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Small House III
Forschungsgebäude aus Recycling-Beton mit verzinkter
Stahlbetonbewehrung und mineralischer Wärmedämmung
für eine Klimakammer zur Durchführung von Behaglichkeits-
untersuchungen
1. Beteiligte Organisationen
Bauherr: Technische Universität Kaiserslautern
Verantwortliche Fachgebiete der Technischen Universität Kaiserslautern:
- Bauphysik/Energetische Gebäudeoptimierung – Prof. Dr. Kornadt
- Werkstoffe im Bauwesen – Prof. Dr. Breit
- Massivbau und Baukonstruktion – Prof. Dr. Schnell
Förderungen durch:
- Bauforum Rheinland-Pfalz GbR
Sowie Förderungen durch Partner aus der Industrie (in alphabetischer Reihenfolge):
- Badische Stahlwerke GmbH
- BASF Construction Polymers GmbH
- BORAPA Ingenieurgesellschaft mbH
- HeidelbergCement AG
- Institut Feuerverzinken GmbH
- Institut für Stahlbetonbewehrung e.V.
- Materialprüfamt TU Kaiserslautern
- Scherer & Kohl GmbH & Co. KG
- TRAPOBET Transportbeton GmbH
- Xella Technologie- und Forschungsgesellschaft mbH
- ZINKPOWER Willi Kopf GmbH & Co. KG
2. Formgebung des Gebäudes
Die Gebäudehülle soll sich zum einen harmonisch in das Small House Village der Technischen Univer-
sität Kaiserslautern einfügen. Zum anderen soll im Innern ausreichend Platz für eine 2-Zonen-Klima-
kammer und die damit einhergehende Anlagentechnik vorhanden sein. Die Klimakammer wird für
Forschungszwecke zur Durchführung von Untersuchungen zur Behaglichkeit und zum thermischen
Verhalten von innovativen Bauteilen eingesetzt werden.
Im Bereich der Klimakammer muss eine lichte Raumhöhe von 5,75 m realisiert werden. Hierdurch ist
ein Zugang zur späteren Deckenkonstruktion der Klimakammer, welche vom Aufbau veränderlich
sein soll, problemlos gegeben. In Bild 1 ist der Bereich des Small House III, in welchem die Klimakam-
mer entstehen soll, gelb markiert.
Bild 1: Grundriss und Schnitte Small House III; Bereich der Klimakammer in gelb
3. Gebäude zur Beherbergung einer Klimakammer
In der 2-Zonen-Klimakammer, siehe Bild 2, können zwei voneinander unabhängige klimatische Berei-
che, ein Innenklima- und ein Außenklimabereich, konditioniert werden. Die Trennwand der zwei Be-
reiche ist austauschbar. Die Raumluft wird in beiden Bereichen durch jeweils eine separate Lüftungs-
anlage konditioniert. Über die Lüftungsanlagen kann für beide Bereiche die Lufttemperatur, die Luft-
wechselrate sowie die Luftfeuchtigkeit eingestellt werden.
Im Innenklimabereich können zusätzlich alle Umschließungsflächen (vier Wände, Boden und Decke)
getrennt voneinander temperiert werden. Ebenfalls ist im Innenklimabereich ein Außenfenster ange-
ordnet. Im Außenklimabereich kann des Weiteren durch entsprechende Leuchtmittel die Solarstrah-
lung imitiert werden.
Durch den geschilderten Aufbau der 2-Zonen-Klimakammer ist die Untersuchung verschiedener bau-
physikalischer Fragestellungen möglich. Der Innenklimabereich kann autark vom Außenklimabereich
betrieben werden. Durch die separierte Temperierung der Umfassungsflächen ist es möglich, weitge-
hend jedes raumklimatische Szenario nachzustellen. Hierdurch sind detaillierte Untersuchungen zur
thermischen Behaglichkeit möglich. Weiter kann durch das vorhandene Außenfenster natürliche Be-
leuchtung und Belüftung realisiert und untersucht werden.
Durch die austauschbare Trennwand zum Außenklimabereich kann jegliche Testfassade eingebaut
und somit der Einfluss verschiedener Fassaden auf das Raumklima untersucht werden.
Bild 2: 3D-Schnittmodell der 2-Zonen-Klimakammer
4. Gebäudehülle aus Recycling-Beton
Die Gebäudehülle wird in Massivbauweise errichtet und monolithisch aus Beton hergestellt. Durch
die Entscheidung für den Werkstoff Beton bot sich die Möglichkeit einer Kooperation mit dem Fach-
gebiet Werkstoffe im Bauwesen der Technischen Universität Kaiserslautern und der Anknüpfung an
ein laufendes Forschungsvorhaben zur Verwendung rezyklierter Gesteinskörnung in der Betonher-
stellung. Im Rahmen des BMBF-Verbundforschungsvorhabens „R-Beton – Ressourcenschonender Be-
ton – Werkstoff der nächsten Generation“ sind Praxisversuche durchzuführen, um die labortechnisch
entwickelten Betonzusammensetzungen auf Praxistauglichkeit zu prüfen. Das Small House III wird als
Großdemonstrator der Praxistauglichkeit des Recycling-Betons errichtet.
Rezyklierte Gesteinskörnung wird aus mineralischen Bauabfällen oder Restbeton aus der Transport-
betonherstellung gewonnen. Die mineralischen Bauabfälle stellen den massemäßig größten Stoff-
strom der deutschen Abfallwirtschaft dar. Gegenwärtig finden sie aber kaum Verwendung in der Be-
tonherstellung. Die Gründe für die geringe Bedeutung von Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung
für die Praxis der Betonherstellung hat in Deutschland verschiedene Ursachen. Zum einen werden
die Stoffströme mineralischer Bauabfälle in Deutschland vorrangig im Straßenbau verwendet, hier
besteht eine Abhängigkeit, die es zu reduzieren gilt. Stoffströme müssen im Wertstoffkreislauf gehal-
ten und möglichst gleichwertig wieder eingesetzt werden. Anreize hierzu oder Verwendungsvorga-
ben für die Praxis in Form von gesetzlichen Erlassen oder beispielsweise positiven Bewertungen bei
Zertifizierungssystemen existieren in Deutschland nicht.
Ein weiterer Grund ist auch darauf zurückzuführen, dass die Regelwerke auf dem Stand der Technik
der 1990er Jahre – deutlich auf der sicheren Seite liegend – beruhen. Sie enthalten viele Einschrän-
kungen, die der Praxis keine Anreize, aber zahlreiche Hemmnisse bieten. Ziel des vom Bundesminis-
terium für Bildung und Forschung geförderten Verbundforschungsprojekts „R-Beton – Ressourcen-
schonender Beton – Werkstoff der nächsten Generation“ ist, Wege zu finden, die bestehenden Rege-
lungshemmnisse nachhaltig zu beseitigen, um zukünftig mineralische Bauabfälle wiederzuverwenden
ohne die hohe Qualität des resultierenden Baustoffs zu verringern oder die Umwelt zu belasten. Ak-
tuell werden an der Technischen Universität Kaiserslautern Versuchsserien durchgeführt, die die An-
wendungsgrenzen neu definieren sollen. Es werden Betonzusammensetzungen untersucht, die die
Grenzen der Regelwerke in alle denkbaren Richtungen überschreiten (höhere Anteile rezyklierter Ge-
steinskörnung, höhere Festigkeitsklassen, höhere Dauerhaftigkeitsanforderungen), um eine wissen-
schaftliche Datenbasis für die Überarbeitung der Regelwerke zu schaffen. Die finalen Mischungen
werden im Demonstrator verwendet. Ziel ist es, durch Demonstration der Projektergebnisse in der
Praxis, die Erkenntnisse in die entsprechenden Normungsgremien hineinzutragen.
Bild 4: Rezyklierte Gesteinskörnung Typ 2
aus 70 M.-% Betonsplitt, sowie 30 M.-% Zie-
gelsplitt
Bild 3: Rezyklierte Gesteinskörnung Typ 1
aus 90 M.-% Betonsplitt, sowie 10 M.-% Zie-
gelsplitt
5. Einsatz verzinkter Stahlbetonbewehrung
Für die Bewehrung der Stahlbetonbauteile kommen feuerverzinkte Betonstähle zum Einsatz. Diese
bieten gegenüber herkömmlichen Betonstählen deutliche Vorteile in karbonatisiertem Beton und bei
Beanspruchungen durch Chloride in den Expositionsklassen XD und XS, wie in dem kürzlich abge-
schlossenen AiF-Forschungsprojekt IGF 499 „Technologie- und Sicherheitszuwachs bei der Anwen-
dung von feuerverzinktem Betonstahl zum Ausbau einer nachhaltigen Marktposition im Stahlbeton-
bau“, welches unter der Federführung des Fachgebiets Werkstoffe im Bauwesen durchgeführt
wurde, nachgewiesen werden konnte.
Die Bewehrungselemente werden wie bei dem bereits realisierten Small House I aus Infraleichtbeton
zunächst gebogen und anschließend verzinkt. Anders als im Ausland ist diese Verfahrensweise bisher
in Deutschland nicht zugelassen. Im Rahmen des Forschungsprojektes konnte jedoch der Nachweis
geführt werden, dass diese Verfahrensweise bei Beachtung vorgegebener Mindestbiegerollendurch-
messer sicher und zuverlässig funktionsfähig ist.
Das Small House III dient hierbei als ein weiterer Großdemonstrator, der die Leistungsfähigkeit dieses
innovativen Werkstoffs demonstrieren soll.
Bild 6: Verzinkte Bewehrungsmatten
Bild 5: Vorgefertigte verzinkte Bügelbeweh-
rung
6. Mineralische Wärmedämmung
Um den Anforderungen der aktuell gültigen Energieeinsparverordnung (EnEV) 2014 inklusive der Ver-
schärfungen vom 01.01.2016 zu genügen, erhält das Small House III eine komplette Dämmhülle. Für
das Wärmedämm-Verbundsystem der Wände sowie als Dämmung für das Flachdach wird ein nicht
brennbares, mineralisches Dämm-Material mit der Produktbezeichnung Multipor verwendet. Multi-
por wird vom Hersteller Xella wie folgt beschrieben:
„Die Multipor Mineraldämmplatte ist eine mineralische und ökologische Alternative zu Dämmstoffen,
die Fasern enthalten oder aus Kunststoffen hergestellt werden.
Die Multipor Mineraldämmplatte ist ein massiver, komplett mineralischer Dämmstoff, der gemäß der
Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulassung Z-23.11-1501 und der Europäischen Technischen Zulassung
ETA-05/0093 zugelassen ist.
Das Multipor WDVS als Komplettpaket ist hierbei ebenfalls nach Allgemeinen bauaufsichtlichen Zulas-
sung Z-33.43-596 und der Europäischen Technischen Zulassung ETA-14/0476 zugelassen.
Durch die besondere Materialstruktur bieten die handlichen Platten eine Kombination verschiedener
Eigenschaften: formstabil, dampfdurchlässig, nichtbrennbar (A1) und faserfrei.“
Aus bauphysikalischer Sicht werden an ein WDVS Hauptanforderungen wie gute Wärmedämmeigen-
schaft und guter Schallschutz gestellt. Bei diesem mineralischen Dämmstoff wurden weitere Neben-
anforderungen an das WDVS wie Brandschutz, keine Veralgung der Fassade, ökologisch unbedenklich
für Mensch und Umwelt und recycelbar gestellt.
Bild 7: Multipor Nahaufnahme Bild 8: Multipor Brandversuch mit Brandbeschleuniger
7. Bilder zum Bauablauf
1. Aushub Baugrube, Verlegung Grundleitung 2.Einbau Schottertragschicht zwischen Funda-
menten
3. Einbau Sauberkeitsschicht 4. Flügelglätten der betonierten Bodenplatte
5. Schalung der Wände bis 2,75m 6. Betonieren der Wände bis 2,75m
7. Betonierte Wände bis 2,75m 8. Halbfertigteildecken UKD 2,75m verlegt
und bewehrt
9. Decke UKD 2,75m betoniert und geglättet 10. Schalung der Wände ab 2,75m
25. Schalung der Attika
11. Bewehrung der Wände ab 2,75m 12. Betonage der Wände ab 2,75m
13. Betonierte Wände ab 2,75m 14. Halbfertigteildecke UKD 5,75m verlegt
15. Decke UKD 5,75m bewehrt 16. Schalung der Attika