bleibt.Unterbrechungen der regelmäßigen Sitzungen, durch meine beruflich oder privat
bedingten
Abwesenheiten begründet, sind ein weiterer Anlass, auch von mir aus die Möglichkeit eines
Austausches anzubieten:
Mittwoch
vermisse Sie
da ich jedoch im Moment keine Probleme habe, kann ich auch nicht kommen,
obwohl ich es gern täte
gruss A.
Mittwoch,
Liebe Frau A.
das klingt nach einer vernünftigen Einstellung
hoffentlich hält diese Wetterlage über den Sommer an
gruss Ihr K.
Mittwoch
lieber Herr K.,
habe so über das Wort "Wetterlage" lachen müssen - das Wetter wechselt das ganze Jahr
über und "vernünftig" bin ich gottseidank nicht immer
und Sie hoffentlich auch nicht - oder ? !
einen herzlichen Gruss
Ihre A.
Dankenswerterweise hat die Patientin dieser Wiedergabe unseres Austausches zugestimmt
und fügt ihre Erfahrung mit dem Internet bei:
Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kommunikation mit dem Internet ohne eine vorherige
intensive Arbeit mit der physischen menschlichen Anwesenheit für mich möglich gewesen
wäre. Am Anfang hat mir der knappe Stil große Schwierigkeiten gemacht, da für mich
Knappheit bedrohlich war. Mit der Zeit und auf dem Hintergrund eines vollständigeren
Bildes des Analytikers (Stimme, Gestik, Mimik etc.) sprich dem Zunehmen einer inneren
Repräsentanz habe ich gelernt, dies zu akzeptieren, ohne mich abgelehnt zu fühlen. Zudem
18 «texte» April 2013
hatte ich die Hoffnung, dass sich dies auch ändern könnte.
Ich glaube, dass es für mich hauptsächlich darum ging, dass jemand antwortet. Erst dann
aber dann nach Buchstaben und einzelnen Wörtern (O-Ton Kächele: ein einziges Wort
genügt), wie der Analytiker antwortet. Deswegen konnten die Botschaften auch kurz sein
und verschoben werden. Gleichwohl halte ich eine virtuelle Kommunikation im
Allgemeinen für problematisch. da sie einen ganz dünnen Korridor der Verständigung
ausmacht.
Ich fände es wichtig, den Einfluss von
Stimme zu untersuchen.
Noch radikaler als der Austausch von
elektronischen Briefen wirkt sich der
Gebrauch von SMS-Botschaften auf die
therapeutische kommunikative Situation
aus. Ganz abgesehen davon, dass das
Verfassen solcher Botschaften nicht
gerade ein Vergnügen ist – besonders
wenn einem die jugendkultur-
spezifischen Codes nicht zur Verfügung
stehen – stellt die radikale Vereinfachung
der Mitteilungen eine wahre
Herausforderung dar. Es beginnt mit
Und der Online-Raum für narzisstische
Spiegelungen?
dem Problem, ob das handy – der Namen
gibt vor, dass es permanent in der Hand gehalten werden muss - dauernd eingeschaltet sein
soll, und endet mit der Frage, was man denn nun vernünftigerweise auf einen verdichteten
Aufschrei eines leidenden Menschen antworten kann, ohne seinen Zeigefinger zu überfordern.
SMS am ... um 14.51
Stelle mir vor, das ich bei Ihnen sein darf, ganz nah und dass Sie mich aushalten, bis ich tot
19 «texte» April 2013
bin. Solche Botschaften erfordern eine kommunikative Dichte, die für poetische Kompetenz
des
antwortenden Therapeuten eine Herausforderung darstellen. Feststellen konnte ich jedoch,
dass zeitliche Kontiguität in der Beantwortung einer SMS-Botschaft eine Wirkung ausübt, die
bei wiederholter Betätigung durchaus das Gefühl eines In-Kontakt-Seins generieren kann.
Aus meiner Erfahrung heraus kann ich folgern, dass selbst ein so reduzierter Austausch
genügend Kontaktwirksamkeit vermitteln kann, um kritische Zeiten zu überbrücken.
Eine systematische Diskussion, jenseits meiner persönlichen Erfahrungen, zu veränderren
Situation für Therapeuten, steht noch am Beginn. Immerhin weisen Knaelsrud et al. (2004)
darauf hin, dass zur Diskussion der therapeutischen Beziehung selbstverständlich auch die
Perspektive des Therapeuten gehöre. Sie betonen als Vorteil die asynchrone, also
zeitverzögerte Kommunikation bei der Online-Therapie, da „sowohl Patient als auch
Therapeut ausführlich über die vorherige Korrespondenz reflektieren können und nicht wie
bei einer Sitzung unter dem Druck stehen, unmittelbar reagieren zu müssen“ (S.178). Dies ist
ein interessantes Argument, denn es verknüpft die Online-Therapie einmal mehr mit den Vor
und Nachteilen des Briefeschreibens. Die Funktion des Rahmens in der face-toface Therapie
ist nun nicht, „Druck“ herzustellen, zumindest nicht in der psychodynamischen Therapie.
Auch dort darf geschwiegen werden, nachgedacht werden, und ein Therapeut, der sich unter
Druck fühlt, sofort antworten zu müssen, dürfte bald ein burn-out Syndrom entwickeln.
Allerdings wird eine zeitlich-örtliche Begrenzung eingeführt; am Ende der Sitzung trennen
sich beide, um sich wie verabredet wieder zu treffen.
Es wird gerne betont, der Online-Therapeut könne sich mit Kollegen besprechen. Er habe
sogar die Möglichkeit, „den gesamten therapeutischen Prozess anhand der ausgetauschten
Texte zu verfolgen“. Das mag für kurze therapeutische Online-Kontakte, wie sie Cook &
Doyle (2002) skizziert haben, zutreffen. Bei längeren therapeutischen Kontakten, die meine
klinische Erfahrung ausmachen, macht dieses Argument wenig Sinn. Psychoanalytisch
bedacht ist dieses ein totalistisches Argument.
Ein ganz anderes, ebenfalls zum Nachdenken anregendes Argument wird aus der Online-
Therapie von posttraumatischen Belastungsreaktionen berichtet. Da nach dem Konzept der
sekundären Traumatisierung Therapeuten durch Patienten mit belastet sind, wurde überprüft,
ob die online-Therapeuten in der Studie von Dijk und Verkuijl (2000) sich emotional sehr
involviert fühlten; ein Grossteil beschrieb emotionale Reaktionen wie Besorgheit und
Mitfühlen. Knaevelsrud et al. (2004) deuten dies so, dass die Online-Form der Behandlung
dem emotionalen Miterleben mit dem
Patienten nicht im Wege steht. Der potentielle Schutz für psychologische Beraterinnen, die
Frauen, sog. „survivors“ von sexueller Traumatisierung, online beraten haben (Schauben u.
Frazier 1995), arbeitet noch ein neues Moment heraus. Auf Grund des „digitalen Kontaktes“ –
welch ein schlimmes Wort - seien diese Beraterinnen keinen Belastungen durch nonverbale
Eindrücke ausgesetzt gewesen; die belastende Qualität des Traumanarrativs werde durch das
Medium des Internet möglicherweise vermindert (zit. nach Knaevelsrud et al. 2004, S.179).
Wenn dies zuträfe, wenn die Lektüre von Traumanarrativen bei einem Glas Wein dem Berater
seine Arbeit erleichtert (s.d. Knatz & Dodier 2003, S.115), dann eröffnen sich neue Horizonte
für das therapeutische Personal.
Eine diskrete Brückenfunktion zwischen stationärer Psychotherapie und anstehender
ambulanter Therapie durch eine Computer-gestützte SMS-Kommunikation, wie sie im
Stuttgarter Bulimie-Projekt (Bauer et al. 2003) realisiert wurde, legt nahe, dass für Menschen
nach einer formellen Therapie-Phase die Erfahrung hilfreich ist, noch weiter wahrgenommen
zu werden. Dies gilt für traditionelle Psychotherapie (Schachter u. Kächele 2012) und wird
auch für das Angebot einer SMS-Brücke (oft in Ermangelung einer nur selten zu erreichenden
20 «texte» April 2013
unmittelbaren Anschlussbehandlung) gelten. Das Gefühl eines ‚containments’ wird
anscheinend ausreichend
durch die wöchentlichem Computer-generierten SMS Nachfragen gestützt. Es wäre allerdings
interessant, sich auszumalen, in welchem Ausmaß die jungen Teilnehmerinnen des Projektes
sich vorstellten, in welcher Weise ein lebendiger therapeutischer Begleiter den Nachsorge-
Prozess begleitet hat. Ob es eine Frau war oder ein Mann, ob diese oder dieser auch
telefonisch erreichbar wäre und wie oft versucht wurde, einen solchen ausgedehnteren
Kontakt zu bahnen. Auch hier werden sich die bekannten Risiken therapeutischer Arbeit
einstellen, nämlich das Problem der therapeutischen Vereinbarung, der Möglichkeiten und
Grenzen derselben sowie die Gefährdung durch phantasmatische In-Beziehung-Setzungen. In
allen einschlägigen Veröffentlichungen wird deutlich, dass Mobilmedienunterstützung
vorwiegend Methoden der kognitiven Verhaltenstherapie einsetzt. „Mögliche Erweiterung auf
psychodynamische Ansätze wäre zu prüfen“, schreiben Döring u. Eichenberg (2007, S. 134).
Warum psychodynamische Therapeuten hier eine Medienresistenz zeigen, ob dies
„psychodynamisch“ begründbar ist oder nur Verweigerung, muss offen bleiben und
könnte Gegenstand von qualitativen Interviews mit Medien-affinen und Medien-resistenten
Therapeuten sein.
Als Therapeut im Umgang mit den neuen Medien bestätigt sich mir die Alltagserfahrung, dass die
Nutzung solcher Medien einer Ich-Du Beziehung nicht unbedingt im Wege stehen muss. Denn diese
wird auch in Situationen etabliert, in denen keine menschliche Person unmittelbar als
Dialogpartner anwesend ist. In diesen Situationen wird technisch hergestellten Dingen („mein
handy“) und medial erzeugten Fiktionen mit Gefühlen, Erwartungen und Zuschreibungen begegnet,
die häufig unbemerkt die Prämisse implizieren, dass es sich um Subjekte handele. Die Menschheit
hat schon immer „Servonen“ (Allert & Kächele 2000) benutzt; das sind technische Hilfsmittel –
auch Prothesen genannt – die erfolgreich in das körpergebundene Selbstbild eingebunden werden
und in kommunikativen Prozessen in die immer wieder neu zu generierende Selbst- und
Körperbilder einfließen.
Neue Medien dringen in altes Gemäuer.
21 «texte» April 2013
Neu ist wohl an den <neuen Medien>, an den „Kommunikations-
Servonen“, dass sie dramatisch die räumlichen und zeitlichen Dimensionen therapeutischer
Prozesse vereinfachend verändern, und damit – so wäre zu hoffen - die Ausübung einer speziellen
Form von Einflussnahme ermöglichen, die Menschen im alltäglichen sozialen Umfeld unterstützend
zur Verfügung gestellt werden können, die nicht oder noch nicht Zugang zu direkten face-to-face
Situation therapeutischer Kommunikation haben. So finden wir im Internet hoffnungsvolle Töne
derart:
Der Psychologe XYZ outed sich als Experte für Psychologie im Internet. Er sieht eine große
Zukunft für die Online-Beratung.
Beliebt und fast schon bestätigt sei die Kontaktaufnahme per Internet in der Zukunft „zumindest für
einen gewissen Teil der Bevölkerung“. Erreicht werden soll derjenigen Teil der Bevölkerung, der
Schwierigkeiten hat, Kontakte aufzubauen, „dem es schnell peinlich wird, wenn er jemand anderem
unter die Augen tritt, die Unsicherheiten und Ängste haben“. Das Problem der Unverbindlichkeit,
das bis zu angenommenen Netz-Identitäten reicht, wird bislang m. E. nicht ausreichend ins Auge
gefasst.
Optimistisch wird gehofft, dass „mit den neuen Technologien Lücken im Versorgungsystem
geschlossen werden können“ – Lücken, die die herkömmliche Versorgung offen lasse. Doch sind
auch Zweifel erlaubt! Es ist wohl kaum davon auszugehen, dass Patienten, wenn sie wählen können
zwischen einer erreichbaren face-to-face Situation gegenüber eine virtuellen Therapiesituation, der
Virtualität den Vorzug geben würden. Offen ist jedoch, ob mit den neuen Medium ein Kontakt zu
Menschen hergestellt werden kann, die sich aus welchen Gründen auch immer nicht in eine face-to-
face Situation begeben wollen, selbst wenn sie könnten. Eine wachsende Literatur zum Schreiben
als therapeutischem Prozess, für den auch systematische Untersuchungen sprechen (Pennebaker
1997), mahnt zur Besonnenheit.
Ob E-Mail Beratung eine offenere Problemkommunikation als eine Face-to-Face Beratung erlaubt,
wie schon vollmundig behauptet wird (Knatz & Dodier 2003, S. 123), dürfte mehr geklärt werden.
Vermutlich gibt es Themen, sich zunächst einmal besser schriftlich darstellen lassen, da durch das
Schreiben eine Art off-line Kommunikationssituation hergestellt wird.
Eine solche Situation schuf ein Patient, der mir in der ersten Sitzung sein Tagebuch übergab mit der
Bitte, es zu lesen. Es sei dort ein ihn sehr beschämendes Symptom genannt, über das er zwar nicht
sprechen möchte, das er aber bei mir aufgehoben wissen wolle (Thomä u. Kächele 2006, S.124).
Der Umgang mit solchen besonderen Situationen, sei es Tagebuch, seien es e-mail basierte
Mitteilungen, erfordert Takt und die Fähigkeit, gelassen damit umzugehen.
Es muss deshalb noch besser spezifiziert werden, für welche Klientel in welchen Umständen solche
ungewöhnlichen, aber nicht unmöglichen Wege der Mitteilung hilfreich sein können. Und wer und
warum als Therapeut sich einer solchen Situation aussetzen möchte, dürfte ebenfalls noch weiter zu
klären sein. Vermutlich sind verhaltenstherapeutische, störungs-spezifische Interventionen, die
Manual-basiert appliziert werden können, einfach besser geeignet; psychodynamische
Interventionen lassen sich eher nicht auf Anweisungen reduzieren.
Ein gesellschaftlicher Trend zur Nutzung virtueller Welten ist nicht zu übersehen und Prognosen
auf das spätere Nutzerverhalten von Computer-Kids als Kunden von Psychotherapie-Angeboten
sind riskant. Aber gewiss werden sich auch Internet-Therapeuten finden, die von sicherer Basis aus
operieren wollen. Aber es werden auch schon scheinbar mahnende Stimmen laut:
Die Klienten von Internet-Notruf und Telefonseelsorge sind im Netz gut aufgehoben, doch
nicht auf jeder virtuellen Couch liegen sie so gut.
Klingt gut und frech; ob dies auch zutrifft, wer weiß es derzeit schon.
Die Psychotherapie im Netz kann ganz schön teuer werden. Die Zahl der Anbieter wächst und nicht
alle sind wirklich seriös. Es ist im Internet nahezu unmöglich zu überprüfen, wer letztendlich
dahintersteckt. Bei einzelnen Therapeuten - selbst wenn die ihre Diplome ins Netz stellen - sollte
22 «texte» April 2013
man vorsichtig sein.
Offensichtlich geht dieser Internet-Therapeut, aus dessen Homepage die mahnenden Worte zu
finden sind, dass die Mehrzahl der Anbieter, ihn selbst eingeschlossen, seriös seien. Da er selbst die
Gefahr der fíngierten Diplome benennt, wäre die Gründung von lizenzierenden Institutionen
zeitgemäß. Noch gilt, dass Ärzte ohne in Augenscheinnahme eines Patienten keine Diagnosen
stellen dürfen, geschweige denn Behandlungen durchführen. Mutatis mutandis dürfte dies auch für
psychologische Psychotherapeuten gelten. So schließt denn der hier zitierte Internet-Anbieter mit
einer soliden Warnung:
Wer im Internet nach dem richtigen Therapeuten sucht, sollte schon etwas genauer hinschauen.
Nur wohin soll der potentielle Kunde hinschauen? Diese Gretchenfrage bleibt unbeantwortet.
Huxley´s „Schöne Neue Welt“ zu lesen, dürfte wieder angezeigt sein. Die Auswirkungen virtueller
kommunikative Prozesse, die natürlich gar nicht virtuell sind, wird uns noch viel beschäftigen.
Einen Therapeuten zu haben, mit dem sich trefflich streiten lässt, solange er oder sie aus Fleisch
und Blut zu haben ist, sollte nicht unterschätzt werden. Man könne niemand ‚in absentia’
erschlagen, meinte Freud. Vermutlich haben die Herausgeber einer Sammlung von Texten zur
intersubjektiven Wende in der Psychoanalyse (Altmeyer & Thomä 2006) nicht absichtlich den
irreführenden Titel „Die vernetzte Seele“ gewählt. Vermutlich dachten sie nicht daran, selbst als
Therapeuten im Netz zur Verfügung zu stehen – oder doch?
Vortrag im Rahmen der 62. Lindauer Psychotherapiewochen 2012 (www.Lptw.de)
Sind wir noch Online oder irgendwo?
23 «texte» April 2013
Literatur
Allert G, Kächele H (Hrsg) (2000) Medizinische Servonen. Stuttgart, Schattauer
Altmeyer M, Thomä H (2006) (Hrg) Die vernetzte Seele. Die intersubjektive Wende in der
Psychoanalyse. Stuttgart, Klett-Cotta
Beyrer K, Täubrich H-C (Hrsg) (1996) Der Brief eine Kulturgeschichte der schriftlichen
Kommunikation, Heidelberg, edition braus
Bauer, S, Percevic R, Okon E & Kordy H (2003) Use of text messaging in the aftercare of patients
with bulimia nervosa. Eur Eat Disord Rev 11: 279-290
Cook JE, Doyle C (2002) Working alliance in online therapy as compared to face-toface therapy.
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Dijk T & Verkuijl O (2000). Kract van de behandeling en risicofaktoren voor online
traumatherapeuten. Master thesis. University of Amsterdam
Döring N (2003) Sozialpsychologie des Internet. Die Bedeutung des Internet für
Kommunikationsprozesse, Identitäten, soziale Beziehungen und Gruppen. Göttingen,
Hogrefe
Döring N, Eichenberg C (2007) Klinisch-psychologische Interventionen mit Mobilmedien. Ein
neues Praxis- und Forschungsfeld. Psychotherapeut 52: 127-135
Frank J (1961) Persuasion and healing – A comparative study of psychotherapy. Baltimore, Johns
Hopkins Press; dt. Die Heiler. Stuttgart, Klett-Cotta 1981
Freud S (1912b) Zur Dynamik der Übertragung. GW Bd 8, S 363-374,
Gabbard G (2001) Cyperpassion: E-Rotic transference on the internet. Psychoanal Q 70: 719-737
Hanlon J (2001) Disembodied intimacies: Identity and relationship on the internet. Psychoanal
Psychol 18: 566-571
Horvath A, Greenberg L (Hrsg) (1994) The working alliance: theory, research and practice. Wiley,
New York
Kächele H (2000) Ohne Rücksicht auf Verluste Die Durchsetzung der westlichen
psychoanalytischen Deutungsmacht. In: Strauss B, Geyer M (Hrsg) Psychotherapie in Zeiten
der Veränderung. Westdeutscher Verlag, Wiesbaden, S. 253-258
Kächele H, Kordy H (2011) Indikation als Entscheidungsprozess. In: Adler RH (Hrsg) von Uexküll
Psychosomatische Medizin. Modelle ärztlichen Denkens und Handelns. München - Jena,
Urban & Fischer, S 399-410
Kernberg OF, Dulz B, Eckert J (Hrsg) (2005) WIR: Psychotherapeuten über sich und ihren
»unmöglichen« Beruf. Stuttgart, Schattauer
Knaevelsrud C, Jager J, Maercker A (2004) Internet-Psychotherapie: Wirksamkeit und
Besonderheiten der therapeutischen Beziehung. Verhaltenstherapie 14: 174-183
Knatz B, & Dodier B (2003) Hilfe aus dem Netz. Theorie und Praxis der Beratung per E-Mail.
Stuttgart, Pfeiffer bei Klett-Cotta.
Seite -10-
24 «texte» April 2013
_das Buch des Monats
Gefühle im Wandel der Zeit
Empfinden alle Menschen Trauer und Freude, Stolz und Einsamkeit gleich? Um solche Fragen zum Wesen
von Gefühlen zu beantworten, unternimmt Jan Plamper von der University of London eine Reise in die
Vergangenheit. In diesem Sachbuch gibt der Historiker einen beeindruckenden Überblick über die
Emotionsforschung und speziell die noch relativ junge Disziplin der Emotionsgeschichte.
Christian Wolf
In zwei zentralen Kapiteln stellt Plamper die beiden gegensätzlichen Pole dieser Disziplin vor. Der
konstruktivistischen Sichtweise der Sozial- und Geisteswissenschaftler zufolge sind Gefühle vor allem eines:
ein Produkt sozialer, kultureller und historischer Bedingungen. Für diese Perspektive habe die Ethnologie
zahllose Belege gesammelt; hier schöpft Plamper aus reichhaltigen und äußerst anschaulichen Materialien.
So verspüre etwa eine Volksgruppe auf Papua-Neuguinea das Gefühl der Einsamkeit als Hunger. Diesen
empfänden sie aber nicht als körperliches Verlangen, sondern als emotionalen Missstand, denn Gesellschaft
sei für sie lebensnotwendig. Widerpart des Sozialkonstruktivismus ist der Universalismus, eine Position, für
die vor allem Experimentalpsychologen Partei ergreifen. Demnach äußern sich Gefühle bei Menschen in
allen Kulturen und zu allen Zeiten in ähnlicher Weise. Der wohl bekannteste Vertreter dieser Sichtweise ist
der Anthropologe Paul Ekman, emeritierter Professor von der University of California in San Francisco. Aus
seinen empirischen Erkenntnissen zur menschlichen Mimik filterte er eine Reihe von basalen Emotionen wie
Wut und Ekel heraus, die Menschen kulturübergreifend in gleicher Weise ausdrücken und erkennen.
Im abschließenden Kapitel schildert Plamper Versuche, die beiden vermeintlich unvereinbaren Positionen
miteinander in Einklang zu bringen. Zuvor legt er vor allem die Schwächen von Ekmans methodischem
Vorgehen offen. Auch manche überzogene Interpretation der boomenden Hirnforschung zu sozialen
Emotionen kritisiert der Historiker zu Recht. Das Konzept der Spiegelneurone etwa hätten einige
Neurowissenschaftler in den vergangenen Jahren überstrapaziert und diesen Nervenzellen eine Beteiligung
an höheren kognitiven Leistungen zuerkannt, zum Beispiel beim Sprachverständnis.
Für besonders problematisch hält es der Autor, wenn Kollegen aus Geistes- und Sozialwissenschaften die
keineswegs unumstrittenen Ergebnisse der Spiegelneuronenforschung unkritisch auf ihre eigene Arbeit
übertragen. So erkläre etwa ein Kunsthistoriker den Erfolg einiger Kunstwerke damit, dass sie die
dargestellten Emotionen körperlich nachfühlbar machten.
Mit diesem anschaulichen Sachbuch liefert Plamper trotz den erwähnten Schwächen einen faszinierenden
Einblick in die Welt der Emotionen und ihrer Erforschung. Obwohl er selbst Historiker ist, gelingt es ihm,
nicht nur geistes- und sozialwissenschaftliche, sondern auch naturwissenschaftliche Analysen fundiert
darzulegen. Allerdings sollte der Leser neben einigem Vorwissen auch eine Portion Geduld und
Wissensdurst mitbringen. Denn des Öfteren geht es dem Autor weniger um die Emotionen selbst als um ihre
Erforschung. Nüchterne wissenschaftstheoretische Überlegungen sind da keine Seltenheit.
Jan Plamper Geschichte und Gefühl Siedler-Verlag, 2013, ISBN: 3886809145
Fr. 37.90
25 «texte» April 2013
_veranstaltungen
Einladung zur VOPT-Fachtagung vom 16. Mai 2013
Psychotherapie im Alter In der Vergangenheit wurden nur wenige ältere Menschen psychotherapeutisch behandelt, weil auf Seiten
der Psychotherapeut/innen wie auf der der Patient/innen erhebliche Vorbehalte bestanden. Doch immer
deutlicher zeichnet sich ab, dass das Altern der Gesellschaft und der Kohortenwandel sich auch in einer
Zunahme der Inanspruchnahme von Therapieangeboten durch ältere Menschen widerspiegelt.
Damit wächst auch der Wunsch, sich auf diese wachsende Patientengruppe besser einzustellen:
Wie denken und fühlen ältere Menschen, welche Probleme und Konflikte bringen sie mit in die Therapie,
und wie gestaltet sich die Beziehung zu ihnen? Die Fachtagung soll einige dieser Fragen beleuchten und so
dazu beitragen, dass sich die therapeutische Arbeit mit älteren Patienten konstruktiv entwickeln und zu
einem fruchtbaren Arbeitsfeld werden kann.
Themenleitung:
Meinolf Peters, Prof. Dr. phil., geb. 1952, Diplom-Psychologe, Psychotherapeut und Psychoanalytiker.
Honorarprofessor an der Universität Marburg, niedergelassen in eigener Praxis, leitender Psychologe im
Funktionsbereich Gerontopsychosomatik in der Klinik am Hainberg in Bad Hersfeld.
Mitherausgeber der Zeitschrift ‚Psychotherapie im Alter’
Programm Referate zur Psychotherapie mit Älteren und Arbeit an Fallvignetten zu klinischen Problemen in der
Behandlung Älterer wechseln sich ab.
Die Tagung dauert von 9.00 bis 16.00 Uhr. Mittagspause mit Mittagessen von 12.30 bis 14.00 Uhr.
Kosten inklusive Mittagessen Fr. 150.-(Mitglieder VOPT), Fr. 180.-(Nichtmitglieder)
Anmeldung
Die Bezahlung der Tagungsgebühr auf das Postkonto 90-11656-1, Vereinigung Ostschweizer
PsychotherapeutInnen (VOPT), 9000 St. Gallen, gilt als Anmeldung.
Für Rückfragen: Sabina Kunz, Telefon 078 880 80 03, [email protected] oder Erich Zimmermann,
Telefon 076 251 57 89, [email protected]
Lageplan/Wegbeschreibung: Schloss Wartegg, CH-9404 Rorschacherberg
Tel. 071 858 62 62 / [email protected], www.wartegg.ch
26 «texte» April 2013
__zu guter Letzt
Geduld
Geduld. Gelassenheit. O wenn gelänge
Es still in sich in dieser Zeit zu ruhn,
Und wer vermöchte die Zusammenhänge
Mit allem Grauen von sich abzutun?
Zwar blüht das Land. Die reichen Zweige wehen,
Doch Blut und Tränen tränken rings die Erde
Und in der Tage stillem Kommen, Gehen
Verfällt das Herz der tiefsten Ungebärde
Und ist das Leiden satt und will ein Ende
Und schreit für Tausende nach einer Frist,
Nach einem Zeichen, dass das Kreuz sich wende.
Und weiss doch nicht, mit welchem Mass der Bogen
Des Unheils über diese Welt gezogen
Und welches Schicksal ihm bereitet ist.
Marie Luise Kaschnitz
«Überallnie»
27 «texte» April 2013
28 «texte» April 2013
29 «texte» April 2013
30 «texte» April 2013
31 «texte» April 2013
32 «texte» April 2013