7

Stadtportrait Hamburg - "complete" 3/2012

Embed Size (px)

DESCRIPTION

Mein 6-seitiger Artikel plus Titelblatt ist eine Hommage an meine Geburtsstadt. Das ganze Heft ist auf das Thema WOHNWELTEN abgestimmt, deshalb bin ich auch auf das Interieur-Verhalten der Hanseaten eingegangen. Das "complete" ist das österreichische Kundenmagazin von VISA und hat eine Druckauflage von über 600.000 Heften.

Citation preview

Oh, du mein Hanunonia, -

In der Elbmetropole tickt jeder Stadtteil anders: Spannend für einen Wochenendtrip!

Speicherstadt.Altehrwürdig jung

- geblieben (links)

SOLL MAN ALS Hamburger über-haupt über seine Heimatstadt

schreiben? Da zieren sich so mancheHanseaten. Ich habe der schönstenStadt und einer der reichsten Städteder Welt ja schon vor fast zwan-zig Jahren den Rücken gekehrt.Schönste Stadt der Welt? Ja, Siehaben richtig gelesen! Dafür stehenviele Fischkopf-Einwohner undauch ich, obwohl ich mir bei meinenregelmäßigen Besuchen doch schonetwas fremd vorkomme und michnur durch den manchmal zu hö-renden "Spitzen-Stein-Slang" schnellwieder daheim fühle,

Hafenrundfahrt.Auf der Elbe (oben)

Nun denn, nach zwei Jahrzehntenlässt sich vieles jenseits der Ufervon EIbe und Alster neu entdecken.Wasser ist also das erste Stichwort.Logisch, da gibt es ja einen See-hafen, der allerdings 100 Kilometervon der Nordsee entfernt liegt. DieFahrrinne ist bei Flut immerhin15 Meter tief und lässt deshalb auchxt-Seeschiffe hinein und wieder hi-naus. Ein schöner Punkt,um dieseRiesenschiffe zu beobachten, -istmeines Erachtens die Anlegestelle"Willkommhöft"; da müssen sie allevorbei. Da ist immer was los undan Wochenenden kann man mit der ~

. COMPlETE MAGAZIN 3/2012 39

"Viele bezeichnen Hamburg als die Design-Hauptstadt Deutschlands. "Peter Maly, Designer

Marco-Polo- Terrassen. Der Dreh- und Angelpunkt mitten in der Hafen City

Hafenfähre von den St. Pauli Lan-dungsbrücken dorthin schippern.Jedes einkommende Schiff wird hiermit der Nationalhymne begrüßt.Liberia und Panama hörte ich öfters,das sind die Billigflaggen.Günstig und gut essen kann manübrigens im Cafe und RestaurantSchulauer Fährhaus, welches nureinen Steinwurf von der Anlegestelleentfernt liegt und auch bei schlech-tem Wetter ein guter Beobachtungs-posten ist. Gucken (wie der Ham-burger sagt) kann man auch weiterelbabwärts ganz gut vom Stintfang.Der Stintfarig ist in Hamburg dieöstliche Anhöhe des Geesthanges amrechten Elbufer, oberhalb der SanktPauli Landungsbrücken und unweitdes monumentalen Bismarck-Denk-mals. Jedoch biegen die hochbela-denen Containerschiffe schon weiteroben ab.

NÄCHSTES STICHWORT ist St. Pauli.Da geht der Hamburger aber nurhin, wenn es dunkel ist. Nicht, weiler nicht gesehen werden will, nein,denn so sündig der Ruf der Ree-perbahn auch sein mag, die Realitätist in diesem weltbekannten, stetigwachsenden Vergnügungsviertel eineandere; Museen, Theater, Boutiquen,Restaurants, Bars, Tanzhallen, Dis-cos wechseln sich mit Erotikshops,

40 COMPLETE MAGAZIN 312012

Stripteasebars, Showbühnen und Ca-barets ab. Letztere sind' in der knall-bunten Seitengasse "Große Freiheit"zahlreicher. Und - Wunder - vielemutige Hanseaten ziehen vermehrtauf den "Kiez" und verdrängen qua-si die eh immer weniger werdendenZuhälter und Animierdamen. Medi-enmogule und Werber mögen es jaschließlich laut und bunt.Macht man in der Hansestadt maleine Samstagnacht durch, kann icham Sonntagmorgen nur den Fisch-markt empfehlen. Frische Fischevom Kutter, Zimmerpflanzen direktaus Holland, ganze Bananenstau-den und allerhand Flohmarkt-Krimskrams werden hier bis in denVormittag feilgeboten, dann wirdalles billiger und die Bananen fliegenschon mal durch die Luft.

AUSGESCHLAFENE LEUTE sollten sichweiter elbabwärts bewegen. Vonder alten Speicherstadt ist es nur einSprung in die moderne Hafencity.Was mich in der Hafencity immerwieder begeistert, ist die abwechs-lungsreiche Architektur der Apart-ment- und Bürogebäude, wobei si-cher die bald fertig gebaute Oper dasTüpfelchen auf dem i sein wird. Hierwohnt man offensichtlich modernund die Avantgarde blickt auf diedavorliegenden Wasserflächen. Cool

halt im Gegensatz zum Speckgürtelund dem Alstergebiet.Apropos Alster, von hier ist es näm-lich nicht weit dorthin. Die Alster istgleichzeitig ein Fluss und ein künst-lich aufgestauter Binnensee. Ham-burg ist nicht nur eine grüne Stadt,der Alstersee (182 Hektar) bringt

. noch dazu allzeit frische Luft bis indie Innenstadt, Das Ufer lädt nichtnur zum Flanieren, sondern auchzum ChilIen und Grillen ein. Als al- .ter Seemann fahre ich dann gerne miteinem schneeweißen Alsterdamp- '.fer vom mondänen Jungfernstieg(Binnenalster) durch zwei Brückenhindurch über die ganze Außenalster- vorbei an unzähligen Segelboo-ten, Schwänen sowie hinter riesigenWeiden liegenden, weiß getünchtenVillen und Penthouses tragendenApartmenthäusern - bis zur Anle-gestelle "Winterhunder Fährhaus".Das ist eine Minikreuzfahrt mittenin einer Metropolregion, wo 4,3 Mil-lionen Menschen leben und arbeiten.Am Fährhaus, das sowohl Theaterals auch Restaurant ist, schaue ichkurz auf den Spielplan und dann aufden Fahrplan, um zum OhlsdorferFriedhof zu kommen,.Auf der Busstrecke rauschen die indie Jahre gekommenen Backstein-bauten nur so vorbei. Bei jedemStopp kann ich mich davon über-zeugen, dass immer noch alles sehrgepflegt ist.

NUN OHLSDORF! Sie haben richtiggelesen; denn da, wo viele ihre letzteRuhe gefunden haben, findet mantatsächlich Ruhe und sieht gleich-zeitig ein Superlativ, von dem somanche Hamburger nicht mal wis-sen: Ohlsdorf ist der' größte Park-friedhof der Weh. Hier fahren zweiBuslinien, es gibt 22 Straßennamen,dort stehen zwölf - architektonischgesehen - unterschiedliche Kapel-len, mächtige Brunnen, unendlicheRhododendronbüsche; der Friedhofhatte sogar mal mit einem, nochstehenden, Wasserturm seine eigeneWasserversorgung. ~

~ Stadt porträt

01- Landungsbrücken, Hafen.Leinen los für Linienfährenund Hafenrundfahrten

02- Die Wäscherei. Dasganz andere Möbelhaus inder City Nord

03- Elbphilharmonie,Hafencity. Die ewige Baustelle.Hamburgs neues Wahrzeichen- wenn die Baukräne weg sind

04- Die Alster. Ist gleichzeitigein Fluss und ein künstlich auf-gestauter Binnensee.

05- Toni Tbiel. Sein Slogan:besser wohnen - egal, wie groß

06~ Brücke in derSpeicherstadt. Hamburg hat ,mehr Brücken als Venedig undAmsterdam

Oft hört man hier "Auf, Matrosen,ohe" von Hans Albers- das ist danneine waschechte Hamburger Beer-digung! Weltgrößter Parkfriedhof- wer war schon mal da?

zum Zelt- und Segelmacher. Hierlässt es sich leben.Architektonisch bietet die LangeReihe Fachwerkshäuschen bis zu

. gründerzeitliehen Etagenbauten.Jjie Parallelstraße "Koppel" gefielmir eigentlich ein wenig besser. Aufder Nr. 66, einer früheren Maschi-nenfabrik, zeigen KünstlerInnen undHandwerker Innen ihre Werke vonTextilmode über Schmuck bis zurMalerei. Ein kleines C;fe lädt zumResümieren ein. Auf der Koppelwohnen auch Leute, die schon fastdas Understatement der Elbvor-orte haben. Nicht die Nase hoch, .sondern den Kopf oben! Auch hierfällt die ungemeine Dichte von bri-tischen, schwedischen und deutschenCabrios auf. Cabrios eignen sichauch gut für neu erstandene Interi-eurs; eine hinter die Sitze geklemmtePalme oder gar eine Standuhr habeich bei meinem letzten Besuch nicht

AUF DEM RÜCKWEG steige ich dannbeim altehrwürdigen HauptbahnhofNord aus und begebe mich in die"Lange Reihe", die hier beginnt undnoch vor zehn Jahren eine Durch-gangsstraße war. Der Stadtteil St.Georg war früher auch ein wenigKonkurrenz zu St. Pauli, nur ebenbilliger, weil die Matrosen dort nichthinkamen. Idylle und Elend aufengstem Raum. Doch die vormalsärmliche Gegend wird hip. Die di-versen, aber recht unterschiedlichenKulturstätten, Restaurants undKneipen bilden den Kern des neu-estenSzene- Treffs von St. Georg.Zwischendurch (noch) Einzelhan-delsgeschäfte vom Augenoptiker bis

42 COMPLETEMAGAZIN 3/2012

-~-- ~----

"Hamburg beherbergt nicht nur globales Publikum, Hamburgbedient auch kosmopolitischen Geschmack. ce Toni Thiel, Einrichter

nur einmal gesehen. Im Norden wirdübrigens ab frischen plus zehn GradCelsius offen gefahren.

LETZTES STICHWORT: FRISCH. Un-verstaubt wohnen die Hanseaten.Nicht umsonst kam das erste IKEA-

Kaufhaus außerhalb Schwedens vordie Tore Hamburgs. Mitten in derCity segeln, oder wenn's der Winterbringt, auch mal Schlittschuhlaufenoder mit dem Boot unter 2.I23 Brü-cken fahren kann die "Fisch-Köpfe"nicht konservativer machen, als mansie manchmal schimpft. Gewisse,eindeutige Stilrichtungen sind hiernicht der Renner. Es ist letztendlichder Stilmix, Alt neben Neu. Exotikneben Geradlinigkeit. Die Technikbleibt immer dezent im Hinter-

. grund. Ein Muss gibt es aber für dieNordlichter und mich: keine dunk-len Fronten oder Wände. Drinnenmuss es hell sein! --'i

DESIGN & SHOPS

- Bornhold. Zeitloses Ein-richtungshaus par excellence.Neuer Wall 72,Tel. +49 (0)40/47 10 20,www.bomhold-hamburg.de

- Kai Wiechmann. Stil- undTeakmöbel. Am Diebsteich55, Tel. +49 (0)40/851 4900, www.kai-wiechmann.de

- Prediger. Lichtberatungauf 1.000 m2. Mönckeberg-straße 25, Tel. +49 (0)4013258590, www.prediger.de

- Die Wäscherei. HippeMöbel und Deko. Mexikoring27-29, Tel. +49 (0)40/2715070, www.die-waescherei.de

- Toni Thiel. Der Wohnbe-rater mit dem ausgefallenenSortiment. Hoheluftchaussee

Cafe Koppel. Sitzen im Grünen

39, Tel. +49 (0)40/93 8797, www.toni-thiel.com .

25hours Hotel HafenCity. Die besten Decks für "Sehleute"

- Vlet Speicherstadt. Neu-norddeutsch essen im histo-rischen Gewölbe. Am Sandtor-kai 23/24, Tel. +49 (0)40/33475375, www.vlet.de

MUSEEN & KULTUR

Schreibgeräte von Stefan Fink

- Gudrun Sjöden, BunteMode aus dem noch höherenNorden. Adolphsbrücke 9-111Neuer Wall, Tel. +49 (0)40131502222,www.gudrunsjoeden.at

RESTAURANTS & CLUBS

- Wasserschloss Speicher-stadt. Hier wird der Tee pro-fessionell aufgegossen. KleineMittagskarte. Dienerreihe 4,Tel. +49 (0)40/558 98 2640, www.wasserschloss.de

- Old Commercial Room .Labskaus vom Kapitän un-term "Michel". Matrosen-Bar.Englische Planke 10,Tel. +49 (0)40/36 6~ 19,

. www.oldcommercialroom.de

- Cölln's Austernkeller. Ei-ne Institution. Brodschrangen1-5, Tel. +49 (0)40/36 4153,www.coellns-restaurant.de

- Internationales MaritimesMuseum. 40.000 Schiffsmo-delle und alles von der- Matro-senmütze bis zur Funkstation.Koreastraße 1,Tel. +49 (0)40/30 09 23 00,www.intemationales-

maritimes-museum.de

- Chilehaus. WeItkultur-erbe. Pumpen 8

. - Musicals. Hamburg istMusikstadt nicht nur seit denBeatles und Udo Lindenberg.Ob auf St. Pauli, im Hafenoder inder Stadt - jeden Tagläuft ein Dutzend Musicals.www.hamburg.de/musical

HOTELS & ANREISE

- 25hours Hotel Hafen-City. Designhotel mit demTouch eines Seemanns-heimes. Überseeallee 5,Tel. +49 (0)40/257 77 70,www.25hours-hotels.coml

. hafencity

- Travel.at. Das Online-Reisebüro. www.travel.at

- Koppel 66. Kunst undHandwerk (z. B. exquisiteSchreibgeräte von StefanFink). Lange Reihe 75 1 Kop-pel 66, Tel. + 49 (0)40/38641930, www.koppeI66.de

- Carl Feddersen. Ausrüs-ter für Seebärinnen - NäheSpeicherstadt. Deichstraße35, Tel. + 49(0)40 36 59 68,www.car/feddersen.de Hafencity. Ein neuer Stadtteil blüht auf: lässige Läden & Leute

COMPLETE MAGAZIN 3/2012 43

Aktuelle Informationen finden Sie auf www.cardcomplete.com

corno eteiiiiMagazin

Daniel Craig- Als Agent 007 imBond-Movie "Skyfall"ab November im Kino

REISE

Yunnan: traditionelles ChinaSTADTPORTRAT

Hamburg: moderne HansestadtARCHITEKTUR

Vertical Lofts: Zukunftskonzept

03 complete MagazinWohnweltenOktober 2012 Das Magazin von card complete