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Sechs Seiten Beilage von katrin blawat München – Erstmals haben Forscher ein Chromosom eines komplexen Organismus im Labor nachgebaut. Die Chromosomen sind jene Strukturen, auf denen sich die Erbsubstanz DNA und damit die Gene be- finden. Bei dem nun nachgebauten Chro- mosom handelt es sich um eines der Bä- ckerhefe. Dieser Mikroorganismus spielt eine große Rolle in der biotechnischen In- dustrie. Er besitzt, wie Pflanzen und Tiere auch, einen Zellkern und unterscheidet sich dadurch von den einfacher struktu- rierten Bakterien. Das erste synthetische Hefe-Chromo- som sei ein „wichtiger technischer Meilen- stein“, sagte Wilfried Weber, Professorfür Synthetische Biologie an der Universität Freiburg. Er war nicht an der Arbeit betei- ligt, die nun ein internationales Team aus 80 Wissenschaftlern und Studenten unter der Leitung von Jef Boeke vom Langone Medical Center in New York und Sriniva- san Chandrasegaran von der Johns Hop- kins University in Baltimore im Fachmaga- zin Science präsentierte. Die Bäckerhefe wird bereits heute in der Biotech-Industrie eingesetzt, etwa, um Me- dikamente, zum Beispiel gegen Malaria, Biotreibstoffe und andere Chemikalien herzustellen. Bislang ist die Ausbeute je- doch häufig gering. Dies werde sich bes- sern, so vermuten Forscher, wenn sich künftig das komplette Erbgut der Hefe im Labor zusammensetzen ließe. Dann könn- te zum Beispiel der Preis für Medikamente sinken, die in der Hefe produziert werden. Forscher arbeiten bereits daran, auch die übrigen Chromosomen dieses Mikroor- ganismus nachzubauen. Das Ziel ist eine Hefezelle mit komplett künstlichem Erb- gut. Die nun präsentierten Ergebnisse bele- gen erstmals, dass dies grundsätzlich mög- lich ist. Vergleichbares ist Forschern zwar bereits mit einer Bakterien-Zelle gelun- gen. Sie ist aber einfacher strukturiert und ihr Erbgut leichter zu synthetisieren. Um ein Hefe-Chromosom nachzubau- en, kopieren die Forscher die natürliche Version nicht eins zu eins. Vielmehr verän- derten Boeke und seine Kollegen die Erb- substanz gezielt an mehr als 500 Stellen. Unter anderem fehlen der am Computer de- signten Version fast 48 000 der insgesamt etwa 317 000 DNA-Bausteine des natürli- chen Chromosoms. Auf diese Weise wollen die Wissen- schaftler eine Art Minimal-Hefe entwi- ckeln. Sie soll nur noch jene Gene besitzen, die zum Überleben im Labor und zur Ver- mehrung unbedingt nötig sind. So kann die Zelle möglichst viele ihrer Ressourcen etwa in die Produktion eines Medikaments oder von Biotreibstoff stecken. Normale Hefen hingegen haben auch Erbanlagen, die sie nur in Ausnahmefällen unter widrigen Bedingungen benötigen. Solche Gene sind notwendig, um in der Um- welt zu überleben. Im Labor sind sie jedoch überflüssig, wie die Forscher zeigten. Dazu tauschten sie in lebenden Hefezellen das natürliche Chromosom gegen die Nachbil- dung aus. Die derart veränderten Zellen verhielten sich bis auf sehr geringe Abwei- chungen genauso wie normale Hefen. Zudem verhindern die fehlenden Gene, dass sich die Designer-Hefen in der Um- welt verbreiten können, sollten sie einmal aus einem Labor entweichen. Xetra Schluss 9451 Punkte N.Y. 18 Uhr 16266 Punkte 18 Uhr 1,3750 US-$ Heute mit Immobilien: Kauf- und Mietmarkt Es wird natürlich einen großen Bahnhof geben, ein Podest wird aufgebaut vor dem Gleis, an dem die erschöpfte Lokomo- tive ankommt, nach so langer Fahrt aus China. Der chinesische Staatspräsident Xi Jinping wird diese Leistung loben als wichtigen Beitrag, der das deutsche und das chinesische Volk näher zusammen- bringe. Und die Völker dazwischen irgend- wie auch. Es kommt nicht so oft vor, dass die Stadt Duisburg so hohen Besuch emp- fängt. Und wenn, dann ist der Anlass meis- tens nicht sehr erfreulich. Es sind die Jah- restage der Katastrophe auf der Lovepa- rade oder die Expedition eines EU-Kom- missars in die Elendsquartiere der Roma. Der Besuch des chinesischen Staatspräsi- denten am kommenden Samstag lenkt die Aufmerksamkeit aber diesmal auf ein gelungenes Stück Strukturwandel im Ruhrgebiet, von denen es nicht so viele gibt. Früher haben im Duisburger Hafen vor allem die Kohlenschiffe angelegt, bis man im Pott nicht mehr so viel Kohle för- derte und verfeuerte. Dann wurde es erst einmal ruhig am Duisburger Hafen. Heu- te nennt er sich „größte Logistikdreh- scheibe in Zentraleuropa“ – und weil das noch nicht reicht, ist er auch der „größte Binnenhafen der Welt“. Mehr als 20 000 Menschen arbeiten dort, Audi hat im ver- gangenen Herbst ein riesiges Logistikzen- trum eröffnet. Statt auf Kohle und Stahl setzt Duisburg nun auf Container. Die kommen nicht nur mit dem Schiff über den Rhein, sondern mit dem Zug, am Samstag rollt der Yuxinou ein, der ganze 10 300 Kilometer zurückgelegt hat – eine Strecke, die länger ist als die der Transsibi- rischen Eisenbahn. Sechzehn Tage ist der Zug aus Chongqing unterwegs, einer 30-Millionen-Metropole in Zentralchina. Bis zu 50 Container kann er transportie- ren, vollgepackt mit iPhones und Compu- tern aus den Fabriken von Hewlett-Pa- ckard. Chongqing ist das Zentrum der chi- nesischen Elektroindustrie. „Für Unter- nehmen dort ist der Zugtransport schnel- ler als das Schiff und billiger als das Flug- zeug“, sagt Erich Staake, der Chef des Duisburger Hafens. Das Schiff würde 40 Tage brauchen, der Containerpreis von etwa 10 000 Dollar ist deutlich billi- ger als Luftfracht. Drei Mal die Woche fährt der Yuxinou in China los, er durchquert die Mongolei, Kasachstan, Russland, Weißrussland und schließlich Polen. Er muss an Zollstatio- nen halten und die Waggons wegen der unterschiedlichen Spurweiten tauschen. Bisher sind die Fahrten aber reibungslos verlaufen, jeder Container ist mit einem GPS-Sender ausgestattet und kann bei Verlust schnell geortet werden. Nach Duisburg kommen die Züge meis- tens vollbeladen, auf dem Rückweg gebe es noch freie Plätze, sagt Hafen-Chef Staa- ke. Viele deutsche Unternehmen würden die Verbindung bisher gar nicht kennen. Das soll sich durch den Besuch des chine- sischen Präsidenten nun ändern. Hafen- Chef Staake erhofft sich durch die Auf- merksamkeit auch einen Schub für eine weitere Zugstrecke, die Wiederinbetrieb- nahme einer Güterzuglinie nach Antwer- pen, die sie hier auch den „Eisernen Rhein“ nennen. Die Stadt könnte man auch über Fluss und Nordsee erreichen, mit dem Zug geht es aber schneller. Dann könnte der Yuxinou von China bis nach Belgien fahren. bernd dörries Berlin – Die Finanzminister der Länder er- höhen den Druck auf Steuerhinterzieher. Wer sich beim Finanzamt selbst anzeigt, soll künftig nur noch dann straffrei blei- ben, wenn er für bis zu zehn Jahre alle Falschangaben korrigiert und die entspre- chenden Steuern nachzahlt. Auch soll sich der Strafzuschlag, den die Betroffenen ent- richten müssen, verdoppeln. Bis Anfang Mai wollen die Minister die letzten noch of- fenen Fragen klären. hul Wirtschaft Im Westen und Süden sowie im südwestli- chen Niedersachsen nach Auflösung örtlicher Nebelfelder heiter bis wolkig und trocken. Von Sachsen bis zur Nordsee auch Regen möglich. Es werden zehn bis 18 Grad erreicht. Seite 15 Was für ein Treffen zwischen dem US-Präsidenten und dem Papst: 52 Minuten lang sprachen Barack Obama und Franziskus und waren so heiter, als wären sie von der Last ihrer Ämter befreit. „Es ist wunderbar, Sie zu treffen“, sagte der Präsident zum Papst. Fran- ziskus schenkte dem Gast seine Schrift „Evangelii Gaudium“ . Obama versprach, die zu lesen, „wenn ich frustriert bin“. Anlass dazu gä- be es: In den USA hat der Präsident, der selbst wie ein Papst die Welt ändern wollte, viel Zustimmung verloren. FOTO: G. BOUYS/AP Seite 7 Kiew Der Internationale Währungs- fonds (IWF) stellt der hoch verschuldeten Ukraine einen Milliarden-Kredit bereit. Bis zu 18 Milliarden Dollar könnten abgeru- fen werden, teilte der IWF am Donnerstag in Kiew mit. Im Gegenzug fordert die Orga- nisation weitreichende Wirtschaftsrefor- men. Zwei Monate vor der Präsidenten- wahl in der Ukraine erklärte Ex-Minister- präsidentin Julia Timoschenko in Kiew of- fiziell ihre Kandidatur. Sie hatte zuletzt mit unverhohlenen Todesdrohungen gegen den russischen Präsidenten Wladimir Pu- tin Irritationen im Westen ausgelöst. Auch die Bundesregierung hatte sich von ihr dis- tanziert. sz Seite 7 Berlin Die große Koalition hat ihren Streit über die doppelte Staatsbürger- schaft am Donnerstag beigelegt. Justizmi- nister Heiko Maas (SPD) und Innenminis- ter Thomas de Maizière (CDU) verständig- ten sich auf einen Gesetzentwurf. In ihm ist geregelt, unter welchen Bedingungen in Deutschland geborene Kinder von Migran- ten künftig sowohl die Staatsangehörig- keit ihrer Eltern als auch den deutschen Pass behalten können. Bisher müssen sich diese Kinder vor ihrem 23. Geburtstag für eine der beiden Staatsbürgerschaften ent- schieden haben. Die SPD forderte seit Lan- gem eine Aufhebung dieser sogenannten Optionspflicht, die Union lehnte das ab. In ihrem Koalitionsvertrag hatten SPD und Union dann einen Kompromiss vereinbart. Demnach soll die Optionspflicht für in Deutschland geborene und „aufgewachse- ne“ Kinder ausländischer Eltern entfallen. In den vergangenen Monaten hatten sich Union und SPD jedoch darüber gestritten, was aufgewachsen bedeutet. Der Gesetzentwurf sieht jetzt vor, dass in Deutschland „aufgewachsen“ – und da- mit von der Optionspflicht befreit – ist, wer sich am 21. Geburtstag mindestens acht Jahre in der Bundesrepublik aufgehal- ten hat. Gleiches soll gelten, wenn der Be- troffene mindestens sechs Jahre eine deut- sche Schule besucht hat oder einen in Deutschland erworbenen Schul- oder Be- rufsabschluss besitzt. Auf Antrag des Be- troffenen kann die zuständige Behörde das Vorliegen dieser Voraussetzungen – und damit den dauerhaften Fortbestand der deutschen Staatsangehörigkeit – auch schon vor dem 21. Geburtstag feststellen. Mit Ende des 21. Lebensjahres prüft die Be- hörde die Voraussetzungen dann automa- tisch von Amts wegen. Falls die entspre- chenden Informationen aus dem Meldere- gister vorliegen, muss die Behörde nichts weiter prüfen. Anderenfalls muss der Be- troffene die genannten Kriterien selbst nachweisen. Dazu kann er beispielsweise sein Schulzeugnis vorlegen. Maas und de Maizière hatten sich bei ei- nem bisher nicht bekannt gewordenen Ge- spräch am Dienstag auf diese Lösung ver- ständigt. Die beiden Minister mussten den Kompromiss aber noch mit ihren Fraktio- nen und Parteien abstimmen. Am Donners- tag konnten sie dann die Einigung verkün- den. Der Gesetzentwurf soll jetzt so schnell wie möglich vom Kabinett beschlossen und vom Bundestag verabschiedet wer- den. Die Minister hoffen, dass das Gesetz noch in diesem Jahr in Kraft treten kann. „Wir haben eine gute Lösung für die dop- pelte Staatsbürgerschaft gefunden“, sagte Maas. Junge Menschen, deren Leben in Deutschland geprägt worden sei, würden jetzt „nicht länger gezwungen, sich gegen die Wurzeln ihrer Familie zu entscheiden“. Der Kompromiss setze den Koalitionsver- trag „vernünftig in die Praxis um“. Unnöti- ge bürokratische Hürden würden vermie- den. Schließlich könnten die Behörden „in der großen Mehrzahl der Fälle“ mit wenig Aufwand selbst feststellen, ob die Voraus- setzungen für die doppelte Staatsangehö- rigkeit vorlägen. Innenminister de Maiziè- re hatte zunächst deutlich höhere Anforde- rungen verlangt. robert rossmann iPhones statt Kohle Chinas Staatspräsident Xi macht Werbung für Duisburg Für Steuerbetrüger wird es enger Ankara – Kurz vor den Kommunalwahlen hat die Türkei nach dem Kurzbotschaften- dienst Twitter nun auch das Online-Video- portal Youtube blockiert. Die für Telekom- munikation zuständige Regulierungsbe- hörde TIB habe „den Zugang gesperrt“, be- kamen Internet-Nutzer mitgeteilt. Nach Berichten der Zeitung Hürriyet haben die Mobilfunkanbieter und Internet-Provider des Landes auf Geheiß der Regierung die Website blockiert. afp Seite 7 It’s wonderful Große Koalition einigt sich beim Doppel-Pass SPD und Union ermöglichen Kindern von Migranten, unter besonderen Bedingungen beide Staatsangehörigkeiten zu behalten Biologen schaffen Chromosom im Labor Erstmals bauen Forscher einen komplexen Organismus mit künstlichen Erbgut-Teilen. Dieser soll helfen, Medikamente und Biotreibstoffe zu gewinnen. Fachleute sprechen von einem „Meilenstein“ Thema des Tages Streik, Schweiß, Tränen: Bei den Tarifverhandlungen hofft man auf eine schnelle Einigung 2 Meinung Der Fall Gurlitt – rechtswidrige Beschlagnahme als eine List der Geschichte 4 Panorama Die Zahl der Hinrichtungen steigt weltweit besorgniserregend 9 Wirtschaft Siemens-Chef Kaeser in Russland: Schwierige Rolle der Konzerne in politischen Krisen 17 Sport Aljona Savchenko und Robin Szolkowy beenden ihre glanzvolle Eislaufkarriere 27 Medien, TV-/ Radioprogramm 31,32 Forum & Leserbriefe 15 München · Bayern 30 Rätsel 31 Familienanzeigen 22 Die SZ gibt es als App für Tablet und Smartphone: sz.de/app (SZ) Das Bayerische Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst hat in seiner Grundordnung für die Bayerischen Staatstheater – Thgrund – bestimmt, dass für die Ausgabe von Dienst-, Ehren- und Gebührenkarten die Verwaltung nach Maß- gabe der ministeriellen Regelungen verant- wortlich ist. Die Regelungen selbst stehen nicht dabei, dafür heißt es in den Benut- zungsbedingungen der Bayerischen Staats- theater, dass die Karten dem Besteller „auf dessen Gefahr“ zugesandt werden. Dieser an sich übliche und harmlose Hinweis hat nun mit einem Mal eine unerwartete Bri- sanz gewonnen, weil Abgeordnete, die von den Staatstheatern Freikarten zugeschickt bekommen, neuerdings Gefahr laufen, für Nassauer gehalten zu werden, wo nicht gar für korrupt und raffgierig. Grund der Heim- suchung war eine Presseanfrage des Bay- erischen Rundfunks, die eine für Presse- anfragen ungewöhnliche Karriere machen dürfte: Der Landtag denkt darüber nach, das Freikartenwesen ganz einzustellen. Noch weiß die Neidgesellschaft, also wir alle, nicht genau, wie sie den Vorfall einord- nen soll. Einerseits müssen wir ihn als ei- nen Haupttreffer werten, denn wenn wir et- was auf den Tod nicht leiden können, dann sind das nun mal Privilegien. Bei Freikar- ten sind wir besonders empfindlich, weil wir uns da nicht nur über Abgeordnete är- gern müssen, die ihr Kontingent in kultu- reller Gefräßigkeit voll ausschöpfen, son- dern auch und vor allem über solche, die es verfallen lassen. Das ist so, wie wenn sich Freibierberechtigte Leitungswasser in den Maßkrug einfüllen lassen: ein Affront ge- genüber den Nicht- und Minderprivilegier- ten. Andererseits fragen wir uns natürlich, was für unseren Neid an Brennstoff bleibt, wenn nun auch noch die Freikarten dahin- gehen. Es ist ja von den ganz großen Privi- legien, wie sie die Feudalzeit kannte, eh so gut wie nichts geblieben. Keine Monopole, keine Schenkungen, keine Steuerfreiheit, kein ius primae noctis, wobei es um dieses Recht schon deshalb nicht schade ist, weil sich sonst der Landtag überlegen müsste, ob er es unter den Spenden oder den geld- werten Leistungen führt und ob die Aus- übung veröffentlichungspflichtig ist. Gottlob gibt es auch in dieser Sphäre Nu- ancen. Der Bayerische Rundfunk verfügt über einen die Gesellschaft widerspiegeln- den 47-köpfigen Rundfunkrat, dessen Mit- glieder ein Anrecht haben, gratis die Kon- zerte der anstaltseigenen Orchester zu be- suchen. Dieses Privileg war von der Anfra- ge naturgemäß nicht betroffen. Es wird er- halten bleiben, und das ist auch gut so, weil es der Qualitätskontrolle der öffentlich- rechtlichen Klangkörper dient. Wie das im Detail funktioniert, weiß man nicht, doch ist leicht vorstellbar, dass ein Vertreter des Landessportverbands oder der Familien- verbände dem Dirigenten nach dem Kon- zert rät, mal mit den Holzbläsern ein ern- stes Wörtchen zu reden. Nicht ohne Grund sind die Klangkörper des BR Weltklasse. 18 ° / -3 ° Türkei sperrt auch Youtube NEUESTE NACHRICHTEN AUS POLITIK, KULTUR, WIRTSCHAFT UND SPORT WWW.SÜDDEUTSCHE.DE 70. JAHRGANG / 13. WOCHE / NR. 73 / 2,50 EURO MÜNCHEN, FREITAG, 28. MÄRZ 2014 Es könnte so einfach sein: weniger Salz, weniger Zucker, mehr Bewegung. Wir wis- sen natürlich, was ein gesundes Leben aus- macht – und zur Not helfen auch noch Minicomputer dabei, unsere Lebensfüh- rung zu optimieren. Der Biologe Daniel Lie- berman erklärt, was Menschen trotzdem davon abhält, schlechte Gewohnheiten ab- zulegen. Außerdem: Die Geschichte eines Mädchens, das an einer lebensgefährli- chen Krankheit leidet: Sie kann keine Schmerzen fühlen. Ein Gesundheitsheft. Liegt nicht der gesamten Auslandsauflage bei IWF gibt Ukraine Milliarden-Kredit Organisation fordert aber weitreichende Wirtschaftsreformen Süddeutsche Zeitung GmbH, Hultschiner Straße 8, 81677 München; Telefon 089/2183-0, Telefax -9777; [email protected] Anzeigen: Telefon 089/2183-1010 (Immobilien- und Mietmarkt), 089/2183-1020 (Motormarkt), 089/2183-1030 (Stellenmarkt, weitere Märkte). Abo-Service: Telefon 089/21 83-80 80, www.sz.de/abo A, B, E, F, GR, I, NL, SLO, SK: € 3,40; dkr. 27; £ 3,40; kn 31; sfr. 5,00; czk 101; Ft 910 Dax + 0,03% Dow - 0,02% Euro - 0,0039 Herrschaftszeiten: München vor der Oberbürgermeisterwahl Die Seite Drei HEUTE DAS WETTER TAGS NACHTS

SZ 28.03.14

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    von katrin blawat

    Mnchen Erstmals haben Forscher einChromosom eines komplexen Organismusim Labor nachgebaut. Die Chromosomensind jene Strukturen, auf denen sich dieErbsubstanz DNA und damit die Gene be-finden. Bei dem nun nachgebauten Chro-mosom handelt es sich um eines der B-ckerhefe. Dieser Mikroorganismus spielteine groe Rolle in der biotechnischen In-dustrie. Er besitzt, wie Pflanzen und Tiereauch, einen Zellkern und unterscheidetsich dadurch von den einfacher struktu-rierten Bakterien.

    Das erste synthetische Hefe-Chromo-som sei ein wichtiger technischer Meilen-stein, sagte Wilfried Weber, Professor frSynthetische Biologie an der UniversittFreiburg. Er war nicht an der Arbeit betei-

    ligt, die nun ein internationales Team aus80 Wissenschaftlern und Studenten unterder Leitung von Jef Boeke vom LangoneMedical Center in New York und Sriniva-san Chandrasegaran von der Johns Hop-kins University in Baltimore im Fachmaga-zin Science prsentierte.

    Die Bckerhefe wird bereits heute in derBiotech-Industrie eingesetzt, etwa, um Me-dikamente, zum Beispiel gegen Malaria,Biotreibstoffe und andere Chemikalienherzustellen. Bislang ist die Ausbeute je-doch hufig gering. Dies werde sich bes-sern, so vermuten Forscher, wenn sichknftig das komplette Erbgut der Hefe imLabor zusammensetzen liee. Dann knn-te zum Beispiel der Preis fr Medikamentesinken, die in der Hefe produziert werden.

    Forscher arbeiten bereits daran, auchdie brigen Chromosomen dieses Mikroor-

    ganismus nachzubauen. Das Ziel ist eineHefezelle mit komplett knstlichem Erb-gut. Die nun prsentierten Ergebnisse bele-gen erstmals, dass dies grundstzlich mg-lich ist. Vergleichbares ist Forschern zwarbereits mit einer Bakterien-Zelle gelun-gen. Sie ist aber einfacher strukturiert undihr Erbgut leichter zu synthetisieren.

    Um ein Hefe-Chromosom nachzubau-en, kopieren die Forscher die natrlicheVersion nicht eins zu eins. Vielmehr vern-derten Boeke und seine Kollegen die Erb-substanz gezielt an mehr als 500 Stellen.Unter anderem fehlen der am Computer de-signten Version fast 48 000 der insgesamtetwa 317 000 DNA-Bausteine des natrli-chen Chromosoms.

    Auf diese Weise wollen die Wissen-schaftler eine Art Minimal-Hefe entwi-ckeln. Sie soll nur noch jene Gene besitzen,

    die zum berleben im Labor und zur Ver-mehrung unbedingt ntig sind. So kanndie Zelle mglichst viele ihrer Ressourcenetwa in die Produktion eines Medikamentsoder von Biotreibstoff stecken.

    Normale Hefen hingegen haben auchErbanlagen, die sie nur in Ausnahmefllenunter widrigen Bedingungen bentigen.Solche Gene sind notwendig, um in der Um-welt zu berleben. Im Labor sind sie jedochberflssig, wie die Forscher zeigten. Dazutauschten sie in lebenden Hefezellen dasnatrliche Chromosom gegen die Nachbil-dung aus. Die derart vernderten Zellenverhielten sich bis auf sehr geringe Abwei-chungen genauso wie normale Hefen.

    Zudem verhindern die fehlenden Gene,dass sich die Designer-Hefen in der Um-welt verbreiten knnen, sollten sie einmalaus einem Labor entweichen.

    Xetra Schluss9451 Punkte

    N.Y. 18 Uhr16266 Punkte

    18 Uhr1,3750 US-$

    Heute mit Immobilien:Kauf- und Mietmarkt

    Es wird natrlich einen groen Bahnhofgeben, ein Podest wird aufgebaut vordem Gleis, an dem die erschpfte Lokomo-tive ankommt, nach so langer Fahrt ausChina. Der chinesische StaatsprsidentXi Jinping wird diese Leistung loben alswichtigen Beitrag, der das deutsche unddas chinesische Volk nher zusammen-bringe. Und die Vlker dazwischen irgend-wie auch.

    Es kommt nicht so oft vor, dass dieStadt Duisburg so hohen Besuch emp-fngt. Und wenn, dann ist der Anlass meis-tens nicht sehr erfreulich. Es sind die Jah-restage der Katastrophe auf der Lovepa-rade oder die Expedition eines EU-Kom-missars in die Elendsquartiere der Roma.Der Besuch des chinesischen Staatsprsi-denten am kommenden Samstag lenktdie Aufmerksamkeit aber diesmal auf eingelungenes Stck Strukturwandel imRuhrgebiet, von denen es nicht so vielegibt. Frher haben im Duisburger Hafen

    vor allem die Kohlenschiffe angelegt, bisman im Pott nicht mehr so viel Kohle fr-derte und verfeuerte. Dann wurde es ersteinmal ruhig am Duisburger Hafen. Heu-te nennt er sich grte Logistikdreh-scheibe in Zentraleuropa und weil dasnoch nicht reicht, ist er auch der grteBinnenhafen der Welt. Mehr als 20 000Menschen arbeiten dort, Audi hat im ver-gangenen Herbst ein riesiges Logistikzen-trum erffnet. Statt auf Kohle und Stahlsetzt Duisburg nun auf Container.

    Die kommen nicht nur mit dem Schiffber den Rhein, sondern mit dem Zug, amSamstag rollt der Yuxinou ein, der ganze10 300 Kilometer zurckgelegt hat eineStrecke, die lnger ist als die der Transsibi-rischen Eisenbahn. Sechzehn Tage ist der

    Zug aus Chongqing unterwegs, einer30-Millionen-Metropole in Zentralchina.Bis zu 50 Container kann er transportie-ren, vollgepackt mit iPhones und Compu-tern aus den Fabriken von Hewlett-Pa-ckard. Chongqing ist das Zentrum der chi-nesischen Elektroindustrie. Fr Unter-nehmen dort ist der Zugtransport schnel-ler als das Schiff und billiger als das Flug-zeug, sagt Erich Staake, der Chef desDuisburger Hafens. Das Schiff wrde40 Tage brauchen, der Containerpreisvon etwa 10 000 Dollar ist deutlich billi-ger als Luftfracht.

    Drei Mal die Woche fhrt der Yuxinouin China los, er durchquert die Mongolei,Kasachstan, Russland, Weirussland undschlielich Polen. Er muss an Zollstatio-

    nen halten und die Waggons wegen derunterschiedlichen Spurweiten tauschen.Bisher sind die Fahrten aber reibungslosverlaufen, jeder Container ist mit einemGPS-Sender ausgestattet und kann beiVerlust schnell geortet werden.

    Nach Duisburg kommen die Zge meis-tens vollbeladen, auf dem Rckweg gebees noch freie Pltze, sagt Hafen-Chef Staa-ke. Viele deutsche Unternehmen wrdendie Verbindung bisher gar nicht kennen.Das soll sich durch den Besuch des chine-sischen Prsidenten nun ndern. Hafen-Chef Staake erhofft sich durch die Auf-merksamkeit auch einen Schub fr eineweitere Zugstrecke, die Wiederinbetrieb-nahme einer Gterzuglinie nach Antwer-pen, die sie hier auch den EisernenRhein nennen. Die Stadt knnte manauch ber Fluss und Nordsee erreichen,mit dem Zug geht es aber schneller. Dannknnte der Yuxinou von China bis nachBelgien fahren. bernd drries

    Berlin Die Finanzminister der Lnder er-hhen den Druck auf Steuerhinterzieher.Wer sich beim Finanzamt selbst anzeigt,soll knftig nur noch dann straffrei blei-ben, wenn er fr bis zu zehn Jahre alleFalschangaben korrigiert und die entspre-chenden Steuern nachzahlt. Auch soll sichder Strafzuschlag, den die Betroffenen ent-richten mssen, verdoppeln. Bis AnfangMai wollen die Minister die letzten noch of-fenen Fragen klren. hul blacktriangleright Wirtschaft

    Im Westen und Sden sowie im sdwestli-chen Niedersachsen nach Auflsungrtlicher Nebelfelder heiter bis wolkig undtrocken. Von Sachsen bis zur Nordsee auchRegen mglich. Es werden zehn bis 18 Graderreicht. blacktriangleright Seite 15

    Was fr ein Treffen zwischen dem US-Prsidenten und dem Papst: 52 Minuten lang sprachen Barack Obama und Franziskus undwaren so heiter, als wren sie von der Last ihrer mter befreit. Es ist wunderbar, Sie zu treffen, sagte der Prsident zum Papst. Fran-ziskus schenkte dem Gast seine Schrift Evangelii Gaudium . Obama versprach, die zu lesen, wenn ich frustriert bin. Anlass dazu g-be es: In den USA hat der Prsident, der selbst wie ein Papst die Welt ndern wollte, viel Zustimmung verloren. FOTO: G. BOUYS/AP blacktriangleright Seite 7

    Kiew Der Internationale Whrungs-fonds (IWF) stellt der hoch verschuldetenUkraine einen Milliarden-Kredit bereit.Bis zu 18 Milliarden Dollar knnten abgeru-fen werden, teilte der IWF am Donnerstagin Kiew mit. Im Gegenzug fordert die Orga-nisation weitreichende Wirtschaftsrefor-men. Zwei Monate vor der Prsidenten-wahl in der Ukraine erklrte Ex-Minister-prsidentin Julia Timoschenko in Kiew of-fiziell ihre Kandidatur. Sie hatte zuletzt mitunverhohlenen Todesdrohungen gegenden russischen Prsidenten Wladimir Pu-tin Irritationen im Westen ausgelst. Auchdie Bundesregierung hatte sich von ihr dis-tanziert. sz blacktriangleright Seite 7

    Berlin Die groe Koalition hat ihrenStreit ber die doppelte Staatsbrger-schaft am Donnerstag beigelegt. Justizmi-nister Heiko Maas (SPD) und Innenminis-ter Thomas de Maizire (CDU) verstndig-ten sich auf einen Gesetzentwurf. In ihmist geregelt, unter welchen Bedingungen inDeutschland geborene Kinder von Migran-ten knftig sowohl die Staatsangehrig-keit ihrer Eltern als auch den deutschenPass behalten knnen. Bisher mssen sichdiese Kinder vor ihrem 23. Geburtstag freine der beiden Staatsbrgerschaften ent-schieden haben. Die SPD forderte seit Lan-gem eine Aufhebung dieser sogenanntenOptionspflicht, die Union lehnte das ab. Inihrem Koalitionsvertrag hatten SPD undUnion dann einen Kompromiss vereinbart.Demnach soll die Optionspflicht fr in

    Deutschland geborene und aufgewachse-ne Kinder auslndischer Eltern entfallen.In den vergangenen Monaten hatten sichUnion und SPD jedoch darber gestritten,was aufgewachsen bedeutet.

    Der Gesetzentwurf sieht jetzt vor, dassin Deutschland aufgewachsen und da-mit von der Optionspflicht befreit ist,wer sich am 21. Geburtstag mindestensacht Jahre in der Bundesrepublik aufgehal-ten hat. Gleiches soll gelten, wenn der Be-troffene mindestens sechs Jahre eine deut-sche Schule besucht hat oder einen inDeutschland erworbenen Schul- oder Be-rufsabschluss besitzt. Auf Antrag des Be-troffenen kann die zustndige Behrdedas Vorliegen dieser Voraussetzungen und damit den dauerhaften Fortbestandder deutschen Staatsangehrigkeit auch

    schon vor dem 21. Geburtstag feststellen.Mit Ende des 21. Lebensjahres prft die Be-hrde die Voraussetzungen dann automa-tisch von Amts wegen. Falls die entspre-chenden Informationen aus dem Meldere-gister vorliegen, muss die Behrde nichtsweiter prfen. Anderenfalls muss der Be-troffene die genannten Kriterien selbstnachweisen. Dazu kann er beispielsweisesein Schulzeugnis vorlegen.

    Maas und de Maizire hatten sich bei ei-nem bisher nicht bekannt gewordenen Ge-sprch am Dienstag auf diese Lsung ver-stndigt. Die beiden Minister mussten denKompromiss aber noch mit ihren Fraktio-nen und Parteien abstimmen. Am Donners-tag konnten sie dann die Einigung verkn-den. Der Gesetzentwurf soll jetzt so schnellwie mglich vom Kabinett beschlossen

    und vom Bundestag verabschiedet wer-den. Die Minister hoffen, dass das Gesetznoch in diesem Jahr in Kraft treten kann.

    Wir haben eine gute Lsung fr die dop-pelte Staatsbrgerschaft gefunden, sagteMaas. Junge Menschen, deren Leben inDeutschland geprgt worden sei, wrdenjetzt nicht lnger gezwungen, sich gegendie Wurzeln ihrer Familie zu entscheiden.Der Kompromiss setze den Koalitionsver-trag vernnftig in die Praxis um. Unnti-ge brokratische Hrden wrden vermie-den. Schlielich knnten die Behrden inder groen Mehrzahl der Flle mit wenigAufwand selbst feststellen, ob die Voraus-setzungen fr die doppelte Staatsangeh-rigkeit vorlgen. Innenminister de Maizi-re hatte zunchst deutlich hhere Anforde-rungen verlangt. robert rossmann

    iPhones statt KohleChinas Staatsprsident Xi macht Werbung fr Duisburg

    Fr Steuerbetrgerwird es enger

    Ankara Kurz vor den Kommunalwahlenhat die Trkei nach dem Kurzbotschaften-dienst Twitter nun auch das Online-Video-portal Youtube blockiert. Die fr Telekom-munikation zustndige Regulierungsbe-hrde TIB habe den Zugang gesperrt, be-kamen Internet-Nutzer mitgeteilt. NachBerichten der Zeitung Hrriyet haben dieMobilfunkanbieter und Internet-Providerdes Landes auf Gehei der Regierung dieWebsite blockiert. afp blacktriangleright Seite 7

    Its wonderful

    Groe Koalition einigt sich beim Doppel-PassSPD und Union ermglichen Kindern von Migranten, unter besonderen Bedingungen beide Staatsangehrigkeiten zu behalten

    Biologen schaffen Chromosom im LaborErstmals bauen Forscher einen komplexen Organismus mit knstlichen Erbgut-Teilen. Dieser soll

    helfen, Medikamente und Biotreibstoffe zu gewinnen. Fachleute sprechen von einem Meilenstein

    Thema des TagesStreik, Schwei, Trnen: Bei denTarifverhandlungen hofft man aufeine schnelle Einigung 2MeinungDer Fall Gurlitt rechtswidrige Beschlagnahmeals eine List der Geschichte 4PanoramaDie Zahl der Hinrichtungensteigt weltweitbesorgniserregend 9WirtschaftSiemens-Chef Kaeser in Russland:Schwierige Rolle der Konzernein politischen Krisen 17SportAljona Savchenko undRobin Szolkowy beenden ihreglanzvolle Eislaufkarriere 27Medien, TV-/ Radioprogramm 31,32Forum & Leserbriefe 15Mnchen Bayern 30Rtsel 31Familienanzeigen 22

    Die SZ gibt es als App fr Tabletund Smartphone: sz.de/app

    (SZ) Das Bayerische Staatsministerium frWissenschaft, Forschung und Kunst hat inseiner Grundordnung fr die BayerischenStaatstheater Thgrund bestimmt, dassfr die Ausgabe von Dienst-, Ehren- undGebhrenkarten die Verwaltung nach Ma-gabe der ministeriellen Regelungen verant-wortlich ist. Die Regelungen selbst stehennicht dabei, dafr heit es in den Benut-zungsbedingungen der Bayerischen Staats-theater, dass die Karten dem Besteller aufdessen Gefahr zugesandt werden. Dieseran sich bliche und harmlose Hinweis hatnun mit einem Mal eine unerwartete Bri-sanz gewonnen, weil Abgeordnete, die vonden Staatstheatern Freikarten zugeschicktbekommen, neuerdings Gefahr laufen, frNassauer gehalten zu werden, wo nicht garfr korrupt und raffgierig. Grund der Heim-suchung war eine Presseanfrage des Bay-erischen Rundfunks, die eine fr Presse-anfragen ungewhnliche Karriere machendrfte: Der Landtag denkt darber nach,das Freikartenwesen ganz einzustellen.

    Noch wei die Neidgesellschaft, also wiralle, nicht genau, wie sie den Vorfall einord-nen soll. Einerseits mssen wir ihn als ei-nen Haupttreffer werten, denn wenn wir et-was auf den Tod nicht leiden knnen, dannsind das nun mal Privilegien. Bei Freikar-ten sind wir besonders empfindlich, weilwir uns da nicht nur ber Abgeordnete r-gern mssen, die ihr Kontingent in kultu-reller Gefrigkeit voll ausschpfen, son-dern auch und vor allem ber solche, die esverfallen lassen. Das ist so, wie wenn sichFreibierberechtigte Leitungswasser in denMakrug einfllen lassen: ein Affront ge-genber den Nicht- und Minderprivilegier-ten. Andererseits fragen wir uns natrlich,was fr unseren Neid an Brennstoff bleibt,wenn nun auch noch die Freikarten dahin-gehen. Es ist ja von den ganz groen Privi-legien, wie sie die Feudalzeit kannte, eh sogut wie nichts geblieben. Keine Monopole,keine Schenkungen, keine Steuerfreiheit,kein ius primae noctis, wobei es um diesesRecht schon deshalb nicht schade ist, weilsich sonst der Landtag berlegen msste,ob er es unter den Spenden oder den geld-werten Leistungen fhrt und ob die Aus-bung verffentlichungspflichtig ist.

    Gottlob gibt es auch in dieser Sphre Nu-ancen. Der Bayerische Rundfunk verfgtber einen die Gesellschaft widerspiegeln-den 47-kpfigen Rundfunkrat, dessen Mit-glieder ein Anrecht haben, gratis die Kon-zerte der anstaltseigenen Orchester zu be-suchen. Dieses Privileg war von der Anfra-ge naturgem nicht betroffen. Es wird er-halten bleiben, und das ist auch gut so, weiles der Qualittskontrolle der ffentlich-rechtlichen Klangkrper dient. Wie das imDetail funktioniert, wei man nicht, dochist leicht vorstellbar, dass ein Vertreter desLandessportverbands oder der Familien-verbnde dem Dirigenten nach dem Kon-zert rt, mal mit den Holzblsern ein ern-stes Wrtchen zu reden. Nicht ohne Grundsind die Klangkrper des BR Weltklasse.

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    Es knnte so einfach sein: weniger Salz,weniger Zucker, mehr Bewegung. Wir wis-sen natrlich, was eingesundesLebenaus-macht und zur Not helfen auch nochMinicomputer dabei, unsere Lebensfh-rung zu optimieren. Der BiologeDanielLie-berman erklrt, was Menschen trotzdemdavon abhlt, schlechte Gewohnheiten ab-zulegen. Auerdem: Die Geschichte einesMdchens, das an einer lebensgefhrli-chen Krankheit leidet: Sie kann keineSchmerzen fhlen. Ein Gesundheitsheft.

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  • von claudia henzler

    N ormalerweise luft es so: Die Arbeit-nehmer wollen mehr Geld, die Ar-beitgeber wollen lieber sparen. Esfolgen harte Verhandlungen an mehrerenWochenenden, anschlieend wird erklrt,dass die Forderungen viel zu weit gingen,beziehungsweise das Angebot lachhaft sei.Die Gesprche scheitern. Es kommt zutagelangen Arbeitsniederlegungen, einSchlichter wird eingeschaltet. Nach langenNchten treten die Verhandlungspartnermit Augenringen vor die Kameras, um zuverknden, dass sie das Bestmgliche raus-geholt htten (Gewerkschaften), bezie-hungsweise bis an die Schmerzgrenze ge-gangen seien (Arbeitgeber). So war es beiden Tarifverhandlungen fr die mehr alszwei Millionen Angestellten im ffentli-chen Dienst bei Bund und Kommunen inden Jahren 2008 und 2010.

    Vor zwei Jahren aber war es anders. DieGesprche scheiterten nicht, Gewerkschaf-ten und Arbeitgeber einigten sich schonam dritten Verhandlungswochenende,eine Schlichtung war nicht ntig. Fr denschnellen Erfolg war entscheidend, dassdie Gewerkschaften die Gesprche mit gro-en Warnstreiks begleiteten. Bundesweitbeteiligten sich damals mehr als 200 000Angestellte von Bund und Kommunen.Eine Mobilisierung, die selbst die Gewerk-schaften berraschte. Und noch einen posi-tiven Effekt hatten die Aktionen aus Sichtvon Verdi-Chef Frank Bsirske: 23 000neue Mitglieder habe die Gewerkschaft imMrz 2012 gewonnen.

    Auf die damals erfolgreiche Strategiesetzen die Gewerkschaft Verdi und der Be-amtenbund DBB auch diesmal. Die gro-dimensionierten Warnstreiks in dieser Wo-che sollen ihre Position strken, wenn amkommenden Montag die dritte Verhand-lungsrunde mit der Vereinigung der kom-munalen Arbeitgeberverbnde (VKA) unddem Bundesinnenministerium beginnt.

    Aus Sicht von Verdi sind die Warnstreiksschon jetzt ein Erfolg: Mehr als 100 000

    Beschftigte im ffentlichen Dienst sindam Donnerstag laut Gewerkschaftsanga-ben dem Streikaufruf gefolgt. Am Mitt-woch hatten sich nach Angaben von Verdibereits 43 000 Beschftigte beteiligt. Vonden Ausstnden am Donnerstag waren diegroen Flughfen betroffen, auerdemKitas, Mllabfuhr, Gemeindeverwaltun-gen, Schwimmbder und Arbeitsagentu-ren in den Bundeslndern Baden-Wrt-temberg, Berlin, Hamburg, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Sach-

    sen, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holsteinund Thringen. Der Tarifvertrag betrifftauch kommunale Unternehmen wie Kran-kenhuser, Sparkassen, Gemeindewerkeund Flughfen. Mittelbar haben die Tarif-abschlsse auerdem Bedeutung fr dieAngestellten aus dem Nahverkehr in sechsBundeslndern.

    Die Arbeitgeber zeigten fr die Arbeits-niederlegungen kein Verstndnis. DieWarnstreiks bringen uns in den Verhand-lungen nicht weiter. Leidtragende sind die

    Brgerinnen und Brger, kommentierteVKA-Hauptgeschftsfhrer Manfred Hoff-mann die Aktionen.

    Verdi will mit den Streiks zeigen, dassdie Forderungen von einer breiten Basisgetragen werden, dass also nicht bervllig berzogene Forderungen von irrenGewerkschaftsfunktionren verhandeltwird, sondern dass die Mitglieder diese For-derungen mittragen. Die Streiks sollenauerdem ein Drohszenario aufbauen undeinen Vorgeschmack auf die Arbeitsnieder-

    legungen geben, die den Brgern ohne Eini-gung ins Haus stnden.

    Der Emprungsrhetorik zum Trotz ste-hen die Chancen gut, dass es auch diesmalohne Schlichtung klappen knnte. BeideTarifpartner versichern, dass sie in der drit-ten Verhandlungsrunde zu einem Ergeb-nis kommen wollen. Beide betonen aller-dings, dass der Weg dahin schwierig sei.Die bisherigen Treffen seien konstruktivverlaufen, es gebe Annherungen wennauch nicht in den entscheidenden Punk-

    ten. Wir sind weit auseinander bei der Ein-schtzung, was die Lohnhhe angeht. Wirsind nicht beieinander, was die Frage einersozialen Komponente angeht, sagte Bsirs-ke am Donnerstag im Deutschlandfunk.Beide Seiten haben vereinbart, keine De-tails ber die Zwischenstnde zu verffent-lichen.

    In die Verhandlungen sind die Gewerk-schaften mit der Forderung nach einer pau-schalen Lohnerhhung um 100 Euro plusweitere 3,5 Prozent gegangen fr eineLaufzeit von zwlf Monaten. Thomas Bh-le, Verhandlungsfhrer der Kommunen,sagte am Donnerstag: Auch wir sind derMeinung, dass es eine angemessene Ein-kommenserhhung geben sollte, dem stel-len wir uns nicht in den Weg. Der VKA ver-weist allerdings auf die schwierige finanzi-elle Lage der Kommunen. Die Verhand-lungsfhrer mssen zudem beachten,dass der Flchentarifvertrag fr verschul-dete Kommunen genauso gilt wie frmanch wohlhabende Gemeinde etwa imMnchner Speckgrtel.

    Grter Konfliktpunkt ist der Sockel-betrag von 100 Euro. Nach dem Willen derGewerkschaften soll er die Lohnerhhungauch fr untere Einkommensgruppensprbar machen. Der VKA lehnt das ab,weil dadurch jene Arbeitskrfte teurer wr-den, mit denen sich Kommunen in Konkur-renz zu privaten Anbietern sehen: Service,Mllabfuhr, Nahverkehr.

    Die Gewerkschaften hatten es schon2012 mit einem hnlichen Modell ver-sucht. Damals ging es um einen Mindestbe-trag fr die Lohnerhhung: 6,5 Prozentmehr Gehalt wnschten sich Verdi undDBB, jedoch mindestens 200 Euro mehrpro Monat. Geeinigt hatte man sich dannauf eine lngere Laufzeit, eine geringereGehaltserhhung im Gegenzug verzichte-ten die Gewerkschaften zhneknirschendauf den Mindestbetrag. So knnte es wie-der kommen es sei denn, dass dieGewerkschaften unbedingt durchsetzenwollen, was sie damals nicht vermochten:einen hohen Sockelbetrag.

    Abgasdunst liegt ber Kln. Auf der Luxem-burger Strae, einer wichtigen Ausfallstraegen Westen, geht um acht Uhr nichts mehr.Dass neben den Autos aber auch noch Fahr-rder Reifen an Reifen fahren, kommt eherselten vor. Zum Fahrrad gibt es an diesemStreikmorgen kaum eine Alternative. Stra-enbahnen und berwiegend auch die Bus-se stehen still. Streik.

    Die Radstation am Klner Hauptbahnhofhat Zulauf wie selten. Pendler im Business-Outfit stehen Schlange. Wer leer ausgeht,fr den wird der Hauptbahnhof leicht zurEndstation auf seinem Weg zur Arbeit. Nichtallen neuen Kunden traut der freundlicheHerr beim Radverleih den richtigen Umgangmit dem geliehenen Gefhrt zu. Misstrau-isch will er wissen: Wo parken Sie das? Kur-zes Zgern: Ich nehme es mit ins Bro.

    Zehnmal so viele Radfahrer wie sonst sei-en heute unterwegs, schtzt die 21-jhrigeSophie aus Mnster, die jeden Tag mit demRad fhrt. Sie wurde von dem Streik ber-rascht: Ich wunderte mich schon, dass heu-te in Kln so viele Rder unterwegs sind, wieich es sonst nur aus Mnster gewohnt bin.

    Um die Mittagszeit langweilen sich nacheinem anstrengenden Morgen auch die ers-ten Taxifahrer wieder. Zufrieden mit dem Zu-satzgeschft sind sie aber auch nicht. Er seizwar mehr gefahren als sonst, sagt Klaus,der seinen Nachnamen nicht nennen will,seit 20 Jahren ist er Taxifahrer: Aber weil amFlughafen auch gestreikt wird, hatte ich kei-ne langen Fahrten.

    Den ganzen Tag soll der Streik in Klnnoch weitergehen. Am Mittwoch hatte Verdidie Aktion abends wegen eines Fuballspielsgestoppt. Doch am Donnerstag spielt der1. FC Kln nicht. KIRSTEN BIALDIGA

    Den Mnchner Mllmnnern stinkt es. Wennes nach ihnen ginge, dann knnte das ruhigdie ganze Stadt riechen: Hoffen wir, dass esnchstes Mal, wenn wir den Mll liegen las-sen, schn warm ist, sagt Marcus Holste, erarbeitet beim Mnchner Abfallwirtschafts-betrieb.

    Beinahe alle Mitarbeiter des Mnchner Ab-fallwirtschaftsbetriebes haben am Donners-tag erneut die Arbeit niedergelegt. Schon inder vergangenen Woche und am Mittwochhatte es Warnstreiks gegeben. Fahrer undBelader, die sonst den Mll in der Stadt ein-sammeln, erschienen zwei Tage in Folgenicht zum Dienst. Mllwagen blieben in denDepots, alle Wertstoffhfe geschlossen. InMnchens Hinterhfen konnte man die Fol-gen schon sehen, da stapelten sich die Sckeauf und neben den vollen Tonnen. Die Leutenehmen es hin, bislang jedenfalls. Das Ver-stndnis sei heute viel grer als noch vorzehn Jahren, so erlebt es zumindest MarcusHolste.

    Auch die Straenreinigung beteiligte sichan den Streiks, anders als in vielen anderenStdten sind das in Mnchen getrennte Be-

    triebe. Die Streikbereitschaft ist bei diesenBerufsgruppen besonders gro, weil die Ein-kommen sowieso recht niedrig sind, sagtVerdi-Bezirkschef Heinrich Birner. 100 Euromehr im Sockel machen da einen riesigen Un-terschied.

    Beispiel Marcus Holste: Der 47-Jhrige ver-dient beim Abfallwirtschaftsbetrieb bruttoetwa 1650 Euro, netto bleiben ihm an die1300 Euro. Damit kann Holste, der drei Kin-der hat, keine groen Sprnge machen. ImGegenteil: Mit 1300 Euro kann man in Mn-chen gerade mal die Miete zahlen wennman Glck hat. KAROLINE META BEISEL

    Der grte deutsche Flughafen ist an die-sem Mittwoch ziemlich leer. Kein Wunder,die Lufthansa hatte bundesweit gut 600 ih-rer 1300 Flge gestrichen und das rechtzei-tig bekannt gegeben. Am Frankfurter Air-port wurden 550 Starts und Landungen an-nulliert. Keine Schlangen wtender Reisen-den an den Schaltern, kaum Gemurre. Wieauch? Die meisten Passagiere sind frhzeitiggewarnt worden, konnten, wenn sie wollten,ihr Ticket fr eine Fahrkarte der deutschenBahn umtauschen und so an ihr Ziel gelan-gen. Wer am Airport warten muss es gibtetliche Versptungen , wurde mit einemFlschchen Apfelschorle und Schokolade ge-trstet. Auf Kosten der Lufthansa.

    Es ist ein Warnstreik mit Ansage; die Ge-werkschaft Verdi hatte sich konziliant ge-zeigt und die Aktion vergleichsweise frhzei-tig publik gemacht. Es blieb genug Zeit frNotfallplanungen; Mhsal und rger, beiden Fluggsten aber auch beim Personal derFluglinien hlt sich so immerhin in Grenzen.Wenn schon Streik, dann bitte so, sagte einnicht-streikender Vertreter des Airports.Circa 2000 Beschftige sind seit dem frhen

    Morgen im Ausstand, Mitarbeiter der Bo-den- sowie der Frachtabfertigung, der Passa-gierkontrollen und der Verwaltung. Verdi istzufrieden, eine Beteiligung von 90 Prozent in-klusive Tochtergewerkschaften. Zum Flugha-fen kommen sie dennoch an diesem Tag.Man trifft sich zur Versammlung, einem Pro-testmarsch. Wir wollen mehr Geld, rufensie. Viele Fraport-Mitarbeiter sind im Schicht-dienst, die Lhne sind nicht hoch; wer 2000Euro verdient, kann sich glcklich schtzen.Die Kollegen von der Sptschicht werdennicht streiken. Von 14.30 Uhr an wurde wie-der gearbeitet am Airport. SUSANNE HLL

    Streik, Schwei und TrnenWie schon 2012 versuchen die Gewerkschaften, ihren Kontrahenten auf kommunaler Seite den Schneid abzukaufen. Wieder haben sie bundesweit

    zu folgenreichen Arbeitsniederlegungen aufgefordert. Das Ziel ist eine schnelle Einigung, auch wenn der Preis fr die Brger in diesen Tagen hoch ist

    Klscher Zweirad-Boom Wenn es Mllmnnern stinktMit Apfelschorle und Schokolade

    Die Kommunen drohenmehr oder minder dezentmit Privatisierungen

    2012 brachten die Streiksder Gewerkschaft Verdi23 000 neue Mitglieder

    Warnstreiks im ffentlichen Dienst Kitas zu, Mlltonnen auf der Strae, Flugzeuge am Boden die Arbeitsniederlegungen waren ausSicht der Gewerkschaften ein voller Erfolg. Denn sie fhlen sich jetzt fr die neue Verhandlungsrunde gestrkt. Tatschlich scheinen

    die Kommunen einem raschen Kompromiss nicht abgeneigt zu sein. Eine Sache allerdings erschwert die Einigung ganz gewaltig

    THEMA DES TAGES2 HF2 Freitag, 28. Mrz 2014, Nr. 73 DEFGH

    Verdi wollte zeigen, dass ihre Forderungen von einer breiten Basis getragen werden: Kundgebung Donnerstagmorgen am Frankfurter Flughafen. FOTO: DANIEL ROLAND/AFP

  • von wolfgang grl

    D er Mnchner Fasching ist einetraurige Angelegenheit. Umsofrhlicher geht es dann in deranschlieenden Fastenzeit zu.Jedes Wirtshaus, das etwasauf sich hlt, ldt zu Starkbierfesten ein,und die berhmteste Fastensause ist dieSalvatorprobe auf dem Nockherberg, einnur Politikern, Geistlichen und anderenHonoratioren zugngliches Freibiergela-ge, das vom Bayerischen Fernsehen livebertragen wird. Per Bupredigt und Sing-spiel werden der Politprominenz dabeimehr oder weniger lustig die Leviten gele-sen, und nach dem allseits anerkanntenNockherberg-Gesetz sind nur diejenigenPolitiker wichtig, die auf der Salvatorbh-ne reichlich Spott ernten.

    Im Singspiel, einer satirischen Revuemit Politiker-Doubles, war zwei Jahrzehn-te lang der Auftritt des Mnchner Oberbr-germeisters Christian Ude respektive sei-nes famosen Bhnen-Alter-Egos Uli Bauereiner der sichersten Lacher. Bauer musstenur Udes wie einen Weckruf intonierteStandardanrede Liebe Mnnnchnerrin-nen und Mnnnchnerr aufsagen, schonherrschte Heiterkeit im Saal; und wenn er,jede Silbe betonend, den Glanz und dieHerrlichkeit seiner selbst in wohlgeform-ten Stzen feierte, gab es gar keinen Zwei-fel mehr: Das ist er, der Ude.

    Bei der jngsten Salvatorprobe, drei Ta-ge nach der ersten Runde der bayerischenKommunalwahl, sang der Bhnen-Udesein Abschiedslied, ein wehmtiges Ichsag auf Wiedersehen mit beigefgterSelbstverherrlichung (Mein Applaus willeinfach nicht verhallen). Es fllt schwer,nicht von einer Apotheose zu sprechen.Ude selbst, der richtige Ude, der nach fast21 Jahren das Chefzimmer im Rathaus ausAltersgrnden rumen muss, verdrckteeine Trne, whrend die Starkbier-Promi-nenz um ihn herum klatschte und jubelte ob nun wegen des Songs oder wegen Udeoder weil der Ude endlich weg ist, lsst sichnicht so genau sagen.

    Ganz in der Nhe des knftigen Pensio-nrs saen Seite an Seite zwei Herren, dieweder im Singspiel vorkamen, noch vonden BR-Kameraleuten groartig beachtetwurden. Dass die beiden im Schatten Udesstanden, ist untertrieben. Sie spieltenschlichtweg keine Rolle. Dabei wird einervon ihnen aus dem Schatten treten ms-sen, so viel ist sicher. Welcher das ist, ent-scheidet sich am Sonntag bei der Stich-wahl um das Amt des Mnchner OB. Wersie sind? Dieter Reiter ist ein Sozialdemo-krat wie Ude, sein Kontrahent JosefSchmid, der ist von der CSU.

    Wer immer gewinnt: Singspiel-Regis-seur Marcus H. Rosenmller wird ein Pro-blem haben. Wie soll man den neuen Ober-brgermeister parodieren? Was ist das Her-vorstechende, das Typische, das man nurandeuten muss, und jeder wei: Aha, dasist der Reiter. Oder der Schmid. Noch sind

    keine kabarettistisch brauchbaren Marot-ten zum Vorschein gekommen, selbst inpuncto Frisur und Kleidung sind die bei-den aufs unaufflligste korrekt. Es wirdhart fr das knftige Double.

    Zumindest ist das zu vermuten, wennman den Bewertungen in den Medien, aufInternetforen oder dem tglichen Geredefolgt. Schmid, heit es da, ist farblos, Rei-ter ebenso, und berhaupt seien beidehausbacken, bieder und mittelmig. Pro-fil? Nicht zu erkennen.

    Als Redner und Diskutanten sind sie tat-schlich keine groen Nummern, es fehltihnen die Gabe, eine Sache so auf denPunkt zu bringen, dass die Zuhrer elektri-siert sind. Dem 55-jhrigen Reiter wird da-zu noch zur Last gelegt, dass er immer nurBeamter war. Stimmt ja auch. Fast 30 Jah-re lang hat er der Stadtkmmerei gedient,ehe er zum Chef des Referats fr Wirt-schaft und Arbeit avancierte. Von JosefSchmid, 44, ist wiederum selten die Rede,ohne dass sein Vorname zu Seppi ver-niedlicht wird. Dem CSU-Kandidaten haf-tet das Image des geschmeidigen Empor-kmmlings an, der es vom Metzgerssohnaus dem fast lndlichen Stadtteil Allachzum Rechtsanwalt und Partner einer mit-telstndischen Kanzlei gebracht hat. Unddann ist er auch noch in einer Partei, die inMnchen ber Jahrzehnte hinweg einemIntrigantenstadl glich, in dem Skandaleund Ranknen mit grerer Hingabe ge-pflegt wurden als die Politik. Erst in jnge-rer Zeit hat die stdtische CSU den BegriffParteidisziplin ernst genommen, wasnicht zuletzt Schmids Verdienst ist.

    Der Mrz, in dem der Wahlkampf in ei-ne nicht bermig flotte letzte Rundeging, war in Mnchen meteorologisch eherein vorgezogener Mai. Frhlingsluft durch-wehte die Stadt, die an solch seidig leuch-tenden Tagen aufs schnste dem Klischeeentspricht, das allgemein ber sie im Um-lauf ist. Lssig zur Schau getragener Luxusprgt das Bild der besseren bis besten Vier-tel, da sind die wirklich eleganten Frauen,die in der Maximilianstrae ihre Gardero-be auf den neuesten Stand bringen. Dane-ben die Mnner, immer lssig, immer be-reit zu zeigen, was sie sich leisten knnen.Und da sind die anderen, die versuchen,sich anzupassen, an alle, die mehr haben,notfalls per kreditfinanzierter Klamotten.Man mchte ja nicht als jemand dastehen,der nicht mithalten kann. Bitte nicht.

    Und dann gibt es noch die, die auch dasnicht knnen. Durch die nicht ganz so no-blen Viertel wie Giesing oder Milbertsho-fen, wo Arbeiter, kleine Angestellte, Rent-ner oder Kleingewerbler leben, geistertseit geraumer Zeit die Frage, wie es eigent-lich weitergehen soll in einer Stadt, dieman sich kaum noch leisten kann. Dabeimuss man kein Hartz-IV-Empfnger odersonst ein armer Schlucker sein, um hierExistenzngste zu haben. Auch ein festerJob, ein geregeltes Einkommen sind keineGarantie mehr, in Mnchen leben zu kn-nen. Was ist, wenn die nchste Mieterh-hung kommt? Und sie kommt ganzbestimmt.

    Um durchschnittlich fnf bis sechs Pro-zent steigen die Mieten pro Jahr, und werheute eine neue Wohnung bezieht, kannvon Glck reden, wenn er mit 16 Euro proQuadratmeter davonkommt. Mehr als

    1100 Euro Kaltmiete fr eine 70-Quadrat-meter-Wohnung da ist ein guter Teil desEinkommens schon mal weg. Und nachoben gibt es praktisch keine Grenzen. Inkeiner Grostadt Deutschlands wohnt essich so teuer wie in Mnchen.

    Wenn der Mnchner Wahlkampf ber-haupt ein Thema hatte, dann war es die Fra-ge, wie man das Angebot an erschwingli-chem Wohnraum verbessern kann. Ich ha-be whrend meiner Kampagne mit Tausen-den Brgern geredet, sagt Dieter Reiter.In 90 Prozent der Gesprche ging es umsbezahlbare Wohnen.

    Auch Josef Schmid, der mit einem altenVW-Bus durch smtliche Stadtviertel tour-te, hat die Erfahrung gemacht, dass Woh-nungsnot und steigende Mieten die grteSorge der Mnchner sind.

    Was also tun? Kleine Giftpfeile fliegenhin und her, wenn es um Schuld und Ver-sumnisse geht. Schmid wirft Ude und sei-ner Verwaltung vor, die Entwicklung ver-schlafen zu haben, wobei ihm zupasskommt, dass sich die Stadt selbst den Lu-xus leistete, eigene Immobilien jahrelangleerstehen zu lassen. Reiter kann mit hnli-cher Mnze heimzahlen, denn die CSU-do-minierte Staatsregierung hat ihrem Partei-freund Schmid nicht gerade geholfen, alssie im vergangenen Jahr rund 33 000 lan-deseigene Wohnungen an ein Investoren-konsortium verkauft hat. Darunter waren8000 Wohnungen in Mnchen.

    Dabei ist es ja nicht so, dass in Mnchennicht gebaut wrde, im Gegenteil. Entlangder Bahnlinie, auf ehemaligem Kasernen-gelnde, an den Stadtrndern entstandenneue Siedlungen, banale Wohnblcke zu-meist, nicht wirklich hsslich, aber auchnicht schn. Etwa 125 000 neue Wohnun-gen wurden in der ra Ude gebaut unddoch reichen sie nicht, der gewaltigenNachfrage Herr zu werden. Mnchen

    boomt, die Wirtschaft der Stadt entfaltetseit vielen Jahren eine enorme Dynamik.Das Bild vom behbigen Millionendorf, indem die Gemtlichkeit niemals ausstirbtund wo grantelnde Dackelbesitzer undcharmante Vorstadtstrizzis den ganzenTag im Biergarten herumhocken, warschon immer hchst einseitig. Hier habenDax-Konzerne wie BMW, Allianz, MunichRe, Linde oder Siemens ihren Hauptsitz,die Hightech-Sparte floriert, Life Sciences,Kommunikationstechnologie, Banken, Mo-de, Tourismus alles so gut in Schwung,dass Mnchen in deutschen und europi-schen Stdterankings stets oben steht,meistens auf Platz eins.

    Das Geld, die Arbeitspltze, die hohe Le-bensqualitt locken Menschen von berallan, aus allen Winkeln der Republik, aus EU-Lndern und smtlichen Kontinenten. Et-wa ein Viertel der Mnchner sind Ausln-der. Jhrlich steigt die Zahl der Einwohnerum 20 000, heute sind es rund 1,45 Millio-nen. Im Jahr 2023 werden es den Progno-sen zufolge 1,6 Millionen Menschen sein.Wo aber sollen sie wohnen? In einer Stadt,die sich keiner mehr leisten kann? Undwird diese Stadt noch die gleiche sein, seinknnen?

    Damit Mnchen Mnchen bleibt mit diesem Slogan bestritt SPD-KandidatReiter seinen Wahlkampf, und dafr be-kam er einen dicken Sack voller Spott. Dassei doch die Losung eines ideenlosen Wei-ter so. Reiter hatte alle Mhe zu erklren,dass er die Parole als Auftrag versteht, eineMenge zu ndern, damit die Stadt so attrak-tiv bleibe, wie sie ist.

    Dass Mnchen sein wie immer gearte-tes Wesen verlieren knnte, ist eine Be-frchtung, die schon um 1900 grassierte.In Ludwig Thomas Roman Mnchnerin-nen ist es eine Bodenverwertungsgesell-schaft, die die historische Bebauung platt-machen mchte, und als in den 1920er-Jah-ren das 45 Meter hohe Technische Rathauserrichtet wurde, schimpfte Karl Valentin,jetzt beginne es auch schon in Mnchen zuneuyorkeln.

    Es ist keine Frage, dass viele Mnchneram Alten hngen. Das hlt sie aber nicht da-

    von ab, das neueste Smartphone und dasinnovativste Auto zu kaufen. Unbehaglichwird ihnen erst, wenn der angebliche Fort-schritt unabsehbare Folgen haben knnte.Die Olympischen Winterspiele etwa habendie Mnchner lieber doch nicht haben wol-len, ebenso wenig eine dritte Startbahn frden Flughafen. Da konnte sich Ude, dessenletzte Amtszeit ohnehin nicht ganz so gln-zend verlief, noch so sehr ins Zeug legen die Menschen stimmten dagegen. Nichtwenigen Mnchnern wird der gewaltigewirtschaftliche Erfolg der Stadt offenbarallmhlich unheimlich. Was bleibt dannvon dem Mnchen, das so viele lieben?

    Wie dies aussieht, ist jedem Einheimi-schen klar, und wer ein anderes Bild hat,der kann ja nach drben gehen, nach Ber-lin. Ist ja auch was dran: Mnchen istschn, hier gibt es Tage, da erscheint dasLeben federleicht und berauschend. Wennalle hinausdrngen an die Isar, die sichnach der Renaturierung wie in alten Zeitenals Gebirgsfluss, als groer Giebach ausden Bergen, wie Thomas Mann schrieb,durch die Stadt schlngelt. Wenn die Sur-fer auf der Eisbachwelle balancieren unddie Menschen die ersten warmen Tage miteiner Ma am Chinesischen Turm begr-en, dann stellt sich jenes Mnchen-Ge-fhl ein, das so viele hier sesshaft werdenlsst. In diesen Momenten ist egal, wiehoch die Miete ist und wie teuer das Leben.Man pflegt das zum Klischee gewordeneWeichbild einer Stadt, in der man morgensbeim Frhschoppen im Augustiner sitzt,anschlieend eine der Pinakotheken be-sichtigt, dann ein Sonnenbad vor der Glyp-tothek, und abends gehts in die Oper. Soist es, und so wird es bleiben.

    Jenseits der Postkartenidylle aber wan-delt sich die Stadt bestndig. Sukzessiveverschwinden die Traditionsgeschfte ausdem Zentrum, zuletzt rumte der ehemali-ge Kniglich Bayerische Hoflieferant EdMeier, ein exquisites Schuhgeschft beina-he snobistischen Zuschnitts, seinen ange-stammten Laden gegenber der Residenz,die ein paar Schritte weiter gelegene Confi-serie Rottenhfer, seinerzeit ebenfalls Hof-lieferant, machte nach 188 Jahren fr im-mer dicht, das alteingesessene ModehausMaendler in der Theatinerstrae hat aufge-geben und so weiter. Die Liste ist lang. We-nig bleibt, wie es war, und alles gehtschnell.

    Stadt- und Staatsregierung wirken damitunter wie gemchliche Eselskarren zumindest wenn es um groe Projektegeht. ber den geplanten Bau einer zwei-ten S-Bahnrhre wird seit Jahren vorzugs-weise gestritten, die Sanierung der stdti-schen Kliniken zieht sich hin, und fr denvon vielen Musikfreunden gefordertenKonzertsaal gibt es zwar gefhlte 30 Stand-orte, aber weder Geld noch einen Plan. Dasgrte Mysterium aber ist, dass die wichti-gen Bauvorhaben zwar diverse Wettbewer-be und Expertenkommissionen durchlau-fen und dennoch eine Architektur heraus-kommt, die wie ein Gestaltungsbeispielaus einem Baumarkt-Katalog aussieht.Und wenn schon mal ein origineller Ent-wurf wie der Plan des japanischen Archi-tekten Kazunari Sakamoto fr die soge-nannte Werkbundsiedlung auf dem Tischliegt, dann wird er weggewischt. Zu teuer,befand die rot-grne Stadtratsmehrheit,

    zu wenig kologisch bis heute ein Bei-spiel stdtischer Verzagtheit, die lieber dasMittelmige whlt, als das Auerordentli-che zu wagen. Im 19. Jahrhundert dachteman anders in Mnchen.

    Den Sozis ist in den letzten Jahren vie-les aus dem Blick geraten, sagt JosefSchmid, die Stadt msse wieder aktive Poli-tik betreiben. Natrlich mit ihm an der Spit-ze, Schmid, dem CSU-Mann, der sich imWahlkampf als Erneuerer prsentiert undseine Frau Natalie im Stil US-amerikani-scher Kampagnen als First Lady in spe inSzene setzt. Schmid ist es immerhin gelun-gen, einen liberal wirkenden, urbanen CSU-Politiker zu verkrpern, der sich auchnicht scheut, beim Christopher-Street-Day mitzulaufen und sich von Seehofer-Sprchen la Wer betrgt, der fliegt zudistanzieren.

    Reiter wiederum hat sich als Sozialde-mokrat klassischen Typs profiliert. Werihn beim Straenwahlkampf beobachtet,sieht einen Mann, der den Menschen zu-hrt und auch aggressive Fragen geduldigbeantwortet. Auch Reiter sagt: Einfachweitermachen wie bisher, geht nicht. DieDynamik Mnchens msse man frdern,nur drfe dabei nicht die soziale Balanceverloren gehen. Keiner soll Angst habenmssen, dass er verdrngt wird.

    Gelernt haben die beiden auch, wie manmige Wahlergebnisse schnredet. Rei-ter gab sich rundherum zufrieden, als eraus dem ersten Wahlgang mit 40,4 Pro-zent herauskam. Dass sein ParteifreundUde 2008 stattliche 67 Prozent hingelegthatte, trbte die Freude kaum.

    Schmid feierte seine 36,7 Prozent gar alshistorisch, weil damit erstmals seit30 Jahren wieder ein CSU-Kandidat in dieStichwahl gekommen ist. Seinerzeit hattees Erich Kiesl in die zweite Runde ge-schafft, ein umtriebiger Politiker, der 1978die jahrzehntelange SPD-Dominanz imRathaus beendet hatte. Seine Amtszeit alsOB war von diversen Peinlichkeiten ge-prgt, weshalb ihn die Mnchner bei derbesagten Stichwahl 1984 wieder abservier-ten. Umso grer wre die Genugtuungder Christsozialen, endlich mal wieder dieHauptstadt des Landes zu regieren, das sieseit Menschengedenken beherrschen. Frdie SPD wre es ein Desaster, an dessen Fol-gen die Genossen gar nicht denken wollen.Da ist es beruhigend, dass Sabine Nallin-ger, die OB-Kandidatin der Grnen, die re-spektable 14,7 Prozent geholt hatte, denMnchnern empfiehlt, Reiter zu whlen.

    Das grte Stimmenpotenzial aber istnoch gar nicht ausgeschpft. 58 Prozentder Wahlberechtigten blieben dem erstenUrnengang ganz fern. Mehr als die Hlftealso gaben ihre Stimmen nicht ab, aber viel-leicht machten sie eine Stimmung deut-lich. Im einst roten Stadtteil Milbertshofenzum Beispiel haben nur noch 32 Prozentder Wahlberechtigten abgestimmt. Es ist,als htten sie eine Botschaft an die groereiche Stadt geschickt: Wir gehren nichtmehr dazu.

    Aber hier gibt es Tage, daerscheint das ganze Lebenfederleicht und berauschend

    Auch ein fester Job, ein geregeltesEinkommen sind keine Garantiemehr, in Mnchen leben zu knnen

    Mehr als die Hlfte derWahlberechtigten gaben ihreStimme nicht ab. Warum nicht?

    Damit MnchenMnchen bleibt.So werben nicht

    die Konservativen,sondern SPD-Kandidat

    Dieter Reiter. DassMnchen sein wie

    immer geartetes Wesenverlieren knnte,ist brigens eine

    Befrchtung, die schonum 1900 grassierte.

    Wer die Postkarte ausden 70er-Jahren an-

    schaut, der sieht, dasssich am Ende aber doch

    etwas verndert hat.FOTO: OH

    Schaut auf diese StadtZu Mnchen fllt jedem eine Menge ein zu den beiden Kandidaten, die Oberbrgermeister werden wollen, eher nicht.

    Dabei ist es eigentlich noch wichtiger geworden, wer hier in Zukunft regiert

    Beide liegen Kopf an Kopf, wenn es darum geht, wer der Unaufflligere ist: DieterReiter von der SPD (links) und Josef Schmid von der CSU. FOTO: ROBERT HAAS

    DIE SEITE DREIDEFGH Nr. 73, Freitag, 28. Mrz 2014 HF2 3

  • Ob der Flughund nun wirk-lich einem Hund hnelt oderdoch eher einem Fuchs, wie erim Englischen auch genanntwird, darber kann man strei-

    ten die lngliche Schnauze und das bu-schige, rtliche Fell mancher Arten lassenSpielraum fr Interpretation. Unumstrit-ten ist jedoch, dass Flughunde und Fleder-muse, gemeinsam als Fledertiere bezeich-net, als einzige Sugetiere tatschlich ak-tiv fliegen knnen: Sie flattern dafr mit ih-ren Hautflgeln. Beim Riesenflughundknnen sie Spannweiten von mehr als1,50 Meter erreichen. Manche Kurznasen-flughunde dagegen, eher Typ Chihuahuaals Fuchs, sind nur wenige Zentimeterlang. Flughunde gibt es in Asien, Australi-en, Afrika und auf vielen Sdseeinseln.Tagsber hngen sie meist kopfber schla-fend in Bumen oder Hhlen; nachts sam-meln sie Samen und Frchte, wodurch sieeine wichtige Rolle bei der Pflanzenbestu-bung spielen. Anders als Fledermuse ori-entieren Flughunde sich meist nicht perEcho-Ortung, sondern vor allem mit ihrenguten Augen. Viele Arten sind bedroht,weil ihr Lebensraum schrumpft, aber auchdurch die Jagd vielerorts gelten sie als De-likatesse. Auch in Guinea verspeist man siegerne ber dem Feuer getrocknet oder in ei-ner Pfeffersuppe. Weil Fledertiere das td-liche Ebola-Virus in sich tragen knnen,das derzeit in Guinea wtet, hat das dorti-ge Gesundheitsministerium nun Handelund Verzehr der Tiere verboten. weis

    Viele hatten diese Entscheidung vonPapst Franziskus erwartet, nun hat er siegefllt. Zum Glck: Fr das Bistum Lim-burg, das endlich den Neustart wagenkann, und fr die katholische Kirche, diedurch die Affre schweren Schaden erlit-ten hat. Jede andere Entscheidung wreabsurd gewesen. Zu schwer wogen dieProteste in Limburg gegen den verschwen-derischen Kirchenmann, der keinerleiUnrechtsbewusstsein an den Tag legte.

    Damit nun in Limburg und anderswo dasSeufzen der Erleichterung keine heieLuft bleibt, muss die katholische Kircheaus dem Fall Tebartz lernen. Sie brauchtein professionelleres, transparenteresBerufungssystem ihres Spitzenpersonalsmit festen Formen von Beratung undMitwirkung der Glubigen. Sie bentigtferner ein besseres System der Eigenkon-trolle gegen selbstherrliche AuswchseEinzelner.

    Der fast zeitgleich vorgelegte Prfberichtder deutschen Bischofskonferenz belegtnachdrcklich, dass Bischof Tebartz-vanElst keinesfalls das Unschuldslamm war,als das er immer wieder stilisiert werdenwollte. Wahr ist aber auch, dass Aufsichts-gremien geschlampt haben, dass die Kam-pagne gegen Tebartz-van Elst teilweisezum Selbstlufer wurde.

    von ulrich schfer

    J oe Kaeser ist als Chef von Siemens einManager, kein Politiker, aber seinBesuch bei Wladimir Putin war mehrals eine schnde Geschftsreise. Die Visitehatte in einer Zeit, in der Russland mitSanktionen belegt und aus dem Wirt-schaftsklub der G 8 herausgeworfen wird,auch eine politische Komponente.

    Grundstzlich ist ein Besuch bei Putinnicht verwerflich, auch Sigmar Gabriel warja erst vor ein paar Wochen in derselbenPrsidentenresidenz zu Gast. Auch Kanzle-rin Angela Merkel erklrte nach KaesersMoskau-Reise, sie habe gegen solche Tref-fen nichts einzuwenden.

    Es ist ein bewusstes Doppelspiel, das dagetrieben wird. Ein Doppelspiel, bei demdie Politik vordergrndig immer mehrDruck aufbaut und sich zugleich einenback channel, einen Zugang hinten her-um aufrechterhlt. Regierungen greifen,wenn sie sich offiziell nichts mehr zu sagenhaben, gern auf solche informellen Kontak-te zurck. Gern auch auf die Kontaktedurch Wirtschaftsfhrer.

    Das hat schon Konrad Adenauer so ge-handhabt. Er hat sich immer wieder derHilfe von Hermann Josef Abs bedient, desinternational einflussreichen Bankiersund langjhrigen Vorstandssprechers derDeutschen Bank. Auch Berthold Beitz warviele Jahrzehnte nicht nur im Auftrag vonKrupp unterwegs, sondern vertrat auf sei-nen Reisen bei Bedarf auch die Interessender Bundesrepublik. Gemeinsam fdeltenAbs und Beitz Ende der 60er-Jahre mit

    Russland auch das politisch brisante Ge-schft Gas gegen Rhren ein: DeutscheFirmen bauten Gasrhren fr die Russen,die Deutsche Bank und andere Institutefinanzierten dies, Moskau lieferte im Ge-genzug Gas. Dies trug entscheidend zurEntspannungspolitik bei.

    Joe Kaeser, der seit einem Dreiviertel-jahr Siemens fhrt, also einen auch politi-schen Konzern, der viele Geschfte mitStaaten aller Art macht, ist allerdings keinBeitz, kein Abs. Kein erfahrener Diplomat.

    Und so lie er sich vor laufenden Kameraszu ein paar verstrenden Bemerkungenhinreien. Zunchst gratulierte er zur Be-grung dem russischen Prsidenten zu ei-ner herausragenden Olympiade, obwohldies ja nicht zuletzt eine gewaltige Propa-gandaveranstaltung fr Putin war, ehe dieBesetzung der Krim begann. Und anschlie-end, im Interview mit dem Heute-Jour-nal, bezeichnete Kaeser die Annexion derKrim auch noch als kurzfristige Turbulen-zen. Gewiss hat Siemens whrend seiner160 Jahre in Russland vieles erlebt: Krise,Kriege, Machtwechsel. Aber eine kurzfris-tige Turbulenz ist etwas vllig anderes.

    Letztlich aber offenbarte Kaesers vomKanzleramt gebilligter Besuch bei Putinvor allem eines: das groe Dilemma, indem sich nicht nur die deutsche Wirt-schaft, sondern auch die deutsche Politikbefindet. Denn die wirtschaftlichen Verbin-dungen mit Russland, nicht blo durchGas und l, sondern im Handel, Maschi-nenbau oder Finanzgeschft, sind viel zueng, als dass Deutschland wirklich klarPosition beziehen kann. Putin wei dies,und das macht ihm die Sache so leicht.

    von kai strittmatter

    M an mag Xi Jinping, den Staatspr-sidenten Chinas, nicht beneiden.Die Herausforderungen, vor de-nen sein Land steht, sind gewaltig. Ja, Chi-na hat als zweitgrte Volkswirtschaft derWelt mittlerweile groen Einfluss, kein glo-bales Problem vom Klimawandel bis zurinternationalen Finanzordnung kannmehr ohne die Kooperation Pekings ernst-haft angegangen werden. Gleichzeitig aberwird China noch lange vorwiegend mitsich selbst beschftigt sein. Auch deshalbtut sich der Westen schwer mit seinen Ver-suchen, Peking einzubinden ins internatio-nale Gefge, ihm mehr Verantwortung ab-zuverlangen. Kanzlerin Angela Merkelwird das erneut feststellen, wenn Xi an die-sem Freitag in Berlin eintrifft.

    Nicht vergessen darf man dabei, dassXis wichtigste Rolle nicht die des Staatspr-sidenten ist, sondern die des Chefs derKommunistischen Partei. Wohl noch niesah sich eine diktatorisch regierende Par-tei einer solchen Herausforderung aus dereigenen Gesellschaft gegenber. China isteben nicht Nordkorea: Die Regierung hatdas Internet gefrdert, weil sie darin Wirt-schaftschancen, Profit witterte und hatsich so bei aller Macht der Zensur eine Of-fenheit ins Land geholt, die einmalig ist frautoritre Regime.

    China ist auch deshalb nicht Nordkorea,weil die KP sich auf ihre Art um die Legiti-mierung ihrer Herrschaft bei den Brgernbemht: durch Wirtschaftswachstum,durch nationale Gre. Auch deshalb gehtihr der Entzug des Vertrauens durch dieseBrger, die wtend sind ber Korruption,soziale Ungleichheit, vergiftetes Essen undvergiftete Luft, so an die Nieren.

    Xi Jinping ist fr die KP angetreten, die-ses Vertrauen zurckzugewinnen. Er willChina weiter modernisieren. Das Problemdabei: Es ist weiterhin nur eine halbe, ober-flchliche Modernisierung. Politisch agiertXi erstaunlich altbacken. Sein Kampf ge-gen die Korruption etwa ist nichts als eineKampagne alten Stils, welche die Beamtenmit Appellen und Schauprozessen einzu-schchtern sucht. Das mag kurzfristigSchreckstarre in den Reihen der KP ausl-sen, auf lange Sicht aber wird diese Kampa-gne genauso scheitern wie alle vor ihr.

    Xi Jinping und mit ihm die ganze KP ha-ben groe Angst vor jenen Reformen amSystem, die die Ursachen des bels tatsch-lich bekmpfen wrden, allen voran eineunabhngige Presse und eine unabhngi-ge Justiz. Es ist sogar so, dass Xi all jene,die ebendies fordern Rechtsanwlte, Br-

    gerrechtler, Blogger, Journalisten mitgroer Hrte verfolgen lsst. Die Repressi-on hat unter ihm zugenommen. Furcht istfr Xi ein effizientes Mittel zur Herrschafts-sicherung. Der Fall der BrgerrechtlerinCao Shunli, die vor zwei Wochen in Haftverstarb, nachdem die Behrden ihr medi-zinische Behandlung verwehrt hatten, istein Rckfall in dunkelste Zeiten.

    Es ist eine drngende Frage: Wie gehendie Demokratien des Westens mit demwirtschaftlich immer strkeren China um?Englands Premier David Cameron gab ei-ne mgliche Antwort, als er bei seinem Pe-kingbesuch im Dezember fast auf dem Tep-pich kriechend um Pekings Wohlwollenbuhlte. Man kann das natrlich machen jede Selbstachtung aufgeben.

    Aber Respekt darf man dann keinenmehr erwarten, gerade nicht von den Um-worbenen. Selten las man tzendere Kom-mentare in Chinas Medien als nach Came-rons Kotau. Oft hrt man, der Westen wer-de China gewiss nicht die Demokratie brin-gen. Als ob das ein Grund wre, sich selbstund seine Werte zu verleugnen. Zudemsehnt sich China nach dem Respekt der Au-enwelt. Die Kanzlerin und der Bundespr-sident haben in Berlin die Gelegenheit, Xidaran zu erinnern, dass sein Land erstdann, wenn es die Rechte seiner eigenenBrger achtet, den Respekt bekommt, denes als groe Nation verdient.

    D ie Beschlagnahme der 1280Gurlitt-Kunstwerke durchdie Staatsanwaltschaft Augs-burg vor zwei Jahren war einstrafrechtlicher Fehler, eingroer, ein gewaltiger, ja ein unfassbarerstrafrechtlicher Streich. Man liest den dr-ren Durchsuchungs- und Beschlagnahme-beschluss der Ermittlungsrichterin inAugsburg, der alles ins Rollen gebrachthat, und ist entgeistert: Da wurde die Ein-trittskarte zu einer Vorstellung ausge-stellt, von der die Richterin keine Ahnunghatte. Da wurde wegen eines mickrigenSteuervorwurfs auf einen Hundert-Millio-nen-Wert zugegriffen. Der strafrechtlicheZugriff auf den Kunstschatz war unver-hltnismig, er ist ein rechtsstaatlicherSkandal. Aber zugleich war dieser Zugriffgesegnet mit einer phantastischen Entde-ckung, Enthllung und Offenbarung. Ei-ne falsche Anwendung des Rechts hat da-zu gefhrt, dass die Wahrheit ber die Bil-der und ihr Schicksal entdeckt wurdeoder entdeckt werden kann. Wer diesenFall Gurlitt studiert, ist daher hin- undhergerissen zwischen Recht und Moral.

    Die Bilder waren vor der juristisch dubi-osen Beschlagnahme tot. Jetzt reden sie:Sie reden von ihrer Vergangenheit; die so-genannte Provenienzforschung bringt siezum Sprechen; die Bilder berichten da-von, wo und bei wem sie einst hingen; sieberichten von Notverkauf und Raub; vieledieser Bilder tragen die unsichtbaren Spu-ren von Nazi-Verbrechen, und sie tragendie sichtbaren Spuren vom Verbergenund Verstecken. Viele der beschlagnahm-ten Bilder waren Gegenstand von Gier,von Hab- und Raffsucht. Sie blieben einstin den Salons der Nazi-Gren und denDepots der Kunsthndler der NS-Zeit, alsdie Eigentmer der Bilder in den Lagernund in den KZs verschwanden. In einer Ge-genwart, in der die letzten Zeitzeugen ster-ben, in der Endzeit der Erinnerung also,hngt die Zukunft des Holocaust-Geden-kens auch an solchen Bildern.

    Diese Bilder sind zwar stumme Zeugender NS-Verbrechen, sie provozieren aberdas Reden ber diese Verbrechen von Neu-em. Erinnerung das ist nicht zuletzt dieUnruhe, die einen packt, wenn man die Ei-gentumslage an diesen Bildern zu analy-sieren versucht und feststellt, wie schweres fr die Erben der Nazi-Opfer ist, wiederin den Besitz dessen zu kommen, was ih-ren Grovtern und Gromttern abge-

    presst worden ist. Das Brgerliche Gesetz-buch mit seinen Paragrafen ber den Er-werb von Eigentum und ber die Verjh-rung von Herausgabeansprchen der Ei-gentmer gegen die Besitzer es ist unge-eignet fr die juristische Reparatur vonAkten politischer Perversion.

    Viele der Gurlitt-Bilder waren Objektedes Unrechts. Gleichwohl: Sie htten nichtbeschlagnahmt werden drfen, weil dasStrafrecht nicht dafr da ist, Bilder zumReden zu bringen. Strafrecht ist auchnicht dafr da, die Schwchen des BGBund des Zivilrechts auszugleichen. Es istnicht dafr da, einen bergesetzlichenHerausgabeanspruch zu schaffen, wennes einen gesetzlichen Herausgabean-spruch nicht mehr gibt. Strafrecht ist al-lein dafr da, die Schuld einzelner Men-schen an einer Straftat festzustellen unddie Strafe dafr zu bemessen. Die Verbre-chen, von denen die beschlagnahmten Bil-der knden, hat nicht Cornelius Gurlitt be-gangen; er hat die Bilder geerbt, nicht einestrafrechtliche Schuld, die daran klebt.Gurlitt hat aber die moralische Last ge-erbt, mit denen die Bilder, jedenfalls einTeil davon, beschwert sind. Ein Verfah-ren, in dem es um eine kleine Steuerstraf-tat geht, erlaubt es aber dem Staat nicht,den Beschuldigten von dieser Last durchBeschlagnahme zwangsweise zu befreien.

    Die Beschlagnahme der 1280 Bilder er-folgte wegen des wackeligen Verdachts ei-ner Verkrzung der Einfuhrumsatzsteu-er. Vom Wert der Bilder kann die Steuer-schuld, so sie denn berhaupt besteht,mindestens zehntausend Mal bezahlt wer-den. Ein eklatanteres Beispiel fr Unver-hltnismigkeit kann man sich kaumausmalen. Man muss Paragrafen schonsehr verbiegen, um 1280 Bilder daran auf-zuhngen in einem Strafverfahren, indem der einzige greifbare Vorwurf darinbesteht, dass der Beschuldigte 9000 Euroaus vermeintlich unklaren Geschftenbei sich gefhrt hat. Dem alten Mann istUnrecht widerfahren.

    Den Menschen, denen Gurlitts Bildereinst gehrten, ist viel, viel greres Un-recht widerfahren. Es kann nicht gegen-einander aufgerechnet werden. Und esknnen die Bilder, auch wenn es sichnicht um Raubkunst handelt, auch nichteinfach an Gurlitt zurckgegeben wer-den. Sie sind in keiner Wohnung Gurlittsmehr sicher. Die Unsicherheit der Eigen-tumsverhltnisse an den Bildern ereilt al-so nun auch die Ausbung des Besitz-rechts von Gurlitt. Vielleicht ist dies eineList der Geschichte, wenn sie sieht, dassRecht und Gesetz an ihre Grenzen stoen.

    Etliche Kommentatoren beschftigensich mit dem Rcktritt des Limburger BischofsFranz-Peter Tebartz-van Elstnach dessen Finanzaffre:

    PROFIL

    Was macht ein politisches Talent aus? DieFrankfurterin Janine Wissler ist nicht nurden Spitzen der Linkspartei schon vor Jah-ren als politische Begabung aufgefallen.Die 32 Jahre alte Fraktionsvorsitzende derLinken im hessischen Landtag fllt dort alsPolitikerin vor allem durch zwei Eigen-schaften auf, die in der Politik und auchsonst eher selten gemeinsam daherkom-men. Wissler kann mit groer Leiden-schaft vor Publikum reden, bei Protest-kundgebungen wie auch im Landtag, hatein Fernsehgesicht. Sie kann zuspitzenund reagiert schlagfertig. Aber sie mussdas nicht, sie kann Angriffe mit Heiterkeitins Leere laufen lassen. Das macht wohl ihrTalent aus: durchaus bissig zu sein, abernicht verbissen.

    Es war nur noch eine Frage der Zeit, bises zum nchsten Schritt kommen wrde,dem Aufstieg in den engeren Fhrungs-kreis der Linken im Bund. Jetzt gilt dieDiplom-Politologin als aussichtsreicheKandidatin fr die Nachfolge von SahraWagenknecht, die ihren Posten als stellver-tretende Parteivorsitzende aufgeben will.Das wre schon ein ziemlicher Kontrast.

    Im vorigen Herbst hatte die Linke esWisslers Auftreten zu verdanken, dass siewieder in den Landtag in Wiesbaden ein-

    zog. Das war fr die Partei von enormer Be-deutung, ein Fiasko wre das Ende der lin-ken Ausdehnung gewesen, nachdem manvorher in Dsseldorf, Kiel und Hannoverwieder aus dem Parlament geflogen war.

    Aufgewachsen in einem linken Eltern-haus, ist Wissler schon als Schlerin frhpolitisiert worden. Sie ging mit 14 zum ers-ten Mal auf eine Demo, engagierte sich beiAktionen gegen Neonazis und in der Frie-densbewegung. Als Studentin schloss siesich bald dem kapitalismuskritischenBndnis Attac an und fand sich spter

    schnell in der Spitze der WASG wieder, diesich dann mit der PDS zur Linkspartei ver-einte. Kurz vor Ende ihres Studiums inFrankfurt, sie finanzierte es mit Arbeitenals Verkuferin im Baumarkt, zog Wisslermit der kleinen Linksfraktion in den Land-tag ein. Wissler war schon Abgeordnete,als sie ihre Diplomarbeit ber die Liberali-sierung und Rekommunalisierung derEnergiepolitik zu Ende schrieb.

    2009 wurde die junge Frau, die gern inden Bergen wandert und Mitglied im deut-schen Alpenverein ist, Fraktionschefin.Auffllig ist, wie intensiv sie den Kontaktzu Protestgruppen auerhalb des Parla-ments suchte, so zu den Brgerinitiativengegen den Lrm am Frankfurter Flugha-fen. Im Herbst richtete die Linke ihrenWahlkampf ganz auf sie aus, weshalb politi-sche Gegner gifteten, dass sich hinter demcharmanten Gesicht der pragmatischenSpitzenfrau viele altlinke Apparatschiksversteckten. An ihr, hie es, habe es nichtgelegen, dass es zu keinem Linksbndnis,sondern zu einer schwarz-grnen Regie-rung in Wiesbaden kam. Auch wenn Wiss-ler stets betont, dass sie nicht um jedenPreis regieren will: Mit einer wie ihr knntedie Annherung zur SPD im Bund knftigleichter fallen. jens schneider

    S IEMENS UND PUTIN

    Stets zu Diensten

    CHINA UND DEUTSCHLAND

    Ein Kotau bringt keinen Respekt

    von wolfgang janisch

    N etzsperre heit das Reizwort derInternetgemeinde. Es hat den me-tallischen Beigeschmack der Zen-sur, man kann das ja tglich in den Welt-nachrichten verfolgen. China oder Tr-kei, autoritre Machthaber beschrnkendie digitale Freiheit, wo sie knnen.

    Ist das Urteil des Europischen Ge-richtshofs deshalb Anlass zur Sorge? Werdie Entscheidung zu Ende liest, wird fest-stellen: Jedenfalls schlgt sich das Ge-richt nicht einseitig auf die Seite der Film-und Musikindustrie, sondern schtztauch die Grundrechte der Netzgemeinde.Zwar drfte der Fall, der in sterreichspielt, auch in Deutschland Wirkung ent-falten. Vorerst werden aber allenfalls ein-

    zelne Gerichte auf dessen Grundlage An-ordnungen gegen Internetprovider erlas-sen, um ihren Kunden den Zugang zu ille-galen Websites zu sperren. Eine Manah-me, die brigens auch aus Sicht des EU-Gerichts technisch leicht zu umgehen ist.

    Trotzdem kann man das Urteil auch alsWarnzeichen lesen. Die Begehrlichkeitensind gro, die Internetprovider die Tr-ffner zum Internet gleichzeitig auchals Kontrolleure und Torwchter einzuset-zen. Hassprediger und Gewaltpropagan-disten, Extremisten und Islamisten, Zo-cker und Spinner: Sie alle tummeln sichda drauen im Netz. Grnde fr Sperrenlassen sich also immer finden. Was derEinstieg in eine Unkultur des Sperrens w-re. Der Traum von der Netzfreiheit wredamit ausgetrumt.

    von sonja zekri

    B esorgt sah der Feldmarschall aus,und er hat auch allen Grund dazu.Abdel Fattah al-Sisi hat endlich, in aller Bescheidenheit seine Prsident-schaftskandidatur bekannt gegeben.Zum letzten Mal trug er Uniform, aber einMann der Armee bleibt er trotzdem, Herr-scher ber eine Institution, die viele gyp-ter fr die einzig intakte im Land haltenund die er zuvor umbaute, damit sie ihmnicht gefhrlich wird. Vieles deutet dar-auf hin, dass das Wirtschaftsimperiumder Armee unter Sisi noch wachsen wird.

    In seinem Auftritt verzichtet der frisch-gebackene Zivilist Sisi auf seine blichenKoranzitate, stattdessen beschwor er dieEinheit in schweren Zeiten: im Kampf

    gegen Terrorismus und Arbeitslosigkeit,gegen die Abhngigkeit von Zuwendun-gen vom Golf sowie Verschwrungen voninnen und auen. Viel Sorge schwang mit aber auch eine Drohung an seine Geg-ner. Denn so hysterisch seine Anhngerauch fr ihn trommeln, Sisi hat auch Milli-onen gypter gegen sich. Und noch weitmehr Menschen sind zu erschpft oderfatalistisch, um berhaupt noch politi-sche Plne zu schmieden.

    Viele hoffen dennoch, dass der Gene-ral, der den Sicherheitsapparat so sicherbeherrscht wie kaum einer vor ihm, gyp-ten endlich Ruhe schenken wird, dassMassentodesurteile, Polizeiwillkr undMedienhetze lediglich ein notwendigesbel sind. Nur deutet nichts darauf hin,dass sie recht haben.

    von thomas kirchner

    Z um Beispiel Mabruk bin Ali al-Saiari. Der Mann aus Nadschran inSaudi-Arabien wurde zum Tode ver-urteilt, weil er jemanden bestohlen und er-mordet haben soll. Die Beweislage: einZeuge, der sich widersprach, sowie dieAussagen von vier mnnlichen Verwand-ten des angeblichen Opfers. Die schworenzwar insgesamt 52 Eide, konnten die Tataber nicht gesehen haben. Einen Rechts-beistand hatte der Verdchtige wederwhrend der Verhre, bei denen er gefol-tert wurde, noch whrend des Prozesses.

    Der Mann, dessen Schicksal im neu-esten Todesstrafen-Bericht von AmnestyInternational beschrieben wird, erreichtebeim Obersten Gerichtshof Saudi-Arabi-

    ens eine Neuverhandlung seines Falls. Vie-le haben weniger Glck. Sie werden nachdubiosen Standards abgeurteilt und exe-kutiert und tauchen, wenn sie Chinesen,Nordkoreaner oder Iraner sind, nicht ein-mal als Zahl im Amnesty-Bericht auf.

    Aber nicht nur im fernen Orient oder indunklen Diktaturen zeigt sich die Un-menschlichkeit der Todesstrafe, sondernauch, immer noch, mitten in der westli-chen Welt. Etwa in den USA, wo das Unbe-hagen wchst angesichts von spektakul-ren Fehlurteilen oder Exekutionen, bei de-nen Verurteilte grausam leiden mssen.Appelle bringen da wenig, die Staaten han-deln, wie sie wollen. Sinnvoller ist, wasAmnesty macht: die Absurditt dieserStrafe zu dokumentieren. Etwa den Fallvon Mabruk bin Ali al-Saiari.

    DER FALL DES CORNEL IUS GURL ITT

    Wenn Bilder redenvon heribert prantl

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    Joe Kaeser hat einige verstrendeBemerkungen gemacht

    Der Westen muss im Umgang mitPeking seine Werte verteidigen

    Friedensbotschafter sz-zeichnung: sinisa pismestrovic

    INTERNET

    Sperre im Kopf

    GYPTEN

    Der falsche Kandidat

    TODESSTRAFE

    Mordende Staaten

    Erinnerung das ist die Unruhe,die von diesen Bildern ausgeht

    Janine WisslerHoffnung der Linken aus Hessen,

    bissig, aber nicht verbissen

    MEINUNG4 HF2 Freitag, 28. Mrz 2014, Nr. 73 DEFGH

    FOTO

    :DPA

    AKTUELLES LEXIKON

    BLICK IN DIE PRESSE

  • Limburg So richtig passt das nicht zu-sammen. Die 108 Seiten und derjenige, dersie nun in den Hnden hlt. Der Bericht lis-tet ziemliche Ungeheuerlichkeiten auf, er-zhlt von einem Koi-Karpfen-Teich frmehrere Hunderttausend Euro und vonedelstem Parkett. Weihbischof ManfredGrothe sagt, nun ja, es seien Dinge nichtganz richtig gelaufen, handwerkliche Feh-ler wurden gemacht. Aber man drfenicht vergessen, dass Franz-Peter Tebartz-van Elst eigentlich ein feiner Kerl gewesensei: Bienenfleiig, ihm war kein Weg zuweit. Im Bericht steht, dass Tebartz-vanElst selbst den Papst ziemlich dreist belo-gen habe ber die Kosten seiner Residenz.

    Recht hbsch sei die geworden, sagtGrothe, aber einziehen wird er dennochnicht. Erstens sind dort noch die Handwer-ker zu Gange, auerdem soll Grothe dasBistum Limburg nur bergangsweise lei-ten. Am Mittwoch hat er damit begonnen.Man kann so etwas auf zwei Arten machen:Grothe htte eine recht schonungslose Auf-arbeitung der Affre beginnen knnen,den sogenannten reinen Tisch. Auf demTisch liegen die Fakten ja derzeit auch,aber Grothe tut einiges, um sie vielleichtnicht unter diesen Tisch zu kehren, aberdoch recht kleinzuhalten.

    Grothe ist Weihbischof von Paderbornund wurde von der deutschen Bischofskon-ferenz eingesetzt, das Wirken von BischofTebartz-van Elst zu untersuchen vor al-lem dessen Werkeln an seiner Bischofsresi-denz, die dann viel teuerer wurde als ge-plant. Der Bericht belastet den Bischof.Grothe aber entlastet ihn am Mittwoch, woes nur geht. Tebartz-van Elst habe untergroem Druck gestanden, das Vorhabenbei Amtsantritt bernommen.

    Es ist ein seltsamer Auftritt von Grothe,keine Aufarbeitung, eher ein Schluss-strich. Es zeigt sich, wie schwer sich die ka-tholische Kirche immer noch tut mit demFall Tebartz-van Elst. Im Bericht ist minuti-s aufgelistet, wie der Limburger Bischofber lange Zeit ja, man muss sagen gelo-gen und betrogen hat. Nur will Grothe daseben nicht so werten, es nicht einfach aus-sprechen. Er wolle kein Urteil fllen. Ja,wer darf das dann? Nur Gott?

    Einige Beteiligte der Untersuchungs-kommission htten sich ein deutlicheres

    Urteil gewnscht von Grothe, es gab wohlStreit. Grothe sieht sich eher als Vershnereines Bistums, in dem Tebartz-van Elst biszuletzt eben nicht nur Feinde hatte. Grothespricht von einer groen Solidaritt, die erbei den Mitarbeitern erfahren habe, mitwem, sagt er nicht so genau. Fr ihn gehtes nun offenbar erst einmal darum, das Be-triebsklima zu verbessern. Die Wnschevieler Glubiger nach einem richtigen Neu-anfang und nach Transparenz mssendann wohl erst einmal warten. Das Domka-pitel, das Leitungsgremium im Bistum,wird dem Papst eine Liste mit Kandidatenfr die Bischofs-Nachfolge bermitteln,mit einer Ernennung wird aber nicht vor

    kommendem Jahr gerechnet. Auf die Fra-ge, ob der Nachfolger in Limburg nicht voneiner breiteren Mehrheit getragen werdensollte als nur vom Domkapitel, reagiertGrothe eher zurckhaltend. Andere u-ern sich da deutlicher.

    Der Kirchenrechtler Thomas Schllerhlt das Domkapitel angesichts der Ereig-nisse fr klug beraten, strker zu fragen,welches Anforderungsprofil ein Kandidaterfllen sollte. Es gehe weniger um kon-krete Namen als vielmehr um Eigenschaf-ten, sagte er am Donnerstag. Das siehtauch der ehemalige Dogmatik-Professoran der Uni Regensburg, Wolfgang Beinert,so: Da wir inzwischen in einer Welt leben,die auf demokratische Verhltnisse ausge-richtet ist, wre eine Mitsprache angemes-sen, so Beinert. bernd drries

    von matthias drobinski

    Mnchen Er war es nicht. So lsst sich zu-sammenfassen, was Franz-Peter Tebartz-van Elst, der zurckgetretene Bischof vonLimburg zu den Ergebnissen jener Kom-mission erklrt, die untersucht hat, wasbeim Bau des Dizesanen Zentrums St. Ni-kolaus auf dem Limburger Domberg ge-schah, das nun mindestens 31,5 MillionenEuro kosten soll. Ich kann nichts dafr, dieandern waren es. In einer vier Seiten lan-gen Erklrung stellt Tebartz-van Elst vorallem seinen Generalvikar Franz Kasparals verantwortlich dafr dar, dass der Baudes Komplexes immer teurer wurde. Er, Te-bartz, habe 2008 eine in vielfacher Hin-sicht ungeordnete Verwaltung vorgefun-den, dann Kaspar zum Aufrumen berufenund ihm vertraut: Als Nicht-Fachmannauf dem Gebiet der kirchlichen Verwal-tung habe er seinem obersten Verwalterdie Geschfte berlassen. Der sei der Bse.ber die eigene Verantwortung verliert derBischof kein Wort.

    Das ist nicht neu, schon im Herbst hatTebartz-van Elst die Sache so dargestellt.Neu ist nun aber, dass der Bericht der Prf-kommission verffentlicht ist. Und der er-zhlt in aller Nchternheit auf 108 Seiten ei-ne ganz andere Geschichte. In ihr geht esum Malosigkeit, um Tricksereien und L-gen und die Hauptperson ist nun einmalTebartz-van Elst, der Bischof, auch wenndas Domkapitel, der Generalvikar und derVermgensverwaltungsrat bemerkenswer-te Nebenrollen bernehmen. Dass ihn die108 Seiten vor ein weltliches Gericht brin-gen, ist unwahrscheinlich, auch wenn nundie Limburger Staatsanwaltschaft den Be-richt auswertet; ob die Verste gegen dasKirchenrecht ausgereicht htten, dass derPapst ihn auch htte amtsentheben kn-nen, ist mig der Bischof hat seinenRcktritt angeboten, Franziskus ihn ange-nommen. Ein Desaster fr Franz-Peter Te-bartz-van Elst ist der Bericht allemal.

    Die Geschichte beginnt im Jahr 2004,Franz Kamphaus ist, kurz vor der Pensions-grenze, Bischof in Limburg und wohnt be-scheiden im Priesterseminar. Sein Nachfol-ger aber soll auf dem Domberg residieren,beschliet das Domkapitel. Es bildet eineRcklage von zwei Millionen Euro viel zuniedrig, urteilen die Prfer, die Kosten frdie Sanierung der alten Gebude und dieNeubauten seien mehr oder weniger ausder Luft gegriffen worden. Die Zahl ist aberin der ffentlichkeit. Es gibt einen erstenEntwurf, Tebartz-van Elst, gerade in Lim-burg angekommen, stimmt zu; sechs Milli-onen Euro soll der Bau kosten. Als das Bis-tum die Zahl verffentlicht, gibt es einenProteststurm in den Gemeinden: Wir ms-sen sparen, und ihr baut so teuer, lautetder Vorwurf. Das Domkapitel beendet dieZusammenarbeit mit dem Architekten.

    In dieser Zeit, so heit es im Bericht, ent-steht beim Bischof der Wunsch, die Bau-herrenschaft an den Bischflichen Stuhl zuziehen, also aus der Verantwortung derBistumsverwaltung zu nehmen. Ist nichtgerade erst publik geworden, dass ein Mit-arbeiter dort mehr als fnf Millionen Eurounterschlagen hat? Und kann nicht so jeneDiskretion gewhrleistet werden, auf dieTebartz-van Elst so viel Wert legt? Es gibteinen zweiten Architektenentwurf, dessenRealisierung scheitert, schlielich wirdder bekannte Architekt Michael Frieling-haus mit dem Projekt beauftragt. Der legtim Mai 2010 einen Entwurf vor deutlichgrer als die Plne seiner Vorgnger undauch deutlich teurer: Nun soll der Bauschon 8,75 Millionen Euro kosten. Trotz-

    dem verkndet die Pressestelle des Bis-tums im Dezember 2010 (Startschuss frein anspruchsvolles Bauprojekt), die Kos-ten beliefen sich auf 5,5 Millionen Euro.

    Das ist keine Panne, das ist Teil desPlans: Es soll in aller Stille gebaut werden.Nur noch vier Leute wissen nun umfas-send, was auf der Baustelle vor sich geht:der Bischof und sein Generalvikar FranzKaspar, der mit der ntigen Diskretion dasntige Geld flssig machen soll, der Dize-sanbaumeister und ein Abteilungsleiterim Finanzdezernat, der nebenamtlich undweisungsabhngig die Geschfte des Bi-schflichen Stuhls fhrt. Alle Beteiligtenan dem Bau werden zur Verschwiegenheitverpflichtet sie habe im Bistum hher imKurs gestanden als Glaube, Hoffnung undLiebe, wird spter ein Zeuge den inner-kirchlichen Ermittlern sagen. Schon seit2008 gibt es eine eigene Registratur fr Ak-

    ten, die den Bau betreffen. Rechnungenwerden versiegelt weitergegeben undauch dem Generalvikar direkt nach Hausegeschickt, spter wird die Finanzierungber die WirtschaftsprfergesellschaftKPMG abgewickelt und ber ein Konto ei-ner Geschftsbank-Filiale in Berlin.

    Ab dem 1. April 2011 ist dann das Domka-pitel nicht mehr zustndig fr den Bau undseine Kosten ein Vermgensverwaltungs-rat, bestehend aus drei Personen, soll knf-tig die Finanzen des Bischflichen Stuhlsberwachen. Natrlich sind die drei strengzur Verschwiegenheit verpflichtet; ihre Na-men werden erst ffentlich, als einer von ih-nen, der ehemalige hessische Staatskanz-

    leichef Jochen Riebel, 2013 an die ffent-lichkeit geht. Von den hohen Herren ausdem Domkapitel protestiert niemand ge-gen die Entmachtung.

    Die Geheimhaltung ist aus Sicht des Bi-schofs auch dringend ntig denn die Kos-ten fr den Bau steigen und steigen. Erwird viermal so gro wie der erste Ent-wurf, die Grundstcksflche wird um vierMeter tiefer gelegt, Kellerrume werden inden Fels gefrst, aus der Drei-Zimmer-Wohnung fr den Bischof ist eine 283 Qua-dratmeter groe Bleibe auf zwei Stockwer-ken geworden. Im Mai 2011 geht der Archi-tekt bereits von 22 Millionen Euro Kostenaus, und immer wieder hat der Bischof Son-derwnsche: In der Folgezeit entwickeltesich das Projekt insbesondere durch stndi-ge Steigerungen der Ansprche an Materia-lien, knstlerische Ausgestaltung, aufwen-dige technische Ausstattungen und durchsonstige aufwendige Objekte permanentRichtung hherer Kosten weiter, heit esim Bericht.

    Der Mariengarten muss, obwohl schonfertig, neu angelegt werden Kosten:667 000 Euro. Ein Teich fr Koi-Karpfenwird angelegt: 213 00 Euro. Der Advents-kranzhalter in der Kapelle wird umgebaut,Innen- und Auenwnde mit Natursteinverkleidet, das verlegte Parkett kostet 488Euro pro Quadratmeter, die Kunstwerkeinsgesamt mehr als eine Million Euro (oh-ne Mbel), die heizbaren Natursteine imKreuzgang 19 000 Euro, die Fensterrah-men, weil nun in Bronze, statt 910 000 amEnde 1,7 Millionen Euro, so geht es immerweiter. Insgesamt 8,3 Millionen Euro derGesamtkosten sind, so haben die Prfer zu-sammengerechnet, durch Umplanungenund Sonderwnsche des Bischofs entstan-den. Aus der Angst heraus, den Bau in Romgenehmigen lassen zu mssen, lsst Te-

    bartz das Gesamtvolumen des Baus in Ein-zelprojekte unterteilen die Sorge erweistsich als unbegrndet, die Stckelung er-hht die Kosten aber erneut.

    Kein Wunder also, dass die Bauherrenimmer in Geldnot sind, obwohl der Bischf-liche Stuhl ber mehr als 90 Millionen Eu-ro verfgt aber die Rechnungen kommenschneller herein, als der Generalvikar Geldflssig machen kann. Im April 2012 nimmter einen Kredit zur Zwischenfinanzierungauf, bis zum September 2013 steigt dieSumme auf 15 Millionen. Auf der Suchenach verfgbarem Geld kommt das

    St. Georgswerk in den Blick. 1948 wurde esgegrndet, damit Wohnungen fr Fami-lien und kirchliche Gebude gebaut undwieder aufgebaut werden konnten; sollteder Zweck fortfallen, wrde das Vermgendem Bischflichen Stuhl zufallen, zur Ver-wendung fr kirchliche, gemeinntzigeund mildttige Zwecke. Am 27. September2011 verfgt Tebartz-van Elst die Aufhe-bung des Werks. Am 26. 10. verkauft der Bi-schfliche Stuhl Forderungen des Werksfr knapp sieben Millionen Euro an das Bis-tum. Der Bau kann weitergehen. Ob sichdas Vorgehen mit der Satzung der Stiftung

    vertrgt, darber streiten der Bischof unddie Prfer. Ja, sagt Tebartz: Das Geld seifr kirchliche Zwecke verwendet worden.Die Prfer schreiben: Der Bau einer Woh-nung fr den Bischof drfte bei der Grn-dung des Werks nach dem Krieg nicht in-tendiert gewesen sein. Auch ein Paket vonWohnungen verkauft der BischflicheStuhl an das Bistum, um flssig zu bleiben,deutlich unter dem tatschlichen Wert.

    Und von alledem hat der Bischof nichtsgewusst? Tatschlich finden sich im Prf-bericht Hinweise, dass Tebartz-van Elstzwar immer Wnsche hat, mit den Kostenaber nicht konfrontiert werden will. Anmehreren Stellen heit es, die Beteiligtenhtten sich unter Bercksichtigung vonWrde und Stand seines Auftraggeberstreu und loyal verhalten, was heit: EinenBischof kritisiert man nicht, man liest ihmdie Wnsche von den Lippen ab. Und so ver-stehen sich auch die Herren des Verm-gensverwaltungsrates mehr als Beraterdenn als Kontrolleure und akzeptieren,dass sie keine Unterlagen erhalten.

    Und doch zeigt der Bericht, dass der Bi-schof von den steigenden Kosten gewussthaben muss. Zu viele Protokolle tragen sei-ne Unterschrift, zu oft war er bei den wichti-gen Sitzungen anwesend. Die Grenord-nung von 31,5 Millionen Euro war auchdem Bischof sptestens am 28.8. 2013 be-kannt, die erste Kostenrechnung im Be-schluss des Vermgensverwaltungsratesin Hhe von 17 Millionen Euro bereits zu Be-ginn der Baumanahme, heit es im Be-richt, damit wussten alle Beteiligten zu je-dem Zeitpunkt, dass in der ffentlichkeitmit Beginn der Baumanahme falsche Zah-len vorgestellt wurden.

    Welcher Schaden entstanden ist? DerBischfliche Stuhl ist in seinem Vermgendurch das Bauprojekt nicht bilanziell beein-trchtigt worden, schreiben die Prfer es wurde halt verfgbares Geld in verbau-tes Geld umgewandelt, der Bilanz ist dasegal. Es kann zwar festgestellt werden,dass ein allerseits als achtbare und beacht-liche Architekturleistung gewertetes undgewrdigtes Bau-Ensemble entstandenist, lautet ihr Fazit, seine Entstehung hataber einen sehr hohen Preis gefordert.

    Der Mann, der nun seinen Teil diesesPreises zahlt, trifft an diesem Freitag PapstFranziskus: Der muss sagen, wie es mit Te-bartz-van Elst weitergeht.

    Blo kein Urteil fllenManfred Grothe soll das Bistum bergangsweise leiten, aufklren will er offenbar nicht

    Die Causa Limburg: Was die Kirchen-Ermittler aufdeckten und wie es jetzt an der Lahn weitergeht

    Am Ende wussten nur vier Leuteumfassend, was auf derBaustelle vor sich ging

    Das verlegte Parkettkostete 488 Europro Quadratmeter

    Recht hbsch sei die Residenzgeworden, sagt Grothe,einziehen wird er dennoch nicht

    Schuld sind nur die anderenKeine Reue, keine Einsicht: Der zurckgetretene Bischof Franz-Peter Tebartz-van Elst verteidigt sich weiter.Er habe nichts gewusst, sich auf Mitarbeiter verlassen, erklrt er. Der Bericht erzhlt eine andere Geschichte

    Er sei kein Fachmann, sagt derBischof. In Verwaltungsfragenhabe er seinem Vikar vertraut

    POLITIKDEFGH Nr. 73, Freitag, 28. Mrz 2014 HF2 5

    Limburg

    Residenz amDomplatz

    Park

    Dizesanmuseum

    AtriumEmpfangs- und Konferenzrume

    Bischiche Kapelle

    Private Wohnrumedes Bischofs

    1

    2 34 5

    6

    7

    8

    9

    Limburger Dom

    Wohnrume fr Nonnen

    Dizesanbros

    Die teure Residenz

    SZ-Grak: Burgarth; Quelle: Prfkommission der deutschen Bischofskonferenz

    2 700 000Vollstndige Tieferlegung des Gelndes um 4,5 Meter 1-8

    650 000 Hochwertige LED-Beleuchtung im gesamten Objekt 1-7

    1 170 000Ausstattung und Kunstwerke (ohne Mbel) 1-7

    1 730 000Fenster und Fensterrahmen in Bronze 1-7

    19 000 Elektrische Beheizung der Wege im Kreuzgang 4

    344 000 Dach- und Fassadenverkleidung der Kapelle in Naturstein 5

    18 000 (mindestens)Aufhngung fr einen Adventskranz, wofr das Dach der Kapelle genet werden musste 5

    37 000 Ausstattung des Badezimmers des Bischofs (ohne Montage) 6

    667 000 Mehrkosten fr den Garten der Stille 8

    213 000 Wasserbecken fr Ziersche (Koi-Becken)

    8 300 000Zusatzkosten durch Mehrfachbeauftragung, Doppelvergtungen

    Bischof Tebartz-van Elst hat beim Bau zahlreiche nderungen durchgesetzt, Ausgewhlte Beispiele, Angaben in Euro

    Bienenfleiig sei der Vorgnger gewesen,lobt Weihbischof Manfred Grothe. GETTY

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  • In Hessen gibt es Streit ber die Frage, wiedie Hintergrnde des Mordes an dem Kasse-ler Internet-Betreiber Halit Yozgat durch denrechtsextremen NSU aufgearbeitet werdensoll. Die schwarz-grne Landesregierungwird eine Expertenkommission einsetzen.Diese soll unter dem Vorsitz von Ex-Bundes-verfassungsrichter Hans-Joachim JentschVorschlge fr eine bessere Zusammen-arbeit der Sicherheitsbehrden in Hessen so-wie fr einen effektiveren Kampf gegen mili-tanten Rechtsextremismus erarbeiten. SPDund Linkspartei wollen das Parlament an derAufarbeitung beteiligen und auch die Rollevon Ministerprsident Volker Bouffier (CDU)bei der bisher unvollstndigen Klrung desMordes untersuchen. Ein Ex-Mitarbeiter desLandesverfassungsschutzes war in YozgatsInternet-Caf, whrend die Schsse fielen.Die SPD will einen Sonderausschuss im Parla-ment, die Linkspartei einen Untersuchungs-ausschuss. HL

    Berlin Bundesverkehrsminister Alexan-der Dobrindt (CSU) will neue Anreize set-zen, damit mehr Menschen sich ein Elek-tro-Auto zulegen. Ich denke etwa daran,dass die Fahrer solcher Autos im Gegen-satz zu anderen Fahrern auch die Busspu-ren in Stdten benutzen drfen, sagte Do-brindt am Donnerstag zur SddeutschenZeitung. Auch sollen sie spezielle Parkplt-ze kostenfrei benutzen drfen. Dazu willder Minister in einem ersten Schritt einigeStraenverkehrsregeln ndern. Auf dieseWeise ermglichen wir den Lndern, dieFahrer von Elektro-Autos in bestimmtenBereichen zu privilegieren.

    Dafr aber mssten Elektro-Autos knf-tig auch fr jedermann auf einen Blick alssolche erkennbar sein. Sie knnten bei-spielsweise mit einem E gekennzeichnetwerden, das auf dem Autokennzeichen hin-ter der letzten Ziffer steht, sagte Dobrindt.Auch will er bundesweit die Beschilderun-gen der Ladestationen vereinheitlichen so-wie einheitliche Schilder fr spezielle Elek-tro-Auto-Parkpltze einfhren. Alles zu-sammen soll dazu beitragen, dass der Er-werb eines Elektro-Autos fr den Besitzermit zustzlichen Vorteilen verbunden ist.

    Die Bundesregierung hat sich zum Zielgesetzt, dass bis 2020 eine Million Elektro-Autos auf Deutschlands Straen fahren.Derzeit sind es erst hunderttausend. Dashat vor allem zwei Grnde: zum einen dieBatterien, die oft nur fr Entfernungenvon etwa 120 Kilometern reichen und zu-dem sehr teuer sind. Zum anderen die im-mer noch viel zu selten vorhandenen Lade-sulen. Um sie alle ausreichend mit Stromzu versorgen bruchte man bundesweit150 000 Ladestationen. Derzeit sind es et-wa 3800.

    Dobrindt betonte deshalb auch, dass dienderung der Straenverkehrsregeln nurein erster Schritt sei. Der Bund werde zu-dem die Forschung und Entwicklung indem Bereich weiter frdern sowie den Auf-bau von Ladesulen untersttzen und Re-geln setzen, damit sie knftig auch inMietshusern leichter installiert werdenknnten. Zudem werde es ein Programmgeben, bei dem die Kufer eines Elektro-Autos zinsgnstig einen Kredit bekommenknnen. Dabei geht