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Wetterberatung: 0900 575 775 (CHF 2.80/Min. vom Schweizer Festnetz) Gurten Napf Wildstrubel Jungfrau Weissenstein Vully Gantrisch Stockhorn Wind (Mittel/Böen) Temp. 12h Windchill Biel Bern Thun Jungfraujoch BERGTEMPERATUREN / WINDE LUFTQUALITÄT / / / / / / / / Feinstaub Lausanne Bern Basel Zürich St. Gallen Luzern Chur Lugano Genf Sitten BERN Tramelan Biel Murten Freiburg Solothurn Napf Gantrisch Langenthal Burgdorf Thun Münsingen Gstaad Adelboden Jungfraujoch Interlaken Brienz Meiringen Grindelwald Olten Chasseral Weissenstein Nebelobergrenze: Früh- und Nach- mittagstemperatur Windrichtung und Böengeschwindigkeit in km/h 20 SONNE / MOND Bern Adelboden RÜCKBLICK -5° 10° 15° 20° Mo 6. So 5. Sa 4. Fr 3. Do 2. Paris Brüssel Belgrad Bukarest Wien Athen Warschau St. Petersburg Kiew Stockholm Oslo London Dublin Rom Palermo Marseille Madrid Lissabon Algier Tunis Palma Rabat Berlin Istanbul Bern H H H T T T T 1015 1020 1030 1025 1025 1005 1005 995 995 21 bis 25° < -5° -5 bis 0° 1 bis 5° 6 bis 10° 11 bis 15° 16 bis 20° > 25° EUROPA HEUTE Adelboden Diemtigtal-Wiriehorn Grindelwald Gstaad/Mountain Rides Kandersteg Lenk i. S. Les Diablerets Meiringen-Hasliberg Mürren-Schilthorn Wengen Daten von gestern. Quelle: MySwitzerland.com PISTEN Heute: Der Sonne sind heute von früh bis spät keine Grenzen gesetzt. Sie scheint ganztags von einem wolken- losen Himmel herab. Nach einem ver- breitet leicht frostigen Morgen wer- den am Nachmittag bei einer nur noch schwachen Bise bis zu 13 Grad erreicht. Aussichten: Auch in den nächsten Ta- gen geht es mit viel Sonnenschein weiter. Am Freitag zieren tagsüber lediglich Schleierwolken den Himmel. Dazu sind die Temperaturen noch et- was höher, bis am Freitag sind sogar bis knapp 20 Grad möglich. Biowetter: Abgesehen von der schwa- chen Bise, die noch etwas Kopf- schmerzen hervorrufen kann, ist das Wetter allgemein gut verträglich. Sonnenschein und blauer Himmel 30 30 60 30 30 Nebel: Schnee: Nebel: Schnee: Nebel: Schnee: Nebel: Schnee: Nebel: Schnee: Jura (1000 m) Mittelland Oberland (1300 m) Jura (1000 m) Mittelland Oberland (1300 m) Jura (1000 m) Mittelland Oberland (1300 m) Jura (1000 m) Mittelland Oberland (1300 m) Jura (1000 m) Mittelland Oberland (1300 m) AUSSICHTEN –2°13° –2°13° –2°14° 1° 6° –2°14° –2°14° –3°13° 0° 8° –2°14° 0° 14° –2°13° –2° 2° –2°13° 1° 6° –1°13° –1°13° –1°13° –2°13° –2°15° 0° 16° 3° 13° 0° 17° 2° 19° 6° 15° 4° 15° 4° 17° 6° 14° 4° 15° 5° 17° 6° 14° 5° 10° 6° 15° 5° 9° –5°11° –12°–5° –1° 9° –3°10° 0° 14° 2° 14° 0° 15° –2°14° 0° 10° –2°14° –1°13° 2° 19° –1°17° Donnerstag Freitag Samstag Sonntag Montag 0–60 21/56 10–100 31/34 0/13 75–285 9/15 2–120 1/5 12–95 21/56 0–191 0/10 0–320 0/53 NO 2 °C –1 °C 15 40 km/h NO 9 °C 7 °C 10 30 km/h NO 6 °C 2 °C 15 30 km/h NO –4 °C –9 °C 20 50 km/h NO –9 °C –17 °C 30 60 km/h NO 6 °C 2 °C 15 30 km/h NO 12 °C 13 °C 10 35 km/h NO 2 °C –1 °C 15 40 km/h 1300 m 12.4. 18.4. 26.4. 4.5. 06:56 20:08 ––:–– 09:10 keine Wetter.bernerzeitung.ch Ausland Mittwoch 8. April 2015 TÜRKEI Der renommierte Politikwissenschaftler Cengiz Aktar sieht die türkische Zivil- gesellschaft trotz der harten Politik der Regierung Erdogan in Bewegung: Viele Türken betonten heute offen ihre armenischen Wurzeln. Locker bestellt der aus der Türkei angereiste Cengiz Aktar (60) in Jack’s Brasserie des Schweizer- hofs in Bern einen Kaffee. In ak- zentfreiem Deutsch. «Ich spre- che kein Deutsch», sagt er dann auf Englisch und grinst: «Aber ich habe ein sehr gutes Sensorium für den richtigen Klang.» Sowie, könnte man anfügen, für Zwi- schentöne, Stimmungen, Ge- fühlslagen in der türkischen Ge- sellschaft. Aktar ist Professor am Policy Center der Sabanci-Universität in Istanbul, Kolumnist mehrerer Zeitungen – und gehört deshalb zu den einflussreichen Stimmen in der türkischen Öffentlichkeit. Obschon er eine Meinung ver- tritt, die in der Türkei an sich verboten ist. Laut Aktar sollten die Türken den Völkermord an den Armeniern im Ersten Welt- krieg anerkennen und sich dafür entschuldigen. Kürzlich weilte Aktar auf Einladung der christ- lichen Menschenrechtsorganisa- tion Christian Solidarity Inter- national in der Schweiz. Gegen gesäuberte Geschichte «Die Dynamik in der türkischen Gesellschaft ist viel stärker, als das die starre Position der Regie- rung von Recep Tayyip Erdogan vermuten lässt», sagt Aktar. Na- mentlich bei der jüngeren Gene- ration, die der türkischen Elite das jahrzehntelang propagierte gesäuberte Geschichtsbild nicht mehr abnehme. «Man will es ge- nauer wissen. Die Erinnerungs- arbeit ist heute in vollem Gang.» Mehr und mehr junge Historiker forschen in den Archiven zum Völkermord an den christlichen Minderheiten in der entstehen- den Türkei. Wird ihnen das von konservativen Professoren ver- wehrt, wechseln die Doktoran- den laut Aktar ins Ausland. Wichtige Social Media Als er selber studiert habe, sei es unmöglich gewesen, in der Tür- kei eine Publikation zum Geno- zid an den Armeniern aufzutrei- ben. Heute gebe es in der Türkei laufend Veröffentlichungen da- zu, sagt Aktar. Diese Entwicklung ermöglicht haben laut Aktar we- nige charismatische Figuren. Der Verleger Ragip Zarakoglu etwa, der sich nie gescheut habe, für kritische Bücher juristische Ver- fahren in Kauf zu nehmen. Oder der Journalist Hrant Dink, der die Armenier in der türkischen Öffentlichkeit unermüdlich zum Thema machte und 2007 in Is- tanbul ermordet wurde. Heute, sagt Aktar, halte die is- lamische Regierungspartei von Präsident Erdogan zwar eisern daran fest, den Völkermord zu leugnen. Ständig werde die offi- zielle Version wiederholt: Die Deportation aus den Siedlungs- gebieten in Anatolien ab 1915 sei eine militärische Notwendigkeit gewesen, weil die Armenier re- voltiert, mit dem russischen Feind kollaboriert oder sich von den «westlichen Imperialisten» zur Destabilisierung der Türkei hätten einspannen lassen. Doch diese Versionen hielten vor der auch über Social Media immer besser informierten tür- kischen Öffentlichkeit immer weniger stand, die Sicht, dass es sich um eine brutale ethnische Säuberung gehandelt habe, setze sich immer mehr durch. Armenische Grossmütter Cengiz Aktar liest den Wandel in der türkischen Gesellschaft an verschiedenen Ereignissen ab. Während des Völkermords wur- den Hunderttausende armeni- Stolz auf armenische Grossmütter sche Mädchen von ihren Eltern getrennt und zwangsislamisiert. Deshalb haben heute viele Tür- ken eine armenische Grossmut- ter, was sie jahrzehntelang ver- schwiegen. «Heute stehen sie nicht nur dazu, sondern betonen die armenischen Wurzeln mit Stolz», wie Aktar feststellt. Zudem sei es auch in der Tür- kei «normal geworden», am Jah- restag, dem 24. April, öffentlich des Völkermordes zu gedenken. 2010 hielt erstmals eine türki- sche Stadt eine öffentliche Feier ab, der diesjährige 100.Gedenk- tag werde bereits in 28 türki- schen Städten begangen. Der Ar- tikel im türkischen Strafgesetz, wonach sich der Beleidigung des Türkentums schuldig macht, wer den Völkermord beim Namen nennt, werde kaum mehr ange- wandt. Fragen zur Schweiz Trotzdem glaubt Aktar nicht, dass die türkische Regierung «ihre schizophrene Haltung än- dern» und in absehbarer Zeit den Völkermord anerkennen wird. «Aber stoppen lässt sich der Pro- zess nicht mehr», sagt er, «der Geist ist der Büchse der Pandora entwichen. Definitiv.» Angesichts dieser Entwicklun- gen versteht Aktar nicht richtig, warum die Schweizer Landesre- gierung vor der Türkei nach wie vor den Bückling macht. Etwa vor wenigen Monaten, als der Bundesrat den Kanton Genf auf- forderte, einer armenischen Ge- denkstätte die Baubewilligung zu verweigern. Oder vor wenigen Tagen, als man in Bern entschied, nicht ein Bundesratsmitglied, sondern nur den Botschafter in Armenien am kommenden 24.April zur grossen 100-Jahr- Gedenkfeier nach Jerewan zu schicken. Jürg Steiner «Die türkische Regierung wird ihre schizophrene Haltung so bald nicht ändern.» Cengiz Aktar Es sei auch in der Türkei normal geworden, den armenischen Gedenktag zu feiern, sagt Cengiz Aktar. Muhsin Ergun/zvg TRÖGLITZ Nach einem mut- masslichen Brandanschlag auf ein geplantes Flüchtlingsheim in Sachsen-Anhalt warnen Politiker vor zunehmendem Fremdenhass in Deutschland. Auf ein geplantes Flüchtlings- heim im deutschen Bundesland Sachsen-Anhalt ist in der Nacht auf Samstag ein Brandanschlag verübt worden. Verletzt wurde niemand. Die zuständige Staats- anwaltschaft geht inzwischen da- von aus, dass es sich um «beson- ders schwere Brandstiftung» handelt. Eine politisch motivier- te Tat könne nicht ausgeschlos- sen werden. Ab Mai hätten in dem Gebäude vierzig Asylbewer- ber aufgenommen werden sollen. Dies ist nach dem Brand nicht mehr möglich. Gegen das Vorha- ben machten Rechtsradikale seit Wochen Stimmung. Wegen per- sönlicher Anfeindungen trat Tröglitz’ parteiloser und ehren- amtlicher Bürgermeister Markus Nierth Anfang März zurück. Eine genehmigte Anti-Asyl-Demons- tration sollte vor seiner Haustür stattfinden. Er fühlte sich von der Politik nicht ausreichend unter- stützt und sah seine Familie nicht gut genug geschützt. Angriffe auf Asylbewerberhei- me nehmen in Deutschland zu: 2014 gab es 150 Attacken auf Asylbewerberheime, sechsmal so viele wie 2012. Allein im letz- ten Quartal 2014 wurden 67 An- griffe registriert. «Tröglitz ist überall», warnte Reiner Haseloff, Ministerpräsident von Sachsen- Anhalt, davor, den Vorfall zu ba- gatellisieren. Die Migrationsbe- auftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz, sieht darin sogar «nur die Spitze des Eisberges». Stefan Uhlmann, Berlin/sda Brand in geplantem Asylheim 13 Regenschirm oder Sonnenschutz? Das Wetter auf TeleBärn.Täglich direkt nach den News.

StolzaufarmenischeGrossmütter Brandin

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Wetterberatung: 0900 575 775(CHF 2.80/Min.

vom Schweizer Festnetz)

GurtenNapfWildstrubelJungfrauWeissensteinVullyGantrischStockhorn

Wind (Mittel/Böen) Temp. 12h Windchill Biel

Bern

Thun

Jungfraujoch

BERGTEMPERATUREN / WINDE LUFTQUALITÄT

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Feinstaub

Lausanne

Bern

Basel

Zürich St. Gallen

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LuganoGenf

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Napf

Gantrisch

Langenthal

Burgdorf

Thun

Münsingen

GstaadAdelboden

Jungfraujoch

Interlaken

Brienz

Meiringen

Grindelwald

Olten

Chasseral

Weissenstein

Nebelobergrenze:

Früh- und Nach-mittagstemperatur

Windrichtung undBöengeschwindigkeitin km/h

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SONNE /MOND

Bern Adelboden

RÜCKBLICK

-5°

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Mo 6.So 5.Sa 4.Fr 3.Do 2.

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21 bis 25°< -5° -5 bis 0° 1 bis 5° 6 bis 10° 11 bis 15° 16 bis 20° > 25°

DublinDublinDublin

EUROPA HEUTE

AdelbodenDiemtigtal-WiriehornGrindelwaldGstaad/Mountain RidesKandersteg

Lenk i. S.Les DiableretsMeiringen-HaslibergMürren-SchilthornWengen

Daten von gestern. Quelle: MySwitzerland.com

PISTEN

Heute:Der Sonne sind heute von frühbis spät keine Grenzen gesetzt. Siescheint ganztags von einemwolken-losenHimmel herab. Nach einem ver-breitet leicht frostigenMorgenwer-den amNachmittag bei einer nur nochschwachen Bise bis zu 13 Grad erreicht.

Aussichten: Auch in den nächsten Ta-gen geht es mit viel Sonnenscheinweiter. Am Freitag zieren tagsüberlediglich Schleierwolken den Himmel.Dazu sind die Temperaturen noch et-was höher, bis am Freitag sind sogarbis knapp 20 Gradmöglich.

Biowetter: Abgesehen von der schwa-chen Bise, die noch etwas Kopf-schmerzen hervorrufen kann, ist dasWetter allgemein gut verträglich.

Sonnenschein und blauer Himmel

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Jura (1000m) Mittelland Oberland (1300m)

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Jura (1000m) Mittelland Oberland (1300m)

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AUSSICHTEN

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Wetter.bernerzeitung.ch

AuslandMittwoch8. April 2015

TÜRKEI Der renommiertePolitikwissenschaftler CengizAktar sieht die türkische Zivil-gesellschaft trotz der hartenPolitik der Regierung Erdoganin Bewegung: Viele Türkenbetonten heute offen ihrearmenischenWurzeln.

LockerbestelltderausderTürkeiangereiste Cengiz Aktar (60) inJack’s Brasserie des Schweizer-hofs in Bern einen Kaffee. In ak-zentfreiem Deutsch. «Ich spre-che kein Deutsch», sagt er dannaufEnglischundgrinst: «Aber ichhabe ein sehr gutes Sensoriumfür den richtigen Klang.» Sowie,könnte man anfügen, für Zwi-schentöne, Stimmungen, Ge-fühlslagen in der türkischen Ge-sellschaft.Aktar ist Professor am Policy

Center der Sabanci-Universitätin Istanbul, Kolumnist mehrererZeitungen – und gehört deshalbzu den einflussreichen Stimmenin der türkischen Öffentlichkeit.Obschon er eine Meinung ver-tritt, die in der Türkei an sichverboten ist. Laut Aktar solltendie Türken den Völkermord anden Armeniern im Ersten Welt-krieg anerkennen und sich dafürentschuldigen. Kürzlich weilteAktar auf Einladung der christ-lichen Menschenrechtsorganisa-tion Christian Solidarity Inter-national in der Schweiz.

Gegen gesäuberte Geschichte«Die Dynamik in der türkischenGesellschaft ist viel stärker, alsdas die starre Position der Regie-rung von Recep Tayyip Erdoganvermuten lässt», sagt Aktar. Na-mentlich bei der jüngeren Gene-ration, die der türkischen Elitedas jahrzehntelang propagiertegesäuberte Geschichtsbild nichtmehr abnehme. «Man will es ge-nauer wissen. Die Erinnerungs-

arbeit ist heute in vollem Gang.»Mehr und mehr junge Historikerforschen in den Archiven zumVölkermord an den christlichenMinderheiten in der entstehen-den Türkei. Wird ihnen das vonkonservativen Professoren ver-wehrt, wechseln die Doktoran-den laut Aktar ins Ausland.

Wichtige Social MediaAls er selber studiert habe, sei esunmöglich gewesen, in der Tür-kei eine Publikation zum Geno-zid an den Armeniern aufzutrei-ben. Heute gebe es in der Türkeilaufend Veröffentlichungen da-zu, sagt Aktar. DieseEntwicklungermöglicht haben laut Aktar we-nige charismatischeFiguren.DerVerleger Ragip Zarakoglu etwa,der sich nie gescheut habe, fürkritische Bücher juristische Ver-

fahren in Kauf zu nehmen. Oderder Journalist Hrant Dink, derdie Armenier in der türkischenÖffentlichkeit unermüdlich zumThema machte und 2007 in Is-tanbul ermordet wurde.Heute, sagt Aktar, halte die is-

lamische Regierungspartei vonPräsident Erdogan zwar eiserndaran fest, den Völkermord zuleugnen. Ständig werde die offi-zielle Version wiederholt: DieDeportation aus den Siedlungs-gebieten in Anatolien ab 1915 seieine militärische Notwendigkeitgewesen, weil die Armenier re-voltiert, mit dem russischenFeind kollaboriert oder sich vonden «westlichen Imperialisten»zur Destabilisierung der Türkeihätten einspannen lassen.Doch diese Versionen hielten

vor der auch über Social Media

immer besser informierten tür-kischen Öffentlichkeit immerweniger stand, die Sicht, dass essich um eine brutale ethnischeSäuberung gehandelt habe, setzesich immermehr durch.

Armenische GrossmütterCengiz Aktar liest den Wandel inder türkischen Gesellschaft anverschiedenen Ereignissen ab.Während des Völkermords wur-den Hunderttausende armeni-

Stolz auf armenische Grossmüttersche Mädchen von ihren Elterngetrennt und zwangsislamisiert.Deshalb haben heute viele Tür-ken eine armenische Grossmut-ter, was sie jahrzehntelang ver-schwiegen. «Heute stehen sienicht nur dazu, sondern betonendie armenischen Wurzeln mitStolz», wie Aktar feststellt.Zudem sei es auch in der Tür-

kei «normal geworden», am Jah-restag, dem 24.April, öffentlichdes Völkermordes zu gedenken.2010 hielt erstmals eine türki-sche Stadt eine öffentliche Feierab, der diesjährige 100.Gedenk-tag werde bereits in 28 türki-schen Städten begangen. Der Ar-tikel im türkischen Strafgesetz,wonach sich der Beleidigung desTürkentums schuldigmacht, werden Völkermord beim Namennennt, werde kaum mehr ange-wandt.

Fragen zur SchweizTrotzdem glaubt Aktar nicht,dass die türkische Regierung«ihre schizophrene Haltung än-dern» und in absehbarer Zeit denVölkermord anerkennen wird.«Aber stoppen lässt sich der Pro-zess nicht mehr», sagt er, «derGeist ist der Büchse der Pandoraentwichen. Definitiv.»Angesichts dieser Entwicklun-

gen versteht Aktar nicht richtig,warum die Schweizer Landesre-gierung vor der Türkei nach wievor den Bückling macht. Etwavor wenigen Monaten, als derBundesrat den Kanton Genf auf-forderte, einer armenischen Ge-denkstätte die Baubewilligungzu verweigern. Oder vor wenigenTagen, alsman inBern entschied,nicht ein Bundesratsmitglied,sondern nur den Botschafterin Armenien am kommenden24.April zur grossen 100-Jahr-Gedenkfeier nach Jerewan zuschicken. Jürg Steiner

«Die türkischeRegierung wirdihre schizophreneHaltung so baldnicht ändern.»

Cengiz Aktar

Es sei auch in der Türkei normal geworden, den armenischen Gedenktag zu feiern, sagt Cengiz Aktar. Muhsin Ergun/zvg

TRÖGLITZ Nach einemmut-masslichen Brandanschlag aufein geplantes Flüchtlingsheimin Sachsen-Anhalt warnenPolitiker vor zunehmendemFremdenhass in Deutschland.

Auf ein geplantes Flüchtlings-heim im deutschen BundeslandSachsen-Anhalt ist in der Nachtauf Samstag ein Brandanschlagverübt worden. Verletzt wurdeniemand. Die zuständige Staats-anwaltschaft geht inzwischenda-von aus, dass es sich um «beson-ders schwere Brandstiftung»handelt. Eine politisch motivier-te Tat könne nicht ausgeschlos-sen werden. Ab Mai hätten indem Gebäude vierzig Asylbewer-ber aufgenommenwerdensollen.Dies ist nach dem Brand nichtmehr möglich. Gegen das Vorha-ben machten Rechtsradikale seitWochen Stimmung. Wegen per-sönlicher Anfeindungen tratTröglitz’ parteiloser und ehren-amtlicher BürgermeisterMarkusNierthAnfangMärz zurück. Einegenehmigte Anti-Asyl-Demons-tration sollte vor seiner Haustürstattfinden.Er fühlte sichvonderPolitik nicht ausreichend unter-stütztundsahseineFamilienichtgut genug geschützt.Angriffe auf Asylbewerberhei-

me nehmen in Deutschland zu:2014 gab es 150 Attacken aufAsylbewerberheime, sechsmalso viele wie 2012. Allein im letz-ten Quartal 2014 wurden 67 An-griffe registriert. «Tröglitz istüberall», warnte ReinerHaseloff,Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt, davor, den Vorfall zu ba-gatellisieren. Die Migrationsbe-auftragte der Bundesregierung,Aydan Özoguz, sieht darin sogar«nur die Spitze des Eisberges».

Stefan Uhlmann, Berlin/sda

Brand ingeplantemAsylheim

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Regenschirm oder Sonnenschutz?Das Wetter auf TeleBärn. Täglich direkt nach den News.