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Michael Müller, 23.04.99, Seite 1 von 4
Die Anforderungen an Bild-verarbeitungssysteme werdenimmer größer. Aus diesemGrund wurden in den letztenJahren die Bildverarbeitungs-komponenten Schritt für Schrittverbessert. Die Bilderzeugungs-komponente oder anders ausge-drückt ‘das Objektiv’ wurdedagegen oftmals außer acht ge-lassen. In letzter Zeit wird je-doch auch vermehrt versuchtdas Potential der Optik aus zureizen. Ein Ansatzpunkt ist derEinsatz von telezentrischen Ob-jektiven.Neu ist diese Technologie abernicht. So fertigt z.B. die FirmaSill Optics seit über 15 Jahrentelezentrische Objektive für die
Profil Projektion. Dieses vor-handene Know How wurde nunverwendet um eine Reihe vontelezentrischen Objektiven zurealisieren die speziell für CCDMatrix- und Zeilenkameras aus-gelegt sind.
Was sind telezentrische Ob-jektive?
Bei dem Versuch, den Durch-messer einer großen Bohrung ineiner dicken Stahlplatte mit Hilfeeiner CCD-Kamera und einesStandardobjektivs zu messen,stellt man fest, daß man ver-schiedene Meßergebnisse er-mittelt, je nachdem ob auf den
oberen oder unteren Bereich desLoches focussiert wird.
Die Ursache liegt darin, daß dieEintrittspupille des CCD-Kame-raobjektivs kleiner als der Loch-durchmesser ist. Das Objektivmuß also nach links, rechts,oben und unten ‘schauen’, umden Lochrand zu sehen. Auf-grund der perspektivischenProjektion auf den CCD-Chip,erscheint die Kontur des Lochesan der Vorderseite des Profilsgrößer als die, durch das Lochhindurch betrachtete, Kontur ander Rückseite.
Telezentrische Objektivehalten vermehrt Einzug in dieindustrielle Bildverarbeitung.Dieser Artikel soll dem An-wender die Funktionsweisedieses Objektivtyps sowieVor- und Nachteile erläutern.Zudem wird eine Hilfestel-lung zur Auswahl gegeben,sowie Anwendungsbeispieleaufgezeigt.
Telecentric lenses are gettingmore and more important formachine vision applications.In this report the user will getsome information about theperformance of these lensesand as well about the prosand cons. In addition to thata support for selection of aappropriate lens and someapplication examples will begiven.
Konrad Hentschel und Michael Müller, Wendelstein
Telezentrische Objektivefür die
industrielle Bildverarbeitung
Eine Einführung für den Anwender
CCD-Chip
y2´
y1´
y1
y2
H=H´
Standardobjektiv
CCD-Chip
y2´
y1´
y1
y2
H2=H2´
H1=H1´
Blende
telezentrischesObjektiv
Bild 2: schematische Gegenüberstellung
Bild 1: Telezentrische ObjektiveCorrectal® T von Sill Optics
Michael Müller, 23.04.99, Seite 2 von 4
Diese Meßproblem kann gelöstwerden, wenn man ein Systemrealisiert, bei dem alle Licht-strahlen das Objektfeld parallelzur optische Achse passieren.Der Fachausdruck für diesenStrahlengang nennt sich ‘tele-zentrisch’.
Telezentrische Objektive könnenaus diesem Grund überall dortihre Stärken ausspielen, wo derAbstand zum Objektiv nichtexakt definiert ist oder die opti-sche Weglänge bei der Auswer-tung verschiedener Merkmalevariiert und zudem ein exaktdefinierter Abbildungsmaßstabgefordert ist.
Telezentrischer Strahlengang
Im allgemeinen muß man zwi-schen drei verschiedenen Typenvon telezentrischen Strahlengän-gen unterscheiden:
• objektseitig,• bildseitig oder• beidseitig telezentrische Systeme
Der Unterschied besteht darin,daß die oben erwähnte Ab-standsinvarianz entweder ein-seitig oder auf beiden Seitenbesteht, d.h. die Objektlage, dieBildlage -Position des CCDSensors- oder beides könnenvariieren. In der Bildverarbei-tung genügt zumeist eine ob-jektseitige Telezentrie da sich die
Bildwandlerposition im allge-meinen nicht ändert.
Ein normales CCD Objektivbildet mit Hilfe eines Projekti-onszentrums ab. Von einemtelezentrischen Objektiv wirdeine Art Parallelprojektion er-wartet, die ein unverfälschtes 2DBild auf dem Sensor erzeugt.Solch eine Abbildung wäre abernur mit idealen Lichtstrahlenmöglich. In der Realität hat manes aber mit Strahlenbündeln zutun. Das bedeutet, daß ein tele-zentrisches genauso wie einStandard Objektiv nur eine op-timale Focusebene besitzt. Ge-nerell kann aber eine gewisseUnschärfe toleriert werden, waszu einem Schärfentiefebereichführt. Aus Bild 2 kann leichtersehen werden, daß die Größedieses Bereiches vom Blenden-durchmesser und somit vomDivergenzwinkel der Strahlen-bündel abhängt. Beim Einsatzvon telezentrischen Objektivensollte deshalb versucht werden,die Blende möglichst weit zuschließen um einen maximalenSchärfentiefebereich zu erhalten.Es darf jedoch nicht außer Achtgelassen werden, daß es bei sehrkleinen Blendendurchmessern zuBeugungserscheinungen kom-men kann.
Der wesentliche Punkt ist nun,daß sich bei einem StandardObjektiv der Abbildungsmaß-stab im Schäfentiefebereichändert und bei einem telezen-trischen Objektiv nicht. Zudem
kann aber davon ausgegangenwerden, daß ein telezentrischesObjektiv einen größerenSchärfentiefebereich besitzt alsein vergleichbaresStandardobjektiv.
Objektseitig telezentrische Ob-jektive besitzen im allgemeinendie gleiche Bauweise. Als Re-sultat der gewünschten Parallel-projektion muß die Eintrittspu-pille des optischen Systems im‘Unendlichen’ liegen. Konstruk-tiv bedeutet das, daß sich dieBlende in der Focusebene desFrontglieds befinden muß. Diehinter der Blende sitzendenKomponenten sorgen dann fürdie Abbildung auf den Sensor.
Auflicht und Durchlicht
Ein Objektiv kann nur Lichtaufnehmen, daß zuvor von einerBeleuchtungsquelle ausgesendetwurde. Grundsätzlich kann eintelezentrisches Objektiv imAuflicht und/oder imDurchlicht verwendet werden.Bei der Verwendung vonDurchlicht sollte entwederkomplett diffus oder mit Hilfeeines Kondensors sehr gutkollimiert, sprich telezentrisch,beleuchtet werden [3].
Bei Auflicht können z.B. han-delsübliche Lichtleiter oderRinglichter verwendet werden.Zudem ist es jedoch möglich,Licht direkt ins Objektiv ein zukoppeln und dadurch einekoaxiale telezentrische Auf-lichtbeleuchtung zu realisieren[4].
Bild 3: Ein telezentrischesObjektiv erzeugt einunverfälschtes 2D Bild
Michael Müller, 23.04.99, Seite 3 von 4
Wo werden telezentrischeObjektive eingesetzt?
Telezentrische Objektive werdenbereits in vielen Indu-strieapplikationen eingesetzt, woes auf hohe Präzision undzumeist auch auf Geschwin-digkeit ankommt.
Applikationsbeispiele sind:
• höhenunabhängige Kontur-vermessung
• Exakte Vermessung vonMerkmalen auf verschiede-nen Ebenen
• Profil Projektion(Schattenwurfprojektion)
• Vermessung von Bohrun-gen
• Vermessung von Durch-messern
• Optische Koordinaten-messtechnik
• Überprüfung von mechani-schen und elektrischenVerbindungsteilen
• Fehlersuche bei bestücktenLeiterplatten
• Vermessung von vibrieren-den oder beweglichen Tei-len
• Steuerung von Wire BondMaschinen
• Druckmarkenkontrolle• Online Qualitätssicherung
von Extruder Profilen
Leistungsmerkmale
Ein Leistungsmerkmal ist dasAuflösungsvermögen, das beihochwertigen Objektiven nahezubeugungsbegrenzt sein kann.Dies hat zur Folge, daß in derPraxis das maximale Auflö-sungsvermögen eines BV-Sy-stems durch den CCD Chip undnicht durch das Objektiv be-stimmt wird. Ein Beispiel, diemaximale Auflösung eines tele-zentrischen Objektivs mit einemAbbildungsmaßstab von 0,66 istca. 5 µm, die Pixelgröße ist ca. 10µm.
Ein weiteres Kriterium ist diemaximale relative Verzeichnungder Optik. Die Verzeichnung istder relative Fehler des Abstandeseines Bildpunktes zur optischen
Achse im Bezug auf den theore-tischen Abstand der durch denparaxialen (idealen) Abbil-dungsmaßstab errechnet werdenkann. Sehr gute Optiken könneneine max. rel. Verzeichnung vonunter 0,05% besitzen. Falls tele-zentrische Objektive zur Sicht-prüfung eingesetzt werden sollenoder die Verzeichnung mit Hilfevon Algorithmen korrigiert wer-den kann, ist auch der Einsatzvon Objektiven mit einermaximale relative Verzeichnungim Prozentbereich möglich, dieim allgemeinen wesentlich preis-günstiger sind.
Wie schon erläutert arbeitet manbei einem telezentrischen Ob-jektiv im Schärfentiefebereich.Die Größe dieses Bereichs hängtvon einigen Parametern ab. MitHilfe einer Faustformel kann dieGröße des Schärfentiefebereichs∆F jedoch abgeschätzt werden:
∆F mm≈ ±′
1
β∆F Schärfentiefebereich
′β Abbildungsmaßstab
Wichtigstes Merkmal ist natür-lich die Güte der Telezentrie. Imidealen Fall verlaufen die Strah-lenbündel parallel zur optischenAchse. Die Winkelabweichungder realen Strahlen zu einer Pa-rallelen beträgt, bei den Ob-jektiven der Firma Sill Optics,weniger als 1 mrad. Bei einerVariation des Arbeitsabstandesbedeutet diese eine Veränderungdes Abbildungsmaßstabes derum mindestens Faktor 20 kleinerist als bei einem konventionellen25 mm Objektiv.
Eine andere Möglichkeit dieGüte der Telezentrie zu quantifi-zieren ist die Definition einesTelezentriebereiches, in dem sichdie Bildgröße um z.B. nichtmehr als 3 µm ändert. Mit Hilfeder Tangensfunktion und desAbbildungsmaßstabes kann dann
Vor- und Nachteilevon telezentrischen Objektiven
Vorteile: Nachteile:• konstanter Abbildungs-
maßstab bei variablemArbeitsabstand
• unverfälschte 2D Bilder• keine toten Winkel am
Fuß von erhöhten Ob-jekten
• Hohe erzielbare Meßge-nauigkeit
• Großer Schärfentiefebe-reich
• Keine Bildkorrekturalgo-rithmen nötig
• Aufgrund der Parallelpro-jektion muß das optischeFrontglied mindestens sogroß wie der zu beobach-tende Gegenstand sein.Aus diesem Grund werdentelezentrische Systeme fürgroße Objektfelder sehrunhandlich.
• feststehende Abbildungs-verhältnisse
Michael Müller, 23.04.99, Seite 4 von 4
die max. Winkelabweichung derStrahlenbündel ermittelt werden:
ξβ
=µ ⋅ ′
arctan3 1
2
m
T∆
ξ Winkelabweichung
∆T Telezentriebereich′β Abbildungsmaßstab
Hilfestellung zur Auswahl
Bei konventionellen Objektivenkann der Abbildungsmaßstabmit dem Abstand zum CCDChip eingestellt werden. DieseVerfahrensweise ist bei telezen-trischen Objektiven nicht mög-lich. Sie besitzen einen be-stimmten Abbildungsmaßstabder im allgemeinen nicht verän-dert werden kann. Aus diesemGrund werden bei telezentri-schen Objektiven in den Daten-blättern zumeist Arbeitsbereicheangegeben, die sich aus dem
Abbildungsmaßstab und dermax. möglichen Sensorgrößeerrechnen lassen.
Um das für Ihre Applikationgeeignete Objektiv zu finden,sollten Sie wissen, welchen Be-reich Sie vermessen oder be-trachten möchten, wie groß derSensor Ihrer Kamera ist undevtl. welche maximale relativeVerzeichnung Sie tolerierenkönnen.
Die Autoren dieses Beitrages:
Dipl. Phys. Konrad Hentschelstudierte in Würzburg und ist nunTechnischer Leiter beim OptischenWerk J.E. Sill GmbH & Co. KG inWendelstein. Er sieht zurück aufüber 10 Jahre Erfahrung in derEntwicklung und Fertigung vontelezentrischen Objektiven.
Dipl. Ing. (FH) Michael Müllerstudierte Feinwerktechnik an derGeorg Simon Ohm FachhochschuleNürnberg. In seiner Diplomarbeitbefaßte er sich mit telezentrischenObjektiven. Heute ist er ProjektManager beim Optischen Werk J.E.Sill GmbH & Co. KG inWendelstein.
Literaturverzeichnis:
[1] H. Haferkorn, Optik, JohannAmbrosius Barth Verlag, 1994
[2] Abbildungsfehler telezentrischerObjektive, Michael Müller,Diplomarbeit an der GeorgSimon Ohm FachhochschuleNürnberg, Fachbereich Nach-richten- und Feinwerktechnik,SS1996
[3] Scharfe Konturen, W. Richter, R.Jahn, F&M 105 (1997) Ausg. 7-8,S. 519-523
[4] Licht aus dem Objektiv, J.Schlichting, F&M 105 (1997)Ausg. 6, S. 447-450