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iwe: 01.09.2018, Projekt SmaDiWa Autor: Oliver Schuster
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Smarte Digitale Transformation in der Wasserwirtschaft Ein Kompendium der Projektergebnisse
Oliver Schuster Institut für Wasser‐ und Energiemanagement der Hochschule Hof
September 2018
iwe: 01.09.2018, Projekt SmaDiWa Autor: Oliver Schuster
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Inhaltsverzeichnis Smarte Digitale Transformation in der Wasserwirtschaft .................................................................... 3
Die Studie ................................................................................................................................................ 5
Erste Stufe: Experteninterviews .......................................................................................................... 5
Zweite Stufe: Focus Groups ................................................................................................................. 7
Dritte Stufe: Onlineumfrage ................................................................................................................ 8
Diskussion ............................................................................................................................................. 29
Status Quo ......................................................................................................................................... 30
Ausblick ............................................................................................................................................. 31
Referenzen ............................................................................................................................................ 33
Abbildungsverzeichnis .......................................................................................................................... 34
iwe: 01.09.2018, Projekt SmaDiWa Autor: Oliver Schuster
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Smarte Digitale Transformation in der Wasserwirtschaft Smarte Digitale Transformation in der Wasserwirtschaft (SmaDiWa), so heißt die Studie, die am Institut
für Wasser‐ und Energiemanagement der Hochschule Hof bearbeitet wurde. Experten der
Marktforschung ergründeten gemeinsam mit Vertretern der Wasserwirtschaft den aktuellen Stand der
Digitalisierung – beginnend mit der Frage, was Digitalisierung überhaupt ist und was die
Gesichtspunkte der Digitalisierung der Wasserwirtschaft sind. Weiter stand im Fokus der
Untersuchung die Eruierung der Perspektiven zur Digitalisierung aus Sicht der einzelnen Akteure:
Anbieter von Produkten/Dienstleistungen, Anlagenbetreibern und Planern. Als Instrumente dienten
Experteninterviews, Focus‐Groups und ein Online‐Fragebogen zur Bestandsaufnahme und Erforschung
oben genannter Fragen. Mit der Gewinnung dieser Erkenntnisse soll die Digitalisierung in der Branche
zielgerichtet zum Nutzen des Wassermanagements vorangetrieben, Wissenslücken identifiziert und
nach Möglichkeit neue Forschungs‐ und Pilotprojekte initiiert werden, welche letztendlich zur
Identifizierung neuer Geschäftsmodelle führen.
Unter „Smart" wird der intelligente Einsatz der Digitalisierung verstanden, auch im Hinblick auf
autonome Systeme. Die Digitalisierung muss einen Mehrwert bieten und ist nicht zum Selbstzweck
einzusetzen. Zahlen sollen zu Werten werden als Basis für weitere Wertschöpfung. Bei der digitalen
Transformation geht es um den Wandel, die Umgestaltung der Wirtschaft und Gesellschaft durch die
Digitalisierung, bei der u.a. folgende Begriffe wichtig sind: Erfassung, Strukturierung, Übertragung und
Analyse von elektronischen Daten, Big Data, Visualisierung, Automatisierung, Prozessverständnis,
Sensoren, Aktoren, Transparenz, Vernetzung mit Schnittstellen, Cloud‐Computing, Internet der Dinge
und Kennzahlen.
Inmitten in der digitalen Transformation bringen schlagartige Veränderungen Vorteile und schaffen
ganz neue Herausforderungen. Deutschland soll als digitales Wachstumsland Nr. 1 in Europa etabliert
und die digitale Transformation für den Erfolg der deutschen Wirtschaft genutzt werden
(Bundesministerium für Wirtschaft und Energie, 2015).
Das Schlagwort „Industrie 4.0" ist Treiber der digitalen Wirtschaft. Technologisch stehen hinter
„Industrie 4.0“ weitere Begriffe: Mit dem „Internet der Dinge" (engl: Internet of Things (IoT)) wird die
Vernetzung von Gegenständen verstanden, so dass diese selbstständig miteinander kommunizieren
und beispielsweise Material‐ oder Produktionsflüsse steuern können. Der Begriff „Wasser 4.0“ bzw.
„Digitalisierung in der Wasserwirtschaft“ wird vom Arbeitskreis 4.0 der German Water Partnership
(2016) definiert:
„Wasser 4.0 stellt die Digitalisierung und Automatisierung in den Mittelpunkt einer Strategie für eine
ressourceneffiziente, flexible und wettbewerbsfähige Wasserwirtschaft. Dabei greift Wasser 4.0 in
Analogie zur Initiative Industrie 4.0 maßgebliche Merkmale und Begriffe dieser industriellen
Revolution, wie zum Beispiel „Vernetzung von Maschinen, Prozessen, Lagersystemen und
Betriebsmitteln", „smart grids", „Internet der Dinge und Dienste" auf und bringt sie in einen
systemischen, wasserwirtschaftlichen Zusammenhang. In der Umsetzung von Wasser 4.0 sind Cyber‐
Physical Systems Treiber der optimalen Vernetzung virtueller und realer Wassersysteme, wobei
Planung, Bau und Betrieb weitgehend von Software durchdrungen werden. Damit wird eine
intelligente Vernetzung in einer zukunftsfähigen Wasserinfrastruktur mit der Umwelt und dem
Wasserkreislauf ermöglicht. Weiterhin bietet Wasser 4.0 eine hohe Transparenz für Wassernutzer,
deckt damit aktuelle Bedürfnisse und schafft zukunftsfähige, kreative Arbeitsplätze in der
Wasserwirtschaft."
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Moderne IT in die eher konservative Wasser‐ und Abwasserwirtschaft einzubinden stellt eine ganz
eigene Herausforderung an Wasser und Abwasser 4.0 dar (Thamsen, 2015).
In den ersten beiden Schritten des Projekts wurden Anwendungsfelder der Digitalisierung für die
Wasserwirtschaft mithilfe von Tiefeninterviews und Focus Groups identifiziert. Hierbei wurden
Experten befragt, die von unabhängigen Unternehmen, die Produkte und Dienstleistungen in der
Wasserwirtschaft anbieten, sowie von Plan‐ und Ingenieurbüros und Kommunen kommen um eine
breite Basis an aktuellen Themen und Fragestellungen rund um das Thema Digitalisierung zu erfassen.
Aufbauend auf den Ergebnissen der Tiefeninterviews und der Focus Groups wurde im dritten Schritt
des Projekts der tatsächliche, aktuelle Stand der Digitalisierung in der Wasserwirtschaft aus Sicht der
Betreiber, Planer und Lieferanten in einer repräsentativen Online‐Umfrage eruiert. Ein weiteres Ziel
war, Lücken in der derzeitigen Forschung und den Bedarf an weiteren angewandten Forschungs‐ und
Entwicklungsprojekten zu identifizieren.
Die Ergebnisse der Studie wurden zum Ende der ersten Phase der Projektlaufzeit auf der SmaDiWa
Projektwebsite1 publiziert, sowie auf einem Symposium im April 2018 am Institut für Wasser‐ und
Energiemanagement der Hochschule Hof präsentiert.
1 http://www.wasserwirtschaft‐digital.de
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Die Studie Das Projekt SmaDiWa hat in einer deutschlandweiten Studie einen Blick hinter die Kulissen der
Wasserwirtschaft gewagt. Zunächst wurde geklärt, was die Branche überhaupt unter dem Begriff
Digitalisierung versteht und wie sehr das Thema bisher umgesetzt wurde. Spannend ist auch die Frage,
wie zufrieden die Anwender mit der Digitalisierung im eigenen Unternehmen bereits sind und ob sich
hieraus Fallstricke oder doch vielmehr Multiplikatoren für die (unvermeidbare) weitere Verbreitung
der Digitalisierung ableiten lassen. Weiterhin verraten Unternehmer, in welche Themen innerhalb der
nächsten drei Jahre Investitionen fließen werden und somit wohin die Reise – zumindest in der
deutschen Wasserwirtschaft – gehen wird.
Die Studie ist methodisch in drei Stufen gegliedert. In der ersten Stufe wurden qualitative
Tiefeninterviews mit einzelnen Experten von Lieferanten, Planern und Betreibern von Wasserwerken
und Kläranlagen durchgeführt. In der zweiten Stufe der Studie wurden zwei Focus‐Groups bei
durchgeführt, bei denen die Ergebnisse der ersten Stufe ausführlich in moderierten
Gruppendiskussionen besprochen und dadurch weiter verfeinert wurden. Teilnehmer der Focus‐
Groups waren wieder Experten aus allen Anspruchsgruppen der Wasserwirtschaft, die jedoch nicht
bereits Teil der Experteninterviews waren. Die dritte und letzte Stufe der Studie stellte eine breit
angelegte quantitative Onlineumfrage dar. Alle aktiven Akteure innerhalb der Wasserwirtschaft, ganz
gleich ob Mitarbeiter von Anbietern, Anwendern oder Planern wurden eingeladen, sich an der
Umfrage zu beteiligen.
Erste Stufe: Experteninterviews
In der ersten Stufe des Projekts wurden insgesamt neun qualitative Einzelinterviews mit Anbietern,
Planern und Anwendern aus der Wasserwirtschaft durchgeführt. Die Interviewteilnehmer kamen
dabei von acht privaten sowie kommunalen Unternehmen aus den verschiedenen Bereichen der
Wasserwirtschaft und gaben in den teilanonymisierten Einzelinterviews Auskunft darüber, wie sie den
aktuellen Stand der Digitalisierung in der Wasserwirtschaft einschätzen. Die Ergebnisse der Interviews
dienten als Basis und Input für die zwei darauffolgenden qualitativen Focus Groups sowie für die
spätere quantitative Online‐Umfrage – der zweiten und dritten Stufe des Projekts. Ziel der Interviews
war es, allgemeine Anwendungsfelder der Digitalisierung speziell für die deutsche Wasserwirtschaft zu
identifizieren, den Stand der Umsetzung der Digitalisierung aus Sicht der Betreiber, Planer und
Lieferanten zu eruieren, sowie Forschungslücken und den Bedarf an weiterer angewandter Forschung
und Entwicklung sowie Pilotprojekten aufzuzeigen.
Als Erhebungsmethode diente ein halbstrukturierter, leitfadenorientierter Fragebogen, der von einem
Marktforscher während der laufenden Tiefeninterviews ausgefüllt wurde. Die Fragebogen wurden im
Anschluss an die Interviews anonymisiert transkribiert und nach Mayrings (1991) Methode der
qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Die insgesamt neun Experteninterviews, aufgeteilt in fünf
Lieferanten von Produkten und Dienstleistung für die Wasserwirtschaft, zwei Planern und jeweils
einem Trinkwassernetzbetreiber und Abwassernetzbetreiber, wurden im Zeitraum vom 05. Oktober
2017 bis 15. November 2017 durchgeführt und ausgewertet.
Alle befragten Experten beschäftigen sich aktuell mit dem Thema „Digitalisierung“. Trotzdem wird der
Digitalisierungsgrad der Unternehmen in der deutschen Wasserwirtschaft noch sehr gering
eingeschätzt, ganz im Gegensatz zu gleichartigen Unternehmen aus dem benachbarten Ausland
(Österreich, Schweiz, Italien, Spanien, Frankreich), denen ein wesentlich höherer Digitalisierungsgrad
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bescheinigt wurde. Weltweit wird Europa als Vorreiter in Digitalisierungsthemen angesehen. Obwohl
es noch keine einheitliche, offizielle Definition des Begriffs „Digitalisierung“ gibt, sind sich dennoch alle
Teilnehmer einig darüber, dass in Zukunft, was die Wasserwirtschaft in Deutschland anbelangt, kein
Weg daran vorbeiführen wird. Alle Teilnehmer der Tiefeninterviews sind sich einig darüber, dass die
Digitalisierung in der Branche umsetzbar bzw. realisierbar ist. Ein „Umdenken“ in Richtung
Digitalisierung ist bereits im Gange, denn viele Betreiber weisen bereits heute ein hohes Level an
Know‐How in den Bereichen IT‐ und Steuerungssysteme auf. Zwar arbeiten sämtliche Lieferanten auch
heute schon an Digitalisierungsthemen, dennoch wird der Umstellungsprozess zur vollständigen
Digitalisierung der deutschen Wasserwirtschaft mittel‐ bis langfristig noch viele Ressourcen in
Anspruch nehmen. Die ersten modernen Betriebe sind heute bereits vollständig digitalisiert.
Eines der wichtigsten Themen im Bereich der Digitalisierung wird in den kommenden Jahren zunächst
die Sicherheit der IT‐ und Kommunikationssysteme sein. In diesem Bereich sind laut Experten, die
größten Investitionen der Branche zu erwarten. In diesem Bereich gibt es mit dem IT‐
Sicherheitsstandard Wasser/Abwasser (B3S) des DVGW2 eine erste Richtlinie, die Unternehmen bei
der Umsetzung der Digitalisierung Hilfestellung leisten soll.
Ein großes Thema der Digitalisierung ist das Internet der Dinge, (engl. Internet of Things, IoT).
Grundsätzlich ist nahezu allen Interviewpartnern der Begriff „Internet of Things“ geläufig. Die
genannten Beispiele kommen allerdings fast ausschließlich aus dem privaten Bereich. So wird
beispielsweise der Kühlschrank genannt, der selbstständig Bestellungen aufgibt oder die
Waschmaschine die selbstständig das Waschprogramm startet und genau dann wäscht, wenn der
Strom gerade günstig ist. In Bezug auf IoT‐Themen in der deutschen Wasserwirtschaft wird die
Vernetzung von Anlagen bzw. Maschinen mit dem jeweiligen Hersteller von nahezu allen
Interviewpartnern als sehr hilfreich bewertet. Hinsichtlich der Datensicherheit und einem
verantwortungsvollen Umgang mit Daten sind die Meinungen der Probanden zudem sehr heterogen.
Das Thema Energieeffizienz spielt in der Wasserwirtschaft augenscheinlich keine große Rolle, da die
Versorgungssicherheit in der Wasserwirtschaft an erster Stelle steht. Energieeffizienz rückt dadurch
stark in den Hintergrund. Energieeffizienzklassen spielen bei Ausschreibungen zwar eine Rolle, meist
nicht jedoch, um später Kosten‐ und Energie einzusparen, sondern als Kriterium, um den bevorzugten
Anbieter trotz Vergaberechts „selbst bestimmen“ zu können. Effizientere Prozesse hingegen,
insbesondere im Hinblick auf Automatisierung der Wasserbetriebe, spielen wiederum eine große Rolle
bei den meisten Interviewpartnern.
Digitalisierungsprojekte sind den wenigsten Interviewpartnern bekannt, obwohl hier bei allen
Befragten durchwegs eine hohe Bereitschaft zur aktiven Beteiligung besteht. Nichtsdestotrotz nennen
mehrere Interviewpartner Fälle von Vorbehalten gegenüber Digitalisierungsthemen im eigenen
Betrieb. Bedenken gibt es nicht nur hinsichtlich der zunehmenden Verwendung elektronischer
Bauteile, sondern auch in den Bereichen Sicherheit und Ethik. Trotz vereinzelter Berührungsängste
(insbesondere bei Vertretern der älteren Generation) in der als konservativ und
„innovationsskeptisch“ bewerteten Branche, spricht sich ein Großteil der Mitarbeiter pro
Digitalisierung aus.
2 https://www.dvgw.de/leistungen/publikationen/publikationen‐wasser/it‐sicherheitsstandard‐wasserabwasser‐b3s/
iwe: 01.09.2018, Projekt SmaDiWa Autor: Oliver Schuster
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Zweite Stufe: Focus Groups
Für die zweite Projektstufe wurden im Rahmen eines Praxisworkshops des Vereins Kommunal 4.0 e.V.3
zum Thema „Digitalisierung in der kommunalen Wasserwirtschaft“ 4.0 zwei Focus‐Groups mit
insgesamt fünf Lieferanten von Produkten und Dienstleistungen für die Wasserwirtschaft, drei Planern
und einem Abwassernetzbetreiber durchgeführt. Die Focus‐Groups wurden nach dem Prinzip der
Offenheit gestaltet, indem die Moderatoren das bis dahin erlangte Hintergrundwissen zum Thema ‐
soweit möglich ‐ zurückhielten. Der Inhalt wurde aus den qualitativen Daten extrahiert und sollte
explizit „nicht in diese hineingelegt“ werden. So konnte das Interview Daten nicht nur abbilden,
sondern diese als Gegenstand selbst interaktiv erstellen. Die insgesamt zehn Teilnehmer der beiden
Focus‐Groups wurden in heterogene Gruppen aufgeteilt, so dass erneut sämtliche Akteure der
Wasserwirtschaft Teil der Diskussion waren. Die Ergebnisse dieser qualitativen Focus‐Groups dienten
als Basis und Input für die quantitative Online‐Umfrage – der dritten Stufe des Projekts. Als
Erhebungsmethode dienten ähnlich den Experteninterviews halbstrukturierte, leitfadenorientierte
Gruppen‐Interviewbögen, die von zwei Marktforschern während der Gruppendiskussion ausgefüllt
wurden. Alle Antworten der Teilnehmer wurden anonym notiert und im Anschluss vom jeweiligen
Marktforscher transkribiert. Im Anschluss wurden beide Interviewbögen zusammengefasst und
ebenfalls nach Mayrings (1991) Methode der qualitativen Inhaltsanalyse ausgewertet. Beide Focus‐
Groups wurden am 31.01.2018 durchgeführt.
Auch in den Focus‐Groups wurde schnell klar, dass sich die deutsche Wasserwirtschaft bislang nicht
auf eine gemeinsame Definition für das Thema „Digitalisierung“ geeinigt hat. Zudem ist ein direkter
Mehrwert der Digitalisierung im Vergleich zum bestehenden analogen Stand für die meisten
Teilnehmer nicht erkennbar. Aus diesem Grund wird das Thema von beiden Seiten (Lieferant und
Anwender) aktuell nicht hoch priorisiert, sondern steht noch völlig im Hintergrund, „als ob es ganz weit
weg wäre“.
Grundsätzlich versteht die deutsche Wasserwirtschaft unter dem Überbegriff Digitalisierung die
Vernetzung und intelligente Steuerung der Maschinen und Anlagen. Desgleichen versteht man
darunter aber auch die Modernisierung von Bus‐ und Prozessleitsystemen bis hin zur
vollautomatisierten Anlage. Ebenso stehen jedoch auch moderne Technologien wie Virtual‐ bzw.
Augmented‐Reality sowie die digitale Zustandsüberwachung und vorhersagbare Wartung im Fokus der
Digitalisierung. Für Planungsbüros ist insbesondere das Thema Building Information Modeling (BIM)
interessant. Die Modernisierung der Kommunikations‐ und IT‐Infrastruktur insbesondere mit
Integration mobiler Endgeräte wie Smartphones und Tablets ist ein wichtiges Thema für sämtliche
Betreiber.
Klar ist auch, dass in Zukunft wesentlich mehr Daten gesammelt und ausgewertet werden sollen als
bisher, und das am liebsten in Echtzeit. Aktuell werden zwar bereits Daten gesammelt (teilweise
lediglich aufgrund von Berichtspflichten), jedoch werden diese, aus Sicht der Akteure, heute noch nicht
ausreichend analysiert und verwertet. Der „konservative Touch“ der Branche bewirkt allerdings ein
großes Zögern sowohl bei (der Nutzung von Fremddaten) Fremddatenbezug als auch bei Weitergabe
eigener Daten. Bedenken hinsichtlich Datenschutz und Datensicherheit verhindern die verstärkte
Nutzung von verfügbaren Daten. Themen wie Big Data, Datenspeicherung bzw. –Archivierung werden
folglich nur vereinzelt genannt. Um eine digitalisierte Welt einfach, anwenderfreundlich und
3 http://www.kommunal4null.de
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standardisiert zu gestalten, müssen zunächst Kernfragen des Datenschutzes und der Datensicherheit
beantwortet werden.
Wie sicher sind die Daten, IT‐Systeme und die Infrastruktur?
Funktioniert die Anlage nach einem Hackerangriff noch?
Wer haftet bei Problemen und wie sollten rechtliche Rahmenbedingungen aussehen?
Was passiert mit den gesammelten Daten?
Obwohl das Thema Daten und IT‐Sicherheit eines der am häufigsten genannten Themen im Hinblick
auf Digitalisierung ist, wird in diesem Bereich interessanterweise wenig investiert. Die größten
Investitionen sind laut Focus‐Groups in Richtung der Datenerfassung zu erwarten. Aufgrund äußerer
Umstände werden notwendige Investitionen vorgezogen (z. B. Telekom schaltet ISDN ab). Wichtigster
Einflussfaktor bei der Entscheidung für neue Produkte ist jedoch nach wie vor das öffentliche
Vergaberecht. Die Entscheidung liegt häufig nicht beim Betreiber selbst, sondern sie wird dem Planer
anvertraut bzw. durch diesen gesteuert. Eigene Erfahrungen mit Systemen eines Herstellers bzw.
Empfehlungen aus dem Netzwerk oder von benachbarten Betreibern sind oft ausschlaggebend.
Bei der Frage, ob die Digitalisierung als Treiber für Innovativität gesehen werden kann, unterscheidet
sich die Sichtweise der Anbieter von der der Anwender wesentlich. Anwender werten ein Produkt als
innovativ, sobald es mehr Nutzen als ein abzulösendes, bestehendes Produkt bietet. Aus Anbietersicht
ist ein Produkt jedoch erst dann innovativ, wenn der Wunsch danach vom Kunden kommt und sich
dadurch Vertriebsaufwand einsparen lässt. Interessanterweise werden beim Thema Innovativität oft
Sparpotentiale vorausgesetzt, z. B. die Einsparung von Arbeitsschritten, Energie oder Kosten allgemein,
die durch die Digitalisierung realisiert werden können.
Die bestehende Altersstruktur in Unternehmen wird aktuell als große Barriere gesehen, in dem die
ältere Generation eher verhalten agiert. Hier besteht Angst vor Personalabbau bzw. dem Wegfall
ganzer Berufe aufgrund neuer, digitalisierter Prozesse. Ebenso fehlt dieser Generation im Gegensatz
zur jüngeren „Generation Smartphone“ – die Digitalisierungsthemen klar antreibt – das Vertrauen in
die Entscheidungen der Maschinen. Auch ethische Vorbehalte, insbesondere die Angst, überwacht zu
werden, spielen hierbei eine Rolle.
Dritte Stufe: Onlineumfrage
Im dritten Teil des Projekts wurde im Zeitraum vom 19. Bis 31. März 2018 eine deutschlandweite
Online‐Umfrage durchgeführt. Insgesamt wurden 4.451 Personen aus der Wasserwirtschaft per E‐Mail
dazu eingeladen, sich an der Umfrage zu beteiligen. Als Grundlage zur Gestaltung des
Erhebungsinstruments, einem strukturierten Online‐Fragebogen, dienten die Ergebnisse aus den
vorhergehenden Einzelinterviews und den beiden Focus‐Groups. Insgesamt füllten 530 Teilnehmer
den Fragebogen aus, was einer Antwortrate von 11,9 % entspricht. Zur Auswertung diente erneut die
qualitative Inhaltsanalyse nach Mayring (1991) sowie die quantitative multivariate Datenanalyse. Im
Folgenden werden alle Fragen, die in der Onlineumfrage gestellt wurden, einzeln beleuchtet.
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Frage 1: Wie viele Jahre sind Sie bereits in der Wasserwirtschaft tätig? (n=931; alle Teilnehmer)
Um einerseits zu überprüfen, ob die Stichprobenverteilung gemäß Quotenplan erfolgt ist, wurde in der
ersten Frage ausgewertet, ob und wenn ja wie viele Jahre der jeweilige Befragte bereits in der
Wasserwirtschaft tätig ist. Insgesamt haben 931 Teilnehmer die Umfrage begonnen und auch die erste
Frage beantwortet. Das hieraus resultierende Bild (siehe Abbildung 1) zeigt, dass der Großteil der
Befragten (43,1 %; n=401) bereits über 20 Jahre in der Wasserwirtschaft tätig ist. Weitere 18,9 %
(n=176) der Befragten sind bereits länger als 10 Jahre, jedoch nicht mehr als 20 Jahre in der Branche
beschäftigt. Insgesamt 9,0 % (n=84) der Akteure der Wasserwirtshaft sind dort weniger als 11 Jahre,
jedoch mehr als 5 Jahre tätig. Lediglich 8,3 % (n=77) der Befragten sind neu in der Branche, da sie
weniger als 5 Jahre in der deutschen Wasserwirtschaft arbeiten. Etwa 20,73 % (n=193) der Teilnehmer
der Umfrage gaben an, dass sie nicht in der Wasserwirtschaft tätig seien. Die Antworten der
branchenfremden Teilnehmer wurden lediglich für Vergleiche zwischen den Branchen herangezogen
und sind sonst nicht Teil dieser Auswertung.
Frage 2: Bitte nennen Sie uns die Art des Unternehmens, für das Sie tätig sind. (n=693; Teilnehmer
aus der Wasserwirtschaft)
Im nächsten Schritt wurden alle Teilnehmer, die in der ersten Frage angaben, in der Wasserwirtschaft
tätig zu sein, in die verschiedenen Anspruchsgruppen eingeteilt (siehe Abbildung 2). Wie erwartet,
repräsentieren die Anlagenbetreiber mit etwa einem Drittel der Umfrageteilnehmer (33 %) den
größten Teil der Stichprobe (n=148). Für eine genauere Analyse wurden sämtliche Betreiber in die vier
Gruppen kritische Infrastrukturen (KRITIS) Abwasser (n=32), nicht kritische Infrastrukturen Abwasser
(n=45), kritische Infrastrukturen Trinkwasser (n=41) und nicht kritische Infrastrukturen Trinkwasser
Abbildung 1: Beschäftigungsdauer in der Wasserwirtschaft
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(n=30) aufgeteilt. Zur zweitgrößten Anspruchsgruppe (31 %) der Stichprobe gehören Anbieter von
Produkten und Dienstleistungen (n=142), zu denen sowohl Hersteller als auch Händler von Produkten
sowie Anbieter von Dienstleistungen zählen. Planungsbüros stellen die dritte Gruppe der
Hauptakteure dar (17 %; n=76). Die verbleibenden Teilnehmer gliedern sich auf in Mitarbeiter von
Kommunen, Behörden und Ämtern (9 %; n=41), Sachverständige (4 %; n=17), Wissenschaftler und
Forscher (4 %; n=17) sowie Mitarbeiter bei Verbänden und Vereinen (2 %; n=9).
Frage 3: Wo liegt der Tätigkeitsschwerpunkt Ihres Unternehmens/Ihrer Organisation in der
Wasserwirtschaft. (n=654; Teilnehmer aus der Wasserwirtschaft)
Unabhängig von der Zuordnung zu den einzelnen Akteursgruppierungen, wurden die Tätigkeits‐
schwerpunkte der Betriebe innerhalb der Wasserwirtschaft abgefragt (siehe Abbildung 3). Die hohe
Abbildung 2: Aufteilung der Akteursgruppen
Abbildung 3: Tätigkeitsschwerpunkte der befragten Unternehmen
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Anzahl der Antworten (1.036 Nennungen) resultiert aus der Möglichkeit, Mehrfachantworten zu
geben. Obwohl die beiden Themen Abwasser und Trinkwasser bei der Verteilung der Anlagenbetreiber
(siehe Frage 2) ähnliche Stichprobenwerte aufweisen, dominiert das Thema Abwasser‐ bzw.
Schlammbehandlung (200 Nennungen) das Feld der Tätigkeitsschwerpunkte unter allen Befragten. Der
Bereich Trinkwassergewinnung bzw. –aufbereitung wurde nur 120 Mal genannt. Weitere
Schwerpunkte liegen auf den Themen Dienstleistung bzw. Beratung (145 Nennungen),
Anlagenplanung (121 Nennungen), Regelungstechnik, Steuerungstechnik, Automatisierungstechnik
und Prozessleittechnik (ebenso 121 Nennungen) sowie Herstellung, Wartung und Inbetriebnahme von
Maschinen, Pumpen und sonstigen Anlagenbauteilen (116 Nennungen). Insgesamt 76 Befragte gaben
an, dass ihr Tätigkeitsschwerpunkt bzw. der ihres Unternehmens in einem anderen Bereich liegt (z. B.
Forschung und Entwicklung, Bildung, Politik). Die Bereiche Anlagenbau (71 Nennungen), Visualisierung
(55 Nennungen) und Digitalisierungsthemen (lediglich 11 Nennungen) schließen die Liste der
Tätigkeitsschwerpunkte ab.
Frage 4: Digitalisierung ist ein vielschichtiger Begriff der bis heute noch nicht eindeutig definiert
wurde. Was fällt Ihnen spontan zum Thema ein? (Ungestützte Frage; n=790; alle Teilnehmer)
Bei dieser Frage hatten die Teilnehmer die Möglichkeit, je drei Schlagworte zu nennen, die sie mit dem
Thema Digitalisierung in Verbindung bringen. Insgesamt wurden 1.831 Begriffe von 636 Teilnehmern
gesammelt, die im Anschluss an die Befragung inhaltlich sortiert und in 34 Kategorien eingeteilt
wurden. Abbildung 4 zeigt alle Kategorien in einer Wortwolke.
Abbildung 4: Das verstehen die Befragten unter dem Begriff "Digitalisierung"
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Die Schriftgröße der Kategorien spiegelt die Anzahl der einzelnen Nennungen wider. Die Kategorie
Monitoring (276 Nennungen) wurde am häufigsten genannt. Hierunter fallen Begriffe wie
beispielsweise Zustandsüberwachung, Smart Meter und Messdatenerfassung. Auf Platz zwei folgt die
Kategorie Prozesse (232 Nennungen), in der Begriffe wie beispielsweise Prozessleitsysteme,
Betriebsführung und Geschäftsprozesse gesammelt werden. Ebenfalls über 200 Mal erwähnt wird das
Thema Vernetzung (215 Nennungen), mit Begriffen wie beispielsweise Breitbandausbau, Vernetzung
von Maschinen und Anlagen, Konnektivität und mobile Anwendungen. Themen wie Industrie 4.0 (180
Nennungen), Messtechnik (146 Nennungen), Datenmanagement (135 Nennungen), IT‐ und
Datensicherheit (122 Nennungen), Automatisierung (114 Nennungen), Webanwendungen (94
Nennungen) und Big Data (91) Nennungen vervollständigen die Top 10 der meistgenannten
Kategorien. Interessanterweise gaben zudem insgesamt 154 Teilnehmer an, dass der Begriff
Digitalisierung noch unklar für sie sei.
Frage 5: Welche Begriffe bringen Sie mit dem Thema Digitalisierung in Verbindung? (Gestützte Frage;
n=736; alle Teilnehmer)
Nachdem in Frage 4 ungestützt zum Verständnis von Digitalisierung gefragt wurde, knüpfte Frage 5
direkt daran an, indem die Bekanntheit aktueller Themen im Fokus der Digitalisierung gestützt
abgefragt wurde. Auch in diesem Fall waren Mehrfachnennungen möglich. Abbildung 5 zeigt, welche
Themen am meisten mit dem Begriff Digitalisierung in Verbindung gebracht werden.
Ähnlich den Ergebnissen aus Frage 4 stehen hier die Themen Datenmanagement, Vernetzung und
Datensicherheit mit jeweils über 500 Nennungen ganz oben. Die Begriffe Kommunikations‐ bzw. IT‐
Infrastruktur sowie Automatisierungstechnik werden mit über 400 Nennungen ebenso von mehr als
der Hälfte aller Befragten mit dem Thema Digitalisierung in Verbindung gebracht. Davon ausgehend,
Abbildung 5: Das verbinden die Befragten am meisten mit dem Begriff "Digitalisierung"
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dass alle diese Themen (mit Ausnahme von BigData) bereits seit mehr als 15 Jahren existieren,
überrascht es doch, dass „junge Themen“ wie die Integration von mobilen Endgeräten, Condition
Monitoring, Predictive Maintenance und Cloud‐Dienstleistungen mit mehr als 300 Nennungen bereits
vielen Befragten geläufig sind. Im Gegensatz dazu ist es verwunderlich, dass die Themen Bus‐ bzw.
Prozessleitsysteme, die in der Wasserwirtschaft allgegenwärtig sind, bei „nur“ 300 Befragten unter das
Verständnis des Begriffs Digitalisierung fallen. Themen wie Virtual‐ bzw. Augmented‐Reality (186
Nennungen), Building Information Modeling (167 Nennungen) oder der Digitale Zwilling (90
Nennungen) sind die Themen, die von den wenigsten Befragten gewählt werden. Entweder kennen
die meisten Teilnehmer der Studie einzelne Begriffe noch gar nicht (z. B. Digitaler Zwilling), oder sehen
keinen Einsatzzweck der jeweiligen Technologie im Bereich der Wasserwirtschaft (z. B. Virtual Reality).
Frage 6: Wie hoch schätzen Sie den Grad der Digitalisierung im eigenen Betrieb/Unternehmen, in
Deutschland und im westlichen Europa ein? (n=450; Teilnehmer aus der Wasserwirtschaft)
Die Teilnehmer der Studie wurden gebeten, den aktuellen Grad der Digitalisierung jeweils für das
eigene Unternehmen sowie für die gesamte Wasserwirtschaft in Deutschland und im westlichen
Europa zu schätzen. Das eigene Unternehmen sehen die Beteiligten noch zu 49 % digitalisiert,
wohingegen die „restliche Branche“ in Deutschland etwas weniger digitalisiert gesehen wird (40 %). In
Anbetracht der Repräsentativität der Studie kann hier von einer leichten Selbstüberschätzung der
deutschen Unternehmen der Wasserwirtschaft ausgegangen werden. Im (west‐)europäischen
Vergleich wird Deutschland mit einem Digitalisierungsgrad von 40 % etwas weiter eingeschätzt als die
restlichen Länder mit 33 % (siehe Abbildung 6).
Abbildung 6:Grad der Digitalisierung
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Frage 7: Spielt das Thema Digitalisierung in der Wasserwirtschaft in Zukunft eine wichtige Rolle?
(n=450; Teilnehmer aus der Wasserwirtschaft)
In dieser Frage wurden die Teilnehmer gebeten, den folgenden Satz zu vollenden:
„Das Thema Digitalisierung in der Wasserwirtschaft
wird in Zukunft eine wichtige Rolle spielen, weil…“
In einem Stimmungsbarometer (siehe Abbildung 7) wurden sämtliche Antworten zunächst geordnet.
Demnach sehen etwa 59 % der Befragten weder positive noch negative Auswirkungen der
Digitalisierung auf die Wasserwirtschaft. Immerhin 35 % der Teilnehmer messen dem Thema eine
positive Bedeutung bei und lediglich 6 % sehen den Einfluss der Digitalisierung kritisch. Insbesondere
Kostenaspekte – „Digitalisierung macht alles teurer“ – und Bedenken hinsichtlich der Datensicherheit
neuer digitaler und stärker vernetzter Systeme spielen in Zukunft eine große Rolle bei Kritikern der
Digitalisierung. Interessanterweise zielen jedoch ähnlich viele Kommentare der positiv gestimmten
Teilnehmer auf dieselben beiden Punkte ab. Digitalisierung bietet bisher unentdeckte
Kosteneinsparpotentiale und kann die Sicherheit von Anlagen, Netzen und auch Prozessen – korrekte
Installation und Wartung der IT‐Systeme vorausgesetzt – auch erhöhen. Weiterhin werden aufgrund
der Digitalisierung vereinfachte Prozesse und stärkere Transparenz erwartet, was dem aktuell
sinkenden Personalqualifikationsindex in Zukunft entgegenkommen wird. Insgesamt wird mittels
moderner Datenmanagementverfahren ein dynamischer Betrieb der Anlagen möglich, der auch in
Zukunft die Sicherheit der Trinkwasserversorgung und Abwasserentsorgung sicherstellt. Die große
Anzahl an neutralen Meinungen zum Thema zeigt deutlich: Die Digitalisierung schafft einerseits
Chancen und Möglichkeiten die aktuell schwer bis gar nicht nutzbar sind, birgt jedoch auch Risiken, die
bei der Entscheidung für oder gegen neue (digitale) Systeme durchaus berücksichtigt werden müssen.
Abbildung 7: Stimmungsbarometer
iwe: 01.09.2018, Projekt SmaDiWa Autor: Oliver Schuster
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Frage 8: In welchen Bereichen plant Ihr Unternehmen innerhalb der nächsten drei Jahre
Investitionen? (n=365; Teilnehmer aus der Wasserwirtschaft)
In Frage 5 wurden die Teilnehmer bereits gefragt, welche Teilgebiete sie am stärksten mit dem Thema
Digitalisierung allgemein verknüpfen. Anhand dieser Teilgebiete wurde die mittelfristige
Investitionsabsicht innerhalb der kommenden drei Jahre abgefragt (siehe Abbildung 8). In einem
Freitextfeld gab es die Möglichkeit Investitionen anzugeben, die nicht Bestandteil der vordefinierten
Liste waren. Die Themen IT‐ und Datensicherheit, die bereits bei Frage 5 auf Platz drei genannt wurden,
sind bei allen drei ausgewerteten Anspruchsgruppen die größten Investitionstreiber (insg. 61 % aller
Teilnehmer), gefolgt von Themen im Bereich des Datenmanagements (52 %) und der digitalen
Infrastruktur (44 %). Die Themen Integration von mobilen Endgeräten (40 %), Intelligente Vernetzung
und Steuerung (37 %), Bus‐ und Prozessleitsysteme sowie Automatisierungstechnik (30 %) spielen bei
Anbietern von Produkten und Dienstleistungen aber auch bei Betreibern eine wesentlich größere Rolle
als bei den Planern. Dies ist nicht verwunderlich, da diese Themen stark produktionsorientiert sind und
Planbüros in der Regel Dienstleistungsunternehmen darstellen. Die Bereiche Bus‐ und
Prozessleitsysteme sowie Automatisierungstechnik liegen stärker im Fokus der Betreiber als in dem
der Hersteller. Diese wiederum, werden innerhalb der nächsten Jahre stärker in die Bereiche Cloud‐
Dienstleistungen (insg. 23 % Investitionsbereitschaft der Branche, davon 17 % bei den Anbietern) und
Condition Monitoring (dt. Zustandsüberwachung) sowie Predictive Maintenance (dt.
Wartungsvorhersage) (19 % der Branche; 12 % der Anbieter) investieren. Die Themen Building
Information Modeling (BIM) (16 %), Virtuelle und erweiterte Realität (11 %) und Enterprise Resource
Planning (ERP) (10 %) liegen vermehrt im Fokus der Anbieter und Planer. Auch dies verwundert nicht,
da aus Betreibersicht zu diesen Themen nur wenige Schnittstellen existieren und demzufolge keine
direkten Investitionen notwendig sind. Eines der aktuellsten Themen, der sogenannte „Digitale
Zwilling“ wird nur bei ca. 6 % der Branchenunternehmen (davon 5,5 % Anbieter) im Investitionsplan
geführt, und das, obwohl das Thema bereits seit mehr als vier Jahren von den großen Herstellern der
Branche vorangetrieben wird. Interessanterweise geben insgesamt 10 % der Branche an (nahezu
gleichverteilt auf Anbieter, Betreiber und Planer), dass überhaupt keine Investitionen geplant sind.
Abbildung 8: Geplante Digitalisierungs‐Investitionen innerhalb der nächsten drei Jahre
iwe: 01.09.2018, Projekt SmaDiWa Autor: Oliver Schuster
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Frage 9: In welchem Bereich sehen Sie den größten Forschungsbedarf zur Digitalisierung in der
Wasserwirtschaft? (n=559; Teilnehmer aus der Wasserwirtschaft, Einfachnennung)
Insgesamt 49 % der Teilnehmer gaben an, dass aktuell kein Forschungsbedarf besteht, was jedoch sehr
verwunderlich ist, bedenkt man den aktuellen Grad der Digitalisierung in Deutschland und dem
westlichen Europa (siehe Frage 6) sowie das fehlende einheitliche Verständnis dafür, was
Digitalisierung denn überhaupt ist. Weitere 64 Teilnehmer gaben zwar an, dass Forschung im Bereich
der Digitalisierung notwendig ist, nannten jedoch keine konkreten Beispiele im Gegensatz zu den
verbleibenden knapp 40 % der Befragten. Die Wortwolke in Abbildung 9 zeigt alle Bereiche, in denen
die Teilnehmer der Studie Forschungsbedarf sehen. Am häufigsten wurden die Themen IT‐ und
Datensicherheit gewählt (39 Nennungen), was nicht verwunderlich ist, wenn man bedenkt, dass in
diesen Bereichen auch die größte Investitionsbereitschaft innerhalb der nächsten drei Jahre besteht
(siehe Frage 8). Die Forschung zur intelligenten Vernetzung von Maschinen und Anlagen liegt mit 30
Nennungen auf Platz zwei, dicht gefolgt von Themen wie Prozessoptimierung (28 Nennungen) und
Datenmanagement (27 Nennungen). Interessanterweise stehen die Themen Normen und Standards
(21 Nennungen) sowie die Grundlagenforschung (16 Nennungen) nur auf Platz fünf bzw. sechs der
meistgenannten Forschungsthemen, obwohl es aktuell weder eine allgemein bekannte und gültige
Definition zum Thema Digitalisierung, noch einzelne Normen bzw. Standards dazu gibt. Die Bereiche
Monitoring (13 Nennungen), Digitale Steuerung von Maschinen und Anlagen (11 Nennungen), Planung
(9 Nennungen), Finanzierung (7 Nennungen), Fortbildung und Mitarbeiterakzeptanz (7 Nennungen),
digitale Messmethoden (6 Nennungen), Nachhaltigkeit (6 Nennungen) und Kundenbedürfnisse (3
Nennungen) komplettieren den von den Teilnehmern genannten Forschungsbedarf zur Digitalisierung
in der Wasserwirtschaft (siehe Abbildung 10).
Abbildung 9: Hier sehen die Befragten den größten Forschungsbedarf
iwe: 01.09.2018, Projekt SmaDiWa Autor: Oliver Schuster
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Frage 10: Sind Ihnen Projekte bzw. Best‐Practice‐Beispiele bekannt, die sich mit dem Thema
"Digitalisierung in der Wasserwirtschaft" beschäftigen? (n=645; Teilnehmer aus der
Wasserwirtschaft)
Lediglich 135 Teilnehmer (21 %) gaben an, dass sie ein Best Practice Beispiel zum Thema Digitalisierung
in der Wasserwirtschaft kennen. Weitere 129 Befragte (20 %) kennen zwar kein direktes Beispiel aus
der Wasserwirtschaft, wissen jedoch von Digitalisierungs‐Projekten oder Best‐Practice Beispielen aus
anderen Branchen. Der überwiegende Teil der Befragten, 381 Teilnehmer (59 %), gaben jedoch an,
dass ihnen kein Praxisbeispiel zum Thema Digitalisierung bekannt ist (siehe Abbildung 11).
Interessanterweise ist die Liste der Praxisbeispiele, die die Teilnehmer bereits kennen, mit 85
unterschiedlichen Einträgen durchaus umfangreich. „Kommunal 4.0.4“, ein vom Bundesministerium
für Wirtschaft und Energie im Rahmen des BMWI‐Technologieprogramm „Smart Service Welt“
gefördertes Projekt, ist mit acht Nennungen das bekannteste Beispiel in der deutschen
Wasserwirtschaft. Das Projekt hat zur Aufgabe, Digitalisierungschancen kommunaler Infrastrukturen
zu identifizieren und weitere Projekte zur Umsetzung der Digitalisierung zu initiieren. Der Chemiepark
Bitterfeld‐Wolfen gilt in der Branche als Best‐Practice‐Beispiel für eine moderne „Wasserwirtschaft
4.0“ (Gahr, Andreas, & Wazinski, 2018) und wurde von insgesamt fünf Teilnehmern dieser Studie auch
als solches identifiziert. Weitere vier Teilnehmer nannten das Projekt Smart Metering Haßfurt5, bei
dem sich die Stadtwerk Haßfurt GmbH in einer deutschlandweiten Vorreiterrolle im Bereich der
4 http://www.kommunal4null.de 5 http://ww.stadtwerkhassfurt.de/smartmeteringprojekt
Abbildung 10:Forschungsbedarf zur Digitalisierung in der Wasserwirtschaft
iwe: 01.09.2018, Projekt SmaDiWa Autor: Oliver Schuster
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intelligenten Stromzählung sehen. Die Projekte Datenverbund Abwasser Bayern (DABay)6, Energie‐
Wasser‐Forschung (ENERWA)7 und das Reifegradmodell Wasserversorgung 4.08, sowie die Best‐
Practice‐Beispiele der Hamburger Wasserwerke, der Berliner Wasserbetriebe, der
Emschergenossenschaft, der Stadt Valencia und der Wasserversorgung des Bayerischen Waldes
(waldwasser) traten aus der großen Anzahl an einzelnen Nennungen noch leicht heraus, da diese noch
von zwei unabhängigen Teilnehmern als Best‐Practice‐Beispiel identifiziert wurden. Weiterhin wäre zu
erwähnen, dass insgesamt sieben Projekte bzw. Best‐Practice‐Beispiele im Ausland genannt wurden,
zwei davon außerhalb Europas.
Abbildung 11: Best‐Practice‐Barometer
Frage 11: Welche Kriterien beeinflussen die Wahl von Lieferanten von digitalen
Produkten/Dienstleistungen? (Ungestützte Frage; n=530; Teilnehmer aus der Wasserwirtschaft)
Bei dieser Frage hatten die Teilnehmer wieder die Möglichkeit anhand dreier Schlagworte zu
bewerten, welche Kriterien ihnen bei der Wahl ihrer Lieferanten am wichtigsten sind. Insgesamt
wurden 1.087 Kriterien von 530 Teilnehmern gesammelt, die im Anschluss an die Befragung inhaltlich
sortiert und in 10 Kategorien eingeteilt wurden (siehe Abbildung 12).
Wie zu erwarten war, stehen Produkt‐ und Servicequalität (insg. 285 Nennungen) bei allen
Anspruchsgruppen ganz oben, wenn es um die wichtigsten Kriterien bei der Wahl der Lieferanten geht.
Das Verhältnis aus Preis und dafür gebotener Leistung (insg. 229 Nennungen) beeinflusst demzufolge
Anbieter von Produkten und Dienstleistungen, Betreiber, Planer und alle restlichen Teilnehmer erst an
zweiter Stelle, jedoch noch vor persönlichen Referenzen bzw. Referenzprojekten (insg. 129
Nennungen). Die Zuverlässigkeit der jeweiligen Lieferanten im Hinblick auf Termintreue und Zusagen
6 http://dabay.bayern.de/dabay‐portal‐startseite/ 7 http://enerwa.org 8 http://iww‐online.de/neues‐digitalisierungsprojekt‐am‐iww‐zur‐entwicklung‐eines‐reifegradmodells‐wasserversorgung‐4‐0/
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(insg. 106 Nennungen) folgt bei allen Teilnehmern auf Platz vier und wird demzufolge als wichtiger
bewertet als die fachliche Kompetenz (insg. 76 Nennungen). Für Anbieter von Produkten und
Dienstleistungen ist jedoch der Innovationsgrad der Lieferanten wichtiger als deren Kompetenz,
wohingegen Betreiber wiederum die fachliche Kompetenz der Lieferanten stärker bewerten als deren
Innovationsgrad. Die letzten vier Plätze der Top 10 der wichtigsten Kriterien bei der Lieferantenwahl
belegen die Themen Regionalität und Umfeld der Lieferanten (insg. 45 Nennungen),
Sicherheitsaspekte (insg. 38 Nennungen), Kompatibilität der Produkte zu den bestehenden Anlagen
und Maschinen (21 Nennungen) und die Markt‐Präsenz der Lieferanten (15 Nennungen). Alle vier
Kriterien bewerten die Betreiber etwas stärker als die restlichen Anspruchsgruppen.
Frage 12: Wie zufrieden sind Ihre Kunden/Sie bereits mit folgenden Eigenschaften der Produkte, die
sie/Sie bereits verwenden? (Gestützte Frage; n=592; Teilnehmer aus der Wasserwirtschaft)
Nachdem Frage 11 die wichtigsten Kriterien für die Wahl neuer Lieferanten identifiziert hat, klärt Frage
12 die Zufriedenheit im Hinblick auf bereits verwendete Produkte und deren Eigenschaften. Insgesamt
wurden acht Eigenschaften abgefragt, die auf einer Skala von 0 „sehr unzufrieden“ bis 10 „sehr
zufrieden“ bewertet wurden (siehe Abbildung 13).
Für die Auswertung der Daten wird eine Kennzahl ähnlich dem sogenannten „Net Promoter Score
(NPS)“ verwendet, die aufgrund der Zufriedenheit über verwendete Produkte auf die
Weiterempfehlungsquote schließen lässt (Reichheld, 2003). Der NPS lässt sich mittels der Differenz
zwischen Promotoren und Detraktoren des betreffenden Produktes berechnen. Promotoren, sind
Teilnehmer, die mit „sehr zufrieden“ antworten und Detraktoren diejenigen, die mit „mittelmäßig
zufrieden“ oder schlechter antworten. Teilnehmer, die auf der Skala mit 7 oder 8 „zufrieden“
antworten, gelten als indifferent. Bei der Auswertung der Daten fällt direkt ins Auge, dass lediglich die
Abbildung 12: Kriterien, die die Lieferantenwahl beeinflussen
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Anbieter von Produkten und Dienstleistungen mit einigen Kriterien mit den von ihnen verwendeten
Produkten zufrieden sind. Die Kriterien Qualität, Serviceschnelligkeit, Kompatibilität zu anderen
Produkten und das Eingehen auf Kundenwünsche gelten als zufriedenstellend, während die
Möglichkeiten zur Vernetzung, Preis, Dokumentationsqualität als auch der Grad der Digitalisierung nur
mittelmäßig bewertet werden. Im Gegensatz dazu, bewerten Betreiber und Planer alle Kriterien ihrer
Produkte nur mit „mittelmäßig“.
Dies bedeutet, dass laut Net Promoter Score selbst die Hersteller die aktuell verfügbaren Produkte in
der deutschen Wasserwirtschaft nicht wirklich weiterempfehlen würden. Die
Weiterempfehlungsquote bei denjenigen, die wiederum Betreibern und Planern als Referenzen
dienen, ist stark negativ – hier ist also definitiv ein Umdenken der Branche in Richtung
kundenfreundlichere Produkte gefordert.
Frage 13: In welchen Medienkanälen wird nach Informationen zu neuen Produkten und
Dienstleistungen gesucht? (Gestützte Frage; n=488; Teilnehmer aus der Wasserwirtschaft)
Anhand dieser Frage wurde die Nutzungsfrequenz verschiedener Medienkanäle untersucht, die in der
Wasserwirtschaft häufig genutzt werden um nach Informationen zu neuen Produkten und
Dienstleistungen zu suchen (siehe Abbildung 14). Die beiden meistgenutzten Kanäle sind der Kontakt
zu bekannten Referenzkunden bzw. Referenzanlagen sowie der persönliche Kontakt zum Anbieter.
Gerade aus diesem Grund ist es verwunderlich, dass in Frage 10, bei der die Teilnehmer nach Best‐
Practice‐Beispielen und Referenzprojekten gefragt wurden, nur wenige bekannte Beispielprojekte
genannt wurden. Insbesondere Betreiber und Planer nutzen persönliche Referenzen häufig, um sich
über neue Produkte und Dienstleistungen zu informieren. Anbieter von Produkten und
Dienstleistungen nutzen am häufigsten Fachmessen (z. B. IFAT und Hannover Messe) und den
persönlichen Kontakt, um sich Informationen über neue Produkte zu beschaffen, direkt gefolgt von
Referenzprojekten und Serviceangeboten im Internet, beispielsweise auf Herstellerwebsites und in
Onlineshops. Gleich zwei wichtige Informationskanäle bieten Fachzeitschriften. Die Teilnehmer nutzen
Abbildung 13: Zufriedenheit mit bestehenden Produkten
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sowohl fachliche Beiträge als auch geschaltete Anzeigen in den Zeitschriften, um sich zu informieren.
Die letztgenannten Informationsquellen werden jedoch seltener benutzt und sie werden, betrachtet
man die Nutzungshäufigkeit der Medien, zudem von der Informationsbeschaffung auf Tagungen (z. B.
DWA Landesverbandstagung) überholt. Klassische „Werbemedien“ wie Broschüren oder Flyer werden
hingegen nur noch selten bis manchmal genutzt, ebenso wie übergreifende Online‐Portale (z. B. „Wer
liefert was“, Gelbe Seiten Online), E‐Mail‐Newsletter und Dialogmarketingsendungen.
Interessanterweise werden Soziale Medien, anders als man aufgrund der Aktualität des Themas
meinen könnte, von Anbietern von Produkten und Dienstleistungen nur selten, von Betreibern,
Planern und Sonstigen Akteuren sogar nur sehr selten genutzt um Informationen über neue Produkte
auszutauschen.
Frage 14: Datensicherheit im „Internet der Dinge“ (n=488; alle Teilnehmer) Ein großes Thema im
Rahmen der Digitalisierung ist auch das „Internet der Dinge“ (engl. Internet of Things (IoT)). Die
Technologie, die dem Internet der Dinge zugrunde liegt, ermöglicht unter anderem den schnellen,
einfachen und automatisierten Datenaustausch innerhalb eines maschinellen Netzwerks. Die
Teilnehmer der Studie, wurden nach Ihrer Einschätzung zum Thema Datensicherheit im Internet der
Dinge gefragt. Abbildung 15 zeigt die Antworten aller Anspruchsgruppen, die Antworten der Betreiber,
aufgeteilt in die beiden Bereiche Trink‐ und Abwasser sowie kritische und nicht kritische
Infrastrukturen, sind in Abbildung 16 zu sehen.
Beim Thema, Maschinen mit dem Hersteller zu vernetzen, sowohl im Hinblick auf Wartungsthemen als
auch als generelles Zukunftsthema, sind, wie zu erwarten war, die Hersteller von Produkten und
Dienstleistungen am meisten davon überzeugt. Dies ist nicht verwunderlich, sind sie es ja in der Regel,
der „fremde“ Daten erhält und damit arbeiten kann, und nicht die Betreiber, die ihre wertvollen Daten
preisgeben müssen. Eben diese zeigen bei den ersten beiden Fragen auch klar die geringste
Überzeugung aller Anspruchsgruppen auf. Auch bei den drei weiteren Fragen, die sich mit dem Thema
Abbildung 14: Häufigkeit der Nutzung von Medienkanälen
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Datensicherheit in Bezug auf die Lieferanten, die die Daten erhalten, auseinandersetzt, wird
ersichtlich, dass Hersteller von Produkten und Dienstleistungen (die eben diese Lieferanten für die
Betreiber und andere Unternehmen darstellen), stärker von deren Zuverlässigkeit überzeugt sind, als
Betreiber, Planer und sonstige Anspruchsgruppen. Dennoch ist die Zuversicht bei Werten um 7 nicht
mehr so groß, wie bei den ersten beiden Fragen.
Grundsätzlich tendieren zwar alle Akteure bei allen gefragten Teilbereichen in die Richtung, davon
überzeugt zu sein (Werte größer 5), wenn man sich jedoch den in Frage 12 vorgestellten Net Promoter
Score vor Augen hält, fällt das Ergebnis nicht mehr wirklich positiv aus. Keine der Anspruchsgruppen
ist aktuell wirklich überzeugt, dass das Internet der Dinge der Wasserwirtschaft einen Vorteil bieten
kann. Selbst die Hersteller sind bei nahezu allen Punkten als Detraktoren zu sehen, die das Thema nicht
oder nur widerwillig fördern bzw. „weiterempfehlen“.
Interessant ist, dass bei der Bewertung, ob Lieferanten zuverlässig mit den eigenen Daten umgehen
und den beiden weiteren Fragen, Betreiber der kritischen Infrastrukturen, egal ob im Bereich Trink‐
oder Abwasser, eher davon überzeugt sind, als Betreiber nicht kritischer Infrastrukturen. Diese
Antworten bewerten im übertragenen Sinne die Zuverlässigkeit, Verlässlichkeit, Sicherheit und
Ehrlichkeit der Lieferanten. Das kann also bedeuten, dass KRITIS Betreiber entweder bereits aufgrund
der höheren gesetzlichen Anforderungen an die Datensicherheit bei kritischen Infrastrukturen eine
bessere Lieferantenwahl getroffen hat (und deswegen bereits zufriedener sind) oder aber die
Betreiber von nicht kritischen Infrastrukturen grundsätzlich strengere Anforderungen stellen. Diese
bewerten das Thema Internet der Dinge generell als wichtiger für die Zukunft als KRITIS‐Betreiber.
Abbildung 15: Datensicherheit im IoT (alle Anspruchsgruppen)
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Frage 15: Heutzutage wird bereits eine Vielzahl an Daten erhoben, gesammelt und teilweise auch
weitergegeben. Bezieht Ihr Unternehmen bereits Daten oder sammelt diese und gibt sie weiter?
(n=472; Teilnehmer aus der Wasserwirtschaft)
Spitzenreiter bei den Daten, die erhoben und gesammelt, sowie bezogen werden, sind
Wasserverbräuche, Wetterdaten und –prognosen und Kanalnetzdaten (siehe Abbildung 17). Diese Art
Daten werden weit über 200 Mal genannt, im Hinblick auf Datensammlung und –bezug. Gesammelte
Wasserverbräuche und Kanalnetzdaten werden von den Unternehmen der Branche öfter
„weitergegeben“ (je über 70 Nennungen) – im Sinne von: anderen Unternehmen zur Verfügung
gestellt – als Wetterdaten und Wetterprognosen (35 Nennungen). Grundwasserdaten ebenso wie
Pegelstände der Flüsse und Gewässer werden ähnlich häufig erhoben (ca. 90 Nennungen) wie
fremdbezogen (ca. 100 Nennungen) und auch in Bezug auf die Summe der Nennungen
überdurchschnittlich häufig weitergegeben. Lastgangdaten, Energiedaten Mittelspannung, Daten zur
Schlammbehandlung und Abwärme sowie Netzbetreiberdaten folgen auf den Plätzen sechs bis neun.
Auffällig hier ist, dass Daten zum Großteil selbst gesammelt werden (zwischen 67 und 81 Nennungen)
und nur selten bezogen werden (zwischen 36 und 52 Nennungen). Die Weitergabe dieser Art von
Daten erfolgt ähnlich selten (zwischen 21 und 48 Nennungen). An letzter Stelle sind Daten von
Kraftwerken oder Großverbrauchern zu finden, die selten erhoben (18 Nennungen), bezogen (15
Nennungen) und weitergegeben (11 Nennungen) werden.
Grundsätzlich kann gesagt werden, dass Daten in den Unternehmen der deutschen Wasserwirtschaft
eher selbst gesammelt als fremdbezogen werden, jedoch nur selten für andere Unternehmen zur
Verfügung gestellt werden.
Abbildung 16: Datensicherheit im IoT (Betreiber)
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Abbildung 17: Erhebung, Bezug und Weitergabe von Daten
Frage 16: Frage zum Vertrauen in Lieferanten und deren Wohlwollen gegenüber dem eigenen
Unternehmen (n=472; Teilnehmer aus der Wasserwirtschaft)
Die Zustimmung zu den drei Aussagen, die in Frage 15 abgefragt wurden, spiegelt zusammen
betrachtet das Vertrauen in die Lieferanten und deren Wohlwollen gegenüber den Unternehmen der
Teilnehmer wider (siehe Abbildung 18). Auffällig ist auch hier, dass Anbieter von Produkten und
Dienstleistungen das Vertrauensverhältnis zu ihren eigenen Lieferanten mit durchschnittlich 7,1
Punkten von 10 möglichen am höchsten bewerten. Betreiber (6,5 Punkte im Schnitt), Planer (6,3
Punkte im Schnitt) und alle verbleibenden Teilnehmer (6,2 Punkte im Schnitt) befinden sich im
mittleren Bereich der Vertrauensskala. Zieht man auch hier den Net‐Promoter‐Score zurate, befinden
sich lediglich die Anbieter im Bereich der „Indifferenten“ (weder ein gutes, noch ein schlechtes
Vertrauensverhältnis). Alle anderen Teilnehmer haben demnach kein gefestigtes Vertrauen zu ihren
Lieferanten bzw. schätzen diese grundsätzlich nicht wohlwollend gegenüber dem eigenen
Unternehmen ein.
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Frage 17: Zufriedenheit mit Lieferanten und deren Fortschritt in Digitalisierungsthemen
(n=472; Teilnehmer aus der Wasserwirtschaft)
Betrachtet man die grundsätzliche Zufriedenheit mit Lieferanten, deren Fortschritt in
Digitalisierungsthemen und ob Teilnehmer sich bei ihren Lieferanten in guten Händen fühlen, so ist
das Ergebnis gemäß Net‐Promoter‐Score noch gravierender (siehe Abbildung 19). Über alle
Anspruchsgruppen hinweg liegt die grundsätzliche Zufriedenheit bei unter sechs Punkten (von 10
möglichen). Ebenso wird das Gefühl, in guten Händen zu sein im Durchschnitt aller Teilnehmer mit
unter sechs Punkten bewertet. Die Zufriedenheit mit dem Fortschritt in Digitalisierungsthemen liegt
sogar nur knapp über fünf von zehn Punkten im Schnitt. Sämtliche Akteure der Wasserwirtschaft fallen
bei allen drei Zufriedenheits‐Bereichen in die Gruppe der Detraktoren. Positive Weiterempfehlungen
sind demnach derzeit – insbesondere Digitalisierungsthemen betreffend – also nahezu
ausgeschlossen.
Abbildung 18: Vertrauen und Wohlwollen der Lieferanten
iwe: 01.09.2018, Projekt SmaDiWa Autor: Oliver Schuster
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Frage 18: Nutzungshäufigkeit moderner Technologien (n=460; Teilnehmer aus der Wasserwirtschaft)
In Frage 18 wurde die Häufigkeit der Nutzung moderner Technologien im Hinblick auf Vernetzungs‐
und Steuerungsthemen abgefragt. Interessanterweise sind sich hierbei alle Anspruchsgruppen nahezu
einig darüber, dass die abgefragten Nutzungshäufigkeiten bei allen abgefragten Themen sehr nahe
beieinanderliegen (siehe Abbildung 20). So werden von allen Teilnehmern Produkte wie Anlagen,
Maschinen und Systeme, die untereinander vernetzt sind, selten bis manchmal genutzt. Maschinen
und Anlagen, die mit dem Hersteller verbunden sind, werden von allen Anspruchsgruppen
interessanterweise nur etwas weniger häufig genutzt, obwohl die Daten, die von den eigenen
Maschinen erfasst werden, das Unternehmen verlassen und demnach auch Dritten zur Verfügung
stehen. Wie zu erwarten war, wird die Schnittstelle zum Hersteller von Anbietern und Planern etwas
häufiger genutzt als von Anlagenbetreibern und den verbleibenden Teilnehmergruppen, da diese dem
Thema Vernetzung mit dem Hersteller insgesamt konservativer entgegenstehen (siehe Frage 14).
Moderne Steuerungssysteme, die in anderen Branchen längst verbreitet sind, wie Steuerung per
Gesten und Handzeichen als auch Sprachsteuerung, werden in der deutschen Wasserwirtschaft von
allen Anspruchsgruppen nie bis sehr selten genutzt. Interessant ist auch die Häufigkeit der
verwendeten Produkte, die bereits allen Aspekten der Datensicherheit genügen. Alle
Anspruchsgruppen sind demnach nur etwa zur Hälfte („selten bis manchmal“) davon überzeugt, dass
im Durchschnitt die von ihnen verwendeten Produkte bereits heute allen Aspekten der
Datensicherheit genügen. Freilich spiegelt diese Aussage die Realität nur schwammig wieder, denn,
wann entspricht ein Produkt überhaupt allen Aspekten der Datensicherheit? Dennoch ist dies erneut
ein guter Indikator für den Stand der Datensicherheit im Rahmen der Digitalisierung in der deutschen
Wasserwirtschaft.
Abbildung 19: Zufriedenheit mit Lieferanten
iwe: 01.09.2018, Projekt SmaDiWa Autor: Oliver Schuster
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Frage 19: Nutzungsabsicht moderner Technologien (n=472; Teilnehmer aus der Wasserwirtschaft)
Im Anschluss an die Frage nach der Häufigkeit der aktuellen Nutzung moderner Technologien wurde
die Absicht, diese Technologien in Zukunft zu nutzen, abgefragt (siehe Abbildung 21).
Interessanterweise liegt die zukünftige Nutzungsabsicht aller Teilnehmer bei fast allen Punkten je eine
Stufe höher, als die derzeitige Nutzungshäufigkeit. Produkte, die untereinander vernetzt sind, sollen in
Zukunft demnach „manchmal bis häufig“ verwendet werden. Anlagen sollen in Zukunft immerhin
„manchmal“ mit dem Hersteller über das Internet verbunden werden und die Steuerung wird etwas
häufiger – von aktuell „sehr selten“ auf zukünftig „selten“ – per Gesten und Handzeichen sowie per
Sprache erfolgen. Einzig beim Punkt Datensicherheit steigt die Absicht, in Zukunft allen Aspekten
gerecht zu werden, von „selten bis manchmal“ auf „häufig bis sehr häufig“. Insgesamt zeigen Anbieter
von Produkten und Dienstleistungen mit geringem Abstand die größten Ambitionen, wohingegen
Betreiber leicht geringere Nutzungsabsichten aufweisen.
Abbildung 20: Nutzungshäufigkeit moderner Technologien
iwe: 01.09.2018, Projekt SmaDiWa Autor: Oliver Schuster
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Abbildung 21:Nutzungsabsicht moderner Technologien
iwe: 01.09.2018, Projekt SmaDiWa Autor: Oliver Schuster
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Diskussion Digitalisierung – was ist das überhaupt genau? Hierbei scheint sich die gesamte Branche selbst nicht
einig zu sein. Während unserer Interviews fiel schnell auf, dass es keine „allgemeingültige“ Definition
für den Begriff Digitalisierung gibt und dass sich das Verständnis bzw. das jeweils eigene Bild in den
Köpfen der Interviewpartner doch mitunter voneinander unterscheidet. Oftmals kreisen dabei die
Gedanken nur um das eigene Unternehmen und dessen (noch nicht) digitalisierten Prozesse. So
wurden während der Interviews häufig Beispiele wie „das papierlose Büro“ oder Aspekte der Mobilität
genannt, die sich hauptsächlich in modernen Endgeräten wie Smartphones, Tablets und deren Apps
widerspiegeln. Übergreifende Themen wie z. B. Big Data, die Vernetzung der Maschinen (z. B. im
Internet der Dinge), Sensorik, IT‐ und Datensicherheit oder auch Prozessautomation sind nur selten
Teil der individuellen Definitionen. Ein gemeinsamer Nenner, zumindest was die Definition des
Begriffes „Digitalisierung“ anbelangt, wäre also durchaus sinnvoll.
Die Experten, die im Rahmen der Einzelinterviews und Focus‐Groups befragt wurden, gaben alle an,
dass sie ein gewisses Grundverständnis davon hätten, was der Begriff „Digitalisierung“ überhaupt
bedeutet. Dies war nicht verwunderlich, zumal sie ja ihr Unternehmen als „Experten“ in
Digitalisierungsthemen vertraten. Bei der Frage nach der „offiziellen“ Definition des Begriffs
Digitalisierung, wurde es jedoch still, wenngleich auch vielerorts ein Schmunzeln der Befragten zu
verzeichnen war. Sieht man sich die „offiziellen“ Definitionen einmal an (z. B. im Wirtschaftslexikon
von Gabler oder bei Wikipedia), wird schnell klar, warum in den Köpfen der Befragten kein einheitliches
Bild existiert. Im Grunde genommen wird dort zwar richtigerweise der Vergleich der „digitalen
Revolution“ zur industriellen Revolution im 18. Jahrhundert geführt und auch die Grundvoraussetzung
(oder anders: der erste Schritt) der Digitalisierung genannt – nämlich die Umwandlung von analogen
Informationen und Daten in digitale – doch gibt es keinerlei Hinweise, welche Chancen und Risiken
sich aufgrund der digitalen Verfügbarkeit der Daten nun ergeben. Doch genau hierüber sollte man sich
Gedanken machen, wenn man vom Thema Digitalisierung redet. Ein kleines Beispiel soll dies
verdeutlichen. Wer seinen Einkaufszettel mittlerweile nicht mehr mittels Stift und Papier erstellt,
sondern in sein Smartphone tippt, hat die „erste Stufe der Digitalisierung“ bereits genommen. In der
Regel bleibt die Digitalisierung jedoch genau an dieser Stelle stehen. Bis auf das gesparte Papier und
der Tatsache, dass man den Einkaufszettel vielleicht nicht mehr so leicht zu Hause vergisst – das
Smartphone hat man mittlerweile ohnehin immer dabei – hat sich jedoch im Vergleich zum analogen
Exemplar eigentlich nicht viel verändert. Doch genau hier liegt der Irrtum. Durch die Möglichkeit,
digitale Daten unabhängig von Ort und Zeit zu teilen, ergeben sich vielfältige Möglichkeiten. Teilt man
den digitalen Einkaufszettel beispielsweise per App mit anderen Familienmitgliedern, könnten diese
auf einfachste Art und Weise eigene Wünsche hinzufügen, ganz unabhängig davon, wo sie sich gerade
befinden („zweite Stufe“). Werden diese Informationen nun auch noch mit einem digitalisierten
Kühlschrank geteilt, der beispielsweise weiß, dass noch genügend Butter vorrätig ist und deshalb
vorschlägt, den Einkaufszettel dementsprechend abzuändern, oder der in der Lage ist, eigenständig
eine Online‐Bestellung auszulösen, so dass der schwere Karton Milch direkt ins Haus geliefert wird und
somit auch vom Einkaufszettel gestrichen werden kann, ist die „dritte Stufe“ der Digitalisierung
erreicht.
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Status Quo
Der Wasserwirtschaft geht es aktuell ähnlich wie dem Kunden mit dem dem Einkaufszettel. Sie bleibt
in den meisten Fällen auf der ersten Stufe der Digitalisierung stehen. Es werden zwar vielerorts Daten
in fast unüberschaubaren Mengen gesammelt, getreu dem Motto „wer weiß, wofür man die später
noch gebrauchen kann“, aber eine klare Verwendungsvorstellung für diese BigData‐Welt hat eigentlich
noch niemand. Nur selten gehen Akteure die zweite Digitalisierungsstufe noch mit. Daten werden dann
innerhalb des Unternehmens so aufbereitet, dass sie von sämtlichen Anspruchsgruppen unabhängig
von Zeit und Ort abgerufen und bearbeitet werden können. Der direkte Austausch von Daten zwischen
einzelnen Akteuren der Branche findet ohnehin nur vereinzelt statt. Die dritte Stufe wäre dann
erreicht, wenn Anlagen in Wasserwerken oder Kläranlagen selbst miteinander kommunizieren und
aufgrund von vorhandenen Daten (beispielsweise zu Starkregenereignissen) entsprechend
selbstständig Steuerungsaufgaben übernehmen um Prozesse intelligenter und effizienter zu gestalten.
Doch hier steckt die deutsche Wasserwirtschaft noch in den Kinderschuhen.
Interessanterweise, schätzen die Teilnehmer den Grad der Digitalisierung des eigenen Unternehmens
mit 49 % um einiges höher ein, als den Grad der Digitalisierung der restlichen deutschen
Wasserwirtschaft (40 %). Wenn man sich die Repräsentativität der Studie vor Augen hält, d. h., dass
die Ergebnisse direkt auf die Branche übertragbar sind, herrscht hier ein verzerrtes Selbstbild der
Akteure. So entspricht der mittels Online‐Umfrage gemessene Digitalisierungsgrad in Höhe von 40 %
nahezu dem Ergebnis sämtlicher zuvor geführter Interviews und zeigt, dass die Branche aktuell noch
am Anfang der zweiten Digitalisierungsstufe steht.
Bei einer Frage sind sich jedoch alle einig: Wir schaffen das! Eine Zukunft ohne Digitalisierung wird es
nicht geben, auch für diejenigen Betriebe und Unternehmen nicht, die sich bis jetzt erfolgreich gegen
das Thema wehren. Alle Hersteller in der Branche arbeiten bereits an Digitalisierungsthemen und der
Prozess ist somit bereits in vollem Gange. Schon heute sehen sich einige Betreiber als „Informatik‐ und
Steuerungsexperten“ und manch neue Anlage ist bereits zur ersten Inbetriebnahme vollständig
digitalisiert. Obwohl der Wasserwirtschaft in Europa eine Vorreiterrolle bei Digitalisierungsthemen
nachgesagt wird, ist es unumgänglich, dass der Umstellungsprozess in Richtung vollständige
Digitalisierung noch viel Zeit und weitere Ressourcen in Anspruch nehmen wird und das insbesondere
auch deshalb, weil die meisten Unternehmen der Branche noch keine konkrete
Digitalisierungsstrategie verfolgen. Selbst große Betriebe und Unternehmen machen sich aktuell zwar
Gedanken zum Thema, verfolgen aber bisher noch keine Strategie, sondern treffen Entscheidungen
diesbezüglich fallbezogen. Vielleicht ist dies aber auch fehlenden Normen und Richtlinien geschuldet.
Zumindest was das Thema IT‐ und Datensicherheit anbelangt, sind durch den Branchenstandard vom
DVGW bereits heute die Betreiber von kritischen Infrastrukturen zum Handeln verpflichtet. In diesem
Bereich der Digitalisierung sind wohl auch aus diesem Grund die größten Investitionen geplant.
Großen Investitionsbedarf sieht die Branche in den Bereichen Vernetzung von Stationen, Anlagen und
Bauwerken (z. B. per Funk oder Mobilfunk) und der Datenhaltung selbst. Fehler im System, die früher
– so die Hoffnung der Betreiber – bei einer von unzähligen Kontrollfahrten entdeckt wurden, sollen
heute möglichst vollautomatisch gemeldet und auch behoben werden. Hierfür muss nicht nur
aufgrund der steigenden Datenmengen regelmäßig in das eigene Rechenzentrum investiert werden –
ansonsten ist der Weg in die (oftmals teurere und ungeliebte) Cloud unausweichlich – sondern auch in
neue Technik für die Erfassung und Auswertung der Daten. Bestehende Anlagen müssen mit neuer
Sensorik ausgestattet, sämtliche Prozesse angepasst und im besten Fall für mobile Endgeräte, wie
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Smartphones oder Tablets, visualisiert werden, damit Betreiber effizient von zu Hause aus das
Wasserwerk oder die Kläranlage steuern können.
Wenn von Investitionen der Branche gesprochen wird, stellen sich Anbieter von Produkten und
Dienstleistungen regelmäßig folgende Frage: Was beeinflusst eigentlich hauptsächlich die
Kaufentscheidung meiner Kunden? Auch hier herrscht bei unseren Interviewpartnern keine Einigkeit.
Einerseits ist der Preis zwar aufgrund des öffentlichen Vergaberechts oft das ausschlaggebende
Kriterium, andererseits rückt dieser heutzutage aufgrund moderner Ansätze der Betriebswirtschaft
wie Lebenszykluskostenrechnung oder der Analyse von Eigentumsgesamtkosten in den Hintergrund.
Zudem scheint der Preis im Bereich Abwasserentsorgung einen wesentlich stärkeren Einfluss zu haben
als im Bereich Trinkwasserversorgung. Ein weiterer starker Kaufgrund ist die Marke des Herstellers.
Neben der starken Markenbekanntheit der großen Marken der Branche, lassen bestehende
Systemkonzepte eines Herstellers/einer Marke mit fehlenden (standardisierten) Schnittstellen in den
Anlagen oftmals nur einen neuen Lieferanten zu, nämlich den Lieferanten, der bereits die restliche
Anlage ausgestattet hat. Erst an dritter Stelle der kaufentscheidenden Einflussfaktoren steht das
Produkt oder die Dienstleistung selbst, bzw. deren Funktionalität, Innovationsgrad und
Bedienungsfreundlichkeit.
Es stellt sich nur die Frage: Woran liegt das? Schaffen es Unternehmen nicht, die Vorteile ihrer
Produkte so zu präsentieren, dass den Kunden der Mehrwert der neuen, digitalen und innovativen
Produkte klar wird oder ist die Branche einfach noch nicht weit genug?
Ausblick
Die Digitalisierung der Branche ist unaufhaltsam, das ist mittlerweile den meisten Beteiligten klar. Auch
wenn sich das Problem der fehlenden Akzeptanz spätestens mit dem nächsten Generationenwechsel
von selbst löst, gibt es doch einige Themen, die in Angriff genommen werden müssen, um die digitale
Transformation so reibungslos als möglich zu schaffen. Bei der Frage, in welchem Bereich der
Digitalisierung innerhalb der nächsten drei Jahre die größten Investitionen getätigt werden, ist sich die
Branche einig. Betreiber, Anbieter als auch Planer werden am meisten in IT‐ und Datensicherheit
investieren, was zu großen Teilen dem Branchenstandard IT‐Sicherheit Wasser/Abwasser zu
verdanken ist, der klare, verpflichtende Richtlinien für kritische Infrastrukturen sowie Empfehlungen
für nicht kritische Infrastrukturen ausspricht. An zweiter, dritter und vierter Stelle stehen Investitionen
in Datenmanagement, digitale Infrastruktur und die Integration von mobilen Endgeräten.
Interessanterweise stehen Themen, die auf der diesjährigen Leitmesse der Wasserwirtschaft (IFAT
2018, München) von den Lieferanten vordergründig als digitale Neuerungen präsentiert werden (z. B.
Condition Monitoring, Virtual‐/Augmented Reality oder der „digitale Zwilling“) noch überhaupt nicht
im Fokus der Betreiber. Das mag vielleicht auch daran liegen, dass 59 % der Teilnehmer keinerlei „Best
Practices“ für Digitalisierungsthemen in der Wasserwirtschaft kennen, obwohl diese, den
Umfrageergebnissen nach, als der wichtigste Informationskanal bei der Entscheidung für ein neues
Produkt/eine neue Dienstleistung dienen. Gemäß dem Motto, was der Bauer nicht kennt, frisst er
nicht.
Sobald in Zukunft ein gemeinsames Verständnis des doch nicht trivialen Themas Digitalisierung
geschaffen wird, müssen Lieferanten, Betreiber und Planer noch mehr als bisher gemeinsam an
Digitalisierungsthemen arbeiten. In einer Welt voller Daten, Protokolle und Schnittstellen ist wenig
wichtiger als Einheitlichkeit. Es gilt nun, gemeinsam Normen und Standards zu entwickeln, die (a)
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sicher sind und (b) sämtlichen Anforderungen der Akteure standhalten. Weiterhin müssen Anbieter
nicht nur ihre Neuerungen präsentieren, sondern vielmehr die Vorteile der Digitalisierung direkt im
Wertschöpfungsprozess der Betreiber darstellen, denn in der Wasserwirtschaft geht es nicht darum,
den letzten Euro aus einem Prozess zu quetschen, sondern die Versorgungssicherheit anhand von
intelligenten, innovativen, digitalen Lösungen auch in Zukunft sicherzustellen.
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Referenzen Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (2015). Digitale‐Agenda | Digitale Wirtschaft und
digitales Arbeiten. Abgerufen 13. Juni, 2017, von https://www.digitale‐
agenda.de/Webs/DA/DE/Handlungsfelder/2_DigitaleWirtschaft/digitale‐wirtschaft_node.html
Gahr, A., Andreas, N., Wazinski, P., & Endress + Hauser AG. (2018). Wasserwirtschaft 4.0 am Beispiel
des Chemieparks Bitterfeld‐Wolfen. Analytik News. Abgerufen von https://www.analytik‐
news.de/Fachartikel/Volltext/endress‐hauser3.pdf
German Water Partnership. (2016). Wasser 4.0. Abgerufen von
https://www.germanwaterpartnership.de/fileadmin/pdfs/gwp_materialien/gwp_wasser_40.pdf
Mayring, P. (1991). Qualitative Inhaltsanalyse. In U. Flick, E. von Kardoff, H. Keupp, L. von Rosenstiel,
& S. Wolff (Hrsg.), Handbuch qualitative Forschung: Grundlagen, Konzepte, Methoden und
Anwendungen (S. 209–213). München: Psychologie Verl. Union.
Thamsen, P. U. (2015). Wasser und Abwasser 4.0 – eine Revolution. wasserwirtschaft wassertechnik
(August 2015).
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Abbildungsverzeichnis Abbildung 1: Tätigkeit in der Wasserwirtschaft ...................................................................................... 9
Abbildung 2: Aufteilung der Akteursgruppen ....................................................................................... 10
Abbildung 3: Tätigkeitsschwerpunkte der befragten Unternehmen .................................................... 10
Abbildung 4: Das verstehen die Befragten unter dem Begriff "Digitalisierung" ................................... 11
Abbildung 5: Das verbinden die Befragten am meisten mit dem Begriff "Digitalisierung" .................. 12
Abbildung 6:Grad der Digitalisierung .................................................................................................... 13
Abbildung 7: Stimmungsbarometer ...................................................................................................... 14
Abbildung 8: Geplante Digitalisierungs‐Investitionen innerhalb der nächsten drei Jahre ................... 15
Abbildung 9: Hier sehen die Befragten den größten Forschungsbedarf ............................................... 16
Abbildung 10:Forschungsbedarf zur Digitalisierung in der Wasserwirtschaft ...................................... 17
Abbildung 11: Best‐Practice‐Barometer ................................................................................................ 18
Abbildung 12: Kriterien, die die Lieferantenwahl beeinflussen ............................................................ 19
Abbildung 13: Zufriedenheit mit bestehenden Produkten ................................................................... 20
Abbildung 14: Häufigkeit der Nutzung von Medienkanälen ................................................................. 21
Abbildung 15: Datensicherheit im IoT (alle Anspruchsgruppen) .......................................................... 22
Abbildung 16: Datensicherheit im IoT (Betreiber) ................................................................................ 23
Abbildung 17: Erhebung, Bezug und Weitergabe von Daten ................................................................ 24
Abbildung 18: Vertrauen und Wohlwollen der Lieferanten .................................................................. 25
Abbildung 19: Zufriedenheit mit Lieferanten ........................................................................................ 26
Abbildung 20: Nutzungshäufigkeit moderner Technologien ................................................................ 27
Abbildung 21:Nutzungsabsicht moderner Technologien ...................................................................... 28
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Das Projekt SmaDiWa wurde
gefördert von der
Informationen zum Autor: Oliver Schuster ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am
Institut für Wasser‐ und Energiemanagement der
Hochschule Hof. Er war im Projekt SmaDiWa für die
strategische Planung der Marktforschungsaktivitäten
zuständig. Zudem führte er die operativen
Maßnahmen wie Interviews und Focus‐Groups durch
und war für die Online‐Umfrage verantwortlich.