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Max Dudler I Die Stadt und der Stein Designed by Klauser & Carpenter I Made by Kienesberger Architektur + Naturstein 2 I 2011 STEIN TIME 2 | 2011 ÖSTERREICH Auslobung 2012 Seite 7

Steintime Österreich 2 2011

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Seit mehr als 10 Jahren erscheint die Zeitschrift Steintime Österreich zweimal jährlich. Herausgeber ist die VÖN, Vereinigung Österreichischer Natursteinwerke. Steintime informiert über die Verwendungsmöglichkeiten von Naturstein in allen Bauaufgaben. Leser sind Architekten, Zivilingenieure sowie Bauämter der Landeshauptstädte, Magistrate und größeren Gemeinden. Hochschulen, HTLs sowie alle Baugenossenschaften sind ebenfalls Empfänger von Steintime. Ebenso die planenden Baumeister, technische Büros für Innenarchitektur sowie technische Büros für Landschaftsplanung und Landschaftspflege.

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Max Dudler I Die Stadt und der Stein Designed by Klauser & Carpenter I Made by Kienesberger

Architektur + Naturstein 2 I 2011STE

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IME

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2011

ÖSTERREICHAuslobung 2012

Seite 7

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Editorial

3

Editorial

BlEiBEndEsschaffEn

Wer ein Haus baut, Will etWas bleibendes scHaffen: oder Preise gewinnen und berühmt werden. Manchmal gelingt beides. heute fällt immer wieder die Vokabel sustainable, nach-haltig, wenn es um das zeitgenössische Bauen geht. Und tat-sächlich: Gebäude sollen heute in Würde altem und altem und altem. denn: haltbarkeit ist profitabel. Wenn es gut läuft, kann ein Bauwerk einige Jahrhunderte alt werden: mit einem festen fundament, einer guten idee und der richtigen Geste. Einige Gebäude in Griechenland, Ägypten oder italien halten schon seit mehr als 2.000 Jahren. Ein gewisser Marcus Vitruvius Pollio hat ab 33 v. chr. in seinen zehn Büchern über architektur drei dinge benannt, die die seele guter und damit langlebiger architektur zusammenhalten: firmitas, Utilitas und Venustas: also festig-keit, Praktikabilität und schönheit. noch immer ist die dreieinig-keit dieser Werte der gültige Bodensatz aller architekturtheorien. anders gesagt: »Bauen bewegt sich zwischen den Polen der Erhaltung der Körperwärme und des rituell-kultischen und ist für das survival during life genauso wie auch für das survival after life zuständig«, wie der Wiener hans hollein im typisch kryp-tischen stil seiner Zunft erklärt. Es kommt vor allem auf die Mischung an. Gut gebaut allein reicht nicht, ist aber die Voraus-setzung. Kein anderer Berufszweig scheint so gut als Berater für langlebigkeit geeignet zu sein wie der des architekten. das glauben zumindest die architekten. selbstbewusst fordert der finnische architekt Juhani Pallasmaa die langsamkeit als eines von sechs hauptthemen in der architektur für das dritte Jahr-tausend: »Wir brauchen eine architektur, die schnelllebigkeit und Moden zurückweist. denn die architektur verfügt über eine stillschweigende Weisheit, die sich in der Geschichte und der tradition angesammelt hat.« Und? Was außer naturstein würde sich dafür besser eignen?

dr. anton helbich-PoschacherVorsitzender der Vereinigung Österreichischer natursteinwerke

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Inhalt

4 STEIN TIME 2 I 11

Die Postsparkasse in Wien mit ihrer geschuppten außenhaut und ihrer gläsernen Schalterhalle ist gewiss

das modernste Gebäude Otto Wagners; Materialien wie naturstein, Beton, Eisen, Glasbausteine und das

damals hochmoderne aluminium kom­men zum Einsatz. Ein Rückblick.

In Berlins prominentester Kreuzung – Unter den linden, Ecke Friedrichstraße – errichtet die Münchner MEaG ein Gebäudeensemble der Superlative. 40.000 Quadratmeter Geschoss­fläche für exklusive ladengeschäfte, Büros und luxuriöse appartements, ein Investitionsvolu­men von 200 Millionen Euro und ein name, der stutzig macht: Upper Eastside Berlin.

Der architekt Max Dudler ist Preisträger des Deutschen natursteinpreises 2011. Mit Steintime sprach er über architektur im Kontext Stadt und das Bauen mit Stein.

Der öffentliche Raum definiert sich fortwährend neu. als Konstante bleibt, dass er

immer ein Spiegel der Gesell­schaft ist. Fünf thesen zum

Status quo.

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40

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Für die Zukunft gestalten.

Die aktuellen Seiten von StEIn tIME

Der htl­naturstein­Preis 2011

Otto Wagners Postsparkasse in Wien

Max Dudler: die Stadt und der Stein

Das hambacher Schloss – ein deutsches Monument

Von Gerkan, Marg & Partner: Upper Eastside Berlin

Das Rathaus in Wien: ein Musterbeispiel

tischlein deck dich!

Vom Wert und nutzen des öffentlichen Raums

Urbane Räume für Innsbruck

1.000 Schirme für Bayreuth

Daniel Böswirth: Blühende Mauern aus Stein

VÖn intern

Impressum

Fotonachweis

tREnDS

StEInE lERnEn

In DIE JahRE GEKOMMEn

aRchItEKtUR

ERhaltEn

InnEn

PlätzE

GäRtEn

StanDaRDS

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RedaktionWilly hafner, ariane Suckfüll, Sabine Werbel, Richard Watzke; Streitfeldstraße 35 · D­81673 München tel. +49 89/43 60 05­124 Fax +49 89/43 60 05­113 www.s­stein.com

VeRlagcallwey Verlag Streitfeldstraße 35 · D­81673 München tel. +49 89/43 60 05­0 Fax +49 89/43 60 05­113 www.callwey.de

HeRausgebeRVereinigung Österreichischer natursteinwerke Scharitzerstraße 5 · a­4020 linz

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Trends

zudenken, wobei einzelne historische schichten sichtbar bleiben sollten. diese Architek-turphilosophie brachte er am nachmittag im rahmen des studentday auch Architektur-studenten nahe. Architekt diet-mar eberle von Baumschlager eberle, Lochau, der im An-schluss vor den studenten referierte, stellte nachhaltig-keit als denksystem in den Fokus.

Nachhaltig bauen

Auf die Architektur bezogen bedeutet das für ihn, dass Gebäude wieder in längeren Zeiträumen gedacht werden müssen und nicht in einem Lebenszyklus von derzeit rund 35 Jahren. ein Argument für dauerhafte und recycelbare Materialien wie stein. dass stein auch messbar ein nach-haltiges Material ist, diesen Beweis führte reiner Krug, Geschäftsführer des deut-schen naturwerkstein Ver-bands, anschließend. er stellte eine studie vor, die naturstein- und Glasfassaden in Bezug auf ihre Ökobilanz untersucht.

reden über Architektur aus stein: Quasi als Intro zur Ver-leihung des deutschen natur-steinpreises im rahmen der stone+tec in nürnberg disku-tierte Wolfgang Bachmann, Herausgeber der Architektur-zeitschrift Baumeister, mit Architekturkritiker Peter Cachola schmal, Architekt dirk Bayer und Journalist Wolfgang Herles im rahmen des 10. Baumeister Architekturquar-tetts an drei Beispielen den einsatz von naturstein in der aktuellen Architektur. Wie die-ser nicht aussehen sollte, darin war sich das Quartett einig. Kollektive Kritik erregte die Gestaltung des s.Oliver Flagshipstore in der Würzbur-ger Fußgängerzone von rKW Architekten. Als »eine Art Angstarchitektur« bezeichnete schmal das Gebäude. das

ursprüngliche Konzept sei unter dem druck der Würzbur-ger Verantwortlichen zum negativen transformiert wor-den und gehe einen Kompro-miss ein, um vordergründig mit der historischen Architektur vor Ort zu harmonieren. Wesentlich besser schnitt das zweite Projekt, der OpernTurm in Frankfurt/Main von Chris-toph Mäckler Architekten, ab. der klassizistisch anmutende Hochhausturm mit einer Fas-sade aus dem portugiesischen Kalkstein Mocca Creme sei eine Bereicherung für die sky-line Frankfurts und füge sich harmonisch in den bauge-schichtlichen Kontext des Opernplatzes ein. das Beste kam zum schluss: die Gestal-tung der neubauten des Ham-bacher schlosses (in diesem Heft ab s. 20) durch den

schweizer Architekten Max dudler überzeugte die runde. dudler sei in besonderem Maße auf den historischen Kontext eingegangen, denn »das Hambacher schloss«, so Herles, »bestehe aus ruinen aller Bauzeiten, die sich durch-dringen. dudler habe dies wei-tergedacht und eine weitere schicht hinzugefügt, die aller-dings nicht historisiert, son-dern zeitgemäß ergänzt. Ver-bindendes element aller Bau-teile ist der regionale natur-stein, mit dem dudler den Ort fortschreibt.«Für ihren vorbildhaften Umgang mit dem Material stein wurden dudler und sein Team gleich im Anschluss ein weiteres Mal ausgezeichnet, diesmal in Form des deutschen natur-steinpreises, europaweit aus-gelobt vom deutschen natur-werkstein Verband. sie erhielten den ersten Preis für die Gestaltung des Jacob-und Wilhelm-Grimm-Zentrums der Humboldt-Universität zu Berlin. dudler betonte, dass es ihm wichtig sei, bei seinen entwür-fen die europäische stadt im geschichtlichen Kontext weiter-

stein und ArchitekturArIAne sUCKFüLL

diskutierte Projekte (v. l.): neubauten am Hambacher

schloss von Max dudler und Team und OpernTurm von

Christoph Mäckler Architekten, Frankfurt/Main.

Gewinner des deutschen natursteinpreises: das Team um Architekt

Max dudler (2. v. l.) mit Michael Frielinghaus, Präsident des BdA (li.),

und Joachim Grüter, Präsident des dnV (re.)

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Vorzeile

HeadlineAUTOr

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der mit 10.000 euro dotierte Pilgram-Preis wird 2012 zum zweiten Mal für herausragende Bauten, Platz- und Freiraumge-staltungen ausgeschrieben, bei denen eine beispielhafte innovative, gestalterische und technisch-konstruktive Anwen-dung von naturstein im Mittel-punkt steht. Ausgelobt wird der Pilgram-Preis 2012 bereits zum zweiten Mal von der Verei-nigung Österreichischer natur-steinwerke (VÖn), Linz, in

Zusammenarbeit mit der Bun-deskammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten (bAIK), Wien. es werden anspruchsvolle Baukonzepte ausgezeichnet, die für eine hohe architektonische Qualität, eine energetische Optimierung und eine wirtschaftliche Kons-truktion stehen. Gewürdigt wer-den herausragende Planungs-leistungen, die ästhetisch anspruchsvolle, innovative und ökologische Lösungen aufwei-sen.der Preis wird für realisierte Bauwerke vergeben, bei denen dem Baustoff naturstein eine besondere architektonische Bedeutung zukommt und die beispielhafte Lösungen für die Gestaltung unserer Umwelt darstellen. Teilnahmeberechtigt sind österreichische Architektinnen und Architekten, Ingenieurkon-sulentinnen und Ingenieurkon-sulenten für Landschaftspla-nung und Landschaftspflege und Ingenieurkonsulentinnen und Ingenieurkonsulenten für Innenarchitektur, die geistige Urheber und Planverfasser von

im In- und Ausland fertigge-stellten Bauwerken sind. Mit der Teilnahme werden die Bedingungen der Auslobung anerkannt.Prämiert wird die vorbildliche Gestaltung und technisch zeit-gemäße Konstruktion von Pro-jekten im In- und Ausland unter maßgeblicher Verwendung von naturstein aus österreichi-scher Fertigung, ausgeführt von naturstein-Fachbetrieben.der Pilgram-Preis ist ein aner-

kannter Architektur-Preis. 1991 wurde er zum ersten Mal vergeben. die Idee, die die Vereinigung Österreichischer natursteinwerke (VÖn) mit die-ser Initiative damals verband, bleibt bis heute unverändert aktuell: Planer an die Vielfalt und schönheit des Baumate-rials naturstein heranzuführen. Zu den bisherigen Preisträgern zählen so bekannte Archi-tekten wie Wilhelm Holzbauer, Boris Podrecca, ernst Beneder oder die Architektengruppe nonconform.die Jury besteht aus: Arch. dI Kathrin Aste, Inns-ruck, Arch. dI Peter Kompol-schek, Villach, Arch. dI Hein-rich eidenböck, Wien (Bundes-kammer der Architekten und Ingenieurkonsulenten), Kr dr. Anton Helbich-Poschacher, st. Georgen, Kr Tr Franz Bamber-ger, Traiskirchen (Vereinigung Österreichischer naturstein-werke VÖn).

Einreichungstermin: 24. Februar 2012Einreichunterlagen auf. www.pronaturstein.at

Pilgram-Preis 2012

Bauen mit naturstein: nachhaltig, energieeffizient und zeitgemäß

WILLy HAFner

Pilgram-Preis: 2012 wieder mit 10.000 euro dotiert.

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Steine Lernen

8 STEIN TIME 2 i 11

Der natursteinpreis für Höhere technische Lehran­stalten wächst weiter. 2011

beteiligten sich bereits vier öster­reichische Schulen daran.

Der HTL NaTursTeiN­preis 2011

Von ricHarD Watzke

Li.: HtL Linz: 1. Preis für ein

ein familienhaus mit Weitblick,

entworfen von Sarah eder, Julia Haas

und Heine Ploier, klasse 3Bte.

re.: HtL Mödling: 1. Preis für ein

Bürogebäude von Patrick kirchberger

und robert koch, klasse 5a.

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vier klassen reichten unter anderem entwürfe für ein einraumhaus sowie für Haltestellen und andere objekte im öffentlichen raum ein.

reaLer BezugBei der Premiere in innsbruck nahmen 16 Schüler der fünften klassen teil. Formal war die Präsentation der ent­würfe durch die klassenvorstände und Betreuer Prof. arch. Di Berndt Hanak und Prof. arch. Di Markus Warzilek vor­gegeben. Jede Gruppe fertigte neben einem Plan auch ein maßstabgetreues Modell an. in innsbruck planen Schüler jedes Wettbewerbsprojekt nicht im luft­leeren raum, sondern möglichst reali­tätsnah: ein Bebauungsplan ist zuvor mit der Stadtverwaltung abzuklären. Das ergebnis sind im idealfall baureife Projekte, die als Studie für tatsächlich ausgeführte Bauvorhaben dienen. auch beim natursteinwettbewerb galt es, Details wie Fassadenschnitte zu veran­schaulichen und die topografische Lage des Bauwerks im entwurf und Modell zu berücksichtigen. Die in innsbruck prämierten entwürfe befassten sich unter anderem mit einem Haus der

Der voN Der vereiNiguNg ÖsTer­reicHiscHer NaTursTeiNwerke vÖN seiT 2008 DurcHgefüHrTe HTL­NaTursTeiNpreis ist ein Wett­bewerb für innovative, nutzerorientierte Projekte aus naturstein im innen­ und außenbereich. Der Wettbewerb stellt naturstein als einen Baustoff in den Vordergrund, der durch individuelle Behandlung von Details und oberflä­chen wie kaum ein anderer auch bei kleineren Projekten zur Wirkung kommt. Durch den Wettbewerb werden HtL­Schüler zusätzlich zur Vortragsreihe »Faszination naturstein« besser mit den gestalterischen und konstruktiven Möglichkeiten von naturstein vertraut gemacht.Beim Durchgang 2011 beteiligten sich vier Höhere technische Lehranstalten. neben der HtL 1 für Bau und Design in Linz und der HtL Mödling nahmen erst­mals auch die HtL Villach sowie die HtL Bau und kunst in innsbruck teil. Beteiligt waren dritte, vierte und fünfte klassen, die überwiegend Gruppenar­beiten einreichten. an der HtL Linz wurde der Wettbewerb bereits zum drit­ten Mal durchgeführt. 93 Schüler aus

Der HTL NaTursTeiN­preis 2011

Von ricHarD Watzke

HtL innsbruck: Die Preisträger klemens adamer

und Stefan Wetscher wurden für ihren entwurf

zur Verbauung des Bahnhofsgeländes Schwaz

durch Prof. arch. Di Berndt Hanak und Dipl.­ing.

albrecht Lauster als Jurymitglied der VÖn aus­

gezeichnet.

Premiere des Wettbewerbs

in innsbruck: Modelle vor

den zur Jurierung aufge­

reihten entwürfen.

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Steine Lernen

10 STEIN TIME 2 i 11

Genera tionen in kufstein, einer Bahnhofs­verbauung in Schwaz sowie einer kletter­halle in Mayrhofen. paviLLoN iN viLLacHin Villach widmeten sich 44 Schüler dem thema Pavillon aus naturstein. Der Grund­riss war auf eine maximale Seitenlänge von vier Metern begrenzt, für die Höhe und Form gab es keine einschränkungen. Die beabsichtigte nutzung sowie ein geeigneter Standort waren vom Projektteilnehmer frei wählbar. als Darstellungsform war ein Plan im Format a2 mit Grundriss, Schnitt, min­destens zwei ansichten, eine 3­D­Projek­tion, ein Detail sowie eine Projektbeschrei­bung einzureichen. Beurteilungskriterien waren gemäß dem Unterrichtsfach Ge ­bäude­ und Gestaltungslehre die Symbol­haftigkeit und innovation des entwurfes, der ästhetische ausdruck aus Proportio­nen, Form und Gebrauchstauglichkeit, die Machbarkeit, Materialwahl, Dauerhaftigkeit, die verwendeten natursteine unter Berück­sichtigung der oberflächen, Wirtschaftlich­keit und eignung sowie die nachhaltigkeit der Baustoffe. in der nächsten runde haben bereits weitere HtL ihre teilnahme am Wettbewerb bekanntgegeben. n

HtL Villach: 1. Preis für den

Musikpavillon von Johann

Wurzer, klasse 4. aHBtH.

Li.: HtL Villach: 2. Platz für die Begeg­

nungsstätte »Über den Grenzen« von

tadeja Mischkulnig, kLasse 4. aHBtH

re.: HtL Mödling: 1. Preis für ein

einfamilienhaus mit Gartengestaltung

von Florian Hofstetter und Markus

katzianschitz, klasse 4B.

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Anzeige

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In dIe Jahre gekommen

12 STEIN TIME 2 I 11

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Widerspruch: Tradition dort, moderne hier und ein Spiegelbild von Wagners Biografie. mit einem Bein noch in der Welt der kaiserin Sissi, aber mit dem anderen bereits in der Welt Schieles und klimts. Wagner träumte vom archi-tekten des alten österreichisch-unga-rischen kaiserreichs und wollte gleich-zeitig Baumeister der moderne sein. »etwas Unpraktisches kann nie schön sein«, war sein resultat baukünstle-rischer aufgabenanalysen. In jedem detail, jedem ausstattungsmerkmal, jedem möbel führen Zweckmäßigkeit und gebrauchsfähigkeit zu intelligenten, schlüssigen, hochästhetischen Lösun-gen. Wagner lebte seit seiner Jugend in architektur. das haus der Familie in der göttweihgasse mitten in Wien war von

Der Sitz Der kaiSerlich-könig-lichen PoStSParkaSSe in Wien. die Fassade nimmt die geradlinige Straßenführung auf. die gestalt des gebäudes ergibt sich unmittelbar aus seiner Struktur, während sich die äußerst sparsame Verzierung den ver-wendeten materialien anpasst. Über die haupthalle mit dem Schalterraum und drei Büroetagen spannt sich ein glasdach, das von einer eisenstruktur getragen wird. Während in anderen Banken die eisen- und glasstrukturen durch ein dekor »geadelt« werden, ent-schied sich Wagner für Schlichtheit und scheinbare einfachheit zugunsten des natürlich wechselnden Lichtes, kaum 100 meter von der historisierenden »ringstraßen«-architektur entfernt. ein

die Postsparkasse in Wien ist nicht irgendeine Sparkasse. auch über 100 Jahre nach seiner Fertigstellung, noch immer genutzt und weitge-

hend in seinem ursprünglichen Zustand, ist das zwischen 1904 und 1906 von otto Wagner geplante gebäude ein Beispiel dafür, wie die Bekleidung einer Fassade funktioniert, ohne nur Verkleidung zu sein. eine Bestandsaufnahme.

Weißer marmor und granit:

die Postsparkasse in Wien

gilt als Ikone der »naturstein-

architektur« in Österreich.

lernen von otto Wagner

Von WILLy haFner

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In dIe Jahre gekommen

14 STEIN TIME 2 I 11

dem damals führenden Wiener archi-tekten Theophil hansen gebaut worden. die experimente mit den verschiedenen Stilrichtungen, tagtäglich an der ring-straße zu beobachten, war nicht seine Welt. Wagner iSt ein vertreter einer »geWiSSen PraktiSchen rich-tung«. der Baustil der Zukunft ist für ihn ein nutzstil: architektur als Bedürf-nisbefriedigung. Wie alle Wiener liebte otto Wagner Wien über alles und zugleich litt er an der Stadt, die ihm

Lüftung, heizung und Fahrstühle, damals aktuelle hightech-anlagen. Funktionalität bestimmt die organisa-tion des gebäudes bis in die details der Toiletten: die erforderlichen Wasch-tische mit kipplavoirs, Imperial-Closets und Pissoirs sind in die Toilettenräume verlegt. Ihre anzahl ist der anzahl der Beamten der anliegenden Bureaux und dem ge schlecht angepasst. »das Ver-hältnis zwischen männlichen und weib-lichen Beamten wurde nach dem Perso-nalstande festgesetzt und da vorauszu-sehen ist, dass der weibliche Teil sich in Zunahme befindet, wurde in der Studie darauf rücksicht genommen«, schrieb er in weiser Voraussicht. Zugleich ist das haus keine maschine, sondern eine ebenso künstlerische wie funktionale komposition. Wie kaum ein anDerer WurDe Wagner von Den WachSenDen techniSchen möglichkeiten Der eiSenarchitektur beeinfluSSt, die als neue Technik auch formal neue Wege einschlug. Während für gottfried Semper in dresden die Bekleidung noch das dominierende formale ele-ment für die erscheinung eines Bauwerks war, akzeptierte Wagner das

jedoch nicht alles erlaubte, was er ihr zuwenden wollte. dass Laien und leider auch viele architekten der anschauung sind, dass ein Parlament wohl grie-chisch, ein Telegrafenamt oder eine Telefonzentrale aber nicht gotisch gebaut werden können, während sie eine kirche direkt in letzterem Stile ver-langen, kommentierte er mehr als ein-mal bissig und ironisch. das Postspar-kassengebäude ist ein Schlüsselwerk. naturstein, Beton, eisen und das damals hochmoderne aluminium für

die Postsparkasse in

Wien: eine mit eisen

beschlagene Schatz-

truhe als archetypus für

die sichere Verwahrung

des gesparten und ver-

anlagten geldes.

die Fassade der Postsparkasse

in Wien: bekleidet, nicht verklei-

det, mit naturstein

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Bekleidete als mitbestimmendes moment der architektur. die gestaltung der Bekleidung wird für ihn wesentlich von der Tragstruktur, auf die sie aufge-bracht wird, mitbestimmt. Wagner addierte elemente und materialien; er ließ sie sich gegenseitig durchdringen, sie gegenseitig vor- und zurücktreten und nicht ineinander übergehen. dort, wo Bauteile aufeinandertreffen, bilden sie präzise formulierte knotenpunkte oder durchstoßpunkte. die sichtbare Befestigung der Verkleidung ist bei ihm nicht konstruktiv begründet. der ein-druck, dass die marmorplatten mit nie-ten an der Wand befestigt wurden, ist nur noch Schmuck. In Wirklichkeit sind die eisenanker viel zu kurz, deshalb liegen die marmorplatten auf einem mörtelbett. der Stein wird durch seine Verwandlung in Scheiben seiner grundeigenschaften der Schwere beraubt und versinnbild-licht dadurch die dualität zwischen Symbol und Funktion. »alles modern geschaffene muß unser eigenes besse-res, demokrati sches, selbstbewusstes Wesen veranschaulichen«, schreibt er. die Fassade in Wien ist ein Spiegel dessen. n

Bodenbeläge, Wandtäfe-

lungen, Teppiche, heizkörper,

Lampen, Sitzbänke, Sessel –

alles ist in der Postsparkasse

aus einer hand.

Bei seinen Bekleidungen

nutzt Wagner vor allem das

Prinzip der »materiellen

Schichtung«. Vorbild für

Scarpa, kollhoff und viele

andere.

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Architektur

16 STEIN TIME 2 i 11

jeden tag 7.000 Besucher. Vorher war dort überhaupt nichts los.

Marcus Nitschke: und das, obwohl manche meinten, im digitalen Zeitalter brauche man keine Bibliotheken mehr.Max Dudler: hinter jedem Fenster der Bibliothek steht die Geschichte, wie hin-ter jedem Buchrücken. Das können Sie auch bei unseren Bibliotheksbauten in Münster und Marbach sehen.

Marcus Nitschke: Die im Vergleich zum Grimm-Zentrum eher klein sind.Max Dudler: Das stimmt. trotzdem repräsentieren sie das idealbild der Bibliothek, das ich nicht nur in direkten Vorläufern sehe, sondern zum Beispiel auch in der rasterstruktur der alten anatomischen theater.

Marcus Nitschke: Beim Grimm-Zentrum haben Sie nicht nur eine neue Art von

innenraum geschaffen, es kommt auch eine neue städtebauliche komponente hinzu.Max Dudler: hier taucht der Gedanke der europäischen Stadt auf. Berlin ist historisch gesehen eine flache Stadt, auch im 19. Jahrhundert, was Sie gut auf alten Gemälden sehen können. im Wettbewerb für das Grimm-Zentrum hat sich daher niemand getraut, in die höhe zu gehen. Wir haben eine Staffe-lung des Gebäudes nach oben geplant.

Marcus Nitschke: Welche rolle spielt dabei das Material der Gebäudefas-sade, oder genauer: das Verhältnis von Masse und Materialität?Max Dudler: Das Material ist ganz ent-scheidend. Farbe und Oberfläche müs-sen zum Ort passen.

Marcus Nitschke: Was unterscheidet da andere Städte von Berlin?

Marcus Nitschke: herr Dudler, ihr Grimm-Zentrum in Berlin bekommt den Deutschen Natursteinpreis 2011. Was bedeutet diese Auszeichnung für Sie?Max Dudler: So ein Preis hat nur Sinn, wenn nicht nur das Material im Blick ist, sondern auch Städtebau und Archi-tektur inhaltlich stimmen. Mich interes-siert, dass der Natursteinpreis auch ein Preis für gute Architektur ist und nicht nur für Stein.

Marcus Nitschke: ein zentraler Ge danke bei ihnen ist die Wiedergewinnung der europäischen Stadt. Was bedeutet das in Berlin, wo sie nicht nur das Grimm-Zentrum, sondern auch viele andere Gebäude realisiert haben?Max Dudler: Wir gehen auf den Ort ein und schaffen neue räume, außen wie innen. Das ist nicht nur das Gebäude, sondern es sind auch neue Plätze und Stadträume. Die Bibliothek hat jetzt

Architekt Max Dudler ist Preisträger des Deutschen Natursteinpreises 2011. Mit Steintime sprach er über Architektur

im kontext Stadt und das Bauen mit Stein.

Die StaDt uND Der SteiN

VON MArcuS NitSchke

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»Der Natursteinpreis ist auch ein Preis für gute Architektur und nicht nur für Stein.«

MAx DuDler

Das Jacob-und-Wilhelm-Grimm-Zentrum

der humboldt-univer sität zu Berlin mit

einer Fassade aus Jurakalkstein. Die

Architektur entspricht der Nutzung. im

Bereich der Magazine stehen die

Naturstein lisenen enger, im lesebe-

reich lassen sie mehr licht einströmen.

Max Dudler im Gespräch mit

Marcus Nitschke: Auf den raum

eingehen und neue räume

schaffen ist ein Prinzip von

Max Dudlers Architektur.

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Architektur

18 STEIN TIME 2 i 11

Max Dudler: in Zürich zum Beispiel können wir viel detaillierter bauen als in Berlin. Da gelten in der Schweiz andere Bedingungen. Oder in Frankfurt: eine Gutsstadt, wo wir nicht mit Stein bauen, sondern mit Stahl und Glas, um die grüne umgebung zu reflektieren. An anderen Orten passt vielleicht sogar holz.

Marcus Nitschke: Steht die Materialität ihrer Werke auch für Dauerhaftigkeit?Max Dudler: Natürlich! unsere früheren Gebäude kann man auch nach 25 Jah-ren noch anschauen. in der Architektur ist das kontinuierliche Arbeiten wichtig, nicht immer nur die sogenannten high-lights, die für die Stadt ohnehin keinen effekt haben.

Marcus Nitschke: Wie wählen Sie ihre Steine aus?

Marcus Nitschke: Auch bei anderen Bauten setzten Sie sich mit histo-rischen Bauweisen auseinander.Max Dudler: Am stärksten sicher beim hambacher Schloss, wo unser Neubau das alte Mauermotiv aufnimmt. Die Bruchsteinoberfläche stellt die histo-rische Anbindung her und ist auf ihre Art eine materialgemäße eins-zu-eins-transformation der vorhandenen histo-rischen Mauern.

Marcus Nitschke: Wenn man dort vor Ort ist, überrascht, wie selbstverständ-lich die leute, die im Schloss arbeiten, ihre Architektur regelrecht adoptiert haben.Max Dudler: entscheidend war wohl der Mut, die Ausbauten der 1980er-Jahre, die damals in rustikaler eiche gemacht worden waren, wieder herauszunehmen und klare moderne elemente gegen die alten Mauern zu setzen.

Marcus Nitschke: An den unterschied-lichen Modellen des Schlosses, die in der Ausstellung zu sehen sind, kann man gut erkennen, wie ihr Neubau sich in die Struktur der alten Wehrmauern einfügt.Max Dudler: Das Wichtigste an diesem Projekt ist überhaupt, wie man mit Mauern umgeht. und zwar nicht nur mit der Masse, sondern auch mit den Öff-nungen und Fenstern. Die haben wir im Neubau regelrecht als Bilder einge-stanzt, fast wie die hängung der Bilder in der eremitage in Sankt Petersburg. Beim Blick nach außen wird jedes tal, das man sieht, ein Bild.

Marcus Nitschke: Wie sehen Sie die zukünftige entwicklung ihrer Arbeit mit Naturstein?Max Dudler: in essen planen wir gerade eine Bibliothek mit einer transluzenten Fassade aus Steinglas. Das könnte durchaus etwas Neues werden. n

Max Dudler: Steine müssen eine gewisse Qualität und intimität zeigen – das ist wichtig. Deshalb gehen wir auch immer vorher in die Steinbrüche. und wenn Stein benutzt wird, dann muss die umsetzung detailgerecht sein.

Marcus Nitschke: ist die Fassade des Grimm-Zentrums eine Neuinterpretation des alten Stuckmotivs?Max Dudler: in gewissem Sinne ja. Mich fasziniert das Spiel von licht und Schat-ten, wie man es auf den alten Fassaden findet. hier haben wir die Steine mit einer Wasserstrahltechnik bearbeitet.

Marcus Nitschke: ist das die Wieder-kehr des Ornaments in der Architektur?Max Dudler: ich glaube nicht, dass das etwas mit dem Ornament zu tun hat, sondern mit der transformation eines historischen themas in die Gegenwart.

Bei der Materialwahl ist für

Max Dudler entscheidend,

dass Farbe und Oberfläche

zum Ort passen.

Für die Gestaltung der Fassaden des ham-

bacher Schlosses fiel die Wahl auf den

gespaltenen leistadter Sandstein, sodass

sich nun der neue restaurantbau organisch

an das his tori sche Mauerwerk anschließt.

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Konservative wie Sozialisten sehen im Hambacher Schloss ein Symbol für gesellschaftliche Emanzipation

und demokratischen Aufbruch. Seit dem legendären Hambacher Fest von 1832 nimmt es neben den vielen populären Burg ruinen im Pfälzer Wald eine Son der­stellung ein. Jetzt hat der Schweizer Max Dudler das Burg fragment vorsichtig aktualisiert.

Ein dEutschEs MonuMEnt

Von KArin LEyDEcKEr

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dEMokratiE ist EinE EwigE BaustEllE. niemals ganz fertig, niemals wirklich befriedi­gend. Genauso verhält es sich mit dem Hamba­cher Schloss, der symbolträchtigen »Wiege der deutschen Demokratie«. Wer an diesem Schau­platz des »nationalfestes der Deutschen« baut, muss die Herausforderung annehmen, einer architektonischen Metamorphose von mehr als 1.000 Jahren verantwortlich zu begegnen. Dem Schweizer Architekten Max Dudler ist das gelungen, als er nach einem Wettbewerbsent­scheid den Umbau und die Erweiterung des Hambacher Schlosses in Angriff nahm. Er ver­wandelte das steinerne Symbol deutscher Geschichte durch kluge interventionen in eine symbolträchtige Bauskulptur. Von mächtigen Sandsteinmauern breit gefasst thront heute das prächtig schwarz­rot­gold­beflaggte Monu­ment über dem lieblich bewaldeten Haardtrand. Die malerischen Hügel der Weinstraße sind hier zum Greifen nah, und in der Ferne schimmert das milde Sfumato der oberrheinischen Tief­ebene.

BEwEgtE gEschichtEDiese idyllische Kulisse war am 27. Mai 1832 der Schauplatz für die erste demokratische Massendemonstration auf deutschem Boden: Unter dem ruf »Hinauf, hinauf zum Schloss!« sollen damals unter der Führung von Philipp Jakob Siebenpfeiffer und Johann Georg August Wirth über 30.000 Menschen mit der schwarz­rot­goldenen Fahne zum Hambacher Schloss gezogen sein, um für freiheitliche Bürgerrechte, religiöse Toleranz und nationale Einheit zu demonstrieren. Die lebensfrohen Pfälzer mach­

»Die ganze nacht hindurch wurde geschossen, gefressen und gesoffen und jubiliert.«

Mal historisches Erbe, dann Steinbruch,

romantische ruine und gemütvolle nach­

erfindung: Damit ist nun Schluss. Dudler

setzte mit seinem kantigen restaurant

eine deutliche Zäsur in den Burghof.

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ArcHiTEKTUr

22 STEIN TIME 2 i 11

ten ein prächtiges Volksfest mit Karus­sells, mobilen Garküchen und Verkaufs­buden daraus. Das Hambacher Schloss war damals eine seit den Bauernkriegen zerstörte Burgruine, die als Steinbruch genutzt wurde. ihr Ursprung war die mittelalter­liche »Kästenburg«. Dieser name leitete sich von den Kastanienwäldern ab, die aus der römerzeit stammen und den Burghügel prägen. Mit dem Wiener Kongress 1814 wurde die heutige Pfalz bayerisch, die ruine des Hambacher Schlosses kam in Staatsbesitz. Die Pläne des Kronprinzen Max, in der Pfalz eine Sommerresidenz zu bauen, brachte die Pfälzer auf die idee: Sie tauften die Kästenburg kurzerhand in »Maxburg« um und machten diese »Königin der ruinen« dem bayerischen Kronprinzen zum Hochzeitsgeschenk. Auf ihrem Fundament sollte ein Pfalz­grafenschloss im »reichsten mittelalter­lichen Stil« entstehen. Daraus wurde nichts. Erst nach dem Zweiten Welt­krieg – das Hambacher Schloss war

immer noch eine dachlose ruine – erwachte in den Pfälzern die Erinne­rung. ihr Geschenk der historischen Fahne an Bundeskanzler Konrad Ade­nauer machte allerdings wenig Ein­druck, denn der diskreditierte die Auf­ständischen von damals als »kleinbür­gerliche revolutionäre« und ließ das Symbol der Demokratiebewegung auf dem Dachboden des Palais Schaum­burg verstauben.

war (Foto oben). Zum 175. Wiegenfest wurde deshalb wieder ein Umbau (20 Millionen Euro) beschlossen und in einem Wettbewerb für den international renommierten Schweizer Architekten Max Dudler entschieden. Er setzte nicht auf den harten Eingriff, sondern auf die Konturierung des historischen Bestandes. Das alte Gemäuer blieb erhalten, aber um die räumlichen und chronologischen Zusammenhänge wie­der lesbar zu machen, war es wichtig, die vorhandene Substanz behutsam zu reinigen, zu öffnen, wieder aufzuneh­men und auch zu verdichten.Dieser purgative Prozess im innern des Hauptgebäudes betraf die Technik und die behindertengerechte Erschließung sowie die runderneuerung des Fest­saals mit den neogotischen Bogenfens­tern. Dazu wurde das gesamte Burgen­equipment entrümpelt. Speziell bei der auf alt getrimmten Holzbalkenkonstruk­tion, die rein dekorativ zur Kaschierung der Betondecke im großen Festsaal diente, war das besonders heikel und brachte die kochende Volkseele in eine regelrechte identitätskrise: oh Heimat, deine Holzdecken! Dudler wählte deshalb einen Umbau in mehreren bürgerverträglichen Abschnit­ten (2005–2011). Heute fügen sich akkurat verarbeitetes Kirschholz, Stein, Glas und Stahl wie von selbst in das Gebäude ein. Der Festsaal zeigt wieder sein historisches Sichtmauerwerk, und

wiEdEr EinMal Ein nEuanfangobwohl sich das demokratische nach­kriegsdeutschland mit dem Grundge­setz in der Tradition von Hambach sah, dauerte es Jahrzehnte, bis das Fest als konstitutiv für die Bonner republik gewürdigt wurde. Zur 125­Jahr­Feier, die auf Empfehlung des Bundespräsidenten Theodor Heuss eher getragen und nicht als »Wurstmarkt« begangen wurde, bekam des Schloss endlich ein Dach. Touristisch war das aufgehübschte Gemäuer jedoch ein Flop, zumal die Verpackung keinen inhalt hatte. Zum 150. Jahrestag des Hambacher Festes sollte es besser werden. Deshalb ver­gab die Landesregierung rheinland­Pfalz den regionalen Architekten Helmut Augeneder und Horst römer den Direkt­auftrag zum Umbau des Schlosses in eine mittelalterliche Wohnburg mit Zin­nen, Schießscharten, Wehrgang und einer Dokumentationsstätte. nach schwierigsten Sanierungsarbeiten mit einem Betonkorsett für die bröckelnden Sandsteinmauern präsentierte sich das

neue alte Hambacher Schloss mit Schmiedeeisen, wuchtigen Holzarbeiten und einem dunklen Fliesenboden rusti­kal aufgerüstet. Diese martialische Burgenromantik in Höhe von 12 Millio­nen DM war zwar sehr solide, hielt aber ästhetisch nicht lange vor. Baukünstle­risch besonders unglücklich war das restaurant mit dem rustikalen Falt­dach, das wie ein Fremdkörper an die ringmauer des Schlosses angeklebt

der kleine Saal im

Schloss, rechts

die strenge

Erschließung des

raums

Page 22: Steintime Österreich 2 2011

23

BauhErr:

Stiftung Hambacher Schloss, vertreten

durch Landesbetrieb LBB Landau

architEkt:

Max Dudler, Berlin/Frankfurt/Zürich

www.maxdudler.com

ProjEktlEitErin:

Simone Boldrin

MitarBEitEr:

Julia Werner, Handan Özdemir,

Patrick Gründel

BaulEitung:

plan art GmbH, Kaiserslautern

tragwErksPlanEr:

ingenieurbüro Schenck,

neustadt a. d. Weinstraße

haustEchnik:

iFG ingenieurgesellschaft für

Gebäudetechnik, Frankenthal

BauPhysik und akustik:

iTA ingenieurgesellschaft für

technische Akustik MBH, Wiesbaden

fErtigstEllung:

April 2011

standort:

restaurant 1832, Hambacher Schloss,

neustadt an der Weinstraße/

rheinland­Pfalz

»Auch die Komposition des Außen­bereichs durch den Erweiterungs­ bau des restaurants und durch neue Wegeführungen ergibt ein inte gratives Zusammenspiel.«

Statt der auf den falschen Konsolen abgestützten

rustikalen Weinstubenbalken prägt nun eine mit

Technik ausgerüstete, an Schinkels Zauberflöten­

plafond erinnernde Decke den großen Saal.

Die innenräume sprechen ein neues Publikum

an, weniger die Wanderer des Pfälzer Waldver­

eins. oben: Das restaurant »1832« mit den

dekorativen Fenstern, die auch mal mit den

Tischen hadern.

Page 23: Steintime Österreich 2 2011

ArcHiTEKTUr

24 STEIN TIME 2 i 11

einer ständigen Ausstellung, die mit einem medialen Feuerwerk die histo­rischen Hintergründe rund um das Ham­bacher Fest erhellt.Die neuen Eingriffe wirken an keiner Stelle zu dick aufgetragen oder gar wie Fremdkörper. Auch die Komposition des Außenbereichs durch den Erweiterungs­bau des restaurants und durch neue Wegeführungen ergeben ein integra­tives Zusammenspiel. Für den restau­rantneubau wählte Dudler als reverenz an das historische Hauptgebäude eben­

in seinen nachtschwarzen Decken blin­ken winzige Leuchtkörper wie Sternchen im festlichen Himmelszelt. Hinter dieser schinkelschen »Zauberflöte«­Attitüde verbirgt sich ganz profan die Licht­Ton­ und Klimatechnik des Saales. Der benachbarte Siebenpfeiffer­Saal, der namentlich an einen Hauptakteur des Hambacher Festes erinnert, ist kleine­ren Veranstaltungen vorbehalten. Hier wird der raum durch Flächenleuchten in der Decke mild illuminiert. Das ober­ste Stockwerk des Schlosses dient

falls den gelben ortstypischen Sandstein. Der gedrungene Baukörper des restau­rants, der optisch die ringmauer fort­setzt, wird dem Schloss vorgelagert. Fas­zinierend in dieser neuen Fassade sind die mit tiefer Laibung eingeschnittenen Fensteröffnungen: Einerseits lassen sie das Thema »Burgeinfriedung« anklingen, andererseits schenken sie analog zur Petersburger Hängung wie in einem Bild gerahmt reizvolle Blicke auf eine fast schon toskanische Landschaft. Hier sitzt man gut und bequem auf soliden, von Max Dudler eigens entworfenen und von den Deutschen Werkstätten Hellerau gefertigten Stühlen. Burgenambiente gibt es nicht, stattdessen ruhige Eleganz und Maßarbeit mit Kirschholzparkett und Lam­perien an den mild getönten Wänden. Die steinerne Dachterrasse des restaurants setzt schon ganz südliche Akzente. Alles gut? Ja, es ist Frieden. nur »nach­denkliche« wollen wissen, »ob man einem national so wichtigen Denkmal alle 25 Jahre eine radikale runderneuerung antun darf«. Man wird müssen, denn die Politprominenz inszeniert ihre demokra­tische Hauptrolle immer nur auf frisch gefegten Bühnen. Und so gut und trag­fähig uns der Dudler­Entwurf heute erscheint, ist er doch auch nur ein Zeit­geist­Kleid. Wirklich genial für die »Wiege der deutschen Demokratie« wäre nur ein pfälzisches Hohenschwangau im neogo­tischen Stil! Genau so, wie es August von Voit 1844 geplant hat. Aber diese chance kehrt nicht wieder. n

Mal historisches Erbe, dann Steinbruch,

romantische ruine und gemütvolle nach­

erfindung: Damit ist nun Schluss. Dudler

setzte mit seinem kantigen restaurant

eine deutliche Zäsur in den Burghof.

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26 STEIN TIME 2 I 11

Upper eastsideBerlin

Von Anne-mArIe rIng

ArchItektur

Page 26: Steintime Österreich 2 2011

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A n Berlins prominentester kreuzung – unter den Linden, ecke Friedrich- straße – hat die münchener meAg ein

gebäudeensemble der Superlative errichtet. 40.000 Quadratmeter geschossfläche für exklusive Ladengeschäfte, Büros und luxu-riöse Appartements, ein Inves titionsvolumen von 200 millionen euro und ein name, der stutzig macht: upper eastside Berlin.

Page 27: Steintime Österreich 2 2011

ArchItektur

28 STEIN TIME 2 I 11

architekten:

gmp – Architekten von gerkan, marg und Partner, Berlin,

in kooperation mit kahlfeldt Architekten (haus 1), Berlin

und Prof. Augusto romano Burelli (haus 4), Venedig

steintechnik Und Montage:

Lauster Steinbau, Stuttgart

Verlegt wurde römischer travertin in unterschiedlichen

Sortierungen: haus 2 erhielt »Bernini«, haus 3 wurde mit

»Alabastrino« ausgestaltet und in haus 4 kam »Alga Sottile«

zum einsatz, wobei es sich bei den genannten Sortierungen

um verschiedene Lagen aus ein und demselben Bruch

handelt. Die Blöcke wurden zum großen teil in maulbronn

bei Stuttgart, zum teil aber auch im österreichischen Werk

in St. Johann gegattert, geschliffen und besäumt.

Upper eastside? für Berliner ist ein iMMoBilienBegriff, der sich auf den ostteil der Stadt bezieht, eher negativ be -legt. Die Vermarkter von »upper eastside Berlin« sind dieses risiko bewusst einge-gangen. Sie wollten Assoziationen zu dem noblen new Yorker Stadtteil wecken, denn das objekt wird international vermarktet. Das neue Luxusquartier wurde auf einem Areal, auf dem einst das legendäre hotel-café Victoria stand, errichtet. Die seiner-zeit schon prominente Anlaufstelle für tou-risten und Flaneure – an einem »schönen« tag, dem 13. märz 1891, wurden hier 120.000 Fußgänger und 13.100 Wagen gezählt – prägte die Straßenecke für Jahr-zehnte. Im Februar 1945 wurde das

Die Fassadengliederung nimmt Bezug auf den

historischen Bestand vor seiner Zerstörung.

Als Leitmaterial wurde römischer travertin

gewählt, der in unterschiedlichen Sortierungen

zur Verlegung kam.

Page 28: Steintime Österreich 2 2011

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beliebte Viertel durch einen Bombenan-griff zerstört. keines der gebäude konnte erhalten werden und erst in den späten 1950er-Jahren wurden die letz-ten Bautrümmer beiseitegeräumt. In den 1960er-Jahren entstand hier ein acht geschossiger Plattenbau, das »hotel unter den Linden«. Dieses wurde im Frühjahr 2006 abgerissen. Städte-bauliches Ziel der neubebauung war die Wiederherstellung der Baufluchten der Straßen unter den Linden, Friedrich-straße und mittelstraße gemäß dem historischen Stadtgrundriss. Aus dem mehrstufigen, international ausgeschrie-benen Wettbewerb zur gestaltung von upper eastside Berlin ging das Berliner Büro der Architek ten von gerkan, marg und Partner (gmp), hamburg, als gewin-ner hervor. Ihr konzept wurde durch entwürfe von kahlfeldt Architekten, Ber-lin, und Augusto romano Burelli, Vene-dig, ergänzt. Das gebäudeensemble ist 76 meter lang, 76 meter breit und fügt sich mit einer höhe von etwa 30 metern in das städtebauliche umfeld ein. es gliedert sich in fünf häuser mit jeweils elf eta-gen, drei davon unterirdisch, und zwei Innenhöfe auf höhe des 2. oberge-schosses, also über den Ladenein-heiten. Für die einzelnen häuser wur-den unterschiedliche Leitmotive ent-wickelt. Die detaillierte Ausgestaltung basiert auf der Baugestaltungsverord-nung unter den Linden und formuliert zeitgemäße Architektur mit mitteln moderner technologie. gastronomische einrichtungen, die die nachfolge des legendären cafés Victo-ria hätten antreten können, sucht man vergebens: Im 6. und 7. obergeschoss

sind Wohnungen angeordnet. Vom 2. bis zum 5. Stockwerk wird das gebäude als Bürofläche genutzt. Die 1. etage, das erdgeschoss und große teile des 1. untergeschosses sind als einzelhandelsflächen konzi-piert. Das 2. und 3. untergeschoss wird als tiefgarage mit nebenräu-men, die zum teil für haustechnische Installationen vorgesehen sind, genutzt. Die gebäude wurden als Stahlbeton-Skelett-konstruktion mit innen liegen-den treppenhauskernen und Aufzugs-schächten errichtet, die – gemein-sam mit den giebelwänden zur benachbarten Bebauung – der gebäudeaussteifung dienen. Die Decken sind als Stahlbeton-Flach-decken ausgeführt. Die Fassaden in den Straßenfronten wurden als tra-gende Fassaden ausgebildet. In den Bereichen mit Staffelgeschossen wurden die tragenden Fassaden-stützen der Straßenfronten jeweils auf der darunter befindlichen Decke durch hoch bewehrte Deckenstreifen mit höheren Betonfestigkeiten abgefan-gen. Die Fassaden in den Innen höfen sind nicht tragend. hier werden die Lasten über eingerückte Stützen abge-tragen. Diese konstruktion hatte erheb-liche konsequenzen für die montage der natursteinplatten: Sie sind an einem vom Boden bis zur Decke gespannten Aluminiumprofil montiert.Dies ist nur eine von vielen speziellen Lösungen, die das mit der Verlegung beauftragte unternehmen, die Firma Lauster Steinbau, Stuttgart, herstellte. Dem erfahrenen natursteinwerk waren der Innenausbau aller fünf häuser –

Die naturwerksteinfas-

sade erhielt eine Profilie-

rung durch Vor- und rück-

sprünge, die als Lisenen,

Pilaster und gesimse

ausgebildet sind.

Page 29: Steintime Österreich 2 2011

ArchItektur

30 STEIN TIME 2 I 11

andere natursteine farbige Akzente. Für haus 1 mit der noblen Adresse »unter den Linden 14« haben kahlfeldt Architekten einen »teppich« aus tauerngrün und italie-nischem marmor Statuario entworfen, gefasst von einem Fries aus muschelkalk. Der »teppich« der ebenfalls zweigeschos-sigen eingangslobby von haus 3 beginnt schon unter den kolonnaden. hier wird der Belag aus römischem travertin von sechs Zentimeter breiten Streifen aus muschel-kalk akzentuiert, die sich von außen nach innen im einfachen muster wiederholen. Auch haus 4 (an der mittel straße 62) dient als Büro- und geschäftshaus mit Wohnun-gen im 6. und 7. obergeschoss. Die sechs Achsen der Fassade sind symmetrisch in Bezug auf den mittig angeordneten haupt-eingang ausgerichtet. Das eingangs foyer ist mit Wandbelägen aus römischem travertin und Streifen in dunklem travertin (Farbe nussbaum) gestaltet. Boden- und Deckenspiegel neh-men dieses muster mit quadratischen kas-setten auf; das quadratische motiv der Streifen ist mit dunklem travertin am Fuss-boden und römischem travertin an der Decke abgebildet. n

Materialienfassaden:

ca. 6.000 m2 römischer travertin

(Bernini, Alabastrino und Alga

Sottile; geschliffen c60)

innenwände:

ca. 2.000 m2 römischer travertin,

geschliffen c60

kollonaden:

ca. 500 m2 Auerkalk/

muschelkalk

loBBys:

ca. 2.000 m2 römischer

travertin 3 cm, geschliffen

c120; teilweise mit muschelkalk,

tauerngrün und marmor Statuario

gestaltet

terrassen:

ca. 1.800 m2 Bodenplatten,

4 cm, geschliffen c60; teils im

Splittbett, teils auf Stelz lager

treppenhäUser Und

neBenräUMe:

ca. 3.500 m2 Juramarmor

eingangslobby, etagenlobbys, Boden- und Wandbeläge, tür- und Aufzugslaibun gen und treppenhäuser – sowie die Fassaden der häuser 2, 3 und 4 anvertraut worden. Die besondere technische herausforderung bestand darin, auf einem reduziert ausge-bildeten rohbau die reich gegliederte Fas-sade in teilmassiver Ausführung anzubrin-gen. Die ästhetischen Anforderungen der Architekten konnten nur mithilfe von Son-derlösungen bei der entwicklung der unterkons truktion und des Steinschnitts wirtschaftlich erfüllt werden. Als gestalterische Finesse wurden die Plat-ten für Innenwände und Fassaden gegen das Lager geschnitten, was die horizontale Schichtung des beigen natursteins sehr schön hervorhebt. Die Bodenplatten dage-gen sind im Lager geschnitten, wodurch sich eine leicht wolkige optik ergibt, die der feine Schliff (c120) nochmals betont. Die drei Zentimeter dicken, großformatigen Platten in den eingangs- und etagenlobbys wurden im mittelbett verlegt und anschlie-ßend imprägniert. In sämtlichen treppen-häusern liegt fein geschliffener Juramar-mor. So weit, so beige. In den zweige-schossigen eingangslobbys jedoch setzen

Links: Die gliederung

der Fassaden spiegelt

die nutzung wider. Die

Wohnungen der obers-

ten etagen sind etwas

zurückversetzt.

rechts: Im erdge-

schoss und 1. ober-

geschoss verlocken

hochwertige Läden

zum einkaufsbummel.

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ErhaltEn

32 STEIN TIME 2 I 11

Eindrucksvoll übErragt dEr WiEnEr rathausturm im neugotischen Stil die kompakten neorenaissance-Gebäude der Wiener ringstraße. Das gleißende licht der Sonne lässt die hellbeige hauptfassade in weißem Glanz erstrahlen und fast kathe-dralenhaft wirken. Doch um- und durchläuft man die Vierflügelanlage mit ihren sieben Innenhöfen, verfliegt der prächtige Eindruck rasch. hier ist der helle Stein von einer dicken Kruste aus schwarzen rußablage-rungen überzogen. Bereits seit dem Jahr 2000 fand zur Begutachtung voranschreiten-der Schadensphänomene und zur abnahme loser Stücke fast jährlich eine Befahrung der Wiener rathausfassaden mit dem hubsteiger statt. aufgrund der sich häufenden schwerwie-

In den kommenden Jahren soll das gesamte Wiener rathaus sowohl an den außenflächen als auch an den hofseitigen

Sichtflächen restauriert werden. Die Be- teiligten standen vor großen herausforde-rungen. Das Ergebnis kann als »musterhaft« bezeichnet werden.

rathaus WiEn: Ein »mustErbEispiEl«

Von StEphanIE hoDEK

Zustand der Musterachse

am Süd-West-risaliten Ecke

lichtenfels gasse/Friedrich-

Schmidt-platz vor der Muster-

restaurierung im März 2010

(links) und nach der Muster-

restaurierung im März 2011

(rechts).

luftansicht des Wiener rathauses mit dem gegenüberliegenden Burgthea-

ter. Grün markiert sind die hauptfassade im osten und die Musterachse

am Süd-West-risaliten Ecke lichtenfelsgasse/Friedrich-Schmidt-platz.

Page 32: Steintime Österreich 2 2011

33

genden Schadensbilder fasste die Stadt Wien als Eigentümer des Baukomplexes 2010 den Entschluss, eine Muster-achse anzulegen, um ein restaurato-risches Maßnahmenkonzept für die großflächige Umsetzung zu generieren.

40.000 QuadratmEtEr stEinUnter der leitung des architekten Fried-rich von Schmidt entstand 1872 bis 1883 das Wiener rathaus als eines der zwölf historischen Bauten der Wiener ringstraße im neugotischen Stil. als gelernter Steinmetz war von Schmidt seit 1863 als Dombaumeister des Wiener Stephansdoms tätig. Kaum verwunderlich also, dass er seinen Ent­wurf für die ausschreibung des Wiener rathauses unter der lateinischen losung »saxa loquuntur«, was so viel heißt wie »steine, die sprechen«, ein­reichte. Dass von Schmidt die Steine sprechen ließ, zeigt sich insbesondere daran, dass an keinem anderen der großen ringstraßengebäude so viel naturstein verbaut wurde wie am rat-haus: 10.000 Quadratmeter Bruchstein und mehr als 30.000 Quadratmeter Quaderstein. als Ziegelbau ausgeführt ist das Wiener rathaus mit einer natur-steinoberfläche von insgesamt 40.000 Quadratmetern Kalksandstein verklei-det. hauptsächliche Verwendung fan-den die in Österreich vorkommenden Wöllersdorfer und Mannersdorfer Kalk-sandsteine mit ihrem dichten, harten Gefüge in Kombination mit den wei-cheren Kalksandsteinen aus St. Marga-rethen, Breitenbrunn und Zogelsdorf.

Zur rEstauriErungsgEschichtEDer Eindruck täuscht. obwohl die hauptfassade im osten in ihrer hellen Farbigkeit auf den ersten Blick »gesün-

der« wirkt, muss sie aufgrund unge-ahnter Spätfolgen vormaliger reini-gungs- bzw. restaurierungsarbeiten in den 1950er- wie 1980er-Jahren geson-dert behandelt werden. Besonders die Imprägnierung aus der letzten restau-rierungsphase ruft sowohl im hinblick auf das Gesteinsgefüge (Schalenbil-dung beim Mannersdorfer Kalksand-stein) als auch auf die Erarbeitung eines passenden, ganzheitlichen Maß-nahmenkonzepts ungeahnte probleme hervor. Derzeit zwar aufgrund der schwarzen ruß- bzw. Gipskruste nicht sehr »hübsch« verbirgt sich jedoch unter der Schmutzschicht der anderen Fassaden-abschnitte im norden, Süden und Westen der 140 Jahre alte, ursprüng-liche Zustand der verbauten natur-steine. anders als bei der hauptfas-sade erfolgten an den anderen drei Fassadenflügeln des Wiener rathauses seit der Erbauungszeit im 19. Jahrhun-dert keine restauratorischen Eingriffe – außer vereinzelten ausbesserungen von Kriegsschäden um 1948. Deshalb war es den Verantwortlichen bei der Erstel-lung eines passenden restaurierungs-konzepts ein anliegen, vor allem die ursprüngliche Materialität des neugo-tischen natursteinbaus zu erhalten, ganz nach der lateinischen losung »saxa loquuntur«, unter welcher der architekt Friedrich von schmidt 1872 seinen Entwurf für das Wiener rathaus eingereicht haben soll.

das tEamDen Start der restaurierungsarbeiten hatte der technische amtsrat Stefan novotny der Magistratsabteilung (Ma) 34 Wien als Eigentums- und Interessen-vertreter der Stadt Wien zu verantwor-ten. Für die ausführung der Muster-

achse entstand in Zusammenarbeit mit dem Bundesdenkmalamt (BDa), der technischen Universität Wien und dem Österreichischen Forschungsinstitut (ÖFI) zunächst ein erster Maßnahmen-katalog. Unter Zuhilfenahme dieser arbeitsgrundlage bildete sich um Stefan novotny folgendes Kernteam: aufgrund der steinrestauratorischen aufgaben-stellung wurde Susanne Beseler, Diplom-restauratorin, als begleitende Bauaufsicht hinzugezogen, die aus-schreibung um die aufgabe des haupt-unternehmers der auszuführenden Firma entschied der Steinmetzmeister Wolfgang Ecker für sich, die denkmalbe-hördlichen Interessen des Bundesdenk-malamtes (BDa) wurden durch Johann nimmrichter und Elisabeth hudritsch wahrgenommen. Bereits im Maßnahmenkatalog war die position der Musterfläche, eine für den Bau repräsentative Stelle, definiert wor-

Kartierung der Gesteinsarten an der

Westfassade der Muster achse

(Friedrich-Schmidt-platz). Verbaut

wurden vor allem Mannersdorfer und

Margarethener Kalksandstein aus

dem leithagebirge.

Page 33: Steintime Österreich 2 2011

ErhaltEn

34 STEIN TIME 2 I 11

den. Man entschied sich für eine Situa-tion über Eck, den Süd-West-risaliten, lichtenfelsgasse/Friedrich-Schmidt-platz, um sowohl die Detaillierung eines restauratorischen Maßnahmenkonzepts für die großflächige Umsetzung als auch einen realistischen Zeit- und Kostenrahmen zu ermitteln. ausgenom-men der hauptfassade – aufgrund ihrer abweichenden Erhaltungsgeschichte – kann diese Situation als referenzfläche für die restaurierung der drei restlichen Flügel herangezogen werden. Zudem sind die dort vermauerten Steine auf-grund ihrer Süd-West-ausrichtung einer starken hygrischen Belastung ausge-setzt. Während durch Wassereinträge von Westen viel Feuchtigkeit ins Mauer-

unterschiedlicher Vorgehensweisen jeder Maßnahme dienten. Dem gingen anregende Diskussionen innerhalb des Kernteams voraus, in die jede Disziplin das ihr eigene, spezifische Wissen befruchtend für die anderen mit ein-brachte. So entschied man sich für eine komplette reinigung der Fassade im niederdruck-rotationsstrahlverfah-ren (2 bar) mit Glaspudermehl (0,09–0,25 mm). Zwar wurde bereits zuvor partiell im KSE-System (KSE 100, KSE 300 bzw. KSE 500) vorgefestigt, von einer nachfestigung wich man jedoch weitestgehend ab. Vielmehr entschied man sich bereits ab einer Schadens-größe von 10 x 10 cm, die verbauten Werkstücke mit natursteinvierungen zu

werk dringt, erfolgt von Süden sowohl eine erhöhte UV-Belastung als auch eine extreme austrocknung des Mauer-werks. Durch die Mehrbelastung des Gesteinsgefüges an dieser Stelle erhofft man, häufig auftretende Scha-densphänomene bereits hier vorzufin-den, um so an den restlichen Fassa-denabschnitten nicht auf böse Überra-schungen zu stoßen.

ErgänZungEn notWEndigUm für jede einzelne Maßnahme wie reinigung, Festigung, Ergänzungen und Fugensanierung ein bestmögliches Ergebnis zu erzielen, wurden an der Musterachse wiederum kleine pilotflä-chen angelegt, welche zur Erprobung

Vor allem exponierte Formelemente wie

teile des Wimpergs bringen nach der

reinigung ein durch die Witterung stark

zerrüttetes Gesteinsgefüge des Manner-

dorfer Kalksandsteins zum Vorschein.

Für die komplette restaurierung

werden die ressourcen an

Mannersdorfer Kalksandstein

nicht ausreichen.

Um die Materialität der

Gesteine wieder sichtbar zu

machen, entschied man sich

zur rekonstruktion ganzer

Bauteile. hier die rekons-

truktion des schadhaften

Wimpergs.

Page 34: Steintime Österreich 2 2011

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ergänzen. Eine für restauratorin Susanne Beseler zunächst ungewohnte Entscheidung, da heutige restaurie-rungen in der regel eher konservierend ausgeführt werden. Das heißt, meist wird weitestgehend versucht, den am Gebäude vorgefundenen Zustand ohne weitere Verluste der originalsubstanz zu sichern und zu erhalten. Zum großen teil wird hier ausschließlich mit Ergän-zungsmassen gearbeitet. Im Gegensatz dazu entschied man sich am Wiener rathaus aufgrund großflä-chiger Gefügezerrüttungen vor allem an exponierten, ornamentalen Schmuck-elementen, die besonders der Witterung ausgesetzt sind, sogar ganze Werk-stücke zu rekonstruieren.

hErstEllung dEr matErialität »aufgrund des großflächig ausgeprägten Schadensbildes müsste man zur Siche-rung des Bestandes fast die gesamte oberfläche schlämmend sichern«, sagt Susanne Beseler. »Die originale ober-fläche bestünde dann ausschließlich aus dem restaurierungsergebnis. Des-halb entschied man sich dafür, die stark beschädigten Stücke zu rekons-truieren, dadurch die Materialität der Steine wiederherzustellen und die architektur ganz im Sinne von ›saxa loquuntur‹ wieder les- bzw. erfahrbar zu machen. natürlich wäre es etwas

cken gewonnen werden können, werden die Bestände des Steinbruchs für die rekonstruktionen in Mannersdorfer Kalksandstein nicht ausreichen. als ausweichmaterial würde sich Vicenza-Kalksandstein anbieten. auch beim austausch des Zogelsdorfer Kalksand-steins muss auf Vicenzaner zurück-gegriffen werden. ausschließlich der St. Margarethener Kalksandstein ist in ausreichenden Mengen verfügbar. nur an wenigen Stellen wurde mit mine-ralischem Mörtel ergänzt, wobei auf-grund des unterschiedlichen Gefüges für St. Margarethener und Mannersdor-fer Kalksandstein unterschiedliche Ergänzungsmassen entwickelt wurden. Verfugt wurde ebenfalls mit einem Mör-tel auf Kalk-Zement-Basis, nur an den waagrechten Flächen der Gesimse erfolgte eine dauerelastische Schlie-ßung der Fugen. Um ein einheitliches Erscheinungsbild zu schaffen, wurden zuletzt einzelne Bereiche retuschierend angeglichen. parallel zur ausführung der Musterachse von Mai bis Dezember 2010 erfolgten Voruntersuchungen an der hauptfassade, um letzten Endes die technisch und optisch unterschied-lichen Fassadenzustände in einem Maßnahmenkonzept zusammenführen zu können. Die unterschiedlichen Erhaltungszu-stände der Fassaden erfordern auch unterschiedliche Maßnahmen, das Ziel sollte jedoch immer dasselbe sein: das Ergebnis der Musterachse. Die Muster-achse definiert in diesem Zusammen-hang ein technisches wie denkmalpfle-gerisches »Musterbeispiel« für die anstehenden arbeiten. Somit erklärt sich auch das Wortspiel von »Muster« sowohl im restauratorischen Sinn von »test« als auch im Sinn von »muster-haft«.

ausgEklügEltE logistikneben der Erstellung eines ganzheit-lichen restaurierungskonzepts erfor-derten auch die Umgebungsbedin-gungen gesonderte lösungen. Da die 1.000 im rathaus Beschäftigten aus platzgründen nicht versetzt werden kön-nen, müssen die restaurierungsar-beiten während des laufenden rathaus-

anderes, wenn es sich um einen 800 Jahre alten Bestand aus dem Mittelal-ter handeln würde, es geht hier aber um das 19. Jahrhundert.« Sowohl die Stadt Wien wie auch das BDa stehen in vollem Einvernehmen mit diesem Kurs. Zudem ist das restaurierungsziel des Wiener rathauses mit seinem optischen Erscheinungsbild in Zusam-menhang mit den bereits fertig restau-rierten prachtbauten (oper, Burgthea-ter, Kunsthistorisches Museum, Univer-sität etc.) der ringstraße im Sinne eines Ensembles vorgegeben, und auch hierbei galt es, die Exaktheit des 19. Jahrhunderts wiederherzustellen. auch wenn die arbeiten zunächst aufwen-diger ausfallen werden, ist im Vergleich

zum Verschlämmen eine langlebigkeit garantiert. an dieser Entscheidung maßgeblich beteiligt war auch der für die ausführung zuständige Steinmetz-meister Wolfgang Ecker, der sich viele solcher aufträge für das handwerk wünscht: »Durch solche aufgaben wer-den die Steinmetzen wieder gefordert und können ähnlich wie in den früheren Dombauhütten wieder ihr Können und ihre Kreativität unter Beweis stellen. Es wäre doch schade, wenn das nötige Know-how für solche arbeiten irgend-wann verloren ginge.« auch wenn viele Vierungen aus den ausgebauten Stü-

Gute Stimmung im

Kernteam (v. l.):

Ing. Stefan novotny,

Dipl.-restauratorin

Susanne Beseler und

Steinmetzmeister

Wolfgang Ecker,

aufgenommen vor der

voll endeten Musterachse

des Wiener rathauses.

Page 35: Steintime Österreich 2 2011

ErhaltEn

36 STEIN TIME 2 I 11

Begehbarkeit des Wiener rathauses während der restaurierungsarbeiten nicht durchwegs gewährleistet werden.

ZusammEnspiEl dEr disZiplinEn Die realisierung eines projektes sol-chen ausmaßes kann nur durch eine intensive Zusammenarbeit der unter-schiedlichen Beteiligten realisiert wer-den. Wie das Kernteam immer wieder bestätigte, wurde oft mehr diskutiert als ausgeführt. Jedoch ergaben sich gerade aufgrund des ständigen aus-tauschs unter Zuhilfenahme des Spezi-alwissens jeder Disziplin lösungen, die für den Einzelnen nicht möglich erschie-nen.

ausblicknachdem diesen sommer die projek­tierungsphase mit einer kostenvorab­schätzung abgeschlossen werden soll, könnte bereits 2012 mit den restaurie-rungsarbeiten begonnen werden. auf-grund der Größe und Schwierigkeit erfolgt die ausschreibung der restau-rierung des Wiener rathauses EU-weit in teilabschnitten. n

betriebes stattfinden. aus diesem Grund veranlasste Ing. Stefan novotny bereits ein halbes Jahr vor Beginn der arbeiten an der Musterachse eine Infor-mationsveranstaltung für die angestell-ten. So konnten sich die im rathaus Beschäftigten auf den anstehenden lärm und Schmutz einstellen und fühl-ten sich nicht vor den Kopf gestoßen. aufkeimender Missmut gegenüber den ausführenden an der Fassade wurde so weitestgehend vermieden, was Wolf-gang Ecker nur bestätigen konnte. Sogar für eine ausreichende Belüftung der räume, die aufgrund der bevorste-henden fast ganzheitlichen Einhüllung des rathauses benötigt wird, ist über ein spezielles System gesorgt. hierzu gehört auch, dass staubintensive arbei-ten wie die reinigung, für die eine Ein-hausung benötigt wird, auf den Winter gelegt werden und der Steinaustausch beziehungsweise die Mörtelarbeiten im Sommer stattfinden sollen. Während die ganzjährigen Veranstaltungen auf dem rathausplatz von den restaurie-rungsarbeiten kaum beeinträchtigt wer-den, kann die für touristen beliebte

bauhErr und projEkt­

auFtraggEbEr:

Ma 34-Bau- und Gebäudemanagement

abteilungsleiter: Ing. Josef neumayer

leiter Infrastrukturdienste: Ing. Stefan

novotny

bEglEitEndE bauauFsicht:

Dipl.-restauratorin Susanne Beseler,

leiterin des restaurierungsbüros

plan B – Konzepte für die restaurierung

naturstEinarbEitEn:

Steinmetzmeister Wolfgang Ecker,

Inhaber des Steinmetzbetriebes

»Stein in perfektion«, landesinnungs-

meister von niederösterreich, stellver-

tretender Bundesinnungsmeister

bundEsdEnkmalamt (bda):

Mag. Elisabeth hudritsch,

landeskonservatorat, Wien

Mag. Johann nimmrichter,

abteilung für Konservierung und

restaurierung der restaurierungs -

werkstätten für Kunstdenkmalpflege

in Wien, Fachbereich Stein

Johann nimmrichter, ebenfalls im Kern-

team, bei der Begutachtung einer origi-

nalen Kreuzblume des Wiener rathauses

aus Mannersdorfer Kalksandstein. Ein-

zelne teile der Musterachse wurden in

den restaurierungswerkstätten des BDa

zur langzeiterprobung verschiedener

Maßnahmen ausgelagert.

Durch die vielen zu rekonstruierenden

ornamentstücke werden die Stein-

metzen wieder gefordert und können

ähnlich wie in den früheren Dombau-

hütten ihr Können und ihre Kreativität

unter Beweis stellen.

Page 36: Steintime Österreich 2 2011

Anzeige

1/1

Page 37: Steintime Österreich 2 2011

Innen

38 STEIN TIME 2 I 11

Das »Tischchen« carina: Designed by Klauser & Carpenter und produziert in Oberösterreich. Von vorne: Da war ein Video des italienischen Maschinen-bauers Breton, das zeigte, wie man mit einem CnC-gesteuerten Bearbeitungszentrum zeitgemäße Pro-dukte aus naturstein produzieren kann. Wer ein sol-ches Zentrum besitze, wollte man in London wissen. Breton hat uns empfohlen, so Steinmetzmeister norbert Kienesberger. Steinmetze in der dritten Gene-ration, wie norbert Kienesberger gerne betont. ein anderes Thema. Zurück zum Tisch: entworfen haben das schöne Stück aus weißem Marmor die Designer ed Carpenter und Andre Klauser. Carpenter, an der Kingston University ausgebildeter Bildhauer und Andre Klauser entwerfen Industrieprodukte, Möbel-stücke und andere Dinge, die das Leben wohlha-bender Menschen schöner machen. Wir sind beim Tisch. Mallett, einer der ältesten Antiquitäten-Händler in London und new York, hat ein Tochterunterneh-men, das sich mit ausgesuchten, von zeitgenös-sischen Designern entworfenen einzelstücken befasst. ein Tisch aus Marmor sollte die exquisite Kollektion vervollständigen. Die Designer waren schnell gefunden. Allein, wer kann so ein Stück pro-duzieren; perfekt und dennoch kostenbewusst? Wir sind in Österreich. Ob die Steinmetze in Schlüßlberg

Das »Tischchen Carina«: Drei Meter lang,

über einen Meter breit und 75 Zentimeter hoch

Das Tischchen

»carina«VOn WILLY HAfner

Page 38: Steintime Österreich 2 2011

39

in der Lage wären einen Tisch nach einem entwurf von ed Carpenter und Andre Klauser zu produzieren? An sich für uns kein Problem, so norbert Kienesber-ger. Die Probleme steckten im Detail. erstes Problem: Der Auftraggeber Meta-Design wollte den Betrieb kennenlernen. Kein Problem: Zwei Tage später stand eine Lady aus London in der Werkstatt, eine Woche später wurde in Italien der Block ausgesucht und war 24 Stunden später schon in Österreich. Madame war beeindruckt. Zweites Problem: das Gewicht. Die De-signer wollten einen Tisch aus einem Stück. er sollte jedenfalls so aussehen. 1,3 Tonnen würde das Teil wiegen. Schlecht zu transportieren und für etagen-wohnungen zu schwer. Alles eine frage der fertigung. Mehrere Teile, innen hohl und mit nur 0,5 Millimeter starken fugen als eigenes gestalterisches element, waren die Lösung. Der Tisch wird aus aus vier inei-nander greifenden Stücken zusammengesetzt. Das schwerste einzelteil wiegt 250 Kilogramm. Der Tisch kann vor Ort montiert werden. Das dritte Problem: die Zeit. Präsentiert werden sollte das Stück auf der Messe Masterpiece London. Dank des fertigungs-prozesses konnte der Tisch in wenigen Tagen gefer-tigt werden. Carina ist ein esstisch, an dem zwölf Gäste Platz finden. Und der Preis 65.000 Pfund. fast geschenkt für so einen schönen Tisch. n

sTeine maDe by Kienesberger:

Seit drei Generationen bearbeitetet

das Unternehmen naturstein auf

höchstem niveau. Die Liebe zum

Material, eine moderne Produktion

und die handwerklichen fähigkeiten

der Mitarbeiter sind die Grundlage.

Damit entstehen Unikate. Verarbeitet

werden Kalksteine aus den eigenen

Steinbrüchen im Salzkammergut und

aus allen weltweit verfügbaren

natursteinen.

Kienesberger, A-4707 Schlüßlberg

feinfräsen vom Längsfuss

Der »underbelly« wird zugefräst

Der Tisch wird innen ausgehöhlt

grobes Vorfräsen des querstehenden fusses

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Plätze

40 STEIN TIME 2 I 11

Von Jorge Luis Borges, dem argentinischen schriftsteLLer, stammt die eindrückliche erzählung »Del rigor en la ciencia« (»Von der Strenge der Wissenschaft«). Darin arbeiten einige Kartografen eines fik-tiven Staates so obsessiv, bis sie »eine Karte des Reichs erstellt hatten, die die Größe des Reichs besaß und sich mit ihm in jedem Punkt deckte«. Wie viel Orientierung aber bietet eine Karte im Maßstab 1:1? Da sie die Welt ledig-lich doppelt, sagt sie nichts über das Befinden des Menschen im Raum. Und eben dieses Befinden ist alles andere als banal und irrelevant. Schließlich konsolidiert sich jede Gruppe durch Orte, die nicht nur Schauplätze ihres Handelns abgeben, sondern Symbole ihrer Identität sind. Wie nichts anderes steht dafür der öffentliche Raum. Nicht nur im Fachdiskurs, auch kommunalpo-litisch wird seine Bedeutung nun wieder beschworen. Dabei zeigt sich allerdings eine spezifische erwartungshaltung – geprägt nämlich von jenen Piazzen und Plätzen, die man aus Italien oder Spa-nien kennt: Klare räumliche Fassung, erkennbar historisch und gewachsen, immer etwas los, das Wetter stets warm und sonnig. Allein, die Wirklich-keit sieht anders aus. Dazu gibt es fünf thesen:

Mainstream abweichenden lebens-weise, ob als Skinhead oder Hippie. Nach wie vor gilt: Im städtischen Raum befriedigt man das Bedürfnis, zu sehen und gesehen zu werden. ÖffentLicher raum Baut stets auf einem kuLtureLLen funda-ment auf. In der westlichen Welt ist man es gewohnt – und hat es über Jahrhunderte eingeübt –, den öffentli-chen Raum für eine Sphäre der Gemeinsamkeit zu halten, in der sich die einzelnen gegenseitig wahrnehmen und begegnen. In China hingegen ist er eher »eine bloße transitzone, in der die einzelnen gegen einander abgeschlos-senen Monaden möglichst störungsfrei aneinander vorbeigleiten« (Mark Sie-mons). Und in Indien führt der Platz-mangel »erstaunlicherweise nicht etwa dazu, dass man dem öffentlichen Raum besondere Wertschätzung angedeihen lässt. Das Draußen scheint eine entfes-selte, alle Privilegien nivellierende zone, in der man ständig angehupt, vom Weg abgedrängt und angesprochen wird. es ist kein Ort zum Verweilen. Was der öffentliche Raum zu leisten vermag und was nicht, welchen zwän-gen er unterliegt und wodurch, welche Potenziale er birgt und wie diese zur Geltung gebracht werden können: Sol-che Fragen zu beantworten hängt nicht zuletzt von den konkreten gesellschaft-lichen Rahmenbedingungen ab.ein ÖffentLicher raum Bestimmt sich weniger durch seine ZugängLichkeit aLs durch das seLBstVerständnis, dass er

die mediaLisierte ÖffentLichkeit wird die räumLich erfahrBare nicht ersetZen; und sie wird auch nicht aLs ersatZ empfun-den. Man hat uns vorhergesagt, dass die Menschen in zukunft vorwiegend vor Bildschirmen und unter Datenhel-men hocken, um sich in einer bloß vir-tuellen Realität, auf Daten-Autobahnen und im Cyberspace nicht mehr körper-lich, sondern nur noch fiktiv zu tum-meln. Indes, diese Prophe zeiung hat sich bislang als wenig tragfähig erwie-sen. Denn nicht nur Ansprachen, Kon-zerte und Festivitäten finden noch drau-ßen statt. Auch bestimmte Ansprüche auf öffentliche Aufmerksamkeit und Anerkennung verlangen geradezu nach auf fälliger Kundgabe im öffentlichen Raum. Welche zwingende Rolle gerade städtische Plätze und Straßen als erleb-nisraum heute spielen, machen zudem diverse, dynamisch zunehmende Sport-ereignisse deutlich: Ob nun Citymara-thon, Inlineskating oder Beachvolley-ball: Gesucht wird die Unmittelbarkeit des liveacts, das authentische Feeling, die kinetische energie einer in Dynamik versetzten Masse. Und offenbar braucht es die städtische Kulisse, vor der diese events erst ihre eigentliche Wirkung entfalten. Der öffentliche Raum ist nach wie vor eine Bühne, auf der gesellschaftliche Konflikte artikuliert und vorgetragen werden. er ist aber auch Ort der Selbstdarstellung und Inszenierung. Das zurschaustellen von luxus und extra vaganz gehört genauso dazu wie das Bekenntnis zu einer vom

Der öffentliche Raum definiert sich fortwährend neu. Als Konstante bleibt, dass er immer ein Spiegel der Gesellschaft ist. Fünf thesen zum

Status quo in Deutschland.

Vom wert und nutZen des ÖffentLichen raums

VON ROBeRt KAlteNBRUNNeR

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einer ist. Der innerstädtische einzel-handel verlagert sich zunehmend in Passagen, erlebnisräume werden künst-lich geschaffen, Freizeitgestaltung in abgekapselte Binnenwelten transpo-niert, Bahnhöfe mutieren zu Shopping-centern. Mittlerweile ist es sattsam bekannt: Der Charakter öffentlicher Räume und die städtische Vielfalt wer-den, wie die Kritiker nicht müde werden zu behaupten, durch die Wahrnehmung privaten Hausrechts letztlich infrage gestellt. Aber: Ist das wirklich aus-schlaggebend? Oder ist nicht vielmehr entscheidend, wie ein Raum genutzt und empfunden wird? Denn auch, wenn ein Raum de jure öffentlich sein mag, kann die gefühlte Öffentlichkeit doch schwach entwickelt sein, auf Parkplät-zen etwa oder in zugigen trabanten-städten. Umgekehrt kann ein – recht-lich gesehen – privater Raum höchst urbane Gefühle erzeugen. Im gelebten Alltag mag der Streit zwischen Hunde-haltern und Familien mit Kleinkindern um die Hoheit über Spielplätze oder Ballwiesen für das Verhältnis eines

Raum auf der Basis allgemeingültiger – und akzeptierter – Konventionen funk-tioniere. Sobald man das Haus ver-lasse, unterliege man ihnen und sei eine öffentliche Person. In Deutschland hingegen existiere keine wirkliche Idee von öffentlichem Raum: »Die Deutschen betrachten ihn ja als Privatsache, in dem sie möglichst in Ruhe gelassen und schon gar nicht kontrolliert werden wollen. Hauptsache, keiner nimmt einem die Flasche Bier ab.« es wirkt, als sei uns die Raumerfah-rung des öffentlichen lebens, der Ver-sammlung und des sozialen Aus-tauschs als Ritus und Recht weitge-hend abhanden gekommen. Gleichwohl liegt die eigentliche Aufgabe des öffent-lichen Raums darin, die Verhaltens-

Städters zu seiner Stadt prägender sein als alle Renommierprojekte der Innen-stadt. der ÖffentLiche raum ist eine VermittLungsinstanZ, die aLLer-dings auf konVentionen fusst und diese Braucht. Was auf Stra-ßen und Plätzen passiert, sagt etwas über unseren Umgang miteinander aus. Die Grenze zwischen Privatheit und Öffentlichkeit ist unscharf geworden in einer zeit, die ungeniert nach Selbst-verwirk lichung drängt. Wo dem einzel-nen unter dem eindruck des Beobach-tetwerdens einst die Kontrolle der per-sönlichen Gefühle auferlegt war, droht sich dies heute ins Gegenteil zu verkeh-ren. Die Straße gerät zur Bühne des eigenen Selbst – die Freiheit, die sich einer herausnimmt, wird schnell zur Unfreiheit der anderen. Der renom-mierte deutsch-britische Soziologe lord Ralf Dahrendorf hat mit Blick auf die Situation in england einmal dargelegt, dass die Menschen die Allgegenwart von Überwachungskameras berechtigt fänden, gerade weil der öffentliche

Die 1989 von Boris Podrecca umgestaltete

Piazza tartini im slowenischen Piran gleicht der

Idealvorstellung eines öffentlichen Raums: eine

klare räumliche Fassung, historisch gewachsen

und offen für Nutzungen.

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Plätze

42 STEIN TIME 2 I 11

regulierung und die Öffentlichkeit wie-der funktional miteinander zu verbin-den. Obgleich – oder gerade weil – man sehen muss, dass es keineswegs mehr einen einheitlichen Standard des Ver-haltens in der res publica gibt, wäre das Verhältnis von individueller Hand-lungsautonomie und sozialer Ordnung in eine Balance zu bringen.die diaLektik Von ÖffentLichem und priVatem raum geht üBer in eine diaLektik wechseLhaft BesetZter orte. Unsere Gesell-schaft splittet sich in un übersichtliche teilöffentlichkeiten, die sich weniger über Politik, Diskurse, Bildung oder Soziales definieren als über Bilder, Moden und Rituale. Viele öffentliche Orte sind deshalb partikular – zwar im Prinzip für alle zugänglich, de facto aber einer bestimmten Gruppe zugeordnet.

sie sich bereitwillig in den hochkontrol-lierten Raum einer Mall. Nüchtern betrachtet heißt das nichts anderes, als dass jede Gruppe ihr territorium braucht. Menschen suchen bestimmte Räume auf, artikulieren in ihnen ihre (wie auch immer geartete) teilhabe am gesellschaftlichen leben, prägen sie mit ihren zeichen-, Symbol- und Reprä-sentationssystemen.Welches Fazit lässt sich nun aus die-sen Beobachtungen oder thesen zie-hen? Der öffentliche Raum konstituiert sich immer wieder neu, bleibt sich gleichwohl darin treu, dass er ein Multi-optionsraum ist, dessen Nutzung sich kaum festschreiben lässt. es mag sein, dass er den Bedürfnissen der Mittel-klasse nach eigenheim, einkaufscenter und einem angeblich naturnahen Umfeld kaum entgegenkommt. es ist ja keine Polemik, wenn man konstatiert, dass die meisten Deutschen auf thea-ter, Konzert und Qualitätskino verzich-ten können. Städtisches Flair genießt man zwar gerne mal. Aber den Unwäg-barkeiten des öffentlichen Raums – der Konfrontation mit Fremden, der Anony-mität, der Unsicherheit, wie man sich verhalten soll – setzt man sich nur ungern aus. Weil das der Gesellschaft als Ganzes nicht frommt, ist Vorsicht geboten, wenn nun ausgewählte zen-trale Plätze als »gute Stube« der Stadt betrachtet und entsprechend herausge-putzt werden. Dann ist die Wahrschein-lichkeit groß, dass plakative Verspre-chen von Öffentlichkeit einen Ort zur touristischen Sonntagsöffentlichkeit verurteilen. Was aber haben wir – als Stadtbürger – davon? n

eine solche (Um-)Deutung des öffentli-chen Raums stellt seine Nutzung etwa für Skateboarding, BMX, Breakdance oder die technobewegung dar. Man spürt Orte auf, die semantisch unbe-lastet sind: Durchgangsräume, Bra-chen, Autobahnunterführungen, aufge-lassene Industrieareale – Orte des Nichts. Attraktiv sind solche Orte ver-mutlich, weil sie nichts und niemanden repräsentieren, keine Macht und keinen Besitz. Aber selbst eng reglementierte Räume können durchaus einladend wir-ken – auch auf jene, die mit Konvention und etikette wenig am Hut haben. etwa die »Mall-Rats« – Jugendliche, die fast täglich einen Großteil ihrer Freizeit in Shopping Malls verbringen. Statt die Anonymität des öffentlichen Raums der Straße für unbeobachtetes und nicht überwachtes tun zu nutzen, begeben

Im kroatischen zadar führt

eine Promenade um die

gesamte Halbinsel, auf der

die Stadt liegt. Somit

haben die Menschen über-

all zugang zum Wasser.

Page 42: Steintime Österreich 2 2011

Speziell gegen KalKauSblühun-gen im Schwimmteich und bei auSSenflächen hat baumit eine weltweite einzigartige produKt-reihe entwicKelt: die KalKauS-blühungSfreien pluS-produKte.

Bei Pflasterflächen im Garten oder Natursteinmauern in Biotopen sorgten Kalkausblühungen der eingesetzten Mörtel oft für einen unschönen Anblick und eine geringe Lebensdauer. Damit ist jetzt Schluss, denn Baumit hat eine weltweit einzigartige Produktserie – die plus-Reihe – entwickelt. Sie bietet absolut ausblühungsfreie und frostbe-ständige Produkte für den Flächen-gestaltungsbereich. Schwimmteich & biotopDer wichtigste Punkt für dauerhafte Freude mit Schwimmteich und Biotop ist klares Wasser. Hier gab es jedoch bei der Verarbeitung von Steinen und Bodenplatten lange Zeit ein Problem-

Jahren. Um das zu vermeiden, gibt es den Baumit PflasterDrainmörtel GK4 plus. Man kann ihn für das Verlegen von Pflastersteinen und -platten einset-zen. Er verhindert Staunässe im Mörtel-bett, ist spurrillenfest und vermeidet Feuchtigkeitsschäden. Für das Verkle-ben von Pflaster- und Natursteinplatten hat Baumit den Baumit SteinKleber plus entwickelt. Er ist ebenfalls kalkausblühungsfrei und hoch frostbe-ständig. Alle Baumit-plus-Produkte sind als Sackware erhältlich und leicht zu verarbeiten, den Baumit Steinmörtel plus gibt es zusätzlich lose im Silo. n

feld: die Kalkausblühungen der einge-setzten Mörtel oder Betone. Diese sorgten immer wieder für unschöne Ablagerungen auf der Folie, für höheren Reinigungsaufwand und zu hohe pH-Werte. Abhilfe schaffen die eigens für den Schwimmteich entwickelten Pro-dukte von Baumit wie Baumit Steinmör-tel plus oder Baumit TeichBeton plus, die aufgrund ihrer besonderen Pro-duktzusammensetzung dauerhaft kalkausblühungsfrei sind.

terraSSen & gartenwegeDamit Terrassen und gepflasterte Gar-tenwege und Außenflächen dauerhaft schön und funktionstüchtig bleiben, ist die richtige Produktwahl bei der Errich-tung ausschlaggebend. So muss der verwendete Bettungsmörtel immer drainfähig und damit wasserdurchlässig sein. Dringt dennoch Wasser in die Unterkonstruktion ein oder steigt Feuch-tigkeit zur Oberfläche auf, zeigen sich diese Schäden oft erst nach einigen

gegen KalK im Schwimmteich und bei auSSenflächen

Die kalkausblühungsfreien plus-Produkte von

Baumit entsprechen allen ökologischen Anfor-

derungen und sind mit dem IBO-Gütezeichen

ausgezeichnet.

Page 43: Steintime Österreich 2 2011

Plätze

44 STEIN TIME 2 I 11

Drei neu gestaltete Freiräume in Innsbruck stärken verschiedene Facetten des städ-tischen lebens in der tiroler landeshaupt-

stadt. Umgebung und Kontext bedingten jeweils unterschiedliche Strategien und Konzepte.

Neue urbaNe Freiräume iN

iNNsbruck Von Peter zöch

Page 44: Steintime Österreich 2 2011

45

Die skater siND begeistert – und nicht nur die Innsbrucker Szene. Michael ist aus Kufstein angereist, um den neuen Skate-Spot zu testen. chris-toph hat den weiten Weg von Ulm auf sich genommen. Sie und ihre Innsbru-cker Kollegen sind überzeugt, dass die neue location nicht nur regional, son-dern auch international Furore machen wird, und loben den Mut der Verant-wortlichen. Beim neuen lieblingsort der Skater handelt es sich allerdings nicht um eine gerade fertiggestellte »Super-Bowl« oder einen neuen Skatepark, sondern um einen zentralen Platz in Innsbruck, den eduard-Wallnöfer-Platz, benannt nach einem bekannten lan-deshauptmann tirols. Fast könnte man meinen, gewiefte Marketingstrategen hätten die Skater mitten in die Stadt geholt, um dort Bilder eines lässigen urbanen lebensgefühls zu inszenieren und der Alpenstadt ein sportliches Image abseits des teuren Wintersports zu verleihen. Allerdings hatten die Ska-ter zweifel, ob sie auf dem Platz erwünscht sind; und so gründete einer vorsorgend die Facebook-Gruppe »Free

landhausplatz«. Die neue Gestaltung des landhausplatzes, wie er vom Volks-mund auch genannt wird, auf das Ska-ten zu reduzieren, wäre allerdings viel zu kurz gegriffen.

WelleN brecheN architek­toNische streNgeDer entwurf von lAAc Architekten mit Stiefel Kramer Architekten und dem Künstler christopher Grüner ging 2008 als Sieger aus einem geladenen Wett-bewerb hervor. Die Gestaltung musste dem landhaus aus dem Jahr 1939, in dem heute der landeshauptmann resi-diert, etwas entgegensetzen und vier unterschiedliche Denkmäler in den Platz einbinden. eine wellig-hügelige land-schaft konterkariert seit ende 2010 die

Der entwurf für den lange vernachlässigten

Platz vor dem Innsbrucker landhaus stammt

von lAAc Architekten/Stiefel Kramer/Grüner.

Indirektes licht erzeugt nachts ein Spiel aus

licht und Schatten.

Die wellig-hügelige Gestaltung des eduard-

Wallnöfer-Platzes (landhausplatz) integriert

vier Denkmäler sowie die tief garagenabfahrt

und -abgänge.

Auf den teils geneigten Flächen können

Kinder rad fahren; hügel und Bodenwellen

ziehen Skater an. ein abgetrepptes flaches

Wasserbecken kühlt an warmen tagen.

Page 45: Steintime Österreich 2 2011

Plätze

46 STEIN TIME 2 I 11

Denkmal leicht und transparent wirken. Die ebene Fläche zwischen dem Befrei-ungsdenkmal und dem landhaus lässt sich für events und Großveranstal-tungen nutzen. ein Wasserspiel struktu-riert diesen Bereich, kühlt an heißen Sommertagen und begeistert vor allem Kinder. ein weiteres Denkmal, ein Brun-nen, steht nun in einem flachen, abge-treppten Wasserbecken, das sich auch zum Spielen eignet. Die skulpturale Gestaltung integriert außerdem gekonnt eine schon beste-hende tiefgaragenabfahrt und die Abgänge zur tieferliegenden Garage – elemente, die auf vielen Plätzen wie Fremdkörper wirken entfallen so ganz auffällig.

architektonische Strenge des nazibaus. Die Denkmäler, vorher streng axial angeordnet, wirken nun auf den ersten Blick wie zufällig über den Platz ver-streut, stehen aber wohl platziert in der weißen Platzskulptur. nur das Befrei-ungsdenkmal verblieb am alten Stand-ort gegenüber dem Portal des land-hauses. eine leicht geneigte ebene, eingebettet in die topografie des Platzes, überformt den Sockel des Mahnmals, das von 1946 bis 1948 von der französischen Militärregierung zum Gedenken an alle Menschen errichtet wurde, die für die Freiheit österreichs gestorben sind. ehemals verschlossene Gittertore stehen heute offen. Diese scheinbar kleinen eingriffe lassen das

laNDhausplatz (VolksmuND)/

eDuarD­WallNöFer­platz

(oFFiziell), iNNsbruck

bauherr: Amt der tiroler landes-

regierung, Abteilung hochbau

plaNer: lAAc Architekten, Innsbruck

Stiefel Kramer Architecture, Wien

küNstler: christopher Grüner,

Innsbruck

Fläche: 8.970 Quadratmeter

bauzeit: 2010 bis 2011

kosteN: 4,2 Millionen euro

Der Sockel des Befreiungsdenkmals ist

mittels einer leicht geneigten ebene in

die Bodenmodellierung einbezogen. ein

Wasserspiel belebt die Fläche vor dem

landhaus.

Page 46: Steintime Österreich 2 2011

47

erscheinen Skater und Fußgänger, rad-fahrer und erholungssuchende auf der-selben Fläche als Widerspruch mit viel Konfliktpotenzial. Doch auch die schein-bar den Platz dominierenden Skater verweisen darauf, dass Platz für alle sei und sich mit etwas rücksicht Kon-flikte problemlos vermeiden ließen. Kathrin Aste von lAAc betont, dass es dem Gestaltungsteam ein Anliegen gewesen sei, auch Jugendlichen einen ort zu bieten, an dem sie sich treffen können, ohne konsumieren zu müssen: »Wir wollten einen wirklichen offenen und öffentlichen raum schaffen.« Dass der Platz lebt, dazu leisten die Skater einen großen Beitrag. ohne sie wäre er an normalen tagen ohne Veranstal-

VielFältiges treibeN auF Dem platzDie Modellierung gliedert und unterteilt die knapp 9.000 Quadratmeter große Fläche in kleinere Bereiche, ohne den Gesamteindruck eines einheitlichen Platzes zu stören. Das Fugenmuster zwischen den Feldern entwässert das gesamte Gelände. niederschläge versi-ckern vor ort. raue und polierte oberflächen wech-seln auf den Beldern und -hügeln, die neben dem Skaten und rollschuhfahren vielfältige nutzungsmöglichkeiten bie-ten. Passanten können nicht nur auf Bänken, sondern auch auf den Aufwöl-bungen sitzen oder liegen, Kinder fahren mit dem rad oder klettern auf den hügeln. Auf den ersten Blick

maria­theresieN­strasse,

iNNsbruck

bauherr: Stadt Innsbruck

plaNer: AllesWirdGut

Architektur zt Gmbh, Wien

Fläche: 7.500 Quadratmeter

naturstein(e): neuhauser

Granit, hartberger Granit,

herschenberger Granit,

Schremser Syenit

NatursteiNarbeiteN:

Poschacher natursteinwerk

Gmbh, A-4222 St. Georgen

Mit Pflaster aus Granit und

neuen Stadtmöbeln verliehen

die Architekten von Alles-

WirdGut der Maria-theresien-

Straße ein neues erschei-

nungsbild. Vom Brunnen-

podest reicht der Blick bis zu

den Bergen der nordkette.

Die Stadtmöbel und über 1.000 in

den Boden eingelassene Platten

sind aus Messing. Sie bilden ein

»goldenes netz« und betonen Quer-

bezüge zur hauptstraße.

Page 47: Steintime Österreich 2 2011

Plätze

48 STEIN TIME 2 I 11

tungen wohl verwaist. zwei lokale, die ihre Gastgärten auf dem Platz betrei-ben, beleben ebenso den Platz. natur-gemäß führte die Gestaltung auch zu kontroversen Diskussionen und dem ruf nach mehr Grün. tatsächlich stehen elf Bäume mehr als früher auf dem Platz: 36 Platanen, linden und mehr-stämmige Ahorne. An den rändern rah-men sie den Platz und begrenzen ihn zur Straße. Der landhausplatz präsen-tiert sich nach der neugestaltung nicht nur als Bühne für zeitgenössisches öffentliches leben, sondern verleiht dem geschichtsträchtigen ort mit sei-nen Denkmälern auch eine heitere Atmosphäre.

Neue prachtstrasse im zeNtrumein neues urbanes outfit hat auch die Maria-theresien-Straße erhalten. Die wichtigste einkaufsstraße der Stadt liegt in unmittelbarer nähe des land-hausplatzes und schließt südlich an die Fußgängerzone in der Altstadt an. Die neue Gestaltung war Abschluss und höhepunkt eines rund 20 Jahre dau-ernden Prozesses, in dem die dafür notwendigen Voraussetzungen geschaf-fen wurden, etwa ein adäquates Ver-kehrskonzept. Die Architekten von Alles-WirdGut gewannen 2006 einen gela-denen Wettbewerb zur neugestaltung der Prachtstraße. Jeweils eine Flanier-

det ein erhöhtes Podest mit holzauf-lage und Wasserbecken. Von dort kann man den Blick auf die nahen Berge der nordkette besonders genießen, ein imposanter Kontrast zum städtischen treiben der geschäftigen Straße. Die Fußgängerzone in der nördlichen Maria-theresien-Straße wurde 2010, die süd-liche Maria-theresien-Straße Anfang August 2011 fertiggestellt. Dort bedeckt das Pflaster breite Gehsteige, die Mittelzone gehört dem öffentlichen Verkehr, zulieferern, Fiakern und taxis.

Neuer treFFpuNkt iN WilteNIn den meisten Städten bevölkern ein-heimische und touristen zahlreich die wichtigsten einkaufsstraßen. Aber der

und Durchgangszone für Fußgänger, radfahrer, Fiaker und lieferverkehr ver-läuft neben den Fassaden und Schau-fenstern, der Bereich in der Mitte dient als Platz und Aufenthaltsbereich. 18 x 18 zentimeter große Pflastersteine aus vier heimischen Graniten bedecken die Geschäftsstraße. Die unterschiedlichen Grautöne des herschenberger, hartber-ger und neuhauser Granits sowie des Gebhartser Syenits lassen die Pflaste-rung nicht monoton erscheinen. Der Wechsel der Pflastersteine leitet sich von den hausfassaden ab, in der Mitte werden die unterschiedlichen Pflaste-rungen verwoben. Das zweite wichtige Material ist Messing. 1.000 Messing-platten liegen wie Intarsien zwischen den Pflastersteinen. Die Architekten sprechen von einem »goldenen netz«, das unter anderem Querverbindungen und Passagen in die Maria-theresien-Straße betont. In einigen dieser Mes-singplatten sind die sieben Partner-städte Innsbrucks verewigt. Aus brü-niertem Messing bestehen auch die eigens entworfenen leuchten, Bänke, trinkbrunnen, Fahrradständer und Abfalleimer mit integrierten Bodenstrah-lern. Schmale Messingleisten fassen den zentralen Platz, auf dem es sowohl Gastgärten gibt als auch Sitzbänke, von denen sich das städtische treiben be obachten lässt, ein. Den Abschluss der Fußgängerzone bil-

WilteNer platzl, iNNsbruck

bauherr: Stadt Innsbruck

plaNer: Gsottbauer architektur.

werkstatt, Innsbruck

Fläche: 1 800 Quadratmeter

bauzeit: 2009 bis 2010

NatursteiNe: Bodenplatten aus

WilteNer platzl, iNNsbruck

bauherr: Stadt Innsbruck

plaNer: Gsottbauer architektur.

werkstatt, Innsbruck

Fläche: 1.800 Quadratmeter

NatursteiNe: Bodenplatten aus

hartberger Granit, trittfläche sandge-

strahlt, Kanten und Unterlager leicht

sandgestrahlt; entwässerungsmulden-

steine, randsteine und Brunnen aus

hartberger Granit

NatursteiNlieFeraNt:

Poschacher natursteinwerk Gmbh,

A-4222 St. Georgen b. linz

Die neue Gestaltung des Wiltener Platzls von

Gsottbauer architektur.werkstatt gliedert die

Fläche mittels einer lang gezogenen Sitzbank

mit holzauflage, eines Brunnens und zweier

Bäume.

Page 48: Steintime Österreich 2 2011

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erfolg der Fußgängerzone in der Maria-theresien-Straße überraschte selbst die Verantwortlichen der Stadt. Bei starker nutzung bleiben Konflikte natür-lich nicht aus. Derzeit wird diskutiert, wie man mit den abgestellten Fahrrä-dern umgehen soll, denn an manchen tagen werden diese zum hindernis für Fuß gänger. Folgt man der Verlängerung der Maria-theresien-Straße, der historischen nord-Süd-Achse von der Altstadt zum Brenner, erreicht man den Stadtteil Wil-ten mit dem neuen Wiltener Platzl. Dort gestaltete das Büro Gsottbauer archi-tektur.werkstatt einen kleinen Stadt-platz, der auf die ergebnisse eines Bür-

Veranstaltungen statt.

Drei Neue iNNsbrucker DestiNatioNeNSo verschieden diese drei orte auch sind, so stellt jeder für sich eine erfolgsgeschichte dar und stärkt unter-schiedliche Facetten eines vielschich-tigen städtischen lebens, das nicht nur auf Konsum ausgerichtet ist. Aus Sicht der Stadt gibt es ein Bekenntnis zur hochwertigen Gestaltung des Frei-raums, angepasst an den jeweiligen Kontext. Am mutigsten erscheint der neue landhausplatz. Schwierige histo-rische rahmenbedingungen und die fehlenden Anziehungspunkte für Bewoh-ner stellten das Gestaltungsteam vor große herausforderungen. Das ergeb-nis ist eine neue Destination der Stadt. ein experimentierfeld, auf dem sich zeigt, wie die Stadtgesellschaft mit unterschiedlichen Ansprüchen an den öffentlichen raum umgeht. n

gerbeteiligungsverfahrens zurückgeht. Wo früher Autos parkten, treffen sich seit 2010 wieder die jungen und alten Bewohner von Wilten. eine lange Stein-bank mit holzauflage, ein Brunnen und zwei Bäume gliedern den dreieckigen, mit hellem Granitpflaster bedeckten Platz. Sie markieren die Grenze zu Geh-steig und Straße. An den Fassaden ste-hen Granitquader zum entspannten Sit-zen. Außerdem gibt es einige Gastgär-ten, die zum Verweilen einladen. nach der neugestaltung des Platzes inves-tierten auch die Anrainer: renovierte häuser und lokale am Platz zeugen von ihrem engagement. Auf dem Platz fin-den auch Wochenmärkte und kleine

Seit 2010 besitzt der Stadtteil

Wilten einen neuen treffpunkt.

Der Belag des dreieckigen

Platzes besteht aus recht-

eckigem Granitpflaster.

Page 49: Steintime Österreich 2 2011

Garten

54 STEIN TIME 2 I 11

auch ein Unikat. Durch eine gekonnte Begrünung entsteht aus der anfänglich schroffen »Felswand« ein buntes Muster aus blühenden Wolken weicher Polsterstauden, kompakten, dichten rosetten der Hauswurz oder anderer geeigneter Fugenpflanzen nebst brach­liegender Flächen mit schöner Mauer­struktur.

Etwas für spEzialistEnUm stabil zu sein, müssen trockenmau­ern leicht zum Hang geneigt – oder im Fall einer frei stehenden Mauer konisch nach oben zusammenlaufend – gebaut werden. regenwasser dringt zwar in die ritzen ein, wird aber rasch abgeleitet.

stEinrEihE um stEinrEihE wEr-dEn trockEnmauErn händisch ohne Mörtel auf einem soliden Funda­ment aufgeschichtet. Jeder Stein wird gesichtet, begutachtet und nach seiner Form ins Mauerwerk eingearbeitet. Die unterschiedlichen Steingrößen und Formen bringen es mit sich, dass trotz möglichst enger Fugen Lücken entste­hen, die trockenheitsliebenden Stauden Platz bieten. Mauern sind zwar schwie­rig zu verlegen, wirken aber durch den ständigen Wechsel an unterschied­lichen Steinhöhen und das Fehlen einer durchgehenden Fuge überaus lebendig. Jede Mauer sieht dadurch anders aus, hat ihren eigenen Charakter und ist

Die Verbindung zwischen rauen, kantigen Steinen und der Zartheit darin wurzeln­der Pflanzen ist reizvoll. eine harmo­

nisch geschichtete trockenmauer ist die natürlichste und einfachste Lösung, Pflanzen in ein Mauerwerk zu integrieren.

BlühEndE mauErn aus

stEin Von DanIeL BöSWIrtH

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eine Drainage aus grobem minerali­schem Material wie Bruch oder Schot­ter hinter der Mauer sorgt dafür, dass keine Staunässe entstehen kann. auch wenn punktuell in die Lücken Substrat eingearbeitet wird, herrschen durch trockenheit, nährstoffmangel und den begrenzten Wurzelraum für die Pflanzen extreme Bedingungen. Doch die natur hat auch für diese unwirtlichen Stand­orte Spezialisten entwickelt, die dort prächtig gedeihen.

pioniErE und BErgstEigEr In steppenähnlichen Gegenden, zwischen ritzen schroffer Felswände oder in alpinen Gerölllandschaften im Gebirge gibt es interessante und zähe Überlebenskünstler, die unter den har­ten Bedingungen gut zurechtkommen und auch zum Begrünen der Fugen in einer trockenmauer geeignet sind. Viele gartentaugliche Polsterstauden wie Blaukissen, Silberwurz, Seifenkraut oder Steinbrech stammen ursprünglich aus dem Gebirge. Bei der Pflanzenaus­wahl sollten nicht nur Blütenfarbe oder

Standortbedingungen als auswahlkri­terium herangezogen werden, sondern auch die Wüchsigkeit. ein zu üppiger Wuchs, wie ihn manche klassische Polsterstauden entwickeln, würde die Mauer zu sehr verdecken. Um beim Begrünen den engen abständen zwi­schen den Steinen rechnung zu tragen, werden robuste Jungpflanzen herangezo­gen, deren Wurzelballen sich in die klei­nen Lücken und Fugen setzen lassen.Um eine trockenmauer ganzjährig attrak­tiv zu gestalten, kommt man um die evergreens, die Blattschmuckstauden wie Farne oder sukkulente arten nicht herum. So webt die Spinnweb­Hauswurz zierliche kompakte rosetten zwischen die Steinfugen, die durch einen dünnen weißen Faden miteinander verbunden scheinen. Für die Fugen der trocken­mauer ebenfalls geeignet sind viele arten des Mauerpfeffers. Ihre dick­fleischigen Blätter dienen wie bei den Hauswurz­arten als Wasserspeicher. Sie sind wahre Überlebenskünstler und gedeihen auch dort, wo es selbst für die robusten Polsterstauden zu karg wird.

Li.: Zwischen größeren

Lücken der Mauer wurzeln

Gräser und Katzenminze.

Mitte: als blaues Band

zieren Bartiris diese

Mauerkrone.

re.: Zwischen den beiden

Granitblöcken wirkt Laven­

del als Steinbrecher.

Mauern schaffen Platz

für prachtvolle Beete.

Unkonventionelle Begrü­

nung: Für eine Hauswurz

reichen einfache Bohr­

löcher und etwas Substrat.

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Garten

56 STEIN TIME 2 I 11

Bei in den Hang gebauten Stützmauern bietet sich auch eine weitere Variante an: Statt einer einheitlichen, zum Hang geneigten trockenmauer schichtet man die Steine so, dass sich ein nach vorne erweitertes, vorgezogenes Beet ergibt und die eigentliche Mauer dahinter beginnt. Vom kleinen nischenbeet, das kaum mehr als ein, zwei Pflanzen Platz bieten kann, bis zum schmalen langen Band oder einem ausgeklügelten Sys­tem mit mehreren, ineinander ver­schachtelten, terrassenartig angelegten Beeten reichen die Möglichkeiten. Durch die ähnliche Bepflanzung der ein­zelnen Beete, aber auch durch die ein­heitlich verwendeten trockenmauer­steine wirken auf solche art verbaute Hänge besonders attraktiv. Statt Blüten­stauden können die Beete auch mit mediterranen Pflanzen oder mit Kräu­tern und Gewürzen begrünt werden. Vor allem die günstigen mikroklimatischen Bedingungen, die trockenmauern für diese sonnenhungrigen Gewächse schaffen, lassen Lavendel und Co. prächtig gedeihen. n

BEgrünung von mauErkronEnDer attraktivste Platz für Pflanzen ist auf der Mauerkrone. Hier können sie sich trotz trockenheit optimal entfalten. Ihr Wachstum ist nicht beschränkt durch die enge der Fugen. Straff auf­recht wachsende arten wie Zwergiris finden hier ebenso optimale Bedin­gungen wie die Missouri­nachtkerze mit ihren herabhängenden frischgrünen trieben und schwefelgelben Blüten. an solch exponierten Standorten sehen imposante Stauden wie Fackellilien, Prachtscharten oder Steppenkerzen schön aus. Dazwischen säumen boden­deckende Füllpflanzen wie Kissenas­tern, Katzenpfötchen und Wollziest die Mauerränder. Dekorativ sind Zwergge­hölze in Verbindung mit trockenmauern. an der Mauerkrone haben sie ausrei­chend Platz, um sich gut zu entwickeln. Die elegant überhängenden Zweige von Ginster oder Buschklee verhängen zwar teilweise das Mauerwerk, doch der lockere Vorhang aus Blüten und Blät­tern gibt einer Mauer ein unverwechsel­bares aussehen.

trockenmauern schaffen am Hang

Platz für üppige Staudenbeete.

Spinweb­Hauswurz bewährt sich als

idealer Fugenfüller zwischen den

bruchrauen Steinen.

Dost und Blauraute gedeihen

auf einer Mauerkrone.

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VÖN iNterN

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ein lichtdurchfluteter Schauraum mit großformatigen rohplatten, keine angestaubte Mustersammlung. So und nicht anders präsentiert das 1950 gegründete und 1995 von Manfred Breitwieser von den eltern übernommene Familienunternehmen Naturstein. Die 2011 eröffnete »Stone-World« auf dem 26.000 Qua-dratmeter großen Areal in tulln ist Breitwiesers jüngster Streich, um die eigene Liebe für Naturstein an Archi-tekten, Bauherren und auch Stein-metzen weiterzugeben. Die Faszination für Naturstein hat bei Breitwieser tradition. Seit 1980 wird Stein verarbeitet und auch importiert. Am besten direkt vom Produzenten in Brasilien, indien und wo sonst noch exklusive Steine gewonnen werden. Die persönliche Selektion durch die drei Geschäftsführer Manfred und Kristina Breitwieser sowie Manfred Breitwieser jun. vor Ort sichert die Qualität der ein-zelnen Lieferung. Damit die abgelieferte Arbeit ebenso hochwertig wie das Material selbst ist, betreibt Breitwieser eine moderne Produktion mit mehre-ren computergesteuerten Maschinen. Zuschnitte führen eine Wasserstrahl-Schneidanlage, mehrere Brückensägen und zwei CNC-Bearbeitungszentren aus. Keine Anlage in der 100 Meter langen Werkhalle ist älter als 2,5 Jahre; damit wird eine rasche und präzise Fertigung gewährleistet.

Raus zum Kunden gehenDie Verarbeitung von Naturstein mit modernster technik für Küchenar-beitsplatten, Böden, Bäder und den Garten ist nur eine Seite der Medaille. Maßgeblich zum erfolg des Unternehmens trägt auch die ein-drucksvolle Präsentation der Steine bei. im Schauraum in tulln, aber auch auf Messen wie der Wohnen und interieur in Wien. Küchen mit großflächigen Steinpaneelen bekleidet sind dabei fast schon ein Markenzei-chen. Schnörkellos verarbeitet, kubisch ist die Formensprache, die das Far-benspiel des Steines zur Geltung bringt. Zusätzlich zu publikumswirksamen Messeauftritten, wie man sie von einem Steinmetzbetrieb selten kennt, hat Breitwieser das Projekt »360° Performance« entwickelt. Ziel ist es, dem Kun-den durch eine Baustellen-Generalplanung ein umfassendes und sorgenfreies Service aus einer Hand zu bieten. Durch die Koordination eines Netzwerkes verschiedener Gewerke wie tischler und Gartengestalter erhält der Auftragge-ber ein einheitliches endprodukt.

Freude an Naturstein vermittelnDer Steinmetzbetrieb Breitwieser in tulln gibt kräftig Gas und investiert in technik und einen neuen Schauraum. Darin werden 600 verschiedene Natursteine ins beste Licht gerückt.

Für die Zukunft gestalten.

Fotonachweis: Kienesberger GmbH, Grieskirchen, Titel, S. 38–39; Richard Watzke, Freilassing, S. 3, 4, 8, 9, 12–15; Marcus Nitschke, Berlin, S. 4, 16–18; Stefan Müller, Berlin, S. 20-24; Wolf-Dieter Gericke, Waiblingen, S. 4, 26–30; Stefanie Hodek, München, S. 32–36; Robert Kaltenbrunner, Cottbus, S. 40–43; Günter Richard Wett, Peter Zöch, Patrick Saringer, Stadt Innsbruck/Tiefbau, Hertha Hurnaus, Wien, S. 44–48; Hirner & Riehl Architekten, München, S. 50–53; Daniel Böswirth, Wien, S. 54–56.

Streitfeldstraße 35, D-81673 München Postfach 80 04 09, D-81604 München Fon +49 89/43 60 05-194, Fax +49 89/43 60 05-113 e-Mail: [email protected] internet: www.s-stein.com

Chefredaktion: Willy Hafner (verantw. für den redaktionellen inhalt, Anschrift: Scheyerner Weg 1, D-80638 München), Fon +49 89/17 80 96 58

Redaktion: Sabine Werbel, Fon +49 89/43 60 05-186 Ariane Suckfüll, Fon +49 89/43 60 05-124 Gabriele Oldenburg (Geschäftsführende redakteurin), Fon +49 89/43 60 05-194 richard Watzke, Fon +49 86 54/67 02 03

ständige mitarbeiter: Jörg Stephan, München; Anne-Marie ring, München

gestaltung: allegria | design, Oppermann, München

zu beziehen bei: Vereinigung Österreichischer Natursteinwerke Scharitzerstraße 5/ii, A-4020 Linz Fon +43 7 32/65 60 48 und +43 76 12/8 73 36 Fax +43 76 12/8 94 33

erscheinungsweise: 2 x jährlich

Verlag Georg D.W. Callwey GmbH&Co. KG Streitfeldstraße 35, D-81673 München Postfach 80 04 09, D-81604 München Fon +49 89/43 60 05-0 Fax +49 89/43 60 05-113 internet: www.callwey.de

Persönlich haftende gesellschafterin: Georg D.W. Callwey Verwaltungs-GmbH

alleiniger gesellschafter: Helmuth Baur-Callwey, Verleger in München

Kommanditisten: Helmuth Baur-Callwey und Dr. Veronika Baur-Callwey, Verleger in München; Dr. Marcella Prior-Callwey und Dominik Baur-Callwey, Geschäftsführer in München

geschäftsführer: Dr. Marcella Prior-Callwey, Fon -165 und Dominik Baur-Callwey, Fon -159

herstellungsleitung: Alexander Stix, Fon -167, Fax -164

druck, Bindung: Kessler Druck + Medien, Michael-Schäffer-Straße 1, D-86399 Bobingen

Diese Zeitschrift und alle in ihr enthaltenen einzel-nen Beiträge und Abbildungen sind ur heber recht lich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Ur heber rechtsgesetzes bedarf der Zustimmung des Verlages. erfüllungsort und Gerichtsstand: München

Redaktion

Verlag

abonnementservice

Österreich

Zu dritt leiten sie das Unternehmen: Kristina

und Manfred Breitwieser mit ihrem Sohn

Manfred Breitwieser jun.

Steinerne Schönheiten auf 6500 m2: rohplatten

aus aller Welt warten im neuen Schauraum auf

Bewunderer.

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M i t g l i e d s b e t r i e b e d e r V Ö N

Steinmetzbetriebe Franz Bamberger GmbH

Wr. Neustädter Straße 137–139, 2514 Traiskirchen, Tel. 0 22 52/80 52 10, Fax 8 53 52 www.marmorwelt.com, [email protected]

Gegründet 1953, etwa 130 Beschäftigte. Das moderne Maschinenequipment ermöglicht technisch und gestalterisch anspruchsvollste Natursteinarbeiten. Neben allen einschlägigen Steinmetzarbeiten liegt der Tätigkeitsschwerpunkt in der Ausstattung von Wohnungen und Hotels der Luxusklasse. Eigene Büros in Deutschland, Schweiz, Großbritannien und der Russischen Föderation.

Breitwieser GesmbH

casa sasso Steinmetz GmbH

Hochäckerstraße 11, 3430 Tulln, Tel. 0 22 72/6 45 01-0, Fax 6 45 02www.breitwieser-stein.at, [email protected]

Untere Landstraße 20, 4055 Pucking, Tel. 0 72 29/7 98 60, Fax 7 98 60 11 www.casa-sasso.at, [email protected]

Seit 1980 spezialisiert sich Breitwieser auf Naturstein. Auf einer Grundfläche von 6.500 m2 präsentiert das familiengeführte Steinmetz-Unternehmen 600 verschiedene Natursteine, die persönlich bei den Lieferanten vor Ort selektiert werden. Damit zählt Breitwieser heute zu Europas führenden Betrieben, die exklusiv Natursteine importieren, verarbeiten, versetzen und verlegen: Von Küchenarbeitsplatten über Böden, vom Garten bis zum Schlafzimmer.

Naturstein, Marmor und Granit sind Klassiker in allen Bereichen anspruchsvoller Architektur. Aus vielerlei Gründen. Hier begeistert die Ästhetik des natürlichen Materials. Dort inspiriert die Vielfalt an Gestaltungsmöglichkeiten.Luxuriös, elegant, rustikal, modern. Was immer Ihnen zu Stein einfällt, casa sasso ist der richtige Partner zur fachmännischen Umsetzung Ihrer Ideen und Wünsche. Mit Komplettlösungskompetenz.

Höchster Qualität und Professionalität in der Verarbeitung von Naturstein hat sich der 1965 gegrün-dete Steinmetzmeisterbetrieb Wolfgang Ecker verschrieben. Klassische Arbeiten wie Fassadengestal-tung, Bodenbeläge oder Fensterbänke sind ebenso Bestandteil der handwerklichen Palette wie Arbeiten in der Denkmalpflege.

Komm. Rat. Johann Gersthofer Ges.m.b.H.

Marmor-Industrie Kiefer GmbH

Steinmetzmeisterbetrieb Wolfgang Ecker Ges.m.b.H.

Badener Straße 25, 2514 Traiskirchen, Tel. 0 22 52/52 22 40, Fax 52 22 47 www.ecker-stein.at, [email protected]

Schulstraße 4, 2632 Grafenbach, Tel. 0 26 30/3 71 13, Fax 3 71 13-19www.gersthofer.at, [email protected]

Wiestalstraße 10, 5411 Oberalm (Salzburg), Tel. 0 62 45/8 35 04, Fax 8 35 05 33 www.marmor-kiefer.at, [email protected]

Seit 1902 bürgt die Firma Gersthofer für höchste Qualität in der Natursteinverarbeitung und verbin-det das traditionelle Handwerk mit modernster Technologie und Leidenschaft für Steine. Ausfüh-rungen von Steinmetz- und Kunststeinarbeiten für innen und außen (Boden- und Stufenbeläge, Fassaden, Küchenarbeitsplatten etc.).

Mit 38 Mitarbeitern gewinnt und verarbeitet die Marmor Kiefer Marmorvorkommen aus eigenen Steinbrüchen in Adnet und am Untersberg. Verarbeitet wird auch Gollinger Konglomerat. Ein Viertel der Produktion wird exportiert. Wichtige Bereiche sind die Denkmalpflege und der hochwertige Innenausbau.

Kienesberger Steinmetzmeister GmbH & Co. KG

Seit drei Generationen bearbeiten wir Naturstein auf höchstem Niveau. Die Liebe zum Material, eine moderne Produktion und die handwerklichen Fähigkeiten der Mitarbeiter sind unsere Grundlage. Damit schaffen wir Unikate. Mit Kalkstein aus unserem eigenen Steinbruch im Salzkammergut und aus allen weltweit verfügbaren Natursteinen.

Au 17, 4707 Schlüßlberg, Tel. 0 72 48/6 82 95, Fax 6 82 95-7www.kienesberger-stein.at, [email protected]

Josef Kogler Natursteinbruchund Schotterwerk GmbH

Steinweg 2, 9554 St. Urban, Tel. 0 42 77/82 41, Fax 82 41-11www.kogler-natursteinwerk.at, [email protected]

Der Blau-Grüne Carat, ein Naturstein von hoher Qualität, abgebaut im eigenen Steinbruch in St. Urban, ist das Herzstück der Produktpalette der Firma Kogler Naturstein. Das 1954 gegründete Unternehmen bietet ein umfassendes Angebot an Naturstein-Produkten für den Innen- und Außenbereich. Moderne Technologie und erfahrene Handwerker garantieren die Produktqualität.

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Für nähere Informationen stehen wir Ihnen jederzeit gerne zur Verfügung.

Büro Natursteinvereinigung: Scharitzerstraße 5/II, A-4020 Linz Tel. 07 32/65 60 48 und 0 76 12/8 73 36 Fax 0 76 12/8 94 [email protected]

Wiener Straße 65, 8605 Kapfenberg, Tel. 0 38 62/22 45 2, Fax 22 45 24www.matschy.com, [email protected]

Lauster Naturstein GmbHNatursteinwerke

Krastaler Straße 28, 9541 Einöde b. Villach, Tel. 0 42 48/27 82, Fax 20 17www.laustersteinbau.de, [email protected]

Lauster gewinnt und verarbeitet Naturstein seit über 200 Jahren. Das Unternehmen war maß-geblich an der Entwicklung der zeitgenössischen Fassadentechnik beteiligt. Zurzeit gewinnt das Unternehmen in eigenen Steinbrüchen im Krastal in Kärnten den kristallinen Marmor Krastaler Marmor und in Osttirol den Serpentinit Tauerngrün und den Chloritschiefer Dorfergrün.

Matschy GmbH Stein & Design

Die Tradition sowie die speziellen Fähigkeiten in der Gestaltung und Verarbeitung von Naturstein sind über mehrere Generationen entwickelt und aufgebaut worden.Durch diesen Umstand sind wir einer der technisch modernsten Meisterbetriebe in der Steier-mark. Besuchen Sie unsere Showrooms in Kapfenberg und finden Sie zu Ihren Wünschen und Ideen den passenden Stein mit seiner geforderten Gestaltung.

Poschacher Natursteinwerke GmbH & Co. KG

Seit 1839 steht der Name Poschacher für die perfekte Verarbeitung von Naturstein. In acht österreichischen Steinbrüchen werden die Granite Neuhauser, Herschenberger, Gebhart-ser, Aalfanger, Hartberger und Schremser sowie der Chloritschiefer Pannonia Grün abgebaut und von über 200 Mitarbeitern in modernsten Anlagen zu einer Vielzahl an Produkten verarbeitet.

Steinmetzunternehmen Reinisch GmbH

Stein Reinisch ist ein ISO-zertifizierter Betrieb – Mitarbeiter werden laufend geschult, individuelle Arbeiten werden professionell geplant und ausgeführt. Wir bieten Ihnen Komplettlösungen – alles aus einer Hand. In unseren neun Filialen und im Werk sind Sie immer herzlich willkommen. Der Betrieb wurde 1985 gegründet und zählt heute zu den größten Betrieben in der Steiermark.

ABSW Rheintalstein GmbH

Seit 2009 baut die ABSW Rheintalstein GmbH aus Vorarlberg im einzigen Sandsteinbruch Öster-reichs Schwarzachtobler Quarzsandstein ab. Eine blaugraue Färbung, Frostsicherheit, Polierfähig-keit und eine hohe Widerstandsfähigkeit sind nur ein paar Eigenschaften des Steines. Diese Materialeigenschaften prädestinieren unser Produkt für den Innen- und Außenausbau, Fassaden-bau sowie im GaLaBau.

Schärdinger Granit Industrie AG

Seit über 120 Jahren stellt die Schärdinger Granit Industrie AG in ihren Betrieben in Schrems und Schärding Pflaster-, Leisten- und Randsteine sowie Platten aus Schärdinger und Schremser Granit her. Bei Steinmetzprodukten reicht die Produktpalette von der Bodenplatte bis zu Grabanlagen.

Sölker Marmor GmbH

Der Ursprung des Sölker Marmors liegt mehr als 350 Millionen Jahre zurück. Sein hohes Alter und seine spezifische Entstehungsgeschichte machen ihn zu einem der hochwertigsten Marmore der Welt. Die Firma Sölker Marmor mit ihren 40 Mitarbeitern hat sich auf den Abbau und die Veredelung des im Sölktal gewonnenen edlen Natursteins spezialisiert.

Poschacherstraße 7, 4222 St. Georgen, Tel. 0 72 37/33 33, Fax 33 33 44 4www.poschacher.com, [email protected]

Hainsdorf 8, 8421 Wolfsberg, Tel. 0 31 84/24 08-0, Fax 24 08-24www.stein.at, [email protected]

Schwefel 81, 6850 Dornbirn, Tel. 0 55 72/4 12 30, Fax 4 12 30 10www.rheintalstein.at, [email protected]

Gopperding 17, 4782 Sankt Florian am Inn, Tel. 0 77 12/31 16-0, Fax 31 16-50www.schaerdingergranit.at, [email protected]

Reith 279, 8961 Kleinsölk, Tel. 0 36 85/2 22 16-0, Fax 2 22 16-19www.soelker.at, [email protected]