skiript wun

Embed Size (px)

Citation preview

Lehrbuch zur Lehrveranstaltung Wechselstrme und Netzwerke oProf. Dr.Ing. habil. Dipl.Math. B. Meinerzhagen

BST Institut fr u Elektronische Bauelemente und Schaltungstechnik Technische Universitt Braunschweig a Braunschweig, Oktober 2006 Als Manuskript vervielfltigt a Nachdruck verboten

VorwortDas vorliegende Lehrbuch zur Vorlesung Wechselstrme und Netzwerke soll den o Hrern der Vorlesung das Kopieren von Formeln und Abbildungen ersparen, damit o mehr Zeit fr die Konzentration auf die gedankliche Darlegung des Gegenstandes u der Vorlesung zur Verfgung steht. Das Lehrbuch sollte jedoch auf keinen Fall die u eigene Vorlesungsmitschrift vollstndig ersetzen. a Herrn Dipl.Ing. C. D. Nguyen mchte ich fr seine wertvollen Hinweise und seine o u redaktionelle Hilfe danken. Herrn A. R. Razani danke ich fr seinen unermdlichen u u Einsatz bei der Erstellung des Manuskriptes in TeX.

Braunschweig, im Oktober 2006

Prof. B. Meinerzhagen

InhaltsverzeichnisLiteratur zur Vorlesung 1 Einfuhrende Bemerkungen 2 Die Kirchhoschen Gesetze 3 Denitionen und Stze zur Graphentheorie a 4 M GL und SGL 4.1 4.2 Systematische Bestimmung von maximalen Mengen linearer, unabhngiger a M GL und SGL . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Besonderheiten bei Zweipolnetzwerken . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 7 9 19 23 35 35 53 57 61 72 81 85 92

5 Lineare zeitinvariante Netzwerkmodelle 5.1 5.2 5.3 5.4 5.5 5.6 5.7 Einfhrende Beispiele . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . u Das allgemeine Verhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Asymptotische Stabilitt und die Darstellung der Antwort im Eingeschwungea nen Zustand . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . Harmonisch eingeschwungener Zustand und Frequenzgang . . . . . . . . . . . Bestimmung der Darstellung der Antwort im eingeschwungenen Zustand . . .

Darstellung der Antwort aus dem Ruhezustand heraus . . . . . . . . . . . . . 101 Faltungsprodukt und Systemverhalten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105 113

6 Lineare algebraische Netzwerkgleichungssysteme 6.1 6.2

Das Tableau der Netzwerkgleichungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 114 Das Schnittmengenadmittanz- und das Knotenadmittanzverfahren . . . . . . 122 6.2.1 6.2.2 Das Schnittmengenadmittanzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 122 Das Knotenadmittanzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 128

6.3 6.4

Das Maschenimpedanzverfahren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 130 Die Quellenverschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 6.4.1 6.4.2 Die Spannungsquellenverschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 133 Die Stromquellenverschiebung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141

6 6.5 6.6 6.7 Eindeutige Lsbarkeit von Widerstandsnetzwerken mit o

Inhaltsverzeichnis festen Quellen . . . . 146

Lsung allgemeiner algebraischer Netzwerkmodell . . . . . . . . . . . . . . . . 147 o Das modizierte Knotenadmittanzverfahren (Modied Nodal Approach) . . . 148 155

7 Kleinsignalanalyse nichtlinearer, zeitinvarianter Schaltungen 7.1 7.2

Kleinsignalersatzschaltbilder aktiver Bauelemente . . . . . . . . . . . . . . . . 161 Der Operationsverstrker . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 166 a 171

8 Eektive Berechnung mit der Laplacetransformation 8.1 8.2

Die Laplacetransformation gewhnlicher Funktionen . . . . . . . . . . . . . . 172 o Das allgemeine transiente Verhalten linearer, zeitinvarianter Netzwerkmodelle 204 233

9 Netzwerktheoreme und Vierpole (Zweitore) 9.1 9.2

Netzwerktheoreme . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 233 Vierpole (Zweitore) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 243 259

10 Distributionen

10.1 Motivation der Netzwerkanalyse auf der Basis der Stoantwort . . . . . . . . 259 10.2 Grundbegrie der Distributionstheorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 263 10.3 Laplacetransformation und Faltung von elementaren Distributionen . . . . . 275 10.4 Das verallgemeinerte Anfangswertproblem erster Ordnung und seine Lsung . 294 o 11 Netzwerke aus passiven Zweipolen 301

Literatur zur Vorlesung[1] Desoer, Charles A.; Kuh, Ernest S. Basic Circuit Theory McGraw-Hill Inc., 1969, ISBN-Nr.: 0-07-085183-2 [2] H. Wolf Lineare Systeme und Netzwerke Springer Verlag, ISBN-Nr.: 3-540-15026-9 [3] R. Paul Elektrotechnik Grundlagenlehrbuch Band II: Netzwerke Springer Verlag, ISBN-Nr.: 3-540-13634-7 [4] Unbehauen, Rolf Grundlagen der Elektrotechnik 1 Springer Verlag, ISBN-Nr.: 3-540-58162-6 [5] Unbehauen, Rolf Systemtheorie R. Oldenbourg, 1971 ISBN-Nr.: 3-486-38452-X [6] Zadeh, Lofti A.; Desoer, Charles A. Linear System Theory: The State System Approach McGraw-Hill Inc., 1963 [7] Schler, Hans Wilhelm u Netzwerke, Signale und Systeme Band 1 und 2, Springer Verlag, 1981 ISBN-Nr.: 3-540-53791-03 [8] N. Fliege Systemtheorie Teubner Verlag, 1991 ISBN-Nr.: 3-519-06140-6

8

Literatur zur Vorlesung

Kapitel 1

Einfuhrende Bemerkungen zur modellmigen Beschreibung von a elektronischen NetzwerkenBeispiel fur ein reales Netzwerk (Mikrophonverstrker): a

Widerstnde

+

-

B E Batterie

C

Kopfhrer Transistor

Mikrophon Kondensator

Netzwerkmodell zur Bestimmung des stationren Arbeitspunktes: a

R1 IC R2 V UCE IB UBE RKV = zeitunabhngige a Batteriespannung IB = f (UBE , UCE ) IC = f (UBE , UCE )

Nichtlineare, zeitunabhngige Bea schreibung des Transistors. 9

10

Kapitel 1. Einf hrende Bemerkungen u Netzwerkmodell zur Bestimmung des transienten Kleinsignalverhaltens

vk (t)

R2

uBE (t)

G uBE (t)

R1

Mikrophon

Transistor

Kopfhrer o

(Transistorersatzschaltbild bestehend aus idealen, linearen, zeitinvarianten Zweipolen; vk (t), uBE (t) beschreiben kleine Schwankungen um einen stationren Arbeitspunkt.) a Dies ist das in dieser Vorlesung typischerweise betrachtete Modellniveau.

Netzwerkmodell zur Bestimmung des transienten Grosignalverhaltens

R1 R2 iC (t) iB (t) V uBE (t) uCE (t)

Die Bauelemente werden im Grosignalbereich durch Beziehungen dargestellt, wie sie unten exemplarisch fr den Transistor zu sehen sind: u d d iB (t) = f (uBE (t), uCE (t), uBE (t), uCE (t)) dt dt d d iC (t) = f (uBE (t), uCE (t), uBE (t), uCE (t)) dt dt (nichtlineare, zeitabhngige Beschreibung des Transistors) a

Dieses Modellniveau macht typischerweise die Anwendung der numerischen Schaltkreissimulation erforderlich. SPICE, ELDO etc. sind bekannte CADProgramme in diesem Zusammenhang. ( Vorlesung Numerische Bauelement und Schaltkreissimulation im 6. Semester.)

11 Denition 1.1 (Erste fundamentale Nherung) a Netzwerke in der Netzwerktheorie sind Modelle, die das Verhalten von realen, elektrischen Netzwerken oder Systemen (z.B. ICs, gedruckte Schaltungen, Verbundnetze der EVUs) fr einen u bestimmten Zweck und mit einer bestimmten Genauigkeit beschreiben. Diese Netzwerkmodelle bestehen aus wenigen Typen von idealisierten Bauelementen mit zwei und mehr Klemmen (Polen). Das elektrische Verhalten dieser Bauelemente wird durch Gleichungen beschrieben, die typischerweise, (und auf diese typischen Flle wollen wir uns hier zunchst a a aus Grnden der Vereinfachung beschrnken), auer vorgegebenen Parametern nur die Spannunu a gen zwischen den Bauelementklemmen und die Klemmenstrme (sowie deren zeitliche Ableitung o und zeitlichen Integrale) beinhalten. Die Bauelementklemmen sind uber widerstandslose Verbin dungsleitungen mit den Netzwerkknoten verbunden. Die Netzwerkknoten stellen die Verbindung zwischen den Bauelementen her.

Beispiel 1.1

Bauelement (dreipolig)5 3 1

Anschluleitung(widerstandslos) Netzwerk

Netzwerkknoten

4

knotennummer

2

Zur Nomenklartur: Kleinbuchstaben bezeichnen Signale (Spannungen und Strme) im Zeitbereich Beispiele: o u(t), i(t), v(t), j(t), e(t), a(t), x(t). Die entsprechenden Grobuchstaben bezeichnen die zeitlichen Mittelwerte der obigen Zeitfunktionen, falls diese existieren Beispiele: U , I, V , J, E, A. Bei zeitunabhngigen Signalen (z.B: Gleichstromnetzwerke) gilt also z.B v(t) = V a Werden die Kleinbuchstaben ohne das Zeitargument benutzt (z.B u), so werden damit sowohl die Zeitfunktionen (z.B u(t)) als auch die entsprechenden Gren im Gleichstromfall (z.B U ) o bezeichnet. In diesem Fall ist u als Platzhalter zu verstehen und die durch Kleinbuchstaben ohne Argument gegebene Relation soll sowohl fr Zeitfunktionen als auch fr zeitunabhngiu u a ge Signale, Spannungen und Strme im Gleichstromfall gelten. Dies ist meist bei rein o algebraischen Beziehungen eine sinnvolle Abkrzung und die Ersetzungsmglichkeiten weru o den spter auf Zeiger, Fourier Transformierte und Laplace Transformierte ausgedehnt werden. a

12 Einige einfache, idealisierte Bauelemente: linearer, zeitinvarianter Widerstand R Symbol

Kapitel 1. Einf hrende Bemerkungen u

Gleichung

i u R oder u

i Ru=Ri (1.1)

lineare, zeitinvariante Kapazitt C a Symbol Gleichung d u(t) dt

i(t) u(t)i(t) = C

(1.2)

lineare, zeitinvariante Induktivitt L a Symbol Gleichung

i(t) u(t) oder u(t)

i(t)u(t) = L d i(t) dt (1.3)

ideale Spannungsquelle Symbol Gleichung

i u v oder u

i v

u=v

,

(1.4)

v ist bekannt und vorgegeben. i ist nicht durch die ideale Spannungsquelle bestimmt, sondern ergibt sich aus der ueren Beschaltung. a

Achtung:

(Spannungsquellendarstellung in der amerikanischen Literatur)

13 ideale Stromquelle Symbol Gleichung

i u j oder u

i j

i = j,

(1.5)

Achtung:

(Stromquellendarstellung in der amerikanischen Literatur. Kann leicht mit der Spannungsquellendarstellung verwechselt werden)

j ist bekannt und vorgegeben. u ist nicht durch die ideale Stromquelle bestimmt, sondern ergibt sich aus der ueren Beschaltung. a

v=0Merke:

Denition 1.2 (Zweite fundamentale Nherung) a Es wird angenommen, da fr das Strmungsfeld J in den Anschluleitungen, Knoten und Bauu o elementpolen des Netzwerkmodells J df = 0(F )

(1.6)

immer gilt. Dabei ist J die Leitungsstromdichte und F eine beliebige geschlossene Hllche, die u a die Bauelemente nicht schneidet. Ferner wird fr das elektrische Feld E auerhalb der Bauelemente u beim Netzwerkmodell immer E dr = 0 (1.7)(C)

angenommen. Dabei ist C eine beliebige geschlossene Kurve, die die Bauelemente nicht schneidet. Merke: (1.6),(1.7) sind in realen Netzwerken nur im zeitunabhngigen Fall richtig oder nhea a rungsweise gltig fr sehr niedrige Frequenzen. ( Feldtheorievorlesung) u u Konsequenzen aus Denition 1.2:

A) Die Spannung zwischen zwei Punkten auerhalb der Bauelemente lt sich widera spruchsfrei denieren. u1,2 =(C)

E dr

C: Kurve zwischen zwei Raumpunkten 1 und 2, die kein Bauelement schneidet. Raumpunkt 1 ist dabei der Anfangspunkt der Kurve C und Raumpunkt 2 der Endpunkt.

14

Kapitel 1. Einf hrende Bemerkungen u

Aufgrund von (1.7) ergibt sich fr alle Kurven C mit dieser Eigenschaft das gleiche u Kurvenintegral. B) In einer Anschluleitung iet zwischen dem Netzwerkknoten und der Bauelementklemme uberall der gleiche Strom.

Knoten

Bauelement i2 F2 F F1 i1

F2 Detailausschnitt0 =(F )

J df

=(F1 )

J df

(F2 )

J df

i1 = i2

(1.8)

Man kann also von dem Strom in einem Anschludraht sprechen. C) Die Spannung zwischen zwei beliebigen Punkten auf den Anschluleitungen stimmt immer mit einer Spannung zwischen zwei geeignet gewhlten Netzwerkknoten uberein. a a C4 1

C1 C2 C12 b

C2

C3

C fhrt entlang 1 2 bk ak u 1 C = C1 + C3 + C2 + C4

0

=(C)

E dr

=(C1 )

E dr +(C3 )

E dr +(C2 )

E dr := uba = uab

+(C4 )

E dr (1.9)

:= u12

Da die Anschludrhte widerstandslos sein sollen, gilt: E = 0 entlang aller Anschlua drhte. Daher gilt: a E dr(C3 )

+(C4 )

E dr

=

0

Es folgt also u12 = uab (1.10)

15 Bemerkung 1.1 Um die Strme durch alle Anschluleitungen und die Spannungen zwischen allen Anschluo leitungen zu beschreiben, gengt es, pro Anschluleitung eine Stromvariable und pro Knotenu paar eine Knotenpaarspannungsvariable einzufhren. Insbesondere lassen sich die Spannunu gen zwischen den Bauelementklemmen immer durch Knotenpaarspannungen beschreiben.

u2 u1

u1

=

u2

Da (1.6) und (1.7) nur fr sehr niedrige Frequenzen nherungsweise gltig sind, gibt es auch u a u nur fr sehr niedrige Frequenzen eine einfache Zuordnung zwischen den Elementen eines realen u Netzwerks und dessen Netzwerkmodell. Beispiel 1.2 Sinusfrmig erregte Paralleldrahtleitung mit ohmschem Abschlu o Reales Netzwerk:

Drahtleitung realer Generator v(t)1m

realer Widerstand

R

l = 100mv(t) = v cos 2f t Netzwerkmodell: f 50 Hz , R = 1

L= L l v(t) R

Netzwerkmodell: 50 Hz

f

1 MHz

L

l n

v(t)1

C

l n

R n

2

16 l n

Kapitel 1. Einf hrende Bemerkungen u c f

Es mu gelten: ( Feldtheorievorlesung)

=

,

c = Lichtgeschwindigkeit

Das Netzwerkmodell eines realen Netzwerks ist abhngig vom betrachteten Frequenzbea reich. Bemerkung 1.2 Die Frage, welches Netzwerkmodell zur Beschreibung eines realen Netzwerks fr einen gegeu benen Zweck hinreichend genau ist, ist nicht Gegenstand der Netzwerktheorie, sondern u.a. Gegenstand der Feldtheorie ( Feldtheorievorlesung) und der Theorie der elektronischen Bauelemente ( Bauelementvorlesungen). Die Netzwerktheorie setzt das Netzwerkmodell als gegeben voraus! Bemerkung 1.3 (Spannungs- und Stromvariablen) In einem Netzwerkmodell sollten mindestens so viele Strom- und Spannungsvariablen eingefhrt u werden wie in den Gleichungen, die die Bauelemente des Netzwerks beschreiben, vorkommen. Fhrt man andererseits fr jede Anschluleitung eine Stromvariable und fr jedes Knotenpaar eiu u u ne Spannungsvariable ein, so ist dies sicherlich ein hinreichend groer Variablensatz zur Beschreibung der Netzwerkprobleme. (Es kann jedoch auch ntzlich sein, noch mehr Spannungsvariablen u einzufhren Zweipolnetzwerke) u Beispiel 1.3 (Netzwerkmodell mit Strom- und Spannungsvariablen)

u8 i13 i11 u7 i10 i9 u6 i8 i12

i7 u4 u3 i4 u2 i5 i3 i1 i6 u5 u1 i2

Bemerkung 1.4 Die Netzwerkaufgabe wird als gelst betrachtet wenn i1 (t), . . . , i13 (t) und u1 (t), . . . , u8 (t) o bestimmt sind.

17 Aufgrund der Bauelementgleichungen allein ist die Netzwerkaufgabe nicht lsbar! o

Beispiel 1.4 (Gleichstromnetzwerk)

I1 I7

I2 R2

U2 I3 I4 U4

U1

V R1 I6 I8

U3 R3 I5

12 Variable; aber nur vier Bauelementgleichungen. a Es kommen aufgrund von (1.6) und (1.7) noch weitere Gleichungen hinzu, die im nchsten Kapitel behandelt werden.

18

Kapitel 1. Einf hrende Bemerkungen u

Kapitel 2

Die Kirchhoschen GesetzeSatz 2.1 (Kirchhosche Schnittmengengleichung) (SGL) Fr jede Hllche F , die nur Verbindungsleitungen schneidet und damit das Netzwerkmodell in u u a zwei Teile aufteilt, gilt: Die Summe aller aus der Hllche herausieenden Verbindungsleitungsu a strme verschwindet. o Beweis: 0 = Nach 1.6 gilt: J df = aller aus F herausieenden Verbindungsleitungsstrme o

Beispiel 2.1

i13

A

i12 F i11 F F i9 i81

5

3

i10B

i74

i4C

i6

i2

F i5D E

i3

2

i1

19

20 Es gilt: J dfF

Kapitel 2. Die Kirchhoschen Gesetze

= i13 i10 i7 + i2 = i4 i6 i2 = 0

=

0

(2.1) (2.2)

J dfF

Bemerkung 2.1 Da man um jeden Netzwerkknoten leicht eine Hllche legen kann, die nur Verbindungsleiu a tungen schneidet, ist die Kirchhosche Knotenregel ein Spezialfall von Satz 2.1. Kirchhosche Knotenregel (Knotengleichung): Die Summe aller aus einem Netzwerkknoten herausieenden (hineinieenden) Verbindungsleitungsstrme verschwindet! o Fr Knoten 1 gilt: u J dfF

=

i8 + i2 i12

=

0

(2.3)

Ebenso gilt fr Knoten 5: u i9 i11 = 0 (2.4)

Bemerkung 2.2 Ebenso kann man um jedes Bauelement eine Hllche legen, die keine Knoten oder weiu a teren Bauelemente enthlt und nur Verbindungsleitungen schneidet. Somit erhlt man fr a a u Bauelement A analog zu oben

J dfF

=

i11 + i12 + i13

=

0

(2.5)

und fr B ebenso u i9 i10 i7 i8 = 0 (2.6) Es gilt also allgemein: Die Summe aller aus einem Bauelement herausieenden Strme vero schwindet. Addiert man nun die Gleichungen (2.3)-(2.6) so erhlt man a

i8 i12 + i2 i9 i11 + i11 + i12 + i13 + i9 i10 i7 i8 = 0 i2 + i13 i7 i10 = 0 entspricht (2.1)

Die Gleichungen (2.1) und (2.2)-(2.6) sind also linear abhngig. D.h. Lsungen der Gleichuna o gen (2.2)-(2.6) lsen auch (2.1)! o Merke: Die Hinzunahme von Gleichung (2.1) zum System (2.2)- (2.6) ergibt also keine zustzliche Einschrnkung des Lsungsraums von (2.2)-(2.6). D.h. (2.1) enthlt keia a o a ne zustzliche Information uber die Lsung. Diese wrde sich nur ergeben wenn a o u Gleichung (2.1) linear unabhngig von den Gleichungen (2.2)-(2.6) wre! a a

21 Bemerkung 2.3 Bei zweipoligen Bauelementen

R i1 i2

gilt wegen Bemerkung 2.2 immer i1 = i2 . D.h. die Strme in den beiden Verbindungsleitungen o knnen von vornherein als gleich angenommen werden. o

Satz 2.2 (Kirchhosche Maschengleichung) (MGL) Die Summe aller Spannungen entlang eines geschlossenen Weges (einer Masche) C im Netzwerkmodell, der ganz auerhalb der Bauelemente liegt, verschwindet. Beweis: Folgt sofort aus Gleichung (1.7)

Beispiel 2.2

u8

5

u7

u6

3

1

4

u4

u5

u3

u2

u1

2

Aus Satz 2.2 folgen die Maschengleichungen u7 + u4 + u5 + u6 = 0 u2 u1 u5 = 0 u6 + u7 + u4 + u2 u1 = 0 (2.7) (2.8) (2.9)

Dabei ergibt sich (2.9) als Summe von (2.7) (2.8). Die Gleichungen (2.7) - (2.9) sind also wieder linear abhngig! a

22

Kapitel 2. Die Kirchhoschen Gesetze Zusammenfassung

Aufgrund der Zusammenschaltung der Bauelemente in einem Netzwerkmodell ergeben sich uber die Kirchhoschen SGL und MGL lineare, homogene (ul = 0 , il = 0 , l = 1, 2, . . . lst alle SGL und MGL) Gleichungen fr die an den Bauelementen anliegenden Spannungen o u und die aus ihnen heraus- und hineinieenden Strme. o Die Menge aller SGL ist genau wie die Menge aller MGL linear abhngig. Fr die Ermittlung a u der Lsungsrume der MGL und SGL ist es aber ntig, zu wissen, wie viele linear unabhngige o a o a MGL und SGL es maximal gibt und wie man einen solchen Satz unabhngiger Gleichungen a konstruktiv ermitteln kann. Um diese Aufgabe anzugehen, sind Grundkenntnisse der Graphentheorie notwendig.

Kapitel 3

Denitionen und Stze zur a GraphentheorieMotivation Die elektrischen Eigenschaften eines Netzwerkmodells sind invariant gegen Anderungen der Netzwerkgeometrie, solange keine bestehenden Verbindungen unterbrochen oder neue aufgebaut werden.3 4 3

B E A F D1 2 4

E

C

=

B1

C

A F

D2

Ein Graph ist ebenfalls nur uber den Zusammenhang seiner Knoten und Zweige bestimmt und nicht darber wie er geometrisch reprsentiert wird. u a3 4 3

= 1 1 2 4 2

23

24 Denition 3.1

Kapitel 3. Denitionen und Stze zur Graphentheorie a

Ein geometrischer Graph G(V, E) ist eine endliche nichtleere Menge V von Punkten im R3 zusammen mit einer Menge E von glatten Kurven endlicher Lnge, die entweder bereits doppela punktfrei sind oder durch Entfernen hchstens eines Punktes doppelpunktfrei werden. Kurven auf o die die letztere Bedingung zutrit, sind geschlossen und werden Schlingen genannt. Fr Kurven u aus E gilt: 1. Schlingen enthalten genau einen Punkt. Alle anderen Kurven aus E enthalten genau zwei unterschiedliche Punkte aus V. Diese Punkte sind die Endpunkte dieser anderen Kurven. 2. Die Kurven aus E haben entweder keine gemeinsamen Punkte oder schneiden sich nur an ihren Endpunkten aus V . Denition 3.2 Die Kurven aus E heien Zweige. Ein oener Zweig ist ein Zweig ohne seine(n) Endpunkt(e). Denition 3.3 Die Punkte heien Knoten. Ein isolierter Knoten ist ein Knoten, der nicht Endpunkt eines Zweiges ist!

isolierter KnotenDenition 3.4 Ein Knoten und ein Zweig heien miteinander inzident wenn der Knoten ein Endpunkt des Zweiges ist. Denition 3.5 Der Grad eines Knotens ist gleich der Anzahl derjenigen Zweige, die mit diesem Knoten inzident sind. Schlingen werden dabei doppelt gezhlt. a1

a

3

d

4

c2

b

Knoten 3k inzident mit den Zweigen a,b,d. ist Knoten 3k den Grad 3. hat Knoten 4k den Grad 1. hat

Denition 3.6 Zwei geometrische Graphen G(V, E) und G (V , E ) sind isomorph (im Sinne der Graphentheorie) wenn es eine umkehrbar eindeutige Abbildung g von V auf V und eine umkehrbar eindeutige Abbildung f von E auf E so gibt, da die Inzidenzbeziehungen zwischen den Knoten und Zweigen erhalten bleiben. (D.h. KV g(K) V ist inzident mit Z E ist inzident mit f (Z) E )

25 Beispiel 3.1

f1

b c f d eAbbildung g: Knoten 1 4 2 1 2 3 4 3

4

1

a b

4

e c d

3

a2

3

2

z.B.

Abbildung f : Zweige a a b e c f d c e b f d g(1) = 4 inzident mit a , e , c = f (a), f (b), f (d) g(2) = 1 inzident mit a , f , b = f (a), f (c), f (e) g(3) = 2 inzident mit b , c , d = f (e), f (d), f (f ) g(4) = 3 inzident mit f , d , e = f (c), f (f ), f (b)

1 inzident mit a,b,d

2 inzident mit a,c,e

3 inzident mit e,d,f

4 inzident mit c,f,b

Die geometrischen Graphen G und G sind also nur zwei geometrisch unterschiedliche Reprsentanten ein und desselben (abstrakten) Graphen. Im Sinne der Graphentheorie sind G a und G also nicht unterscheidbar. Denition 3.7 Ein Graph G (V , E ) ist ein Teilgraph des Graphen G(V, E), falls V V und E E. (Da G ein Graph ist, enthlt V alle Endpunkte der Zweige aus E ) a

Gmgliche G o

26

Kapitel 3. Denitionen und Stze zur Graphentheorie a

,

,

Denition 3.8 Eine Masche ist ein Graph, bei dem jeder Knoten den Grad 2 hat und dessen Zweige sich zyklisch so anordnen lassen, da fr je zwei (im Sinne der Anordnung) benachbarte Zweige ein u gemeinsamer Knoten existiert mit dem diese Zweige inzident sind..

1 5 4 3 2 1,2,3,4,5 zyklische Anordnung Zweig 1 und 5 sind im Sinne der Anordnung benachbart!

Beachte: Eine Schlinge ist also eine Masche. Denition 3.9 Ein Pfad ist ein Graph, bei dem genau zwei Knoten (Endknoten genannt) den Grad 1 haben und aus dem durch Hinzufgen eines Zweiges (der die anderen Zweige nicht schneidet) zwischen den u Endknoten eine Masche entsteht.

mgliche Pfade

Beachte: Eine Schlinge ist kein Pfad. Denition 3.10 Ein Graph ist zusammenhngend wenn er entweder nur aus einem Knoten und den damit a inzidenten Schlingen besteht oder es zu jedem seiner Knotenpaare einen Teilgraphen gibt, der ein Pfad ist und das Knotenpaar als Endknoten hat.A A A

C

C

D B Graph B

D

D

B Pfade zwischen A und B

27 Denition 3.11 Die grten zusammenhngenden Teilgraphen eines nicht zusammenhngenden Graphen heien o a a dessen Komponenten (Zusammenhangskomponenten).

nicht zusammenhngender Graph

Komponenten Vorschrift zur Konstruktion der Komponenten Whle einen Knoten aus. a Bestimme alle Pfade, die Teilgraphen sind und bei denen einer der Endknoten mit dem ausgewhlten Knoten ubereinstimmt. Alle Zweige und Knoten dieser Pfade bilden, a zusammen mit den zu diesen Knoten inzidenten Schlingen, die zu dem ausgewhlten a Knoten gehrige Komponente des Graphen. o Denition 3.12 Ein Teilgraph eines zusammenhngenden Graphen G heit Baum wenn er zusammenhngend a a ist, alle Knoten aus G aber keine Maschen enthlt. a

Graph

mglicher Baum

Denition 3.13 Es sei fr jede Zusammenhangskomponente eines nicht zusammenhngenden Graphen genau ein u a Baum gegeben. Die Vereinigung dieser Bume wird Wald genannt. a

Graph

mglicher Wald

Denition 3.14 Ein Baum bei dem alle Knoten bis auf genau einen den Grad 1 haben wird Busch genannt.

Graph

Busch

Baum, aber kein Busch

28 Denition 3.15

Kapitel 3. Denitionen und Stze zur Graphentheorie a

Es sei ein zusammenhngender Graph und ein Baum darin gegeben. Die Zweige des Graphen, die a nicht Baumzweige sind, heien Verbindungszweige.

BZ VZ

Eine Schlinge ist immer Verbindungszweig.

Denition 3.16 Eine Schnittmenge ist eine Menge von oenen Zweigen eines Graphen mit der Eigenschaft, da die Entfernung (das Zerschneiden) aller Zweige dieser Menge notwendig und hinreichend ist, um die Anzahl der Zusammenhangskomponenten um genau 1 zu erhhen. o

, mgliche Schnittmengen

Eine Schlinge kommt in keiner Schnittmenge vor!

Denition 3.17 Sei ein Graph und darin eine Menge von Maschen bzw. Schnittmengen gegeben. Diese Mengen heien unabhngig wenn es fr die darin enthaltenen Maschen oder Schnittmengen eine Reihena u folge so gibt, da jede Masche bzw. Schnittmenge einen Zweig enthlt, der in den vorhergehenden a Maschen bzw. Schnittmengen nicht enthalten ist.

= SM 1 = SM 2 = SM 3 {SM 1, SM 2} ist unabhngig. a {SM 1, SM 2, SM 3} ist nicht unabhngig, da a

SM 3 (SM 1 SM 2)

29 Denition 3.18 Der Rang eines Graphen mit k Knoten und s Komponenten ist p = k s.

p=52=3

Denition 3.19 Die erste Bettische Zahl m eines Graphen mit z Zweigen, k Knoten und s Komponenten ist m = z k + s = z p.

m=43=1

Satz 3.1 Sei ein zusammenhngender Graph G gegeben. Ein Teilgraph B dieses Graphen ist genau dann a ein Baum wenn er alle Knoten von G, aber keine Schlingen enthlt und es fr jedes Knotenpaar a u von B genau einen Pfad gibt, der Teilgraph von B ist, und dessen Endknoten mit dem Knotenpaar ubereinstimmen. Beweis: a) Annahme: Die Voraussetzung ist zwar erfllt, aber der Teilgraph ist kein Baum u der Teilgraph enthlt eine Masche a zwischen mindestens einem Knotenpaar des Teilgraphen B gibt es mindestens zwei Pfade oder B enthlt eine Schlinge a dies stimmt nicht mit der Voraussetzung uberein.

Masche

Pfade

a) Annahme: Der Teilgraph ist zwar ein Baum, aber die Voraussetzung ist falsch. (eine der Alternativen 1) - 3) ) 1) Es gibt eine Schlinge in B B ist kein Baum nach Denition 3.12 2) Es gibt ein Knotenpaar im Baum zwischen dem es keinen Pfad gibt, der Teilgraph des Baumes ist der Teilgraph ist kein Baum, da er nicht zusammenhngend ist. a 3) Es gibt fr mindestens ein Knotenpaar a,b verschiedene Pfade, die das Knotenpaar u verbinden. Bestimme a als ersten Knoten, auf dem die Pfade auf dem Weg von a

30

Kapitel 3. Denitionen und Stze zur Graphentheorie a nach b auseinanderstreben und b als ersten Knoten, an dem sich die Pfade danach wieder vereinigen Die beiden unterschiedlichen Pfade bilden aufgrund der Konstruktion eine Masche zwischen a und b der Teilgraph ist kein Baum.

Pfad 1 a aSatz 3.2 Jeder zusammenhngende Graph enthlt mindestens einen Teilgraphen, der ein Baum ist. a a Beweisskizze: Die Anzahl aller unterschiedlicher Teilgraphen, die Maschen sind, ist endlich, da ein Graph nur endlich viele unterschiedliche Zweige hat und eine Masche auch nur aus endlich vielen, unterschiedlichen Zweigen besteht. Man greife eine Masche heraus und entferne einen ihrer oenen Zweige. Dadurch wird die Masche zerstrt, aber der Zusamo menhang des ursprnglichen Graphen geht nicht verloren. Man setze dieses Verfahren u fort, bis es keine Maschen mehr gibt. Der danach entstandene Graph ist ein zusammenhngender Teilgraph des ursprnglichen Graphen, der alle Knoten enthlt, aber a u a keine Maschen. Das ist der gesuchte Baum. Satz 3.3 Ein Baum mit k Knoten hat k 1 Zweige. Vor dem Beweis des Satzes 3.3 wird ein Hilfssatz bewiesen. Hilfssatz 3.1 Jeder Baum mit k > 1 Knoten enthlt einen Knoten vom Grad 1. a Beweis: Annahme: Die Behauptung ist falsch. Da es fr k > 1 keinen Knoten vom Grad 0 geben kann, denn ein Baum ist ja zusamu menhngend, mssen alle Knoten des Baumes einen Grad 2 haben. a u Whle einen beliebigen Knoten und folge einem der mit diesem Knoten inzidenten a Zweige bis zum nchsten Knoten. a Nach Annahme mu dieser Knoten mit mindestens einem vom vorhergehenden Zweig unterschiedlichen Zweig inzident sein. Folge diesem neuen Zweig bis zum nchsten Knoa ten. Dieser Schritt lt sich nach Annahme beliebig oft wiederholen. Wrde dabei ein bereits a u berhrter Knoten wieder berhrt, so ergbe sich sofort ein Widerspruch, da man dann u u a im Baum eine Masche gefunden htte. Man mu also dabei eine stndig wachsende a a Menge unterschiedlicher Knoten durchlaufen.

b=b Pfad 2

31 da die Anzahl der Knoten im Baum endlich ist, ergibt sich daraus ein Widerspruch! Beweis zu Satz 3.3: (vollstndige Induktion in k) a Induktionsanfang:

k=1

k=2

Die Behauptung ist oensichtlich richtig fr k = 1 und k = 2. u Induktionsschritt: Annahme: der Satz sei bewiesen fr k 2 u

Sei ein Baum mit k + 1 Knoten gegeben. Einer der nach Hilfssatz 3.1 existierenden Knoten vom Grad 1 wird zusammen mit dem, mit ihm inzidenten oenen Zweig entfernt. Der verbleibende Graph ist weiterhin zusammenhngend! Dann htte einer der Pfade, der die a a anderen Knoten des Baumes verbindet, den entfernten Knoten und Zweig enthalten, so gbe a es in diesem Pfad drei Knoten von Grad 1, was unmglich ist. Ferner enthlt der verbleibende o a Graph nach Konstruktion auch keine Maschen, ist also selbst ein Baum. Er hat also nach Voraussetzung k Knoten und damit k1 Zweige. Somit hat der ursprngliche Baum k Zweige. u

k = 10

Zum Induktionsschritt von Satz 3.3. Satz 3.4 Es sei ein Baum in einem zusammenhngenden Graphen gegeben. a Jedem Baumzweig (BZ) lt sich eindeutig eine Schnittmenge zuordnen, die auer diesem BZ nur a Verbindungszweige (VZ) enthlt. Diese Schnittmengen heien Fundamentalschnittmengen (FS). a Zur Konstruktion der Schnittmenge: Durch Heraustrennen eines oenen BZ zerfllt der Baum in genau zwei Zusammenhangskoma ponenten. (Beachte: Sei einer der Endknoten des BZ herausgegrien. Jeder andere Knoten des Baumes lt sich a von diesem Knoten durch einen eindeutig bestimmten Pfad erreichen. Dabei lassen sich die Knoten in zwei Mengen aufteilen, je nachdem ob der Pfad den herausgetrennten BZ enthlt a oder nicht. (Der herausgegriene Knoten gehrt zur letzteren Menge.) Diese Mengen hngen o a nicht von der Wahl des Endknoten des herausgetrennten BZ ab! Die so bestimmten Mengen sind die Knotenmengen der Zusammenhangskomponenten. Die diesem BZ zugeordneten VZ sind diejenigen, die in jeder der beiden Zusammenhangskomponenten mit je einem Knoten inzident sind.

32

Kapitel 3. Denitionen und Stze zur Graphentheorie a

Nach Konstruktion bildet der BZ mit diesen VZ eine Schnittmenge.

entfernter Zweig herausgegriffener Endknoten Knotenmenge 1 Knotenmenge 2 VZ der SchnittmengeSatz 3.5 Sei ein Baum in einem zusammenhngenden Graphen gegeben. Jedem VZ lt sich eindeutig a a eine Masche zuordnen, die auer diesem VZ keine oder nur BZ enthlt. Diese Maschen heien a Fundamentalmaschen (FM). Zur Konstruktion der Masche: Ist ein VZ eine Schlinge, so besteht die Fundamentalmasche nur aus dieser Schlinge. Ist der VZ keine Schlinge, lassen sich die Endknoten des VZ durch genau einen Pfad, der Teilgraph des Baumes ist, verbinden. Zusammen mit dem VZ entsteht aus diesem Pfad die Masche mit den angegebenen Eigenschaften. Man beachte die Dualitt der Aussagen in den Stzen 3.4 und 3.5! a a (Vertausche VZ BZ und Schnittmenge Masche) Satz 3.6 Sei ein Baum in einem zusammenhngenden Graphen gegeben. Sei ferner ein BZ und ein VZ a herausgegrien. Es gilt: Der BZ ist in der dem VZ zugeordneten FM (VZ-FM) Der VZ ist in der dem BZ zugeordneten FS (BZ-FS). Beweis:

Voraussetzung: BZ in VZ-FM Entfernt man den BZ aus der FM, so entsteht ein Pfad zwischen den Endknoten des BZ, der nur aus weiteren BZ und dem VZ besteht. Daher verbindet der VZ die bei Entfernen des BZ entstehenden Baumzusammenhangskomponenten. Daher mu der VZ in der BZ-FS liegen. Voraussetzung: VZ in BZ-FS Annahme: der BZ liegt nicht im VZ-FM Es gibt einen Pfad aus anderen BZ, der die Endknoten des VZ verbindet. Damit liegen die beiden Endknoten in genau einer, der bei Entfernen des BZ entstehenden Baumzusammenhangskomponenten. Der VZ liegt nicht im BZ-FS. Dies widerspricht der Voraussetzung.

33

VZ VZ-FM

Der VZ liegt in allen BZ-FS derjenigen BZ, die in der VZ-FM liegen! Satz 3.7 Ein zusammenhngender Graph mit k Knoten enthlt mindestens k 1 unabhngige Schnittmena a a gen. Beweis: Man whle einen Baum. Dieser hat k 1 Zweige. Die nach Satz 3.4 zugeordnete FS a haben die gewnschte Eigenschaft, da in ihnen jeweils nur genau ein BZ enthalten ist. u Satz 3.8 Ein zusammenhngender Graph mit k Knoten und z Zweigen enthlt mindestens z k + 1 a a unabhngige Maschen. a Beweis: Man whle einen Baum. Es gibt k 1 BZ und z k + 1 VZ. Die nach Satz 3.5 den a VZ zugeordneten FM haben die gewnschte Eigenschaft, da in ihnen jeweils nur ein VZ u enthalten ist. Denition 3.20 Ein zusammenhngender Graph heit planar wenn es einen dazu isomorphen Graphen gibt, der a sich in der Ebene so zeichnen lt, da sich die Zweige auer an ihren Endpunkten nicht schneiden. a

Satz 3.9 Sei G ein nicht zusammenhngender Graph mit s Komponenten, k Knoten und z Zweigen, dann a gibt es in diesem Graphen mindestens ks unabhngige Schnittmengen und zk+s unabhngige a a Maschen. Beweis: Man wende die Stze 3.7 und 3.8 auf die s Zusammenhangskomponenten an. Die FS a und FM der einzelnen Zusammenhangskomponenten sind untereinander unabhngig, a da sie keine gemeinsamen Zweige enthalten. Seien k1 , . . . , ks die Knotenanzahlen und

34

Kapitel 3. Denitionen und Stze zur Graphentheorie a z1 , . . . , zs die Zweiganzahlen der Komponenten. Dann gibt es insgesamts

(ki 1)i=1

=

k s unabhngige Schnittmengen a

unds

(zi ki + 1)i=1

=

z k + s unabhngige Maschen. a

Vereinbarung: Wenn in Zukunft bei einem nicht zusammenhngenden Graphen von seinem a Baum gesprochen wird, so ist der entsprechende Wald gemeint.

Kapitel 4

M GL und SGL4.1 Systematische Bestimmung von maximalen Mengen linearer unabhngiger M GL und SGL und Darstellung ihrer a Losungsrume a Mathematische Voraussetzungen Satz M 1 (ohne Beweis) Sei A eine beliebige Matrix. Es gilt: Die maximale Anzahl von linear unabhngigen Zeilena : vektoren ist gleich der maximalen Anzahl von linear unabhngigen Spaltenvektoren. Diese a Anzahl heit Rang der Matrix A. : Satz M 2 (ohne Beweis) Sei Ax = 0 ein homogenes lineares Gleichungssystem und x = (x1 , . . . , xz )t ein z-dimensionaler : Vektor. Die Menge LA der Vektoren x, die das Gleichungssystem lsen, bildet einen Vektorraum, o : den sogenannten Lsungsraum. Es gilt: o Dim LA + Rang : A =z :

Satz M 3 A = BC : : : Rang A : Rang C : und Rang A : Rang B :

Beweis: M 3 lt sich leicht beweisen, wenn folgender Hilfssatz bewiesen ist: a Seien {a1 , . . . , an } = X1 und (b1 , . . . , bm ) = X2 zwei Vektormengen und es gebe Zahlen j,l mitm

al =j=1

j,l bj fr alle l = 1, . . . , n u

(4.1)

Dann gilt: Maximale Anzahl von linearen unabhngigen Vektoren in X1 X2 a 35

36

Kapitel 4. M GL und SGL Maximale Anzahl von linearen unabhngigen Vektoren in X2 a

Beweis: Sei eine beliebige Anzahl von Vektoren aus X1 und ein maximaler Satz von linearen unabhngigen Vektoren aus X2 gegeben. O.B.D.A seien diese Mengen gegeben uber a {a1 , . . . , af } X1 und {b1 , . . . , br } X2 mit f n und r m. Da {b1 , . . . , br } ein maximaler Satz linearer unabhngiger Vektoren ist, a sind br+1 , . . . , bm durch Linearkombinationen von b1 , . . . , br darstellbar. Aufgrund von (4.1) gibt es daher Zahlen j,l mitr

al =j=1

j,l bj fr alle l = 1, . . . , f u

Man betrachte das Gleichungssystem mit den Unbekannten 1 , . . . , f :f f r r f f

0 =l=1

l al =l=1 j=1

l j,l bj =

(j=1 l=1

l j,l )bj

b1 ,...,br sind l.u l=1

l j,l = 0 fr j = 1, . . . , r u

B = 0 mit B = (j,l ) und = (1 , . . . , f )t : : Nach Satz M 2 gilt: Rang B + Dim LB = f : :(r)

Aus der Annahme f > r Dim LB 1 Es gibt ein = 0 mit B = 0 Es gibt : :f

1 , . . . , l , die nicht alle gleich 0 sind, mit ge Menge Behauptung

l=1

l al = 0 {a1 , . . . , af } ist eine lineare abhngia

Setzt man X1 gleich der Menge der Spaltenvektoren von A und X2 gleich der Menge der : Spaltenvektoren von B , so ergibt sich die Behauptung des Hilfsatzes sofort aus A = B C . Aus : : : : dem Hilfsatz folgt somit nun unmittelbar RangA RangB Betrachtet man ferner A = B C At = (B C )t = C t B t : : : : : : : : Rang A = Rang At Rang C t = Rang C : : : : a so ist M 3 vollstndig bewiesen.

4.1. Systematische Bestimmung von maximalen Mengen linearer, unabhngiger M GL und SGL37 a Es sei ein beliebiges Multipolnetzwerk gegeben. Ferner sei eine hinreichende Anzahl von Knotenpaarspannungen mit Orientierung als Spannungsvariablen und in jeder Verbindungsleitung eine Stromvariable mit Orientierung eingefhrt. u Netzwerkmodelli4 u7 i6 u6 i26 4 2

u11

u4 9 i 11 i 12 u3 115 3

i3 u8

8 i5

i 10 u2 i7 u9 i8

i1 10

i9 7

i 13

u10

u5

i 14

Die Anzahl der eingefhrten Knotenpaarspannungen ist hinreichend wenn sich jede Polpaaru spannung eines beliebigen Bauelements als () Summe der eingefhrten Spannungsvariablen u ausdrcken lt. u a Dem Netzwerk wird nun je ein Spannungs- und ein Stromgraph zugeordnet. Beides sind orientierte Graphen. Der Spannungsgraph enthlt fr jeden Netzwerkknoten einen Knoten. Und fr jede eingefhra u u u te Knotenpaarspannung einen Zweig, der wie die Spannung orientiert ist. Spannungsgraph1

1 8 7

2

4 2 3

3

6

4

5

10

9

5

6

Der Stromgraph enthlt fr jeden Netzwerkknoten und jedes Bauelement einen Knoten und a u fr jede Verbindungsleitungsstromvariable einen Zweig, der wie die Stromvariable orientiert u ist.

38 Stromgraph1

Kapitel 4. M GL und SGL

3 1

8

4

2

10

9

12

3

5

97

1111

13

10 4

6 8

7

5

26

14

Den Schnittmengen im Stromgraphen und den Maschen im Spannungsgraphen sind jetzt die entsprechenden SGL und M GL im Netzwerkmodell zugeordnet. Sei ferner jeweils ein Baum in beiden Graphen gegeben, so entsprechen den zugeordneten F S beim Stromgraphen entsprechende Fundamentalschnittmengengleichungen (F SGL) im Netzwerkmodell und den zugeordneten F M beim Spannungsgraph entsprechende Fundamentalmaschengleichungen (F M GL) im Netzwerkmodell. In diesem Sinne stellen diese Graphen die M GL und SGL des Netzwerkmodells graphisch dar. Beispiele Der Masche 4,2,9,5 im Spannungsgraphen entspricht die Maschengleichung u4 + u2 + u9 u5 im Netzwerkmodell. Die Schnittmenge 4,6,8,14 im Stromgraphen entspricht die Schnittmengengleichung i4 + i6 + i8 + i14 = 0 = 0

im Netzwerkmodell. Die Gleichung knnte aber auch lauten o i4 i6 i8 i14 = 0

Dies entspricht einem Wechsel der Orientierung in der Schnittmenge zugeordneten Hllche. u a Diese Orientierung ist also noch oen. Sei der Baum 1,3,4,6,8,9,10,11,12,13 im Stromgraphen gegeben. Die dem Zweig 10 zugeordnete F S besteht aus den Zweigen 10,7,14. Die entsprechende F SGL lautet i10 i7 + i14 = 0

Bemerkung 4.1 Wie an den Beispielen zu sehen ist, ist bei einem gegebenen, orientierten geometrischen Graphen die Zuordnung von Schnittmengen zu SGL und Maschen zu M GL rein formal mglich. o Man mu dazu nicht wissen, ob es sich um einen Strom- oder Spannungsgraphen handelt. Letzteres ist nur wichtig, wenn man die SGL und M GL den entsprechenden Gleichungen in einem Netzwerkmodell zuordnen will. Wir werden ab jetzt bei einem beliebig orientierten Graphen von SGL und M GL sprechen, ohne zu beachten, ob es sich bei diesem Graphen um einen Spannungs- oder Stromgraphen eines Netzwerkmodells handelt.

4.1. Systematische Bestimmung von maximalen Mengen linearer, unabhngiger M GL und SGL39 a Bemerkung 4.2 : (Orientierung und Numerierungskonvention) Sei ein beliebig orientierter Graph und darin ein beliebiger Baum gegeben. Der Graph habe z Zweige, k Knoten und s Komponenten. Es wird angenommen, da die Baumzweige von 1, . . . , k s durchnumeriert sind und die Verbindungszweige von k s + 1, . . . , z. Ferner wird jedem Zweig l formal eine Spannungs- und Stromvariable ul , il mit der entsprechenden Orientierung zugeordnet. Diese werden von den entsprechenden, mglicherweise anders numerierten, Variablen im o Netzwerkmodell (falls vorhanden) nur dann unterschieden, wenn es notwendig ist. Ferner soll die Orientierung der F M und F S so gewhlt werden, da bei den F M GL die VZ-Spannungen und a bei den F SGL die BZ-Strme positiv gezhlt werden. Die (F M ,F M GL) erhalten die Numo a mer des zugeordneten V Zges. abzglich k s. Sie sind also von 1, . . . , z k + s numeriert. Die u (F S,F SGL) sind wie die zugehrigen BZ numeriert. o Denition 4.1 : Fundamentalschnittmengeninzidenzmatrix F S ::: Es seien die Voraussetzungen von Bemerkung 4.2 gegeben. F S := (F Sl,m ) , ::: F Sl,m := 1 0 1 l k s, 1mz

m k s, l = m (BZm gehrt zu F Sl ) o m k s, l = m (BZm gehrt nicht zu F Sl ) o

FS :::

=

0 m > k s, VZm gehrt nicht zu F Sl o 1/1 m > k s, VZ gehrt zu F S mit im Sinne der F S o m l l gleichsinniger/ungleichsinniger Orientierung zum BZl 1 0 ks .. . MFS :::::: Zeilen 0 1 ks Spalten zk+s Spalten

=

Satz 4.1 Ein Graph mit k Knoten und s Komponenten enthlt mindestens k s linear unabhngige a a Schnittmengengleichungen. Beweis: Man greife einen Baum des Graphen heraus und folge den Konventionen von Bemerkung 4.2. Dann lassen sich die F SGL in der Form schreiben FS I = 0 ::: mit I = (i1 , . . . , iz )t

Da Rang (F S ) = k s, ist der Satz 4.1 bewiesen. :::

40

Kapitel 4. M GL und SGL

Satz 4.2 Sei ein Multipolnetzwerkmodell mit den entsprechend eingefhrten Stromvariablen gegeben. u Der zugehrige Stromgraph habe k Knoten und s Komponenten. Dann enthlt das Netzwerko a modell mindestens k s linear unabhngige Schnittmengengleichungen. a Beweis: Da die SGL des Stromgraphen den SGL des Netzwerkmodells entsprechen ergibt sich der Beweis aus 4.1 Denition 4.2 Fundamentalmascheninzidenzmatrix F M :::: Es seien die Voraussetzungen von Bemerkung 4.2 gegeben. F M := (F Ml,m ) , :::: 1 l z k + s, 1mz

F Ml,m

FM ::::

m k s, BZm gehrt nicht zu F Ml o 0 1/1 m k s, BZm gehrt zu F Ml mit im Sinne der F Ml o gleichsinniger/ungleichsinniger Orientierung := zum V Zks+l 1 m > k s, m = k s + l (V Zm gehrt zu F Ml ) o 0 m > k s, m = k s + l (V Zm gehrt nicht zu F Ml ) o 1 0 zk+s .. . = SF M :::::: Zeilen 0 1 = ks Spalten zk+s Spalten

Satz 4.3 Ein Graph mit k Knoten, s Komponenten und z Zweigen enthlt mindestens z k + s linear a unabhngige Maschengleichungen. a Beweis: Man greife einen Baum heraus und folge den Konventionen aus Bemerkung 4.2. Dann lassen sich die F M GL schreiben FM U = 0 :::: mit U = (u1 , . . . , uz )t

Da Rang (F M ) = z k + s, ist der Satz 4.3 bewiesen. :::: Satz 4.4 Sei ein Multipolnetzwerkmodell mit den entsprechend eingefhrten Spannungsvariablen geu geben. Der zugehrige Spannungsgraph hat k Knoten, s Komponenten und z Zweige. Dann o enthlt das Netzwerkmodell mindestens z k + s linear unabhngige Maschengleichungen. a a

4.1. Systematische Bestimmung von maximalen Mengen linearer, unabhngiger M GL und SGL41 a Beweis: Da die M GL des Spannungsgraphen den M GL des Netzwerkmodells entsprechen, ergibt sich der Beweis aus Satz 4.3. Beispiel zu den Stzen 4.3 und 4.4: a Netzwerkmodell u8

u1

u5

u2

u3

u7 u4

u6

Spannungsgraph:1 2 FM1 5

8 FM4 3

FM3 4

7

6 Baum

FM2

Fundamentalmascheninzidenzmatrix: 4 Zeilen, 8 Spalten 1 1 0 0 1 0 1 1 0 1 0 1 0 0 1 1 0 0 0 1 1 0 0 0 0 0 1 0 0 0 = 0 1 ::::::

SF M

1 :

Fundamentalschnittmengeninzidenzmatrix zum gleichen Graphen: (Die zu dieser Matrix gehrenden Gleichungen entsprechen keinen Netzwerkgleichungen im o gegebenen Netzwerk!)

428 1 2 3

Kapitel 4. M GL und SGL

FS3

5 FS1 4 FS2 Baum 6 FS4 7

1 0 0 0

0 1 0 0

0 0 1 0

0 0 0 1

1 1 0 0

1 1 0 1

0 0 0 1 = 1 1 1 0

1 :::::::

MFS

Hier gilt: :::::: = SF M t ! MFS :::::: Diese Beziehung gilt aber auch allgemein wie der folgende Satz zeigt: Satz 4.5 Sei ein beliebiger orientierter Graph und darin ein Baum gegeben und die Numerierung nach Bemerkung 4.2 durchgefhrt. Sei u FS = ::: 0 dann gilt:::::::

1 .. .

0::::::

MFS

und F M = ::::::::::

1 SF M .. 0 .

0 1

1 M F S = SF M ::::::t

Beweis:::::::

M F S = (M F Sj,n ) SF M = (SF Mn,j )

1 j k s, 1 n z k + s

::::::

M F Sj,n = +1/ 1 oder 0 sonst V Zn+ks gehrt zur F Sj gleichsinnig/ungleichsinnig orientiert zum BZj im Sinne o der Schnittmenge BZj gehrt zur F Mn ungleichsinnig/gleichsinnig orientiert o zum V Zn+ks im Sinne der Masche SF Mn,j = 1/ + 1 oder 0 sonstSatz3.6

4.1. Systematische Bestimmung von maximalen Mengen linearer, unabhngiger M GL und SGL43 a Erklrung zum Vorzeichenwechsel aFSj BZ j

VZ n+k-s Baum

FMn

BZj ungleichsinnig orientiert zu F Mn

V Zn+ks gleichsinnig orientiert zur F Sj .

Denition 4.3 (Knotenzweiginzidenzmatrix KG) Es sei ein orientierter Graph mit k Knoten z Zweigen und s Komponenten gegeben. Fr jeu de Zusammenhangskomponente sei ein Bezugsknoten gewhlt. Alle anderen Knoten seien von a 1, . . . , k s durchnumeriert. Die Zweige seien von 1, . . . , z numeriert.::::

KG

=

(KGl,m ) 1 l k s, 1 m z Zweig m ist eine Schlinge oder er ist nicht mit Knoten l inzident 0 1/1 Zweig m ist keine Schlinge und er ist mit Knoten l inzident und [vom Knoten l weg / zum Knoten l hin] orientiert

KGl,m :=

1

1

2 4 3

B

2 B

3

1 1 0 0 1 0 1 0 = KG :::: 0 0 0 1 Die Knotengleichungen der Knoten, die nicht Bezugsknoten sind, lassen sich wie folgt darstellen: KG I = 0 :::: Satz 4.6 Seien die Voraussetzungen von Denition 4.3 gegeben. Sei ferner uber den zdimensionalen Vektor b eine beliebige SGL gegeben bt I = 0 I = (i1 , . . . , iz ) t .

44 Beh.: Dann gibt es einen (k s)dimensionalen Vektor c, so dat

Kapitel 4. M GL und SGL

b

= c t :::: KG

b t I = c t :::: I KG

fr alle u

I

(D.h. insbesondere, da jede SGL sich durch Linearkombination von KGL darstellen lt.) a

Beweis:

Sei die zur SGL zugehrige Hllche gegeben. Sei ferner die Orientierung der Hllo u a u che so gewhlt, da alle herausieenden Strme positiv gezhlt werden. Die herausa a o a gegriene SGL ergibt sich dann als Summe aller KGL derjenigen Knoten, die in der Hllche liegen, wenn bei diesen Knoten alle aus den Knoten ieenden Strme positiv u a o gezhlt werden. Denn ist ein Zweig nicht in der Schnittmenge, aber mit einem Knoten a innerhalb der Hllche inzident, so mu er noch mit einem weiteren Knoten innerhalb u a der Hllche inzident sein. Da dieser Zweig bzgl. dieser beiden Knoten unterschiedlich u a orientiert ist, hebt sich der Betrag des entsprechenden Zweigstromes bei der Summa tion der KGL heraus. Ubrig bleiben bei der Summation also nur Zweigbetrge von a Schnittmengenzweigen und diese gehen mit der richtigen Orientierung ein.F (Hllflche zur SGL)

Summiert man ferner die KGL einer Zusammenhangskomponente, so mssen sich diese u zu Null ergnzen, da jetzt jeder Zweigbetrag einmal positiv und einmal negativ zur Gea samtsumme beitrgt. Die Summe aller aus dem Bezugsknoten herausieenden Strme a o mu sich also durch die negative Summe aller aus den anderen Knoten der Zusammenhangskomponente herausieenden Strme darstellen lassen. o

Insgesamt ergibt sich daraus die Behauptung: Die SGL mu sich also durch lineare Uberlagerung der KGL derjenigen Knoten, die nicht Bezugsknoten sind, darstellen lassen.

4.1. Systematische Bestimmung von maximalen Mengen linearer, unabhngiger M GL und SGL45 a Satz 4.7 Es sei ein beliebiger orientierter Graph mit k Knoten und s Komponenten gegeben. Ferner seien die Numerierungskonvention von Bemerkung 4.2 und Denition 4.3 beachtet, so da ::: und ::: FS KG wohldeniert sind. Es gilt: 1) Die maximale Anzahl von linear unabhngiger Schnittmengengleichungen ist k s. a (Mit Satz M 2 folgt hieraus: Die Schnittmengengleichungen haben einen (z k + s)dimensionalen Lsungsraum.) o 2) Rang KG = k s ::: 3) F S = F B :::: und F B 1 existiert. KG ::: ::: :::

Beweis: zu 1) Es sei ein beliebiges System von SGL gegeben. Dieses lt sich mittels einer Matrix : a S in der Form SI = 0 : schreiben. Aufgrund von Satz 4.6 gibt es eine Matrix :: so da gilt B, S = B :::: KG : : Die Zeilenvektoren von :: lassen sich also darstellen als Linearkombination der k s S Zeilenvektoren von :::: Daher folgt nach Satz M 3 KG. Rang S : Rang::::

KG

ks

()

und damit aufgrund von Satz 4.1 die Behauptung. zu 2) Greift man speziell die F SGL heraus, so gibt es nach 1) insbesondere eine (ks)(ks) Matrix ::: mit FB F S = F B :::: KG () ::: ::: Analog zu () und mit Satz 4.1 gilt somit k s = Rang und damit 2). Weiterhin ergibt sich wiederum nach Satz M 3 k s = Rang FS ::: Rang F Bt ::: = Rang FB . ::: FS ::: Rang::::

KG

ks

Daher ist :::: invertierbar! Daraus folgt 3). FB

46 Satz 4.8

Kapitel 4. M GL und SGL

Seien die Voraussetzungen und Konventionen von Bemerkung 4.2 gegeben. Sei I = (i1 , . . . , iz )t der Vektor der Zweigstrme wie gehabt, dann gilt: o I erfllt alle SGL I = F M u :::: o I kann interpretiert werden als der Vektor der V Z-Strme I Beweis: Wenn I alle SGL erfllt, dann auch die F SGL. Diese Gleichungen erlauben die Daru stellung der BZ-Strme durch V Z-Stme. Also eine Darstellung der Form o o I = (Am,l ) I mit , m k s und der V Zl+ks gehrt o 0 Satz 3.6 nicht zur F Sm m k s und der BZm gehrt nicht zur F Ml o 1/1 , m k s und der V Z l+ks gehrt zur F Sm ungleichsino nig/gleichsinnig orientiert zum BZm im Sinne der Schnittmen= Satz 3.6 ge m k s und der BZm gehrt zur F Ml gleichsino nig/ungleichsinnig orientiert zum V Zl+ks im Sinne der Masche , m > k s und l + k s = m 0 1 , m > k s und l + k s = mt t t

I

= (iks+1 , . . . , iz )

1 m z, 1 l z k + s

Am,l

(Am,l ) = F M ::::

Interpretation: Die z k + s V Z-Strme knnen als Kreisstrme aufgefat werden, o o o die entlang der zugeordneten F M ieen, da die BZ -Strme der Uberlagerung dieser o Kreisstrme entsprechen. o Sei I = F M :::: t

I mit I beliebiger (z k + s)dimensionaler Vektor wegen FM = ::::::::::

1 SF M .. 0 .

0 1

zk+s

4.1. Systematische Bestimmung von maximalen Mengen linearer, unabhngiger M GL und SGL47 a

o entspricht I dem Vektor der V Z-Strme. Anschaulich: Jeder Kreisstrom erfllt alle SGL. Daher erfllt I als Uberlagerung von u u Kreisstrmen alle SGL. o Formal: 1 0

FS I = FS FM ::: :::: :::

t

:::::: t SF M .. . I = MFS 1 :::::: 0 I .. 0 1 . 0 1zk+s Spalten

=

::::::

SF M

t

+ :::::: MFS

Satz 4.5 = I

M F S + :::::: MFS ::::::

I = 0

Alle FSGL werden durch I gelst. o

Sei nun eine SGL durch I nicht gelst. Dann mu diese linear unabhngig von der o a F SGL sein. Dies widerspricht Satz 4.7. Damit ist die Behauptung bewiesen. Beispiel: Lsung der SGL durch Vorgabe der VZ-Kreisstrme o o8

4A FM43

-3A1

2

FM15

-7A

1A FM3

1A

3A

6

FM2 2A

-5A7 4

I

t

= (1, 2, 3, 4) A

I t = (3, 7, 1, 5, 1, 2, 3, 4) A durch Uberlagerung der Kreisstrme in den BZ o

Veriziere: Alle KGL und SGL sind erfllt! u

48 Satz 4.9

Kapitel 4. M GL und SGL

Seien die Voraussetzungen und Konventionen von Bemerkung 4.2 und Denition 4.3 gegeben. Sei U t = (u1 , . . . , uz ) der Vektor aller Zweigspannungen, dann gilt: A) Die maximale Anzahl von linear unabhngigen M GL ist z k + s. a B) U lst alle M GL U = :::: t U . o KG Ut

:= (u1 , . . . , uks ) Vektor der Knotenpotentiale. t

C) U lst alle M GL U = F S o ::: U Beweis: Sei U = :::: t U mit U KG t t

U.

:= (u1 , . . . , uks ) Vektor der BZ-Spannungen.

:= (u1 , . . . , uks ) und sei 1 i z, dann folgt wegen

KGm,i

0 Zweig i ist eine Schlinge oder er ist nicht mit Knoten m inzident := 1/1 Zweig i ist keine Schlinge und er ist mit Knoten m inzident und [vom Knoten m weg/ zum Knoten m hin] orientiert

die Beziehung ui = un uj n

uii

j

un

uj

wenn man vereinbart, da un oder uj gleich Null sind falls n oder j der Bezugsknoten ist. Sei nun eine beliebige M GL gegeben.k2 l1 k1 l4 k4 l3 l2 k3

Dann gilt: ul1 ul2 + ul3 + ul4 = uk1 uk2 (uk3 uk2 ) + uk3 uk4 + uk4 uk1 = 0 Durch den Ansatz U = :::: t U werden fr beliebiges U alle M GL erfllt. Da nach Satz KG u u 4.7 Rang KG = k s wird durch :::: t U bei beliebigen (k s)dimensionalen Vektoren KG :::: U ein (k s)dimensionaler Teilraum des Lsungsraumes aller M GL aufgespannt. o

4.1. Systematische Bestimmung von maximalen Mengen linearer, unabhngiger M GL und SGL49 a Seien nun durch :::::: U = 0 alle M GL gegeben. Dann gilt mit Satz M 2: M GL Rang (M GL) :::::: zk+s (Satz 4.3)

+ Dimension (Lsungsraum der MGL) = z o ks nach oben

A) und Dimension (Lsungsraum der M GL) = k s o Der Lsungsraum wird also durch :::: o KG auch B) vollstndig gezeigt. a zu C) Sei nun U = F S :::t t

U bereits vollstndig aufgespannt. Damit ist a

U mit U beliebiger (k s)dimensionaler Vektor. Im vorigen Satzt

wurde gezeigt: F S F M ::: ::::

= 0. Daher gilt auch: :

F M U = F M F S t U = (F S F M t ) t U = 0 :::: :::: ::: ::: :::: D.h. dieser Ansatz lst die F M GL und damit alle M GL, denn sonst wrde sich ein o u Widerspruch zu A) ergeben. Da Rang (F S t ) = k s, wird durch F S t U bei beliebigem U der (k s)dimensionale ::: ::: Lsungsraum aller M GL durch diesen Ansatz vollstndig aufgespannt. Damit ist auch o a C) gezeigt. Wegen F S = ::: 0 ziert werden. o Da insbesondere die F M GL durch den Ansatz U = F S t U gelst werden, entsprechen ::: die Verbindungszweigspannungen der vorzeichenrichtigen Summation aller BZ-Spannungen derjenigen BZ, die im Baumpfad zwischen den Endknoten der Verbindungszweige liegen. Beispiel zur Lsung der MGL durch Vorgabe der BZ-Spannungen: o8

1 .. .

0::::::

Interpretationen M F S kann U mit dem Vektor der BZ-Spannungen identi-

1

-1V3

1V1

2

2V5

3V

3V 7V

6

4V 7V4 7

50

Kapitel 4. M GL und SGL

U

t

=

u (1, 2, 3, 4) V (ber F M GL die V Z-SP) U t = (1, 2, 3, 4, 3, 7, 7, 1)VVektor der BZ-SP

Veriziere: Alle M GL sind erfllt! u Beispiel zur Lsung der MGL durch Vorgabe der Knotenpotentiale: o28 2

-2V3

-1V1

4

-1V5

1V 3 4V

1

-2V

6

3V 1V4 7

B

Sei U t = (1, 2, 3, 4) V vorgegebener Vektor der Knotenpotentiale. Aus den Dierenzen der Endknotenpotentiale ergeben sich alle Zweigspannungen zu U t = (1, 1, 1, 3, 2, 1, 4, 2)V Veriziere: Alle M GL sind erfllt! u Zusammenfassung I) Aquivalente Mglichkeiten zur systematischen Bercksichtigung der Schnittmengengleio u chungen 1. Aufstellen von k s linear unabhngigen Knotengleichungen a 2. Aufstellen von k s linear unabhngigen F SGL a 3. Ausdrcken der Zweigstrme durch z k + s Kreisstrme entlang der Fundamentalu o o maschen II Aquivalente Mglichkeiten zur systematischen Bercksichtigung der Maschengleichungen o u 1. Aufstellen von z k + s linear unabhngigen F M GL a 2. Ausdrcken der Zweigspannungen durch k s Baumzweigspannungen u 3. Ausdrcken der Zweigspannungen durch k s Knotenpotentiale u

Bemerkung 4.3 Zustzliche Mglichkeiten bei planaren Graphen a o A) Bercksichtigung der Maschengleichungen u

4.1. Systematische Bestimmung von maximalen Mengen linearer, unabhngiger M GL und SGL51 a

Die Fenstermaschengleichungen sind linear unabhngig. a B) Bercksichtigung der Schnittmengengleichungen u Ausdrcken der Zweigstrme durch die entlang der Fenstermaschen ieenden Kreisu o strme. o Da beide Verfahren nur bei planaren Graphen angewendet werden knnen, wird auf o einen Beweis verzichtet. Ubung: Finde Graphen, bei denen die Methoden A) und B) nicht Sonderflle der in der a Zusammenfassung beschriebenen, allgemein gltigen Verfahren sind. u Bemerkung 4.4 I)1. und I)2. knnen identisch sein wenn der Graph einen entsprechenden Busch enthlt. o a17 1 3 6

3

22

B5 4

8

Busch 4

In diesem Fall sind II)2. und II)3. ebenfalls identisch.k Gilt dies noch wenn B und 4k vertauscht werden?

Bemerkung 4.5 Zur Willkr bei der Wahl des Spannungs- und Stromgraphen u A) Stromgraph

52

Kapitel 4. M GL und SGL

i1

i1

Netzwerk

i1

KGL Stromgraph i1 i 1 = 0 i 1 = i 1k Knoten, z Zweige, s Komponenten k s linear unabhngige SGL a m = zk+s = k1 Knoten, z1 Zweige, s Komponenten k 1 s linear unabhngige SGL a (z 1) (k 1) + s

Die Dimensionen des Lsungsraumes der Schnittmengengleichungen ist in beiden Fllen o a gleich! Fazit: Identiziert man eine KGL (hier ), um damit eine der Stromvariablen (hier i1 ) aus allen anderen SGL zu eliminieren, so ist dies gleichbedeutend mit der Elemination des Knotens und des zu i1 zugehrigen Zweiges im Stromgraphen. o Die Dimension des Lsungsraumes der SGL ndert sich dadurch nicht! o a B) Spannungsgraph

u1 Netzwerk u2 u3 u2 u3

1 MGL 2 3 u1 = u 2 u 3k Knoten, z Zweige, s Komponenten z k + s linear unabhngige M GL a p = ks =

Spannungsgraph 2 3

k Knoten, z 1 Zweige, s Komponenten (z 1) k + s linear unabhngige M GL a ks

4.2. Besonderheiten bei Zweipolnetzwerken Die Dimension p des Lsungsraumes der Maschengleichungen andert sich nicht! o Fazit:

53

Identiziert man eine M GL, um eine der Spannungsvariablen in allen anderen M GL zu eleminieren, so ist dies gleichbedeutend mit der Elemination des zu der Spannungsvariablen zugehrigen Zweiges aus dem Spannungsgraphen. Die Dimeno sion des Lsungsraumes der M GL bleibt dabei gleich! o

4.2

Besonderheiten bei Zweipolnetzwerken

Bei Zweipolnetzwerken ist es mglich, jedem Zweipol genau eine Spannungs- und eine Stromo variable zuzuordnen. Die Strme in den beiden Zweipolanschluleitungen werden also als o gleich angenommen, so da im Stromgraphen keine Knoten fr die Zweipole bercksichtigt u u werden mssen. Ferner sollen die Strom- und Spannungsvariablen bei jedem Zweipol die u gleiche Richtung haben. D.h. es soll das Verbraucherzhlpfeilsystem gegeben sein: a Denition 4.4 Verbraucherzhlpfeilsystem bei Zweipolen ai u

Es gilt: u(t) i(t) > 0 Der Zweipol verbraucht Leistung zum Zeitpunkt t Folgt man diesen Vereinbarungen, die in Zukunft bei Zweipolnetzwerken immer vorausgesetzt werden sollen, so sind bei Zweipolnetzwerken die Strom- und Spannungsgraphen isomorph (gleich). Jedem Zweipol entspricht genau ein Zweig in diesem Graphen. Zweipolnetzwerk Strom- und Spannungsgraphi2 u2 u3 i7 i3 u7 i6 u5 u6 i5 u4 i4 6 5 4 7 3 1 2

i1

u1

Im weiteren werden bei Zweipolnetzwerken die Strom- und Spannungsgraphen nicht mehr unterschieden. Wir sprechen vom Graphen des Zweipolnetzwerkes!

54 Satz 4.10 (Tellegensches Theorem)

Kapitel 4. M GL und SGL

Es sei ein Zweipolnetzwerk mit z Zweipolen gegeben. Der zugehrige Graph hat ebenfalls z Zweige. o t ein Satz von Zweigspannungen, der alle M GL und I := (i , . . . , i )t ein Sei U := (u1 , . . . , uz ) 1 z Satz von Zweigstrmen, der alle SGL erfllt, dann gilt: o uz

Ut I =l=1

ul il = 0

(Beachte: Fr diese Behauptung wird nichts uber den Zusammenhang zwischen U und I vorausu gesetzt.) Beweis:z

ul ill=1

=U erfllt M GL u

Ut I

= =

(F S t U )t I ::: U t

(F S I) :::= 0 I erfllt SGL u

= 0

Alternativ:z

ul ill=1

=I erf llt SGL u

Ut I

=

U

t

(F M t I ) ::::

=

(F M U )t ::::= 0 U erfllt M GL u

I = 0

Interpretation Die am Zweipol l zum Zeitpunkt t verbrauchte Leistung ist ul (t) il (t). Die gesamte im Zweipolnetzwerk zum Zeitpunkt t verbrauchte Leistung ist daher:z

Pges (t) =l=1

ul (t) il (t) = 0

Aufgrund des Tellegenschen Theorems verschwindet diese Gesamtleistung fr jeden Zeitpunkt u t. Anders ausgedrckt: u Die zum Zeitpunkt t in den Quellen erzeugte elektrische Leistung wird zum gleichen Zeitpunkt in den anderen Zweipolen des Zweipolnetzwerks verbraucht. Beachte: Dies ist eine Eigenschaft, die ausschlielich auf der Gltigkeit der M GL und SGL u beruht.

4.2. Besonderheiten bei Zweipolnetzwerken

55

Bemerkung 4.6 Bisher haben wir u und i stillschweigend als reell vorausgesetzt. Keiner der Stze im Kapitel a 4 beruht jedoch auf dieser Voraussetzung. D.h. u, i knnen auch komplex oder komplexe o Funktionen einer Vernderlichen sein. Alle Stze bleiben auch im letzteren Fall gltig. a a u

56

Kapitel 4. M GL und SGL

Kapitel 5

Einfuhrende Bemerkungen zu linearen, zeitinvarianten Netzwerkmodellen im ZeitbereichIm weiteren Verlauf der Vorlesung werden nur Netzwerkmodelle betrachtet, fr die es eine u Darstellung gibt, bei der dieses Netzwerkmodell aus elementaren, idealen Zweipolmodellen zusammengesetzt ist und jedem Zweipol ein Zweig des Graphen zugeordnet ist. Strom- und Spannungsgraph sind bei dieser Darstellung also identisch und dem Zweipol werden also jeweils eine Strom- und eine Spannungsvariable zugeordnet entsprechend Denition 4.4. Beiu spiele fr solche elementaren, idealen Zweipolmodelle sind die unter (1.1) (1.5) eingefhrten u Zweipole. Wir beschrnken uns also im weiteren Verlauf der Vorlesung auf Zweipolnetzwerka modelle. Zur Konvention der Festlegung der einzufuhrenden Strom- und Spannungsvaria blen: Um die Willkr bei der Festlegung der einzufhrenden Strom- und Spannungsvariablen bei u u den Zweipolnetzwerkmodellen zu vermindern, werden die einzufhrenden Variablen durch u die graphische Darstellung des Netzwerkmodells angedeutet.

iC (t) uC (t) C C

u(t) uR (t) R iR (t)In der Reihenschaltung werden R und C als separate Zweipole betrachtet. Der zugehrige Graph hat zwei Zweio ge. 57

R i(t)Die Reihenschaltung von R und C wird als ein gemeinsamer Zweipol betrachtet. Der zugehrige Graph hat o einen Zweig. Dies ist kein elementarer Zweipol.

58

Kapitel 5. Lineare zeitinvariante Netzwerkmodelle

uC (t) C

R

uR (t)

C

R

u(t)

iC (t)

iR (t)

i(t)Die Parallelschaltung von R und C wird als ein gemeinsamer Zweipol betrachtet. Der zugehrige Graph hat o einen Zweig. Dies ist wiederum kein elementarer Zweipol.

In der Parallelschaltung werden R und C als separate Zweipole betrachtet. Der zugehrige Graph hat zwei o Zweige.

Denition 5.1 Linearer, zeitinvarianter Zweipol Ein Zweipol ist linear und zeitinvariant wenn die diesem Zweipol im Zeitbereich zugeordnete Netzwerkgleichung eine lineare, homogene, algebraische Gleichung oder eine lineare, homogene gewhnliche Dierentialgleichung mit konstanten (zeitunabhngigen) Koezienten ist. Die uno a bekannten Zeitfunktionen in diesen Gleichungen sind Strom- oder Spannungsvariablen des Netzwerkmodells, in dem sich der Zweipol bendet. Beispiele fr solche Zweipole sind der ideale u Widerstand, die ideale Kapazitt und die ideale Induktivitt (siehe (1.1)(1.3)). a a

Denition 5.2 Lineares, zeitinvariantes Netzwerkmodell Ein Zweipolnetzwerkmodell wird als linear und zeitinvariant bezeichnet wenn es aus Zweipolen zusammengesetzt ist, die entweder linear und zeitinvariant oder ideale (ungesteuerte) Spannungsoder Stromquellen (siehe (1.4) und (1.5)) sind. Reale, physikalische Netzwerke sind nur unter bestimmten Voraussetzungen linear und zeitinvariant. Daher ist es sinnvoll, auch zeitvariante Zweipolmodelle einzufhren. Wichtige Zeitu variante Zweipole sind die idealen Schalter:

Denition 5.3 Idealer Schlieeru(t)

i(t) tS Der ideale Schlieer entspricht fr t < tS einer idealen Stromquelle mit verschwindendem Urstrom u j(t) = i(t) = 0 und fr t > tS einer idealen Spannungsquelle mit verschwindender Urspannung u v(t) = u(t) = 0.

59 Denition 5.4 Idealer Oneru(t)

i(t) tS Der ideale Oner entspricht fr t < tS einer idealen Spannungsquelle mit verschwindender Uru spannung v(t) = u(t) = 0 und fr t > tS einer idealen Stromquelle mit verschwindendem Urstrom u j(t) = i(t) = 0.

Bemerkung 5.1 a) Anfangswertvorgabe durch Anschlieen einer vorher leerlaufenden Kapazitt. a

t = tS

uC (t)

iS (t) iC (t) C > 0Fr t < tS gilt: u 0 = iS (t) = iC (t) = C d uC (t) uC (t) = uC (t ) = konst. S dt

Ist uC (t) = uC (t ) einmal eingestellt, so bleibt es bei oenem Schalter erhalten und wird S beim Schalten dem Netzwerk als Anfangswert zum Zeitpunkt tS vorgegeben. b) Anfangswertvorgabe durch Anschlieen einer, vorher kurzgeschlossenen Induktivitt. a

uL (t) iL (t)

L>0

t = tS

uS (t)Fr t < tS gilt: u 0 = uS (t) = uL (t) = L d iL (t) iL (t) = iL (t ) = konst. S dt

Ist iL (t) = iL (t ) einmal eingestellt, so bleibt es bei geschlossenem Schalter erhalten und S wird beim Schalten dem Netzwerk als Anfangswert zum Zeitpunkt tS vorgegeben.

60

Kapitel 5. Lineare zeitinvariante Netzwerkmodelle

Denition 5.5 (Stckweise stetige Funktionen) u A) Eine Zeitfunktion f (t) heit im Intervall (a, b) (dabei seien a = und b = + zugelassen) stckweise stetig, falls f (t) bis auf endlich viele Stellen a < tv < b, v = 1, ..., l stetig u ist und fr tv , v = 1, ..., l die links und rechtsseitigen Grenzwerte also u f (t ) = lim f (tv + h), v = 1, ..., l vh0h0

existieren. Ist a oder b eine endliche reelle Zahl, so wird weiterhin gefordert, da der Grenzwert f (a+ ) oder f (b ) existiert. B) Zwei auf (a, b) stckweise stetige Funktionen f (t) und g(t) heien gleich u f (t) = g(t), wenn sie fr alle t auer den Unstetigkeitsstellen von f (t) und g(t) gleich sind. u C) Sind , reelle Zahlen aus (a, b) mit < (dabei sei fr reelles a oder reelles b auch u = a oder = b zugelassen.), so gilt mit t0 := , tl+1 := , falls fr zwei v1 , v2 mit u 1 v1 v2 l, tv1 1 , tv2 +1 & (, ), tv1 , tv2 (, ) erfllt ist: u tv1 v2 1 tk+1

f (t)dt :=

f (t)dt +k=v1 tk

f (t)dt +tv2

f (t)dt

(verschwindet fr v1 = v2 ) u

Die einzelnen Integrale auf der rechten Seite in obiger Denition knnen als Integrale uber stetige o Funktionen auf einem kompakten Intervall aufgefat werden, da f (t) an den Integralgrenzen durch die existierenden rechtsseitigen (untere Grenze) und linksseitigen (obere Grenze) Grenzwerte stetig ergnzt werden kann. Dies trit auch zu, falls keines der tv in (, ) liegt und/oder = a a oder = b gilt. Somit kann man also das Integral uber eine stckweise stetige Funktion auf u das klassische Riemannsche Integral uber eine auf einem kompakten Intervall stetige Funktion zurckfhren. Mit den zustzlichen Denitionen u u a

f (t) dt = 0 fr = u

und

f (t) dt =

f (t) dt fr > u

ist somit das Integral uber eine stckweise stetige Funktion vollstndig erklrt. u a a

5.1. Einf hrende Beispiele u Denition 5.6 (Dierenzierbarkeit)

61

A) Eine auf einem oenen Intervall (a, b) (a = , b = seien wieder zugelassen) denierte Funktion f (t) heit dierenzierbar, wenn es eine auf dem gleichen Intervall denierte, stckweise stetige Funktion g(t) so gibt, da ut

f (t) =t0

g(t )dt + f (t0 )

(5.1)

gilt fr alle t und t0 , die im Intervall (a, b) liegen. u d f (t) = f (1) (t) := g(t) dt (5.2)

wird als Ableitung von f (t) bezeichnet, wobei f (1) (t) durch f (t) uberall bis auf die Unste tigkeitsstellen von g(t) eindeutig festgelegt ist. Fr n > 1 heit f (t) n-fach dierenzierbar, u falls die (n 1)-te Ableitung von f (t) existiert und stetig ist und f (n1) (t) wiederum dierenzierbar im gerade festgelegten Sinne ist. Ferner sei festgelegt, da die 1-fache Dierenzierbarkeit der gerade festgelegten Dierenzierbarkeit entsprechen soll und da die 0-fache Dierenzierbarkeit der stckweisen Stetigkeit entsprechen soll. Diese Denition impliziert u mit Denition 5.5 C) : B) Fr ein endliches a oder b existiert fr f (t) nach der Integraldenition aus Def. 5.5 C) der u u linksseitige Grenzwert fr t = b oder der rechtsseitige Grenzwert fr t = a und es gilt: u ub

f (b ) =t0 a

g(t) dt + f (t0 )

f (a+ ) =t0

g(t) dt + f (t0 )

5.1

Einfuhrende Beispiele

Beispiel 5.1

t = tS t0 iS (t) R = 0 iQ (t) v(t) uS (t) uQ (t) uR (t)

iR (t) iC (t) uC (t) C=0

62

Kapitel 5. Lineare zeitinvariante Netzwerkmodelle

Fr das Netzwerkmodell nach dem Schlieen des Schalters zum Zeitpunkt t = tS gelten u die folgenden Netzwerkgleichungen fr t > tS . Es wird dabei vorausgesetzt, dass v(t) fr u u t tQ , tQ < tS bekannt und stckweise stetig ist. u (R, C verhalten sich wie in (1.1) und (1.2) in Kapitel 1 deniert.) Aufgrund der KGLen gilt: Aufgrund der M GL gilt: iS (t) = iR (t) = iC (t) = iQ (t) uQ (t) = uS (t) + uR (t) + uC (t)

Die durch die Zweipole induzierten Zweiggleichungen lauten: d uR (t) = R iR (t) ; iC (t) = C uC (t) ; uQ (t) = v(t) ; uS (t) = 0 dt d v(t) = R C uC (t) + uC (t) dt 1 1 d uC (t) = uC (t) + v(t) (5.3) dt RC RC (5.3) ist fr stckweise stetiges v(t) im Sinne von Def. 5.5 B) und Def. 5.6 zu verstehen. u u (5.3) ist eine lineare Dierentialgleichung erster Ordnung mit konstanten Koezienten die, wie weiter unten gezeigt wird, bei Vorgabe eines beliebigen Zielanfangswertes uC,t0 zu einem beliebigen Zeitpunkt t0 tS immer eindeutig fr t > tS lsbar ist. Die zugehrige Lsung u o o o uC (t) erfllt dann die Anfangsbedingung u uC (t+ ) = lim uC (t0 + h) = uC,t0 . 0h0h>0

(5.4)

u u o Insbesondere kann (5.3) speziell fr t0 = tS fr folgenden Zielanfangswert gelst werden: uC,tS = uC (t ) = Sh0h tS als Linearkombination u von v(t) und uC (t) mit konstanten Koezienten: 1 1 iS (t) = R v(t) R uC (t) 1 1 iR (t) = R v(t) R uC (t) 1 1 iC (t) = R v(t) R uC (t) 1 1 iQ (t) = R v(t) + R uC (t) (5.7) uS (t) = 0 uR (t) = v(t) uC (t) uQ (t) = v(t)

5.1. Einf hrende Beispiele u Dies ergibt sich mit (5.3) direkt aus den KGLen M GLen und ZGLen von Beispiel 5.1.

63

Merke: Alle anderen Variablen des Netzwerkmodells lassen sich aus der Lsungsvariablen o der Dierentialgleichung (5.3) uC (t) und der vorgegebenen Quellenfunktion v(t) uber Ausdrcke der Form u A v(t) + B uC (t) (5.8) mit Konstanten A, B beschreiben. Die allgemeine Lsung der Dierentialgleichung (5.3) setzt sich zusammen aus der allgemeinen o Lsung der homogenen Dierentialgleichung (v(t) 0) und einer partikulren Lsung der o a o inhomogenen Dierentialgleichung. uC (t) = uC,h (t) + uC,p (t) (5.9)

Die allgemeine Lsung der homogenen, linearen Dierentialgleichung (5.3) erster Ordnung o mit konstanten (zeitinvarianten) Koezienten lautet uC,h (t) = Kh e RC .t

(5.10)

1 Das zeitliche Verhalten dieser homogenen Lsung wird durch die Konstante RC , die die o 1 Dimension einer Frequenz hat, weitgehend bestimmt. Daher erhlt RC einen besonderen a Namen und wird als eine natrliche Frequenz bezeichnet. u

Die Methode der Variation der Konstanten liefert eine Lsung der inhomogenen Dierentialo gleichung (5.3). Diese beruht auf folgenden Ansatz, wobei Kp (t) als dierenzierbar vorausgesetzt wird: uC,p (t) = Kp (t)e RC Einsetzen in die Dierentialgleichung (5.3) liefert:t t t d 1 1 1 Kp (t) e RC Kp (t)e RC = Kp (t)e RC + v(t) dt RC RC RC t

(5.11)

Multiplikation mit e+ RC und Integration von t0 bis t1 mit t1 > t0 tS auf beiden Seiten liefert (siehe Def. 5.6 B) ):t1

t

Kp (t1 ) =

Kp (t+ ) 0

+t0

e RC

t

1 v(t)dt RC

(5.12)

Kp (t+ ) kann noch willkrlich zu 0 gewhlt werden, wodurch uC,p (t) die Anfangsbedingung u a 0 uC,p (t+ ) = 0 erfllt. Benennt man in (5.12) nun noch t1 in t und t in t um, so lautet die u 0 allgemeine Lsung von (5.3): ot

uC (t) = Kh et0

t RC

+t0

e RC

t t

1 v(t )dt RC

(5.13)

Whlt man Kh = uC,t0 e RC , so erfllt (5.13) fr t > tS die Dierentialgleichung (5.3) und die a u u Anfangsbedingung: uC (t+ ) = uC,t0 (5.14) 0 u Die Lsung (5.13) lautet in diesem Fall fr t > tS : o

64

Kapitel 5. Lineare zeitinvariante Netzwerkmodelle

t

uC (t) = uC,t0 e

(t0 t) RC

+t0

e RC

t t

1 v(t )dt . RC

(5.15)

Whlt man speziell t0 = tS und uC,tS = uC (t ), so erfllt (5.13) wiederum (5.3) fr t > tS a u u S und ferner die Anfangsbedingung: uC (t+ ) = uC (t ). S S (5.13) lautet in diesem Spezialfall fr t > tS : ut

(5.16)

uC (t) =

uC (t )e S

(tS t) RC

+tS

e

(t t) RC

1 v(t )dt RC

(5.17)

uC (t) kann im vorliegenden Fall also, wie bereits bemerkt, fr t = tS als stetig angenommen u werden! Die restlichen Spannungen und Strme des Netzwerkes ergeben sich aus (5.15) bzw. o (5.17) uber (5.7). Aus (5.17) ergibt sich somit z.B. fr iC (t): ut

(tS t) 1 1 1 iC (t) = + v(t) uC (t )e RC 2 S R R R C

etS

(tt ) RC

v(t )dt , t > tS

(5.18)

u Aus (5.15) ergibt sich fr iC (t):(t0 t) 1 1 1 iC (t) = + v(t) uC,t0 e RC 2 R R R C

t

et0

(tt ) RC

v(t )dt , t > tS

(5.19)

Man erkennt, dass die Reaktion der Netzwerkvariablen iC (t) auf die Anregung durch die Urspannung v(t) aus zwei Teilen besteht. Legt man z.B. (5.19) zugrunde, so gilt: iC (t) = iC,zi (t) + iC,zs (t)1 iC,zi (t) = R uC,t0 et0 t RC

v(t )dt (5.20)

iC,zs (t) =

1 R v(t)

1 R2 C

t

et0

(tt ) RC

Der erste Anteil iC,zi (t) beschreibt den Strom iC (t) bereits vollstndig falls die Erregung v(t) a verschwindet, (v(t) 0, zi = zero input ). Der zweite Anteil iC,zs (t) beschreibt den Strom vollstndig, falls der Zielanfangswert uC,t0 verschwindet (uC,t0 = 0, zs = zero state ). Bei a vorliegenden Beispiel ist bei festem t0 der Zielanfangswert uC,t0 frei whlbar und jedem uC,t0 a ist genau eine Lsung und jeder Lsung ist genau ein Zielanfangswert zugeordnet. Insofern o o darf uC,t0 auch als Anfangszustand xt0 ( initial state) bezeichnet werden. Das Netzwerk aus Beispiel 5.1 hat also genau einen frei whlbaren Anfangszustand, dessen Festlegung zum a Zeitpunkt t0 die Lsung eindeutig bestimmt. Die Anzahl der frei whlbaren Anfangszustnde o a a eines Netzwerksmodell wird auch oft als die Anzahl der Freiheitgrade eines Netzwerksmodells oder als dessen Ordnung bezeichnet.

5.1. Einf hrende Beispiele u

65

Beide Terme (iC,zs und iC,zi ) sind bezglich des Zeitverhaltens weitgehend von der Exponenu At mit der nat rlichen Frequenz A = 1 bestimmt. tialfunktion e u RC Ferner ist der zero input response iC,zi (t) linear abhngig von dem Anfangswert bzw. Ana fangszustand uC,t0 und der zero state reponse iC,zs (t) hngt linear von der erregenden a Urspannung v(t) ab. Die Lsung des Netzwerkmodells aus Beispiel 5.1 kann also auf die Lsung einer Dieo o rentialgleichung erster Ordnung mit konstanten Koezienten zurckgefhrt werden. Nach u u eindeutiger Lsung der Dierentialgleichung durch Vorgabe eines beliebigen Anfangswertes o (Anfangszustandes) fr t = t0 tS knnen dann alle Lsungsfunktionen des Netzwerkmou o o dells einfach als Linearkombination der Lsungsfunktion der Dierentialgleichung und der o Quellenfunktion (siehe 5.5) berechnet werden. Dies zeigt eine Grundstruktur auf, die fr alu le Netzwerkmodelle, die aus elementaren Zweipolen zusammengesetzt sind, gilt. Auch die aus dieser Grundstruktur gewonnenen Folgerungen (natrliche Frequenzen bestimmen das u Zeitverhalten weitgehend, die Antworten setzen sich aus zero input und zero state An teilen zusammen, etc.) gelten weitgehend auch fr allgemeine Netzwerkmodelle. Um diese u Grundstruktur jedoch streng formulieren zu knnen, sind noch einige einleitende Denitioo nen notwendig.

Denition 5.7 (Dierenzierbare Variablen des Netzwerkmodells und zustandsreduzierende algebraische Gleichungen) Ein Netzwerkmodell bestehend aus elementaren Zweipolen sei fr t > tS gegeben. Die u Netzwerkvariablen (Zweigsspannungen oder Zweigsstrme) fr die es eine Zweipolgleichung o u (Zweiggleichung) gibt, in der die Netzwerkvariable als erste Ableitung vorkommt, seien als dierenzierbare Netzwerkvariablen bezeichnet, da man diese Netzwerkvariablen als dierenzierbar voraussetzen mu, falls man bei Aufstellen der Netzwerkgleichungen im Zeitbereich den Bereich der gewhnlichen Funktionen nicht verlassen will. Diese Netzwerkvariablen seien in dem Vektor o xA (t) zusammengefat. Die Anzahl dieser Variablen (Dimension von xA (t)) sei mit nA bezeichnet. Seien ferner alle Urspannungen der Spannungsquellen und alle Urstrme der Stromquellen, die fr o u die Lsung der Netzwerkgleichungen als vorgegeben betrachtet werden knnen, durch ek (t), 1 o o k nQ (= v(t), bzw. = j(t)) reprsentiert. Eine zustandreduzierende algebraische Gleichung ist a jede aus den Netzwerkgleichungen fr t > tS resultierende Gleichung der folgenden Form: u ek (t) nQ . t t xA (t) = k . .k=1

ek k (t)

(r )

t a Dabei sind , k , 1 k nQ reelle, zeitunabhngige Vektoren und rk , 1 k nQ sind positive ganze Zahlen. hat die Dimension nA und die k haben die Dimension rk + 1. Zwei algebraische Gleichungen der oben angegebenen Form sind linear unabhngig, wenn die entsprea chenden Vektoren linear unabhngig sind. Fr jedes lineare, zeitinvariante Netzwerkmodell sei a u die maximale Anzahl von linear unabhngigen, aus den Gleichungen des Netzwerkmodells rea sultierenden, zustandsreduzierenden algebraischen Gleichungen mit nR bezeichnet. nR ist eine positive ganze Zahl. Einfache Beispiele fr zustandsreduzierende algebraische Gleichungen sind u Maschengleichungen von Maschen, die aus Zweigen bestehen, die entweder Spannungsquellen mit vorgegebenen Urspannungen oder lineare, zeitinvariante Kapazitten sind, bzw. Schnittmena gengleichungen von Schnittmengen, die aus Zweigen bestehen, die entweder Stromquellen mit vorgegebenen Urstrmen oder lineare, zeitinvariante Induktivitte sind. o a

66

Kapitel 5. Lineare zeitinvariante Netzwerkmodelle

Aufgrund von Bemerkung 5.1 ist klar, da fr ein Netzwerkmodell, bei dem die dierenzierbau ren Netzwerkvariablen jeweil Strme durch Induktivitten oder Spannungen an Kapazitten o a a sind, den dierenzierbaren Netzwerkvariablen xA (t) durch Schaltvorgnge bei t = tS Ziela anfangswerte xA,tS = xA (t ) vorgegeben werden knnen. In Beispiel 5.1 gilt xA (t) := uC (t) o S und bei beliebiger Vorgabe eines Zielanfangswertes xA,tS = uC,tS = uC (t ) gibt es eine einS deutige Lsung des Netzwerkproblems mit xA (t+ ) = xA (t ) (siehe (5.17)). Gibt man ferner o S S beim Beispiel 5.1 bei einem beliebigen Zeitpunkt t0 tS einen beliebigen Zielanfangswert uC,t0 = xA,t0 vor, so gibt es dazu nach (5.15) wiederum eine eindeutige Lsung des Netzo + werkproblems mit xA (t0 ) = xA,t0 . Will man die Lsung (5.15) beim Einschalten durch die o vorgegebene Kapazittsspannung uC (t ) = xA (t ) erzeugen, so mu diese den Wert a S StS

uC (t ) S

=

xA (t ) S

= xA,t0 e||uC,t 0

(t0 tS ) RC

+t0

e

(t t) RC

1 v(t ) dt RC

(5.21)

haben, wie aus der Eindeutigkeit der Lsung folgt. Diese Betrachtungen legen nun nahe fr o u ein allgemeines Netzwerkmodell die folgenden beiden Anfangswertprobleme zu untersuchen. Denition 5.8 (Anfangswertprobleme erster und zweiter Art) Es sei ein Netzwerkmodell aus elementaren Zweipolen gegeben, das zum Zeitpunkt t = tS durch Schlieen und Onen von Schaltern erzeugt wird. Anfangswertproblem erster Art Analog zu Bemerkung 5.1 sei angenommen, da fr xA (t) Anfangswerte vor dem Schalten u xA (t ) = xA,tS vorgegeben werden knnen. Gesucht werden die Bedingungen an die Dierenziero S barkeitsordnung der Quellenfunktionen und an den Wertebereich von xA (t ), die die eindeutige S Existenz einer zumindest stckweise stetigen Lsung der Netzwerkgleichungen fr t > tS sichern, u o u wobei fr diese Lsung die folgenden zustzlichen Bedingungen gelten mssen: Fr diese Lsung u o a u u o mu xA (t) fr t > tS dierenzierbar sein und es mu u xA (t ) = xA (t+ ) = xA (tS ) S S (5.22)

also der stetige Ubergang der dierenzierbaren Netzwerkvariablen zum Schaltzeitpunkt gelten. Anfangswertproblem zweiter Art Fr einen beliebigen aber festgehaltenen Zeitpunkt t0 tS seien Zielanfangswerte xA,t0 fr xA (t) u u vorgegeben. Gesucht sind die Bedingungen an die Dierenzierbarkeitsordnung der Quellenfunktionen und den Wertebereich von xA,t0 , die die eindeutige Existenz einer zumindest stckweise u stetigen Lsung der Netzwerkgleichungen fr t > tS sichern, wobei fr diese Lsung die folgenden o u u o zustzlichen Bedingungen gelten mssen: Fr diese Lsung mu xA (t) fr t > tS dierenzierbar a u u o u sein und es mu xA (t+ ) = xA,t0 (5.23) 0 gelten. Das Anfangswertproblem zweiter Art ist allgemeiner und aus seiner Lsung fr t0 = tS ergibt o u sich auch die Lsung fr das Anfangswertproblem erster Art. Fr das Netzwerkproblem aus o u u Beispiel 5.1 sind beide Anfangswertprobleme fr beliebige Zielanfangswerte xA (t ) bzw. xA,t0 u S und stckweise stetiges v(t) lsbar. u o

5.1. Einf hrende Beispiele u

67

Zielanfangswerte xA,t0 , fr die es trotz beliebig glatter Quellenfunktionen keine Lsung des Anu o fangswertproblems zweiter Art gibt, werden auch als inkonsistente Anfangswerte bezeichnet. Bemerkung 5.2 (Zur technische Bedeutung des Anfangswertproblems erster Art) Es sei zur Vereinfachung angenommen, da xA (t) aus Kapazittsspannungen und Induktivittsa a strmen besteht. Die gespeicherte Energie ist bei der Kapazitt 2 Cu2 (t) und bei der Induktivitt o a 1 a 1 Li2 (t). Springt xA (t) beim Schalten (t = tS ), so springt die gespeicherte Energie bei t = tS 2 und die elektrische Leistung, die mit dieser Anderung der gespeicherten Energie verbunden ist, wird bei t = tS unendlich gro sein. Kommt man diesen Verhltnissen beim Schalten in der Praa xis auch nur nahe, so fhrt dies meist zur Zerstrung des Netzwerks. Unter allen Lsungen der u o o Netzwerkgleichungen fr t > tS sind also diejenigen, fr die xA (t) fr t = tS stetig ist also die u u u Lsungen des Anfangswertproblems 1. Art die physikalisch sinnvollen. Die Stetigkeit von xA (t) o beim Schalten ist daher insbesondere bei Schaltungen der Leistungselektronik das oberste Ziel der Schaltungsauslegung! Im Beispiel 5.1 lie sich die Lsung des Netzwerkproblems auf eine Dierentialgleichung ero ster Ordnung mit konstanten Koezienten zurckfhren. Im allgemeinen Fall kann man jedes u u Netzwerkproblem auf ein Dierentialgleichungssystem erster Ordnung mit konstanten Koefzienten zurckfhren. Um dies weiter zu systematisieren erfolgt nun eine letzte Denition. u u Denition 5.9 (Zustandsraummodell n-ter Ordnung mit mehreren Ein- und Ausgangsfunktionen) Es seien mz Eingangsfunktionen ei (t), 1 i mz in einem oenen Intervall (a, b) auf der reellen Achse vorgegeben. Die ei (t) seien ki -fach dierenzierbar, ki 0. Basis des Zustandsraummodells ist ein Dierentialgleichungssystem 1-ter Ordnung mit der Dimension n, da auf dem Intervall (a, b) formuliert ist:mz ki

x(j)

(1)

(t) = :: Ax(t) +i=1 j=0

Bi,j ei (t)

(j)

(5.24)

x(1) (t), ei (t) sind abkrzende Schreibweisen fr die erste bzw. die j-te Ableitung von x(t) bzw. u u ei (t). x(t) ist der n-dimensionale Vektor der Zustandsfunktionen. Die Bi,j sind zeitunabhngige a n-dimensionale, reelle Vektoren und :: ist eine zeitunabhngige, reelle n n Matrix. Das DieA a rentialgleichungssystem hat bei Vorgabe eines beliebigen n-dimensionalen Vektors xt0 zu einem beliebigen Zeitpunkt t0 im Intervall (a, b) (t0 = a ist zustzlich zugelassen) genau eine dierena + zierbare Lsung x(t) mit x(t0 ) = xt0 . Dies wird spter noch mit Hilfe der Laplacetransformatio a on ausfhrlich gezeigt werden. xt0 wird Anfangszustandsvektor genannt. Jeder Lsung x(t) des u o Dierentialgleichungssystems werden lz Ausgangsfunktionen ak (t), 1 k lz folgendermaen zugeordnet:mz ki

ak (t) =

t Ck x(t)

+i=1 j=0

Ek,i,j ei (t), 1 k lz

(j)

(5.25)

Dabei sind die Ck reelle, zeitunabhngige, n-dimensionale Vektoren und die Ek,i,j zeitunabhngia a ge, reelle Zahlen. Das Zustandsraummodell heit eigentlich, falls ki = 0 gilt, fr alle i mit u 1 i mz . Gilt darber hinaus noch Ek,i,0 = 0 fr 1 k lz , 1 i mz , so heit u u das Zustandsraummodell strikt. Beispiel 5.1 lt sich also auf ein eigentliches Zustandsraummodell 1-ter Ordnung im Intervall a

68

Kapitel 5. Lineare zeitinvariante Netzwerkmodelle

(tS , ) zurckfhren und es gilt fr dieses Beispiel: u u u n = 1, A = 1 1 , mz = 1, k1 = 0, B1,0 = , x(t) = uC (t), e1 (t) = v(t) RC RC (5.26)

Die Ausgangsfunktionen sind die verschiedenen Netzwerkvariablen von Beispiel 5.1. Also gilt 1 1 lz = 8. Setzt man z.B. a1 (t) = iC (t) so gilt: C1 = R , E1,1,0 = R . Die Lsung von Beispiel o 5.1 lt sich also auf die Lsungen eines Zustandsraummodells erster Ordnung zurckfhren. a o u u Im Beispiel 5.1 gilt nA = n und es mu nicht zwischen den Zielanfangswerten xA,t0 und dem Anfangszustandsvektor xt0 unterschieden werden. Dass dies nicht immer so ist, zeigt das nchste Beispiel: a Beispiel 5.2

A ij (t) L1 = 0 j(t) uj (t) uL1 (t) iL1 (t) C t = tS

uL2 (t)

L2 = 0 iL2 (t) B t = tS

uR2 (t) uv (t)

R2 = 0 iR2 (t)

v(t)iv (t)

L1 , L2 sind lineare, zeitinvariante Induktivitten, bei denen zum Schaltzeitpunkt t = tS a durch das Onen der Schalter Stromanfangswerte iL1 (t ) und iL2 (t ) vorgegeben werden S S knnen. R2 ist ein linearer, zeitinvarianter Widerstand und v(t) und j(t) sind die Urspannung o und der Urstrom einer festen, ungesteuerten Spannungs- bzw. Stromquelle. Der Vektor xA (t) ist bei diesem Beispiel uber xt (t) = (iL1 (t), iL2 (t)) gegeben und untersucht werden soll die A Lsbarkeit der Anfangswertprobleme erster und zweiter Art. o Eine einfache Vorberlegung zeigt, da sich diese Schaltung komplizierter verhlt als die u a Schaltung aus Beispiel 5.1, da dieses Netzwerkmodell eine zustandsreduzierende algebraische Gleichung enthlt. Nehmen wir dazu einmal an, es wre eine Lsung des Anfangswertproa a o blems erster Art bestimmt. Bei vorgegebenem j(t) und vorgegebenen Strmen in den Induko tivitten vor dem Schalten iL1 (t ), iL2 (t ) gibt es also Funktionen iL1 (t), iL2 (t) fr t > tS a u S S mit iL1 (t+ ) = iL1 (t ) und iL2 (t+ ) = iL2 (t ), die zu einer Menge von Zweigspannungen und S S S S Zweigstrmen gehren, die die Netzwerkgleichungen fr t > tS lsen. Betrachtet man die o o u o Schnittmenge, die aus dem Quellenzweig und den Induktivittszweigen besteht, so ergibt a sich fr t > tS die Schnittmengengleichung u j(t) = iL1 (t) + iL2 (t), (5.27)

die nach Def. 5.7 eine Zustandsreduzierende algebraische Gleichung ist. Da iL1 (t) und iL2 (t) zu einer Lsung des Anfangswertproblems erster Art gehren sind sie dierenzierbar. Dies o o

5.1. Einf hrende Beispiele u

69

impliziert mit (5.27), da auch j(t) dierenzierbar ist, was bisher nicht vorausgesetzt wurde. Ferner gilt fr t t+ : u S j(t+ ) = iL1 (t+ ) + iL2 (t+ ) S S S = iL1 (t ) + iL2 (t ) S S (5.28)

Die letzte Gleichung impliziert, da es nicht fr jede Kombination von j(t) und iL1 (t ), iL2 (t ) u S S eine Lsung des Anfangswertproblems erster Art gibt, sondern diese gibt es nur, falls o 1) j(t) dierenzierbar ist und 2) Gleichung (5.28) erfllt ist. u Entsprechende Folgerungen lassen sich auch bei Annahme einer Lsung des Anfangswertproo blems 2. Art und fr jede andere zustandsreduzierende algebraische Gleichung ziehen, falls u diese existiert. Um die vollstndigen Bedingungen zu nden, unter denen es eine Lsung des Anfangswerta o problem erster Art gibt, wird zunchst gezeigt, da die Lsung des Netzwerkmodells fr a o u t > tS auf die Lsung eines Zustandsraummodells erster Ordnung mit iL1 (t) als Zustando funktion zurckgefhrt werden kann. Zunchst wird dazu ein linear unabhngiger Satz von u u a a Netzwerkgleichungen fr dieses Beispiel formuliert. Fr t > tS gilt: u u Schnittmengengleichungen(SGL): ij (t) = iL1 (t) + iL2 (t); iL2 (t) = iR2 (t); iL1 (t) = iv (t); Maschengleichungen(MGL): uL1 (t) + uv (t) = uj (t), uL1 (t) + uv (t) = uL2 (t) + uR2 (t)k

(5.29)

(5.30)

Zweiggleichungen(ZGL): ij (t) = j(t); uv (t) = v(t); uL1,2 (t) = L1,2 uR2 (t) = R2 iR2 (t)k impliziert zusammen mit den SGL und ZGL:

d iL (t); dt 1,2

(5.31)