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www.ssoar.info Die Wende als (literarische) Krise? : Legitimatorische Selbstbehauptungen in 'Künstlerautobiographien' nach 1990 Steinig, Valeska Veröffentlichungsversion / Published Version Zeitschriftenartikel / journal article Zur Verfügung gestellt in Kooperation mit / provided in cooperation with: Verlag Barbara Budrich Empfohlene Zitierung / Suggested Citation: Steinig, Valeska: Die Wende als (literarische) Krise? : Legitimatorische Selbstbehauptungen in 'Künstlerautobiographien' nach 1990. In: BIOS - Zeitschrift für Biographieforschung, Oral History und Lebensverlaufsanalysen 23 (2010), 2, pp. 266-279. URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-355723 Nutzungsbedingungen: Dieser Text wird unter einer Deposit-Lizenz (Keine Weiterverbreitung - keine Bearbeitung) zur Verfügung gestellt. Gewährt wird ein nicht exklusives, nicht übertragbares, persönliches und beschränktes Recht auf Nutzung dieses Dokuments. Dieses Dokument ist ausschließlich für den persönlichen, nicht-kommerziellen Gebrauch bestimmt. Auf sämtlichen Kopien dieses Dokuments müssen alle Urheberrechtshinweise und sonstigen Hinweise auf gesetzlichen Schutz beibehalten werden. Sie dürfen dieses Dokument nicht in irgendeiner Weise abändern, noch dürfen Sie dieses Dokument für öffentliche oder kommerzielle Zwecke vervielfältigen, öffentlich ausstellen, aufführen, vertreiben oder anderweitig nutzen. Mit der Verwendung dieses Dokuments erkennen Sie die Nutzungsbedingungen an. Terms of use: This document is made available under Deposit Licence (No Redistribution - no modifications). We grant a non-exclusive, non- transferable, individual and limited right to using this document. This document is solely intended for your personal, non- commercial use. All of the copies of this documents must retain all copyright information and other information regarding legal protection. You are not allowed to alter this document in any way, to copy it for public or commercial purposes, to exhibit the document in public, to perform, distribute or otherwise use the document in public. By using this particular document, you accept the above-stated conditions of use.

Steinig, Valeska 'Künstlerautobiographien' nach 1990 ... · Zusammenhang von einem „Furor melancholicus“ (Emmerich 1996, 460), der die „sogenannten Reformsozialisten“ ergriffen

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Die Wende als (literarische) Krise? :Legitimatorische Selbstbehauptungen in'Künstlerautobiographien' nach 1990Steinig, Valeska

Veröffentlichungsversion / Published VersionZeitschriftenartikel / journal article

Zur Verfügung gestellt in Kooperation mit / provided in cooperation with:Verlag Barbara Budrich

Empfohlene Zitierung / Suggested Citation:Steinig, Valeska: Die Wende als (literarische) Krise? : Legitimatorische Selbstbehauptungen in'Künstlerautobiographien' nach 1990. In: BIOS - Zeitschrift für Biographieforschung, Oral History undLebensverlaufsanalysen 23 (2010), 2, pp. 266-279. URN: http://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:0168-ssoar-355723

Nutzungsbedingungen:Dieser Text wird unter einer Deposit-Lizenz (KeineWeiterverbreitung - keine Bearbeitung) zur Verfügung gestellt.Gewährt wird ein nicht exklusives, nicht übertragbares,persönliches und beschränktes Recht auf Nutzung diesesDokuments. Dieses Dokument ist ausschließlich fürden persönlichen, nicht-kommerziellen Gebrauch bestimmt.Auf sämtlichen Kopien dieses Dokuments müssen alleUrheberrechtshinweise und sonstigen Hinweise auf gesetzlichenSchutz beibehalten werden. Sie dürfen dieses Dokumentnicht in irgendeiner Weise abändern, noch dürfen Siedieses Dokument für öffentliche oder kommerzielle Zweckevervielfältigen, öffentlich ausstellen, aufführen, vertreiben oderanderweitig nutzen.Mit der Verwendung dieses Dokuments erkennen Sie dieNutzungsbedingungen an.

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BIOS, Jg. 23 (2010), Heft 2 © Verlag Barbara Budrich

Die Wende als (literarische) Krise?

Legitimatorische Selbstbehauptungen in ‚Künstlerautobiographien‘ nach 1990

Valeska Steinig

1. Einleitung

Der im Hinblick auf das historische Ereignis 1989 eingebürgerte Begriff Wende kann, je aus perspektivischer Sicht, unterschiedlich gedeutet werden. Er wird positiv konno-tiert verstanden, wenn damit die Wiederherstellung des vereinigten Zustands Deutsch-lands gemeint ist. Dies trifft auch auf das mehrheitlich gesellschaftliche Bewusstsein sowohl der BRD- als auch der DDR-Bürger zu. Eine negativ konnotierte Wende voll-zog sich aus historisch-materialistischer Sicht, da die sozialistische Gesellschaftsform der DDR wieder zurück in den kapitalistischen Zustand überführt wurde. Aus dieser Perspektive versteht sich auch die Verwendung des Begriffs Umbrucherfahrung, der ein Krisenbewusstsein impliziert.

Diese krisenhafte Bewusstseinsvorstellung, allgemein gesprochen, resultiert aus einem bevorstehenden oder stattgefundenen Entzug von etwas Unverzichtbaren, wo-raus eine Situation entsteht, die über Untergang oder Fortbestand entscheidet. Die Krise fordert also eine Entscheidung, den Zustand zu ändern, auch wenn das Ziel und der Weg zum Ziel noch offen sind. Die DDR-Bürger haben die Wende etwa ein Jahr-zehnt danach als Krise verstanden und antworteten auf sie mit Ostalgie.

Die Schriftsteller der DDR empfanden den historisch-gesellschaftlich begründeten Umbruch der DDR schon seit seinem Beginn als Krise, allerdings als Krise, die sie bemerkenswerter Weise als Kollektiv betraf. Wolfgang Emmerich spricht in diesem Zusammenhang von einem „Furor melancholicus“ (Emmerich 1996, 460), der die „sogenannten Reformsozialisten“ ergriffen habe, woraus eine „Erschütterung, schließlich das Ortloswerden der sozialistischen Vision im Prozeß der Wende“ (Em-merich 1996, 457) resultiere. Damit geht die Behauptung einher, die Literatur der nunmehr ehemaligen DDR-Schriftsteller nach der Wiedervereinigung könne nur eine „Sinnkrise“ (Emmerich 1996, 478) artikulieren, da die Autoren von einer „tiefen Verunsicherung [ihrer] Autorenrolle“ (Emmerich 1996, 462) betroffen und infolge-dessen mit einer „radikalen Selbstinfragestellung“ (Emmerich 1996, 462) konfrontiert seien. Emmerich führt Volker Brauns Gedicht Das Eigentum (1989) als Beispiel an, in dem mit den Zeilen „Was ich niemals besaß, wird mir entrissen./ Was ich nicht lebte, werd ich ewig missen“ (Emmerich 1996, 459) ein Heimatverlust beklagt wer-de.1

1 Klaus Welzel spricht im Zusammenhang mit diesem Gedicht von der Artikulation einer „Verlustangst“

(Welzel 1998, 95). Frauke Meyer-Gosau konstatiert für die literarische Textproduktion der DDR-Autoren nach der Wende ein „Schmerz-Amalgam“ (Meyer-Gosau 2000, 9).

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Differenzierter ist dieses Bewusstein zu betrachten, nimmt man die auffällig ex-pansive Autobiographieproduktion der DDR-Schriftsteller nach 1990 zur Kenntnis und berücksichtigt darüber hinaus, was Keith Bullivant und Bernhard Spies über literarisches Krisenbewusstsein seit dem 20. Jahrhundert und die möglichen Reaktio-nen darauf konstatieren:

Die Erfahrung der Krise kann in die entschlossene Weigerung führen, den drohenden Verlust hinzunehmen, und den Impuls provozieren, das gefährdete Gut ernsthaft zu verteidigen; die nämliche Erfahrung einer faktischen Erschüt-terung von bisher Gültigem kann aber auch zum Argument für die Notwendig-keit seines Untergangs erhoben werden [...] .(Bullivant, Spies 2001, 15)

Emmerichs Beobachtung vom „Ortloswerden“ stellt nur einen notwendigen Grund für das Krisenbewusstsein der DDR-Schriftsteller dar, denn an dem Autobiographieboom partizipieren auch solche Schriftsteller, die unter der SED-Diktatur Repressalien erlit-ten hatten, so dass sie die DDR gar nicht als Heimat empfunden haben dürften und daher den Untergang eigentlich nicht zu beklagen hatten.

Die hinreichende Begründung liefert eine genaue Analyse des Textkorpus, ohne die autobiographischen Stellungnahmen auf ihre politische Teilhabe zu reduzieren, wie bisher hauptsächlich von den Literaturwissenschaften verfahren wurde.2 Darüber hinaus beschränken sich weitere Analysen darauf, nach dem Gelingen des autobio-graphischen Paktes von Philippe Lejeune zu suchen (Corbin-Schuffels 2000, 69-80 sowie Corbin-Schuffels 2003, 27-40) oder die „Ungleichzeitigkeit“ (Wehdeking 2000, 8) der Ost-Texte im Vergleich zu denen des Westens zu bemängeln. Die Be-schränkung zeigt sich darin, dass bei den Untersuchungen die autobiographischen Ich-Darstellungen nicht berücksichtigt wurden.

Damit wurde dem Trend der politischen Delegitimierungswelle gefolgt, mit der die DDR als Unrechtsstaat vor und nach 1990 abgeurteilt wurde. Dieser daraus resul-tierende politische Legitimierungsdruck wurde mit dem deutsch-deutschen Literatur-streit um Christa Wolfs Erzählung Was bleibt (1990) auch auf den Bereich des Künst-lerisch-Kulturellen übertragen und unterstellte den Autoren eine Teilhabe am Un-rechtscharakter der DDR aufgrund ihrer Autorenrolle im Staat. Mit einem auffällig quantitativen Maß autobiographisch verfasster Texte antworten nicht nur, aber haupt-sächlich die ehemaligen DDR-Autoren mittelbar auf die historisch-gesellschaftliche ‚Wende‘-Erfahrung. Unmittelbar antworten sie auf diesen politischen Rechtferti-gungsdruck, der ihre Identität als Schriftsteller in die Krise geraten ließ und der aus

2 Vgl. dazu Werner Mittenzwei: „In dieser Hinsicht enttäuschten alle Biographien der neunziger Jahre. Es

schien, als wären sie den Vorgaben der Feuilletons gefolgt. [...] Weder der Gerichtstag über sich selbst noch der innere Drang zur Wandlung, auch nicht der Zauber einer Idee, der sie einmal mitgerissen hatte, fanden eine angemessene Darstellung. Der Mehltau des Feuilletons lag auf dem Dichterwort und ließ die große Kunst der Erinnerung verkümmern“ (Mittenzwei 2001, 508 f.). Die Kritik an der Haltung der Feuilletons ist berechtigt. Allerdings wird diese Aussage den Autobiographien nicht gerecht und kenn-zeichnet eine politisch einseitige Erwartungshaltung. Dies ist insofern hervorzuheben, als Mittenzwei zuvor zwar noch hellsichtig konstatiert, dass „die Kontinuität [der Schriftsteller; V.S.] [...] nur bei we-nigen [abbrach]“ (Mittenzwei 2001, 506) und den Autobiographien später aber einen Mangel an „au-thentische[m] Einblick in literarische und weltanschauliche Entwicklungen in der zweiten Hälfte des zwanzigsten Jahrhunderts“ unterstellt. (Mittenzwei 2001, 509).

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dem Vorwurf resultierte, sie hätten sich ganz grundsätzlich einer eigentlich unent-schuldbaren Kollaboration zu stellen.

Anders als bei den schreibenden Kollegen im Westen wird ihre Identität zwar auch über das Künstler-Ideal gestiftet, das über die Gleichsetzung von Leben mit der Beschäftigung mit Literatur definiert wird und Ausdruck einer außergewöhnlich star-ken Affinität zu Literatur ist. Allerdings ist ihre Tätigkeit darüber hinaus vom Ideal des Sozialismus motiviert. Dies bedeutete für die Kulturschaffenden der DDR kein blindes Unterwerfen unter die Ideologie oder gar ein fremdbestimmtes Sich-ihr-in-den-Dienst-Stellen. Die DDR-Autoren hatten vielmehr das Kritik-Üben an den beste-henden Verhältnissen, die noch von der idealisierten, angestrebten sozialistischen Gesellschaftsform abwichen, als konstruktives Element in ihrem Selbstverständnis verankert.3 Dies trifft auf alle Schriftsteller-Identitäten der DDR zu, so dass am Boom der DDR-Künstlerautobiographien sowohl die so genannten Staatsdichter4 genauso wie die oppositionellen und autonomen Autoren5 als auch die weniger auffälligen wie eher unbekannteren Schriftsteller6 partizipieren. 2. Identität und Krise als Merkmale autobiographischen Schreibens

Die Entscheidung – anders als beispielsweise Volker Braun lyrisch den Heimatverlust zu beklagen –, kollektiv autobiographisch zu schreiben, liegt im Verfahren selbst begründet.

Die autobiographische Schreibweise thematisiert zum einen das Verhältnis zwi-schen Subjektivität und Objektivität dadurch, dass das, worüber das Subjekt schreibt zum allgemeinen Interesse erhoben wird. Zum anderen ermöglicht es nicht nur das Artikulieren einer Identität, die über ein einklingendes Verhältnis zwischen Ich und Ich, Ich und Welt zustande kommt.

Es hält auch die Möglichkeit bereit, eine krisenhafte Identität, die in aller Regel dadurch zustande kommt, dass die äußeren (Umbruch-)Verhältnisse nicht mehr als dem Subjekt gemäße wahrgenommen werden, durch das autobiographische Erzähl-verfahren zu überwinden. Diese Ich-Stiftung wird mit einer ganz bestimmten Form der Ich-Darstellung, nämlich der Legitimation, ermöglicht.7

Mit der Entscheidung für die autobiographische Methode ist auch schon angezeigt, dass es sich um eine positive Krise handelt. Dieses positive Verständnis folgt der Tradition des politisch-historischen Krisenbegriffs des 16. Jahrhunderts, der eine „optimistische[] Fortschrittsgläubigkeit“ ausdrückte und im 19. Jahrhundert übertra-

3 Vergleicht man diese Haltung mit dem rhetorischen Duktus des Neuen Deutschlands, so kann diese

kritische Einstellung auch für die Bürger der DDR geltend gemacht werden, war doch das Lesen der Tageszeitung der DDR hauptsächlich danach ausgerichtet, kritische Textstellen gegenüber den herr-schenden Verhältnissen zu suchen. Dieses Verhalten hatte auch Auswirkungen auf den Sprachgebrauch, so dass „[für] den DDR-Bürger [...] dadurch die Situation [entstand], sich ständig mit dem Wortgebrauch zweier Sprachen zurechtfin-den zu müssen, die ‚der Partei‘ und die der Alltagskommunikation.“ (Kronenberg 1993, 4).

4 Hier sind Hermann Kant und Christa Wolf zu erwähnen.

5 Im Einzelnen sind hier Stefan Heym, Heiner Müller, Erich Loest, Günter Kunert, Kurt Drawert, Fritz Rudolf Fries, Sascha Anderson, Christoph Hein, Wolfgang Hilbig, Reinhard Jirgl, Thomas Rosenlöcher, Gert Neumann und Monika Maron aufzuführen.

6 Beispielsweise sind hier Günter de Bruyn, Brigitte Burmeister und Rita Kuczynski zu nennen.

7 Über die fünf inhärent-konstitutiven Merkmale der literarischen Gattung siehe Steinig 2007, 13-23.

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gen auf die Ökonomietheorie die Überzeugung beinhaltete, dass „jede Krise zum Besseren führe“ (Koselleck 1998, 1237). Damit wird die Definition von Krise nicht nur auf die Beschreibung des objektweltlichen Geschehens beschränkt, sondern zieht zum Verständnis die subjektive Wahrnehmung hinzu. Die Autobiographen überwin-den ihre Krise nicht dadurch, dass sie sich als politische Wesen artikulieren, sondern dadurch, dass sie krisenbewusstseinstypisch den äußeren Umbruchszustand der Welt zum Zustand ihres Ichs erheben und – literarisch produktiv – differenzierte Formen der Legitimation entwickeln und sich mit ihnen als Schriftsteller der DDR selbstbe-haupten. Neben den explizit fiktionalen Texten des Korpus werden auch Erzählungen des eigenen Lebens verfasst, die ausdrücklich als solche etikettiert sind. Zu letzteren zählen u.a. die Autobiographien Hermann Kants, Erich Loests, Gunter Kunerts, Gün-ter de Bruyns, Sascha Andersons, Fritz Rudolf Fries’ sowie Heiner Müllers. 3. ‚Künstlerautobiographien‘ nach 1990

3.1 Herrmann Kant: Selbstbehauptung als poetisches Subjekt bei gleichzeitiger ehemaliger partei-politischer Identität

Als ehemaliger Präsident des Schriftstellerverbandes (SV) und Mitglied des SED-Zentralkomitees der DDR ist es ein leichtes, Hermann Kant – neben denen, die als IM für das MfS tätig waren – einen politisch motivierten Vorwurf zu machen. In Ab-spann. Erinnerungen an meine Gegenwart (1991) nimmt ihn der Autor scheinbar auf und beschreibt seine Situation nach 1989 wie folgt:

Und der Literat Kant empfand sich zwar nicht wie ein Roland auf deutsch-deutschem Klassenfeldzug, benahm sich aber so, war ein getreuer Paladin, wachte über den Schlaf sorgloser Gefährten, stieß bei Gefahr ins Horn und kriegte nur seinen Abgang nicht auf eine Weise hin, die fürs Epenalbum taugte. – Er benahm sich so, aber empfand sich nicht entsprechend, sagte ich, und hätte bis vor kurzem jegliche Erläuterung für überflüssig gehalten. Es galt mir als normal, dass jemand handelt, ohne nach historischen Dimensionen zu schielen. Nun bekomme ich aber mehr und mehr von solchen Abmessungen zu hören, sehe mich zum Schurken im Stück ernannt und werde mit Überlegungen vertraut gemacht, von denen es heißt, ich hätte sie angestellt. Da gilt es sich zu erklären […]. (Kant 1991, 465)

Allerdings macht Kant den Vorwurf für sich dann doch nicht geltend, indem er die Kritik an die Politoberen umadressiert, sie als „Allianz – wohlverstanden eine, deren Teil [er] in Sprechen und Widersprechen war – aus schierer Macht und blanken Dilet-tantismus“ (Kant 1991, 266) bezeichnet und sich anschließend selbst bezichtigt, nur unzureichend für eine bessere Ausgestaltung des Sozialismus getan zu haben:

Wir strauchelten und sind für lange Zeit aus unseren Träumen gestürzt. Deut-sche Geschichte erwies sich als nicht regierbar durch uns. Die Bearbeitung des Zwischenfalls, der wir waren, ging an die Direktion Verbrechensbekämp-fung über, und von dem, was wir weitersagen wollten, bleibt vermutlich nur Li-teratur. (Kant 1991, 511)

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Kant distanziert sich somit von seinen Aktivitäten als politisches Subjekt, indem er eine moralische Schuld eingesteht und dies auch durchaus als Niederlage anerkennt. Der an ihn gerichtete Vorwurf wird allerdings im autobiographischen Erzählprozess neutralisiert, indem Kant ihn nicht auf seine Tätigkeiten als poetisches Subjekt be-zieht, sondern – im Gegenteil – seiner Schriftstellerexistenz Kontinuität verleiht, wenn er u.a. wie oben darauf hinweist, dass die Literatur der DDR über das Ende des politischen Staatsgefüges hinaus existieren wird. Mit dieser Selbstbehauptung als poetisches Subjekt bei gleichzeitiger ehemaliger (partei-)politischer Identität bleibt das Schriftsteller-Ich über den politischen Untergang der Alternative zum Kapitalis-mus erhaben, so dass Kant am Ende seiner Autobiographie konstatiert: „Ich habe […] mich durchgehalten, und angesichts dessen, was mich daran hindern wollte, denke ich, auch für den Rest sollte das noch zu schaffen sein.“ (Kant 1991, 364)8 3.2. Erich Loest und Günter Kunert: Selbstbehauptungen poetischer Subjekte bei gleichzeitiger oppositioneller Identität

Die Autoren, denen man durchaus auch eine politische, und zwar eine oppositionelle Identität zuweisen kann, so beispielsweise Günter Kunert und Erich Loest, behaupten in ihren Autobiographien ebenfalls ihre Identitäten als Schriftsteller der DDR und das, obwohl sie unter dem politischen System gelitten haben; Kunert wie Loest reisten Ende der siebziger, Anfang der achtziger Jahre in die BRD aus. Anders als von der Leserschaft erwartet findet man keine harschen Polemisierungen gegen die DDR in den Texten oder gar das Beklagen einer Opferrolle, die damit dem politischen Delegi-timationsvorwurf Recht geben würde; die Opferrolle wird höchsten evoziert, um sie von sich zu weisen. Wenn Kritik gegen die DDR geübt wird, dann – wie bei Kant – zum Zweck der Selbstbezichtigung, nicht genügend gegen die falsche Ausgestaltung des Realsozialismus getan zu haben.

Erich Loest bezeichnet daher am Ende seiner Lebensbeschreibung Der Zorn des Schafes. Aus meinem Tagewerk (1990) seinen siebenjährigen Haftvollzug in Bautzen

8 Dies gilt jedoch keineswegs für die faktische Existenz des Autors nach der Wiedervereinigung. Es ist

anzunehmen, dass sich Kant darüber bewusst war, dass sein Status als Staatsdichter oder zumindest als anerkannter und viel gelesener Autor nicht mehr in den neuen Verhältnissen gelten würde. Daher muss der Titel Abspann als Ausdruck dieser Gewissheit verstanden werden: Am faktischen Ende seiner schriftstellerischen Laufbahn resümiert er und führt dazu abschließend auch die Personen auf, die ihn begleiteten. Kants literarische Arbeiten nach 1990 sind von den Feuilletons kaum noch – und wenn ab-schätzig – beachtet und von den Verlagen mit geringen Auflagen verlegt worden; beispielsweise wird man diese Autobiographie bald nur noch antiquarisch beziehen können. Als Zwischenbemerkung lohnt hier eine kurze Betrachtung der Autobiographie Spionagechef im gehei-men Krieg. Erinnerungen (1997) des Chefs des DDR-Außengeheimdienstes Markus Wolf, die das glei-che Legitimationsmuster wie Kants Text aufweist. Denn auch er lässt einen politischen Vorwurf nicht für sich gelten, obwohl er ihm nicht nur gemacht werden kann, sondern auch vor wiedervereinigter Ju-dikative gemacht wurde. Darüber hinaus müsste Wolf eine politische Niederlage anerkennen. Aller-dings demonstriert er in seiner Lebensbeschreibung Erhabenheit über derselben, indem auch er – zwar Selbstkritik übender Weise – sich als poetisches Subjekt selbst behauptet. Er wird rechtzeitig zur Wende Schriftsteller, weil er „vor dem Hintergrund der Lebensleistung [seines] Vaters und [seines] Bruders mehr in die gesellschaftlichen Prozesse [des] Landes eingreifen und mehr Gehör finden konnte als durch [sein] Verbleiben im Nachrichtendienst“ (Wolf 2003, 436). Günter Schabowski kommentiert die-sen ‚Berufswechsel‘ in seiner Autobiographie Der Absturz (1991), in der er politische wie moralische Verantwortung für sein Mittun im System übernimmt, eine politische Niederlage eingesteht und somit eine Delegitimation par excellence vollzieht, als „gutinszenierten Ausflug in die literarische Welt“ (Schabowski 1991, 286).

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als Notwendigkeit „für [seine] Schreiberei“ (Loest 1990, 393) und Günter Kunert kommt in seinen Erwachsenenspielen. Erinnerungen (1997) zu dem Schluss: „Ich bin kein Opfer und werde mich niemals als eines bezeichnen.“ (Kunert 1997, 435)

Einerseits gelingt dadurch die Beweisführung, Rechtfertigungen als Schriftsteller nötig zu haben, andererseits gleichzeitig die Durchführung dieses Prozesses. Beide rechtfertigen sich als oppositionelle Schriftsteller der DDR und selbstbehaupten diese Identitäten, ohne über vermeintliche Schuld und Sühne anderer Kollegen und über die Delegitimationsatmosphäre nach 1990 zu urteilen. 3.3 Günter de Bruyn: Kontrafaktische Selbstbehauptung als poetisches Subjekt

Im zweitem Band seiner Autobiographie – dem DDR-Band Vierzig Jahre. Ein Le-bensbericht (1996) – setzt Günter de Bruyn sich ebenfalls einem Legitimationsdruck aus, der allerdings nicht von außen kam, sondern den er sich selbst auferlegt. Seine Schriftstellerexistenz in der DDR kann als weder auffällig im öffentlichen Bereich noch als abgeschottet autonom oder gar oppositionell, sondern eher als neutral, das heißt ohne dezidierte politische Position, bezeichnen werden: Der Autor war Mitglied der einschlägigen Kulturinstitutionen der DDR, erhielt für seine Prosa Auszeichnun-gen und Preise im Ost- wie im Westteil des Landes und wurde von Wolfgang Schäuble zum „Schriftsteller der deutschen Einheit“ (Schäuble 1996, 17) gekürt. Niemand bezweifelte je de Bruyns moralische Integrität zu DDR-Zeiten, allenfalls nach der Wiedervereinigung wurde ihm von ehemaligen DDR-Kollegen der Vorwurf der Anbiederung gemacht; dafür steht Hermann Kants Rezension des Lebensberichts, die im Ton polemisch, in der Sache aber differenzierter ausfällt als die hauptsächlich wohlwollenden und lobenden Rezensionen des Feuilletons, die de Bruyn überzeugen-de Selbstkritik attestierten:

Sein Können ist bestechend, jede Selbstanklage so vorzutragen, daß man ihn vor ihr in Schutz nehmen möchte. Dabei handelt es sich um den Bericht eines Mannes, der sich ständig hinter längst abgefahrene Züge warf, und zwar ge-danklich beim Blättern im Fahrplan. Niemand ist verpflichtet, mutig zu sein, aber hier schreibt ein Reitersmann, der vor lauter Angst, er könne an einen ge-frorenen Bodensee geraten, gar nicht erst aufs Pferd kam. (Kant 1996, 228)9

Geht man davon aus, dass de Bruyns Lebenslauf den Werdegang eines eher unauf-dringlich agierenden, aber beliebten Autors aufzeigt, so könnte man vermuten, er entscheide sich zum Verfassen seiner Vierzig Jahre für das ‚traditionelle‘ autobiogra-phische Schreiben, um es beim Erzählen über das Werden und Sich-selber-Gleichbleiben, das nach eigener Auffassung ihn als Schriftsteller auszeichnet, zu be-lassen. Dies entspräche auch seiner faktischen Biographie. Der Autor leistet in seinen Vierzig Jahren allerdings Zweierlei: Einerseits behauptet er ganz ‚traditionell‘ eine Künstler-Identität, wenn er seine Entscheidung, Schriftsteller geworden und geblieben

9 James R. Reece versucht einen Vergleich der Autobiographien Kants und de Bruyns. Seine Analyse

spielt die Autoren und deren Lebensbeschreibungen gegeneinander aus. Sie fällt zugunsten de Bruyns aus, da Kant auch in diesem Fall fehlende Aufrichtigkeit unterstellt und eine rechtfertigende Stellung-nahme gefordert wird: „Kant’s recollections lack any honest attempt at self-interrogation, something that de Bruyn holds to be central to the autobiographical impulse“ (Reece 2001, 68).

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zu sein, durch seine „Liebe zur Literatur“ (de Bruyn 1996, 9) begründet. Damit wird jedoch keine explizite, gar politisch-moralische Rechtfertigung nötig. Andererseits behauptet de Bruyn diese Notwendigkeit dann doch, indem er sich selbst einem Druck zur Legitimation seines Schriftsteller-Ichs aussetzt. Beides zusammen – die Erzählung vom Werden des Schriftstellers in einem politikfreien literarischen Bezirk und die Behauptung, sich doch politisch rechtfertigen zu müssen – ergeben eine Paradoxie,10 die sich aus dem Gegensatz zwischen seinem faktischen Lebenslauf, den sein Buch durchaus wiedergibt, und einer Tendenz der biographischen Erzählung zur Selbstent-blößung ergibt. So versucht der Autor eine moralische Integrität besonderer Qualität zu behaupten. Dass er den ebenso grundsätzlichen wie pauschalen Vorwurf gegen sich selber in die Welt setzt, sich ihm gegen alle in der DDR lebenden und schreiben-den Autoren anschließt und ihm somit ohne Einschränkungen Recht gibt, lässt seine Lebensbeschreibung denen der anderen Autoren des Booms in direkter Linie entge-genstehen.

Zwar gibt er seine Liebe zum Leben und zur Literatur als Primat aus, aber zu-gleich sieht er eine Notwendigkeit, diese Lebensführung zu entschuldigen:

Schlimmeres als geschah, hätte immer geschehen können. Als ich in Ulbrichts Staat um Selbstbestimmung und Selbstachtung bangte, war zum Vergleich noch der unfreiere Hitler nahe, der mich um ein Haar Kopf und Kragen gekos-tet hätte. Verglichen mit vielen meiner Altersgenossen, habe ich manchen Un-bilden, die meine Lebenszeit für alle bereithielt, aus dem Weg gehen können. Gefängnis und Heimatverlust sind mir erspart geblieben, ebenso eine Selbst-aufgabe, in der man die Fähigkeit Eigenes zu denken, nicht nur verliert, son-dern auch nicht mehr vermißt. Aus Harmoniebedürfnis entstandene Kompro-mißbereitschaft, die mich zeitweilig an die Grenze des mir Erlaubten brachte, hätte mich auch darüber hinausführen können; das Gefühl, fertig zu sein, hätte mich lähmen, Ehrgeiz mich auf die falsche Bahn treiben, Intoleranz mich ein-engen können; oder ich hätte, kaum auszudenken, über Plänen und Zielen Le-ben und Lieben verpassen können. (de Bruyn 1996, 7)

De Bruyns Selbstbezichtigungen, deren Wahrhaftigkeit dadurch bewiesen ist, dass er sich Vorwürfe macht, die außer ihm niemand vorbringt, zeichnen ein Schuldbewusst-sein, mit dem er sich anklagt, nur ungenügend Widerstand gegen das totalitäre Re-gime geleistet zu haben. Der Autor entschuldigt dies aber zugleich mit seinem subjek-tiven Bestreben, das einzig dazu diente, sein Schriftstellerdasein auszuleben:

Auf Verlangen von oben in der Öffentlichkeit Erwünschtes zu sagen, habe ich immer vermieden; aber oft habe ich auch geschwiegen, wenn Unerwünschtes hätte gesagt werden müssen. Da ich Ruhe zum Schreiben brauchte, waren mir Konfrontationen lästig. Ehrungen erfüllten mich mit zwiespältigen Gefühlen, weil sie mir einerseits schmeichelnde Bestätigung waren, mir andererseits aber als Eingliederungsversuche erschienen, die Bestechung zu nennen nicht ganz abwegig waren. Denn Anerkennung verpflichtet und bindet, und Dank-barkeit weicht kritische Haltungen auf. (de Bruyn 1996, 222 f.)

10 Hermann Kant spricht in diesem Zusammenhang von einem „Zungenspagat“ (Kant 1996, 227).

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Innerhalb eines Satzes definiert de Bruyn sein Schriftsteller-Ich einerseits als ein kritisches, das durch Passivität agierte, und bezichtigt anderseits dieses Ich aufgrund dieser Passivität selbst. Das Konstrukt eines solchen Schuld(wider)spruchs soll jedoch wieder aufgelöst werden, indem er sowohl auf das Bestreben der Wahrung seiner Identität als Autor als auch auf die Gefahr einer angeblichen Bedrohung seines Ichs durch den Staat verweist. Dies kulminiert in dem Chiasmus: „Ich schrieb, um das Leben bestehen zu können, lebte aber nicht um des Schreibens willen.“ (de Bruyn 1996, 242) Damit gelingt es de Bruyn, für sich sowohl eine kritische Autoren-Existenz als auch eine, die nur den subjektiven Bedürfnissen folgte, für die Zeit der DDR und seit der Wiedervereinigung in Form einer kontrafaktischen Selbstbehaup-tung als poetisches Subjekt darzustellen. 3.4 Sascha Anderson und Fritz Rudolf Fries: Selbstbehauptungen widersprüchlicher poetischer Subjekte

Diejenigen Autoren, die sich eine Stasi-Tätigkeit als IM vorwerfen lassen mussten, konstruieren, vergleichbar mit de Bruyn, diese Tätigkeit als Paradoxie in ihren Auto-biographien. Anders als de Bruyn versuchen sie nicht den in ihren Texten zustande kommenden Schuld(wider)spruch zwischen dem Gestus, eine spezielle Legitimation nicht nötig zu haben, und der schließlich doch anerkannten Notwendigkeit, sich zu rechtfertigen, aufzulösen. Sie etablieren ihn als Merkmal ihrer Identität und betreiben Selbstbehauptungen als widersprüchlich poetische Subjekte.

So zeichnet der Autor der Prenzlauer-Berg-Szene Sascha Anderson in seiner gleichnamigen Autobiographie von 2002 ein Schriftsteller-Ich, dessen Einheit sich über eine Dialektik von Ich und Nicht-Ich konstituiert und sich sowohl aus Entfrem-dung als auch aus Identifikation zusammensetzt:

[…] meine mir fremd klingende Sprache vor der Weite der Welt zu einem mir fremden Dichter, der nur ich sein konnte, da ich mir fremd war. Ich wußte nicht, was, aber ich wußte, wie ein Nicht-Ich war. Ein Mensch, der eine Sprache spricht, von der nichts bleibt als Erfahrung des Anderen, über-setzt in ein eigenes Sprechen, das Sprechen an sich, vom nichts bleibt als das Nicht-Ich des Anderen. Eine Art der Vernichtung. Das Gefühl der Fremdheit hat natürlich andere Worte als diese, und zur Not Sagt Es Ja. (Anderson 2002, 101 f.)

Die Paradoxie kommt dann durch den Versuch der Rollenzuschreibung als Opfer einerseits und das ein oder andere Schuldbekenntnis, nicht erkannt zu haben, dass „die Dinge […] zu differenzieren seien“ (Anderson 2002, 295) andererseits zustande. Sie unterstützt damit produktiv die Kontinuität der Selbstbehauptung des autonomen Schriftsteller-Ichs Anderson.

Dieses Selbstverständnis ist mit dem Schelmenroman-Autor Fritz Rudolf Fries vergleichbar, der dies in seiner Autobiographie Diogenes auf der Parkbank. Erinne-rungen (2002) durch seine Programmatik als Außenseiter zum Ausdruck bringt. Im Verlauf des hauptsächlich traditionell autobiographisch erzählenden Buches kommt es einzig im Kapitel „Operativer Vorgang ‚IM Pedro Hagen‘“ zu einem Bruch im Erzählduktus. Fries verfällt ins Rechtfertigen dadurch, dass er einerseits behauptet, mit dieser Tätigkeit niemandem geschadet zu haben, und andererseits dadurch, dass er

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sich entschuldigt, indem er sich als ahnungsloses Opfer gibt. (Fries 2002, 238) Diesen Widerspruch kommentiert der Autor als „kalkulierte Schizophrenie“ (Fries 2002, 231 u. 235). Sein Verhalten als oppositioneller Autor zu DDR-Zeiten mit dem schuldig gewordenen Autor der wiedervereinigten Verhältnisse vergleichend, lässt ihn zu ei-nem Analogieschluss kommen, der da lautet, in beiden Staaten seinem Selbstver-ständnis als Außenseiter treu geblieben zu sein. So kann er sich vor der Öffentlichkeit als Täter ausgeben, ohne dass dies zu einem krisenhaften Zustand seines Ichs führt:

Obschon katholisch getauft, fand ich mich nicht in die Rolle des reuigen Sün-ders. Man lud mir alle Verbrechen der „Firma“ auf wie einen Zentnersack. Nun war ich auch in diesem Land der Außenseiter, keine ganz schlechte Rolle. Man kann von seiner Armesünderbank die neue Zeit wie ein Theaterstück be-trachten (und denen zuwinken, die es geschafft haben, wieder oder noch immer in der Loge zu sitzen), nur ist man am Ende von den Privilegien der globalen Gesellschaft ausgeschlossen. (Fries 2002, 242)

3.5 Heiner Müller: Selbstbehauptung als poetisches Subjekt durch konsequent implizite Verweigerung einer Legitimation

Heiner Müller behauptet mit seiner Autobiographie Krieg ohne Schlacht. Leben in zwei Diktaturen (1992) ein Künstlerselbstverständnis par excellence. Er verweigert implizit eine politische Rechtfertigungsabsicht, indem er, dialektisch argumentierend, konsequent im Bereich der Kunst verbleibt. Mögliche Vorwürfe oder Kritiken, die von außen an die Person Müller ergehen könnten, werden zwar aufgezeigt, aber der Autor macht sie durch den Verweis auf den künstlerischen Anspruch seines Ichs für dieses eben nicht geltend. Anders als bei den bisher vorgestellten Autobiographien trennt Müller die Sphären von Kunst und Politik und verbleibt so inhaltlich wie for-mal in dem, einem Schriftsteller gemäßen, künstlerischen Bereich. Folglich wird in dieser Lebensbeschreibung gar nicht erst ein Vorwurf evoziert, der dann ausma-növriert werden müsste, wenn der Autor behauptet, dass es „ein Irrtum [war,] zu glauben, daß ich ein politischer Dichter bin“ (Müller 1992, 183). Anders als de Bruyn verweigert er damit keine dezidiert politische Position, sondern differenziert zwischen dem, was ihm persönlich zu Gebote steht, und dem, was seine Tätigkeit als Schrift-steller von ihm verlangt:

Sicher gibt es Situationen in denen äußere ich mich politisch und nicht als Künstler, aber sobald ich anfange das aufzuschreiben, wird es schon ein Arte-fakt. Reden und schreiben sind wieder zwei Dinge. Wenn man schreibt, über-nimmt der Text die Führung. (Müller 1992, 290)

Wenn der Dramaturg eine Identitätszuordnung zulässt, dann eine, die sich gegenüber der Kunst verpflichtet, die – nach Müllers Auffassung – der Objektivität verpflichtet ist. Über seinen Ausschluss aus dem Verband deutscher Schriftsteller (VS) aufgrund seines Dramas Die Umsiedlerin (1956-1961) kann er daher berichten, dass er „das Ganze als dramatisches Material betrachtet [habe], ich selbst war auch Material, mei-ne Selbstkritik ist Material für mich.“ (Müller 1992, 183) Die DDR-Wirklichkeit wird für die Darstellung nur in Betracht gezogen, um zu prüfen, ob und wie sie für die Kunst verwertbar ist, weshalb „die Auseinandersetzungen innerhalb der SED [ihn]

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nur in bezug auf Kunst und Literatur interessiert [haben]“. (Müller 1992, 115) Folg-lich konnten weder die Zeit des Dritten Reiches noch sein Leben in der DDR den Autor und seine Kunst gefährden: „[...] [Ich muß] sagen, mich hat eigentlich nichts erschüttert. Das war für mich alles als Erfahrung interessant, alles war Erfahrung. Ich kann mich nicht erinnern, daß mich da etwas besonders betroffen gemacht hat.“ (Mül-ler 1992, 68)

Der Schriftsteller, der hier spricht, lässt eine Bewertung seiner Identität nicht zu, sondern verweist stattdessen auf seine literarischen Produkte, die gleichermaßen einer Wertung entzogen sind, da sie im von den äußeren Verhältnissen getrennten, objekti-vierenden Kunstbereich produziert wurden. Jede Stellungnahme, die von Müller er-wartet wird, erfährt den Verweis auf seine Stücke.

Würde der Autor ‚traditionell‘ autobiographisch schreiben, würde dies einen Bruch mit seinem Selbstverständnis bedeuten, denn in dem herkömmlichen Sinn verlangt es ein Positionieren des eigenen Ichs zu sich und der Welt. Um den Kunst-charakter seines Ichs zu bekräftigen, verwendet er gar nicht erst die allgemein be-kannte autobiographische Darstellungsform. Die Autobiographie erhält die Form eines Interviews, deren Kapitel u.a. nach der Reihenfolge der Erscheinung seiner Stücke unterteilt und benannt sind. Damit ordnet der Autor sein Leben seinen Werken unter. Es geht ihm weniger darum, eine Kontinuität seines Lebenslaufs zu behaupten, sondern darum, die Kontinuität seines Ichs zu behaupten, das im Dienst der Kunst steht. Der Autor verneint implizit damit sowohl jedwede Form von Rechtfertigung als auch das Erzählen vom Werden und Bleiben seines Ichs nötig zu haben. Die Autobio-graphie ist, aufgrund ihrer nicht-konventionellen Umsetzung, Ausdruck der konse-quenten Darstellung und Durchführung des Selbstverständnisses dieses Ichs und sei-nes Lebens im Dienste der Kunst:

Mein Interesse an meiner Person reicht zum Schreiben einer Autobiographie nicht aus. Mein Interesse an mir ist am heftigsten, wenn ich über andere rede. Ich brauche meine Zeit, um über anderes zu schreiben als über meine Person. Deshalb der vorliegende disparate Text, der problematisch bleibt. (Müller 1992, 366)

Müller reiht seine Autobiographie in sein Gesamtoeuvre ein, ohne sich in die Recht-fertigungsszenerie über die Rolle seiner Schriftstellerexistenz in der DDR hineinbe-geben zu haben. Sein Text stellt einen objektiveren und damit objektivierenden Bei-trag in der Delegitimierungswelle dar, weil die in ihm verschwimmenden Gegensätze – östliche wie westliche, politische wie künstlerisch-kulturelle – nicht mitgetragen werden. 4. Krise und kein Ende? Ostdeutsche Künstler und ihre Identität 20 Jahre

danach

Weil sich die Schriftsteller der ehemaligen DDR auf ihre Identität als Künstler dersel-ben berufen, diese behaupten, indem sie die ihnen zur Verfügung stehenden ästhe-tisch-autobiographischen Mittel verwenden, benutzen sie selbstbestimmt die politi-sche Delegitimierungswelle nach 1990 und führen sie so ad absurdum. Damit über-winden sie nicht nur eine a priori beschworene literarische Krise, sondern damit über-

276 Valeska Steinig

lebt auch das Objekt der Kritik, die DDR, über sein Verschwinden hinaus. Die Künst-ler geben der Verabsolutierung bzw. Totalisierung des Unrechtscharakters ihres mitt-lerweile untergegangenen Staates zwar Recht, indem sie ihre Ich-Krise dadurch über-winden, dass sie mit ihrer Identität als Schriftsteller nicht untergegangen sind. Aller-dings unterziehen sie die (Staats-)Ideologie des Sozialismus nach 1990 nicht der Kri-tik. Die Verfasser sind sich darin einig, dass es gilt, Abschied von der DDR zu neh-men, und sie vollziehen diesen Prozess der Verabschiedung mit ihren autobiographi-schen Texten. Gleichzeitig behaupten sie dadurch die Berechtigung und die Notwen-digkeit des Endes der DDR. Der Abschied der Künstler von der DDR versteht sich damit auch als Abschied von der Alternative des Kapitalismus. In ihren Texten wird zum Zweck der Selbstbehauptungen entweder an der Überzeugtheit von dieser besse-ren Alternative festgehalten, oder es wird in den neuen, wiedervereinigten Verhältnis-sen nichts Positives – gar Besseres – gefunden.

Stefan Heym glaubte noch vor der Wendezeit 1988 in seiner den Boom antizipie-renden Autobiographie Nachruf nicht einmal daran, dass der Sozialismus bzw. die faktische Ausübung dieser Idee einmal zur Gänze zu verabschieden sei, sondern ver-trat die Meinung:

Ob, und wie, und wie bald, die Reform gelingen wird, weiß ich nicht zu sagen; es würde mich jedoch sehr betrüben, wenn das, worum der Mann S. H. und so viele andere sich so hart gemüht, noch einmal Jahrzehnte auf sich warten lie-ße. Vorausgesetzt immer, daß durch Bombe, Atommüll, Gen-Manipulation nicht sowieso alles illusorisch gewesen. (Heym 2003, 837)

Die Literaten der ehemaligen DDR sind heute in einer Position, die sie zu nichts ein-deutig Stellung beziehen lässt. Nachdem die Erkenntnis vorherrschte, dass ein erneu-ter Versuch zur Wiederbelebung des Sozialismus zum Scheitern verurteilt sei, bedeu-tete die autobiographische Selbstvergewisserung zunächst einmal die adäquate Reak-tion auf dieses Krisenbewusstsein. Die Umbrucherfahrung der DDR-Autoren nach 1990 ist daher Ausdruck für beide Möglichkeiten die Krise literarisch zu perzipieren: „das gefährdete Gut“ Sozialismus wird sowohl „ernsthaft […] verteidig[t]“ als „auch zum Argument für die Notwendigkeit seines Untergangs erhoben“. (Bullivant/Spies 2001, 15)

Die Überwindung der Krise zeigt sich jedoch nicht in Form einer überzeugten Hinwendung zur neuen Welt. Es scheint, als ob man sich zwanzig Jahre nach dem Ende der DDR mit der wiedervereinigten Republik zwar arrangiert, sie aber weder willkommen heißt noch engagiert kritisiert. Kritisches wird dann hervorgebracht, wenn es um die immer noch latent herrschende Delegitimationsatmosphäre geht.

Davon zeugt einerseits Christa Wolfs jüngster autofiktionaler Roman Die Stadt der Engel oder The Overcoat of Dr. Freud (2010), in dem sich die ostdeutsche Erzäh-lerin in der Wendezeit im Rahmen eines stipendierten Forschungsprojekts in Los Angeles aufhält. Allerdings stellt er mit inzwischen expliziter Radikalität die Delegi-timationsatmosphäre nach 1990 aus ostdeutscher Perspektive dar:

Bei jeder Kolonialisierung, sagte er, sei es das erste, die Religion, den Glau-ben der Unterworfenen auszurotten, um ihnen ihre Identität zu nehmen. Au-

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ßerdem, das höre sich vielleicht unglaubhaft an, hätten die Eroberer aus einem tiefsitzenden Minderwertigkeitskomplex heraus das dringende Bedürfnis, nicht nur ihre Waffen, nicht nur ihre Waren, auch ihre Glaubens- und Gedankenwelt als die überlegene zu behaupten. Das weiß ich doch, hatte ich gesagt, und Bill, der Engländer, hatte mich prüfend angesehen: Ihr erfahrt das gerade, wie? Er hatte nicht auf einer Antwort bestanden. Manchmal, wenn ich abends ein Glas Wein aus seinem Vorrat trank, stieß ich in Gedanken mit ihm an. (Wolf 2010, 16)

Selbstbehauptungen einer ostdeutschen Künstleridentität in der nunmehr zwei Jahr-zehnte wiedervereinigten Republik immer noch nötig zu haben, gibt in expliziterer Form Christoph Heins „offener Brief an die Bundesregierung“ Die Freiheit, die ich meine andererseits zum Ausdruck. Als anlässlich des 60. Jahrestages des Grundgeset-zes die Ausstellung 60 Jahre.60 Werke eröffnet wurde, in der Werke ehemals ostdeut-scher Künstler nicht aufgenommen wurden mit der Begründung, sie seien in einer Diktatur entstanden, in der die Kunst nicht frei gewesen sei, schlug Hein die Einla-dung der Regierung zu den Feierlichkeiten mit folgender Begründung aus:

Aber wenn Sie Bilder zu sehen wünschen, die ‚eine Hommage an die Freiheit der Kunst sind‘, die wirklich staatsfern sind, deren Maler für ihre Überzeu-gung, dass die Kunst frei zu sein habe, tatsächlich lebten, litten und kämpften, dann könnte ich Ihnen ein paar Bilder und Skulpturen zeigen, die wirklich für diese Freiheit stehen, weil diese Künstler sich die Freiheit täglich neu erobern mussten. Es sind freilich ostdeutsche Künstler. (Hein 2009)

Sowohl Wolfs neueste Publikation als auch Heins Reaktion belegen die Kontinuität des Krisenbewusstseins der DDR-Künstler. Allerdings zeugen beide Artikulations-formen von einer Emanzipation und der tatsächlich überdauernden notwendigen Selbstbehauptung dieser DDR-Künstleridentität in der nunmehr zwei Jahrzehnte wie-dervereinigten Republik. 5. Fazit

Nach der Wiedervereinigung geriet nicht nur das Heimatgefühl der DDR-Schriftsteller, sondern auch ihr Selbstverständnis als Künstler in eine Krise. Ausgelöst durch den deutsch-deutschen Literaturstreit, sahen sie – wie ehemalige DDR-Politiker – sich selbst und ihre Tätigkeit im Unrechtsstaat in Frage gestellt.

Die notwendig gewordenen Rechtfertigungen führten bei den Literaten zu einem Krisenbewusstsein, das sie in Form eines Autobiographie-Booms mit unterschiedli-chen Modi der Legitimation literarisch produktiv zu überwinden suchten, um damit ihre Künstler-Identität zu behaupten. Die Form der Autobiographie unterstützte den Selbstbehauptungsprozess produktiv, da das autobiographische Verfahren u.a. die Möglichkeit bietet, Identität erzählerisch (neu) zu stiften.

Die Krisenperzeption ehemaliger DDR-Autoren führte einerseits dazu, den Sozia-lismus und seine Ideale nach wie vor zu verteidigen, doch erteilten sie ihm anderer-seits als Alternative zum Kapitalismus nunmehr eine Absage.

278 Valeska Steinig

Zwanzig Jahre nach der Wende ist der Boom der Künstlerautobiographien zwar ausgelaufen, doch besteht unter ostdeutschen Schriftstellern noch immer Rechtferti-gungsdruck, ohne mit einer einheitlichen literarischen Form darauf zu reagieren, wie dies unmittelbar nach der Wiedervereinigung mit der Autobiographie der Fall war.

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