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strategie 2020

strategie 2020 VERSION_FTI-Strategie2020.pdf · fassenden Strategie. Der Rat für Forschung und Technologieentwicklung präsentiert mit der vorlie-genden Strategie 2020 seine Vorschläge

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s t r a t e g i e 2 0 2 0www.rat-fte.at

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Cover+Ruecken_2008 28.07.2009 16:00 Uhr Seite 2

Herausgeber und Medieninhaber | © austrian councilRat für Forschung und Technologieentwicklung | 1010 Wien | Pestalozzigasse 4

Ratsmitglieder | DI Dr. Dr h.c. Knut CONSEMÜLLER | Vorsitzender

Univ.-Prof. Mag. Dr. Günther BONN | Stv. Vorsitzender | Univ.-Prof. Dr. Dervilla DONNELLY

DI Dr. h.c. Albert HOCHLEITNER | DI Reinhard PETSCHACHER | Mag. Hans SCHÖNEGGER

Prof. DI Dr. h.c. Jürgen STOCKMAR | Dr. Gabriele ZUNA-KRATKY

Geschäftsstelle | DI Dr. Ludovit GARZIK | Geschäftsführer | Mag. Dr. Johannes GADNER | Projektleiter

Dr. Fredy JÄGER | Mag. Dr. Silvo KOREZ | Mag. Peter LINDNER | Mag. Bettina RUTTENSTEINER-POLLER

Mag. Dr. Constanze STOCKHAMMER | Mag. Michaela TOPOLNIK

Gestaltung | Grafikatelier Heuberger | Wien

Druck | Kärntner Druckerei | Klagenfurt

Bildquellen | photocase.com | Fotoline | micjan | MorzKerl | jarts | Jenzig71 | Gerti G. | Kellermeister

photocase.com | emma75 | view7 | blue757 | Technische Universität Graz | Bergmann | Freie Uni Berlin

iStockphoto | Sebastian Kaulitzki | Andrew Rich | Tom Grill | Andrey Volodin

i m p r e s s u m

en

Cover+Ruecken_2008 28.07.2009 16:00 Uhr Seite 1

i n h a l t

3 e x e c u t i v e s u m m a r y

9 d i e a g e n d a

17 p r i n z i p i e n u n d s t r a t e g i e e l e m e n t e

21 m e n s c h e n

Status und Herausforderungen 22

Strategische Leitlinien und Empfehlungen 24

27 g e s e l l s c h a f t

Status und Herausforderungen 28

Strategische Leitlinien und Empfehlungen 31

33 i n p u t / o u t p u t

Status und Herausforderungen 34

Strategische Leitlinien und Empfehlungen 43

45 s c h w e r p u n k t e

Status und Herausforderungen 46

Strategische Leitlinien und Empfehlungen 50

53 i n f r a s t r u k t u r

Status und Herausforderungen 54

Strategische Leitlinien und Empfehlungen 55

1

>

i n h a l t

2

59 i n s t r u m e n t e

Status und Herausforderungen 60

Strategische Leitlinien und Empfehlungen 62

67 g ov e r n a n c e

Status und Herausforderungen 68

Strategische Leitlinien und Empfehlungen 69

73 i n t e r n a t i o n a l i s i e r u n g

Status und Herausforderungen 74

Strategische Leitlinien und Empfehlungen 75

79 l i t e r a t u r

83 a b k ü r z u n g e n

84 ko n t a k t

e x e c u t i v e s u m m a r y

Österreich ist eine erfolgreiche und internatio-

nal anerkannte Innovationsnation. Exzellen-

te Forschung und radikale Innovationen sind

die Basis für Österreichs führende Position.

Ganzheitliches Denken und eine gelungene

Kooperation zwischen Wissenschaft, Wirt-

schaft, Gesellschaft und Politik bilden die Kern-

elemente einer neuen Kultur der Offenheit, Fle-

xibilität und Kreativität. Das ist die Grundlage

für die Schaffung neuen Wissens. Innovations-

fördernde Rahmenbedingungen und Struktu-

ren machen Forschung und Entwicklung in

Österreich für in- und ausländische Wissen-

schaftlerInnen sowie für Unternehmen attrak-

tiv. Die effiziente Verwertung von Forschungs-

ergebnissen ermöglicht einen nachhaltigen so-

zialen, wirtschaftlichen und ökologischen Fort-

schritt, der auch von einem Verantwortungsbe-

wusstsein für die Lebensbedingungen kommen-

der Generationen getragen wird. Bildungs-,

Forschungs-, Technologie- und Innovations-

politik sind die zentralen Politikfelder. Im Mit-

telpunkt dieser Politik steht der Mensch. Das

macht Österreich zu einer dynamischen, wis-

sensbasierten Gesellschaft an vorderer Stelle

im globalen Wettbewerb.

Die Vision 2020

Die Vision 2020 entwickelt ein Zukunftsbild fürden angestrebten Status Österreichs im Jahr 2020.Um diese Vision zu realisieren, bedarf es einer um-fassenden Strategie. Der Rat für Forschung undTechnologieentwicklung präsentiert mit der vorlie-

genden Strategie 2020 seine Vorschläge und Emp-fehlungen für deren Realisierung. Dabei gibt dieStrategie die Richtung vor und dient – gerade auchin den Turbulenzen einer globalen Finanz- undWirtschaftskrise – der generellen Orientierung.

Die Strategie 2020

Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise bedeu-tet eine radikale Veränderung der Rahmenbedin-gungen, die bisher für die Entwicklung des FTI-Systems vorausgesetzt wurden. Für die strategi-schen Vorschläge und Empfehlungen bedeutetdie Unsicherheit in Bezug auf die Rahmenbedin-gungen eine notwendige Priorisierung jener Maß-nahmen, die den FTI-Standort Österreich im glo-balen Wettbewerb am stärksten positionieren. Da-bei sind insbesondere Maßnahmen im Bereich derBildung und Höherqualifizierung der Menschen,im Bereich systematischer Schwerpunktsetzun-

gen sowie im Bereich entsprechender Ressour-cen angesprochen, verbunden durch die Inter-ventionsinstrumente und deren Governance. Die meisten Länder werden weniger Geld einset-zen können. Deshalb werden die Länder in derSpitzengruppe des Jahres 2020 aufscheinen, denenes gelingt, die knappen finanziellen Mittel und diebestqualifizierten Menschen für ihre nationalenStärken einzusetzen, die sie gegenüber den ande-ren Ländern wettbewerbsfähiger machen. DieKonzentration auf und voller Einsatz für die natio-nalen Fähigkeiten sind daher vorrangig.

Die globalen Rahmenbedingungen

Österreich hat in den vergangenen Jahren in sei-ner FTI-Performance einen rasanten Aufholpro-zess absolviert und zählt heute zu den Ländern inder EU, die sich am dynamischsten entwickeln. Imjüngsten Summary Innovation Index (SII) des Eu-ropean Innovation Scoreboard 2008 belegt Öster-reich den 6. Platz im Ranking der EU-27. Damit be-findet sich Österreich im internationalen Vergleich

mit Ländern wie Frankreich, Irland, Belgien undden Niederlanden unter den „Innovation Follo-wers“, also der Gruppe hinter den führendenInnovationsnationen („Innovation Leaders“).Österreich gehört auch zu jenen wenigen Län-dern in der EU, die eine realistische Chance haben,die im Barcelona- bzw. Lissabon-Prozess vorgege-benen Zielmarken auf nationaler Ebene zu errei-

Ausgangspunkt

3

>

e x e c u t i v e s u m m a r y

4

chen. Mit seiner Forschungsquote von 2,73 Pro-zent (2009) hat Österreich den EU-Durchschnittbereits deutlich übertroffen. Eine offensichtliche Schwäche besteht aber in derTransformation von Input in Output: Österreichsteckt überdurchschnittlich viele Ressourcen indas FTI-System und generiert damit im Vergleichnur einen unterdurchschnittlichen Output.

Defizite signalisieren aber auch andere Indikatorendes Scoreboard, vor allem die unterdurchschnitt-lichen Werte beim Anteil der Bevölkerung mit ter-tiärem Bildungsabschluss sowie bei der Anzahlvon naturwissenschaftlichen und technischenHochschulabsolventInnen. Hier ist die Situationschon akut problematisch, da bereits heute hochqualifizierte Arbeitskräfte fehlen.

Beide Schwachpunkte verweisen auf die größteHerausforderung, die Österreich in den kommen-den Jahren zu bewältigen hat: den Schritt vom„Innovation Follower“ zum „Innovation Leader“,also von einem Land in einem Aufholprozess zueinem Land, das nahe der technologischen Gren-ze produziert. Dieser Entwicklungsschritt stehtan, denn die Erträge einer adaptiven Innovations-strategie sind heute weitgehend ausgeschöpft. Zudem wächst auf globalisierten Märkten die Kon-kurrenz jener Länder, die im mittleren Techno-logiesegment zu deutlich günstigeren Kostenver-hältnissen anbieten können. Immer mehr Länder

– auch in unserer unmittelbaren Nachbarschaft –machen selbst den Aufholprozess durch und sto-ßen in jene Positionen vor, die sich Österreich inden vergangenen Jahren erarbeitet hat. Österreich bleibt kein anderer Weg als jener desSprungs nach vorn, des Wechsels auf die Spurder „Innovation Leaders“ mit Produktionsstruktu-ren an der technologischen Grenze und hoch ent-wickelter Produktivität. Dieser Sprung setzt abereinen grundlegenden Wandel in der Ausrichtungder Forschungs-, Technologie-, Innovations- undBildungspolitik voraus.

Herausforderungen

e x e c u t i v e s u m m a r y

Die Strategie 2020 strukturiert die für diesengrundlegenden Wandel notwendigen Reformenin acht Strategieelemente.

MenschenDer Sprung zu den „Innovation Leaders“ be-deutet eine steigende Nachfrage nach höherenQualifikationen. Österreich braucht mehr undbesser ausgebildete Arbeitskräfte. Die Bedeu-tung der tertiären Ausbildung steigt überpro-portional mit dem zunehmenden Entwicklungs-stand.

Der Rat empfiehltBildungszugang verbessern:

früherer Bildungsstartspätere Segmentierung und modularer Aufbau

Tertiäre Bildungswege attraktivieren: ausgewogene Betreuungsverhältnisseattraktivere Gestaltung der Studienfächer, ins-

besondere im technisch-naturwissenschaftlichenBereichWissenschaft als Beruf positionieren:

zusätzliche finanzielle Mittel insbesondere fürverbesserte Doktoratsausbildungen

vertragliche Bedingungen an internationaleStandards anpassen

neue Karrieremodelle für FrauenZuwanderung nutzen und fördern:

österreichweit einheitliche Anerkennung vonQualifikationen

Zuwanderung von SpitzenforscherInnenerleichtern

Bewusstseinskampagne starten

GesellschaftDie zunehmende Bedeutung von Wissenschaft,Forschung, Technologie und Innovation fürunsere Gesellschaft erfordert neue Formen desDialogs von Wissenschaft und Gesellschaft.Wesentlich ist die Schaffung nachhaltiger Räumeund Möglichkeiten für gesellschaftliche Partizi-pation, die die „soziale Robustheit“, also diegesellschaftliche Verankerung technologischerEntwicklungen, stärken.

Der Rat empfiehltEntwicklung einer Strategie zur Gestaltung des

Dialogs durch Ressorts, Rat, Scientific und For-schungs-Community sowie Stakeholder

Institutionalisierung des Dialogs, idealerweisedurch unabhängige Institution

regelmäßige, am besten jährliche Durchführungder Langen Nacht der Forschung

Anreizsystem für WissenschaftlerInnen, sich amDialog zu beteiligen

Ausbau des Wissenschaftlichen Dienstes desParlaments zur Einholung und Aufbereitung unab-hängiger Expertise

Ethikdiskurse an Universitäten, Fachhochschu-len und anderen Forschungseinrichtungen

Input/OutputBei der Mobilisierung finanzieller FTI-Mittel warÖsterreich in den vergangenen Jahren besonderserfolgreich und befindet sich in einer guten Aus-gangsposition, um zu den „Innovation Leaders“ inEuropa aufzuschließen. Im derzeitigen volatilenWirtschaftsumfeld müssen dafür aber neue Ziel-vorgaben entwickelt werden, damit stetigesWachstum bei den F&E-Ausgaben erreicht wird.Die heutige Struktur der Forschungsarten soll aus-gewogen und mit stärkerer Output-Orientierungweiterentwickelt werden. Die öffentliche Handsoll daher Anreize setzen, damit der Anteil der For-schung in der Wirtschaft ausgebaut werden kann.Der festgestellte Nachholbedarf bei der Umwand-lung von Ressourceninput in Ergebnisoutputmacht es erforderlich, das gesamte FTI-Systemquantitativ und in seinen inneren Zusammenhän-gen besser zu verstehen. Dazu sind die substan-zielle Verbesserung der Informations- und Daten-basis für die FTI-Politik sowie die Weiterentwick-lung von Methoden zur Datenanalyse und Wir-kungsforschung notwendig.

Der Rat empfiehlt3 Prozent Forschungsquote als Durchgangsziel Langfristziel für 2020 ist angesichts der wirt-

schaftlichen Situation zu bestimmenHeutige Struktur der F&E-Ausgaben mit Output-

Orientierung weiterentwickeln

5

Strategieelemente

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6

Dotation der Grundlagenforschung in Ausgewo-genheit der Sektoren

Innovationsfähigkeit von Unternehmen und Rah-menbedingungen für FTI-Investitionen stärken

Bessere Unterstützung des Technologietransfers Verbesserung der Datenbasis durch abgestimm-

ten Erhebungs- und Auswertungsprozess

InfrastrukturFTI-Infrastruktur ist eine unverzichtbare Basis fürSpitzenforschung von internationalem Stellenwert.Aufgrund der mit ihr verbundenen Einzigartigkeitist sie ein gutes Mittel zur strategischen Positionie-rung des Forschungsstandortes. Eine entsprechen-de Infrastrukturausstattung, vor allem auch derBasisforschungsinfrastruktur, ist nicht nur Arbeits-platzmotor, sondern bietet auch einen attraktivenAnziehungspunkt für nationale und internationa-le ForscherInnen.

Der Rat empfiehltAnbindung an internationale FTI-Infrastruktu-

ren mit Blick auf thematische SchwerpunkteSchaffung einer Plattform zur strategischen

Planung von FTI-Infrastruktur in Abstimmung mitESFRI

Verstärkte gemeinschaftliche (überregionale)Nutzung großer Infrastrukturen

Programme zur Kooperationsförderung umInfrastrukturschwerpunkte zu erweitern

Mehrjährige Budgets für InfrastrukturFinanzierung der Universitätsbasisinfrastruktur

über das Globalbudget, jedoch weiterhin kompe-titive Ausschreibungen für zusätzliche Forschungs-infrastruktur

SchwerpunkteDie Identifikation von Schwerpunktthemen undZukunftsfeldern der österreichischen Forschungs-landschaft wird an Bedeutung zunehmen. Über-greifende Schwerpunktsetzungen über alle Res-sortzuständigkeiten und relevanten öffentlichenFTI-Instrumente sind für ausgewählte Schwer-punktthemen und Schlüsseltechnologien mit ge-sellschaftlicher oder strategischer Bedeutung fürÖsterreich zu entwickeln. Dies gilt nur für jenen Be-

reich des FTI-Systems, der nicht durch notwen-digerweise themenoffene Bottom-up-Verfahren defi-niert ist. Ziel des Strategieelements „Schwerpunkte“ist es, Methoden und Wege für eine holistischeSchwerpunktsetzung aufzuzeigen und die Basis fürzukünftige Schwerpunkte im FTI-System zu legen.

Der Rat empfiehltSchwerpunktsetzung übergreifend über Ressorts

und FTI-Instrumente (ministeriumsübergreifende„Gesamtprojektleitung“)

Ausarbeitung weiterer Themenstrategien, amdringendsten in den Bereichen Nachhaltigkeit,Umwelt, Energie sowie Mobilität und Verkehr

Nischenstrategie im Sinne einer Fokussierungauf Spezialmärkte und -wissensgebiete bei derEtablierung thematischer Schwerpunkte

Thematische Programme auf wenige, breit ange-legte Schwerpunkte fokussieren

Deckelung des Anteils am Förderungsbudget fürthematische Programme

Schwerpunkte im Sinne eines Empowermentsösterreichischer ForscherInnen zur Stärkung derBeteiligung an europäischen Rahmenprogrammen

Systematische Vorgangsweise für Foresight undTechnologieprognosen

InstrumenteDas umfangreiche Portfolio möglicher Instrumen-te zur Intervention im FTI-System in ihren zahlrei-chen Ausgestaltungsformen und Trägerschaftenbedarf eines gezielten und abgestimmten Einsat-zes, um das übergeordnete Ziel der Stärkung desösterreichischen Innovationssystems und seiner in-ternationalen Spitzenpositionierung bis 2020 errei-chen zu können. Ein zentrales Element der FTI-Strategie des Rates ist daher die Erarbeitung undDarlegung des erforderlichen Instrumenteneinsat-zes im Sinne einer Bereinigung der Vielfalt an Pro-grammen unterkritischer Größe und der Konzen-tration des Ressourceneinsatzes auf wenige, breitangelegte Schwerpunktthemen mit strategischer,wirtschaftlicher und/oder gesellschaftlicher Rele-vanz für Österreich. Das Instrumentarium für denUnternehmenssektor ist problemspezifisch auszu-differenzieren. Zur Steigerung der F&E-Intensitätim Unternehmenssektor sind insbesondere die

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Klein- und Mittelbetriebe zu adressieren, derenPotenzial in Österreich noch lange nicht ausge-schöpft ist.

Der Rat empfiehltSektorenunabhängig:

indirekte Förderung vereinfachen und erhöhenBereinigung der Vielfalt an thematischen Pro-

grammenInstrumente für den Unternehmenssektor:

Steigerung des Anteils forschender und innovie-render Unternehmen, insbesondere unter KMUund LCU

Ausbau der risikohaften und wachstumsorien-tierten Finanzierungsmöglichkeiten für junge,innovative technologieorientierte Unternehmen

Verbesserung der Verfügbarkeit und des Zu-gangs zu Beteiligungs- und Wagniskapital Instrumente für den kooperativen Sektor:

Programme zur Kooperation von Wissenschaftund Industrie optimiert fortführen

stärkere Bündelung kooperativer Institutionen

Instrumente für Hochschulen:

Ausarbeitung einer langfristigen Strategie fürden tertiären Bildungsbereich als Gesamtportfoliound deren Umsetzung über die Leistungsvereinba-rungen

Anteil der kompetitiv vergebenen Fördermittelerhöhen

GovernanceIm Bereich der Governance ist das wesentlicheZiel die Optimierung der Steuerung und des Zu-sammenspiels der Institutionen, die für die Imple-mentierung und Abwicklung öffentlicher Inter-ventionen im FTI-System Verantwortung tragen.Die Modellierung eines Soll-Zustandes des FTI-Systems im Jahr 2020 ist dafür unerlässlich. Verän-derungen in den Aufbau- und Ablaufstrukturenkönnen nur erfolgreich sein, wenn sie auf klarenZielvorstellungen basieren.

7

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8

Der Rat empfiehltZusammenlegung der Forschungsagenden in

den für angewandte und wirtschaftsnahe For-schung zuständigen Ministerien – BMVIT undBMWFJ

Zusammenlegung der Aufsichts- und Lenkungs-strukturen der Agenturen, auch um die Mittel fle-xibel und bedarfsorientiert den Schwerpunktenzuordnen zu können

Autonomie der Agenturen im Sinne von Agenci-fication bezüglich Jury- und Leitfadenentscheidun-gen, basierend auf den strategischen Vorgabender Ressorts

Flexibilisierung der Dienstvertragsstrukturen inden Ressorts

Beratungsleistungen des Rates für Forschungund Technologieentwicklung adressieren direktdie Regierungsmitglieder und umfassen die Fest-legung der strategischen Richtungen, Schwer-punktsetzungen und den dazu notwendigen Mit-telbedarf sowie das Monitoring der inhaltlichenSchritte zur Umsetzung der FTI-Strategie der Bun-desregierung

InternationalisierungVeränderte globalisierte Rahmenbedingungenerfordern dezentrale, flexible und dennoch hin-reichend kohärente Ansätze für internationaleKooperationen. Kommunikation, die bis dato mit-

telbar über staatliche Stellen abgewickelt wurde,wird sich in Zukunft unmittelbarer und direktergestalten und sich bei Agenturen und Forschungs-einrichtungen (Abwicklern) vollziehen. Besondersdie Etablierung des Europäischen Forschungs-raums wird diesen Trend noch weiter verstärken.Demgegenüber wird es für staatliche Institutio-nen schwieriger, (national)staatlich kohärente Vor-gangsweisen sicherzustellen.

Der Rat empfiehltNeuausrichtung der Aufgaben in den Ressorts:

Koordinationsfunktion löst Abwicklungsfunktionab

Neue Methoden der Koordination zwischen Res-sorts und Abwicklern

Gemeinsame Erarbeitung von Partizipationsstra-tegien für europäische Internationalisierungsan-sätze (z. B. ERA-NET)

Stärkung der Nachbarschaftspolitik durch Inten-sivierung der Wissenschaftskooperationen sowieZusammenarbeit in Bildung, Forschung und Ent-wicklung im mittel-, ost- und südosteuropäischenForschungsraum

Bewerbung des Forschungs- und Hochschul-standortes Österreichs in Mittel-, Ost- und Südost-europa, in ausgewählten außereuropäischen Dritt-staaten sowie in ausgewählten Kooperationsnetz-werken mit Drittstaatenbeteiligung

d i e a g e n d a

9

d i e a g e n d a

10

Vision 2020: Österreich ist eine erfolgreiche und

international anerkannte Innovationsnation.

Exzellente Forschung und radikale Innovatio-

nen sind die Basis für Österreichs führende Po-

sition. Ganzheitliches Denken und eine gelun-

gene Kooperation zwischen Wissenschaft, Wirt-

schaft, Gesellschaft und Politik bilden die Kern-

elemente einer neuen Kultur der Offenheit, Fle-

xibilität und Kreativität. Das ist die Grundlage

für die Schaffung neuen Wissens. Innovations-

fördernde Rahmenbedingungen und Struktu-

ren machen Forschung und Entwicklung in

Österreich für in- und ausländische Wissen-

schaftlerInnen sowie für Unternehmen attrak-

tiv. Die effiziente Verwertung von Forschungs-

ergebnissen ermöglicht einen nachhaltigen so-

zialen, wirtschaftlichen und ökologischen Fort-

schritt, der auch von einem Verantwortungsbe-

wusstsein für die Lebensbedingungen kommen-

der Generationen getragen wird. Bildungs-, For-

schungs-, Technologie- und Innovationspolitik

sind die zentralen Politikfelder. Im Mittelpunkt

dieser Politik steht der Mensch. Das macht

Österreich zu einer dynamischen, wissensba-

sierten Gesellschaft an vorderer Stelle im globa-

len Wettbewerb.

Forschung, Technologie und Innovation (FTI) sinddie Voraussetzung, um in Zukunft wissenschaftli-che, wirtschaftliche, technische, soziale, ökologi-sche und kulturelle Fortschritte zu erzielen, da-durch hochqualitative Arbeitsplätze zu schaffenund so Wettbewerbsfähigkeit, Nachhaltigkeit undWohlstand zu sichern. Das Ziel, in die Gruppe der„Innovation Leaders“ aufzusteigen, ist also keinSelbstzweck, sondern dient der Erreichung gesell-

schaftlicher Ziele. In der Lissabon-Strategie habendie Staats- und Regierungschefs Europas festge-halten, dass Forschung, Technologie und Innova-tion Voraussetzungen für Wachstum und Beschäf-tigung in Europa sind: Forschung steigert nicht nurdie Wettbewerbsfähigkeit eines Landes, sie sichertauch dessen Wohlstand, ermöglicht soziale Teilha-be und hilft bei der Lösung gesellschaftlicher Pro-bleme.

Österreich stellt sich den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts

Abbildung 1:

Entwicklung des

BIP pro Kopf, der

Beschäftigung, des

durchschnittlichen

Bruttojahresein-

kommens, der F&E

Finanzierung durch

Unternehmen

inklusive Ausland

und der F&E-Quote

40.000 4.200

4.100

4.000

3.900

3.800

3.700

3.600

3.500

3.400

3.300

35.000

30.000

25.000

20.000

15.000

10.000

5.000

0

F&E Qoute

„Output-Quote“*

1,78 % 1,90 % 1,94 % 2,07 % 2,14 % 2,26 % 2,26 %2,47 % 2,46 % 2,57 % 2,66 %

2,10 2,28 2,48 2,703,09 3,28 3,49

3,844,22 4,47 4,69

1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

BIP pro Kopf

Eur

o

Anz

ahl d

er B

esch

äftig

ten

(in T

ause

nd)

Quelle: Statistik Austria1 * „Output-Quote“ gemäß Erläuterung in der Agenda

Bruttojahreseinkommen Anzahl der Beschäftigten Unternehmen und Ausland (in Mrd. Euro)

1 Das Bruttojahreseinkommen ist das durchschnittliche (arithmetisches Mittel) Bruttojahreseinkommen unselb-

ständig Erwerbstätiger (ohne Lehrlinge) aus den Lohnsteuerdaten, Dezember 2009; das nominelle BIP pro Kopf

ist aus der Volkswirtschaftlichen Gesamtrechnung, Juli 2009; die Anzahl der Beschäftigten beinhaltet alle Er-

werbstätigen (15 Jahre und älter) nach dem Labour-Force-Konzept aus der Arbeitsmarktstatistik, Juni 2009; die

F&E-Quote stammt aus der Globalschätzung der Forschungsausgaben, Mai 2009, F&E Finanzierung durch Unter-

nehmen und Ausland, Globalschätzung 2009.

d i e a g e n d a

Ziel einer umfassenden strategischen FTI-Politikmuss es daher sein, die Wettbewerbsfähigkeit derWirtschaft und nachhaltiges Wirtschaften zu unter-stützen. Auf diesem Fundament können die wirt-schaftliche Entwicklung, Beschäftigung und Wohl-stand vorangetrieben werden. Dabei sind die Zu-sammenhänge zwischen Input und Output kom-plex und verlangen, dass sowohl Input- als auchin Zukunft verstärkt Outputgrößen in das wirt-schaftspolitische Kalkül einbezogen werden. Fürdie Realisierung der ambitionierten Vision ist so-wohl ein ausreichender Mittelinput als auch ein ef-fizientes Forschungs-, Technologie- und Innovati-onssystem eine unabdingbare Voraussetzung. Aufder Suche nach einer Hilfsgröße als Maß für denOutput bieten sich als wichtige Indikatoren die mitder Forschung der Wirtschaft erreichten Entwick-lungsergebnisse an. Diese Entwicklungsergebnis-se wiederum sind eine Funktion der Forschungs-aufwendungen in der Wirtschaft. Zu berücksichtigen ist dabei der zeitliche Versatzzwischen getätigten Aufwendungen und messba-ren Ergebnissen. Dieser zeitliche Versatz hängtvon der jeweiligen Struktur der Wirtschaft ab undkann mittelfristig als stabil angesehen werden. Zur Vertiefung der erweiterten Zusammenhängefordert der Rat die Wissenschaft einerseits unddie Statistik Austria andererseits auf – gemeinsammit dem Rat – Zusammenhänge nachzuweisen,zwischen Aufwand einerseits und

Umsatz-, Ergebnis- und Beschäftigungsent-wicklung

BIP pro Kopf-Entwicklung

Anteil der Umsätze mit Marktneuheiten2

Anteil der Umsätze mit Firmenneuheiten2

Anteil der HighTech-Exporte2

andererseits. Basis für die erfolgreiche Forschung in der Wirt-schaft sind ausgezeichnete Grundlagenforschungmit ausreichend finanzierten Forschungseinrich-tungen sowie die angewandte Forschung mit dengeeigneten Forschungs- und Förderungsstruktu-ren. In diesem Forschungsgefüge ist ein effizien-ter Wissenstransfer einzufordern. Die Finanzie-rung der genannten Forschungssektoren hat ins-besondere in Österreich als rohstoffarmem Hoch-lohnland eine ausschlaggebende Bedeutung.Dennoch schöpfte eine Politik, die sich lediglichauf Forschung, Technologie und Innovation kon-zentriert, vorhandenes Potenzial nur unzureichendaus. Es geht um die gemeinsame Entwicklung derBereiche Forschung, Innovation und (Aus-)Bil-dung, um die Entwicklungsmöglichkeiten derVolkswirtschaft zu verbessern. Im Dezember 2008wurde auf EU-Ebene als Teil des Ljubljana-Prozes-ses die „Vision 2020 für den Europäischen For-schungsraum“3 verabschiedet. Sie schlägt explizitvor, dass eine Modernisierung der Systeme imBereich Forschung mit der Modernisierung derBildungs- und Innovationssysteme einhergehenmuss, und fordert, auf allen Ebenen mit Unterstüt-zung geeigneter europäischer Mechanismen einestarke Interaktion zwischen den Bereichen Bil-dung, Forschung und Innovation („Wissensdrei-eck“) zu fördern.

Forschung, Technologie und Innovation verän-dern das Leben jedes und jeder Einzelnen ohnedass sich das Wissen über die in diesen Bereichenablaufenden Prozesse und Entwicklungen, Folge-

wirkungen und Risiken mit der gleichen Vehe-menz verbreitet hätte. Diese Bereiche sind für wei-te Teile der Bevölkerung „Black Boxes“, und es istkeineswegs für alle BürgerInnen einsichtig, warumman hier massiv investieren sollte.

11

Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit und Lösung gesellschaftlicher Herausforderungen

2 Vgl. EIS (European Innovation Scoreboard) 20073 Europäischer Rat (2008): Vision 2020 für den Europäischen Forschungsraum.

„Unter angemessener Beteiligung der einschlägigen Akteure entwickeln die staatlichen Behörden auf allen Ebe-

nen gemeinsame Forschungs- und Innovationspolitiken und -programme, wo dies geboten ist, um ihre Effizienz

und Wirksamkeit sowie den Zusatznutzen für Gesellschaft und Wirtschaft zu optimieren.“ Vgl. Europäische

Kommission (2006): Communication from the Commission to the Council and the European Parliament deli-

vering on the modernisation agenda for universities: education, research and innovation, Brüssel.

>

d i e a g e n d a

12

Die Ratsversammlung sowie die meisten namhaf-ten ExpertInnen sind von den grundsätzlich posi-tiven Wirkungen von Forschung, Technologie undInnovation überzeugt, wenn sie mit entsprechen-dem Ethos und kritischer Reflexion entwickelt,öffentlich diskutiert und eingesetzt werden (vgl.Strategieelement „Gesellschaft“). Vor allem dieWirkungen auf die Wettbewerbsfähigkeit – und da-mit auf Wachstum und Beschäftigung – und derBeitrag zur Lösung der großen gesellschaftlichenHerausforderungen (Klimawandel, Rohstoffknapp-heit, Biodiversität, Abfallprobleme, alternde Be-völkerung etc.) werden als wesentlich empfun-den. Während der erste Punkt zur Standard-

argumentation für Investitionen in diesem Bereichgezählt wird (vgl. Strategieelement FTI-Mittel In-put/Output), ist der Lösungsbeitrag von Forschungund Innovation für die anstehenden gesellschaft-lichen Herausforderungen kaum systematisch aus-geschöpft worden. Hier liegt noch großes Poten-zial, das allerdings nur mit einem holistischen Po-litikansatz entwickelt werden kann (vgl. Strategie-element „Governance“). Technologische Neue-rungen allein können die anstehenden Problemejedoch nicht lösen. Zusätzlich bedarf es auch ei-ner stärkeren Auseinandersetzung mit sozialen In-novationen.

In Bezug auf die F&E-Ausgaben zählt Österreichzu jenen Ländern in der EU, die sich am dyna-mischsten entwickeln. Dieser beispielhafte Auf-holprozess, den das österreichische FTI-Systemin den letzten Jahren durchlaufen hat, wird

durch zahlreiche internationale Vergleiche be-legt. So weist etwa der zusammenfassende Sum-mary Innovation Index (SII) des Europäischen In-novationsanzeigers 2008 [European InnovationScoreboard (EIS)]4 Österreich den 6. Platz im

Verbesserungen auf breiter Front / bestehende Schwachstellen

Abbildung 2:

Entwicklungs-

dynamik der

F&E-Quote im

internationalen

Vergleich

4 European Innovation Scoreboard 2008: Comparative Analysis of Innovation Performance.

Mit dem EIS wurde eine indikatorbasierte Grundlage zur Beurteilung der Entwicklung im Bereich Forschung,

Technologieentwicklung und Innovation etabliert. Der EIS analysiert 25 Einzelindikatoren, die zu fünf Gruppen

zusammengefasst sind und den „Innovation Input“ sowie den „Innovation Output“ umfassen.

1981

4,50

4,00

3,50

3,00

2,50

2,00

1,50

1,00

0,50

0,00

SEAustria

Germany

Sweden

Switzerland

USA

Total OECD

EU-27

EU-15

China

CHUSA

DE AT

OECD

EU-15EU-27

CN

1982 1983 1984 19851986 1987 198819891990 1991 1992 1993 19941995 1996 1997 1998 19992000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

Quelle: OECD, Main Science and Technology Indicators, 2008

Ranking der EU-27 zu. Damit befindet sich Öster-reich im internationalen Vergleich mit Ländernwie Frankreich, Irland, Belgien und den Nieder-landen unter den „Innovation Followers“, alsoder Gruppe hinter den führenden Innovations-nationen („Innovation Leaders“). Bei 13 der 25Indikatoren des SII liegt Österreich sogar überdem EU-Schnitt.Vor allem die Dynamik der Innovationsentwick-lung ist in Österreich in Relation zu den Wettbe-werbern in den Gruppen der „Innovation Follo-wers“ und der „Innovation Leaders“ überdurch-schnittlich: Österreich ist heute nach Irland dasLand mit der größten Entwicklungsdynamik.5

Damit gehört Österreich zu jenen Ländern inder EU, die eine realistische Chance haben, dieim Barcelona- bzw. Lissabon-Prozess vorgege-benen Zielmarken auf nationaler Ebene zu er-

Eine Schieflage zwischen Innovationsinput und -output ist nur ein Hinweis auf die wohl größteHerausforderung, die Österreich zu bewältigenhat: den Schritt vom „Innovation Follower“ zum„Innovation Leader“ oder von einem Land ineinem Aufholprozess zu einem Land, das nahe dertechnologischen Grenze produziert, also ein„Frontrunner“ ist. Dieser Entwicklungsschritt stehtschon lange an: Bereits im Expertenentwurf für eintechnologiepolitisches Konzept der Bundesregie-rung im Jahr 1996 wurde festgehalten, dass dieErträge einer imitativen Strategie – die einem„Innovation Follower“ bzw. einem Land in derAufholphase entsprechen – weitgehend ausge-schöpft sind. Die Änderungen seither und auch diestarken Anstrengungen zur Erreichung des 3-Pro-zent-Ziels haben die Strukturen in Österreich nichtausreichend verändert, sodass die Aufgabe einesgrundlegenden Wandels in der Ausrichtung derForschungs-, Technologie-, Innovations- und Bil-dungspolitik bleibt (vgl. Strategieelement „Gover-

nance“). Der Schritt in Richtung „Innovation Lea-der“ und die dazu notwendigen Maßnahmen (z. B.im Bildungs-, Förder- und Politiksystem) würdendie österreichischen Optionen sowohl im Hin-blick auf die Erhaltung der Wettbewerbwerbs-fähigkeit als auch bei der Realisierung gesellschaft-licher Ziele deutlich erweitern. Gerade die teil-weise schon vorhandene Spitzenposition Öster-reichs bei Fragen der ökologischen, sozialen undökonomischen Nachhaltigkeit könnte die Basisfür eine internationale Führungsrolle bilden.Je näher man zur Spitze (d. h. zur Grenze techno-logischer, ökonomischer und sozialer Innovatio-nen) kommt, desto weniger greifen die bisher ge-setzten Maßnahmen und die verwendeten Instru-mente. Diese waren geeignet, um aufzuschließen,versagen aber, wenn es darum geht, zu überholenoder forschungspolitisch visionär zu agieren. Die-ser empirisch gut abgesicherte Zusammenhang –dass wirtschaftspolitische Maßnahmen unter-schiedliche Erträge in Abhängigkeit vom Entwick-

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reichen. Im Bereich der Forschungsquote hatÖsterreich den EU-Durchschnitt bereits in denletzten Jahren deutlich übertroffen. 2009 lag die-se bei 2,73 Prozent des BIP6 und damit im EU-Vergleich hinter Schweden, Finnland, Deutsch-land und Dänemark an fünfter Stelle (vgl Abb. 2). Die deutlichsten Rückstände weist Österreich inden Kategorien „Humankapital“, „Verfügbarkeitvon Risikokapital“ und „Radikale Innovationen“(Umsatzanteil mit Marktneuheiten) auf. DieseRückstände sind schon länger bekannt – ein imeuropäischen Vergleich signifikanter Aufholpro-zess ist allerdings nicht zu beobachten. Diese Ent-wicklung weist darauf hin, dass genau jene Fak-toren, die für den Sprung an die technologischeSpitze wichtig sind (Risikokapital, Humankapital,radikale Innovationen) in Österreich noch nichtausreichend etabliert sind.7

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Innovation Follower oder Innovation Leader?

5 Vgl. Cunningham, P. (2009): Science Policy and Evaluation: The Irish perspective. Präsentation auf dem 2. Eva-

luierungstag am 23. März 2009, Wien.6 Vgl. Statistik Austria, Globalschätzung 2009.7 European Innovation Scoreboard 2008: Comparative Analysis of Innovation Performance, S. 25 f.

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lungsniveau eines Landes bringen – schafft geradefür wirtschaftspolitische EntscheidungsträgerIn-nen eine schwierige Situation, stellt sich für siedoch die Frage, warum man das bestehende Instru-mentarium modifizieren soll, wenn es doch imGroßen und Ganzen funktioniert hat bzw. schein-bar noch funktioniert.Erleichtert mag eine Neuorientierung vielleichtdurch die zunehmenden gesellschaftlichen (natio-nalen und globalen) Probleme sowie durch dieKonkurrenz aus der unmittelbaren Nachbarschaftoder durch den global zunehmenden Wettbe-werbsdruck auch bei anspruchsvollen Produktenund Dienstleistungen werden. Diese Entwicklun-

gen legen nahe, dass man sich weiterentwickeln,eigenständige und zunehmend radikale Innovatio-nen entwickeln muss, damit man zu den Gestalte-rInnen und nicht zu den Getriebenen gehört. Da-mit einher geht auch die Notwendigkeit, einenTeil der eingesetzten Mittel für Forschung, Techno-logie und Innovationen als „Spielkapital“ zur Ver-fügung zu stellen, um riskante Bottom-up-Ansätzezu verfolgen, die aufgrund ihrer Neuartigkeit im ge-genwärtigen Fördersystem keine Unterstützungfinden würden. Damit können nicht nur – im Er-folgsfall – neuartige Lösungen entwickelt, sondernauch bestehende Verkrustungen aufgebrochenwerden (vgl. Strategieelement „Instrumente“).

Je näher ein Land an der Grenze technologischer,ökonomischer und sozialer Innovationen agiert,desto mehr Mittel muss es in Forschung und gutausgebaute wissenschaftliche Infrastrukturen (vgl.Strategieelement „Infrastruktur“) investieren. For-

schung unterstützt und verstärkt Innovation gera-de bei Unternehmen, die eigenständige Innova-tionsleistungen hervorbringen wollen. Die Rolleder öffentlichen Hand im Kontext der Finanzie-rung von Grundlagenforschung ist dabei zentral:

Notwendige Politikansätze für ein erfolgreiches Arbeiten an derGrenze technologischer, ökonomischer und sozialer Innovationen

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In Österreich – wie auch in den meisten anderenOECD-Ländern – wird diese hauptsächlich durchöffentliche Mittel finanziert. Mit zunehmendem Entwicklungsstand gewinnendie tertiäre Ausbildung sowie lebenslanges Ler-nen überproportional an Bedeutung. Mehr undbesser ausgebildete Arbeitskräfte sind das Rückgrateiner Wirtschaft, die zu den „Innovation Leaders“aufschließen will. Hier geht es sowohl um dieKapazitäten im Bildungssystem als auch um dieEntwicklung des Potenzials der in Österreichlebenden Bevölkerung. Gerade in diesem Bereich– gemessen am ausgesprochen niedrigen Bevöl-kerungsanteil mit tertiären Abschlüssen – ist dieösterreichische Position und Entwicklung beunru-higend (vgl. Strategieelement „Menschen“). Die Gestaltung des Wissenschafts- und Bildungs-systems ist ja, wie man in Österreich ausreichenderfahren hat, ein herausfordernder Prozess. EineStrategie, die den Anschluss an die „InnovationLeaders“ vorsieht, muss allerdings auch zu einerintegrierten Planung und Entwicklung von Bildung,Forschung und Innovation kommen („TrianglePolicies“). Was wie eine geradezu verwegene For-derung aussieht, kann aber durchaus Momentumin einige festgefahrene Diskussionen bringen. Beieiner gemeinsamen Betrachtung dieser Politikfel-der wird klar, dass es ohne mehr und besser aus-gebildete Menschen in einem stabilen sozialenKontext keine wirklich dauerhaften Fortschrittegeben kann und dass jene Beteiligten, die an derlangfristigen Wettbewerbsfähigkeit der Wirtschaft,an neuen Arbeitsplätzen, an der Sicherung der So-zialsysteme und an der Lösung von gesellschaftli-

chen Problemen vor dem Hintergrund einer nach-haltigen Entwicklung interessiert sind, kaum zuanderen Schlussfolgerungen kommen können. Beieiner Frontrunner-Strategie kommen noch anderePolitikbereiche (Regulierung, makroökonomischeSteuerung, öffentliche Beschaffung, Normung,Wettbewerbspolitik etc.) dazu, die ausgesprochenkomplexe Management- und Steuerungsaufgabenverlangen (vgl. Strategieelemente „Schwerpunk-te“, „Governance“, „Instrumente“). Hier gilt esauch die Strategie- und Umsetzungskompetenzdeutlich zu verbessern.Die Unterstützung von Unternehmen und wissen-schaftlichen Einrichtungen erfordert denn aucheine deutliche Erweiterung der eingesetzten Instru-mente. Die bisherige Politikgestaltung erschöpftesich zumeist in der Einführung von neuen Pro-grammen, die noch dazu wenig aufeinander abge-stimmt waren. Für ein effizienteres System gilt esim Förderbereich ein ausgewogenes Verhältniszwischen Schwerpunkten und themenoffenenProgrammen zu finden (vgl. Strategieelemente„Schwerpunkte“, „Governance“, „Instrumente“)und die horizontale Koordination mit anderenPolitikbereichen herzustellen. Damit soll es mög-lich sein, holistische Maßnahmenbündel zu schnü-ren und die Programmfixierung aufzuheben.Jedoch darf dieser Politikansatz nicht auf Bundes-ebene haltmachen; vielmehr sind auch die Verbin-dungen zur EU, zu den umliegenden Ländern undweniger entwickelten Ländern zu intensivieren(vgl. Strategieelement „Internationales“). Last, butnot least, ist auch eine optimierte Abstimmungmit den Aktivitäten der Bundesländer wichtig.

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Österreich wusste lange Zeit nicht recht, wie manmit den Themen Forschung, Technologie undInnovation umgehen sollte. Die OECD hat Endeder 1960er Jahre in ihrer Länderprüfung festgehal-ten, dass neben einem unterentwickelten For-schungsbewusstsein, kaum ausgeprägter Koor-dinierung der FTI-Aktivitäten und dem Fehlen

eines Forschungskonzepts ein eklatanter Mangelan Budgetmitteln für FTI zu identifizieren sei:Noch 1970 betrug die heimische Forschungsquo-te lediglich 0,6 Prozent des BIP.8 Bereits 1967 er-folgte die Einrichtung des Bundesministeriumsfür Wissenschaft und Forschung (BMWF) und dieGründung des Fonds zur Förderung der wissen-

Von effizienten Institutionen zu einem effizienten System

8 OECD (1971): Wissenschaftspolitik in Österreich.

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schaftlichen Forschung (FWF) und des For-schungsförderungsfonds für die gewerbliche Wirt-schaft (FFF).9

Die Fonds bildeten denn auch in den folgendenJahrzehnten das Rückgrat der österreichischenWissenschafts- und Technologieförderung. Ihrbeinahe exklusiver Fokus auf ihr Kerngeschäftund die trotzdem auftauchenden neuen Heraus-forderungen führten jedoch zur Gründung weite-rer Institutionen, nicht aber zu Steuerungs- undKoordinierungsstrukturen, die der zunehmendenKomplexität Rechnung getragen hätten. Die wie-derholten Versuche, Strategien zu entwickeln,blieben denn auch Stückwerk – keines dieserKonzepte schaffte es in die Politiksphäre und da-mit in die Umsetzung. Mit der Einsetzung des Rates für Forschung undTechnologieentwicklung im Jahr 2000 wurde einneues strategiepolitisches Gremium etabliert unddie Bemühungen in Richtung langfristiger strate-gischer Überlegungen für das nationale FTI-Sys-tem intensiviert. Die Hauptaufgabe des Rates liegtin der systematischen, unabhängigen und fun-

dierten Beratung der österreichischen Bundesre-gierung in allen strategischen Fragen der For-schungs-, Technologie- und Innovationspolitik.Ziel seiner Arbeit ist es, einen Beitrag zu einerzukunftsorientierten FTI-Politik auch im Sinneeiner nachhaltigen gesellschaftlichen und wirt-schaftlichen Entwicklung zu leisten. Dieser Auf-gabe ist er mit dem Nationalen Forschungs- undInnovationsplan (NAFIP) und der Strategie 2010nachgekommen. Obwohl von Letzterer rund dreiViertel der Vorschläge umgesetzt wurden, wardieser Prozess alles andere als „linear“, sodassnoch eine Reihe von Aufgaben zur Verbesserungder Governance offen sind (vgl. Strategieelement„Governance“). Die vorliegende Strategie 2020, die gerade ab-geschlossene Systemevaluierung und der For-schungsdialog bilden eine ausreichende Grund-lage für die Entwicklung von Strategien auf Re-gierungsebene. Um das zu erreichen, ist politi-sches Leadership gefragt. Andernfalls wird derUmsetzungsprozess erratisch bleiben und sub-optimale Effekte erzielen.

9 Vgl. dazu die detaillierte Darstellung von Pichler, R. / Stampfer, M. / Hofer, R. (2007): Forschung, Geld und

Politik: Die staatliche Forschungsförderung in Österreich 1945–2005, Innsbruck-Wien-Bozen, Studien Verlag.

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Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise bedeu-tet eine radikale Veränderung der Rahmenbedin-gungen, die bisher für die Entwicklung des FTI-Systems vorausgesetzt wurden. Da die augenblick-liche Krise keine konjunkturelle, sondern eineweltweit strukturelle ist, kann davon ausgegan-gen werden, dass nach der Krise wenig so seinwird, wie es vorher war. Die Auswirkungen wer-den bei den Angebots-, Produktions- und Nachfra-gestrukturen der meisten Wirtschaftsbereichespürbar sein. Für die strategischen Vorschläge undEmpfehlungen bedeutet die Unsicherheit in Bezugauf die Rahmenbedingungen eine notwendigePriorisierung jener Maßnahmen, die den FTI-Stand-ort Österreich im globalen Wettbewerb am stärk-sten positionieren. Dabei sind insbesondere Maß-nahmen im Bereich der Bildung und Höherqua-lifizierung der Menschen, im Bereich systemati-scher Schwerpunktsetzungen sowie im Bereichentsprechender Ressourcen angesprochen, ver-bunden durch die Interventionsinstrumente deröffentlichen Hand und deren Governance. Die der Krise innewohnende Notwendigkeit,grundlegende Richtungskorrekturen vorzuneh-men, wird noch durch die Notwendigkeit zu kür-zeren Reaktionszeiten verstärkt. Aus diesem Grundwerden im gesamten Strategiedokument kurz- ( 2010), mittel- ( 2013) und langfristige ( 2020)Empfehlungen unterschieden und entsprechendgekennzeichnet. Daraus folgt, dass die jeweils be-troffenen Teile der FTI-Strategie 2020 in regelmä-ßigen Abständen an den Rahmenbedingungen ge-prüft und bei Bedarf rollierend überarbeitet wer-den müssen.Die zeitliche Dimensionierung steht in keinemZusammenhang mit Prognosen über die Dauerder Krise, die seriös nicht machbar sind. Sowohlder Zeithorizont bis 2020 als auch die weltweiteWirtschaftskrise verbieten langfristige Prognosendarüber, welche Länder in zehn Jahren unter denführenden Innovationsnationen sein werden, weildas nicht von ihrer bisherigen Strategie abhängigist, sondern von der Strategie, die sie jetzt und fürdie Zukunft wählen werden. Daher bedarf eseiner ständigen Strategiebeobachtung, stetigerKommunikation und damit höchstmöglicher Fle-xibilität bei der Gestaltung der Rahmenbedingun-gen, der Konzeption von Forschungsförderungs-

programmen sowie beim Einsatz der vorhande-nen Mittel.Aufgabe der politischen EntscheidungsträgerIn-nen ist es, Bildungs-, Forschungs-, Technologie-und Innovationspolitik deutlich zu priorisierenund eine mittelfristige Planungssicherheit inBezug auf die Verfügbarkeit budgetärer Mittel her-zustellen.

In der Formulierung der Strategie 2020 geht derRat von folgenden handlungsleitenden Prinzipienaus:

Nachhaltigkeit und gesellschaftliche Relevanzsind übergeordnete Motive für die Forschung,Technologie und Innovation.

Bildung, Aus- und Weiterbildung der Menschensind das wesentliche Kapital der wissensbasier-ten Gesellschaft.

Bildung, Forschung und Innovation bilden eineuntrennbare Einheit. Dieses „Wissensdreieck“muss politisch mit hoher Priorität verfolgt undorganisiert werden.

Die Vergabe von Mitteln soll nach Maßgabe derMöglichkeiten im Wettbewerb erfolgen. Eine ange-messene Finanzierung von Instrumenten für völligneue, unkonventionelle, hochinnovative und/oderriskante Ideen und Projekte in der Bottom-Up-För-derung muss jedoch sicher gestellt werden

Es gilt sich auf seine Potenziale und Stärken zufokussieren; Bereiche mit schwacher Entwicklungsollen kritisch evaluiert und überdacht werden.

Neue Strukturen und neue Themen sollen nureröffnet werden, wenn darin mittelfristig eine„Spitzenstellung“ (Exzellenz) erreichbar ist, dieErschließung eines überdurchschnittlichen Markt-potenzials erwartet werden kann und/oder einwichtiger gesellschaftlicher Bedarf gegeben ist.

Eine global vernetzte Welt verlangt nach natio-nal definierten Internationalisierungsstrategien.

Die Flexibilisierung der Strukturen ist notwen-dig, um in einer globalisierten Welt rasch und effi-zient reagieren zu können.

Transparenz und Partizipation sind Maximender Politikgestaltung, die die Verantwortung ge-genüber der Gesellschaft reflektieren.

Die Strategie 2020 orientiert sich an diesen Grund-gedanken und Leitprinzipien. Sie basiert allerdings

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auch auf einem soliden Fundament aus grundle-genden Analysen des Status quo. Die Auswahl anStrategieelementen dient der Strukturierung derDiskussion. Folgende acht Strategieelemente wur-den, basierend auf einer Vielzahl an Studien undAnalysen, identifiziert:

1. Menschen2. Gesellschaft3. Input/Output4. Schwerpunkte5. Infrastruktur6. Instrumente7. Governance8. Internationalisierung

Jedes Strategieelement wurde auf Basis einergrundlegenden Faktensammlung, der Identifika-tion von zusätzlichem Informations- und Hand-lungsbedarf sowie daraus resultierenden Entschei-dungen über notwendige weitere Schritte wieweiterführende Analysen, Studien oder Work-shops etc. erarbeitet. Entsprechend haben diver-se Studienpräsentationen, Workshops und Diskus-sionen stattgefunden, aus denen wichtige Inputsfür strategische Leitlinien und Empfehlungenabgeleitet wurden. Schließlich wurden auchbestehende Strategiedokumente ebenso wie dieErgebnisse des Forschungsdialogs und der Sys-temevaluierung in die Ausarbeitung von Vor-schlägen und Empfehlungen für die strategischeOrientierung bis 2020 einbezogen. Der zentrale Punkt jeglicher Aktivität im FTI-Sys-tem ist der Mensch. In Abhängigkeit vom For-schungsinhalt werden in Art und Umfang unter-schiedliche Ressourcen benötigt. Durch das Set-zen struktureller und thematischer Schwerpunk-te werden strategische Ziele verfolgt. Ein adäqua-ter Instrumenteneinsatz, aufbauend auf einer effi-zienten Steuerung durch die Governance, sorgtfür das Gelingen des Zusammenspiels von Men-schen, Ressourcen und Schwerpunkten. Die drit-te Dimension unterscheidet die regionale, natio-nale und internationale Ebene. Die ersten beidenEbenen werden gemeinsam in den einzelnen Stra-tegieelementen berücksichtigt, die internationaleEbene wird aufgrund ihrer zunehmenden Bedeu-tung in einem eigenen Element behandelt.

„Menschen“ & „Gesellschaft“ Forschung in Österreich definiert sich durch dieMenschen, die sie leisten. Jedes monetäre Zielder strategischen Politikgestaltung muss sich ander Verfügbarkeit von qualifiziertem Humanka-pital bzw. von kreativen und engagierten Men-schen ausrichten. Aus diesem Grund sind Maß-nahmen im Bereich der Humanressourcen unddes Verhältnisses von Wissenschaft und Gesell-schaft von zentraler Bedeutung für das österreichi-sche FTI-System. Die beiden Strategieelemente„Menschen“ und „Gesellschaft“ befassen sich mitder strategischen Planung der Humanressourcen-entwicklung bzw. den entsprechenden Rahmen-bedingungen auch im Zusammenhang mit demDialog von Wissenschaft, Forschung, Technolo-gie, Innovation und Öffentlichkeit.

„Input/Output“Österreich hat als eines von wenigen EU-Länderneine realistische Chance, das 3-Prozent-Ziel derLissabon-Strategie zu erreichen. Dies könnte inder derzeitigen wirtschaftlichen Gesamtsituationjedoch einige Jahre länger dauern als bisher ange-nommen. Die Rahmenbedingungen für die weite-re Entwicklung sind einer genauen Analyse zuunterziehen. Die Erhebung und Auswertung vonfinanziellen F&E-Daten ist Voraussetzung undAusgangsbasis für strategische Empfehlungen indieser Hinsicht. Auch die Bewertung der Auswir-kungen der Ausgaben auf Wirtschaftswachstumund Produktivität sowie ihre Steigerung sind indiesem Kontext relevant.

„Schwerpunkte“Die systematische Identifikation von Schwer-punktthemen und Zukunftsfeldern der öster-reichischen Forschungslandschaft muss an Be-deutung zunehmen. Ziel des Strategieelementsist es, Methoden und Wege für eine holistischeSchwerpunktsetzung aufzuzeigen, um wissen-schaftliche und technologische Stärkefelder inÖsterreich weiter auszubauen und zu Spitzen-stellungen im internationalen Wettbewerb zuführen. Darüber hinaus sollen in gesellschaftlichwichtigen Fragestellungen gezielt FTI-Aktivitätenstimuliert werden, um nachhaltige Lösungsan-sätze zu erarbeiten.

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„Infrastruktur“Das österreichische Innovationssystem brauchtals wesentliche Grundlage für sein effizientes undeffektives Funktionieren eine sowohl quantitativals auch qualitativ hinreichende Ausstattung anForschungsinfrastrukturen, sei es im eigenen Landoder auch durch entsprechenden Zugang zuinternationalen Einrichtungen. Ausgehend voneiner umfangreichen Erfassung der Ist-Situationund einer Abschätzung der Bedarfsentwicklungbis 2020 werden im Strategieelement „Infrastruk-tur“ die Anforderungen dargelegt, um diese essen-zielle Voraussetzung für exzellente, internationalanerkannte Forschungsleistungen in Österreichsicherzustellen.

„Instrumente“ & „Governance“Strukturelle Weiterentwicklungen und Optimie-rungen sind Grundvoraussetzungen auf dem Wegzur Steigerung der Attraktivität und Effizienz desösterreichischen FTI-Systems. Um im interna-tionalen Wettbewerb der forschenden Nationen

die gute Positionierung Österreichs weiterhin zugewährleisten, müssen strukturelle Defizite sys-tematisch beseitigt werden. Unter Berücksichti-gung der Ergebnisse der Systemevaluierung wid-men sich die Strategieelemente „Governance“und „Instrumente“ den Strukturanforderungenbezüglich der Aufbau- und Ablauforganisation desFTI-Systems sowie notwendiger Maßnahmen undAdaptierungen im förderpolitischen Instrumen-tenmix für das Jahr 2020.

„Internationalisierung“Internationalisierung ist neben der Entwicklungvon Humanressourcen, der monetären For-schungsförderung und angemessenen strukturel-len Rahmenbedingungen einer der strategischenEckpfeiler, die den Bezugsrahmen österreichi-scher FTI-Politik der nächsten Jahre bilden. DieStärkung internationaler Mobilität, die Einbindungin internationale Netzwerke und die Entwicklungvon Nachbarschaftsstrategien stehen dabei imVordergrund.

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In wissensbasierten Ökonomien hängt die Zu-kunft eines Standorts von Qualifikationsniveau,Engagement, Kreativität und Motivation der Men-schen ab. Um sein Wohlstandsniveau zu haltenund auszubauen, benötigt der Standort Österreichdaher mehr besser qualifizierte, engagierte undkreative Arbeitskräfte – und zwar sowohl mit ter-tiärem Bildungsabschluss als auch hoch qualifizier-te Facharbeitskräfte. Die Anforderungen steigen:Auf globalisierten Märkten wächst die Konkur-renz jener Länder, die im mittleren Technologie-segment unter deutlich günstigeren Kostenver-hältnissen anbieten können. Dies gilt insbesonde-re auch für die Länder in unmittelbarer Nachbar-schaft. Österreichs strategische Antwort muss da-her der Spurwechsel von der Gruppe der „Inno-vation Followers“ zu den „Innovation Leaders“bzw. „Frontrunners“ mit Produktionsstrukturenan der technologischen Grenze und mit hochentwickelter Produktivität sein. Diese Strategieimpliziert eine stetig steigende Nachfrage nachhöheren Qualifikationen und lebenslangem Ler-nen. Dies gilt umso mehr, als die demografische

Entwicklung die Relation zwischen den aktiv Er-werbstätigen und den Personen im Ruhestand zu-nehmend verschiebt.10 Eine ständig steigende Pro-duktivität kann diese aufgehende Schere wiederschließen.11

Österreich hat die Voraussetzungen, um die sichdaraus ergebenden Herausforderungen zu bewäl-tigen:

Das Potenzial an Qualifikation ist in Österreichnur in einem bescheidenen Ausmaß ausgenutzt.Ein verbesserter Zugang zu Bildung und auf denEinzelnen stärker zugeschnittene Bildungssystemeeröffnen hier noch beträchtliche Entwicklungs-möglichkeiten.

Eine offene Einstellung zur Zuwanderung kanndie Qualifikationsbasis verbreitern und damit hel-fen, sich abzeichnende Defizite bei qualifiziertenArbeitskräften zu entschärfen.

Verstärkte Forschungs- und Innovationsaktivitä-ten erhöhen die Produktivität, schaffen Arbeits-plätze und tragen damit zur Erhaltung des Wohl-standes bei.

Das Ansteigen der Nachfrage nach höher qualifi-zierten Personen ist schon seit den 90er Jahrendeutlich sichtbar. Von 1995 bis 2006 stieg der An-teil der AkademikerInnen an den Beschäftigten inÖsterreich von 8,8 auf 13,2 Prozent. Der Anteil derBeschäftigten mit höchstens einem Pflichtschulab-schluss sank in diesem Zeitraum von 22,7 auf 16,7Prozent.12 Studien belegen aber eine Schieflage inder Humanressourcenentwicklung in Europa imVergleich zu den USA und Japan: Lag im Jahr 2005

die Zahl der ForscherInnen pro 1.000 Erwerbs-personen in der Europäischen Union bei 5,8, be-trugen die Vergleichswerte in den USA 9,3 und inJapan 10,3.13 Innerhalb der Europäischen Unionliegt Österreich mit derzeit 7,4 nicht im Spit-zenfeld, könnte aber schon mittelfristig seineKapazitäten auf 8 ForscherInnen pro 1.000 Er-werbspersonen ausbauen. Dieses Ziel korrespon-diert mit dem Ausgabenpfad zur Erreichung derForschungsquote von 3 Prozent des BIP.14

10 Biffl, G. (2006): Mehr Beschäftigung durch Wachstum auf Basis von Innovation und Qualifikation, Teilstudie 6:

Bevölkerungsentwicklung und Migration, WIFO.11 Fassmann, H. (2007): Wann kommt der „Knick“ des Arbeitskräfteangebots? Prognose der erwerbsfähigen Bevöl-

kerung. In: Fassmann, H. (Hg.): 2. Österreichischer Migrations- und Integrationsbericht 2001–2006. Rechtliche

Rahmenbedingungen, demographische Entwicklungen, sozioökonomische Strukturen, Klagenfurt, S. 283–284. 12 Fritz, O. / Huemer, U. / Kratena, K. / Mahringer, H. / Prean, N. / Streicher, G. (2008): Mittelfristige Beschäfti-

gungsprognose für Österreich und die Bundesländer, Berufliche und sektorale Veränderungen 2006–2012, WIFO.13 OECD (2007): Main Science and Technology Indicators bzw. The „Human Factor“ in the field of innovation,

Federation of Austrian Industry.14 Vgl. Europäische Kommission (2004): Wissenschaft und Technologie: Schlüssel zur Zukunft Europas –

Leitlinien für die Forschungsförderung der Europäischen Union.

Status und Herausforderungen

Steigende Nachfrage nach qualifizierten Arbeitskräften

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Das Potenzial an Qualifikation erscheint in Öster-reich zu einem bei Weitem noch nicht befriedigen-den Ausmaß ausgeschöpft. Dies liegt vor allem ander unterbrochenen Bildungskette: Sowohl für un-tere als auch für mittlere Bildungsschichten ist esschwieriger, über den Bildungsweg in höhere Qua-lifikationen vorzustoßen. Dies erhöht zum einendie Facharbeiterlücke und verringert zum anderendie Zahl der Personen, die das Hochschulniveau er-reichen, was wiederum die notorisch niedrige Ab-solventenquote tertiärer Bildungswege bedingt. Wesentlicher Grund für diese Situation ist dasselektive und segmentierte Ausbildungssystem, inwelchem die Bildungschancen der Kinder in derRegel durch das erreichte Bildungsniveau ihrerEltern vorgegeben werden. Kinder aus bildungs-fernen Schichten wählen andere Ausbildungsfor-men als Kinder höher qualifizierter Eltern. Nur 52Prozent der österreichischen Kinder erreichendenselben Bildungsgrad wie ihre Eltern. Lediglich26 Prozent schaffen einen Bildungsaufstieg, wäh-rend 22 Prozent sogar von einem Bildungsabstiegbetroffen sind. Die Entscheidung für die Wahl derSchulform wird ebenso vom Bildungshintergrundwie von der beruflichen und sozialen Situationder Eltern geprägt. Daher müssen Veränderungenin diesem Bereich auch bei der Bewusstseinsbil-dung der Erwachsenen ansetzen.15 Das verpflich-tende Kindergartenjahr ist hier ein weiterer Schrittzu mehr Bildungsgerechtigkeit und zur besserenAusschöpfung der Entwicklungspotenziale.Der Wechsel zwischen Ausbildungswegen – unddamit die Anpassung an die Anforderungen desArbeitsmarktes – wird durch die fehlende Modu-larität des stark „segmentierten“ Bildungssystems

verhindert. Kennzeichnend dafür sind die feh-lende Förderung von Um- und Quereinsteigernsowie schwierige Bedingungen beim Nachholenvon Abschlüssen und anderen Bereichen deslebenslangen Lernens. Dies betrifft unter ande-rem auch den Bereich der Zuwanderer, die zwartendenziell besser ausgebildet sind als die Öster-reicherInnen, hierzulande aber meist für Tätigkei-ten eingesetzt werden, für die sie überqualifi-ziert sind.16 In den Fällen laufender Asylverfahrenwird das Potenzial qualifizierter Zugewanderterüberhaupt nicht genutzt.In Summe ergibt sich der Befund eines erschwer-ten und daher ungenügenden Zugangs zu höhe-rer Bildung in Österreich. Während in Polen,Schweden oder Norwegen 78 Prozent der Bevöl-kerung ein Hochschulstudium beginnen17, sindes hierzulande nur etwa halb so viel.18 Um entspre-chend der „Innovation- bzw. Frontrunner-Leader-Strategie“ zu den führenden Nationen aufschlie-ßen zu können, steigt der Zustrom in die höherenBildungseinrichtungen zu langsam. Die Ausbil-dung im Tertiärbereich ist in Österreich im OECD-Vergleich noch dazu durch hohe Drop-out-Quo-ten gekennzeichnet, welche eher durch den sozia-len Hintergrund oder studienspezifische Selek-tionskriterien als durch tatsächliche Leistungskri-terien erklärt werden können.Für die Realisierung von Beschäftigungs- und Wirt-schaftswachstum sowie für die Bewältigung dergroßen gesellschaftlichen Probleme sind zwar ge-nerell höher qualifizierte Menschen notwendig;spezieller Anstrengungen bedarf es jedoch bei na-turwissenschaftlichen und technischen Ausbildun-gen.19 Gerade in diesen Disziplinen ist die Zugangs-

15 Haas, M. (2008): Humanressourcen in Österreich. Eine vergleichende Studie im Auftrag des RFTE, Universität

Wien, Fakultät für Wirtschaftswissenschaften.16 Gächter, A. / Stadler, B. (2007): Qualifizierung, Dequalifizierung und berufliche Weiterbildung in Österreich

2001 und 2005. Arbeitspapiere Migration und soziale Mobilität Nr. 3, http://www.zsi.at/attach/p306ihaus.pdf.17 OECD (2007): Education at a Glance, OECD Indicators, Upper secondary graduation rates.18 Landler, F. / Dell’mour, R. (2006): Quantitative Entwicklungstendenzen der österreichischen Universitäten

und Fachhochschulen 1975–2025. Forschungsbericht 29, Institut für Demographie, ÖWA.19 Fritz, O. / Huemer, U. / Kratena, K. / Mahringer, H. / Prean, N. / Streicher, G. (2008): Mittelfristige Beschäfti-

gungsprognose für Österreich und die Bundesländer, Berufliche und sektorale Veränderungen 2006 bis 2012,

WIFO.

Unterbrochene Bildungskette

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Im internationalen Vergleich ist die Situation inÖsterreich durch niedrige Abschlussraten unddurch die geringe Attraktivität von wissenschaft-lichen Karrieren geprägt.21 Die Einigung auf einenKollektivvertrag für wissenschaftliche Mitarbei-ter im Universitätssystem ist jetzt ein wichtigerSchritt zur Erhöhung der Attraktivität von wis-senschaftlichen Karrieren.

Voraussetzungen für die Attraktivität wissen-schaftlicher Karrieren in Österreich sind aber aus-reichend finanzierte und bestens ausgestatteteUniversitäten. Sie entscheiden über die Anzie-hungskraft des österreichischen Wissenschafts-systems auf internationale Spitzenforscher, imAusland forschende ÖsterreicherInnen und be-gabte StudentInnen.

und Abschlusssituation besonders schlecht. JungeMänner, die diese Fächer öfter wählen, studierenin Österreich seltener als im OECD-Durchschnitt,und Frauen, die ein Studium aufnehmen, ziehen

diese Fächer eher nicht in Betracht. Die Befriedi-gung der Nachfrage nach qualifizierten Arbeits-kräften in diesem Bereich ist bereits jetzt die größ-te Herausforderung für den Standort Österreich.20

Hemmnisse für wissenschaftliche Karrieren

Auf Basis der Analyse und der aktuellen Heraus-forderungen in der Entwicklung der Humanres-sourcen identifiziert der Rat die folgenden strate-gischen Leitlinien. Wesentlich ist dabei ein um-fassender Ansatz: Bildung, Forschung und Innova-tion beeinflussen sich gegenseitig und führen –wenn Entscheidungen in diesen Feldern unab-hängig voneinander getroffen werden – zu einemsehr ineffizienten System. Daher ist es notwendig,diese Bereiche gemeinsam zu planen und die Maß-nahmen konzertiert umzusetzen.

Strategische Leitlinie 1: BildungszugangverbessernUm Qualifikations- und Kreativitätspotenziale derMenschen auszuschöpfen, gilt es alle in Österreichlebenden Personen gezielt in eine ganzheitlicheWeiterentwicklung der Humanressourcen einzu-beziehen. Dazu ist es notwendig, durch aktivesAnsprechen bildungsferner Schichten der sozialenSelektivität des Systems entgegenzuwirken. Ummehr Personen für eine Ausbildung im tertiärenBereich zu gewinnen, ist eine entsprechende finan-zielle und strukturelle Ausgestaltung der Hochschu-len notwendig. Durch ein ausgewogenes Betreu-ungsverhältnis und die attraktivere Gestaltung sämt-licher Studienfächer, insbesondere im technisch-

naturwissenschaftlichen Bereich, müssen die Ab-schlussquoten erhöht werden.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 1.1

Neue Schulkonzepte – auch in Anlehnung an inter-national gängige und bewährte Schulmodelle – sol-len die frühe Segementierung im Alter von 9 bis 10Jahren überwinden und die MaturantInnenquoteerhöhen. In diesem Zusammenhang sind innovati-ve Schulmodelle zu entwickeln. 2020

Empfehlung 1.2Die vorschulische und schulische Sprachenförde-rung in Deutsch und Englisch soll verstärkt sowieeine zusätzliche gezielte Förderung der deutschenSprachkenntnisse von MigrantInnen eingeführt wer-den, um das Potenzial für tertiäre Ausbildung bes-ser zu erschließen. Darüber hinaus soll auch einegezielte Förderung von mathematischen und na-turwissenschaftlichen Fähigkeiten angestrebt wer-den. 2013

Empfehlung 1.3Die finanzielle Ausstattung der autonomen Univer-sitäten soll gestärkt werden. Das Bekenntnis zumZiel einer Investitionsquote von 2 Prozent des BIP

Strategische Leitlinien und Empfehlungen

20 Vgl. Industriellenvereinigung (2008): Menschen schaffen Zukunft, Wien.21 Vgl. Biffl, G. (2007): Forschungsstandort Wien: Zur Rolle der Humanressourcen, WIFO.

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in tertiäre Bildung und Ausbildung soll bekräftigtwerden. Dies beinhaltet auch die ausreichendeFinanzierung eines Kollektivvertrags sowie attrak-tive Karrieremodelle für sämtliche an Universitä-ten tätigen WissenschaftlerInnen. 2020

Empfehlung 1.4Zur Verringerung der Drop-out-Quoten soll die Un-terrichtsqualität durch eine massive Verbesserungder Relation Studierende pro Lehrenden erhöhtwerden. Programme zur Abklärung der Motivationvon Studierenden sowie eine verbesserte Vermitt-lung der Studieninhalte an den Schulen sollen insti-tutionalisiert werden. Einführungsphasen währendder ersten Studienzeit oder Testverfahren – sofernsie auch tatsächlich auf die Messung der Studien-eignung abzielen – sollen als Auswahlverfahrenetabliert werden.22 2020

Empfehlung 1.5Naturwissenschaftliche und technische Studien-fächer sind mittels eines abgestimmten Aktionspro-gramms besonders zu bewerben, um die Anzahlvon StudienanfängerInnen und die AbsolventInnen-quoten zu erhöhen. Hierzu ist einerseits die Fortfüh-rung von Programmen zur Weckung eines frühenTechnikinteresses (insbesondere bei Mädchen) zuintensivieren. 2013

Empfehlung 1.6Um auch jene Personen für eine tertiäre Ausbil-dung zu begeistern, deren sozialer oder sprachlicherHintergrund sich auf den ersten Blick einschrän-kend auswirkt, sind spezielle Programme zur Moti-vation und Förderung bildungsferner Schichten zuentwickeln. 2013

Strategische Leitlinie 2: Berufsbild „Wis-senschaftlerIn“ profilierenWie auch im aktuellen Regierungsprogramm ange-sprochen,23 geht es darum, sowohl im wissenschaft-

lichen als auch im wirtschaftlichen Bereich mehrMenschen für eine Beschäftigung in Forschung,Technologie und Innovation zu motivieren, umnachhaltige Erkenntnisgewinne – sowohl von Sei-ten der Grundlagenforschung als auch in der ange-wandten Forschung – zu erzielen. Dazu gilt es, dasBerufsbild „WissenschaftlerIn“ zu profilieren undwissenschaftliche Karrieren attraktiver zu machen.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 2.1

Zusätzliche finanzielle Mittel sollen die Bildungs-angebote in der Doktorats- und der gesamten Post-Doc-Phase – neben den bereits im Regierungspro-gramm 2006 angedachten tausend zusätzlichenPost-Doc-Stellen – verbessern. Um Wissenschaft-lerInnen nach Österreich zu bringen bzw. hier zuhalten, sind insbesondere die vertraglichen Bedin-gungen stärker an internationale Standards anzu-passen (Tenure-Track-System, Kollektivvertrag fürWissenschaftlerInnen). 2013

Empfehlung 2.2Für Frauen im Forschungsbereich sind neue Kar-rieremodelle im Sinne einer besseren Vereinbar-keit von Beruf und Familie zu entwickeln.24 Hier-zu ist es vor allem notwendig, Unterbrechungenim Karriereverlauf anzuerkennen. Insbesonderesollen die Bewertungskriterien von Stipendienund anderen Förderungen überarbeitet und Uni-versitätskarrieren für Frauen oder späte Ein- undUmsteigerInnen attraktiver werden. 2013

Empfehlung 2.3ForscherInnen sollen bessere Services gebotenwerden, um einerseits hoch qualifizierte inländi-sche WissenschaftlerInnen in Österreich zu haltenbzw. nach erfolgten Auslandsaufenthalten wiedernach Österreich zu holen und andererseits aus-ländische WissenschaftlerInnen anzusprechen undalle Beteiligten untereinander zu vernetzen. Vor-

22 Vgl. Spiel, C. / Schober, B. / Litzenberger, M. (2008): Evaluation der Eignungstests für das Medizinstudium.

Evaluationsprojekt im Auftrag des BMWF. http://www.bmwf.gv.at/uploads/tx_bmwfcontent/Spiel_Studie.pdf. 23 Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode, S. 42.24 Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode, S. 210.

25

>

m e n s c h e n

26

bild soll die Initiative EURAXESS der EuropäischenKommission sein. 2013

Empfehlung 2.4Industrie und Wissenschaft sollen im Ausbildungs-bereich verstärkt werden und auf institutionalisier-ter Ebene zusammenarbeiten. Zu diesem Zwecksollen zum einen bereits bestehende Initiativenfortgesetzt werden, zum anderen ein Dissertations-programm im Sinne einer Private-Public-Partner-schaft unter wissenschaftlicher Aufsicht der Uni-versitäten eingerichtet werden, das Fragestellun-gen aus der Wirtschaft und der Gesellschaft andie tertiären Bildungseinrichtungen heranträgt.Wirtschaft, Industrie und Gesellschaft fungierendadurch impulsgebend für die Wissenschaft. Derkooperative Aspekt ist dabei in den Vordergrundzu stellen. 2013

Empfehlung 2.5Fachhochschulstandorte, die eine kritische Mas-se bestehender Studiengänge aufweisen und auf-grund der Wirtschaftsstruktur der Region einenerweiterten Forschungsbedarf haben, sollen indie Lage versetzt werden, ein langfristig stabilerregionaler Forschungspartner der Wirtschaft zuwerden. 2013

Strategische Leitlinie 3: Zuwanderungnutzen und fördernHoch qualifizierte Personen sorgen – unabhängigvon ihrer ursprünglichen Herkunft – für die Ver-besserung der Beschäftigungs- und Wachstums-potenziale jener Region, in der sie leben. In diesemZusammenhang ist es unumgänglich, alle in Öster-reich lebenden Personen gezielt in die Weiterent-wicklung der Humanressourcen mit einzubezie-hen, um vom zusätzlichen Potenzial profitieren zukönnen.

Der Rat empfiehlt Empfehlung 3.1

In der Anerkennung und Anrechnung ausländi-scher Qualifikationen ist eine österreichweit ein-heitliche Vorgehensweise nach internationalenStandards zu etablieren. Die Modalitäten desNostrifikationsprozesses sind generell zu verbes-

sern und zu vereinfachen. Die Bundesregierungsollte eine generelle Anerkennung innerhalb derEU erworbener Qualifikationen auf europäischerEbene anstreben. 2013

Empfehlung 3.2Das Bekenntnis der Bundesregierung, den Zugangzu Österreichs FTI-System für internationale Spit-zenforscherInnen zu erleichtern, ist zu begrüßen.Zu diesem Zweck ist ein gezieltes Maßnahmen-paket zur Forcierung des qualifizierten Zuzugsvon ForscherInnen, Studierenden und Doktoran-dInnen zu entwickeln. Gesetzliche und administra-tive Hürden für qualifizierte ZuwanderInnen undderen Angehörige sollen abgeschafft werden.

2013

Empfehlung 3.3Um die Akzeptanz für die Integration ausländi-scher Personen in die Bevölkerung sicherzustellen,soll eine Bewusstseinskampagne erarbeitet wer-den, die das positive Image eines innovativenZuwanderungslandes transportiert. Das Ziel derKampagne sollte auch sein, Österreich im Aus-land als Zuwanderungsland für Hochqualifiziertezu positionieren. 2013

Empfehlung 3.4Universitäten sollen verstärkt auch nationale Joint-Degree-Programme entwickeln. Ein Anreizsystemist zu entwickeln, die Verankerung in Leistungsver-einbarungen ist zu prüfen. 2013

Empfehlung 3.5Traditionelle Mobilitätsprogramme sollen mit for-schungsbasierten Mobilitätsprogrammen komple-mentiert werden. Dabei ist besonders auf Leis-tungsfokussierung zu achten. 2013

Empfehlung 3.6Ausländischen StudentInnen und Post-Docs ausDrittstaaten ist der Zugang zu österreichischenForschungseinrichtungen zu erleichtern. Gesetz-liche und universitätsinterne Barrieren sind zubeseitigen. 2013

g e s e l l s c h a f t

27

g e s e l l s c h a f t

28

Im Konzept der „wissensbasierten Gesellschaft“werden Wissenschaft, Forschung, Technologieund Innovation als entscheidende Kraftfelder dergesellschaftlichen Entwicklung betrachtet. Siedurchdringen sämtliche Lebens- und Handlungsbe-reiche und gelten als unabdingbar für die Verbes-serung unserer Lebensqualität sowie die Siche-rung unserer Wettbewerbsfähigkeit und damit un-seres Wohlstandes. Ihnen wird die Aufgabe über-tragen, Antworten und Lösungen auf die großenFragen und Probleme unserer Zeit zu finden.Je mehr Forschung, Technologie und Innovationindividuell spürbar das Leben jedes Einzelnen ver-ändern, umso mehr sind diese auch dazu aufgefor-dert, die potenziellen Veränderungen anzuspre-chen und vorausschauend öffentlich zu diskutie-ren. Derzeit gibt es allerdings kaum einen Bereichder Gesellschaft, über den die Öffentlichkeit sowenig Konkretes weiß wie über Wissenschaft,Forschung, Technologie und Innovation. So istweitgehend unbekannt, wie Wissenschaft tatsäch-lich arbeitet, wie Erkenntnisse entstehen und inwelcher Form diese auch kulturelle Leistungen

darstellen. Wenn aber das Wissen über diese The-matik fehlt, darf es nicht verwundern, dass in öf-fentlichen Diskursen zumeist Begriffe wie „Risiko“und „Unsicherheit“ dominieren und eine fakten-basierte Diskussion nur schwer möglich ist. EinMehr an Information bedeutet nicht automatischauch ein Mehr an Akzeptanz und Zustimmung fürWissenschaft und FTI, ist jedoch hilfreich für einenDialog, im Rahmen dessen Konflikte zwar nichtimmer gelöst, aber transparenter, umfassenderund strukturierter verhandelt werden können.In Österreich haben Konsultations- und Dialogver-fahren im Zusammenhang mit Wissenschafts-,Technologie- und Innovationspolitik wenig Tradi-tion.25 „Wissenschaftlich-technische Entwicklungenwie etwa Gentechnik und Nanotechnologie wur-den und werden in erster Linie als Projekte der imFörderungsbereich institutionalisierten Eliten be-trieben, und die Involvierung der Öffentlichkeit,aber auch des Parlaments wird der Tendenz nachvermieden.“26 Dabei mangelt es nicht grundsätzlicham Interesse der ÖsterreicherInnen an Erfindun-gen, Technologien und wissenschaftlichen Er-

25 Vgl. Felt, U. / Fochler, M. / Müller, A. (2003): Sozial robuste Wissenspolitik. Analyse des Wandels von dialo-

gisch orientierten Interaktionen zwischen Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit, Wien, S. 40.26 Gottweis, H. / Latzer, M. (2006): Forschungs- und Technologiepolitik, in: Dachs, H. u. a. (Hg.): Politik in Öster-

reich. Das Handbuch, Wien, S. 719.

Abbildung 3:

Einstellung der

ÖsterreicherInnen

zu Wissenschaft,

Forschung,

Technologie und

Innovation im

europäischen

Vergleich

Quelle: European Commission (2005): Europeans, Science and Technology. Special Eurobarometer 224. Brüssel, S. 7, 9, 27, 66, 68

Interesse an neuen Erfindungen und Technologien

EU-25 keine Angabengar nicht interessiert

mäßig interessiertsehr interessiert

keine Angabengar nicht interessiert

mäßig interessiertsehr interessiert

keine Angabenweder noch

stimme nicht zustimme zu

keine Angabenniemalskaum

gelegentlichregelmäßig

keine Angabenweder noch

stimme nicht zustimme zu

Österreich

EU-25

Österreich

EU-25

Österreich

EU-25

Österreich

EU-25

Österreich

Interesse an wissenschaftlichen Entdeckungen

Wissenschaft ändert unser Leben zu schnell

30 % 48 % 21 %

Teilnahme an Petitionen oder Demonstrationen gegen Atomkraft, Biotechnologie oder für Umweltschutz

In meinem täglichen Leben brauche ich kein Wissen über Wissenschaft

24 % 53 % 22 %

30 % 48 % 20 %

26 % 50 % 22 %

60 % 21 % 18 %

62 % 15 % 20 %

11 % 14 % 73 %

22 % 26 % 45 %5 %

16 %37 % 46 %

16 %54 % 28 %

Status und Herausforderungen

g e s e l l s c h a f t

In Österreich sind Wissenschaftskommunikationsowie partizipative Diskussions- und Gestaltungs-verfahren aufgrund von Diskontinuitäten, des Feh-lens (z. B. Stiftungen) bzw. der mangelnden Einbin-dung zentraler AkteurInnen (z. B. Universitäten,Museen/Science Centers) sowie einer bedenkli-chen Nähe zu den Interessen der Politik deutlichunterentwickelt.27 Die offizielle Rhetorik des Ver-mittlungsbedarfs von Wissenschaft und FTI domi-nieren die Begriffe „Awareness“, „Akzeptanzförde-rung“ und „Nachwuchsförderung“. Der Dialog mitden BürgerInnen wird zwar oft gefordert, es lässtsich jedoch eine Diskrepanz zwischen Anspruchund Wirklichkeit feststellen. Das „Selling Science“steht immer noch deutlich im Vordergrund.28

In dieses Bild passt, dass ein effektiver Ausbau desWissenschaftlichen Dienstes des Parlaments nochimmer fehlt. So verfügt Österreich beispielsweisenicht – wie international üblich – über ein inhalt-lich unabhängiges, jedoch in irgendeiner Form andas politische System angebundenes Institut fürTechnologiefolgenabschätzung.29 Vielmehr kommtes durch die individualisierte, oftmals parteienkon-forme Beiziehung von ExpertInnen zu fragmen-

tierten Einflüssen auf Ausschüsse und Abgeordne-te. Der Proporz prägt die Entscheidungsfindungsomit auch bei wissenschaftlichen und forschungs-politischen Fragestellungen.30

Der Rat hat sich deshalb schon frühzeitig mitFragen der Wissenschafts- und FTI-Kommunikationauseinandergesetzt und mit der Initiierung derKampagnen „Innovatives Österreich I“ und „Inno-vatives Österreich II“ sowie der Durchführung par-tizipativer Verfahren wichtige Schritte gesetzt.31

Seit dem ersatzlosen Auslaufen der Initiative „Inno-vatives Österreich“ im Jahr 2006 fehlt in Öster-reich nun aber die ausreichende Abstimmung, Ver-netzung und Förderung von Maßnahmen im Be-reich der Wissenschafts- und FTI-Kommunikation.Abgesehen von fehlenden Strukturen läuft dieAdressierung einer allgemeinen Öffentlichkeit imZuge von Awareness-Maßnahmen Gefahr, auf jedenabzielen zu wollen, dabei aber niemanden mehrzu erreichen. Verschiedene Studien zeigen, dass es„die breite Öffentlichkeit“ nicht gibt, sondern viel-mehr eine Vielzahl von Öffentlichkeiten, die sich vorallem entlang unterschiedlicher Bedürfnisse, Betrof-fenheiten und Interessen (z. B. Fragen der Umwelt,

kenntnissen. Laut Vergleichserhebungen liegt die-ses nur leicht unter dem europäischen Durchschnitt(vgl. Abb. 3). Allerdings ist die Meinung, dass man„im täglichen Leben […] kein Wissen über Wissen-schaft“ benötigt, deutlich öfter als im Rest Europas

zu finden. Die Bereitschaft, sich mit Petitionen undDemonstrationen „gegen Atomkraft, Gentechnolo-gie und für Umweltschutz“ an der Diskussion die-ser Themen zu beteiligen, liegt hierzulande deut-lich über dem europäischen Schnitt.

27 Science Communications (2008): „Governing“ Wissenschaft und Gesellschaft. Vergleichender Bericht im

Auftrag des RFTE, Wien, S. 5.28 Science Communications (2008): „Governing“ Wissenschaft und Gesellschaft. Vergleichender Bericht im

Auftrag des RFTE, Wien, S. 64.29 Das Institut für Technikfolgenabschätzung der ÖAW (ITA) arbeitet zwar unter anderem auf Projektbasis für

verschiedene Ministerien, steht jedoch in keinem gesetzlich verankerten Zusammenhang mit diesen. Das öster-

reichische Parlament wiederum zählt kaum bis gar nicht zu den Auftraggebern des ITA. Vgl. Felt, U. / Fochler,

M. / Müller, A. (2003): Sozial robuste Wissenspolitik. Analyse des Wandels von dialogisch orientierten Inter-

aktionen zwischen Wissenschaft, Politik und Öffentlichkeit, Wien, S. 42.30 Kozeluh, U. (2008): Wissenschaft und Gesellschaft, Verhältnis – Auswirkungen – Einbindung. Bericht im

Auftrag des RFTE. Wien, S. 87.31 Zum Beispiel die BürgerInnenkonferenz „Genetische Daten – woher, wohin, wozu?“ im Juni 2003 sowie die

Future Search & Assessment Workshops zum Thema „Energie und EndverbraucherInnen“ im November 2007. 32 Vgl. Felt, U. / Wynne, B. (2007): Taking European Knowledge Society Seriously. Report of the Expert Group

on Science and Governance to the Science, Economy and Society Directorate, Brüssel.

Defizite der Kommunikationskultur

29

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g e s e l l s c h a f t

30

Ernährung oder Gesundheit) bilden.32 Gleichzeitigist jedoch zu bedenken, dass auch ein Verständnisvon Zielgruppenansprache als das effiziente Abset-zen von Botschaften bei werblich definierten Grup-pen, denen die „Produkte“ Wissenschaft und FTI„verkauft“ werden sollen, zu kurz greift.Das Verhältnis zwischen Wissenschaft, Forschung,Technologie, Innovation und Gesellschaft ist nichtallein auf die Frage nach der passenden Form derInformationsvermittlung reduzierbar. Ein produkti-ver Dialog braucht Kommunikations- und Verhand-lungsformen, die nicht nur wachsenden demokra-tischen Anforderungen entsprechen, sondern aucheine Übersetzungsfunktion in Wertekonflikten ein-

nehmen können. Dadurch werden Möglichkeitenund Räume für die kritische Prüfung und die infor-mierte Diskussion wichtiger Fragen von öffent-lichem Interesse eröffnet, an denen die Zivilgesell-schaft, Interessengruppen, WissenschaftlerInnenund ForscherInnen sowie politische Entscheidungs-trägerInnen teilnehmen, um derart „sozial robustesWissen“ herzustellen. Der Erfolg solcher partizipa-tiver Verfahren für die Gesellschaft insgesamt hängtdann aber davon ab, ob die gesellschaftlichen Inputstatsächlich in den politischen Willensbildungspro-zess rückgekoppelt werden und das gesellschaftli-che Engagement damit eine gewisse Nachhaltig-keit auf politischer Ebene erfährt.

Die Tatsache, dass Wissenschaft und Forschungneben „Erkenntnis“ immer auch „Handeln“ und„Gestalten“ bedeuten, ist schließlich auch eineHerausforderung für Ethik und Moral in diesenBereichen. Die Wissenschaft gibt uns Mittel in dieHand, die Welt und sogar den Menschen zu ver-ändern und zu gestalten. Daraus leitet sich ihreVerantwortung nicht nur gegenüber der gegen-wärtigen, sondern auch gegenüber zukünftigenGenerationen ab. Der öffentliche Diskurs der sich daraus ergeben-den ethisch brisanten Fragen im Zusammenhangmit Wissenschaft und FTI wird heute vorwiegendin den Medien geführt. Eine ethische Meinungsbil-dung der WissenschaftlerInnen und ForscherInnenan den Universitäten findet derzeit ebenso nurbegrenzt statt wie an den außeruniversitären For-schungseinrichtungen oder in den Unternehmen– ein Umstand, der dazu führt, dass die gesell-schaftlichen Zusammenhänge und Werte, in wel-che Wissenschaft und FTI eingebettet sind bzw.auf welche sie ihrerseits einwirken, zumeist nichtreflektiert werden.Grundsätzlich müssen zwei Dimensionen derEthik in Wissenschaft und FTI unterschiedenwerden: Einerseits gibt es die „wissenschaftlicheRedlichkeit“, welche u. a. die Forderung nach ge-treulicher Quellenangabe, nach Kontrollierbar-

keit und Wiederholbarkeit von Experimenten,nach sorgfältiger Trennung von eigenem undfremdem Gedankengut und schließlich nach demGemeinbesitz wissenschaftlichen Wissens ent-hält. Mit der Initiierung der „Agentur für wis-senschaftliche Integrität“ im November 2008wurde hier ein erster wichtiger Schritt gesetzt.Das Thema muss nun konsequent weiterverfolgtwerden.Andererseits gibt es das „Ethos wissenschaftlicherVerantwortung“33, welches die ethische Reflexionvon Wissenschaft verlangt, wo und wenn der ra-sche wissenschaftliche und technische Fortschritternste moralische Fragen aufwirft, die die Gesell-schaft insgesamt in ihren Werten betreffen undsich auch auf künftige Generationen auswirken.Dieses Ethos verlangt nach einer ethischen Refle-xion sowohl der Ziele von Wissenschaft und For-schung – samt der ihnen zugrunde liegenden Welt-und Menschenbilder – als auch der Mittel, derersich Wissenschaft und FTI bei der Realisierungdieser Ziele bedienen.Bei uneingeschränkter Zustimmung zur Freiheitder Wissenschaft wird es gleichzeitig zunehmendwichtiger, angesichts der Tatsache, dass sich mitder rapiden Zunahme des Wissens unsere Hand-lungsoptionen zur Gestaltung der Welt verviel-fachen, sich auch damit auseinanderzusetzen, wel-

33 Nida-Rümelin, J. (1996): Wissenschaftsethik, in: Ders. (Hrsg.): Angewandte Ethik. Die Bereichsethiken und

ihre theoretische Fundierung, Stuttgart, S. 778–803.

Ethik und Moral

g e s e l l s c h a f t

che Anwendungen aus dem generierten Wissenwir brauchen und wie wir unser von der Wissen-schaft erzeugtes Wissen verwenden wollen. Dasimmer noch gängige Wissenschaftsmodell, wel-ches Wissen strikt von seiner Anwendung trennt,muss demnach kritisch hinterfragt werden, vorallem auch auf Seiten der WissenschaftlerInnenund ForscherInnen. Zu begrüßen sind daher aus

Sicht des Rates Initiativen wie zum Beispiel jenedes Joanneum Research, wo eine Arbeitsgruppe„Ethik in Wissenschaft und Technologie“ einge-setzt wurde – mit der Aufgabe der Entwicklung ei-ner Ethik-Charta, welche die „Einordnung der Zie-le und Methoden von Forschung und Technik inauf das Ganze des menschlichen Lebens gerichte-te Perspektiven“34 zur Grundlage hat.

Der Rat betrachtet es als Bringschuld von Wissen-schaft und FTI – vor allem jener, die mit öffentli-chen Mitteln finanziert wird –, die Gesellschaftbreit und umfassend über ihr Tun und Handelnsowie über ihre Erkenntnisse und Entwicklungenzu informieren. Dazu gehört unter anderem, dassbis zum Jahr 2020 alle öffentlichen Forschungser-gebnisse in Österreich (vor allem Publikationen,Forschungsprimärdaten etc.) frei im Internet zu-gänglich sind – Stichwort: Open Access. Weitersmüssen vielfältige, vor allem aber nachhaltigeMöglichkeiten des Dialogs bereitgestellt werden,um einer breiten Öffentlichkeit bzw. unterschied-lichen Teilöffentlichkeiten den Raum zur kriti-schen Reflexion zu bieten.35 Dies entspricht auchder Forderung, die sich im Aktionsplan „Wissen-schaft und Gesellschaft“ der Europäischen Kom-mission aus dem Jahr 2002 findet: „In einer Wis-sensgesellschaft muss demokratisches Regierendafür sorgen, dass die Bürger die Möglichkeithaben, sich in voller Kenntnis der Sachlage an derWahl der Optionen zu beteiligen, die ein verant-wortungsvoller wissenschaftlich-technischer Fort-schritt bietet“.36

Strategische Leitlinie 4: Strukturen für ak-tiven Dialog und Partizipation schaffenDas ersatzlose Auslaufen der Dialogprogrammeim Rahmen der Initiative „Innovatives Österreich“hinterlässt eine Lücke in den Rahmenbedingungenund Strukturen für einen aktiven Dialog von Wis-senschaft/FTI und Gesellschaft. Es gilt, Räume undMöglichkeiten zu schaffen, in denen die Zivilgesell-schaft, WissenschaftlerInnen, ForscherInnen undInteressengruppen gemeinsam Wissenserwerbund Wissensverwertung einem kritischen Diskursunterziehen.

Der Rat empfiehltEmpfehlumg 4.1

VertreterInnen des Rates, der Ressorts, derScientific Community, von Stakeholdern, Me-dien und der Zivilgesellschaft sollen gemeinsameine Strategie zur Gestaltung des Dialogs zwi-schen Wissenschaft/FTI und Gesellschaft ent-wickeln. 2010

Monitoring: Der Rat unterstützt und begleitet die

weitere Entwicklung im Zusammenhang mit der

34 Joanneum Research – Arbeitsgruppe Ethik in Wissenschaft und Technologie (2008): Ethik in der Forschung.

Ethik-Konzept des Joanneum Research (Living Paper), Graz, S. 5.35 Dieser Dialog muss mithilfe eines umfassenden Methodenmix auf mehreren Ebenen geführt werden. Dabei

geht es um die Förderung der Erstermächtigung, sich einem wissenschaftlichen Thema zu nähern, ebenso wie

um die Beteiligung an konkreter Politikgestaltung. Je nach Themenstellung und Zielsetzung müssen deshalb

unterschiedliche Methoden Anwendung finden – von niederschwelligen Maßnahmen wie beispielsweise

Science-Center-Aktivitäten bis hin zu institutionellen Verfahren wie etwa parlamentarische Enqueten oder

Bürgerkonferenzen. Vgl. Science Center Netzwerk (2009): Good Practice Elemente von dialogisch/diskursiven

Verfahren und niederschwelligen Science Center Aktivitäten zur Unterstützung von Good Governance im

Bereich Wissenschaft und Gesellschaft, Wien, S. 2 f.36 Europäische Kommission (2002): Aktionsplan Wissenschaft und Gesellschaft, Brüssel, S. 3.

Strategische Leitlinien und Empfehlungen

31

>

g e s e l l s c h a f t

32

Entwicklung einer Strategie zur Gestaltung des

Verhältnisses von Wissenschaft/FTI und Gesell-

schaft.

Empfehlung 4.2Die „Lange Nacht der Forschung“ soll als natio-nales Festival regelmäßig – am besten jährlich –durchgeführt werden. Dabei ist jedoch verstärktdarauf zu achten, dass sich diese und ähnlicheAktivitäten der Wissenschaftskommunikationkünftig weder als „Erziehungsprogramme“ nochals „Verkaufsshows“ darstellen, sondern sich umeinen partnerschaftlichen Dialog von Wissenschaftund Gesellschaft bemühen.

Empfehlung 4.3Für WissenschaftlerInnen und ForscherInnen sollein Anreizsystem entwickelt werden, sich aktivauf den Dialog mit der Öffentlichkeit einzulassen.

2013

Empfehlung 4.4Der Dialog „Wissenschaft/FTI und Gesellschaft“soll institutionalisiert werden, idealtypisch inForm einer unabhängigen Institution. Da dies nurdurch entsprechende Qualität der Verschränkungvon partizipativen Verfahren und politischem Ent-scheidungsprozess möglich ist, soll sichergestelltwerden, dass diese Institution bei voller inhalt-licher Unabhängigkeit politische Anbindungbesitzt – in dem Sinne, dass ihre Ergebnisse vonder Politik gehört werden. Eine Abstimmung mitentsprechenden europäischen Initiativen ist anzu-streben. 2013

Monitoring: Der Rat wird eine Arbeitsgruppe einset-

zen, die die Entwicklungen begleitend vorantreiben

wird.

Empfehlung 4.5Der Wissenschaftliche Dienst des Parlaments sollmit der Aufgabe der Einholung, Aufbereitung

und Bereitstellung unabhängiger Expertise ausge-baut werden. Institute für Technologiefolgenab-schätzung sollen stärker mit dem Parlament bzw.dem Wissenschaftlichen Dienst des Parlamentsvernetzt werden. In weiterer Folge soll die wis-senschaftliche Begleitforschung in Zusammen-hang mit der Entwicklung neuer Technologienausgebaut werden. 2013

Strategische Leitlinie 5: Bewusstmachungder ethischen Dimension von Wissen-schaft, Forschung und Technologieent-wicklungIm Zuge des Dialogs zwischen Wissenschaft/FTIund Gesellschaft müssen Methoden und Struktu-ren etabliert werden, die nicht nur Raum für dieAuseinandersetzung mit den Auswirkungen deswissenschaftlich-technischen Fortschritts bieten(Stichwort: Technikfolgenabschätzung), sondernauch erlauben, bereits in einem frühen Stadiumder wissenschaftlichen Arbeit danach zu fragen,welche Ausgangspunkte, welche Normen undWertesysteme sowie welche Welt- und Men-schenbilder sowie Zukunftsvorstellungen und -versprechen den wissenschaftlichen Fragestel-lungen eigentlich zugrunde liegen. Da sich Öster-reich ein eigenes Urteil über Trends in Wissen-schaft und FTI bilden können muss, darf es kei-ne thematischen Tabus geben.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 5.1

Forschungseinrichtungen, Hochschulen sollenselbstständig die Etablierung von Ethikdiskursenin die Hand nehmen. Kernaufgabe ist die Ent-wicklung und Etablierung ethischer Richtliniensowie die Kommunikation derselben nach außen.Der Ethikdiskurs ist verstärkt inter- und transdis-ziplinär zu führen. Wissenschafts-, Forschungs-und Technikethik sind an allen Hochschulen zuverankern. 2013, 2020

i n p u t / o u t p u t

33

In den vergangenen zehn Jahren haben For-schung, Technologie und Innovation in der politi-schen Agenda einen rasanten Aufschwung erfah-ren. Die Priorisierung dieses Politikfeldes gingauch – im Gegensatz zu vielen anderen Politikbe-reichen – mit einer signifikanten Steigerung derfinanziellen Mittel einher. Der Anteil der For-schungsaufwendungen am BIP stieg ausgehendvon 1,78 Prozent (1998) auf 2,14 Prozent für 2002und auf 2,73 Prozent im Jahr 2009 (vgl. Tab. 1).Im Zeitraum 1998-2006 ist gemäß Tabelle 2 derUnternehmenssektor mit durchschnittlichen 9,4Prozent p.a. am stärksten von allen Durchfüh-rungssektoren gewachsen. Mit der Begründung

aus der Agenda ist dadurch auch die Basis fürmehr Entwicklungsergebnisse gelegt.Im Frühjahr 2002 wurden beim Europäischen Ratin Barcelona neue Ziele gesteckt: Die Gesamtaus-gaben für F&E und Innovation in der EU sollen bis2010 auf 3 Prozent des BIP, der Anteil des priva-ten Sektors an diesen Neuinvestitionen auf zweiDrittel gesteigert werden. Die F&E-Quote tauch-te nun prominent in der österreichischen FTI-Politik auf: Der 3-Prozent-BIP-Anteil der F&E-Aufwendungen wurde die zentrale politischeZielgröße in der österreichischen FTI-Politik.Auch der Rat orientierte seine Strategie 2010 andiesem Inputziel.

i n p u t / o u t p u t

34

Die Mobilisierung finanzieller Mittel war eine derwichtigsten „sine qua non“-Forderungen der EU inder Lissabon-Strategie. Kein anderes der nichtschon zur Spitzengruppe gehörenden EU-Länderhat die Verfolgung des Barcelona-Zieles einer 3-prozentigen Forschungsquote bis 2010 so konse-quent und erfolgreich betrieben wie Österreich.Für das Jahr 2009 konnte eine Quote von 2,73Prozent (Globalschätzung Statistik Austria) erreichtwerden. Dabei ist zu beachten, dass insbesonde-re die von der Wirtschaft durchgeführte Forschungüberdurchschnittlich gestiegen ist. Durch diesenzunehmenden Mitteleinsatz ist im Sinne der Agen-da auch eine Steigerung der erzielten Entwick-lungsergebnisse der Wirtschaft zu erwarten. Dievergangenen Jahre haben auch gezeigt, dass dienotwendigen Wachstumsraten in Richtung der 3-Prozent-Marke machbar sind. Der Rat bekennt sichfortgesetzt zum 3-Prozent-Ziel, das zum politischenSymbol für die positive dynamische Entwicklungdes FTI-Systems geworden ist. Im Jahr 2009 sind je-doch die gesamtwirtschaftlichen Auswirkungen derFinanz- und Wirtschaftskrise deutlich spürbar, unddie mittelfristige Entwicklung wird voraussichtlicherst in ein bis zwei Jahren einschätzbar sein. DasZiel, bis 2020 durch substanzielle Erhöhung der

F&E-Aufwendungen zur Spitzengruppe forschen-der Länder vorzustoßen, sollte aber gerade in die-ser Situation weiterverfolgt werden. Im Regierungs-programm der österreichischen Bundesregierungfür die XXIV. Gesetzgebungsperiode wurden ei-nige deutliche Eckpunkte markiert:

So setzt sich die Bundesregierung zum Ziel, „dieForschungsquote bis 2010 auf drei Prozent desBIP anzuheben und bis 2020 vier Prozent zu errei-chen. Österreich soll von der Gruppe der „Follo-wers“ zu den „Innovation Leaders“ aufsteigen unddamit zu einem der innovativsten Länder der EUwerden. Die Bundesregierung wird zur Erreichungdieser Ziele eine ausreichende Finanzierung vor-sehen und darauf Bedacht nehmen, dass durchdie Förderpolitik möglichst hohe private For-schungsinvestitionen ausgelöst werden.“37

Es sollen Maßnahmen entwickelt werden, die da-zu dienen, „die Grundlagenforschung zu fördernund ihr einen Finanzierungsanteil einzuräumen,der sich am europäischen Spitzenfeld orientiert.“38

Die Bundesregierung nennt das „Ziel, mit öf-fentlichen und privaten Investitionen 2 Prozentdes BIP im tertiären Bildungssektor zu erreichen“39,ohne aber auf den noch im November 2008 ge-nannten Zeithorizont 2020 einzugehen.

Status und Herausforderungen

1998–2008: Rasanter Aufschwung

37 Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode, S. 39.38 Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode, S. 45.39 Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode, S. 204.

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11999988 33..339999,,8833 11..009977,,5511 114422,,4411 11..441188,,4433 668844,,6633 5566,,8866 119900,,8855 11 ,,7788

22000000 44..002288,,6677 11..222255,,4422 224488,,5500 11..668844,,4422 880000,,1100 7700,,2233 220077,,5533 11 ,,9944

22000022 44..668844,,3311 11..336622,,3377 117711,,2266 22..009900,,6622 11..000011,,9977 5588,,0099 221188,,8855 22 ,,1144

22000044 55..224499,,5555 11..446622,,0022 220077,,8888 22..447755,,5555 11..001166,,6611 8877,,4499 223322,,7788 22 ,,2266

22000066 66..331188,,5599 11..777722,,0066 221199,,9988 33..005577,,0000 11..116633,,3355 110066,,2200 225577,,2299 22 ,,4466

22000088 77..551166,,5588 22..333377,,0044 336677,,0000 33..448833,,7733 11..220077,,7700 112211,,1111 228822,,2200 22 ,,6666

22000099 77..665522,,2277 22..554455,,5500 440011,,8866 33..443399,,8833 11..113322,,3377 113322,,7711 228800,,1111 22 ,,7733

Quelle: Statistik Austria, Globalschätzung 2009 [Auszug]

Tabelle 1: FINANZIERUNG der in Österreich durchgeführten Forschung und experimentellen Entwicklung 1998–2009

PPrriivvaatteerrJJaahhrree UUnntteerrnneehhmmeennsssseekkttoorr HHoocchhsscchhuullsseekkttoorr SSttaaaatt

ggeemmeeiinnnnüüttzziiggeerr SSeekkttoorr

MMiioo.. EEuurroo %% MMiioo.. EEuurroo %% MMiioo.. EEuurroo %% MMiioo.. EEuurroo %%

11999988 22..116611 11..001100 221199 11 00

22000022 33..113311 99 ,, 77 11..226666 55 ,, 88 226666 55 ,, 00 22 11 1188 ,,88

22000044 33..555566 66 ,, 66 11..440022 55 ,, 22 227700 00 ,, 66 22 22 11 ,, 66

22000066 44..444499 1111 ,,88 11..552233 44 ,, 22 333300 1100 ,,66 11 77 --1122,,55

11999988--22000066 99 ,, 44 55 ,, 33 55 ,, 33 55 ,, 88

Quelle: Statistik Austria, F&E in allen volkswirtschaftlichen Sektoren

Tabelle 2: DURCHFÜHRUNG von F&E nach Sektoren 1998-2006

Der Anteil der öffentlichen Aufwendungen anden gesamten F&E-Investitionen ist dabei – imZeitraum 1995–2005 – zurückgegangen undmachte zuletzt 35 bis 37 Prozent aus (vgl. Abb. 4).Demgegenüber haben die Unternehmen ihre Auf-wendungen deutlich stärker gesteigert als die öf-fentliche Hand. Damit wurde ein weiteres Barce-

lona-Ziel beinahe erfüllt, nämlich eine 1:2-Vertei-lung zwischen öffentlichen und privaten Quel-len. Diese dynamische Entwicklung der Unter-nehmensforschung hat sich als Hauptstütze dersteigenden F&E-Aufwendungen und der Annähe-rung an das 3-Prozent-Ziel erwiesen. Dies ist nichtnur auf die Ausweitung der F&E-Förderung, be-

i n p u t / o u t p u t

bis 1994 ca. 1995–2005 Trends ab 2009?

GEFAHR

0

10

20

30

40

50

60

70

Quelle: Statistik Austria, Globalschätzungen

1989 1990 1991 1992 1993 1994 1995 1996 1997 1998 1999 2000 2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008

Unternehmen

in P

roze

nt

Unternehmen und Ausland

Bund

Ausland

Bundesländer

Sonstige

Abbildung 4:

Prozentuelle

Entwicklung der

FTI-Finanzierungs-

struktur

35

>

i n p u t / o u t p u t

36

Zur starken Performance des privaten Sektors bei-getragen haben die F&E-Investitionen, die interna-tional agierende Konzerne an ihren Niederlassun-gen in Österreich getätigt haben. Denn die For-schung in Österreich zeichnet sich durch einen ho-hen Anteil an Auslandsfinanzierung aus: Er machtrund 16 Prozent der gesamten F&E-Aufwendungenaus (2008) – ein Anteil, den sonst nur wenigeandere europäische Länder erreichen.In einer vom Rat beauftragten Erhebung wurdeauch der darüber hinaus gehende Einfluss der Aus-landsfinanzierung auf die F&E-Tätigkeit in Öster-reich untersucht.41 Unter Berücksichtigung voninternen Abstimmungsprozessen (Budget- undThemenplanung) in internationalen Unternehmensind demnach rund 36 Prozent (rund 1.450 Milliar-den Euro) der firmeneigenen F&E-Ausgaben inÖsterreich vom Ausland aus mitbestimmt.Obwohl die Auslandsfinanzierung in absolutenZahlen in den letzten Jahren gewachsen ist, zeig-te sie sich zuletzt anteilsmäßig und 2009 auch be-tragsmäßig rückläufig. Aufgrund der relativ hohenAbhängigkeit von der Auslandsfinanzierung und

unter dem Aspekt der Erreichung einer höherenF&E-Quote für Österreich ist diese Entwicklung alskritisch einzustufen. Der Auslandsanteil zählt fürdie Finanzierung der langfristig angestrebten inten-siveren F&E-Tätigkeiten genauso wie der Inlands-anteil. Die Auslandsfinanzierung ist ein besonde-res Qualitätsmerkmal für den österreichischen For-schungsstandort und sollte durch entsprechendeMaßnahmen möglichst wieder erhöht werden.(vgl. Strategieelement „Instrumente“).Ab 2005/06 flacht die Finanzierung durch inländi-sche und ausländische Unternehmen ab. Seit 2009deutet sich ein regelrechter Strukturbruch an, beidem sich sowohl das Volumen der Unternehmens-finanzierung als auch das 2:1-Verhältnis von priva-ter zu öffentlicher Finanzierung in eine uner-wünschte Richtung verändern. Gegensteuerungund Stabilisierung durch verstärkte öffentliche Fi-nanzierung sind erforderlich. Der öffentlichenHand stehen dazu eine Reihe direkter und indirek-ter Instrumente zur Verfügung, die nach teilwei-ser Nachschärfung eingesetzt werden können (vgl.Strategieelement „Instrumente“).42

sonders der steuerlichen Förderung, zurückzu-führen, sondern auch auf eine Vielzahl andererFaktoren, etwa das Investitionsklima oder denZugang zu wissenschaftlichen Ergebnissen. Vonder dynamischen Entwicklung im Unternehmens-sektor ist zu erwarten, dass auch der Output anInnovationen überdurchschnittlich steigt. Bezüg-lich Umsatz und Beschäftigung konnte vom WIFO bereits empirisch nachgewiesen werden,dass hier ein positiver Zusammenhang besteht.40

Die derzeitige Wirtschaftslage birgt das Gefahren-potenzial des Rückgangs der Forschung in derWirtschaft (vgl. Abb. 4). Die Aufgabe der öffent-lichen Hand ist es, mit den geplanten Budgetan-sätzen für die kommenden Jahre geeignete Anrei-ze zu setzen, damit der Anteil der Forschung inder Wirtschaft ausgebaut werden kann. Dadurchkann auch der Innovationsoutput der Forschungder Wirtschaft im sinne der Agenda wachsen.

40 Vgl. Falk M./ Hake M.: Produktivitätseffekte und Bestimmungsfaktoren der steigenden F&E - Ausgaben in

Österreich, Studie im Auftrag des RFTE, WIFO41 AMC (2008): Sondererhebung „F&E bei österreichischen Unternehmen im ausländischen Konzernverbund“ in

Kooperation mit Statistik Austria.42 Vgl. Systemevaluierung der österreichischen Forschungsförderung und -finanzierung der Arbeitsgemeinschaft

WIFO, KMU-Forschung, Prognos und Convelop (2009): Teilberichte 4 und 5.43 Statistik Austria (2008): Forschung und experimentelle Entwicklung (F&E) im Unternehmenssektor 2006.

Hoher Anteil an Auslandsfinanzierung

Einige Eckdaten für die öffentliche Förderung vonF&E der Unternehmen sind:43 Im Jahr 2006 erhiel-

ten 1.121 Unternehmen öffentliche F&E-Förde-rung. Mit 428 Millionen Euro machte die öffentli-

Finanzierung und Durchführung von F&E in Österreich

i n p u t / o u t p u t

che Förderung 9,6 Prozent der gesamten internenF&E-Ausgaben des Unternehmenssektors aus. Dergrößte Anteil davon war mit 156 Millionen Eurodie Forschungsprämie, gefolgt von der FFG-Förde-rung mit 116 Millionen Euro, Bundesförderung(vorwiegend für den kooperativen Bereich) mit 98Millionen Euro und Länderförderungen mit 38 Mil-lionen Euro. Die Forschungsprämie wurde 2006erstmals in die Erhebung aufgenommen und ist derHauptgrund für die starke Zunahme der Förde-rung vom Jahr 2004 auf 2006 (von 229 MillionenEuro auf 428 Millionen Euro).Eine vermutlich nicht geplante, jedoch aufgrund

der zunehmenden Bedeutung der unternehmeri-schen Forschung induzierte Veränderung zeichne-te sich auch bei den (nach Frascati klassifizierten)Forschungsarten ab (vgl. Abb. 5). Obwohl die ab-soluten Forschungsausgaben aller Forschungsartenim Zeitraum 2002 bis 2006 stiegen, wurden 1998noch 18 Prozent der Forschung im Bereich derGrundlagenforschung durchgeführt. Dieser Anteilreduzierte sich in den Jahren 2002 auf 17,8 Pro-zent und 2006 auf 17 Prozent.Im internationalen Vergleich liegt die österreichi-sche Grundlagenforschungsquote leicht unter-durchschnittlich (vgl. Abb. 6).44 Der relative Rück-

44 Vgl. Österreichischer Forschungs- und Technologiebericht 2009, S. 88.

Quelle: Joanneum Research, in Österreichischer Forschungs- und Technologiebericht 2009

0

Abbildung 5:

Entwicklung von

F&E nach

Forschungsarten

Abbildung 6:

Grundlagenfor-

schungsquote und

F&E-Quote im

internationalen

Vergleich

0

SP

NOR

IRL

CZAUS

FR

DKUS KOR

CHIS

JAPAT

1 2 3 4 5

0,1

0,2

0,3

0,4

0,5

0,6

0,7

0,8

0,9

Gru

ndla

genf

orsc

hung

/BIP

(in %

)

F&E-Quote gesamt

37

Quelle: Statistik Austria, F&E in allen volkswirtschaftlichen Sektoren

2002

2004

2006

0

Jahr

1000 2000 3000 4000 5000 6000 7000Mio. €

GF819

Angewandte Forschung

1.727

Experimentelle Entwicklung

2.051

GF917

Angewandte Forschung1.907

Experimentelle Entwicklung2.327

GF1.064

Angewandte Forschung2.194

Experimentelle Entwicklung2.946

>

i n p u t / o u t p u t

38

gang der Grundlagenforschung ergibt sich aus demüberdurchschnittlichen Wachstum des Unterneh-menssektors: Der Anteil der vor allem von der In-dustrie finanzierten experimentellen Entwicklungstieg von 43,3 Prozent (1998) auf 44,6 (2002) undliegt nunmehr bei bereits 47,4 Prozent (2006). Die-ser Prozess wird voraussichtlich aufgrund der Fokus-sierung der öffentlichen Finanzierung auf den ko-operativen Bereich und den Unternehmensbereichweiter verstärkt werden. Aus den Daten der Abbildung 5 zeigt sich, dass dieAusgaben für alle Forschungsarten über die Jahre ab-solut gesehen gewachsen sind. Relativ gesehennimmt der Anteil der Grundlagenforschung ab.Die angewandte Forschung verliert an Gewicht.Ihr Anteil reduzierte sich in der Statistik von 38,7Prozent (1998) auf 37,6 Prozent (2002) und 35,4Prozent (2006). Es findet damit eine Verschiebungzugunsten der experimentellen Entwicklung statt.Besonders betroffen ist der kooperative Bereich,der zu mehr als 50 Prozent angewandte Forschungbetreibt. Die Struktur der Forschungsarten soll imRahmen einer Ausweitung der Gesamtausgabenausgewogen und mit forciertem Wissenstransfervon der Grundlagenforschung in die Wirtschaftweiterentwickelt werden (vgl. Empfehlung 6.2).In Abbildung 7 sind die Finanzierungsflüsse (Pfei-le) von den Finanzierungssektoren zu den Durch-führungssektoren dargestellt.45 In den Kästchen46

sind die F&E-Aufwendungen für die Durchfüh-rung im jeweiligen Sektor angeben. Die zuvor aufgezeigten Entwicklungen ließen(noch vor den krisenhaften Entwicklungen2008/2009) den Schluss zu, dass Österreich auf

dem Strategiepfad für 2010 bei wichtigen Global-zielen gut unterwegs ist. So entwickelte sich dieF&E-Finanzierung in Richtung der 3-Prozent-Quo-te und die Finanzierungsstruktur mit zwei Drittelnvon privater und einem Drittel von öffentlicherSeite in Richtung der politischen Zielsetzung. Unabhängig vom derzeit schwierigen wirtschaft-lichen Umfeld ist die nachhaltige Verfolgung dergesetzten Ziele notwendig, um Österreich in derSpitzengruppe forschender Länder zu positionie-ren. Welche finanziellen Zielquoten oder Bud-getpfade dazu festgesetzt werden können, bedarfweiterer Analysen. Durch den Rat neu in die Diskussion gebrachtwerden die thematische Schwerpunktsetzung undder zugehörige Mitteleinsatz im österreichischenForschungssystem. Darüber ist bisher wenig be-kannt, was aber auch in anderen Ländern der Fallist. Bei Kenntnis der Mittelverteilung auf For-schungsthemen wäre jedenfalls eine breitere Ba-sis für die Strategieentwicklung gegeben. Die bis-herige Erfassung von F&E-Daten erfolgt in Öster-reich im Einklang mit den internationalen Vorga-ben von EU und OECD nach Wirtschafts- und nachWissenschaftszweigen. Die so ermittelten Datensind jedoch nur eingeschränkt nutzbar, um F&E-Schwerpunkte bei Themen oder Forschungsartenzu identifizieren. Dieser Aspekt der österreichi-schen F&E-Landschaft wird vom Rat in Zusam-menarbeit mit datenerfassenden Stellen analysiert. Sonderabfragen des Rates bei Förderagenturen,Forschungseinrichtungen und Unternehmen (Uni-versitäten erst in Anfängen) haben ein genähertesBild der Verteilung von F&E-Mitteln auf die

45 In der Statistik wird zwischen vier Durchführungssektoren (Hochschulsektor, Sektor Staat, privater gemein-

nütziger Sektor und Unternehmenssektor – Angaben in den Kästchen) und vier Finanzierungssektoren (öffent-

licher Sektor, Unternehmenssektor, privater gemeinnütziger Sektor und Ausland – Angaben bei den Pfeilen)

unterschieden. Wobei zu bemerken ist, dass der Hochschulsektor kein Finanzierungssektor ist, wogegen das

„Ausland“ dem Inlandskonzept entsprechend kein Durchführungssektor sein kann. Für diese Analyse wurde der

„Unternehmenssektor“ weiter aufgesplittert: zum einen in den firmeneigenen Bereich (umfasst im Wesentlichen

die in der Absicht zur Erzielung eines Ertrags oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteils für den Markt produzie-

renden Unternehmen des produzierenden und des Dienstleistungsbereichs) und zum anderen in den koopera-

tiven Bereich (Dienstleistungseinrichtungen, die Forschung und experimentelle Entwicklung für Unternehmen

betreiben; mehrheitlich nicht in der Absicht zur Erzielung eines Ertrags oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteils,

wie etwa ARC, Joanneum Research oder die Kompetenzzentren). Der private gemeinnützige Sektor wurde aus

Rücksicht auf die Übersichtlichkeit und aufgrund des geringen Anteils in der Darstellung nicht berücksichtigt.46 Die Größe der Darstellung der Sektoren entspricht nicht dem Verhältnis des finanziellen Volumens.

i n p u t / o u t p u t

Schwerpunktthemen des Rates ergeben (vgl. Stra-tegieelement „Schwerpunkte“). Mittelfristig mussgemeinsam mit den datenerfassenden Stellen dar-an gearbeitet werden, einen Prozess zu entwik-keln, in dem strategisch relevante Datenerfassungund -auswertungen regelmäßig und mit ausrei-chender Genauigkeit möglich sind. Die Ergebnis-se dieses Prozesses verbessern einerseits die Ent-

scheidungsbasis für die im Strategieelement„Schwerpunkte“ angesprochenen Schwerpunkt-setzungen mit gesellschaftlicher und strategischerRelevanz für Österreich. Andererseits muss die imStrategieelement „Schwerpunkte“ vorgeschlage-ne kontinuierliche Evaluierung bestehender unddie Identifikation neuer Schwerpunktthemen Ein-gang in den Datenerhebungsprozess finden.

In Österreich sind die gesamten F&E-Aufwendun-gen (öffentlich, privat, Ausland) relativ zum BIP inden letzten Jahren stark angestiegen. Mit den stei-genden F&E-Aufwendungen insbesondere imUnternehmenssektor47 wird wiederholt die Fragenach den Auswirkungen der F&E-Ausgaben aufWirtschaftswachstum und Produktivität gestellt.Der Rat hat daher die Initiative ergriffen und arbei-

tet in Kooperation mit Forschungseinrichtungenan der Lösung der Frage der direkten Wirkungvon Forschungsausgaben aller Forschungsarten(Grundlagenforschung, Angewandte Forschung,Expeimentelle Entwicklung) auf die Volkswirt-schaft und Gesellschaft.Während die positiven Effekte von FTI auf Wachs-tum und Beschäftigung auf Basis unterschiedli-

Abbildung 7:

Finanzierung und

Durchführung von

F&E in Österreich

2006 (versus 2004)

47 Gassler, H. / Polt, W. / Rammer, C. (2008): Priority setting in technology policy: historical developments and

recent trends, in: Nauewlaers, C. / Wintjes, R. (eds.): Innovation Policy in Europe. Measurement and Trends,

Cheltenham, UK, und Northampton, US: Edward E.

Quelle: Daten Statistik Austria F&E Erhebung 2006 (im Vergleich zu F&E Erhebung 2004); Grafik: tip Darstellung, Datenaktualisierung: RFTE

KooperativerBereich

428,5 Mio. €€Firmeneigener

Bereich

4.020 Mio. €

Unternehmenssektor(+20%)

Öffentlicher Sektor

330 Mio. €(+18,3 %)

Ausland(inklusive EU)

2.868 Mio. € (+25 %)86 Mio. € (–4 %)

131 Mio. € (+19 %)

297 Mio. € (+58,5 %)853,7 Mio. € (+8,2 %)

78,6 Mio. € (+17 %)davon 51,9 Mio. € (+11 %)

76,8 Mio. € (+18,4 %)

1.355 Mio. € (+6,8 %)

211 Mio. € (+28 %)

Produktivitäts- und Wachstumseffekte (Outputindikatoren)

39

>

Hochschulsektor

1.523 Mio. (+8 %)

i n p u t / o u t p u t

40

cher Zeitperioden, Länder, Sektoren und Firmen-daten empirisch gut quantifizierbar sind48, ist essehr schwierig, den direkten Beitrag von einzelnenFörderprogrammen zu makroökonomischen Grö-ßen (BIP, Beschäftigung, Produktivität) zu isolie-ren. Zwar ist es möglich, die Wirkung von Förder-maßnahmen bei geförderten Unternehmen nach-zuzeichnen; das Fehlen von Informationen überalle anderen Fördermaßnahmen lässt eine empiri-sche Abschätzung der Wirkungen des Förder-systems allerdings nicht zu.49 Eine Erfassung vonFördermaßnahmen, Outputdaten und Indikatorensowie eine Verknüpfung mit elementaren Kenn-ziffern der geförderten Unternehmen würden dieBasis für die Abschätzung der tatsächlichen Wir-kungen schaffen.Die Effekte von Innovationen und neuen Techno-logien werden sowohl auf der Makroebene alsauch auf der Meso- und Mikroebene untersucht.Die zugrunde liegenden empirischen Modelle wur-den im Zeitablauf immer weiter verbessert undverfeinert. Grundsätzlich werden Forschungs- undEntwicklungsausgaben, Innovationen, Humanka-pital, Wissen und Lernen tendenziell positiveWachstums- und Produktivitätseffekte attestiert,

was auch empirisch nachgewiesen wurde50. Bei-spielsweise wird geschätzt, dass rund zwei Dritteldes realen Wachstums in Österreich durch For-schung und Verbesserung der Qualität der Pro-duktionsfaktoren (z. B. durch Höherqualifizierungder Arbeitskräfte) erzielt werden.51

In Studien belegt ist, dass Forschungsausgaben imInland in fast allen Industrieländern zu einer Stei-gerung der totalen Faktorproduktivität und desBruttosozialproduktes pro Kopf beitragen.52 DerProduktivitätseffekt der gesamten Forschungs- undEntwicklungskapazitäten ist in Österreich tenden-ziell höher als im Durchschnitt der OECD-Länder.Der Einfluss des inländischen FTI-Kapitalstocksauf Produktivität und BIP pro Kopf hat im Zeit-ablauf zugenommen.53

Auch auf Firmenebene gelten die positiven Effek-te, insbesondere bezogen auf Beschäftigung, alsgesichert, auch wenn die Zahl der Studien relativklein ist.54 Auf mikroökonomischer Ebene (Agen-turdaten) zeigen Studienergebnisse55, dass die FTI–Intensität forschender Unternehmen zu Beginneines Zeitraums einen positiven Einfluss auf das Be-schäftigungswachstum in den nächsten beidenJahren hat. Dieser Effekt verstärkt sich bei neu ge-

48 Falk, M. / Hake, M. (2008): Wachstumswirkung der Forschungsausgaben, Studie im Auftrag des BMWA, Falk,

M. (2004): An empirical analysis of factors explaining the level of R&D subsidies and their productivity effects,

Tip Working Paper; Wieser, R., (2005): Research and Development – Productivity and Spillovers, Empirical

Evidence at the Firm Level, Journal of Economic Surveys, S. 587–621.49 Falk, M. / Hake, M. (2008): Wachstumswirkung der Forschungsausgaben, Studie im Auftrag des BMWA; Falk,

M. (2004): An empirical analysis of factors explaining the level of R&D subsidies and their productivity effects,

Tip Working Paper.50 Cameron, G. (1998): A survey of the empirical evidence, Innovation and Growth, Nuffield College Oxford,

http://www.nuff.ox.ac.uk/users/cameron/papers/empiric.pdf; vgl. Leo, H. / Falk, R. / Friesenbichler, K. S. /

Hölzl, W. (2006): WIFO-Weißbuch: Mehr Beschäftigung durch Wachstum auf Basis von Innovation und Qualifi-

kation, Teilstudie 8 Forschung und Innovation als Motor des Wachstums.51 Peneder, M. (Koord.) / Falk, M. / Hölzl, W. et al. (2006): Wachstum, Strukturwandel und Produktivität,

Disaggregierte Wachstumsbeiträge für Österreich von 1990 bis 2004, Teilstudie 3 des WIFO-Weißbuchs, Wien.52 Falk, M. / Hake, M. (2008): Wachstumswirkung der Forschungsausgaben, Studie im Auftrag des BMWA. 53 Eine Elastizität von 0,26 bedeutet, dass eine 1-Prozent-Erhöhung des Personalstandes eine Erhöhung des BIP

von 0,26 Prozent zur Folge hat.54 Vgl. OECD (2004): Understanding Economic Growth; Wieser, R. (2005): Research and Development –

Productivity and Spillovers, Empirical Evidence at the Firm Level, Journal of Economic Surveys, S. 587–621.55 Falk, M. / Hake, M. (2008): Produktivitätseffekte und Bestimmungsfaktoren der steigenden F&E-Ausgaben in

Österreich, Studie im Auftrag des RFTE, WIFO.

i n p u t / o u t p u t

gründeten und bei exportintensiven Unterneh-men.56 Studien, die im Rahmen der Evaluierung desFFF durchgeführt wurden, zeigen, dass FTI-inten-sive Firmen deutlich schneller wachsen, wobeider Zusammenhang proportional ist: Je höher dieFTI-Intensität, desto höher ist auch das Beschäf-tigungs- und Umsatzwachstum in den nächstenbeiden Jahren.57 Durchschnittlich haben forschen-de Unternehmen eine deutlich höhere Beschäf-tigungs- und Wachstumsdynamik als in der Wirt-schaft insgesamt.An der Spitze der Beschäftigungsentwicklungstehen junge, FTI-intensive Unternehmen mitgleichzeitig hoher Exportquote. Sie schaffen inbedeutendem Umfang neue Arbeitsplätze. Ergibtsich auf Basis der Agenturdaten eine mittlereWachstumsrate der Beschäftigung zwischen 0,9Prozent 2002 und 3,7 Prozent 2006, so zeigen jun-ge, FTI-intensive Unternehmen jeweils den höch-sten Wert bei der Veränderung (Zunahme) derBeschäftigung.58

Zudem zeigt sich, dass zwischen der FTI-Intensi-tät von Unternehmen und Exporterfolgen ein posi-tiver Zusammenhang besteht: Unternehmen, dieviel forschen, setzen sich stärker im internationa-len Wettbewerb durch. Dies gilt insbesondere fürmittelgroße und Großunternehmen.59

Die Auswirkungen von Forschung und Innovationauf die Unternehmen und die Volkswirtschaft hän-gen wesentlich von den Strukturen und Interaktio-

nen im FTI-System ab. Hochschulen spielen für un-ternehmerische Forschung und die Wirtschaft imAllgemeinen relevante Rollen.60 Insbesonderewenn Österreich in die Gruppe der „InnovationLeaders“ aufrücken will, bereitet Grundlagen-forschung in Hochschulen und im Unternehmens-sektor den Weg. Sowohl die Forschung an den Hochschulen alsauch die Qualität der Lehre werden für die Unter-nehmen immer wichtiger. Der Markt verlangt zu-nehmend eigenständige Innovationen, und daherwird der Zugang zu exzellenter Forschung undHumankapital immer wichtiger. Dies trägt dazubei, dass sich die Investitionen in die Hochschu-len – bei der Generierung von Invention und auchindem sie maßgeblich zur Innovationskraft vonUnternehmen durch Aus- und Weiterbildung bei-tragen61 – auch tatsächlich in Produkten undDienstleistungen niederschlagen.Eine Studie der ETH Zürich über die Rolle vonGrundlagenforschung im Wissenschaftssystemliefert empirische Evidenz zu der Annahme, dass,je näher ein Land an der technologischen Grenzeagiert, desto mehr Mittel in Grundlagenforschunginvestiert werden sollen. Grundlagenforschungunterstützt und verstärkt Innovation, ein höheresInnovationsvolumen verbessert wiederum dieLeistungsfähigkeit der Grundlagenforschung.62 DieRolle der öffentlichen Hand im Kontext derFinanzierung von Grundlagenforschung ist dabei

56 Schätzungen auf Basis von Querschnittsdaten kommen zu dem Ergebnis, dass eine Steigerung der F&E–Intensi-

tät um 10 Prozent (z. B. von 5 auf 5,5 Prozent) je nach Zeitraum zu einer Steigerung des Beschäftigungswachs-

tums in den nächsten beiden Jahren zwischen 0,6 und 1,8 Prozentpunkten führt.57 Falk, M. (2004): An empirical analysis of factors explaining the level of R&D subsidies and their productivity

effects, Tip Working Paper. 58 Detailgrafiken zu den Ergebnissen: Falk, M. / Hake, M. (2008): Produktivitätseffekte und Bestimmungsfaktoren

der steigenden F&E-Ausgaben in Österreich, Studie im Auftrag des RFTE, WIFO, S. 39 ff.59 Falk, M. / Hake, M. (2008): Produktivitätseffekte und Bestimmungsfaktoren der steigenden F&E-Ausgaben in

Österreich, Studie im Auftrag des RFTE, WIFO.60 Narin, F. / Kimberley, S. / Hamilton, S. / Olivastro, D. (1997): The Increasing Linkage between U.S. Technology

and Public Science, Research Policy, 26 (3), S. 317–330; Salter, A. / Martin, B. (2001): The Economic Benefits of

Publicly Funded Basic Research: A Critical Review, Research Policy, 2001, 30, S. 509–532; Martin, B. R. / Tang, P.

(2006): The Benefits from Publicly Funded Research, University of Sussex, Working Paper, 2006 (161).61 Vgl. Falk, M. / Hake, M. (2008): Produktivitätseffekte und Bestimmungsfaktoren der steigenden F&E-Ausgaben

in Österreich, Studie im Auftrag des RFTE, WIFO.62 Gersbach, H. / Schneider, M. / Schneller, O. (2008): On the design of basic-Research Policy, Working Paper

08/79, ETH Zürich, S. 22.

41

>

i n p u t / o u t p u t

42

zentral: In Österreich – wie auch in den meistenanderen OECD–Ländern – wird Grundlagen-forschung hauptsächlich durch öffentliche Mittelfinanziert. Die direkten Auswirkungen wissenschaftlicherForschung lassen sich nicht quantifizieren, da dieErgebnisse zumeist nicht die unmittelbare ökono-mische Verwertung im Fokus haben. Der indirek-te Nutzen wissenschaftlicher Forschung ist in zahl-reichen Studien zum wirtschaftlichen Nutzen un-tersucht und nachgewiesen worden.63 Die empi-rischen Ergebnisse belegen, dass für Österreichzwischen den F&E-Kapazitäten der Wirtschaft unddes öffentlichen Sektors ein eindeutig positiverZusammenhang besteht. Öffentliche Forschungs-ausgaben für Grundlagenforschung ziehen damitprivate F&E-Ausgaben nach sich.Eine differenzierte Förderpolitik in Abhängigkeitvon der Situation, der Größe und den Fähigkeitender Unternehmen ist nicht nur im Hinblick aufneu gegründete Unternehmen angebracht. Dieunterschiedlichen Fähigkeiten von Unternehmen

(Innovatorentypologien64) führen auch zu deutli-chen Unterschieden bei den FTI-Ausgaben. Da-durch müssen bei der Entwicklung des Förder-angebots die unterschiedlichen Ausgangsposi-tionen berücksichtig werden. Eine Option für dieSteigerung der FTI-Ausgaben liegt daher in derVerbesserung der „Fähigkeiten“ der Unterneh-men, damit sich die Nachhaltigkeit derInnovationsanstrengungen verbessert. Eine hohe FTI-Intensität und steigende FTI-Auf-wendungen bedeuten aber auch eine steigendeNachfrage nach qualifiziertem FTI-Personal und inFolge nach FacharbeiterInnen: Mehr als 50Prozent der FTI-Aufwendungen sind Personal-ausgaben.65 Das erfordert, dass durch das Bil-dungssystem Menschen ausgezeichnet qualifiziertwerden. Darüber hinaus müssen bereits Jahre vor-her mehr Personen als bisher dadurch befähigtwerden, in den tertiären Ausbildungssektor auf-zusteigen.66 Die demografische Entwicklung weistjedoch Trends auf, die es erforderlich machen,dass der Zusatzbedarf an qualifizierten Menschen

Abbildung 8:

F&E nach

Forschungsarten

und Durchfüh-

rungssektor –

unternehmerische

Forschung inkl.

kooperativer Sektor

(F&E Erhebung

2006)

63 Gersbach, H. / Schneider, M. / Schneller, O. (2008): On the design of basic-Research Policy, Working Paper

08/79, ETH Zürich.64 Hollanders, H. (2008): Strategic Innovators Drive Innovation Performance at the Sector Level: A Sectoral

Analysis of Innovation Modes, Europe Innova, Systematic, www.europe-innoval.org.65 Statistik Austria: F&E Erhebung 2006.66 Österreich hat im Vergleich zu anderen Industrieländern mit ähnlichem Entwicklungs- und Technologieniveau

eine signifikant niedrigere Quote an Menschen mit Sekundarabschluss (vgl. Strategieelement „Humanressourcen“).

Quelle: eigene Berechnung und Darstellung auf Basis Statistik Austria, F&E Erhebung 2006

0 % 10 % 20 % 30 % 40 %

4,45 Mrd. Euro = 71,7%

6,3 Mrd. Euro

50 % 60 % 70 % 80 % 90 % 100 %

23 % 64,5 % 94,7 %

GF4%

Angewandte Forschung

22,8 %

Experimentelle Entwicklung44,9 %

Experimentelle Entwicklung37,3 %

Angewandte Forschung31,8 %

GF5%

Angewandte Forschung35,4 %

Experimentelle Entwicklung47,2 %

Grundlagen-forschung

17,2 %

i n p u t / o u t p u t

Auf Basis der Analyse und der aktuellen Heraus-forderungen in der Entwicklung der Inputs undOutputs von Investitionen in die Forschung iden-tifiziert der Rat folgende strategischen Leitlinienund formuliert dazu seine Empfehlungen.

Strategische Leitlinie 6: Den Pfad konse-quent beibehalten Das bisher verfolgte 3-Prozent-Quotenziel hat sichin einer gleichmäßig wachsenden Wirtschaftdurchaus bewährt. In einem volatileren Wirt-schaftsumfeld muss die Zielvorgabe anders aus-sehen, damit stetiges Wachstum bei den F&E-Aus-gaben erreicht wird. Wichtig ist die Sicherstellunglangfristiger Budgets für Planungssicherheit derStakeholder (Agenturen, Forschungsebene). Da-mit kann ein Weg eingeschlagen werden, auf demÖsterreich zur Spitzengruppe der forschendenLänder aufschließt. Die Erreichung des 3-Prozent-Quotenziels könnte sich in der jetzigen wirtschaft-lichen Gesamtsituation von 2010 auf 2013 ver-schieben, denn es ist absehbar, dass der Unterneh-menssektor bis 2010 den ursprünglich geplantenWachstumspfad nicht finanzieren kann.67

Der Rat empfiehltEmpfehlung 6.1

Das bisherige Ziel der 3-prozentigen Forschungs-quote soll zum Durchgangsziel umfunktioniertwerden. Langfristiges Ziel für 2020 ist, zur Spitzen-gruppe der forschenden Länder vorzustoßen. Diedazu notwendigen Rahmenbedingungen werdenanhand der besten Wettbewerbsländer bis 2010genauer analysiert. Ob dabei die in der Regierungs-erklärung als Ziel genannten 4 Prozent für dieForschungsquote bis 2020 angemessen sind, soll

vor dem Hintergrund der wirtschaftlichen Situa-tion einer neuen Bewertung unterzogen werden.

2010

Empfehlung 6.2Die heutige Struktur der F&E-Ausgaben für Grund-lagenforschung, angewandte Forschung und expe-rimentelle Entwicklung ist eine bewährte Aus-gangsbasis für die nächsten Jahre. Diese Strukturder Forschungsarten soll ausgewogen und miteiner stärkeren Outputorientierung nach dem Vor-bild der „Innovation Leaders“ in Europa weiterent-wickelt werden. 2020

Monitoring: Das Monitoring erfolgt für beide Emp-

fehlungen gemeinsam in jährlichen Schritten auf

Basis der Globalschätzungen der Statistik Austria

und ergänzender Schätzungen durch die RFTE-Ge-

schäftsstelle, gegebenenfalls zusammen mit Institu-

ten; Orientierung an internationalen Benchmarks

Strategische Leitlinie 7: Datenbasis undDatenanalyse verbessernEin wichtiger methodischer Aspekt ist die Ver-besserung der Informationsbasis für die FTI-Poli-tik (Statistiken, Indikatoren, Mikrodaten). FTI-bezogene Daten sind teilweise nicht in den erfor-derlichen Abgrenzungen und Definitionen ver-fügbar, oder selbst bei Verfügbarkeit nicht zu-gänglich. Der Rat vertritt die Auffassung, dass alsBasis für jede FTI-Strategie die Verteilung derForschungsmittel auf wichtige Themenfelder imUnternehmenssektor und im Hochschulsektorflächendeckend ermittelt werden muss. Dies istinsbesondere für die Ableitung des Outputs vonForschungstätigkeiten von großer Bedeutung. Fürden Hochschulsektor (zunächst Universitäten)

auch verstärkt aus dem Ausland abgedeckt wer-den muss: entweder über Rückholung von öster-reichischen ForscherInnen (wobei das ein gerin-gerer Anteil sein wird) oder durch Migration vonqualifizierten ausländischen ForscherInnen. Das

möglicherweise größte Potenzial stellen jedochMenschen mit Migrationshintergrund dar, diedurch eine Besserqualifizierung „rasch“ zur Ver-fügung stehen können.

67 Diese Aussage stützt sich auf Variantenrechnungen des Rates unter Verwendung verfügbarer Budgetzahlen,

Prognosen und eigener Schätzungen der Haupteinflussfaktoren BIP und Finanzierung von F&E durch Bund,

Unternehmen und Ausland.

Strategische Leitlinien und Empfehlungen

43

>

i n p u t / o u t p u t

44

kann die Bereitstellung der Daten durch Anpas-sung der Wissensbilanzverordnung erreicht wer-den. Für den Unternehmenssektor liegt die Erhe-bung der Daten zusammen mit der alle zwei Jah-re durchgeführten Gesamterhebung der StatistikAustria nahe.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 7.1

Gemeinsam mit den datenerfassenden Stellen(Statistik Austria, Förderagenturen, Ressorts) sollein Prozess entwickelt werden, in dem die Er-fassung und Auswertung strategisch relevanterDaten für FTI-politische Untersuchungen regel-mäßig abläuft. 2013

Monitoring: Der Rat wird die Monitoringfunktion

übernehmen und gemeinsam mit den angesproche-

nen Akteuren eine koordinierte Lösung entwickeln.

Empfehlung 7.2Methoden und Modelle zur Analyse des FTI-Sys-tems und für die Wirkungsforschung sind weiter-zuentwickeln und wissenschaftliche Expertisedazu aufzubauen. Forschungsrelevante Entwick-lungen in anderen Bereichen (z. B. in Gesamtwirt-schaft und Hochschulsektor) sollen einbezogenwerden. 2013

Strategische Leitlinie 8: StandortfaktorenverbessernEs bedarf geeigneter Rahmenbedingungen für FTI-Investitionen, die dazu beitragen, Innovationenim Unternehmenssektor zu stimulieren und Unter-nehmenswachstum zu begünstigen. Dabei ist einegemeinsame Entwicklung und starke Interaktionzwischen den Bereichen Bildung, Forschung undInnovation („Wissensdreieck“) unerlässlich. Dasumfasst auch eine an Qualität und Quantität aus-gerichtete Ausgestaltung des Bildungs- und Ausbil-dungssystems.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 8.1

Die Innovationsfähigkeit von Unternehmen ist zustärken, damit Unternehmen die Nachhaltigkeitihrer Innovationsanstrengungen verbessern kön-nen. Das kann Unterstützung bei folgenden Akti-vitäten betreffen:

Training und Ausbildung im Bereich Inno-vationsmanagement

Gestaltung von Kooperations-/Außenbeziehun-gen bei Innovationsprojekten (d. h. Kontakt mitHochschulen und außeruniversitären Institutionen)

Unterstützung bei internen Ideenfindungspro-zessen (z. B. internes Vorschlagswesen durch„community based innovation“-Ansätze) 2010

Empfehlung 8.2Die Rahmenbedingungen für FTI-Investitionen(Humanressourcen, Steuersystem, angepasste In-strumente) sind weiterzuentwickeln, damit For-schungsleitbetriebe (LCU) weiter ausgebaut undneue aus dem Ausland angezogen werden können.

2013

Empfehlung 8.3Unterstützungen für Technologietransfer sind zuerweitern und zu intensivieren, etwa mit folgen-den Maßnahmen:

Austausch von wissenschaftlichen MitarbeiterIn-nen zwischen wissenschaftlichen Einrichtungenund Unternehmen68

Unterstützung bei Sicherung von Lizenzen undIntellectual Property Rights (IPR) unter Wahrungder Interessen aller Beteiligten (Unternehmen undForschungseinrichtungen)

Förderung von AusgründungenUnterstützung beim Zugang zum Patentsystem

bzw. zu TechnologiebörsenDamit soll es Firmen erleichtert werden, eigenstän-dig Innovationen auf den Markt zu bringen.

2010

68 Europäische Kommission (2006): Communication from the Commission to the Council and the European

Parliament delivering on the modernisation agenda for universities: education, research and innovation, Brüssel.

s c h w e r p u n k t e

45

s c h w e r p u n k t e

46

Die Bedeutung von Schwerpunktsetzungen in derFTI-Politik nimmt weltweit zu.69 Auf nationalstaat-licher Ebene sind Länder wie die USA, Frankreichoder Japan Vorreiter bei Schwerpunktsetzungenund in der missionsorientierten FTI-Politik. Dochauch in der EU gibt es entsprechende Aktivitäten.So hat das European Research Advisory Board (EU-RAB) in Zusammenhang mit der Konzeption des7. EU-Rahmenprogramms empfohlen, Schwer-punktthemen auf Basis missionsorientierter strate-gischer Forschungsaktivitäten wie den Joint Tech-nology Initiatives stärker zu fokussieren.70 Die EU-Kommission sieht es als unerlässlich an, von Wis-senschaft, Wirtschaft und Gesellschaft gemeinsamermittelte thematische Schwerpunkte zu identifi-zieren und in der Praxis zu entwickeln.71

Schwerpunkte zu identifizieren heißt aber, sich imSpannungsfeld zwischen den Vorteilen der Spezia-lisierung und jenen eines breit diversifizierten For-schungs- und Technologieportfolios zu bewegen.72

Demenstprechend ist man in allen hoch entwik-kelten Ländern auf der Suche nach der richtigenMischung aus themenoffenen und thematisch ori-entierten Instrumenten und Programmen.73

Schwerpunktsetzungen werden dabei üblicher-weise mit den folgenden Argumenten motiviert:74

Science push – die Nutzung neuer wissenschaft-lich-technologischer Entwicklungen/Paradigmen

Demand pull – die Sicherstellung der Präsenz auferwarteten Zukunftsmärkten

Klassische Missionsorientierung – die Konzentra-tion auf industriepolitisch zentrale Sektoren

Neue Missionsorientierung – die Erarbeitungvon Lösungen für gesellschaftliche Herausforde-rungen und Chancen

Technologiediffusion – der Anschluss an inter-nationale wirtschaftlich-technologische Entwick-lungenDie inhaltliche Festlegung von Forschungsschwer-punkten konzentriert sich also nicht mehr aus-schließlich auf spezifische Technologiefelder oderauf Beiträge zu ökonomischen Herausforderun-gen, sondern zunehmend auch auf die Lösunggesellschaftlicher Problemfelder.75

Im internationalen Kontext basieren thematischeFokussierung und Schwerpunktsetzungen starkauf systematischen Herangehensweisen wie Fore-sight-Aktivitäten und Technologieprognosen.76 DieProblematik der Prognose wissenschaftlich-tech-nischer Entwicklungen ist jedoch, dass Wissen-schaft und Technik komplexe, schlecht model-lierbare Objektbereiche sind. Es gibt keine fundier-te Methodik zu ihrer Prognose, sondern eine Viel-zahl von Methoden und Prognosetechniken, indenen zunehmend auch partizipative ElementeEingang finden.77

69 Gassler, H. / Polt, W. / Rammer, C. (2008): Priority setting in technology policy: historical developments and

recent trends, in: Nauewlaers, C. / Wintjes, R. (eds.): Innovation Policy in Europe. Measurement and Trends,

Cheltenham, UK, und Northampton, US: Edward E.70 EURAB (2005): FP6 assessment with a focus on instruments and with a forward look to FP7, final report,

http://ec.europa.eu/research/eurab/pdf/eurab_05_014_wgi_final_report_en.pdf.71 Europäische Kommision (2007): Grünbuch – Der Europäische Forschungsraum: Neue Perspektiven, S. 23 ff.72 ARC systems research & Joanneum Research (2003): Zukunftspotentiale der österreichischen Forschung, S. 10.73 Gassler, H. / Polt, W. / Rammer, C. (2006): Schwerpunktsetzungen in der Forschungs- und Technologiepolitik

– eine Analyse der Paradigmenwechsel seit 1945, in: Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft (ÖZP),

35 Jg. (2006) Nr. 1, 7–23: 16.74 ARC systems research & Joanneum Research (2003): Zukunftspotentiale der österreichischen Forschung, S. 11.75 Weber, M. (2008): Forschung zur Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen – neue Programme und Pro-

grammarchitekturen, in: Österreichischer Forschungsdialog: Ergebnisdokumentation, S. 119–121; vgl. Gassler, H. /

Polt, W. / Rammer, C. (2006): Schwerpunktsetzungen in der Forschungs- und Technologiepolitik: Eine Analyse der

Paradigmenwechsel seit 1945, Österreichische Zeitschrift für Politikwissenschaft (ÖZP), 35 (1), S. 7–23. 76 Vgl. http://cordis.europa.eu/foresight/what.htm.77 Vgl. Cuhls, K. (2008): Methoden der Technikvorausschau – eine internationale Übersicht, IRB Verlag, Stuttgart.

Status und Herausforderungen

s c h w e r p u n k t e

Eine systematische Schwerpunktsetzung mussgerade in kleinen Ländern die FTI-Landschaft dortstärken, wo bereits vorhandene Stärken einenaußerordentlichen wissenschaftlichen oder wirt-schaftlichen Output erwarten lassen und damitdie Stellung Österreichs im internationalen Wett-bewerb deutlich verbessert werden kann. Ebensosollen auch dort FTI-Aktivitäten stimuliert wer-den, wo wichtige gesellschaftliche Fragestellungenfokussiert behandelt werden müssen. Nur eineFokussierung auf wenige ausgewählte „wissen-schaftlich-technologische“ und „gesellschaftlich-missionsorientierte“ Schwerpunkte und derenbreite Unterstützung in allen Sektoren des FTI-Systems – und darüber hinaus – können für einkleines Land einen wirtschaftlichen, wissenschaft-lichen oder gesellschaftlichen Erfolg im internatio-nalen Maßstab sicherstellen.Bei der österreichischen Praxis der Identifikationvon Schwerpunktthemen sowie der Erarbeitungund Etablierung entsprechender thematischer Pro-gramme besteht Verbesserungsbedarf. Die Fest-legung von Forschungsschwerpunkten und dieKonzeption thematischer Programme erfolget inÖsterreich nach wie vor nur teilweise auf Basisganzheitlicher strategischer Analysen.78 Darüberhinaus existiert eine Vielzahl von nur unzurei-chend koordinierten Akteuren.79

Dieses Defizit sollte – so legen es auch die Ergeb-nisse der Systemevaluierung nahe – dringend be-seitigt werden. Mit der Strategie 2020 legt der Ratunter Berücksichtigung der bereits 2004 empfoh-lenen Schwerpunktthemen und Zukunftsfelderdie Basis für eine zukünftige Schwerpunktsetzungfür die österreichische Forschungslandschaft. Mit-hilfe eines Kriterienkatalogs und einer umfang-reichen Analyse (Trendanalyse anhand internatio-naler Technologieprognosen80, Identifikation natio-naler Stärkefelder81, Ergebnisse nationaler und in-ternationaler Foresight-Aktivitäten82, Analyse derlangfristigen Bedeutung eines Bereichs für Staat,Wissenschaft, Wirtschaft und Gesellschaft83) wur-den diese Schwerpunkte einer neuerlichen Bewer-tung unterzogen und an die aktuellen Rahmen-bedingungen angepasst.Die Definitionen der Schwerpunktthemen basie-ren auf einer Bewertung der Leistungsfähigkeitverschiedener Forschungsfelder. Für die Bewer-tung wurden die wissenschaftliche Leistungsfä-higkeit, das wirtschaftlich-technologische Poten-zial und auch die Relevanz für die Lösung wesent-licher gesellschaftlicher Probleme herangezogen.84

Dabei stand die Betrachtung dreier Dimensionenim Vordergrund, die für die Bewertung von For-schung und Technologie von entscheidenderBedeutung sind:

78 Vgl. Systemevaluierung der österreichischen Forschungsförderung und -finanzierung der Arbeitsgemeinschaft

WIFO, KMU-Forschung, Prognos und Convelop (2009): Teilbericht 5: Das Angebot der direkten FTI-Förderung

in Österreich, S. 93 ff., sowie Teilbericht 2: Strategische Governance – Der Zukunft von Forschung, Technologie

und Innovation ihren Möglichkeitsraum geben, S. 29 f.; vgl. Schibany, A. / Jörg, L. (2005): Instrumente der Tech-

nologieförderung und ihr Mix, InTeReg 37–2005, S. 41 f. 79 Vgl. Systemevaluierung der österreichischen Forschungsförderung und -finanzierung der Arbeitsgemeinschaft

WIFO, KMU-Forschung, Prognos und Convelop (2009): Teilbericht 3: Governance in der FTI-Politik im Wechsel-

spiel zwischen Ministerien und Agenturen, S. 69 ff.80 Vgl. VDI Technologiezentrum (2006): Technologieprognosen im internationalen Vergleich (Studie im Auftrag

des BMBF). Die Liste der Wissenschafts- und Technikfelder der Zukunxft des Fraunhofer-Instituts für Naturwis-

senschaftlich-Technische Trendanalysen (INT) wurde ebenfalls in die Überlegungen des Rates mit einbezogen.81 Vgl. dazu auch Österreichischer Forschungs- und Technologiebericht 2008, S. 32 ff.82 Vgl. ARC systems research & Joanneum Research (2003): Zukunftspotentiale der österreichischen Forschung.

Vgl. http://cordis.europa.eu/foresight/kte_expert_group_2005.htm.83 Vgl. Forschungsdialog: „Missionen: Fragestellungen der Gesellschaft an Forschung und Entwicklung“,

in: Österreichischer Forschungsdialog: Ergebnisdokumentation, S. 117–126.84 Vgl. ARC systems research & Joanneum Research (2003): Zukunftspotentiale der österreichischen Forschung.

Kleine Länder – k(l)eine Schwerpunkte?

47

>

Abbildung 9:

Verteilung der

F&E-Mittel der

Unternehmen auf

Schwerpunkt-

themen, in

Mrd. Euro

Abbildung 10:

Verteilung der

Fördermittel 2007

auf Schwerpunkt-

themen, in Mio.

Euro

s c h w e r p u n k t e

48

wissenschaftliche Leistungsfähigkeit im Sinnedes Umfangs und der Qualität des wissenschaft-lichen Outputs, der in den wesentlichen For-schungsfeldern in Österreich generiert wird.

wirtschaftlich-technologische Leistungsfähigkeit,die im Sinne der Fähigkeit zur Umsetzung wissen-schaftlicher Ergebnisse in marktfähige Produkteund Dienstleistungen interpretiert wird.

die Fähigkeit zur Nutzung gesellschaftlicherChancen und Herausforderungen, die sich ausdem Zusammenspiel wissenschaftlicher Erkennt-nisse, gesellschaftlicher Prioritäten und der Wahr-nehmung gesellschaftlicher Entwicklungsmöglich-keiten ergeben.Im Frühjahr 2008 hat der Rat eine eigene Erhebungder Budgets der für Forschung zuständigen Res-sorts (BMF, BMVIT, BMWF, BMWFJ), der Förder-organisationen (AWS, FFG, FWF), der Universi-täten (Universitätenkonferenz) und außeruni-versitären Forschungsinstitutionen (AIT [vormalsARC], CDG, LBG, ÖAW) sowie der Wirtschaft(WKÖ) – ergänzt um die Daten der Statistik Austria

– durchgeführt, um einen groben Überblick überdie thematische Verteilung von F&E-Aufwendun-gen in Österreich zu erhalten (vgl. Abb. 9, 10). Auf dieser Basis hat der Rat eine grundlegendeAnalyse des Status quo in jedem Themenbereichvorgenommen: Dabei wurden öffentliche Förde-rungen, Forschungsausgaben und Umsätze derWirtschaft, Beschäftigte in Wissenschaft und Wirt-schaft, betroffene Forschungsinstitutionen undUnternehmen oder die internationale Wettbe-werbsfähigkeit betrachtet. Weiters wurden globa-le Trends, Entwicklungspotenziale sowie Chan-cen und Ziele identifiziert, die wiederum dieGrundlage für die Erarbeitung von notwendigenHandlungsfeldern, möglichen Einsatzfaktoren undSteuerungsgrößen in jedem einzelnen Themen-feld darstellten. Das Ergebnis dieses Prozesses sinddie in Tabelle 3 aufgelisteten Schwerpunktthe-men, die sowohl im internationalen Kontext alsauch innerhalb der nationalen FTI-Landschaftaktuelle Stärkefelder darstellen oder erheblicheZukunftspotenziale aufweisen.

1,210,75

0,700,490,49

0,300,20

0,02

0,270,000

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)Services (Forschung im Dienstleistungsbereich)

Manufacturing, Produktions- und ProzessmanagementMobilität und Verkehr

Life SciencesNano und Material

Nachhaltigkeit, Umwelt, EnergieAgri-Food-Research & -Industry

Geistes-, Sozial- & Kulturwissenschaften (GSK)Sonstige

0,500 1,000 1,500

Quelle: eigene Berechnungen auf Basis Statistik Austria 2006 (ges. F&E-Ausgaben 2006: 4.449 Mrd. Euro) und Unternehmensabfrage des RFTE

2862

104

6334

3834

2922

2767 132

0

Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT)Life Sciences

Nachhaltigkeit, Umwelt, EnergieMobilität und Verkehr

Nano und Material

Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften (GSK)Mathematik, Physik, Chemie

Manufacturing, Produktions- und ProzessmanagementServices (Forschung im Dienstleistungsbereich)

Agri-Food-Research and -IndustrySonstige Schwerpunkte der Agenturen

Nicht in Schwerpunkten50 100

Quelle: RFTE-Abfrage bei AIT [vormals ARC], AWS, CDG, FFG, FWF, LBG, ÖAW im April 2008

s c h w e r p u n k t e

Das Gewicht liegt auf applikations- bzw. missions-orientierten Themen. Dabei handelt es sich so-wohl um wissenschaftlich-technologische (etwabei Life Sciences, IKT, GSK, Nano und Material),also „klassisch missionsorientierte“ Schwerpunk-te, als auch um gesellschaftlich-missionsorientierteSchwerpunkte (etwa bei Umwelt, Energie undNachhaltigkeit oder bei Mobilität und Verkehr).Für IKT und Life Sciences wurden bereits Detail-strategien ausgearbeitet, in den Bereichen Nach-haltigkeit, Umwelt, Energie sowie Mobilität undVerkehr erscheint die Ausarbeitung von Detail-strategien als besonders dringlich. In den anderenSchwerpunktthemen bedarf es noch weiterer Ana-lysen, um deren Potenzial für die Entwicklung vonDetailstrategien auszuloten.Bei der Interpretation der Tabelle 3 sind folgendePunkte zu beachten:

Mit den in der Tabelle 3 angeführten Schwer-punktthemen sind nicht die Technologien selbstangesprochen, sondern breitere Themenfelder, dieeine Fülle von Technologien, interdisziplinärenAnsätzen und wissenschaftlichen Disziplinen bein-halten. So wurde z. B. IKT nicht wegen seiner Be-deutung als Basistechnologie ausgewählt, sondernweil Österreich gute Chancen hat, in die Gruppeder besten drei europäischen IKT-Nationen unddamit an die Weltspitze vorzustoßen.

Obwohl Nachhaltigkeit hier als eigenes Schwer-punktthema angeführt ist, stellt sie auch ein über-geordnetes Leitprinzip für alle anderen Schwer-punktthemen dar.

Ein wesentlicher Punkt der gesellschaftlichenMissionsorientierung ist auch das Potenzial, Ar-

beitsplätze nicht nur in der Forschung, sondernauch in der Produktion von Hightech- undMedium-Hightech-Gütern zu schaffen.

Wenngleich Mathematik, Physik und Chemieeigentlich Grundlagenwissenschaften darstellen,regt der Rat an, auch hier eine übergreifendeSchwerpunktsetzung – möglicherweise mit ande-ren Instrumentarien – zu prüfen.

Es ist anzunehmen, dass der hohe Forschungsauf-wand in Manufacturing, Produktions- und Prozess-management ein Erfolgsfaktor der typisch österrei-chischen Industriestruktur mit wenigen großenLeitbetrieben und weit verzweigten, zum Teil aberhoch spezialisierten KMU darstellt. Der Rat erach-tet hier weitergehende strategische Analysen fürnotwendig, die als Grundlage für die Entscheidungdienen sollen, ob die Ausarbeitung einer konzen-trierten Schwerpunktstrategie angebracht ist.

Bei den Themen Services und Agri-Food-Researchand -Industry war eine klare Evidenz der nationa-len Stärke, auch aufgrund der verfügbaren Daten-lage, nicht unmittelbar ersichtlich. Der Rat hält dieThemen jedoch für so zukunftsweisend bzw. ge-sellschaftlich relevant, dass auch hier eine weitereEvaluierung vorangetrieben werden sollte. Aus Abbildung 10 ist ersichtlich, dass die öffent-lichen Mittel sehr unterschiedlich auf die Schwer-punkte verteilt sind. Eine Beurteilung, ob dieseausreichend sind, ist nur möglich, wenn man ineiner Gesamtbetrachtung die in einem Schwer-punkt angestrebten Ziele und die gesetzten Maßnah-men bewertet. Weil man in Österreich aber kei-nen systematischen Zugang zu Schwerpunktset-zung und -management pflegt, beginnt und endet

Tabelle 3: Schwerpunktthemen und ZukunftsfelderLife Sciences

Informations- und Kommunikationstechnologie

Nachhaltigkeit, Umwelt, Energie

Mobilität und Verkehr

Nano und Material

Mathematik, Physik, Chemie

Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften

Manufacturing, Produktions- und Prozessmanagement

Services

Agri-Food-Research and -Industry

49

>

s c h w e r p u n k t e

50

die Schwerpunktbildung meistens in einem För-derprogramm. Konzepte, die die für eine effizien-te und effektive Schwerpunktsetzung notwendi-gen Begleitmaßnahmen (im Bildungssektor, bei dengesetzlichen Rahmenbedingungen, in der Regu-lierung, Standardisierung, Beschaffung etc. – vgl.Strategieelement „Instrumente“) berücksichtigen,werden nicht im notwendigen Umfang erarbeitet.Besondere Bedeutung kommt hier der Konzeptio-nierung von Schwerpunkten im Sinne der neuenMissionsorientierung zu. Diese haben aus Sichtdes Rates besonderes Gewicht, weil sie sowohl ei-nen Beitrag zur Lösung gesellschaftlicher Proble-me leisten als auch die wirtschaftliche Positionder in diesem Bereich tätigen Unternehmen stär-ken. Technischer Fortschritt und Innovation kön-nen zwar wesentliche Beiträge zur Lösung vongesellschaftlichen Problemen liefern; diese entfal-ten ihre Wirkungen aber nur, wenn das gesamteRepertoire an Politikmaßnahmen koordiniert zumEinsatz gebracht wird. Ansonsten diffundieren dieerarbeiteten Lösungen nur langsam, und das gesell-schaftliche und ökonomische Potenzial wird nichtausgeschöpft.

Diese Forderung setzt eine ministeriums- und län-derübergreifende Koordination und Zusammen-arbeit bei der Schwerpunktbildung voraus, damitManagementstrukturen entwickelt werden kön-nen, die sowohl über die unmittelbare Zuständig-keit der FTI-Ministerien als auch über die derzeitdominierende Programmlogik hinausreichen. Nurwenn diese Schritte gesetzt werden, kann es auchzu einem effizienten Prozess kommen. Vorausset-zung dafür sind Detailstrategien für die jeweiligenSchwerpunkte. Der Rat hat hier bereits für denIKT-Sektor (Oktober 2008) und die Life Sciences(2005) Detailstrategien vorgelegt.85

Ein weiterer Schritt in Richtung Systematisierungdes Prozesses der Schwerpunktbildung sindÜberlegungen zum grundsätzlichen Verhältnis – inmonetären Einheiten – von Top-down- zu Bottom-up-Aktivitäten, die sicherstellen, dass letztere aus-reichend Raum für zukunftsorientierte, risikorei-chere Forschungsprojekte bieten.86 Eine ausgewo-gene Balance zwischen „Bottom-up“ und „Top-down“ mit einem deutlichen Überhang der the-menoffenen Instrumente muss gewahrt bleiben.

Auf Basis der Analyse und der aktuellen Herausfor-derungen in der Entwicklung einer systematischenPraxis der Identifikation von Schwerpunktthemenidentifiziert der Rat die folgende strategische Leit-linie und formuliert dazu seine Empfehlungen.

Strategische Leitlinie 9: Ressortübergrei-fend Schwerpunkte entwickelnSchwerpunktsetzungen sollen vorhandene Stär-ken forcieren und zu einer Spitzenstellung Öster-

reichs im internationalen Wettbewerb führen. Vor-zugsweise handelt es sich um eine Verstärkungbestehender FTI-Aktivitäten, die sich aus dem FTI-System heraus entwickeln (= wissenschaftlich-technologische Schwerpunkte).87 Darüber hinaus-gehend können Schwerpunkte im Sinne einerMissionsorientierung verstanden werden, die imKontext konkreter Themenbereiche von gesell-schaftspolitischer Relevanz gezielte FTI-Aktivitätenstimulieren (= gesellschaftlich-missionsorientierte

85 IKT-F&E-Strategie (2009): http://www.rat-fte.at/UserFiles/File/IKT_F&E_Strategie_komp.pdf

Strategie für die Entwicklung der Life Sciences in Österreich (2005): http://www.rat-

fte.at/UserFiles/File/empf_050812_lifesciences_strategie_endg.pdf86 Vgl. Systemevaluierung der österreichischen Forschungsförderung und -finanzierung der Arbeitsgemeinschaft

WIFO, KMU-Forschung, Prognos und Convelop (2009) Teilbericht 5: Das Angebot der direkten FTI-Förderung in

Österreich, S. 98 ff.87 In diesem Kontext sind Methoden zu entwickeln, wie sich aus den laufenden FTI-Aktivitäten und dem laufen-

den Förderbetrieb bottom-up emergierende Themen identifizieren lassen, die dann in Forschungsschwerpunkte

überführt werden können.

Strategische Leitlinien und Empfehlungen

s c h w e r p u n k t e

Schwerpunkte) und dabei gleichzeitig die wirt-schaftliche oder wissenschaftliche Position Öster-reichs stärken.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 9.1

Analog zu den existierenden Detailstrategien desRates (z. B. IKT und Life Sciences) sollen vorerstweitere Strategien für die in Tabelle 3 aufgeliste-ten Schwerpunktthemen ausgearbeitet werden.Vor allem in den Bereichen Nachhaltigkeit, Um-welt, Energie sowie Mobilität und Verkehr er-scheint die Ausarbeitung einer übergreifendenStrategie unter Einbeziehung aller Akteure undProgramme dringlich. 2010, 2013

Empfehlung 9.2Bei der Etablierung thematischer Schwerpunkt-setzungen ist eine Nischenstrategie zu verfolgen.Eine Orientierung ausschließlich an internationa-len Massenmärkten erscheint für Österreich wenigzielführend. Viel mehr ist eine Fokussierung aufSpezialmärkte und -wissensgebiete anzustreben,in denen unter Ausnützung der österreichischen

Stärken eine internationale Spitzenstellung erreich-bar ist. 2010, 2013

Monitoring: Der Rat bringt sich aktiv in die weite-

re Evaluierung der in Tabelle 3 vorgeschlagenen

Themen ein und unterstützt die gemeinsame

Schwerpunktsetzung sowie die Strategieentwick-

lung durch die beteiligten Ressorts. Der Rat aktua-

lisiert die vorgeschlagenen Themen regelmäßig mit

dem Status der Evaluierungen und der Strategieent-

wicklung und stellt diese der Bundesregierung als

Entscheidungsgrundlage für thematische Schwer-

punktsetzungen zur Verfügung.

Empfehlung 9.3Thematische Förderprogramme sollen auf wenigeund breit angelegte wissenschaftlich-technolo-gische und gesellschaftlich-missionsorientierteForschungsschwerpunkte fokussiert werden.Diese sollen immer die gesamte FTI-Landschaftsowie alle angrenzenden Gebiete (z. B. Bildung, in-ternationale Beziehungen, aber auch Steuergesetz-gebung oder öffentliche Beschaffung) umfassenund somit die sektoralen Aktivitäten aller Ressortseinschließen. 2010

51

>

s c h w e r p u n k t e

52

Empfehlung 9.4Für jedes Schwerpunktthema ist eine ministeriums-übergreifende „Gesamtprojektleitung“ zu instal-lieren, die von einer Steuerungsgruppe aus alleninvolvierten Ressorts kontrolliert wird. 2010

Monitoring: Der Rat definiert gemeinsam mit der

Steuerungsgruppe quantitative „Key-Performance-

Indikatoren“ für den Schwerpunkt und ermittelt pe-

riodisch die erreichten Werte.

Empfehlung 9.5Für thematische Programme ist ein maximalerAnteil am Förderbudget festzulegen. Dabei solltenach Maßgabe der Ergebnisse der Systemevaluie-rung ein angemessenes Verhältnis von themen-offener und themenorientierter Förderung bei-behalten werden. 2010

Empfehlung 9.6Parallel dazu gilt es, eine systematische und konti-nuierliche Vorgangsweise für nationale Foresight-Aktivitäten und Technologieprognosen zur Evalu-ierung bestehender und Identifikation neuerSchwerpunktthemen zu entwickeln. Diese solltenauch auf die künftige Entwicklung gesellschafts-politischer Bedürfnisse und auf Marktentwicklun-gen ausgerichtet sein. Dafür sollte auf bestehendeGremien unter Einbindung nationaler und interna-

tionaler ExpertInnen zurückgegriffen werden. Da-bei sind partizipative Ansätze zu berücksichtigen.Darüber hinaus sind im Bedarfsfall auch dortSchwerpunkte zu forcieren, wo starken wissen-schaftlichen Leistungen eine schwache angewand-te Technologieentwicklung der Unternehmenbzw. starken unternehmerischen Technologieent-wicklungen schwache (außer)universitäre For-schungsleistungen entgegenstehen. 2013

Empfehlung 9.7Schwerpunktsetzungen sollen auch auf europäi-sche Forschungsschwerpunkte reagieren. Natio-nale thematische Programme müssen auch im Sin-ne eines Empowerments für in Österreich tätigeForscherInnen zur Stärkung der Beteiligung anentsprechenden EU-Forschungsrahmenprogram-men verstanden und konzipiert werden. Anzustre-ben ist außerdem die Erreichung nationaler kriti-scher Massen, die eine verstärkte Mitgestaltungder europäischen Forschungsagenda ermöglichen.

2010

Monitoring: Weiteres Monitoring der erfolgreichen

Beteiligung von in Österreich tätigen ForscherIn-

nen in EU-Forschungsrahmenprogrammen im Rah-

men von Proviso und Abstimmung sowie

gemeinsame Analyse der Daten mit der für das Rah-

menprogramm zuständigen Förderagentur.

i n f r a s t r u k t u r

53

i n f r a s t r u k t u r

54

Infrastruktur für Forschung, Technologieentwick-lung und Innovation ist eine wesentliche Determi-nante für die Leistungsfähigkeit eines Innovations-systems. International wird FTI-Infrastruktur zu-nehmend als eigenständige Größe wahrgenom-men, die neben anderen Determinanten der Inno-vationsleistung eines Landes – etwa Humanres-sourcen, Finanzierung oder Instrumente – einergesonderten Betrachtung bedarf. Das spiegelt sichauch in der Bedeutung wider, die FTI-Infra-strukturen auf europäischer Ebene für die langfris-tige, erfolgreiche Positionierung des europäischenForschungsraumes im globalen Wettbewerb bei-gemessen wird.88

FTI-Infrastruktur ist eine unverzichtbare Basis fürSpitzenforschung von internationalem Stellenwert.Aufgrund der mit ihr verbundenen Einzigartigkeitist sie ein wichtiges Mittel zur strategischen Posi-tionierung der einzelnen Institutionen wie des ge-samten Standortes. Eine entsprechende Infrastruk-turausstattung bietet einen attraktiven Anziehungs-punkt für nationale und internationale Spitzenfor-scherinnen und -forscher. Sie ist die Grundlagezentraler Serviceleistungen für Wissenschaft undWirtschaft und ein wichtiger Arbeitsplatzmotorim Hinblick auf den laufenden Betrieb sowie asso-ziierte Projekte. Eine umfassende bundesweite Bestandsaufnahmeund Analyse89 der österreichischen ForscherInnen

sowohl national als auch international zur Ver-fügung stehenden Infrastruktur sowie deren Aus-lastung bildete den Ausgangspunkt der nachfol-genden strategischen Überlegungen und empfeh-lungen. Untersuchungsgegenstand waren sowohlHochschulen, außeruniversitäre Forschungsein-richtungen als auch Unternehmen, die öffentlichzugängliche FTI-Infrastrukturen bereitstellen bzw.solche nutzen.Dabei wurden in Anlehnung an die Definition vonFTI-Infrastrukturen des European Strategy Forumon Research Infrastructures (ESFRI) die folgendenvier Infrastrukturtypen unterschieden:1. Großgeräte/Großanlagen, z. B. Hochleistungs-laser, Teilchenbeschleuniger, technische Prüfanla-gen, Computertomografen etc.2. Core Facilities im Sinne von in Österreich inihrer Kombination bzw. Vernetzung einzigartigenZusammenstellungen von zentralen bzw. dislo-zierten Einzelinfrastrukturen wie z. B. das Werk-stofftechnologiezentrum, das Mikroelektronik-zentrum, die Radioteleskopengruppe etc.3. Sammlungen inklusive elektronischer Daten-banken, z. B. Genomstrukturverzeichnis, Daten-banken über Naturgefahren, sozialwissenschaftli-che Archive etc.4. geschlossene bauliche Infrastruktur, die aus-schließlich für Forschungs- und Entwicklungstätig-keiten genutzt wird.

88 Empfehlung zum Offensivprogramm II / FTE-Nationalstiftung 2006 vom 18. November 2005,

Empfehlung betreffend den Beitritt Österreichs zum European Southern Observatory und betreffend die

Mitgliedschaft Österreichs in internationalen forschungsrelevanten Einrichtungen vom 22. Februar 2005,

Empfehlung zu Offensivprogramm und FTE-Nationalstiftung vom 16. November 2004,

Ergänzende Empfehlung zum Offensivprogramm II / 2004 – Programme BMBWK vom 6. April 2004 ,

Empfehlung zur Universitätsorganisation vom 15. März 2002,

Empfehlung zur Förderung für universitäre Infrastruktur und akademische Karrieren vom 14. / 15. Februar 2002,

Empfehlung zur geplanten Großforschungseinrichtung AUSTRON vom 27. März 2001.89 Pock, H. et al. (2009): Erhebung österreichischer Forschungsinfrastruktur. Austin, Pock und Partner im

Auftrag des RFTE, Graz.

Status und Herausforderungen

Wie die Analyse zeigt, ist das Thema FTI-Infra-struktur in der österreichischen Förderlandschaftungenügend koordiniert. Eine entsprechende Be-

rücksichtigung erfolgt zumeist nur indirekt imRahmen der Initiativen und Programme verschie-denster Organisationen. Was fehlt, sind entspre-

Mangelnde Koordination, undefinierte Verantwortlichkeiten

i n f r a s t r u k t u r

chende Top-down-Ansätze und klar für For-schungsinfrastruktur zuständige Ansprechpartner.Wenn es um die strategische Entwicklung von FTI-Infrastruktur geht, fehlen ausgewogene, langfristigorientierte Top-down- und Bottom-up-Ansätze.In ihrer Bedeutung für das Innovationssystem las-sen sich drei relevante Infrastrukturebenen unter-scheiden:

Internationale Beteiligungen an FTI-Infrastruktur(siehe auch Strategieelement „Internationales“)

Spitzenforschungsinfrastruktur in ÖsterreichBasisforschungsinfrastruktur in Österreich

Ohne Teilnahme an internationalen Leuchtturm-forschungsinfrastrukturen können die österreichi-sche Wissenschaft und Wirtschaft im Forschungs-bereich nur zweitrangig sein. Spitzenforschungbedarf der Anbindung an internationale FTI-Infra-strukturen in spezifischen thematischen Schwer-punktbereichen (vgl. Strategieelement „Schwer-punkte“). Darüber hinaus gibt es Nischenberei-che, in denen Österreich in führender Rolle im Be-reich europäischer FTI-Infrastrukturen positioniertwerden kann; beispielsweise im Rahmen desESFRI-Projekts zu Biobanking and BiomolecularResources Research Infrastructure. Mit Ausnahme der Strukturprogramme der FFGund des Universitätsinfrastrukturprogramms gibtes keine Möglichkeit der direkten Finanzierungvon Forschunginfrastruktur. Die dadurch vorherr-schende Projektorientierung der Förderstruktu-ren wirkt sich nachteilig auf die FTI-Infrastruktur-entwicklung aus. Da sie deren Finanzierung aufOverheadzahlungen oder Abschreibungen im Rah-

men von Projektförderungen beschränkt, stehendie Antragsteller vor der Herausforderung, dieInfrastruktur selbst vorfinanzieren zu müssen,wobei die technische Lebensdauer meist auchnoch die geförderte Projektlaufzeit übersteigt. Die mangelnde Planung längerfristiger, kooperati-ver und überregionaler Nutzungen von Infrastruk-turinvestitionen ist ein wesentlicher Schwach-punkt. Überregionale und über die Projektdauerhinausgehende Wirkungen werden vernachläs-sigt. Es besteht die Gefahr einer Unterinvestitionin FTI-Infrastruktur, da manche Infrastrukturinves-titionen nicht über Einzelprojekte argumentiertwerden können, sondern nur bei längerfristiger,kooperativer und/oder überregionaler NutzungSinn machen.Problematisch ist auch die schlechte Ausstattungan Basisinfrastruktur. Bei Universitäten, Fachhoch-schulen und außeruniversitären Forschungsein-richtungen werden die Basisforschungsinfrastruk-turen in der Regel nur zum Teil durch das Global-budget der Universitäten bzw. das Basisbudgetder außeruniversitären/kooperativen Forschungs-einrichtungen erfasst. Entsprechende Mittel ausder Basisfinanzierung werden häufig auch für Son-derausstattungen herangezogen, da keine ausrei-chenden Alternativen zur Verfügung stehen. Wasdie Basisausstattung betrifft, sind die Universitätenim Schnitt deutlich unterfinanziert und im interna-tionalen Vergleich schlecht positioniert. Die Basis-infrastruktur ist sehr unterschiedlich und oft un-terkritisch auf die Institute verteilt.

Auf Basis der Analyse und der aktuellen Herausfor-derungen in der Entwicklung der FTI-Infrastrukturin Österreich identifiziert der Rat folgende strate-gischen Leitlinien und formuliert dazu seine Emp-fehlungen.

Strategische Leitlinie 10: Forschung aninternationale Infrastrukturen anbinden Um Spitzenforschung zu ermöglichen, ist für spe-zifische thematische Schwerpunktbereiche eineAnbindung an internationale FTI-Infrastrukturennotwendig. Eine substanzielle Teilnahme, sprich

weniger Projekte größerer Größenordnung, aninternationalen Forschungsinfrastrukturen mitdem Ziel, vermehrt Führungsrollen einzunehmen,ist anzustreben. Für die entsprechende Wirksam-keit von internationalen Beteiligungen sind dabeikritische Massen an Geräten, ForscherInnen sowietechnischem Personal am Standort unerlässlich.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 10.1

Top-down-Maßnahmen zur Förderung der Teil-nahme an internationalen Forschungsinfrastruktu-

Strategische Leitlinien und Empfehlungen

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ren sollen erweitert und verbessert werden. Diesinkludiert etwa eine aktive Vermarktung und dieentsprechende Aufbereitung der Teilnahmemög-lichkeiten österreichischer Forschungseinrichtun-gen sowie deren verbesserte Vernetzung. Die Mo-tivation zur Beteiligung soll dadurch angeregtwerden und bottom-up erfolgen. 2013

Monitoring: Der Rat überprüft die Effektivität

entsprechender Top-down-Maßnahmen anhand ei-

ner regelmäßigen Erhebung (etwa alle zwei Jahre)

der internationalen Beteiligungen österreichischer

Forschungseinrichtungen bzw. ForscherInnen an

ausländischen FTI-Infrastrukturen (vgl. Strategie-

element „Internationalisierung“).

Strategische Leitlinie 11: Infrastrukturgesamthaft planenDie Ausrichtung der FTI-Infrastruktur darf nichtisoliert betrachtet werden. Zur Schaffung langfris-tiger, nachhaltiger Strukturen für das Innovations-system ist ein abgestimmtes Zusammenspiel vonFTI-Infrastrukturen, einer fundierten Finanzierungentlang des Infrastrukturlebenszyklus und demPersonal für die Forschung an bzw. mit der Infra-

struktur (inklusive ausreichendes technisches undadministratives Personal) notwendig. Dieses Rah-menwerk in Kombination mit den damit assoziier-ten Forschungs- und Kooperationsprojekten trägtmaßgeblich zur Profilbildung und internationalenWahrnehmung bei. Wichtig ist auch ein gezielterAufbau größerer Infrastrukturen in thematischenNischen mit internationalem Potenzial, wobei Re-dundanzen auf nationaler Ebene zu vermeidensind. Grundsätzlich sollten FTI-Infrastrukturen ver-mehrt gemeinschaftlich genutzt werden.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 11.1

Eine spezielle Plattform zur strategischen Planungvon FTI-Infrastruktur soll eingerichtet werden.Neben VertreterInnen der zuständigen Ressortsund des Rates sollten auch VertreterInnen derbetroffenen Akteursgruppen (FFG, FHK, FWF, IV,UniKo, WKÖ etc.) und unabhängige internatio-nale ExpertInnen Teil der Plattform sein. Diesesoll ihre Planungsarbeit sowohl mit Blick auf ent-sprechende internationale Beteiligungen als auchauf nationale Schwerpunktsetzungen unter Be-

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rücksichtigung regionaler Aspekte ausrichten undfür die Bereitstellung der laufenden Finanzierungsorgen. Wenn es um die strategische Entwicklungvon FTI-Infrastruktur geht, sind ausgewogene Top-down- und Bottom-up-Förderansätze notwendig.Hier ist seitens der Plattform eine entsprechendeRoadmap zur langfristigen Ausrichtung im Sinneeines Masterplans zu erarbeiten und ressortüber-greifend auf höchster politischer Ebene zu ver-abschieden. Diese Roadmap soll in Abstimmungmit der ESFRI Roadmap ausgearbeitet werden unddie im Rahmen von ESFRI vorgesehenen FTI-Infra-strukturmaßnahmen berücksichtigen. 2013

Weitere Aufgaben der Plattform sind zum einendie Schaffung eines einheitlichen Kriterienkata-logs zur Bewertung und Förderung der Neuan-schaffung von FTI-Infrastrukturen sowie zum an-deren die bundesweite Identifikation und Förde-rung thematischer Knotenpunkte im Infrastruk-turbereich unter dem Motto „Mut zur regionalenLücke“, da FTI-Infrastruktur primär thematischund weniger regional verankert ist. Weiters hat sieeinen professionellen internationalen Auftritt derösterreichischen FTI-Infrastrukturbereiche zurErhöhung der Sichtbarkeit des Forschungsstand-ortes in Kooperation von BMVIT, BMWF undBMWFJ sicherzustellen.Monitoring: Der Rat ist im Rahmen eines Exper-

tenbeirates beratendes Mitglied der Plattform. In

dieser Funktion überwacht er die Entwicklung

und Zielerreichung der Plattform und spricht

gegebenenfalls korrigierende Empfehlungen aus.

Empfehlung 11.2Thematische Felder, in denen große FTI-Infrastruk-turen sinnvoll aufgebaut werden können, sind inAbstimmung mit den Schwerpunktthemen derFTI-Strategie 2020 sowie mit Unterstützung vonexternen ExpertInnen zu identifizieren und zuetablieren. 2013

Empfehlung 11.3Die verstärkte gemeinschaftliche (kooperative)Nutzung von großen FTI-Infrastrukturen ist zu for-cieren, gegebenenfalls als Bewertungskriteriumim Rahmen entsprechender Förderungsprogram-me bzw. im Zuge der Schwerpunktbildung derUniversitäten und außeruniversitären Forschungs-

einrichtungen durch bevorzugte Unterstützungvon Infrastruktur mit klaren Nutzungskonzeptenfür weitere Forschungseinrichtungen und Unter-nehmen. 2013

Empfehlung 11.4Bestehende und geplante Programme und Einrich-tungen zur Kooperationsförderung sind durcheinen Infrastrukturschwerpunkt zu erweitern, wo-bei auf entsprechende Ausgewogenheit vonGrundlagenforschung und angewandter Forschungzu achten ist. Grundsätzlich sollte bei öffentlich fi-nanzierter Infrastruktur ein nicht diskriminie-render Zugang sichergestellt werden. Die Refinan-zierung der Anlagen durch externe Nutzung kannTeil der Fördervereinbarungen sein. 2013

Empfehlung 11.5Die Nutzung der FTI-Infrastruktur sollte auch derWirtschaft zugänglich gemacht werden. Die Kos-tensätze sollten international vergleichbar sein.Der Servicecharakter für den erleichterten Zugriffauf FTI-Infrastrukturen gerade für Unternehmen istdurch entsprechende Geschäfts- und Koopera-tionsmodelle weiter auszubauen. Das bedeutet ak-tives Marketing für Forschungsdienstleistungen,wodurch auch der Kommunikationsprozess zwi-schen Wissenschaft und Wirtschaft dichter gestal-tet und wechselseitige Anregungen zu koopera-tiven Forschungsthemen gewonnen werden.

2013

Empfehlung 11.6Öffentliche FTI-Infrastruktur ab einer Größen-ordnung von mehr als 5 Millionen Euro ist zentralzu erfassen und zu veröffentlichen. 2013

Strategische Leitlinie 12: Budgetmittelnachhaltig garantieren Zentrale Zielsetzung ist die nachhaltige Gewähr-leistung und Koordination ausreichender Budget-mittel für FTI-Infrastruktur nationaler wie auchinternationaler Ausrichtung.

Der Rat empfiehlt Empfehlung 12.1

Ein mehrjähriges Budget ausreichender Größen-ordnung soll für FTI-Infrastruktur bereitgestellt

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und für folgende drei Bereiche gewidmet werden:internationale Beteiligungen mit besonderem

Nutzen für ÖsterreichBasisinfrastruktur an den Forschungseinrich-

tungen im Hochschul- und außeruniversitären /kooperativen Bereich

nationale Beteiligungen bevorzugt in Formkooperativ (überregional) genutzter Spitzeninfra-strukturenDer Aufbau von FTI-Infrastruktur kann auch zen-tral (z. B. aus einem eigenen Programm) gefördertwerden, der Erhalt wiederum ist Teil der Projekt-finanzierung (z. B. von FWF in Form von Over-heads oder FFG), die solche Infrastruktur nutzen.Wichtige FTI-Infrastruktur ist auch bei Unter-nehmen einzurichten und daher bei den Förder-programmen zu berücksichtigen. 2013

Empfehlung 12.2Das zuständige Ressort soll in Abstimmung mitder Plattform Art und und Umfang der Basisfor-schungsinfrastruktur für wissenschaftliche Ein-richtungen unter Berücksichtigung von Profilbil-dungsaspekten definieren. 2013

Empfehlung 12.3Die Finanzierung der definierten Basisforschungs-infrastruktur soll über das Global- bzw. Basisbud-

get sichergestellt werden. Ein bestimmter Pro-zentsatz des Global- bzw. Basisbudgets wissen-schaftlicher Einrichtungen (etwa 40 Prozent) istdazu für die Sicherstellung der Basisinfrastrukturvorzusehen. Die Übertragung der Universitäts-immobilien von der BIG auf die Universitäten istunter der Prämisse eines Verkaufsverbots und mitBlick auf eine Beleihungsmöglichkeit zu prüfen.

2013

Empfehlung 12.4Für die Finanzierung zusätzlicher größerer For-schungsinfrastrukturen sollen weiterhin kompe-titive Ausschreibungen vorgesehen werden. Eineerhöhte Drittmitteleinwerbung (gem. § 26 und/oder § 27 des Universitätsgesetzes 2002) stellteine wichtige Voraussetzung zur Erhaltung undzum Betrieb größerer FTI-Infrastrukturen dar. DieBasisinfrastruktur sollte in ihrer Finanzierungjedoch nicht auf kompetitive Instrumente ange-wiesen sein, wiewohl eine entsprechende Erhö-hung des Overheadkostensatzes des FWF undanderer Forschungsförderungseinrichtungen inVerbindung mit international qualitätsgeprüfterForschungsförderung einen wichtigen Beitragauch zur Finanzierung der Basisinfrastruktur derHochschulen und außeruniversitären Einrichtun-gen bildet. 2013

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Die öffentliche Hand besitzt einen maßgeblichenHandlungsspielraum in der Gestaltung forschungs-und innovationsfreundlicher Rahmenbedingun-gen. Die Vielfalt der eingesetzten Förderinstru-mente hat in den letzten Jahren in Österreich zu-genommen, wodurch zum Teil zielgerichteter aufdie Herausforderungen und Defizite des österrei-chischen Innovationssystems reagiert werdenkonnte. Es stellt sich jedoch auch die Frage nachdem geeigneten Mix im Portfolio, nach den Instru-menten und institutionellen Verantwortlichkei-ten. Aus den mittlerweile zahlreich vorliegendenEvaluierungen von Programmen und Agenturen er-geben sich deutliche Hinweise auf unzureichendabgestimmte Förderansätze und nicht austariertefinanzielle Gewichtungen der etablierten Instru-mente. Allerdings lässt sich kein auf Dauer opti-maler Instrumentenmix festschreiben.90

Die Systemevaluierung des vom WIFO geleitetenKonsortiums im Auftrag von BMVIT und damaligemBMWA (jetzt BMWFJ) liefert Befunde über dieZweckmäßigkeit und Effektivität des Gesamtportfo-lios.91 Vor dem Hintergrund weiterer vom Rat beauf-tragter Studien92 ist zusammenfassend festzuhalten:Österreich besitzt ein sehr umfassendes Fördersys-tem, das vor allem in seiner Breitenwirkung for-schenden Unternehmen einen einfachen Zugangzu öffentlicher Förderung ermöglicht (bottom-up). Über die bestehenden Struktur- und themati-schen Programme hinaus lässt sich eine Förderlük-ke in Österreich nicht ausmachen. Es muss aller-dings das weitgehende Fehlen einer Abstimmung

zwischen der direkten und der steuerlichen FTI-Förderung konstatiert werden.93

Der noch in den 90er Jahren zu beobachtendeMangel an Kooperationsbereitschaft und die feh-lende Zusammenarbeit zwischen Wissenschaftund Wirtschaft können in dieser Form nicht mehrfestgestellt werden. Fehlende Kooperationsbereit-schaft ist im österreichischen Innovationssystemkein zentrales Problem mehr.94

Eine große Zahl an kleinen und gering ausgestat-teten Förderprogrammen führt zur Programm-überfrachtung. Die Schwerpunktsetzung konzen-triert sich dabei nicht selten auf die Abgrenzungzu benachbarten Programmen, statt die tatsächli-chen Probleme im FTI-System anzusprechen. Wei-ters leiden solcherart kleine Programme an gerin-ger Sichtbarkeit und im Vergleich hohen Abwick-lungskosten. Große und entsprechend dotierteProgramme hingegen dienen nicht nur der verbes-serten Sichtbarkeit öffentlicher Fördermaßnah-men im FTI-Bereich, sondern haben auch eineWirkung über die Grenzen Österreichs hinaus.Die Vielzahl an historisch gewachsenen und aufunterschiedliche Weise entstandenen themati-schen Programmen im österreichischen For-schungsförderungssystem steht einer Fokus-sierung auf Schwerpunkte im Weg. Diese teil-weise nur graduell voneinander unterscheidbarenProgramme führen auf operativer Ebene zuUnübersichtlichkeit und Kosten, ohne dass ausder Differenzierung klar erkennbare Vorteileersichtlich wären.95

90 Schibany, A. / Jörg, L.(2005): Instrumente der Technologieförderung und ihr Mix, Joanneum Research und

Technopolis Austria im Auftrag des Rates für Forschung und Technologieentwicklung, Wien.91 Systemevaluierung der österreichischen Forschungsförderung und -finanzierung der Arbeitsgemeinschaft

WIFO, KMU-Forschung, Prognos und Convelop (2009): Teilbericht 4, 5 und 8.92 Leo, H. (2008): Die Integration von Exzellenz und Risiko in die österreichische Forschungs-, Technologie- und

Innovationslandschaft im Auftrag des RFTE, Wien.93 Systemevaluierung der österreichischen Forschungsförderung und -finanzierung der Arbeitsgemeinschaft

WIFO, KMU-Forschung, Prognos und Convelop (2009): Teilbericht 8.94 Schibany, A. / Jörg, L. (2005): Instrumente der Technologieförderung und ihr Mix, Joanneum Research und

Technopolis Austria im Auftrag des RFTE, Wien.95 Systemevaluierung der österreichischen Forschungsförderung und -finanzierung der Arbeitsgemeinschaft

WIFO, KMU-Forschung, Prognos und Convelop (2009): Teilbericht 5: Das Angebot der direkten FTI-Förderung

in Österreich, S. 93 ff.

Status und Herausforderungen

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Grund für diese Programmüberfrachtung ist dieNeigung, identifizierte Probleme des FTI-Systemsprimär über das Fördersystem zu lösen, anstattverstärkt auch eine entsprechende Ausgestaltungforschungs- und innovationsfreundlicher Rahmen-bedingungen wie beispielsweise Standardisierung,Steuer- oder Umweltgesetzgebung als Stellgrößenin Betracht zu ziehen.97 Die wirtschaftspolitischenHerausforderungen aus diesem Ansatz sind be-achtlich, muss doch ein Policy Mix gefunden wer-den, der die im jeweiligen Kontext effizientestenInstrumente koordiniert zum Einsatz bringt. Diesunterscheidet sich von der gegenwärtigen öster-reichischen Herangehensweise, bei der die amleichtesten verfügbaren Instrumente – in der Re-

gel neue Förderprogramme – eingesetzt werden.98

Für die Gesamtheit der Unternehmen gilt aller-dings der Befund99, dass ihre Innovationsneigungbeachtlich, die Risikobereitschaft und die Fähig-keit, radikale Innovationen einzuführen (gemessenan der Einführung von Marktneuheiten), jedocheher gering sind. Die Unternehmen sind entspre-chend ihrer Entwicklung zielgruppenorientiertund fallbezogen zu bedienen, wobei auf die spe-zifischen Charakteristika der Wirtschaftskraft desjeweiligen Bundeslandes einzugehen ist. Zusam-menfassend lässt sich daher festhalten, dass der Ex-zellenzgedanke und die Förderung von riskanterenInnovationsprojekten entsprechend stärker in dasSystem zu integrieren sind.

Abbildung 11: Pro-

grammkategorien

nach Förderungslo-

gik und Zielgruppen

(Unternehmen)

96 Vgl. Systemevaluierung der österreichischen Forschungsförderung und -finanzierung der Arbeitsgemeinschaft

WIFO, KMU-Forschung, Prognos und Convelop (2009): Teilbericht 5: Das Angebot der direkten FTI-Förderung

in Österreich, S. 101; die Farbe Grün kennzeichnet jene Bereiche, in denen die Programmkategorie „Exzellenz –

Hinführung unternehmersicher Forschung zu anspruchvoller/grundlagenorientierter Forschung) zu finden ist,

Hellblau die Bereiche, die in der Kategorie der „niedrigschwelligen“ Programme erfasst sind.97 Vgl. Systemevaluierung der österreichischen Forschungsförderung und -finanzierung der Arbeitsgemeinschaft

WIFO, KMU-Forschung, Prognos und Convelop (2009): Teilbericht 3: Governance in der FTI-Politik im Wechsel-

spiel zwischen Ministerien und Agenturen, S. 70.98 Vgl. Systemevaluierung der österreichischen Forschungsförderung und -finanzierung der Arbeitsgemeinschaft

WIFO, KMU-Forschung, Prognos und Convelop (2009): Teilbericht 5: Das Angebot der direkten FTI-Förderung

in Österreich, S. 100; Schibany, A. / Jörg, L. (2005): Instrumente der Technologieförderung und ihr Mix, Joan-

neum Research und Technopolis Austria im Auftrag des RFTE, Wien.99 Schibany, A. / Jörg, L. (2005): Instrumente der Technologieförderung und ihr Mix, Joanneum Research und

Technopolis Austria im Auftrag des RFTE, Wien.

Gründung bis IPR-Schutz/Umsetzung

Komplexität

Zielgruppen

Eins

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er

Fort

ge-

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FTI-

Prof

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Zielgruppen

Quelle: Darstellung KMU FORSCHUNG AUSTRIA96

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CD-LabsHeadquarter

Anspruchsniveau(Forschungsintensität)

proVISION

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Auf Basis der Analyse und der aktuellen Herausfor-derungen in der Entwicklung der Instrumente derFTI-Politik identifiziert der Rat folgende strategi-schen Leitlinien und formuliert dazu seine Empfeh-lungen. Zwei Voraussetzungen müssen dabei ge-schaffen werden: erstens eine durchgängige Infor-mationsbasis, die zeitnah Förderaktivitäten doku-mentiert und so erst die notwendige Grundlage fürPortfoliobetrachtungen schafft, und zweitens eineEinrichtung, die unabhängig von Ressort- undAgenturabgrenzungen Fragen des Instrumenten-einsatzes und -mix systematisch aufgreift. Ein wichtiges Strukturierungskriterium für die stra-tegischen Leitlinien ist die Unterscheidung nachden drei Durchführungssektoren (1) Hochschulen,(2) Wirtschaft und (3) kooperativer Sektor. DieEignung und die hinreichende Verfügbarkeit derempfohlenen Maßnahmen für die angesproche-nen Zielgruppen sind zentrale untersuchungs-leitende Prinzipien. Exzellenz und Risiko werdenals Querschnittsthemen über alle drei Sektorengespannt.

Strategische Leitlinie 13: FTI-Instrumen-tarium gesamthaft entwickelnWesentliches Ziel dieser Leitlinie ist die Erarbei-tung und Darlegung des erforderlichen Instrumen-teneinsatzes und -mix zur Sicherstellung der nach-haltigen Leistungsfähigkeit und internationalenWettbewerbsfähigkeit des österreichischen Inno-vationssystems mit Zielhorizont 2020.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 13.1

Die indirekte Forschungsförderung ist ein wichti-ges Instrument für den Forschungsstandort Öster-reich, das aufgrund seiner Breitenwirkung undleichten Anwendbarkeit besonders KMU zugutekommt. Das System der indirekten (steuerlichen)Forschungsförderung soll deshalb gemäß den Vor-gaben der Systemevaluierung100 auf ein Instrument,

die Forschungsprämie, zusammengeführt und aufeinen Korridor von 10 bis 20 Prozent erhöht wer-den. Der jeweilige Prozentsatz ist in Abhängigkeitvon der aktuellen Wirtschaftslage festzusetzen,um ein aktives Gegensteuern zu gewährleisten.Gleichzeitig ist die Deckelung bei Auftragsfor-schung abzuschaffen. 2013

Empfehlung 13.2Die Vielfalt an thematischen Programmen mit un-terkritischer Größe soll bereinigt und der Ressour-ceneinsatz auf wenige, breit angelegte Schwer-punktthemen mit strategischer, wirtschaftlicherund/oder gesellschaftlicher Relevanz für Öster-reich konzentriert werden. Die Ergebnisse derSystemevaluierung101 sind dabei als wesentlicheEckpfeiler für die Weiterentwicklung des Instru-mentenmix heranzuziehen. Die Abstimmung derAktivitäten von Bund und Bundesländern sowiezwischen den Bundesländern soll weiterhin imRahmen der Plattform FTI Österreich erfolgen.

2020

Monitoring: Der Rat beobachtet die Bereinigung

der Programmvielfalt in Übereinstimmung mit den

Ergebnissen der Systemevaluierung. Er initiiert und

begleitet die Entwicklung entsprechender „Nischen-

strategien“ für Schwerpunktthemen und Schlüssel-

technologien von nationaler Relevanz und beob-

achtet im Anschluss deren Umsetzung durch die zu-

ständigen Fachressorts.

Empfehlung 13.3Die Förderbedingungen der direkten Fördermaß-nahmen sind zu vereinfachen, von sachfremdenAnforderungen freizuhalten und möglichst un-bürokratisch zu gestalten. 2013

Strategische Leitlinie 14: Instrumentari-um für Unternehmen ausdifferenzierenDas Instrumentarium für den Unternehmenssektorist problemspezifisch auszudifferenzieren.

Strategische Leitlinien und Empfehlungen

100 Systemevaluierung der österreichischen Forschungsförderung und -finanzierung der Arbeitsgemeinschaft

WIFO, KMU-Forschung, Prognos und Convelop (2009): Teilbericht 4.101 Systemevaluierung der österreichischen Forschungsförderung und -finanzierung der Arbeitsgemeinschaft

WIFO, KMU-Forschung, Prognos und Convelop (2009): Teilbericht 5 und 8.

i n s t r u m e n t e

Zur Steigerung der F&E-Intensität im Unterneh-menssektor sind insbesondere die Klein- und Mit-telbetriebe zu adressieren, deren Potenzial inÖsterreich noch lange nicht ausgeschöpft ist. Die risikohaften und wachstumsorientierten Fi-nanzierungsmöglichkeiten für junge, innovativetechnologieorientierte Unternehmen sind weiterauszubauen.Das Innovationsverhalten der österreichischenWirtschaft zeichnet sich durch einen hohen Res-sourceninput, aber nur wenige radikale Innovatio-nen aus. Der Risikoaspekt ist daher verstärkt in FTI-Programme zu integrieren. Dabei ist zu berück-sichtigen, dass der Risikogehalt einer Innovationunternehmensindividuell ist und von den Erfahrun-gen und Fähigkeiten der Unternehmen abhängt.Um zur Europa- und Weltspitze im FTI-Bereichvorzustoßen, braucht Österreich starke For-schungszentralen. Dies ist vor dem Hintergrundeines ansteigenden konzerninternen Konkurrenz-kampfs um Forschungskompetenz von großer Be-deutung.Stiftungen sind relevante Akteure der Forschungs-förderung für alle wissenschaftlichen Disziplinen.Zahlreiche Großunternehmen oder private Fir-men stellen durch private Stiftungen beträchtli-

che Mittel nachhaltig für die Förderung von FTI zurVerfügung. Die Möglichkeiten der Nutzung vonprivaten Stiftungen als Finanzierungsinstrumentfür FTI sind zu prüfen.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 14.1

Der Anteil forschender und innovierender Unter-nehmen, insbesondere unter den KMU, soll er-höht werden. Dazu sollen folgende Instrumenteherangezogen werden:

Mobilitätsprogramme, die den Transfer von For-scherInnen aus der Wissenschaft in die Wirtschaftbzw. aus der Wirtschaft in die Wissenschaft för-dern

Innovationsmanagementprogramme, um dieentsprechenden innerbetrieblichen Voraussetzun-gen zur Erhöhung der Innovationskraft in denKMU zu schaffen

spezifische FTI-Kooperationsprogramme fürKlein- und Mittelbetriebe

2013

Empfehlung 14.2Die Verfügbarkeit und der Zugang zu externenFinanzierungsquellen in Form von Beteiligungs-

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und Wagniskapital (Venture Capital) ist signifikantzu verbessern und eine Ausweitung von Start-up-Finanzierungen zur Förderung der Forschungsba-sis in KMU im technologie- und wissensintensivenBereich vorzunehmen. 2013

Monitoring: Überprüfung der Umsetzung der gegen-

ständlichen Ratsempfehlungen vom 14. März und

9. Dezember 2008 sowie der Notwendigkeit und Ef-

fektivität einer Risikokapitalinitiative mittels exter-

ner Expertise.

Empfehlung 14.3Öffentliche Projektförderungen sollen an das sub-jektive Risiko für das Unternehmen geknüpft wer-den. Das Risiko sollte hoch sein und dem Unter-nehmen einen weiteren Entwicklungsschritt er-möglichen, damit dieses die nächsthöhere Stufeauf der Innovationsleiter erklimmen kann. Ent-sprechend ist die Förderhöhe an das Risiko desProjektes anzupassen. Die Unternehmen sollendazu nach Innovationstypen segmentiert und eineentsprechende Anpassung des Förderangebots anderen unterschiedliche Bedürfnisse vorgenom-men werden. Die Definition von Innovations- undUnternehmenstypen muss sich an der Natur desInnovationsvorhabens, der Innovationsintensität

der Branchen und dem Stand der Technik undWissenschaft orientieren. Zur Abgrenzung kön-nen die Leistungsgrenzen des Unternehmens(Kompetenz) und die Kriterien „new to the mar-ket“ / „new to the company“ herangezogen wer-den. 2013

Empfehlung 14.4Faktoren, die die Standort- und Investitionsent-scheidungen ausländischer Mutterkonzerne mitF&E-Standorten in Österreich beeinflussen, sollensystematisch untersucht werden, um sie in derStandortpolitik gezielt adressieren zu können.

2013

Empfehlung 14.5Neben dem Ausbau der indirekten Forschungs-förderung gilt es auch die direkten Förderungen(z. B. FFG-Headquarterprogramm) zur Erhöhungder Standortattraktivität fokussiert auszubauen.

2013

Empfehlung 14.6Zur Stimulierung zusätzlicher privater Investitio-nen sollen geeignete Instrumente geschaffen undsteuerliche Anreize für Unternehmen gesetzt wer-

i n s t r u m e n t e

den, um einerseits private Finanzierung von FTIgenerell, andererseits von hochschulseitiger For-schung im Speziellen zu stimulieren. 2013

Empfehlung 14.7Es soll geprüft werden, welche Anreize für dieEinrichtung oder Nutzung von Stiftungen für dieFinanzierung von FTI geeignet sind. Die gesetz-liche Grundlage soll gegebenenfalls überarbeitetwerden. 2013

Strategische Leitlinie 15: Bewährte Koope-rationsmodelle weiterführen Die erfolgreichen FTI-Förderprogramme zurKooperation von Wissenschaft und Wirtschaft(z. B. das Kompetenzzentrenprogramm COMET,das Brückenschlagprogramm BRIDGE oder dieChristian Doppler Labors) haben sich bewährtund sind entsprechend optimiert weiterzuführen.Außeruniversitäre bzw. kooperative Forschungs-institute bedürfen darüber hinaus einer langfristi-gen strategischen Ausrichtung im Sinne des Ge-samtsystems sowie budgetärer Planungssicherheit.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 15.1

Die FTI-Förderprogramme zur Kooperation vonWissenschaft und Wirtschaft sind auch in Zukunftoptimiert fortzuführen und entsprechende Mitteldafür bereitzustellen. 2013

Empfehlung 15.2Im Rahmen einer Portfolioanalyse sind eine stär-kere Bündelung und die Schließung unterkritischarbeitender kooperativer Institutionen zu prüfen.

2013

Empfehlung 15.3Für außeruniversitäre/kooperative Forschungs-institute sollen mehrjährige Förderungsverträge(im Sinne von Leistungsvereinbarungen zur Erwei-terung der Planungssicherheit) erarbeitet und ein-geführt werden. 2013

Empfehlung 15.4Den an kooperativen Zentren beteiligten Univer-sitäten sollen die dort erbrachten Leistungen auchentsprechend zugerechnet werden können und

sich entsprechend in den Leistungsvereinbarun-gen wiederfinden (z. B. Publikationen, Patente,Teilnahme an der Normung und andere wissen-schaftliche Leistungen). 2013

Strategische Leitlinie 16: Profilbildung derUniversitäten fördernFür die internationale Positionierung des öster-reichischen Forschungsstandortes im Sinne eineroptimalen Ausgestaltung der verschiedenenSchwerpunkte – Stichwort Leuchtturmprojekte –bedarf es der verstärkten Profilbildung im österrei-chischen Hochschulsystem. Ein effektives Mitteldazu sind die Leistungsvereinbarungen als steuern-des Anreizsystem für die autonomen Universitäten.Diese werden zurzeit ohne gesamthafte strategi-sche Ausrichtung bilateral mit den Universitätenverhandelt.Exzellenz ist im Hochschulsektor stärker im Sys-tem zu verankern. Sowohl an den Universitäten alsauch beim FWF muss darauf geachtet werden,dass es dabei nicht zur Aufrechterhaltung über-kommener Strukturen in den geförderten Diszi-plinen und Institutionen kommt. Weiters ist derWettbewerb zwischen den Universitäten bzw.Forschern und Forschergruppen zu fördern, umdadurch die Entstehung von Exzellenz in der For-schung zu stimulieren.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 16.1

Basierend auf den vom Wissenschaftsrat angestell-ten Portfolioüberlegungen sowie gesellschaftli-chen und wirtschaftlichen Anforderungen soll ei-ne langfristige Strategie für die österreichischenUniversitäten und den tertiären Bildungsbereichals Gesamtportfolio ausgearbeitet und über dieLeistungsvereinbarungen umgesetzt werden.

2013

Empfehlung 16.2Die Ziele in den Leistungsvereinbarungen sind am-bitionierter als derzeit auszugestalten. Die Zielemüssen für die einzelne Universität individuell,aber in Anlehnung an die in Empfehlung 16.1 an-gesprochenen strategischen Prioritäten der lang-fristigen österreichischen Universitätsstrategie de-finiert werden. Zukünftige Budgets müssen an das

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Erreichen dieser klar definierten Ziele gekoppeltsein. Eine Zielerreichung ist entsprechend zuhonorieren bzw. die Nichterreichung zu sanktio-nieren. 2013

Monitoring: Der Rat beobachtet und kommentiert

die Entwicklungen im Zusammenhang mit der

Ausarbeitung einer Strategie für die österrei-

chischen Universitäten sowie den zukünftigen Ver-

handlungen zu den Leistungsvereinbarungen.

Empfehlung 16.3

Die Leistungsvereinbarungen und das Formelbud-get sollen die Zieldimension „Exzellenz“ berück-sichtigen und entsprechend monetär unterstüt-zen. Dazu ist der Anteil des Formelbudgets ent-sprechend zu erhöhen, der darin enthaltene BlockForschung ist stärker zu gewichten. Das erforderteine getrennte Betrachtung des Lehr- und For-schungsbudgets. Über die Basisfinanzierung der Universitäten unddie Programme des FWF sind Anreize für dasErschließen neuer Forschungsfelder zu setzen. Indiesem Zusammenhang ist auf die Bedeutung derOverheadfinanzierung hinzuweisen, die ein effi-zientes Steuerungsinstrument im Hinblick auf dieSichtbarkeit und den Stellenwert hochkarätigerForschung darstellt und weiter auszubauen ist.

2013

Empfehlung 16.4Der FWF ist ab 2010 zusätzlich zum derzeit geplan-ten FWF-Budget pro Jahr mit zusätzlichen Mittelnin der Höhe von einem Prozent des GUF auszustat-ten. Diese Mittel sind aus der bis zu zweiprozen-tigen Reserve des Universitätsbudgets des BMWFzu bedecken. 2010

Empfehlung 16.5Zur Steigerung exzellenter Forschung an den Uni-versitäten ist der Anteil leistungsbezogener undkompetitiv eingeworbener Mittel kontinuierlich zuerhöhen. Dazu bedarf es einer klaren Aufschlüsse-lung der tatsächlich in Forschung und Lehre flie-ßenden Mittel an allen Universitäten sowie einesentsprechenden Anreizes durch Honorierung derDrittmitteleinwerbung in den Leistungsvereinba-rungen. 2013

An dieser Stelle ist auch die besondere Bedeutungder Exzellenzclusterinitiative des BMWF hervorzu-heben, die unbedingt umzusetzen ist. 2010

Monitoring: Der Rat überprüft den Anteil der für

Forschung und Lehre aufgewendeten Universi-

tätsbudgets und überwacht die Honorierung der

Drittmitteleinwerbung in den Leistungsvereinba-

rungen und die damit verbundene Steigerung

wettbewerblich generierter Mittel an den Univer-

sitäten.

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In Europa ist das Governance-Konzept erst in denletzten Jahren verstärkt in der FTI-politischen Dis-kussion zum Tragen gekommen. Der Begriff wirdherangezogen, um die Konzepte der Staatsgewaltund Politik zu erweitern. „The broadest meaningof governance is the regulation of social activitiesutilizing a variety of modes and mechanism of so-cietal regulation.“102 In diesem Rahmen ermöglichtdas Governance-Konzept einem größeren Akteurs-kreis, Einfluss auf das Ergebnis von Strategieformu-lierungsprozessen sowie die Zuteilung von Aufga-ben und Mitteln zu nehmen. Governance befasstsich mit den Beziehungen zwischen Institutionen,die eine Gesamtheit bilden. Im Falle der FTI-Poli-tik besteht diese Gesamtheit aus den Akteurendes FTI-Systems. Ebenso wird das interinstitutionel-le Zusammenwirken im Governanc-Rahmen ein-geordnet: „Governance is about the handling ofcomplexity and the management of dynamicflows. It is fundamentally about interdependence,linkages, networks, partnerships, co-evolution andmutual adjustment.“103

Dieser Zugang zu FTI entspricht dem Konzeptdynamischer FTI-Systeme. Dem European TrendChart on Innovation zufolge104 ist Governance imSinne von Angebot und Erreichungsgrad FTI-poli-tischer Maßnahmen ein wesentlicher Indikatorfür die Leistungsfähigkeit eines nationalen Innova-tionssystems.105 Das österreichische FTI-Systemwar in den letzten Jahren durch wesentliche Re-formschritte, vor allem auf Ebene der Agenturen(z. B. AWS, FFG, FWF) einer Veränderung in denGovernance-Strukturen unterworfen. Die Ressort-

ebene wurde nicht in gleichem Maß an die geän-derten Rahmenbedingungen angepasst. Der Nut-zen der herrschenden Strukturen wurde bis datokeiner Bewertung unterzogen. Die Systemevaluie-rung nimmt teilweise diese Bewertungsaufgabewahr, bewegt sich dabei aber in engen Grenzendes ihr erteilten Auftrags.Im internationalen Vergleich lassen sich ähnlicheHerausforderungen ableiten: „Durch die Verflech-tung mehrerer politischer Ebenen und andererAkteure entsteht ein Netzwerk, das sich zuneh-mend demokratischer Kontrolle und Transparenzentzieht, zumal die Kontrolleure – unterschiedli-che Regierungsressorts – ihrerseits an der Politik-formulierung beteiligt sind und eher ressortspezi-fische Interessen vertreten.“106 Aus diesem Grundwerden im Regelfall Antworten im Governance-Be-reich gegeben, bevor die richtigen Fragen gestelltwerden konnten. Analysiert man die Governance-Strukturen vonLändern, die sich nach dem Summary InnovationIndex in der Gruppe der Innovation Leaders befin-den, zeigt sich, dass die heimische Struktur imVergleich komplexer ist. Schweden, Finnland oderDänemark sind auch von der Größe mit Öster-reich vergleichbar; Deutschland und Großbri-tannien sind die dynamischsten unter den Innova-tion Leaders. Der Vergleich zeigt, dass in diesenFTI-politisch sehr erfolgreichen Ländern die FTI-Agenden auf zwei Ressorts aufgeteilt sind. Dabeifolgt die Aufteilung dem Prinzip der Wissenschafts-bzw. Wirtschafts- und Technologieorientierung.107

Die Kooperationsbeziehung zwischen Ministerien

102 Schneider, V. / Bauer, J. (2007): Prospects of Complexity Theory in Revisiting System Theory, Midwest Politi-

cal Science Association; Chicago.103 De la Mothe, J. (2001): Knowledge Politics and Governance, in: De la Mothe J. (ed): Science Technology and

Governance, Continuum, London, New York.104 Europäische Kommission (2005): Innovation strengths and weaknesses. http://trendchart.cordis.lu/score-

boards/scoreboard2005/pdf/EIS%202005%20Innovation%20Strengths%20and%20Weaknesses.pdf.105 Aiginger, K. et al. (2006): WIFO-Weißbuch: Mehr Beschäftigung durch Wachstum auf Basis von Innovation

und Qualifikation.106 Mai, M. (2007): Komplexität als Problem politischer Gestaltung – Thesen zur Governance im Bereich Innova-

tionspolitik, Dortmund.107 Vgl. http://cordis.europa.eu/erawatch/index.cfm?fuseaction=ri.home.

Status und Herausforderungen

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und Agenturen entziehen sich zumindest teilwei-se der Transparenz.108 Die strategischen Ansprücheder einzelnen Institutionen sind mangelhaft abge-stimmt und führen im operativen Ablauf zu Verzö-gerungen und Hemmnissen.109 Entsprechend wirdim Regierungsprogramm darauf hingewiesen, dassdie Struktur der Verantwortlichkeiten zwischenRessorts und Agenturen prioritär betrachtet wer-den muss.110

Die Ergebnisse des Peer Reviews der österreichi-

schen FTI-Landschaft durch die CREST ExpertGroup bestätigen diesen Befund.111 Eine Vereinfa-chung der österreichischen Governance-Struktu-ren auf ministerieller Ebene wird nahegelegt, un-ter anderem eine klare Kompetenzverteilung zwi-schen den Ministerien und den Förderagenturen,vor allem im Hinblick auf mehr Autonomie derAgenturen bei Programmdesign und Implementie-rung auf Basis jährlicher Arbeitsprogramme, dievon den Ressorts abgesegnet werden.

108 Vgl. Systemevaluierung der österreichischen Forschungsförderung und -finanzierung der Arbeitsgemeinschaft

WIFO, KMU-Forschung, Prognos und Convelop (2009): Teilbericht 3: Governance in der FTI-Politik im Wechsel-

spiel zwischen Ministerien und Agenturen, S. 47. 109 Vgl. Systemevaluierung der österreichischen Forschungsförderung und -finanzierung der Arbeitsgemeinschaft

WIFO, KMU-Forschung, Prognos und Convelop (2009): Teilbericht 2: Strategische Governance: Der Zukunft

von Forschung, Technologie und Innovation ihren Möglichkeitsraum geben. Evaluierung der Gestaltungsstruk-

tur und Steuerungskultur der österreichischen FTI-Policy.110 Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode, S. 44.111 Guy, K. et al. (2008): Policy Mix Peer Reviews: Country Report: AUSTRIA, A Report of the CREST Policy Mix

Expert Group (Fourth Cycle of the Open Method of Coordination in favour of the 3 % Objective).

Strategische Leitlinien und EmpfehlungenAuf Basis der Analyse und der aktuellen Herausfor-derungen in der Ausgestaltung des Zusammen-spiels der Akteure im Innovationssystem identifi-ziert der Rat folgende strategische Leitlinien undformuliert dazu seine Empfehlungen.

Strategische Leitlinie 17: Design der Struk-tur- und Governance-KaskadeVeränderungen in den Aufbau- und Ablaufstruk-turen können nur erfolgreich sein, wenn sie aufklaren Zielvorstellungen basieren. Die Organisa-tion der Strukturen und auch die Verbesserung desSystems müssen „von oben nach unten“ begin-nend in den Ressorts erfolgen. Wie auch die Ergeb-nisse der Systemevaluierung zeigen, können diestrategischen Koordinationsprozesse auf Ressort-ebene noch deutlich verbessert werden. Ein regel-mäßiger Austausch zwischen den für Forschung(und Bildung) zuständigen Regierungsmitgliedernmit den Regierungsspitzen unter Einbindung desParlaments bildet die Basis für die Steuerung derdarunterliegenden Strukturen.Abbildung 12 zeigt die modellhafte Darstellung

der anzustrebenden Aufbaustruktur im Jahr 2013.Zu den Institutionen auf Agenturebene ist anzu-merken, dass jeweils die Funktion als Förder-einrichtung angesprochen wird (z. B. ÖAW) bzw.jener Teil, der sich mit dem FTI-System auseinan-dersetzt (z. B. AWS).Im abgebildeten Zielmodell sind drei Leitgedan-ken enthalten:

Verankerung der strategischen Kompetenz aufRessortebene unter Berücksichtigung eines flexi-blen Personaleinsatzes für wechselnde strukturel-le und inhaltliche Schwerpunkte

agenturübergreifende Allokation der Fördermittelzu den am besten bewerteten Projekten durch „Per-sonalunion“ in den Lenkungsstrukturen

höhere Autonomie der Agenturen zur Verbesse-rung der zeitnahen Dienstleistung für die For-schungsebeneWesentlich dabei ist, dass mit der Etablierung derbeiden Verwaltungseinheiten für grundlagen-sowie anwendungsorientierte Forschung keinezusätzliche Verwaltungsebene geschaffen wird,sondern die bestehenden Lenkungs- und Aufsichts- >

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g ov e r n a n c e

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Abbildung 12:

Modell der

Governance-

Struktur im

Jahr 2013

Quelle: RFTE

WirtschaftWissenschaft

VorsitzBeobachter

Betriebsrat

Beobachtung

Aufsichtsrat Aufsichtsrat Aufsichtsrat SenatSenatVorstand

Autonome Abwicklung

Bericht Bericht

Budgetverhandlungen

Politische Koordination

Budgetverhandlungen

Politische Koordination

Dialog

Besetzung Besetzung

Politische Ebene

Beamtenebene

Politische Ebene

Beamtenebene

Forschungs-ebene

Forschungs-ebene

Projektbeirat Projektbeirat

FHKUNIKO

Verwaltungseinheit grundlagenorientierte Forschung Verwaltungseinheit anwendungsorientierte Forschung

AKIV

ÖGBWKO

organe gemeinsam operieren („Personalunion“).Die gegenseitige Beobachterfunktion in den Ver-waltungseinheiten wird der Tatsache gerecht, dassdie Grenze zwischen Grundlagen- und anwen-dungsorientierter Forschung zusehends ver-schwindet und auch in den Empfehlungen zu denInstrumenten eine stärkere Verbindung zwischenWissenschaft und Wirtschaft eingefordert wird.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 17.1

Entsprechend der abgebildeten Governance-Kas-kade (vgl. Abb. 12) sollen folgende Strukturprin-zipien umgesetzt werden:

Zusammenlegung der anwendungsorientiertenForschungsagenden in den für angewandte undwirtschaftsnahe Forschung zuständigen Ministe-rien – BMVIT und BMWFJ

Zusammenführung der bestehenden Aufsichts-und Lenkungsstrukturen der Agenturen, auch umdie Mittel flexibel und bedarfsorientiert den

Schwerpunkten zuordnen zu können. Das erfor-dert Funktionalitäten, die in der Verwaltungsein-heit abgebildet sind. Die Ministerien erarbeitendiesbezüglich strategische Vorgaben und entspre-chende Budgetkorridore, innerhalb derer dieAgenturen autonom und flexibel agieren können.

Autonomie der Agenturen im Sinne von Agen-cification bezüglich Jury- und Leitfadenentschei-dungen, basierend auf den strategischen Vorgabender Ressorts. Die Abstimmung mit den Ressortswird durch die Verwendung von Indikatoren trans-parenter und einfacher.

Der Rat für Forschung und Technologieentwick-lung wird entsprechend dem Regierungspro-gramm der XXIV. Gesetzgebungsperiode in sei-nen Aufgaben, Strukturen und Kompetenzen neuausgerichtet. Die bei Gründung vorliegende In-tention war: Ein unabhängiges Beratungsgremi-um, das eigenständig Strategien, Strukturverbesse-rungsmaßnahmen sowie Indikatoren- und Monito-ringsysteme entwickelt.

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Im Vordergrund stehen die Festlegung der strate-gischen Richtungen, die Schwerpunktsetzungenund der dazu notwendige Mittelbedarf als Vorbe-reitung für Entscheidungen der Bundesregierung.Die persönliche Einbindung der Regierungsmit-glieder in die Diskussionen der Ratsversammlungsind Schlüsselfaktoren der effizienten Arbeit desRates. Der Rat berücksichtigt insbesondere diePolitikfelder Bildung, Wissenschaft, Forschung,Wirtschaft und Wettbewerbsfähigkeit, jeweils un-ter der Prämisse der Wirkung auf das FTI System.Er realisiert seine Informationsbasis durch eineBeobachterfunktion in der Verwaltungseinheitund übernimmt die Beobachtung und Evaluationdes Gesamtsystems sowie der Teilsysteme.Basierend auf der beschriebenen Aufbaustrukturlassen sich die wesentlichen Parameter für die Ab-laufstruktur ableiten:

ZielvorgabenBudgetvorgabenIndikatorenkorridor

Damit soll auch eine Kulturveränderung initiiertwerden. Die Priorisierung von Ablaufmodellen imVergleich zu Aufbaumodellen stellt einen Paradig-menwechsel zum herrschenden Denken in „Funk-tionenschemata“ dar, der letztendlich ein Beitragzur Transparenz der Verantwortlichkeiten in Ent-stehung, Umsetzung und Monitoring von Inter-ventionsmodellen leisten wird. Die Positionierungder Institutionen bei Generierung, Abwicklungund Beendigung von Instrumenten und Program-men unterstützt die Etablierung einer Interven-tionskultur, die Exzellenz fördert und Exits ausnicht mehr adäquaten Modellen zulässt.112 2013

Empfehlung 17.2Die Bundesregierung soll eingeladen werden, bisEnde 2009 ein Governance-Zielmodell für das Jahr2013 zu diskutieren und zu beschließen sowie dienotwendigen Maßnahmen dazu umzusetzen.

2010

Monitoring: Der Umsetzungsgrad wird ein fixer

Tagesordnungspunkt auf jenen Sitzungen des Ra-

tes, an denen zweimal pro Jahr die zuständigen Re-

gierungsmitglieder teilnehmen.

Empfehlung 17.3Bundesregierung und Landesregierungen sollen ein-geladen werden, auf Basis der FTI-Plattform Öster-reich an der stufenweisen Entwicklung der Zusam-menarbeit im FTI-Bereich aktiv mitzuwirken. Dabeiist insbesondere auf eine optimale Gestaltung derSchnittstellen im Sinne des Gesamtsystems zu ach-ten. Verantwortlichkeiten und (regionale) Schwer-punkte sind klar abzugrenzen und Überlappungensowie Redundanzen zu vermeiden. 2013

Monitoring: Überprüfung der Abstimmung und

Einpassung der Instrumente und Maßnahmen der

Länder auf regionaler Ebene sowie ins nationale

Innovationssystem im Rahmen der „Plattform FTI

Österreich“ Begleitung der Umsetzung durch

Diskussionsrunden der Plattform findet zweimal

pro Jahr statt.

Strategische Leitlinie 18: Nutzenindikato-ren auf Bedarf abstellenIm Gegensatz zur derzeit dominierenden top-down-orientierten Betrachtungsweise, für die nurin Ausnahmefällen eine Ex-ante-Evaluierung vor-liegt, richtet sich die Planung der Interventions-maßnahmen im Jahr 2020 ausschließlich nachdem Bedarf der Forschungsebene mit den ent-sprechenden Erhebungsmethoden. Dazu gehört injedem Fall eine Ex-ante-Evaluierung der geplan-ten Interventionen, die von einer anderen als derfür die Intervention verantwortlichen Institutionbeauftragt bzw. durchgeführt wird.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 18.1

Der Rat empfiehlt, den Vorschlag des Rechnungs-hofes – „Der RH regte gegenüber dem Rat und denbefassten Bundesministerien unabhängige Pro-grammevaluierungen an, deren Auftraggeber derRat sein sollte.“ – umzusetzen.113 2013

Monitoring: Bericht an die Bundesregierung, den

112 Die Details der „Governance-FTI-Ablaufstruktur“ können unter http://www.forschungsstrategie.at/sites/

forschungsstrategie.at/files/090430_Governance_Forschung_Ablaufstrukturen.pdf eingesehen werden.113 RH Bund 2007/16, http://www.rechnungshof.gv.at/berichte/ansicht/detail/rat-fuer-forschung-und-technolo-

gieentwicklung.html.

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Rechnungshof und die Öffentlichkeit im Dezember

2010 über die Umsetzung der Empfehlung.

Empfehlung 18.2In jedem Planungsdokument für Interventionensind jeweils geeignete Nutzenindikatoren zu iden-tifizieren und nach einem transparenten Muster zuintegrieren. 2013

Monitoring: Die Plattform fteval berichtet der

interessierten Öffentlichkeit in der jährlichen

Tagung über die Struktur und die Umsetzung des

Modells der Nutzenindikatoren.

Strategische Leitlinie 19: Dienstverträge inden Ressorts flexibilisierenDie stärkere Verankerung der strategischen Kom-petenz in den Ressorts erfordert eine höhere Fle-xibilität der MitarbeiterInnen und ihrer Verträge.Neue Ideen entstehen am effizientesten durch ste-tige Veränderung. Die Qualifikation der Menschenin den Ressorts ist die Basis für den strategischenBlick in die Zukunft. Jedwede Zementierung vonstrukturellen oder inhaltlichen Prozessen verkrus-tet das System und engt damit die Optionen derEntwicklung massiv ein. Daher ist es eine Grund-

bedingung, dass die MitarbeiterInnen zur Flexibi-lität angeregt werden. Die derzeitigen Geschäfts-einteilungen und Vertragsstrukturen begünstigensystematisch das Verharren im pfadabhängigenStatus quo.Das Modell 2020 sieht eine flexible Vertragsgestal-tung mit dem zwingenden Wechsel innerhalb derStruktur in regelmäßigen Abständen vor. Als Bei-spielfall kann die Europäische Kommission heran-gezogen werden, deren MitarbeiterInnen in regel-mäßigen Abständen (z. B. im 5-Jahres-Rhythmus)inhaltliche und strukturelle Agenden wechseln.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 19.1

Die im öffentlichen Dienst möglichen Vertrags-breiten sollen ausgenutzt werden, um flexible An-passungen in der Aufgabenstruktur der Mitar-beiterInnen zu ermöglichen. Dabei sind Team-strukturen mit spezifischen Aufgaben gegenüberhierarchischen Strukturen zu bevorzugen. 2020

Monitoring: Jede Institution (Ressort) legt in der ei-

genen Geschäftsordnung Prüfroutinen fest, wie die

Flexibiltität in der eigenen Struktur kontrolliert

werden kann.

i n t e r n a t i o n a l i s i e r u n g

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i n t e r n a t i o n a l i s i e r u n g

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Die österreichische Bundesregierung hat in ihremRegierungsprogramm für die XXIV. Legislaturpe-riode auf die zunehmende Bedeutung der Interna-tionalisierung verwiesen und dabei drei Bereichehervorgehoben. Neben dem Europäischen For-schungsraum als Kernelement sollen im Interesseder wissenschaftlichen und wirtschaftlichen Wett-bewerbsfähigkeit Österreichs auch die bestehen-den Kooperationen mit globalen „Frontrunners“vertieft sowie neue Wege der Zusammenarbeit imFTI-Bereich mit den dynamischsten Wissenschafts-und Wirtschaftsregionen der Welt gesucht wer-den.114 Auch der Rat hat bereits in der Strategie2010 das Ziel formuliert, Österreich als aktiven,starken Partner im Europäischen Forschungsraumzu positionieren und zu einem zentralen Netz-werkknoten im europäischen und besonders immittel- und osteuropäischen Forschungsraum zuentwickeln. Österreichs Außenwissenschaftspolitik kann in fünfdifferenzierte Aktionsräume strukturiert werden:115

eine europäische Dimension unter Einbeziehungdes Europäischen Forschungsraumes

eine nachbarschaftsorientierte Dimension inner-halb der EU und mit Südosteuropa

bilaterale Kooperationen mit ausgewählten Dritt-staaten (global Frontrunners sowie die dynamischs-ten Wissenschafts- und Wirtschaftsregionen)

multilaterale Kooperationen mit Drittstaaten imRahmen ausgewählter Kooperationsnetzwerke

internationale Verpflichtungen aufgrund vonGlobal-Governance-Prozessen und internationalenAbkommenAuf der Ebene der Europäischen Union ist es inder Forschungspolitik in den vergangenen Jah-ren zu einem Paradigmenwechsel gekommen.Einerseits wurde mit der Etablierung des Euro-pean Research Council (ERC) die gemeinschaftli-che Forschungsförderung auch auf die Grundla-genforschung ausgeweitet (und hat damit den

Wettbewerb auch in diesem Bereich gestärkt).Andererseits hat die Implementierung des Euro-päischen Forschungsraumes das Thema der ge-meinsamen Ausrichtung von nationalen Investitio-nen in FTI in den Mittelpunkt gerückt. Die Schaf-fung einer europäischen Forschungsinfrastrukturbleibt weiterhin eine Aufgabe, die auf der Ebeneder EU gelöst werden muss.Diese Entwicklungen erfordern eine strategischeAusrichtung in den Aktivitäten zur internationalenIntegration Österreichs. Dazu müssen zum einenKonzepte entwickelt und ausgebaut werden, wiedie Grundlagenforschung im Rahmen der euro-päischen Programme besser unterstützt (Struktu-ren, Finanzierung, Förderung, Infrastruktur) wer-den kann. Zum anderen müssen Zielvorstellun-gen definiert und akkordiert werden, wie und inwelchen Bereichen eine aktive Mitsprache undMitgestaltung (inklusive Finanzierung) der euro-päischen Aufgaben von österreichischer Seitebetrieben wird. Derzeit sind die österreichischenBeteiligungen weder gezielt ausgewählt nochinterministeriell koordiniert. Im Hinblick auf das 7. EU-Rahmenprogramm istdurch bestehende Programme (z. B. Anbahnungs-finanzierung) weiterhin für eine starke und erfolg-reiche Beteiligung österreichischer ForscherInnenzu sorgen. Eine zielorientierte Abstimmung vonnationalen Programmen mit dem 7. EU-Rahmen-programm wird sich zugunsten einer bessereninternationalen Vernetzung österreichischer For-scherInnen sowie einer Intensivierung von For-schungskooperationen mit der EU und anderenStaaten auswirken. Die Integration Österreichs in die EU und die Erwei-terung der Union haben unser Land vom Rand in dieMitte des gemeinsamen Forschungs- und Bildungs-marktes gerückt. Dies hat durch die Senkung bzw.den totalen Entfall von Barrieren und Transaktions-kosten nachhaltige finanzielle und strategische Frei-

114 Vgl. Regierungsprogramm für die XXIV. Gesetzgebungsperiode, S. 43.115 Die Analyse beruht in vielen Punkten auf: Schuch, K. (2009): Bestandaufnahme und Positionierung der inter-

national ausgerichteten FTE-Programme Österreichs, ZSI im Auftrag des RFTE. Die Analyse behandelt folgende

Aspekte: Relevante FTE-Programme und Initiativen auf nationaler Ebene sowie auf europäischer Ebene die ERA-

Net mit österreichischer Beteiligung; Ausländische offizielle FTE-relevante Vertretungen in Österreich; Offizielle

österreichische Einrichtungen im Ausland, die FTE-relevante Agenden umsetzen; Forschungsmobilität.

Status und Herausforderungen

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räume geschaffen. In jenen Staaten im unmittelba-ren Lebens- und Wirtschaftsumfeld Österreichs, indenen dies noch nicht gelungen ist (Westbalkan,Russland), sind die Anstrengungen, Kooperationzu stärken und Barrieren abzubauen, zu erhöhen.Auch im Verhältnis zu den mittel- und osteuropäi-schen (neuen) EU-Ländern sind dabei noch vielfäl-tige Möglichkeiten von Forschungskooperationenauch gegenüber Drittländern zu nützen. Gute Bei-spiele für die gestaltende Rolle Österreichs in Süd-osteuropa finden sich im Rahmen der „Task ForceBuilding and Fostering Human Capital“ und der„Steering Platform on Research with the WesternBalkan Countries“ sowie die aktive Mitarbeit ineuropäischen Gremien (z. B. die CREST OMC Wor-king Group on Internationalisation in S&T).116

Aktivitäten, die in zukünftigen strategischen Maß-nahmen Platz finden, können einen weiten Bogenspannen:

Weiterführung und Ausbau der begleitendenProgramme für eine starke und erfolgreiche Betei-ligung an den Rahmenprogrammen

gemeinsames „Agenda Setting“ in der EU (bezo-gen auf Zentraleuropa )117

politisches Lobbying als „Lead Vountry“ für denWestbalkan (im Rahmen von Plattformen oder demRegionalen Kooperationsrat für Südosteuropa)Zentral sollten in dieser Region118 auch gezielteFörderungen von Partnerschaften mit dem Zieldes Aufbaus von „Good Governance“ sein (z. B. in

Ministerien, Agenturen, Universitäten, Forschungs-einrichtungen.) Ein großer Teil der Welt ist jedoch von der wissen-schaftlichen Dynamik und internationalen Innova-tionsprozessen weitgehend abgekoppelt. Damitin den Entwicklungsländern Afrikas, Lateinameri-kas und Asiens moderne Hochschul-, Bildungs-,Forschungs- und Innovationssysteme entstehenbzw. gestärkt werden und damit gleichzeitig bes-sere Voraussetzungen für eine engere FTI-Koope-ration mit zukünftigen neuen Wissenschafts- undWirtschaftszentren entstehen, sollen künftig diewissenschaftlich-technologische Zusammenarbeitund die Entwicklungszusammenarbeit in Öster-reich besser aufeinander abgestimmt werden. Österreichs Forschungs- und Bildungseinrichtun-gen waren bis zum Anfang der 90er Jahre primärauf unmittelbare nationale Bedürfnisse zugeschnit-ten. Gestützt wurde diese Ausrichtung durch –auch in Europa – national segmentierte Bildungs-,Wissenschafts- und Forschungsmärkte, die alsregionale Monopole beschrieben werden.119 In die-sem Zusammenhang vollzog sich internationaleKooperation weitgehend – zentral – staatlich ge-steuert. Derzeit sind die Kapazitäten österreichi-scher Forschungseinrichtungen tendenziell unter-dimensioniert, um erfolgreich – dezentral – Inter-nationalisierungsfunktionen zu übernehmen, dievormals von staatlichen Stellen erfüllt wurden. Hierist eine Aufstockung der Kapazitäten notwendig.

Auf Basis der Analyse und der aktuellen Heraus-forderungen in der Internationalisierung der öster-reichjschen FTI-Aktivitäten identifiziert der Ratfolgende strategischen Leitlinien und formuliertdazu seine Empfehlungen.

Strategische Leitlinie 20: Aufgaben derRessorts neu ausrichtenKompetenzen und Aufgaben der FTI-verantwort-lichen Ministerien sind noch auf alte Abwicklungs-strukturen ausgerichtet. Ihnen kommt mit fort-

116 Vgl. Schuch, K. (2008): Bestandaufnahme und Positionierung der international ausgerichteten FTE-Program-

me Österreichs.117 Slowakei, Slowenien, Tschechien, Ungarn, sowie Kroatien im Hinblick auf eine EU-Mitgliedschaft.118 Südosteuropa: Albanien, Bosnien-Herzegowina, Bulgarien, Kroatien, Mazedonien, Montenegro, Rumänien,

Serbien, Kosovo, Moldau.119 Vgl. Öffentliche Dienstleistungssysteme in Europa. Von ihrer Entstehung seit dem ausgehenden 19. Jahrhun-

dert bis zur Angleichung im Rahmen der Europäischen Union seit den 1990er Jahren, in: Europäische Kommis-

sion (2003): Grünbuch zu Dienstleistungen von allgemeinem Interesse, Brüssel.

Strategische Leitlinien und Empfehlungen

75

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schreitender internationaler Integration vor allemdie Aufgabe der Koordination dezentraler nationa-ler Akteure sowie die Verantwortung der Imple-mentierung nationaler Erfahrungen in europäi-sche Initiativen und Instrumente zu.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 20.1

Die Aufgabenverteilung innerhalb der Ressortssoll neu ausgerichtet werden, sodass eine national-staatlich kohärente Vorgangsweise dezentral initi-ierter und abgewickelter Initiativen sichergestelltist. Die Koordinationsfunktion löst somit die Ab-wicklungsfunktion ab. 2010

Empfehlung 20.2Um eine effiziente Abstimmung zu gewährleisten,sind neue Methoden der Kooperation zwischenRessorts und Abwicklern (seien es Forschungs-stätten oder Agenturen) zu etablieren. Dazu solleine Abstimmungsgruppe der Bundesregierung

unter Beteiligung des Rates gebildet werden, in derdie für Forschung, Innovation und Bildung zustän-digen Bundesminister sowie das Außenministe-rium vertreten sind. 2010

Empfehlung 20.3Die Ressorts und die ihnen nachgelagerten Agen-turen sollen eine kohärente Wissenschafts- undForschungsaußenpolitik entwickeln und gemein-sam konsistent umsetzen. Eine Kooperation derRessorts bei der Entwicklung sowie der Diskursmit anderen Stakeholdern und ein abgestimmterImplementierungsplan sind für die Umsetzungeiner Internationalisierungsstrategie essenziell.

2013

Empfehlung 20.4Eigene nationale Internationalisierungsprogram-me sind bei fehlender kritischer Masse ineffizient,können aber in bestimmten Fällen entscheidendWettbewerbsvorteile sicherstellen – diese sollten

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jedenfalls argumentiert werden. Vorrangig sinddaher europäische Instrumente wie z. B. ERA-Net-Projekte effizient zu nutzen. 2010

Empfehlung 20.5Die Ressorts sollen gemeinsam österreichischePartizipationsstrategien für intraeuropäische Inter-nationalisierungsansätze (ERA-NET, ERA-NET+,INCO-NET, JTI und Art. 169 etc.) erarbeiten undkoordinieren: 2010

Bei den Beteiligungen an ERA-Net-plus-Projektenoder -Programmen sind Prioritäten zu setzen. DieAuswahl ist anhand eines Kriterienkatalogs120 zutreffen, der Mehrwert ist zu argumentieren und zubelegen.

Für die österreichischen Aktivitäten im Rahmenintraeuropäischer Internationalisierungsansätzesoll ein zentrales Erfassungs- und Monitoringsys-tem entwickelt werden, auch um Synergien zurealisieren.

Der aktuelle Informationsaustausch im Rahmender ERA-Net-Plattform ist sehr positiv, jedoch musshier noch verstärkt daran gearbeitet werden, für dieRessorts und die Agenturen verbindliche Struktu-ren und Prozesse (Informationsaustausch, Beteili-gungsaktivitäten, Berichtspflichten) zu schaffen.

Für die Vorbereitung und Teilnahme am Rahmen-programm sowie für spezifische Ausschreibungenim Rahmen von ERA-Net (plus) sind ausreichendeBudgets sicherzustellen. Auch Drittstaatenkoope-ration im Rahmen des RP sollen dadurch gefördertwerden. Für beide Bereiche (intraeuropäischeInternationalisierungsansätze und Rahmenpro-gramm) ist weiterhin für eine ausreichende An-bahnungs- und Zusatzfinanzierung zu sorgen.

Empfehlung 20.6Die Aktivitäten der Europäischen Kommission,ein Joint Programming einzurichten, sind einerkritischen Prüfung zu unterziehen. Eine Beteili-gung ist nach dem potenziellen Nutzen für Öster-reichs FTI-Landschaft zu bewerten. Unabge-stimmte Beteiligungen sollen jedenfalls vermie-den werden. 2010

Strategische Leitlinie 21: Nachbarschafts-und Forschungsaußenpolitik stärkenDie Nachbarschaftspolitik und Forschungsaußen-politik ist durch Intensivierung der Wissenschafts-kooperationen sowie die Zusammenarbeit in Bil-dung, Forschung und Entwicklung im mittel-, ost-und südosteuropäischen Forschungsraum zu stär-ken. Der Forschungs- und HochschulstandortÖsterreich ist in Mittel-, Ost- und Südosteuropa, inausgewählten außereuropäischen Drittstaatensowie in ausgewählten Kooperationsnetzwerkenmit Drittstaatenbeteiligung zu bewerben.

Der Rat empfiehltEmpfehlung 21.1

Die institutionelle Verankerung von FTI-Koopera-tionen hat ein deutlich höheres Potenzial zum Ka-pazitätenaufbau als vereinzelte Projektkoope-rationen. Institutionelle, grenzüberschreitendeNetzwerke zwischen Forschungseinrichtungensollen ausgebaut werden. Basis dafür sind erfolg-reiche Projektkooperationen. 2010

Empfehlung 21.2Im Rahmen der Aktivitäten „Forschung für Ent-wicklung“ des BMWF sollen – im Idealfall in in-haltlicher Abstimmung mit der ÖsterreichischenEntwicklungszusammenarbeit (OEZA) – verstärktAnstrengungen mit ausgewählten Drittlandpart-nern zum Aufbau und Austausch von FTI-Kapazi-täten unternommen werden. 2013

Empfehlung 21.3Das BMWF soll mit Programmen die Errichtunggemeinsamer physischer oder virtueller Laborsund Zentren zwischen österreichischen und aus-ländischen Forschungseinrichtungen unterstüt-zen, damit auch der Kapazitätenaufbau in Öster-reich selbst vorangetrieben werden kann. GuteBeispiele sind das Eurasia-Pacific Uninet sowie dasASEA Uninet. 2010

Empfehlung 21.4Bestehende Netze der österreichischen Außen-

120 Das BMWF hat gemeinsam mit Experten auch aus anderen Ressorts im Rahmen der ERA-Net-Informations-

plattform bereits einen Kriterienkatalog erarbeitet, der im eigenen Ressort angewendet wird. Dieser kann als

Vorlage herangezogen werden.

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i n t e r n a t i o n a l i s i e r u n g

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und Wirtschaftspolitik (Botschaften, Außenhan-delsstellen etc.) sollen auch für eine Vernetzungim Wissenschafts- und Forschungsbereich verwen-det werden. Dabei sind die BRIC-Staaten (Brasilien,Russland, Indien, China) besonders zu berücksich-tigen. 2013

Empfehlung 21.5Die Internationalisierungsstrategie soll von einerkoordinierten Darstellung des österreichischenWissenschafts- und Forschungsstandorts im Aus-land, der Information der österreichischen Wirt-schaft und Wissenschaft über wissenschafts- undinnovationsstrategische Aktivitäten im Auslandund der gezielten Werbung für den Studien-, For-

schungs- und Innovationsstandort Österreichflankiert werden. 2013

Empfehlung 21.6

Österreichische Aktivitäten im Ausland sollenstärker akkordiert werden. Dazu ist die Einrich-tung von Wissenschaftsreferenten (Attachés) inErwägung zu ziehen. Gleichzeitig ist die Kom-munikation zwischen den politischen, wirtschaft-lichen, wissenschaftlichen und kulturellen Kon-taktpartnern sowie den Akteuren der Entwick-lungszusammenarbeit sowie der NGOs zu verbes-sern. Weiters empfiehlt der Rat, eine Erhöhungdes Anteils österreichischer Bediensteter in denDienststellen der europäischen Institutionenanzustreben. 2013

l i t e r a t u r

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2010 Umsetzung der Empfehlung bis 20102013 Umsetzung der Empfehlung bis 20132020 Umsetzung der Empfehlung bis 2020

AIT Austrian Institut of Technology (vormals ARC,

Austrian Research Centers Seibersdorf)

AK Kammer für Arbeiter und Angestellte

(Arbeiterkammer)

ASA Austrian Space Agency

AWS Austria Wirtschaftsservice

BIP Bruttoinlandsprodukt

BIT Büro für internationale Technologiekooperation

BKA Bundeskanzleramt

BMF Bundesministerium für Finanzen

BMWFJ Bundesministerium für Wirtschaft, Familie und Jugend(vormals BMWA, Bundesministerium für Wirtschaftund Arbeit)

BMVIT Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie

BMWF Bundesministerium für Wissenschaft und Forschung

CDG Christian Doppler Gesellschaft

CORDIS Community Research and Development Information Service – Forschungs- und Entwicklungsinformationsdienst der EU

ERC European Research Council

ESFRI European Strategeic Framework für Research Infrastructure

ETH Eidgenössische Technische Hochschule

EU Europäische Union

F&E Forschung und Entwicklung

FFG Österreichische Forschungsförderungsgesellschaft

FTI Forschung, Technologie und Innovation

FWF Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (Wissenschaftsfonds)

GUF General University Fund(s)

GSK Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften

IKT Informations- und Kommunikationstechnologie

ITA Institut für Technikfolgenabschätzung der Österreichischen Akademie der Wissenschaften

KMU Kleinere und mittlere Unternehmen

LBG Ludwig Boltzmann Gesellschaft

LCU Leading Competence Units

NSF National Science Foundation

ÖAW Österreichische Akademie der Wissenschaften

OeNB Oesterreichische Nationalbank

OECD Organisation for Economic Co-operation and Development

RFTE Rat für Forschung und Technologieentwicklung

RP Europäisches Forschungsrahmenprogramm

SFB Spezialforschungsbereich

TIP Technologieinformations- und Politikberatungsprogramm

WIFO Österreichisches Institut für Wirtschaftsforschung

WKÖ Wirtschaftskammer Österreich (vormals BWK, Bundeswirtschaftskammer)

UNIKO Universitätenkonferenz

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ko n t a k t

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GeschäftsstelleA-1010 Wien

Pestalozzigasse 4/D1 Tel.: +43/1/713 14 14-0Fax: +43/1/713 14 14-99

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