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Sommersemester 2001, Vorlesung S7168: Abbildende Mikrowellensensoren S7168: Abbildende Mikrowellensensoren Christian Mätzler und Axel Murk Institut für Angewandte Physik Inhalt und Ziele: Die Vorlesung soll einen Einblick geben in abbildende Verfahren bei Mikrowellen (inkl. Millimeterwellen). Im Vordergrund stehen passive Methoden; Radarmethoden werden nur zu Vergleichen herbeigezogen. Anwendungen reichen von der Radioastronomie über Fernerkundung, Sicht durch Nebel, Sicherheits- kontrollen bis zur medizinischen Diagnostik. In einem ersten, theoretischen Teil (Kapitel 1-3) werden Modelle für Mikrowellenra- diometer und den Abbildungsprozess bei realer Apertur erarbeitet, welche in der Lage sind, quantitative Beziehungen herzustellen zwischen dem abzubildenden Strahlungsfeld und dem Signal, welches Antennen empfangen. Sensoreigenschaften zur Erzeugung guter Bilder werden daraus folgen. In einem zweiten Teil (Kapitel 4) werden natürliche Mikrowellensignaturen kurz vorgestellt, und Kapitel 5 ist speziellen Mikrowellenkomponenten gewidmet. In Kapitel 6 werden existierende Sensoren, deren Eigenschaften und Produkte vorgestellt und diskutiert. Bilderzeugung mit synthetischer Apertur und Bildoptimierung (beide von A. Murk) bilden die letzten Teile der Vorlesung. Das vorliegende Skript enthält den Inhalt der Vorlesung. Eine ausführliche Litera- turliste folgt am Schluss. Nützliche Vorkenntnisse: "Mikrowellenphysik", "Strahlungstransport". Fragen dazu: [email protected] oder Tel. 031 631 4589

S7168: Abbildende Mikrowellensensoren · Sommersemester 2001, Vorlesung S7168: Abbildende Mikrowellensensoren 2 1 Einleitung Niesen und Thunersee, abgebildet bei einer Wellenlänge

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Sommersemester 2001, Vorlesung S7168: Abbildende Mikrowellensensoren

S7168: Abbildende Mikrowellensensoren

Christian Mätzler und Axel Murk

Institut für Angewandte Physik

Inhalt und Ziele: Die Vorlesung soll einen Einblick geben in abbildende Verfahrenbei Mikrowellen (inkl. Millimeterwellen). Im Vordergrund stehen passive Methoden;Radarmethoden werden nur zu Vergleichen herbeigezogen. Anwendungen reichenvon der Radioastronomie über Fernerkundung, Sicht durch Nebel, Sicherheits-kontrollen bis zur medizinischen Diagnostik.

In einem ersten, theoretischen Teil (Kapitel 1-3) werden Modelle für Mikrowellenra-diometer und den Abbildungsprozess bei realer Apertur erarbeitet, welche in derLage sind, quantitative Beziehungen herzustellen zwischen dem abzubildendenStrahlungsfeld und dem Signal, welches Antennen empfangen. Sensoreigenschaftenzur Erzeugung guter Bilder werden daraus folgen. In einem zweiten Teil (Kapitel 4)werden natürliche Mikrowellensignaturen kurz vorgestellt, und Kapitel 5 istspeziellen Mikrowellenkomponenten gewidmet. In Kapitel 6 werden existierendeSensoren, deren Eigenschaften und Produkte vorgestellt und diskutiert.

Bilderzeugung mit synthetischer Apertur und Bildoptimierung (beide von A. Murk)bilden die letzten Teile der Vorlesung.

Das vorliegende Skript enthält den Inhalt der Vorlesung. Eine ausführliche Litera-turliste folgt am Schluss.

Nützliche Vorkenntnisse: "Mikrowellenphysik", "Strahlungstransport".

Fragen dazu: [email protected] oder Tel. 031 631 4589

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1

Inhalt1 Einleitung...........................................................................................................2

1.1 Überblick ......................................................................................................21.2 Bild – bildgebender Sensor ............................................................................31.3 Abbildung – abbildender Sensor ....................................................................31.4 Bildqualität – Qualitätsmerkmale – Bildverbesserung – Bildverarbeitung .......51.5 Mikrowellen λm im Vergleich zum sichtbaren Bereich λo .................................6

2 Theoretische Grundlagen zur Radiometrie ...........................................................72.1 Voraussetzungen ..........................................................................................72.2 Strahlung und Antennen (vorerst unpolarisiert).............................................72.3 Polarisation.................................................................................................152.4 Antennenstrahlung und Polarisation ...........................................................162.5 Das Radiometer ..........................................................................................172.6 Zur Bilderzeugung mit Radiometern ............................................................19

3 Zwischenkapitel ................................................................................................223.1 Beugungsbedingte Strahlbreite bei der Fokalebenenkamera.........................223.2 Abschätzung des Bildspektrums..................................................................233.3 Abtasttheorem ............................................................................................243.4 Van Cittert-Zernike Theorem.......................................................................253.5 Korrelation beim Seitensichtradar ...............................................................27

4 Mikrowellensignaturen......................................................................................294.1 Zum Begriff der Signatur.............................................................................294.2 Das verallgemeinerte Kirchhoff''sche Strahlungsgesetz.................................294.3 Temperatursignaturen ................................................................................304.4 Signaturen geschichteter Medien.................................................................304.5 Dielektrische Eigenschaften heterogener Medien .........................................354.6 Atmosphärische Transmissivität..................................................................364.7 Emissivität der Erdoberfläche......................................................................37

5 Spezielle Komponenten .....................................................................................385.1 Feedelemente..............................................................................................385.2 Reflektoren .................................................................................................415.3 Linsen ........................................................................................................425.4 Strahlungsreferenzen ..................................................................................435.5 Quasioptische Schalter ...............................................................................465.6 Polarisationsgitter .......................................................................................48

6 Beispiele abbildender Mikrowellensensoren .......................................................496.1 Special Sensor Microwave Imager (SSM/I) ...................................................496.2 Fokalebenenkameras ..................................................................................556.3 PLANCK, ein abbildender Sensor für die Radioastronomie ...........................59

7 Interferometer.................................................................................................. 60 7.1 Grundlagen eines Zweistrahl-Interferometers.............................................. 60 7.2 Aperthursynthese....................................................................................... 62 7.3 Very Long Baseline Interferometer (VLBI).................................................... 63 7.4 Technische Aspekte.................................................................................... 67 7.5 Beispiele geplanter Interferometer............................................................... 728 Digitale Bildverarbeitung.................................................................................. 77 8.1 Kontrastverstärkung................................................................................... 77 8.2 Orts- und Frequenzraum............................................................................ 79 8.3 Lineare Operationen................................................................................... 79 8.4 Rekonstruktion von Bildern........................................................................ 819 Ergänzende und zitierte Literatur..................................................................... 86

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2

1 Einleitung

Niesen und Thunersee, abgebildet bei einer Wellenlänge von 3 mm (a) und imsichtbaren Licht (b) nach G. Schaerer and E. Schanda, Deteriorating effects on 3mm wave passive imagery, Proc. 9th Symp. Rem. Sens. Env., Ann Arbor, Michigan,pp.1593-1602 (1974).

1.1 ÜberblickBild, Abbildung: Begriff - physikalisch, mathematisch, technisch (v.a. in 2 Dimen-sionen)Bildqualität: Geometrische und radiometrische AbbildungsfehlerMikrowellen - und Vergleich mit IR und sichtbarem Bereich.Dazu:Variablen (Bsp.): Ortskoordinaten, Richtungswinkel, Zeit, Frequenz, Wellenvektor.Observablen (Bsp.): Elektrische Spannung, Strahlungstemperatur, Reflektivität,Rückstreuintensität, Luminosität.

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3

1.2 Bild – bildgebender Sensor• Mathematisch entspricht ein Bild einer (Vektor-) Funktion, z. Bsp. F = (F1(x,y),

F2(x,y), F3(x,y)), die über einem 2-dimensionalen Bildbereich (Bereich zweierreeller Variablen, z. Bsp. x und y, eingeschränkt durch x1≤x≤x2, y1≤y≤y2) definiertist.

• Physikalisch: Ein Bild besteht aus einer Oberfläche von Grösse und Form, diezum Betrachten geeignet ist. Die Bildinformation kann mehrdimensional sein;sie ist in örtlich abhängigen, spektralen Streueigenschaften, Helligkeit undPolarisation enthalten.

• Technisch: Ein bildgebender Sensor stellt die durch einen entsprechenden Sen-sor definierte Messgrösse(n) Mi(α,β,...) in Bildform Mi(x,y) dar.

1.3 Abbildung – abbildender Sensor• Mathematisch: Analytische Formulierung der Abbildung (Modell)• Physikalisch: Abbildung als Erzeugung eines Bildes zur Darstellung (Projektion)

eines Objekts, rsp. eines Teils der realen Welt.• Technisch: Abbildender Sensor ist ein bildgebender Sensor mit gewisser Wie-

dergabstreue beim Übergang vom Objektraum in die Bildebene.Dieser Übergang kann sehr komplex sein, angefangen bei der Entstehung der zu messenden Grösse (z. Bsp.Strahlungstemperatur aus Azimut α, Elevation β in vorgegebenem Frequenzband und Polarisation als Folge desStrahlungstransports von Atmosphäre und Erdoberfläche), deren Faltung beim Empfang mit derWinkelcharakteristik (Richtungsfilter) und Polarisationscharakteristik der Sensorantenne und der spektralenCharakteristik des Frequenzfilters, Verstärkung, Detektion und Digitalisierung sowie Eichung - und dies fürjeden Messkanal.

Sensor

... und Bilder machen Freude.

Optik und StrahlungstransportObjekt

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4

Rechts: 2-Element Interferometerbei 90 GHz, links: Sonnenpho-tometer, beide gegen die aufge-hende Sonne gerichtet, am 2.Nov. 2000.

Wärmestrahlungsbild von Bern bei einer Wellenlänge von 3.3 mm (unten) undverglichen mit optischem Bild (oben), aufgenommen am 18.-19. Sept. 2000 mit

Einzelantenne (∅=254mm) des obigen Interferometers.Bildhöhe 15° (76 Zeilen), Breite 60° (301 Spalten), von Thomas Lüthi.

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1.4 Bildqualität – Qualitätsmerkmale – Bildverbesserung – Bildverarbei-tungZur Wiedergabstreue oder Bildqualität: Mit unseren Augen nehmen wir sowohlProjektionen des Raums als auch die davon erzeugten Bilder wahr. Ein Bild istdann gut, wenn es nach unserer Wahrnehmung1 genügend gut dem Original ent-spricht. Abweichungen davon sind Bildfehler. Zu unterscheiden sind radiometrischeund geometrische Fehler. Geometrische Kodierung und radiometrische Eichungdienen der Elimination von Fehlern.• Geometrische Bildfehler: Verzerrungen (Aberration), Versetzungen, optik- und

beugungsbedingte Unschärfe (d.h. begrenzte Auflösung).• Radiometrische Bildfehler: Die Übertragungsfunktion der abzubildenden Grösse

sollte einer vorgegebenen Funktion (linear, quadratisch, logarithmisch) entspre-chen. Abweichungen davon sind radiometrische Fehler.

• Geisterbilder (z. Bsp. beim Fernsehen) und andere Kombinationen von geome-trischen und radiometrischen Fehlern.

• Auflösung: Minimaler Abstand zur Unterscheidung von zwei punktförmigen oderstreifenförmigen Objekten (als Weg, Winkel, Frequenz, Geschwindigkeit, Zeit),was der Wellenlänge/Periode der maximal abbildbaren Raum/Zeitfrequenzentspricht (Colwell, 1983).

• Antennendiagramm, Strahlbreite und Raumwinkel einer Antennenkeule (effek-tiv, 3-dB, etc.) begrenzen die geometrische Auflösung; s. auch Point SpreadFunction, Instantaneous Field of View (IFOV), Pixelgrösse, etc. Analog dazubegrenzt die Bandbreite eines Signals die spektrale und zeitliche Auflösung.

• Positionsfehler (resp. Geschwindigkeitsfehler etc.) punktförmiger Objekte.• Aliasing ist ein Abbildungsfehler, der durch unvollständiges Abtasten entsteht

(Schwebung zwischen Abtastfrequenz und Raum/Zeitfrequenz).• Radiometrische Auflösung: Minimal messbarer Unterschied der abzubildenden

Grösse, definiert als Standardabweichung bei wiederholter Messung unter glei-chen Bedingungen.

• Radiometrische Dynamik gibt den messbaren Bereich der radiometrischen Wertean.

• Offset, Gainfehler, Linearitätsfehler sind radiometrische Fehler bei linearerÜbertragungsfunktion.

Bildverarbeitung mit dem Zweck der Bildverbesserung: Disziplin (resp. Kunst), jenach Sensor, Anwendung, Geschmack und Aufwand sehr unterschiedlich.Bildverarbeitung mit dem Ziel der automatischen Informationsextraktion (Muster-und Feature- Erkennung, Klassifikation, oft mit extremer Informationsreduktion):Spezialisierte Disziplin (in der Fernerkundung, Informatik etc.).

1 Anstelle der subjektiven Wahrnehmung ist ein Standardsensor oder eine Modellvorstellung (geometrischeOptik) als Referenz denkbar.

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6

1.5 Mikrowellen λm im Vergleich zum sichtbaren Bereich λo

Wegen der > 10'000-fachen Wellenlänge im Vergleich zum sichtbaren Bereich ist diebeugungsbedingte Winkelauflösung von Mikrowellensensoren schlecht, s. folgendeTabelle:

Wellenbereich TypischeFrequenz

Vakuumwellenlänge Blenden-∅ bei1' Winkelauflösung

Hochfrequenz 10 MHz 30 m = 60'000'000 λo 120 kmMikrowellen 30 GHz 10 mm = 20'000 λo 40 m

Sub-mm Wellen 1 THz 0.3 mm = 600 λo 1.2 mTIR 30 THz 10 µm = 20 λo 4 cm

Sichtbar 600 THz 0.5 µm = λo 2 mm

⇒ Nur grosse Radioteleskope erreichen etwa die Winkelauflösung des menschlichenAuges.

⇒ Die Winkelauflösung optischer Sensoren ist selten beugungsbegrenzt, diejenigevon Mikrowellensensoren jedoch fast immer.

Wo liegen die Vorteile von Mikrowellensensoren?• Sicht durch Wolken, Rauch etc.• Unabhängigkeit vom Tageslicht (Radiometer messen meistens Wärmestrahlung,

Direction Finder vorhandene Punktquellen, Radar erzeugen ihre eigeneBeleuchtung).

• Der Informationsgehalt ist weitgehend unabhängig von demjenigen (und daherauch geeignet als Ergänzung zur Abbildung) im sichtbaren Bereich.

• Mikrowellensensoren arbeiten meistens im kohärenten Single-Mode Betrieb.Antennen mit wohldefinierter Gewinnfunktion führen ebene Wellen des Raumsüber in geführte Wellen; deren Feldstärke, Phase und Amplitude sind messbarund stehen in bekanntem Zusammenhang mit der Raumwelle. Dadurch wird dieMessgenauigkeit verbessert, der Informationsgehalt erhöht; z. Bsp. könnenNachteile der Beugungsbegrenzung reduziert werden.

Die Kohärenzlänge von Mikrowellenradar kann den gesamten Distanzbereich,Sensor – Objekt – Sensor, über Tausende von km abdecken ⇒ 3-D Abbildung,Holographie.

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2 Theoretische Grundlagen zur Radiometrie

2.1 Voraussetzungen• Mikrowellenphysik (Grundsätzliches zu Antennen, Wellenleiter)• Strahlungstransport (Grundsätzliches zur Strahlung)

2.2 Strahlung und Antennen (vorerst unpolarisiert)2.2.1 Spezifische Intensität und LeistungSpezifische Intensität Iν (WHz-1m-2sterad-1) bei Frequenz ν (Hz)Betrachte: Strahlungsfeld im Raum

x3 dΩ

θ R

dA φ x2

x1 r

Strahlungsenergie: dUStrahlungsleistung: dP (= dU/dt)Spektrale Leistungsdichte: dP/dνdurch Flächenelement dA, Ort r in Rich-tung R(θ,φ), Raumwinkel dΩ:

d3P/dν = Iν(r,θ,φ)⋅dA⋅cosθ⋅dΩ (1)

dP/dν = ∫∫Iν(r,θ,φ)⋅dA⋅cosθ⋅dΩ (2)

2.2.2 Wärmestrahlung:Für Strahlung im thermodynamischen Gleichgewicht bei der Temperatur T gilt:

Iν(T) = Bν(T) = ( )1)/exp(

22

3

−ννTkhc

h

b(3a)

mit c = Lichtgeschwindigkeit im Medium, h = Plancksches Wirkungsquantum, kb =Boltzmannkonstante. Für hν<<kbT gilt die Rayleigh-Jeans Näherung für Bν(T):

Iν = Bν(T) ≅ 2

22cTkb ν

(3b)

Strahlungstemperatur: Oft wird Iν durch eine effektive Strahlungstemperatur TB, (inRayleigh-Jeans Näherung Tb) dargestellt, wobei die in (3) enthaltenen Zusammen-hänge zur Definition benutzt werden:

Iν(θ,φ,TB) = ( )[ ]1),(/exp

22

3

−φθνν

BbTkhch

= 2),(2

λ

φθbbTk (4)

In der folgenden Figur wird gezeigt, dass Tb ≤ TB ist, und bei genügend tiefen Fre-quenzen ist die Gleichheit sehr gut angenähert.

2.2.3 Nichtthermische StrahlungMit (4) kann auch nichtthermische Strahlung durch Tb ausgedrückt werden.

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8

0.01 0.10 1.00 10.00 100.000.0010.100

1

10

100

1000

Tb(K)

Frequency in THz

1K10K100K1000K

Rayleigh-Jeans Strahlungstemperatur Tb als Funktion der Frequenz gemäss (4)für TB=1, 10, 100 und 1000K

2.2.4 AntennenEin ideales abbildendes MW-Radiometer sollte als Bildinformation die DatenmengeTb(θ,ϕ), resp. Iν(θ,ϕ); θ,ϕ innerhalb des Bildbereichs erzeugen. Zur Messung dieserGrössen braucht es vorerst Antennen. Zur Kopplung von Strahlungsfeld und An-tenne betrachten wir zwei äquivalente Darstellungen von Iν im homogenen, verlust-freien Medium (keine Streuung und Absorption) entlang des Weges von r1 zu r2:

Iν(r1,θ,φ)

θ1 Iν(r2,θ,φ)

r2-r1

dΩ1 θ2

dA1 dA2

Iν(r1,θ,φ) Antenne

θ1 Iν(r2,θ,φ) dΩ2

r2-r1

θ2

dA1 dΩ2 dA2

d3P/dν=Iν(r1,θ,φ)cosθ1⋅dΩ1⋅dA1

=Iν(r2,θ,φ)cosθ2⋅dΩ2⋅dA2 (5)

mit R= 12 rr − und

dΩ1=dA2cosθ2/R2

dΩ2=dA1cosθ1/R2

⇒ Iν(r1,θ,φ)=Iν(r2,θ,φ)=Iν(θ,φ) (6)

Iν(θ,φ) ist im 'freien' Raum eineerhaltene Grösse.

Bei Antennen wird ein Teil des Strahlungsfelds den angeschlossenen Wellenleiterübertragen. Dieser Teil wird durch die empfangende Fläche, die effektive Anten-nenfläche Ae, ausgedrückt: dΩ1=dAe/R2=dA2⋅cosθ2/R2 (obiges Bsp.); Ae ist richtungs-abhängig (von der einfallenden Strahlung θ,φ und Antennenachse θ0,φ0):

Ae(θ,φ,θ0,φ0)= ∫dAe= ∫dA2⋅cosθ2 (7)

Dann ist dP/dν die aus dem Strahlungsfeld in der Antenne erregte spektrale Lei-stungsdichte (nun mit (5) und (6) und dΩ=dΩ2):

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9

∫ ∫π

ΩνΩ=

νφθ

4

300

21),,(

eA ee dAdd

PddAdd

dP r∫πν Ωφθφθφθ=

400 ),,,(),,(

21 dAI er (8)

Iν ist die auf die Antenne zuströmende Strahlung. Der Faktor ½ folgt aus der An-nahme unpolarisierter Strahlung; Antennen sind auf einen Polarisationszustandausgerichtet, d.h. hier auf die Hälfte der Gesamtstrahlung.

Umformung von (8):Zwischen Direktivität D(θ,φ), Gewinn G(θ,φ) und Ae(θ,φ) gelten Zusammenhänge:

πφθλ

η=πφθλ

=φθ4

),(4

),(),(22 DGA le (9)

wobei die Antennenachse konstant bleibt (θ0,φ0 weggelassen), und ηl ist die Strah-lungseffizienz der Antenne (s. Ulaby et al. Vol. I, S. 104), d.h. 1-ηl ist der Anteil ab-sorbierter Leistung. Für die Direktivität gilt zudem die Normalisierung

∫π

=Ωφθπ 4

1),(41 dD (10)

Als Kenngrössen der Antenne gelten der effektive oder äquivalente ÖffnungswinkelΩe, der nach Bracewell (1966) definiert ist, und die Strahleffizienz ηb bezüglich die-ses Öffnungswinkels:

∫π

Ω=Ω4max

1 DdDe =

max

4Dπ

; ∫Ω

Ωφθπ

=ηe

dDb ),(41

(11)

Mit (9) wird (8) zu

=νddP

∫πν Ωφθφθ

πλη

4

2),(),(

8dDIl (12a)

Zusätzlich entsteht Eigenstrahlung in dissipativen Antennen der Temperatur T0,sodass am Antennenausgang die folgende totale Leistungsdichte ansteht:

=νd

dPtot ∫πν Ωφθφθ

πλη

4

2),(),(

8dDIl + )()1(

2 0

2TBl ν⋅η−

λ(12b)

Eigenstrahlung wird in der Regel durch radiometrische Eichung kompensiert; alskalibrierte Empfangsleistung betrachtet man den Ausdruck Pcal für eine ideale An-tenne (mit ηl=1):

=νd

dPcal ∫πν Ωφθφθ

πλ

4

2),(),(

8dDI (12c)

P1=0.5λ2Bν(T)=kb⋅Tb ist die thermische spektrale Leistungsdichte für einen Wellen-mode (s. Figur für Tb in Abschnitt 2.2.3). Im Rayleigh-Jeans Bereich ist P1=kbT un-abhängig von ν, deshalb bekannt als weisses Rauschen, und für Frequenzen >kbT/hfällt P1 mit zunehmender Frequenz stark ab.

Rayleigh-Jeans Näherung (dPcal/dν=kbTA , TA heisst Antennentemperatur):

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10

TA = ∫π

Ωφθφθπ 4

),(),(41 dDTb (12d)

Die Radiometerleistung Prm erhält man schliesslich durch Integration von dPcal/dν,gewichtet mit der Filterfunktion H(ν) des Sensors, über die Frequenz:

ννν

= ∫∞

dHddP

P calrm

0

)( (13)

und die effektive Strahlungstemperatur des Radiometers Trm entspricht in derRayleigh-Jeans Näherung

νν⋅= ∫∞

dHTB

T AW

rm0

)(1; BW = νν∫

dH0

)( (14)

wobei BW die HF-Bandbreite des Sensors ist. Das Blockdiagramm eines Radiometersist hier dargestellt; zur weiteren Diskussion, s. Abschnitt 2.5.

Prm, Trm τ

Tref

Antenne, Schalter, Filter, Isolator, Verstärker, Powermeter, Integrator Vergleichslast

Vereinfachtes Blockdiagramm eines Mikrowellenradiometers

2.2.5 Illustration mit Modellantennen1) Isotrope Antenne,

D=Diso=1 (15a)

⇒ Ωe=4π, ηb =1, TA = Tiso (iso: isotrop, d.h. Mittelwert von Tb über alle Richtungen)Ungeeignet zur Bilderzeugung, jedoch in gewissen Fällen als Referenzantenne sinn-voll. Zudem folgt aus (9): Aeff=ηl λ2/4π.

2) Ideale Pencil-Beam Antenne, d.h. gebündelte Antenne in Richtung (θ0,φ0) inKugelkoordinaten, resp. (θ1, θ2) in "kartesischen" K., keine Empfindlichkeit aufandere Richtungen

)()(sin4

00 φ−ϕδθ−ϑδϑπ

=D = )()(4 2211 θ−ϑδθ−ϑπδ (15b)

⇒ Dmax=∞, Ωe=0 , ηb =1, TA = ),( 00 φθbT = ),( 21 θθbT

Ideal zur Bilderzeugung. Wegen Beugung bei allen physikalischen Antennen ist dieRichtwirkung jedoch eingeschränkt ⇒ die ideale Pencil-Beam Antenne ist nicht rea-lisierbar.

3) Modellantenne 0:

<<=ϑ<ϑΩϕϑΩπ=

=sonst

DhdinnerhalbDD

;01/2..;,;/4 00000 (15c)

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11

⇒ Ωe= Ω0 , ηb =1, TA = ∫Ω

ΩϕϑΩ

0

),(1

0dTb = Tbeam

Tbeam : Mittelwert von Tb über Antennenstrahl

-0.3 -0.2 -0.1 0.0 0.1 0.2 0.3

0

200

400

600

800

1000

1200

D

teta

Direktivität von Modellantenne 0 fürD0=1000, ⇒ ϑ0=0.0632.

Diese Antenne ist geeignet zur Illu-stration von Effekten endlicher Win-kelauflösung. Was unberücksichtigtbleibt, ist Strahlung aus Nebenkeu-len (ausserhalb Ω0), die oft nicht ge-nügend unterdrückt werden kannund dadurch eine Reduktion von ηb

bewirkt. Realistischer ist deshalbfolgende Antenne

4) Modellantenne 1:

11

01max /10;;

1;)1(Damit

sonstaDinnerhalbDaD

D <≤ <<Ω+=

= (15d)

(10) ⇒ a

Dπ+Ω

π=

44

01 ;

aa

e +π+Ω

=Ω1

40 ; 00 1

11

1aDaD

ab +

≅++

=η , für a<<1

TA = ηb⋅Tbeam + (1-ηb)⋅ Tiso (mit 01

1aDb +

=η )

wobei D0 gegeben ist gemäss (15c). Hier ist TA ein über ηb gewichtetes Mittel von Tiso

und Tbeam. Ein abbildender Sensor sollte nur von der letzteren abhängen (ηb≅1). Umhohe Strahleffizienz (ηb≅1) zu erreichen, muss gelten a << 1/D0. Für eine starkgebündelte Antenne ist D0>>1, typisch D0=10'000 (=40 dB, voller Öffnungswinkel0.65°). Die Ungleichung für a ist also eine sehr starke Forderung, die sich mitzunehmendem D0 verschärft!Schlecht realisierbar ist der abrupte Übergang von D am Rand des Strahls. Reali-stischer sind glockenförmige Diagramme; ein Beispiel dafür ist die Gausskurve, s.folgende Bsp.:

5) Gauss'sche Antenne mit guter Richtwirkung ( 01ϑ und 02ϑ <<1)

ϑ

ϑ−

ϑ

ϑ−=ϑϑ 2

02

22

201

21

021 exp),( DD ; resp.

ϑ

ϑ−=ϕϑ 2

0

2

0 exp),( DD (15e)

Hier sind ϑ1 und ϑ2 Winkel zur Antennenachse in 2 orthogonalen Richtungen, ge-geben durch die Winkel ϑ1 und ϑ2, wobei ϑ01 und ϑ02 die Breite der Antennenkeulein den beiden Richtungen bestimmen. Im symmetrischen Fall (ϑ01=ϑ02=ϑ0) hängt D

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12

nur vom Winkel ϑ zur Antennenachse ab. Mit der Normierung (10) wird Dmax, wiein (15c):

02010max

4ϑϑ

== DD ; resp. 20

04ϑ

=D (16)

-0.3 -0.2 -0.1 0.0 0.1 0.2 0.30.01

0.10

1.00

10.00

100.00

1000.00

D

teta

Beispiel eines gaussförmigenAntennendiagramms D(teta=ϑ )für D0=103, 0201 ϑ=ϑ =0.0632

Bei Annahme starker Richtwirkung (dΩ=sinϑdϑdϕ≅ϑdϑdϕ=dϑ1⋅dϑ2) lässt sich aucherreichen, dass die Integration auf den Bereich von ϑ1,2 über ±∞ ausgedehnt werdenkann, was Berechnungen vereinfacht. So wird der effektive Öffnungswinkel Ωe, wiein (15c):

∫ ∫∫∞

∞−

∞−π

ϑϑ≅Ω=Ω 2104max

11 dDdD

DdDe = 0201

0

4ϑπϑ=

πD

; resp. 20πϑ=Ωe

Im Abstand r beschreibt Ωe eine Ellipse der Fläche 02012 ϑπϑr , resp. im symmetri-

schen Fall einen Kreis der Fläche 20

2ϑπr . Auf dem Rand ist die Direktivität D =D0/e ; wobei e=2.718. Bezüglich dieses Strahls ist die Strahleffizienz <1, nämlich(Aufgabe: Nachprüfen für den symmetrischen Fall):

11 −−=η eb = 0.6321 (17a)

Die volle Breite (von Rand zu Rand) der Antennenkeule beträgt hier∆e=2 00 /4 D=ϑ , und beim Rand mit D=D0/2: ∆2=2 2ln 0ϑ =1.665 00 /33.3 D=ϑ .

Bemerkung: Vergrössert man Ωe um den Faktor K, d.h. ΩeK =KΩe, so verringert sichD am Rand auf 0De K− , und die Strahleffizienz vergrössert sich auf

Kb e−−=η 1 (17b)

Die Strahleffizienz hängt also von der definierten Grenze des Strahls ab. TA wird zu

∫ ∫∞

∞−

∞−

ϑϑϑϑϑϑπ

= 212121 ),(),(41 ddDTT bA (18)

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13

6) Gauss'sche Antenne mit isotropem Hintergrund: Auch bei Antennen mit Gauss-Strahlen besteht oft ein Hintergrund, der durch einen isotropen Term approximiertwerden kann, was zu folgender Direktivität führt, wobei D0 definiert ist wie in (16)

10;exp)1( 0202

22

201

21

00 <≤

ϑ

ϑ−

ϑ

ϑ−−+= aDaDaDD (15f)

-0.3 -0.2 -0.1 0.0 0.1 0.2 0.3

0.10

1.00

10.00

100.00

1000.00

D

teta

Figur: Antennendiagramm vonD(teta=ϑ ) für a=10-4, D0=103,⇒ 0201 ϑ=ϑ =0.0632, Dmax=900.1(20) ⇒ ηb ≤ 0.9

Die Raumwinkel-Integration hat sich beim konstanten ersten Term über 4π zu er-strecken, hingegen beim stark gebündelten Gauss-Strahl kann sie sich auf ±∞ aus-dehnen. ⇒ Test (15f) mit (10). Für Dmax finden wir nun den reduzierten Wert

[ ])1( 00max aDaDD −+= (19)

Definieren wir den Raumwinkel des Strahls durch ΩeK wie in der Bemerkung zu 5),so wird die Strahleffizienz ηb zu

)1)(1(4 00

KeKb eaDaD −−−+

πΩ

=η ; für 1;14

<<<<π

Ω −KeK e ⇒ 01 aDb −≅η (20)

Dies ist ein ähnliches Resultat wie in 4); für ein gutes Radiometer muss auch hiergelten: aD0<<1, und K kann aus der Forderung eines minimalen Werts von ηb fest-gelegt werden.

2.2.6 Darstellung von TA als Faltungsintegral über Tb(x1,x2)Wir betrachten die Situation eines Sensors zur Abbildung der Erdoberfläche:

Radiometer

Strahlung der Erdoberfläche

θ Antennenstrahl

Tb Fusspunkt

Radiometer zur Abbildung der Erdoberfläche

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14

Idealisierung: Horizontale, ebene Fläche als Strahlungsquelle Tb=Tb(x1,x2,x3=0,θ,φ)

Grundriss x2

dx2 P(x1,x2,0) r12 dx1

φ x1

Einfallsebene x3

h

θ r P(x1,x2,0)

r12

Gegeben: Antennendiagramm D(θ,φ), Tb, Sensorhöhe h, Nadirwinkel der Antennen-achse θ0, Koordinaten x1, x2. Die Antennenachse schneide die (x1,x2)-Ebene bei x1=x01, x2= x02.

Gesucht TA. Nach (12d) ist TA = ∫π

Ωφθφθπ 4

),(),(41 dDTb , wobei

dΩ=dx1⋅dx2⋅cosθ/r2 ; r= 222

21 hxx ++ ; r12= 2

221 xx + ; cosθ=h/r ; sinφ=x2/r12 (21)

Zu beachten ist, dass θ und φ von den Koordinaten x1, x2 abhängt und dass dieStrahlung der Oberfläche nur den Raumwinkel 2π überstreicht. Strahlung von deroberen Hemisphäre TA⇓ kann über Seitenkeulen ebenfalls in die Antenne gelangen(Beitrag sollte jedoch genügend klein sein). TA besteht nun aus der Summe

TA=TA⇑ +TA⇓ (22a)

mit dem dominanten Term TA⇑ als ein Integral über die strahlende Fläche

TA⇑(x01,x02)= ∫ ∫∞

∞−

∞−

−−π 3

2120210121 ),(),(

4 rdxdxxxxxDxxTh

b (22b)

Für genügend stark gebündelte Antennen (Narrow-Beam Approximation) kann man rim Zähler von (22b) als konstant annehmen und durch r ≅ r0=h/cosθ0 ersetzen:

TA⇑ ≅ ∫ ∫∞

∞−

∞−

−−⋅π

θ21202101212

03

),(),(4

cosdxdxxxxxDxxT

hb (22c)

Einen gleichwertigen Ausdruck erhält man auf Grund der Normierung (10) für denFall, dass keine Strahlung aus der oberen Hemisphäre (TA⇓=0) empfangen wird:

TA (x01,x02)=TA⇑ ≅

∫ ∫

∫ ∫∞

∞−

∞−

∞−

∞−

−−⋅

2121

2120210121

),(

),(),(

dxdxxxD

dxdxxxxxDxxTb(22d)

Falls D auch aus einem isotropen Anteil besteht (gemäss Beispiel 4 oder 6), sindTerme mit Anteilen von ausserhalb des Hauptstrahls zu berücksichtigen. Glei-chungen (22c,d) enthalten ein 2-dimensionales Faltungsintegral. Es entstand ausder Näherung des Narrow-Beam. Faltungsintegrale sind charakteristisch für fil-trierte Daten (Bracewell, 1966). Das vorliegende Filter ist die Sensorantenne.

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15

2.2.7 Beispiel: Gaussförmiger Strahl in der Narrow-Beam ApproximationBsp. 5 oben mit Gl. (15e), s. auch Han und Westwater (2000) für die Beobachtungder Atmosphäre vom Boden aus. Der Bezug zwischen Winkel- und Ortskoordinatender Oberfläche ist gegeben durch

0011

1 cosθ−

≅ϑrxx

; rxx 022

2−

=ϑ ; 01

1 cosθ≅ϑrdx

d ; rdx

d 22 =ϑ (23)

und die Integration kann sich in x1 und x2 über ±∞ erstrecken, d.h. über eineHemisphäre. Zu beachten ist, dass Tb oft nicht nur von der Richtung (θ,φ) abhängt,sondern auch von der Polarisation.

2.3 Polarisation2.3.1 Grundlagen, s. Kraus (1966), Papas (1965), Kong (1986).Wegen der transversalen Schwingung elektromagnetischer Wellen besitzt dieStrahlung Polarisationseigenschaften, die durch das elektrische Feld beschriebenwerden. Orientieren wir die 3. Koordinatenachse entlang der Ausbreitungsrichtungeiner e.m. Welle der Frequenz ν, so kann das transversale elektrische Feld beschrie-ben werden als

E0 = (E01, E02, 0)⋅exp(-2πiνt)

Die Amplituden mögen zeitlich (langsam gegenüber 1/ν) fluktuieren. Die Teilintensi-täten I1 und I2 lassen sich darstellen als zeitliche Mittelwerte

I1 = Z

E2

201 und I2 =

ZE2

202 ; Z = µε / (24)

Z: Wellenimpedanz (377 Ω im Vakuum), ε: Dielektrizitätskonstante, µ magnetischePermeabilität. Die Stokesparameter, I , Q, U und V sind definiert durch:

I = I1 + I2 ; Q = I1 – I2 (25)

U = ZEE )Re( 0201∗⋅

; V = ZEE )Im( 0201∗⋅

(26)

Der Polarisationsgrad der Strahlung ist

IVUQ 222 ++

=ρ ≤ 1 (27)

Beziehungen zu Elliptizität, Achsverhältnis, Hauptachsen, etc.: → Literatur.Der Stokesvektor ist das Set der 4 spezifischen Intensitäten mit Polarisationseigen-schaften der Stokesparameter:

1. Version: =νI

VUQI

; oder 2. Version: =νI

VUII

2

1

(28)

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16

2.3.2 Gründe für diese Darstellungsart• Der Stokesvektor beschreibt die Polarisation vollständig.• Jeder Polarisationszustand ist mit dem Stokesvektor beschreibbar.• Die 4 Stokesparameter sind, abgesehen von Ungleichung (27), unabhängig von-

einander und haben dieselbe Dimension.• Stokesvektoren verschiedener, unabhängiger Quellen sind additiv.• Lineare Transformation der Stokesparameter bei Rotation der Achsen: Chandra-

sekhar (1960), p. 34-35.

2.4 Antennenstrahlung und Polarisation2.4.1 Eindeutigkeit bei SendebetriebAntennen arbeiten in einem einzigen Mode, definieren daher eindeutig einen Pola-risationszustand der Welle bei der Abstrahlung. Zwischen Abstrahlebene und jedemOrt des Raums besteht für Feldrichtung und Phase ein fester Zusammenhang. Dasel. Feld von Strahlung ist also eindeutig bestimmt und der Polarisationsgrad istρ=1.

2.4.2 Polarisation einer Welle im FernfeldZur Beschreibung der Polarisation ist die skalare Beugungstheorie der physikali-schen Optik ungenügend. Wir benötigen eine vektorielle Behandlung (Kong, 1986).Danach kann das elektrische Feld E einer Welle der Wellenlänge λ im Fernfeld -Abstand r in Richtung k=(k1,k2,k3) dargestellt werden (Kong, 1986) als

)ˆ(ˆ),,( 11 ErrEE ⋅−=ϕϑr ; 21210

2

12211),( dxdxexx

rie xikxik

Apertur

tiikr−−

πν−

∫∫λ= EE (29)

wobei k/ˆ kr = und k=k=2π/λ die Wellenzahl ist. E1 ist ein Hilfsfeld, das zurBerechnung von E benötigt wird; sie bewirkt u.a., dass das Fernfeld in jeder Rich-tung transversal ist und dass E verschwindet, wenn k||E0. Nach (29) geht E1 aus der2-dimensionalen Fouriertransformation des erregenden Feldes E0 in der Aperture-bene (x3=0) hervor. An die Stelle von E0 kann auch ein erregender Strom in irgendeinem Volumen der Antenne treten.

2.4.3 Eindeutigkeit bei EmpfangWegen der Reziprozität besteht Eindeutigkeit auch bei Empfang. Empfangen wirdnur derjenige Teil der Strahlung, welcher der Polarisation der Antenne entspricht, s.Gl. (32).

2.4.4 Antennen- StokesparameterDie Antennenpolarisation kann durch die Antennen-Stokesparameter charakteri-siert werden. Sie ersetzen die effektive Antennenfläche von Abschnitt 2.2:

Ae ⇒ Ae =

V

U

Q

I

AA

AA

= aeA ; mit

=

V

U

Q

aa

a1

a (30)

Wegen der vollständigen Polarisation der Antennenstrahlung gilt

222VUQeI AAAAA ++== oder (aQ)2+(aU)2+(aV)2 = 1; d.h. a⋅a=2 (31)

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17

Der Ausdruck (8) für die zu empfangende Leistung wird nun zu einem Skalarpro-dukt (Kraus, 1966; Papas, 1965):

ΩνddPd 2

),(),(21

φθ⋅φθ= ν eAI ; resp. νddP

∫π

ν Ωφθ⋅φθ=4

),(),(21 deAI (32)

2.4.5 BeispielStrahlung in Richtung der ξ3 Achse mit linearer Polarisation gemäss E01=E0cosϕ,E02=E0sinϕ: ⇒ Q=I⋅cos(2ϕ), U=I⋅sin(2ϕ), V=0, ρ=1.Eine linear polarisierte Antenne empfange die Strahlung. Das eigene el. Feld derAntenne sei geneigt um Winkel α zur ξ1 Achse:⇒ AI=Ae, AQ=Ae⋅cos(2α), AU=Ae⋅sin(2α), AV =0.

ξ2

ϕ

ξ1

ξ2

α

ξ1

Im Vergleich mit der maximal möglichen Erregung wird das Feld in der Antennewegen der Verdrehung um den Winkel ϕ-α reduziert um den Faktor cos(ϕ-α), undauf Leistung bezogen ist die Reduktion ein Faktor cos2(ϕ-α). Dieses Resultat folgtnun auch aus (32) mit V=0:

( )UQe UAQAIAddPd

++=Ων 2

12

= ( )αϕ+αϕ+ 2sin2sin2cos2cos12eIA = ( ))22cos(1

2α−ϕ+eIA = )(cos2 α−ϕeIA (33)

Sind die Polarisationsrichtungen parallel (α=ϕ), ist die Leistung maximal; sind sieum 90° verdreht, so verschwindet die Leistung:

eIAddPd

=Ων

2, (α=ϕ); 0

2=

ΩνddPd

, (α = ϕ ± π/2)

Bei unpolarisierter Strahlung ist die empfangene Leistung gleich dem Mittel obigerExtremwerte.

2.5 Das Radiometer2.5.1 RekapitulationIn der bisherigen Betrachtung passiver, abbildender Systeme konzentrierten wiruns auf den Übergang, Strahlungsfeld - Antenne; insbesondere stellten wir fest,dass die empfangene spektrale Leistungsdichte eine Faltung des Strahlungsfelds(inklusive Polarisation) am Ort des Sensors mit der Richtungscharakteristik derAntenne ist. Das Strahlungsfeld wird durch 4 Stokesparameter charakterisiert; ihreDimension ist je nach Konvention diejenige der spezifischen Intensität oder derStrahlungstemperatur.Hier soll die Funktion der weiteren Komponenten des Radiometers (s. Blockdia-gramm) kurz erklärt werden, s. auch Kraus (1966) und Vorlesung, Mikrowellen-technik, von A. Magun.

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18

P, Trm τ

Tref

Antenne, Schalter, Filter, Isolator, Verstärker, Powermeter, Integrator Vergleichslast

Vereinfachtes Blockdiagramm eines Mikrowellenradiometers

2.5.2 Schalter und VergleichslastDa die zu empfangende spektrale Rauschleistungsdichte P1 nach Gleichung (12)sehr klein ist, kann sie in der Regel nicht direkt gemessen werden (Ausnahmenexistieren bei extrem gekühlten Bolometern). Daher müssen Verstärker eingesetztwerden, welche neben der Verstärkung zusätzliche, zeitlich driftende Rauschlei-stung hinzufügen. Zur Kompensation muss die zu messende Leistung mit einerbekannten Referenzleistung vergleichen werden. Die Referenzquelle realisiert mandurch eine reflexionsfrei abgeschlossene Leitung (d.h. r=0 ⇔ a=1, Abschnitt 4.2) beibekannter Temperatur Tref. Die spektrale Referenzleistungsdichte beträgt nach (12):

P1ref = )(2

2

refTBν⋅λ

. Der Vergleich entsteht durch Umschalten zwischen Antenne

und Vergleichslast. Damit sich beim Vergleich keine Fehler einschleichen, sollte derSchalter ideal (keine Verluste, keine Reflexion) sein.Bei schnellem Schaltzyklus mit synchronisierter (analoger) Subtraktion der Signal-leistungen von Antenne und Referenz spricht man von einem Dickeradiometer unddem Dickeschalter (s. Kraus, 1966).

2.5.3 FilterDas Bandpassfilter wurde bereits in Abschnitt 2.2.4, Gl. (13), (14) besprochen. Andie Stelle des einzelnen Filters kann ein ganzer Satz von Filtern oder ein Spektro-meter treten mit entsprechender Aufteilung des Signals. Bedingung ist, dass dieEigenschaften von Antenne, Schalter und Vergleichslast für alle Frequenzen gleichoder wenigstens bekannt sind. Im Zeitbereich entspricht das Filtern einer Faltung.

2.5.4 IsolatorDer Isolator lässt das Signal in der Vorwärtsrichtung ungehindert durch, in derGegenrichtung wird es jedoch vollständig absorbiert. Hier besteht die Aufgabe desIsolators in der Unterdrückung von Kopplungseffekten zwischen Verstärker undEingangsteil (Antenne, Schalter, Filter); insbesondere dürfen Impedanzänderungen(bedingt durch das Umschalten) am Verstärkereingang nicht bemerkt werden, denndiese Impedanz beeinflusst die Parameter des Verstärkers.

2.5.5 VerstärkerDas Hochfrequenzsignal wird mit dem Gewinnfaktor G verstärkt, damit die Leistunggemessen werden kann. Mit Dioden werden Leistungen im µW- Bereich detektiert.

2.5.6 PowermeterDie Leistungsmessung geschieht in der Regel mit Detektordioden im quadratischenBereich der Kennlinie. Die Ausgangsspannung des Detektors ist somit proportionalzur Eingangsleistung P=G⋅(Prm+PN), wobei Prm die Signalleistung und PN die Eigen-

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rauschleistung des Verstärkers ist (entsprechend Rauschtemperaturen von SignalTrm und Eigenrauschen TN).Beispiel: TN =900K, Trm=10-320K, BW=100MHz, G=60dB ⇒ P=GkbBW(Trm + TN.)=1.2-1.7µW.

2.5.7 Dynamischer BereichDer dynamische Bereich ist das Verhältnis der maximalen zur minimalen Ein-gangsleistung, =32 im obigen Beispiel. Obwohl dieser Bereich recht gross ist, istderjenige von P wegen des Eigenrauschens wesentlich kleiner (1.4). Dies ist einVorteil zur Einhaltung der Linearität bei der Leistungsmessung.

2.5.8 IntegratorZur zeitlichen Mittelung des Signals wird ein Tiefpassfilter benutzt, z. Bsp. ein RCGlied mit der Integrationszeit τ=R⋅C, wobei R der Widerstand und C die Kapazitätbedeuten. Es kann auch wünschenswert sein, ein aufwendigeres Tiefpassfilter zubenutzen, s. dazu Poe (1990). Nach dieser ersten Integration folgt in der Regel dieDigitalisierung des Signals mit anschliessender Signalverarbeitung.

2.5.9 Radiometrische AuflösungUnter der radiometrischen Auflösung ∆Tmin versteht man den statistischen Fehlerbei der Messung von Trm , also die Standardabweichung bei wiederholter Messungunter gleichen Bedingungen. Für Radiometer ohne Gewinnschwankungen gilt

∆Tmin= KR

s

Nrm

NTT +

= KR W

Nrm

BTT

τ

+(34)

wobei τ die Messdauer, Ns=τBW die Anzahl unabhängiger Samples (Wellenzustände)pro Messung und KR ein vom Radiometertyp abhängiger Faktor (KR =1 bis 2) be-deuten.Beispiel: Dickeradiometer (KR=2) mit gleichen Parametern wie oben, TN =900K,Trm=10-320K, BW=100MHz, τ=1s ⇒ ∆Tmin=0.18-0.24K.

2.6 Zur Bilderzeugung mit RadiometernZur Bilderzeugung mit Radiometern bestehen eine Reihe von Möglichkeiten, s. dazuauch die Übersichtsarbeit von Goldsmith et al. (1993):

2.6.1 Einzelnes, mechanisch abtastendes Radiometer an festem StandortDas Radiometer tastet mit einer Einzelantenne der Reihe nach Positionen im ge-wünschten Winkelbereich ab. Dies ist die klassische Methode der Radioastronomie(Kraus, 1966), wenn die Dauer der Abtastung keine Rolle spielt (wobei die Erdrota-tion durch die Antennennachführung zu kompensieren ist). Das ∆Tmin ist hier ver-knüpft mit der Anzahl Bildpunkte NBild=NzNs (Anzahl Zeilen Nz, Anzahl Spalten Ns)und der Messdauer tBild für ein Bild τ = tBild/NBild. Zur Modellierung der Radiometer-optik mit physikalischer Optik im Fernfeld, s. Kapitel 3, mit Gauss'scher Quasiop-tik, s. Goldsmith (1998).Nach (36) ist die Winkelauflösung im Fernfeld gegeben durch 2ϑ0=0.911a/f, wobei ader Hornradius und f die Brennweite des beugungsbegrenzenden Elements (hier dieLinse) ist. Ausgedrückt durch den Linsendurchmesser d wird nach (38) mit d=4b:2ϑ0=1.28λ/d ≅ λ/d.

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20

ϑ0 , Ωe

θ0, φ0

Einzelradiometer zur Abtastung im Richtungsraum (θ0, φ0)

2.6.2 Einzelnes, mechanisch abtastendes Radiometer auf bewegter PlattformAbtastende Radiometer - oft in mehreren Kanälen zur Darstellung mehrerer Fre-quenzen und Polarisationen - sind auch in der Erdfernerkundung die bisherbevorzugte Form abbildender Systeme. Sie werden von Flugzeugen und Satellitengetragen. Da die Fluggeschwindigkeit in der Regel vorgegeben ist, ist es auch weit-gehend die Abtastgeschwindigkeit (z. Bsp. Poe, 1990, Schanda, 1971). Liegen dieZeilen quer zur Flugrichtung, so ist die Fluggeschwindigkeit v begrenzt auf

v ≤ Lv/Nzτ (35)

wobei Lv die Ausdehnung des Bildpunkts in Flugrichtung ist.

2.6.3 MehrstrahlradiometerAnstatt mit einem einzigen Radiometer abzutasten, können mehrere nebeneinanderin der Fokalebene eines fokussierenden Systems (Linse oder Reflektor) eingesetztwerden. Dadurch verkürzt sich die Beobachtungszeit im vgl. zum Einzelradiometerbei gleichem Signalrauschen um den Faktor NR der Anzahl Radiometer. Wün-schenswert wäre NR=NBild, was jedoch aus verschiedenen Gründen unrealistisch ist.Ein Problem besteht darin, dass der Abstand c direkt benachbarter Bildpunkte inder Fokalebene nicht grösser sein sollte als der Radius, a, des einzelnen Feedhorns.

a b 1 c 2

3

Brennweite f Linse

Radiometersystem mit drei Hornantennen in der Fokalebene einer Linse.

Der Winkelabstand im Fernfeld zwischen benachbarten Strahlen sei ∆θ (z. Bsp. vonAntenne 1 und 2). Die Breite 02ϑ des Strahls sei durch die Beugung in der gezeich-neten Ebene bedingt (Annahme kleiner Beugungswinkel). Dann erhalten wir gemässobiger Figur und Zwischenkapitel 3.1:

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21

fc

=θ∆ ;fa911.02 0 =ϑ (36)

Nach dem Abtasttheorem (Zwischenkapitel 3.3) ist der maximale Winkelabstandzwischen Bildpunkten max0max /2 D=ϑ=θ∆ . Angewandt auf (36) bedeutet dies,

dass für c, unabhängig von f und λ, gefordert wird:

c ≤ 0.46a (37)

Diese Forderung ist geometrisch nicht erfüllbar. Das Problem wird durch einenrealisierbaren Hornabstand von c>2a gelöst, dafür müssen wiederholte Messungennach Verschieben des Hornarrays um Bruchteile von c, gemäss (37), durchgeführtwerden.Im Prinzip könnten auch kleine, nicht beugungsbegrenzte Feedelemente (HertzscheDipole) in dichter Packung eingesetzt werden; dabei entsteht aber eine starkeKopplung zwischen benachbarten Elementen, was die Modellierung der Strahlenerschwert. Die Kopplung hängt ab vom Abstand, der Art und Orientierung derAntennen.Der Durchmesser d der Linse hängt von der Länge h ab des Hornarrays und vomzulässigen Randtaper bei der Beleuchtung mit dem äussersten Horn. Folgende Wahldürfte vernünftig sein

d = h+4b= h+afλ4.1 (38)

Wird die Linse zu klein, so entstehen zusätzliche Beugungsmuster durch den Lin-senrand (abgeschnittene Gaussfunktion).

2.6.4 Multielement InterferometerUm allzugrosse Antennen zu vermeiden, kann man hohe Winkelauflösung auchdurch interferometrische Techniken erreichen. Dazu werden die Signale auseinan-derliegender Antennen überlagert und korreliert. Das Bild erscheint als 2-dimen-sionale Fouriertransformation der entstehenden Visibilitätsfunktion, die für allemöglichen Antennenabstände zu messen ist. (Details dazu folgen später).

2.6.5 Phased Array SystemPhased Array Systeme sind speziell vernetzte Interferometer mit NBild Signalausgän-gen, welche direkt jedem Bildpunkt zugeordnet werden können. Die Fouriertrans-formation ist also hardwaremässig vorhanden.

2.6.6 Direction FinderBesteht das Objekt aus einer oder wenigen Punktquellen, ist nicht ein eigentlichesBild gefragt, sondern es geht darum, Richtung, Intensität und zeitliche Entwicklungder Quellen zu bestimmen. Dazu braucht es spezifische Teilinformation von Bildern,die mit geeigneten Antennen erhältlich ist. Eine Monographie zu diesem Themastammt von Lipsky (1987). Die Existenz der Quelle wird mit einer isotropen oderentsprechend weitwinkligen Antenne festgestellt, und die Richtung wird ausVerhältnissen der Empfangsleistung von Antennen mit überlappenden Keulenerhalten. Die erreichbare Genauigkeit der Richtungswinkel kann viel besser sein alsdie Winkelauflösung der Antenne, s. z. Bsp. Herrmann et al. (1992) für die Messungsolarer Eruptionen.

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22

3 Zwischenkapitel

3.1 Beugungsbedingte Strahlbreite bei der FokalebenenkameraDie volle Breite, 02ϑ , des (äquivalenten) Antennenstrahls aus Abschnitt 2.6.3 lässtsich in 2 Schritten abschätzen; dazu nehmen wir Fernfeldbedingungen an:

3.1.1 Berechnung des Strahlradius b auf der Linse bei Bestrahlung mitbeugungsbegrenztem Horn mit Radius aWir nehmen an, das Horn erzeuge einen beugungsbegrenzten gaussförmigen Strahl(z. Bsp. mit einem langen, gerillten Horn, s. Goldsmith, 1998, S. 172). Die Feldver-teilung E(r) an der Hornöffnung (Waist- Radius w0) entspricht einer Gaussfunktion

20

2 /0)( wreErE −= ; mit aw 644.00 ≅ (1)

und die Leistungsverteilung ist proportional zu2

022

02 /2

0/22

02)( rrwr eEeErE −− == ; mit r02 = w02/2 = 0.2074a2 (2)

Die Fouriertransformation von (1) gibt die Winkelverteilung im Fernfeld, s. (11):21

2 /5.02002)( ϑϑ−π=ϑ erEE (3)

und der Leistung21

2 /2200

2 2)( ϑϑ−π=ϑ erEE ; mit 101 )( −=ϑ kr (4)

Auf der Linse entsteht eine gaussförmige Leistungsverteilung mit 1/e- Radius b22 /2

02)( br

b eErE −= ; mit 1ϑ= fb (5)

3.1.2 Beugungsbedingte Strahlöffnung im Fernfeld der LinseWiederholung des obigen Vorgangs, nun mit Beugung am gaussförmigen Strahl aufder Linse. Aus r0 wird b und aus 1ϑ wird 0ϑ :

10 )( −=ϑ kb =

fa

fr

kf455.01 0

1==

ϑ(6)

Die Gesamtbreite beträgt 02ϑ , und die Direktivität der Gesamtantenne ist

ϑ

ϑ−=ϕϑ 2

0

2

0 exp),( DD ; mit 2

2

20

03.194afD =

ϑ= (7)

3.1.3 Point-Spread Function (PSF)Unter der Point-Spread Function versteht man das sensorbedingte Bild einerPunktquelle. Liegen die Bildkoordinaten in der Fokalebene (x1,x2), so entsteht dortein seitenverkehrtes Abbild der Direktivität, dessen Maximum (x1max,x2max) dieRichtung zur Punktquelle bestimmt. Normiert man die PSF auf den Maximalwert=1, so wird nach (2) mit r2=(x1- x1max)2+(x2- x2max)2

[ ] [ ]220 )455.0/(exp)/(exp arrrPSF −=−= (8)

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23

3.2 Abschätzung des Bildspektrums3.2.1 Zweidimensionale Fouriertransformation, FaltungstheoremDie Ausdrücke (22b)-(22d) in Kapitel 2 sind 2-dim. Faltungen (Convolution) derStrahlungstemperatur Tb mit dem Antennendiagramm D. Gemäss Faltungstheorem(Bracewell, 1966, S. 110) ist das Winkelspektrum des Bildes gleich dem Produkt derRichtungsspektren bT

~(ν1, ν2) und D~ (ν1, ν2). Die Spektren erhält man durch 2-dim.

Fouriertransformation (FT):

∫ ∫∞

∞−

∞−

νϑ+νϑπ− ϑϑϑϑ=νν 21)(2

21212211),(),(~ ddeAA i (9a)

mit der Rücktransformation

∫ ∫∞

∞−

∞−

νϑ+νϑπ νννν=ϑϑ 21)(2

21212211),(~),( ddeAA i (9b)

Ist A nur abhängig von ϑ=(ϑ12+ϑ22)0.5, vereinfachen sich (9a,b) zur Hankeltransfor-mation (Bracewell, 1966) mit der Besselfunktion J0 der Ordnung 0:

∫∞

ϑϑπϑϑπ=ν0

0 )2()(2)(~ dJAA ; ∫∞

ννπννπ=ϑ0

0 )2()(~2)( dJAA (9c)

3.2.2 Richtungsspektrum von Modellantennen, ihre GrenzfrequenzModellantenne 0Nach (15c) aus Abschnitt 2 ist

<<=ϑ<ϑΩϕϑΩπ=

=sonst

DhdinnerhalbDD

;01/2..;,;/4 00000

Damit wird

νπϑνπϑ

π=ν0

012

)2(8)(~ JD ; J1(x)=-J0'(x); 1. Nullstelle bei ν=0.610/ϑ0 (10a)

GaussantenneDas Spektrum D~ (ν1, ν2) erhalten wir aus der bekannten Direktivität. Für dieGaussfunktion in der folgenden Form gilt die 1-dim. FT (Bracewell, 1966):

2

)( xexf π−= ; 2

)(~ πν−=ν ef (11)

Wegen der Separierbarkeit der Gaussfunktion wird

∫ ∫∞

∞−

∞−

νπϑ−ϑϑ−νπϑ−ϑϑ− ϑϑ=νν 22)/(

12)/(

02122

20211

201),(~ deedeeDD ii

20

22

220

21

2

22 ϑνπ−ϑνπ− π⋅π= ee20

22

4 ϑνπ−π= e ; mit ν2=ν12+ν22 (10b)

Die beiden Spektren (10a) und (10b) sind in der folgenden Figur für D0=1000(ϑ0=0.0632) dargestellt. Beide Spektren sind ähnlich für Frequenzen <10/radian,entsprechend <0.175/Winkelgrad.

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24

0 5 10 15 20 25 30 35 40-4

-2

0

2

4

6

8

10

12

14

Frequenz

Richtungsspektren fürModellantenne 0 (aus-gezogen) und für dieGaussantenne (gestri-chelt), beide mitD0=1000.

GrenzfrequenzWegen hoher Frequenzanteile kann bei Modellantenne 0 kaum eine Grenzfrequenzdefiniert werden. Bei der Gaussantenne ist jedoch eine deutliche Dämpfung hoherFrequenzen vorhanden, was die Definition einer Grenzfrequenz ermöglicht.Das Spektrum wird bei ν>ν0=1/ϑ0 stark gedämpft, d.h. bei ν=ν0 beträgt die Dämp-fung gegenüber tiefen Frequenzen exp(-π2)=5.2⋅10-5, und bei ν=0.5ν0 ⇒ exp(-π2/4)=0.085. Wir können ν0 oder besser νc=0.5ν0 als Grenzfrequenz betrachten:

νc=0.5ν0= 0/5.0 ϑ (12)

entspricht etwa der ersten Nullstelle (10a) des Spektrums von Modellantenne 0.

3.3 AbtasttheoremUm zu bestimmen, wie dicht die Messpunkte beim Abtasten eines Bildes liegenmüssen, gelangt das Abtasttheorem (von Shannon, resp. Nyquist) zur Anwendung.Dazu stellt man sich das 2-dimensionale Richtungsspektrum des Bildes vor. DasAbtasttheorem besagt, dass die minimale Abtastrate doppelt so hoch ist wie diehöchste interessierende Frequenz (Grenzfrequenz νc); nach (12) entspricht νc deminversen Wert der Winkelauflösung der Antenne (volle Breite der Antennenkeule, beigaussförmigen Diagrammen ∆e=2 00 /4 D=ϑ ). Durch Verallgemeinerung erhalten

wir mit D0=Dmax die minimale Abtastfrequenz νmin und den maximalen Win-kelabstand ∆θmax zwischen 2 benachbarten Bildpunkten aus Dmax

νmin =2νc=ν0= 0/1 ϑ = max5.0 D ; max0max /2 D=ϑ=θ∆ (13)

Falls das Abtasttheorem nicht erfüllt ist, können sich - wie beim Moirémuster -Beiträge höherer Bildfrequenzen in den abgetasteten Bereich einmischen; dieserEffekt heisst Aliasing. Die Frequenz νa, zu welcher sich die wahre Bildfrequenz νüberträgt (gealiast wird), ist gegeben durch

2)1( s

akv ν+

−=ν ; für 2

)2(2

ss kk ν+≤ν≤

ν(14)

wobei νs die Samplingfrequenz (Abtastrate) und k eine ungerade Zahl ist (Klein,1997, S.280-284).

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25

3.4 Van Cittert-Zernike TheoremVerschiebt man einen abbildenden Sensor seitwärts um eine kleine Distanz c, soverändert sich am Bild praktisch nichts, falls sich das Objekt im Fernfeld h>>c be-findet. Fragt man sich aber, wie es sich mit den Phasen der beiden Signale verhältund damit mit der Interferenzfähigkeit, sieht die Antwort anders aus. Bei einerPunktquelle, wie in Abschnitt 3.1.3, sind die Signale örtlich kohärent, aber nichtunbedingt bei einem ausgedehnten Strahler unkorrelierter Einzelquellen. Das Ver-halten wird durch ein Theorem beschrieben, das auf van Cittert (1934) und Zernike(1938) zurückgeht (Paul, Lexikon der Optik, 1999, BEWI TDA 221).

Emittierendes Objekt Tb(x1,x2)

P Q x1

2b

h ϑ R1 R2

c 2 Antennen U U'

Das strahlende Objekt sei in der (x1,x2)Ebene und werde vom Radiometer imAbstand h betrachtet. Durch Seitwärts-verschieben der Antenne um c<<b (<<h)verlängert sich der Weg zu Punkt P vonR1 zu R2 um ∆R

∆R ≅ bc/h ≅ cϑ (15)

und zum symmetrischen Punkt Q ver-kürzt sich der Weg um ∆R. Dadurch ver-ändern sich die Phasen der Signalkom-ponenten der Quellen bei P und Q, undEntsprechendes gilt für alle Quellen, d.h.es entsteht eine Dekorrelation desSignals.

Nach (2.22c) ist bei θ0<<1: TA = ∫ ∫∞

∞−

∞−

−−⋅π

21202101212 ),(),(4

1 dxdxxxxxDxxTh

b

Die dazugehörige elektrische Rauschspannung U am Ausgang der Antenne kann alsSumme von Einzelspannungen Uj individueller Emissionsprozesse j im Abstand rj

betrachtet werden (Zeitfaktor, exp(-i2πνt), weggelassen)

∑ == N

j jUU 1 ; )exp( jjjbjj iikrDTKU ϕ+= (16)

wobei K eine von h abhängige Konstante ist. Bei sehr geringer Verschiebung derAntenne in x1 Richtung ändern sich im wesentlichen nur die Phasen umk∆R=kbc/h=kcϑj, sodass die Spannung am neuen Ort gegeben ist durch

∑ =ϑ= N

j jj ikcUU 1 )exp(' (17)

Die Korrelation Γ(c) zwischen den Signalen (örtlicher Kohärenzgrad) folgt aus demErwartungswert

')( *2 UUcU ⋅=Γ = K2 ∑∑ ==ϑ⋅ N

j jjNi i ikcUU 11 exp(* (18)

Im Mittel geben nur Produkt- Terme mit i=j einen Beitrag, woraus folgt:

Γ(c)= C∑=

ϑϑN

jjjbj DT

1)()( ⋅exp(ikcϑj) (19)

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26

und C ist die Normierungskonstante, die so festgesetzt wird, dass Γ(0)=1. Für N→∞kann die Summe durch ein Integral über die beleuchtete Fläche dargestellt werden;dabei werden die diskreten ϑj zur Variablen ϑ1, und quer dazu sei der variable Win-kel gegeben durch ϑ2 (bei genügend gut gebündelter Antenne oder kleinem Objektkönnen die Integrationsgrenzen auf ±∞ gesetzt werden, da der Integrand bei grossenWinkeln verschwindet)

Γ(c)= C ∫ ∫∞

∞−

∞−

ϑϑϑϑϑϑϑ 2112121 )exp(),(),( ddikcDTb (20a)

Wird das Radiometer nicht nur in Richtung der x1-Achse verschoben, sondern auchin Richtung der x2-Achse um c2, also um c=(c1,c2,0), so wird entsprechend

Γ(c)= C ∫ ∫∞

∞−

∞−

ϑϑϑ+ϑϑϑϑϑ 2122112121 )exp(),(),( ddikcikcDTb (20b)

Dies ist eine 2-dimensionale Fouriertransformation mit Richtungsfrequenzen

ν1=kc1/(2π), ν2=kc2/(2π); ci = Verschiebung, k = 2π/λ (21)

Das Resultat entspricht dem Beugungsbild, das im Fernfeld entsteht, wenn dieWelle am Objekt (gewichtet mit dem Antennendiagramm) gebeugt wird. Das vanCittert-Zernike Theorem bezieht sich auf eine isotrope Antenne (D=const.). Es be-sagt, dass der örtliche Kohärenzgrad Γ(c) des Signals gleich dem normierten Beu-gungsbild des Objekts ist, also

Γ(c)=

∫ ∫

∫ ∫∞

∞−

∞−

∞−

∞−

ϑϑϑϑ

ϑϑϑ+ϑϑϑ

2121

21221121

),(

)exp(),(

ddT

ddikcikcT

b

b

(22)

Beispiel:Wir betrachten als Objekt ein homogenes Quadrat der Seitenlänge 2a bei derStrahlungstemperatur T0. Der Hintergrund strahle nicht. Die FT in (22) lautet dann

∫∫−−

ϑϑϑϑha

ha

ha

ha

dikcdikcT/

/222

/

/1110 )exp()exp( =

212

210 )/sin()/sin(4cck

hakchakcT

und somit wird Γ(c)

2

2

1

1

2122

212 sinsin)/sin()/sin(4

XX

XX

cckhhakchakca

==Γ ; mit Xi=kaci/h, i=1,2 (23)

Der erste Nullpunkt von Γ befindet sich bei Xi1=π, d.h. bei ci1=hλ/2a. Für a=1m undh=1km beträgt ci1=500λ, und bei a=100m und h=1km beträgt ci1=5λ. Diese Kohä-renzbreite ist also invers zur Grösse des Objekts.

Gleichung (20b) bedeutet auch, dass die Kohärenzbreite bei einer ausgedehntenQuelle gerade so gross ist wie die Antenne. Somit ist die Interferenzfähigkeit ingewissem Sinne selbstadaptiv.

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27

3.5 Korrelation beim SeitensichtradarEin analoges Problem ist die Korrelation eines Radarsignals mit demselben, wenndie Antenne seitwärts verschoben ist. Dies geschieht u.a. beim abbildenden Seiten-sichtradar, besonders beim Radar mit synthetischer Apertur (SAR). Das Themaführt einerseits zur erreichbaren räumlichen Auflösung und andererseits zur An-zahl unabhängiger Samples, die man durch Verschieben erhalten kann.

Rückstreuende Fläche

P Q x1

2b

h ϑ R1 R2

c Radar

Die (x1,x2)-Ebene sei ein gleichmässiger,diffuser Streuer, die vom Radar im Ab-stand h beleuchtet werde. Durch Seit-wärtsverschieben der Antenne um c<<b(<<h) verlängert sich der Weg zu Punkt Pvon R1 zu R2 um ∆R nach (15), und zumsymmetrischen Punkt Q verkürzt sichder Weg. Dadurch verändern sich diePhasen der Signalkomponenten, undEntsprechendes gilt für alle Streuer, d.h.es entsteht eine Dekorrelation des Ra-darsignals.

Monostatisches Radar, dessen Antenneseitwärts verschoben wird.

Die vom Radar (Sendeleistung P1) empfangene, zurückgestreute Teilleistung P2i voneinem Streuzentrum i in Richtung ϑi mit dem Rückstreuquerschnitt σbi beträgt nachder Radarformel

bii

ii

RG

PP σπ

λϑ= 43

22

12)4(

)((24)

und für die elektrischen Spannungen (U1 des Senders und U2i des Empfängers) giltentsprechend der Wurzelausdruck von (24) mit der Phasenverzögerung 2kRi>>1 undeiner zusätzlichen Phase ϕi, die zufällig verteilt ist über (0, 2π)

bii

ih

GUU σπ

λϑ= 22/312

)4()(

⋅exp(2ikRi)⋅exp(iϕi) (25)

Dabei wurde zur Vereinfachung Ri im Nenner von (23) durch h ersetzt. Dass derleistungsbezogene Antennengewinn G linear auftritt, liegt daran, dass die Welle dieAntenne zweimal durchläuft, beim Senden und Empfangen. Die gesamte SpannungU2 ist die Summe über alle erfassten Streuer, und mit Gleichung (2.9) wird

U2 =∑=

N

iiU

12 = ∑

=σϑ

N

ibiiDK

1)( exp(2ikRi)⋅exp(iϕi); mit 22/31

)4( hUK l

π

λη= (26a)

Durch Verschieben um eine genügend kleine Distanz c ändern sich nur die Pha-senterme um die Faktoren, exp(2ik∆Ri)= exp(2ikcϑi), sodass die Spannung U2' nachder Verschiebung gegeben ist durch

U2' =∑=

N

iiU

12 exp(2ikcϑi) (26b)

Die Korrelation Γ(c) zwischen den beiden Signalen erhält man wieder von

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28

')( 2*

22

2 UUcU ⋅=Γ = ∑∑ ==ϑ⋅ N

j jjNi i ikcUU 1 21

*2 )2exp( (27)

Im Mittel geben nur Produkt- Terme mit i=j einen Beitrag, sodass

Γ(c)= C )2exp()(1

2j

N

jjbj ikcD ϑϑσ∑

=(28)

und C ist die Normierungskonstante, die so festgesetzt wird, dass Γ(0)=1. Für N→∞kann die Summe wie bei (19) durch ein Integral über die beleuchtete Fläche darge-stellt werden, und wird das Radar auch um c2 in Richtung der x2-Achse verschoben,also um c=(c1,c2,0), so wird entsprechend wie bei (20b)

Γ(c)= C ∫ ∫∞

∞−

∞−

ϑϑϑ+ϑϑϑϑϑσ 212211212

21 )22exp(),(),( ddkcikciDb (29)

Dies ist eine 2-dimensionale Fouriertransformation mit Richtungsfrequenzen

ν1=kc1/π, ν2=kc2/π; (30)

Die Verdoppelung im Vergleich zu (21) stammt von der 2-Wegausbreitung beimRadar. Γ(c) entspricht dem Beugungsbild, welches durch das vom Radar beleuch-teten Objekt entsteht. Wir können wieder 2 Fälle unterscheiden:

1. Für konstantes D über das Objekt ist (29) die FT von σb. Wählen wir als Beispielwieder ein Quadrat der Seitenlänge 2a, so wird das Resultat wie in (23), jedoch mitdoppelt so grossem Xi=2kaci/h. und damit einer etwas stärkeren Dekorrelation.2. Für eine ausgedehnte Fläche mit konstanter Rückstreuung ist (29) die FT von D2,d.h. von der 2-Weg- Direktivität. Für ein langes, gerilltes Horn mit Radius a alsGaussantenne ist nach (1)-(4): ( )2

022

02 /2exp)( ϑϑ−=ϑ DD , mit ϑ0=(kr0)-1, r0=0.455a.

Damit folgt im 2. Fall für Γ(c)

∫ ∫∞

∞−

∞−

ϑϑ−νπϑ−ϑϑ− ϑϑ=νΓ 2)/(2

12)/(22

012

02112

01)( dedeeCD i 2/20

21

2 ϑνπ−= e (31)

und ausgedrückt durch c

( )20 )(5.0exp)( ϑ−=Γ kcc ( )2

0 )/(5.0exp rc−= ( )2)644.0/(exp ac−= (32)

Die Korrelationslänge ccorr ist die Verschiebung, über welche Γ von 1 auf 1/e fällt:

ccorr=0.644a=w0 (33)

Bemerkungen1. Das Resultat bedeutet, dass beim Betrachten einer ausgedehnten Quelle mit

Radar eine Dekorrelation entsteht durch eine kleine Verschiebung, die nur vonder Antennengrösse abhängt, ähnlich wie bei van Cittert-Zernike. Jedoch bleibtdie Phasenlage beim kohärenten Radar starr (unbewegte Streuer), sodass dieDekorrelation mit einer Radarantenne gemessen werden kann (SAR-Prinzip).Beim Radiometer ändern sich die Phasen ständig durch spontane Emission,wodurch die zeitliche Kohärenz verloren geht. Die örtliche Kohärenz bestehtdarum nur bei gleichzeitiger Beobachtung beider Signale (Interferometrie).

2. Die höchst mögliche Ortsauflösung beim SAR entspricht etwa 2ccorr. Nach jederVerschiebung um ccorr entsteht ein neues unabhängiges Sample. Die Fourier-rücktransformation von Γ(c) erlaubt die Darstellung des Bildes von σb.

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29

4 Mikrowellensignaturen

4.1 Zum Begriff der SignaturDas Strahlungsfeld der Umgebung zeigt zum Teil charakteristische Eigenschaften,sogenannte Signaturen, die sich aus• der empirischen Erfahrung mit Messungen und aus• der Modellierung mit Hilfe physikalischer Gesetzebestimmen lassen. Hier sollen Signaturen und ihre zugrundeliegenden Gesetzevorgestellt werden. Damit erhalten wir einen Einblick über die zu gewinnende Infor-mation. Signaturen der Mikrowellenradiometrie wurden während der COST Aktion712 diskutiert, s. v.a. den Schlussbericht zu Projekt 1 (Mätzler, 2000) unter ftpsubdirectory /P1/. Weitere Studien, s. Literatur zur Mikrowellenfernerkundung(Schanda, 1976; Ulaby et al. 1981-86), zur Wellenausbreitung (Kong, 1986), zumStrahlungstransport (2000), etc.

4.2 Das verallgemeinerte Kirchhoff''sche StrahlungsgesetzEine nützliche Formulierung des Kirchhoff'schen Gesetzes für Wärmestrahlung gibteinen Zusammenhang zwischen Absorption und Emission von Strahlung in einemRaum, der aus N Teilräumen bei N Temperaturen, T1 bis TN, besteht (Planck, 1966,§ 43-46). Lokales thermodynamisches Gleichgewicht (LTE) wird vorausgesetzt(damit werden u.a. nichtthermische Quellen ausgeschlossen).Mit einer Antenne, die sich in einem beliebigen Ort befindet, werde Strahlung mitder spektralen Leistungsdichte dPs/dν bei der Frequenz ν ausgesandt; die Strah-lung werde in den Teilräumen je zu Teilen ai (i=1-N) absorbiert werde, sodass

11

=∑=

N

iia (1)

Ob die Aufteilung durch Strahlung in verschiedene Richtungen (mit oder ohneStreuung) entsteht oder durch nacheinander folgende Absorption in einer Richtungoder Kombinationen davon, spielt keine Rolle. Dieselbe Antenne empfängt bei der-selben Ausrichtung die spektrale Leistungsdichte dP/dν ; resp. die Rayleigh-JeansAntennentemperatur TA

∑=

λ=

ν

N

iivi TBa

ddP

1

2)(

2; ∑

==N

iiiA TaT

1(2a)

Gleichungen (1) und (2) gelten gemeinsam für jede Polarisation, Richtung und Fre-quenz der jeweiligen Antenne. Die ai heissen Absorptivität des Gebiets i bei derjeweiligen Polarisation, Antennenausrichtung und Frequenz. Das verallgemeinerteKirchhoff''sche Strahlungsgesetz besagt gemäss (2), dass die ai auch die Emissivi-täten sind (der Gebiete i bei der jeweiligen Polarisation, Antennenausrichtung undFrequenz). Dank beliebiger Antennenwahl kann man sich auch auf eine Richtung(idealer Pencil-Beam) beschränken, d.h. in (2a) TA durch Tb ersetzen.

∑=

ν =N

iivi TBaI

1)( ; ∑

==N

iiib TaT

1(2b)

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30

4.3 TemperatursignaturenAus (1) und (2) folgt, dass ein radiometrisches Bild geprägt wird durch die Tempe-raturwerte der massgebenden Teilräume; TA ist ein gewichtetes Mittel dieser Werte.Eine erste Signatur besteht also aus dem existierenden Temperaturbereich imRaum, der durch den Sensor erreicht werden kann. Je nach Ort des Radiometersist der Raum und damit der Temperaturbereich verschieden.

Raum, Objekt Temperatur (K)

Ruhige Sonne 6000 - 10'000Erdatmosphäre (Höhe<20km) 190-310Erdoberfläche 230-320Trockener Schnee <273.15Feuchter Schnee, gefrierender See 273.1-273.2Menschlicher Körper 308-313Wohnraum 290-300Kosmischer Hintergrund 2.7

Diskussion• Gemäss obiger Tabelle umfasst eine Bildszene in einem opaken Wohnraum mit

Menschen den TA Bereich von 290 bis 313K. Um hier gute Bilder zu erzeugen,muss das Sensorrauschen ∆Tmin sehr klein sein (z. Bsp. < 0.2K). MöglicheAnwendungen umfassen die Bestimmung von Wärmeverlusten und das Aufspü-ren verdeckter Gegenstände in Gebäuden, die Suche nach versteckten Waffenbei Menschen, die Untersuchung von Menschen nach abnormen Temperaturen(z. Bsp. zur Diagnose von Hautkrebs).

• Zur Abbildung von Prozessen innerhalb einer schmelzenden Schneedecke ist ein∆Tmin von ca. 0.001K notwendig.

• Bei der Abbildung der Erdoberfläche unter Beleuchtung von Sonne und kosmi-scher Hintergrundstrahlung ist ein viel grösserer Dynamikbereich vorhanden,was ein ∆Tmin im Bereich von 1-3K erlaubt. Die Sonnenstrahlung spielt meistkeine Rolle, da der Raumwinkel der Sonne nur 6.8⋅10-5 beträgt. Bedeutender istdie Beleuchtung der Erde mit kalter Hintergrundstrahlung; die beobachtetenStrahlungstemperaturen der Erdoberfläche liegen im Bereich von 100-310K.

4.4 Signaturen geschichteter MedienEin allgemeines Modell zur Berechnung der ai Werte für beliebige Medien in belie-bigen Räumen gibt es nicht. Beschränkt man sich jedoch auf 1 Dimension, so wirddas Problem lösbar. Viele Medien sind geschichtet mit ebenen, parallelen Grenzflä-chen, d.h. sie sind in 2 Dimensionen in gewisser Näherung homogen und nur vonder 3. abhängig. In solchen Fällen findet man analytische Lösungen.

4.4.1 Fresnelformeln für dielektrischen HalbraumDie einfachste Situation besteht aus einem transparenten, oberen Halbraum mitdem Sensor und einem dielektrischen unteren Halbraum, dazwischen eine ebeneGrenzfläche, also N=2. Ein Teil, ausgedrückt durch die Reflektivität rp, der von derAntenne im Polarisationszustand p ausgesandten Strahlung wird von der Oberflä-che reflektiert, der andere Teil, ap=1-rp, wird im Dielektrikum absorbiert. Sei T1 dieStrahlungstemperatur aus dem oberen Halbraum aufs Dielektrikum und T2 dieTemperatur des Dielektrikums; dann gilt nach (1) und (2)

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31

Tbp=rpT1+(1-rp)T2 = (1-ap)T1+apT2 (3)

T1, ε1, µ1 θ1

T2, ε2, µ2 θ2

Halbraum von oben beob-achtet unter Einfallswinkelθ1.

Die Reflektivität ist gegeben durch die bekannten Formeln von Fresnel (s. z. Bsp.Kong, 1986, Kapitel 3.2). Zu unterscheiden ist zwischen TE (horizontale linearePolarisation, d.h. E-Feld parallel zur Grenzebene), und TM Wellen (vertikale linearePolarisation, d.h. E-Feld parallel zur Einfallsebene und Magnetfeld parallel zurGrenzebene). Für TE- Wellen gilt

2hh Rr = ;

12

1211ppRh +

−= ;

112

22112 cos

cosθµθµ

=nnp

022

12

022

21

sin

sin

θ−µ

θ−µ=

n

n(4)

wobei Rh der Reflexionskoeffizient der Amplituden und p12 der relative Impedanz-sprung beim Übergang von Medium 1 nach Medium 2 ist. Der gebrochene Winkel θ2

ist im allgemeinen eine komplexe Grösse, die aus dem Brechungsgesetz

1122 sinsin θ=θ nn (5)

folgt, und der komplexe Brechungsindex ni von Medium i folgt aus der relativenDielektrizitätskonstante ε und relativen Permeabilität µ dieses Mediums

iiin µε= ; i=1,2 (6)

und θ0 ist der reelle (!) Einfallswinkel im Vakuum (n0=1). Den Ausdruck für TM-Wellen (vertikale lineare Polarisation) erhält man aus rh und dem Dualitätsprinzip(Kong, 1986): E⇒H, H⇒-E, µ ⇔ ε .

2vv Rr = ;

12

1211qqRv +

−= ;

112

22112 cos

cosθεθε

=nnq

022

12

022

21

sin

sin

θ−ε

θ−ε=

n

n(7)

Vertikaler Einfall aus dem VakuumFür den speziellen Fall, θ=0, µi=1, n1=1 wird die Reflektivität

2

12

12nnnnrrr vh +

−=== ⊥ ; ⊥⊥ −= ra 1 (8)

Die Schichtdicke, aus welcher die Strahlung stammt, lässt sich abschätzen durchden inversen Wert des Absorptionskoeffizienten γa2 in Medium 2:

"2 202 nka =γ (9)

wobei k0 die Wellenzahl im Vakuum und n2" der Imaginärteil von n2 ist. Unter derSkintiefe dskin versteht man die Eindringtiefe des Feldes:

2/2 askind γ= (10)

Die beobachtbare Strahlung stammt aus einem Tiefenbereich von 0 bis etwa dskin.

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Sommersemester 2001, Vorlesung S7168: Abbildende Mikrowellensensoren

32

10−2

10−1

100

101

102

100

101

102

0.998

0.995

0.99

0.95

0.9

0.85

0.8

0.7

0.6

0.5

0.4

L. M. 2001

ε’’

ε’ −

1Absorptivity as function of ε, θ = 0°

Fresnel- Absorptivität (=Emissivität) eines ebenen dielektrischen Halbraums beiBeobachtung in vertikaler Richtung aus einem Medium mit n1=1, für µ=1, darge-

stellt in der komplexen Ebene der elektrischen Suszeptibilitätε2-1 = ε2'-1+iε2".

Für die meisten Stoffe (Festkörper, Flüssigkeiten, Gase) ist die relative magnetischePermeabilität nahezu 1. Radiometrische Signaturen für die ai-Werte werden durchden Wertebereich von ε' und ε" bestimmt. Zur Theorie von Dielektrika, s. Vorlesung"Mikrowellenphysik", Von Hippel (1954) und Ulaby et al. (1986). Hier folgt eineTabelle mit dielektrischen Signaturen bei 10 GHz:

Stoff Zustand ε' ε"Eis rein, T=-1C 3.18 0.0009

Wasser rein, T=0C 42 41Ton T≅22C, lufttrocken 4.1-4.4 0.25-0.4Ton T≅22C, gebrannt 3.4-4.4 0.03-0.1

Sand T≅22C, lufttrocken 3.1 0.05Beton T≅22C, lufttrocken 4.1-4.5 0.25-0.4

Buchenholz T≅22C, lufttrocken 2.4 0.38Naturasphalt T≅22C 6.0 0.036

Plexiglas T≅22C 2.7 0.038Teflon T≅22C 2.07 0.0010Delrin T≅22C 3.0 0.13

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33

10−2

10−1

100

101

102

100

101

102

200 100 50 20 10 5 2 1 0.5 0.2 0.1 0.05

L. M. 2001

ε’’

ε’ −

1Penetration depth [wavelengths] for the E field

Skintiefe relativ zur Vakuumwellenlänge, dskin/λ0, dargestellt in der komplexenEbene der elektrischen Suszeptibilität ε-1 = ε'-1+iε" des dielektrischen Mediums.

0.1 1.0 10.0 100.0 1000.00

20

40

60

80

100

Real

Imaginary

0C30C

Complex Dielectric Constant of Water

Epsilon

Frequency in GHz

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34

4.4.2 MehrfachschichtTransmission durch, Reflexion an und Absorption in einem Medium, das aus meh-reren Schichten besteht, können iterativ mit den Fresnelformeln und dem Prinzipder invarianten Einbettung (Adams und Denman, 1966) oder mit Ausbreitungsma-trizen (Kong, 1986) bestimmt werden. Wir nehmen an, die Mehrfachschicht (i=2) seiisotherm, darüber sei (i=1) der transparente Beobachtungsraum, darunter derHintergrund (i=3=N).

Tbp = rpT1+apT2+tpT3 (12)

Wir erkennen die 3 Absorptionskoeffizienten von (1) und (2) als die Reflektivität, rp,Absorptivität, ap, und Transmissivität, tp, der mittleren Schicht, und es gilt nach (1)

1=++ ppp tra (13)

T1, ε1, µ1 θ1

T2, ε2, µ2 θ2

T3, ε3, µ3

Doppelschicht von obenbeobachtet. Die mittlereSchicht kann auch ausvielen parallelen Schichtenaufgebaut sein.

RekursionsformelnNach Adams und Denman (1966) findet man nach der Methode der invariantenEinbettung folgende Rekursionsformeln für die Transmissions- Tp und Reflexions-koeffizienten Rp bei Polarisation p (=h,v):

R1p=F1p ; T1p=G1p ; 21,1

21,1

1 −−

−−

+

+=

ipiip

ipiipip

QRF

QRFR ; 2

1,1

1,1

1 −−

−−

+=

ipiip

ipiipip

QRF

QTGT ; i= 2..., i_max (14)

wobei Gip=Fip+1 der Fresnel-Transmissions- und Fip der Fresnel-Reflexionskoef-fizient von Schicht i zu Schicht i-1 bedeuten, und Qi-1 ist der komplexe Phasen-term von Schicht j=i-1 der Dicke dj, Winkel θj und Brechungsindex nj

)cos2

exp(0

jjj

jnd

iQ θλ

π= ; j = 1,2,..i_max -1 (15)

Hier erfolgt die Numerierung von unten nach oben (Schicht 0 ist zuunterst). DieTransmissionsformel in (14) setzt voraus, dass Medium 0 und das oberste Mediumi_max gleich beschaffen sind. Andernfalls muss Tp noch mit dem Impedanzverhält-nis multipliziert werden (Kong, 1986). Die Gesamtreflektivität und Transmissivitäterhält man aus

2max_ip Rr = ;

2max_ip Tt = ; p= h,v (16)

Für i_max=2 mit n0=n2=1 und für reelles n1 erhält man aus (14)-(16) die Airyformel

pp rt −=1 ; )2cos(21

)2cos(121

21

41

121

QRR

QRrpp

pp−+

−= (17)

122

1 sin4 QR p≅ ; für 2

1pR <<1;

mit Maxima von rp bei n1d1cosθ1=λ0/4, 3λ0/4, etc. und 0-Stellen dazwischen.

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35

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100 110 120 130 1400.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

tra

f (GHz)

rta

Beispiel von r⊥, t⊥ und a⊥ einer nichtmagnetischen Mehrfachschicht mit i_max=3,n0=n3=1, ε1'=6, ε1"=0.3, d1=15 mm, ε2'=3, ε2"=0, d2=1 mm.

4.5 Dielektrische Eigenschaften heterogener Medien4.5.1 MischformelnDie abzubildenden Objekte bestehen oft aus heterogenen Medien, häufig mit nen-nenswerten Anteilen an flüssigem Wasser. Hat die charakteristische Struktur derKomponenten Abmessungen, d.h. Korrelationslängen, die wesentlich kleiner sindals die Wellenlänge, so kann lokal die elektrostatische Approximation benutzt wer-den. Die Welle verhält sich wie in einem homogenen Medium mit effektiven Wertenvon ε und µ, welche sich mit Mischformeln aus den Werten von εi und µi der einzel-nen Komponenten berechnen lassen, vorausgesetzt, dass Form und Orientierungder einzelnen Teilchen bekannt sind. Die Literatur zu diesem Thema ist sehr um-fangreich; hier soll nur auf das besonders schöne Buch von Sihvola (2000) und aufdie Übersicht in Ulaby et al. (1986) hingewiesen werden. In beschränktem Masslässt sich ein solches Modell auch auf geschichtete Medien von Abschnitt 4.4.2anwenden, s. z. Bsp. Tretyakov und Sihvola (2001).

4.5.2 Beispiel: VegetationDie effektive Dielektrizitätskonstante (DK) von Blättern verschiedener Pflanzenwurde von Mätzler (1994) empirisch gefunden. Die Komponenten sind salzhaltigesWasser, Luft und organisches Material. Die Mischformel für die relative DK lautet:

dswd mm 84.351.0)32.11(522.0 ++ε−=ε ; totaldryd MMm /= (18)

wobei 0.1≤ md ≤0.5 der Massenanteil an trockenem Material des Blattes bedeutetund εsw ist die komplexe, relative DK von Wasser mit einem Salzanteil, welcherdemjenigen der Pflanze entspricht (≅0.9%). Werte und Formeln von εsw findet man inUlaby et al. (1986), bessere Formel für Frischwasser in Liebe et al. (1991), fürMeerwasser in Ellison et al. (1998). Dass Luftanteile vorhanden sind, zeigt dieExtrapolation von ε für md=0, wenn 51.0522.0 +ε=ε sw ≅ 0.5εsw. Folgende Figur zeigt,dass sich die typische Debyerelaxation von Wasser in den Blattspektren widerspie-gelt, jedoch mit etwa halbierten Werten, in Übereinstimmung mit der obigenAbschätzung.

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36

1.0 10.0 100.00

5

10

15

20

E"

f (GHz)

1.0 10.0 100.00

10

20

30

40

50

E'

f (GHz)

Imaginärteil (links) und Realteil (rechts) der komplexen DK von Blättern als Funk-tion der Frequenz bei T≅20C für md=0.5 (Dreiecke und untere Kurve) und für auf

md=0 extrapolierte Werte (Kreise und obere Kurven).

Aufgabe: Berechnen Sie Reflektivität, Transmissivität und Emissivität von Blätternder Dicke 0.2 mm, T=20C bei ν=10 und 100 GHz, θ=0 und 60°, p= v, h.

4.6 Atmosphärische TransmissivitätStreuung und Reflexion in der Atmosphäre ist meistens vernachlässigbar. IhreEmissivität aatm ergibt sich somit aus der Transmissivität tatm:

aatm =1- tatm (19)

Folgende Figur zeigt Spektren von tatm in Zenitrichtung. Absorption ist bedingtdurch Wasserdampf (Linien bei 22 und 183 GHz), Sauerstoff (Linien bei 65, 120GHz), Kontinuum von Stickstoff, und feine Linien durch Ozon. Zur Modellierung derStrahlung in der Atmosphäre, s. Vorlesungen, COST 712, Literatur.

0 50 100 150 200 250 3000

0.1

0.2

0.3

0.4

0.5

0.6

0.7

0.8

0.9

1

Frequenz [GHz]

Tra

nsm

issi

on [1

]

Typischeatmosphäri-sche Trans-missivität invertikalerRichtung alsFunktion derFrequenz inmittlerenBreiten imSommer (ge-strichelt) undWinter (aus-gezogen), ge-rechnet mitdem ModellBEAM (Feistund Kämpfer,2000).

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37

4.7 Emissivität der ErdoberflächeDie Erdoberfläche ist sehr komplex, die Modellierung ihrer Emissivität deshalb sehraufwendig. Nicht nur die Zusammensetzung und die Struktur der Oberflä-chenschicht, sondern auch das Relief hat einen Einfluss. Eine Übersicht ist gegebenin Mätzler (2000).Trotzdem ist die Emissivität für viele Oberflächentypen ähnlich. Überall, wo Vege-tation vorherrscht, auch wenn es nur eine dünne Grasnarbe ist, ist

ah ≅ av ≅ 0.95, d.h. rh ≅ rv ≅ 0.05 (20)

eine gute Näherung für Frequenzen >10 GHz und Einfallswinkel < 60°. GeringeEmissivität (mit Fresnelverhalten für ruhige Zustände) besitzt Wasser wegen derhohen DK, und die Emissivität vegetationsfreier Böden verhält sich zwischen den-jenigen von Wasser und Vegetation. Speziell und sehr variabel ist das Verhalten vonSchnee und Eis im trockenen Zustand, bedingt durch sehr geringe Absorption, unddadurch Betonung der Volumenstreuung im granularen Medium. NumerischeWerte im 5-100 GHz- Bereich sind in folgender Tabelle gegeben:

Mittlere Emissivitäten ah und av bei θ=50°, ν= 4.9, 10.5, 21, 35, 94 GHzfür verschiedene Oberflächen, aus Messungen bei Bern

und Weissfluhjoch (SLF), nach Mätzler (2000).

Object class 4.9h 10.4h 21h 35h 94h 4.9v 10.4v 21v 35v 94v

WATER: T= 0-8C, computed 0.249 0.267 0.308 0.358 0.493 0.501 0.528 0.59 0.657 0.806

YOUNG BARLEY (Bern) 0.909 0.966 0.958 0.962 0.963 0.956 0.966 0.953 0.954 0.959

YOUNG OAT (Bern) 0.904 0.936 0.95 0.941 0.949 0.952 0.948 0.943 0.937 0.949

GRASS (Bern) 0.933 0.952 0.946 0.943 0.941 0.952 0.958 0.944 0.942 0.948

FROZEN GRASS (Bern) 0.919 0.962 0.959 0.955 0.937 0.95 0.967 0.956 0.952 0.948

FROZEN SOIL (Bern) 0.891 0.953 0.951 0.951 0.938 0.94 0.958 0.958 0.952 0.95

UNFROZEN SOIL (Bern) 0.725 0.82 0.888 0.887 0.92 0.874 0.888 0.91 0.903 0.934

POWDER SNOW (Bern) 0.895 0.921 0.928 0.909 0.777 0.94 0.954 0.952 0.943 0.841

WET SNOW (Bern) 0.755 0.844 0.839 0.86 0.892 0.947 0.968 0.955 0.95 0.945

ROCKY SOIL (SLF) 0.778 0.855 0.904 0.911 0.915 0.89 0.92 0.938 0.942 0.938

DEEP winter snow (SLF) 0.843 0.803 0.78 0.715 0.658 0.943 0.94 0.898 0.813 0.728

MEDIUM winter snow (SLF) 0.85 0.831 0.771 0.682 0.612 0.937 0.938 0.893 0.785 0.669

SHALLOW winter snow (SLF) 0.865 0.847 0.833 0.768 0.672 0.934 0.938 0.921 0.848 0.688

CRUST (SLF) 0.909 0.952 0.878 0.677 0.472 0.983 0.99 0.931 0.709 0.486

WET snow (SLF) 0.812 0.871 0.91 0.921 0.906 0.954 0.975 0.975 0.971 0.941

christianmatzler
Textfeld
vertikale Polarisation horizontale Polarisation
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38

5 Spezielle KomponentenIn diesem Kapitel werden wichtige Komponenten abbildender Mikrowellensensorendiskutiert. Dabei sollen grundsätzliche physikalische Aspekte hervorgehoben wer-den, ohne auf Vollständigkeit zu achten.

5.1 FeedelementeZur Vertiefung: Antenna Handbook, Lo und Lee (1988), Goldsmith (1998).Die Antenne ist das Richtungsfilter zur Vermittlung der Bildinformation. DerTransformator der Raumwelle auf die geführte Leitungswelle ist das Feedelementund somit die primäre Antenne. Am besten geeignet dazu sind Hornantennen.

5.1.1 Gerillte HornantennenHornantennen bestehen aus koni-schen Öffnungen von Hohlleitern; da-durch gewähren sie in der Regel einenguten Übergang von der geführtenWelle in die Raumwelle und umge-kehrt. Gerillte Hornantennen (Rillen-tiefe λ/4 bis λ/2, Periode <λ/4) habenzudem den Vorteil, dass die strah-lungsfähigen E und H Felder gezwun-gen werden, am Hornrand zu ver-schwinden. Dadurch werden Seiten-keulen beträchtlich reduziert (Lo undLee, 1988), sodass nahezu gaussför-mige Strahlen entstehen (Wylde, 1984;Wylde und Martin, 1993), die Voraus-setzung zur Quasioptik.

Gerillte Hornantenne

Bei linearer Polarisation Richtung x2 ist das Aperturfeld E0=(0,E2,0) gegeben durch

( )capcT RikrrkAJrE /5.0exp)()( 202 = ; Rcap= 22 aH + , kc=2.405/a (1)

wobei der Nullpunkt (x3≡z=0) in der Apertur definiert ist, und JoT ist die auf denBereich (0, 2.405) beschränkte Besselfunktion J0, d.h. JoT(x)=0 für x>2.405. DerExponent in (1) beschreibt die gekrümmte Phasenfront (Krümmungsradius Rcap) ander Hornöffnung. Aus Gleichung (1) folgt, dass E nur von r2=x12+x22 abhängt. Dadie erste Nullstelle von J0 bei 2.405 und J0(0)=1 ist, fällt das Feld kreissymmetrischvom Zentrum zum Hornrand auf Null. Wylde (1984) und Goldsmith (1998) zeigten,dass ≅98% der Leistung durch den Grundmode eines Gauss- Strahls (mit z=x3)

φ+

λπ

++−π

= iRriikz

wr

wzrE

2

2

2

2 exp2),( (2)

ausgedrückt wird mit dem Strahlweitenparameter w und dem Krümmungsradius R

w=0.6435a ;

π

−λ+=

2

20

020

2 )(1wzzww ;

−λπ

+−=2

0

20

0 )(1)()(

zzwzzzR (3)

Bei langen Hörnern ist der Strahlwaist bei der Apertur (z=z0, w=w0), bei kurzen ver-schiebt er sich ins Horn hinein. Die Direktivität im Fernfeld nach (2.15e)

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39

( )20

20 /exp),( ϑϑ−=ϕϑ DD ergibt sich aus der Winkelvariablen ϑ=r/(z-z0) und dem

charakteristischen Winkel ϑ0 in Übereinstimmung mit ϑ1 in Gleichung (3.4) zu

20

20

2

2

20

220

)(1

2)(2 krwzzw

λ≅

−=ϑ (4)

Aufgabe: Berechnen Sie die Direktivität im Fernfeld mit der vektoriellen Beugungs-formel (2.29) für das Aperturfeld E0 gemäss (1) für Rcap→∞.

5.1.2 Potter HornDa gerillte Hörner teuer sind, wurden weitere Feedelemente entwickelt. Ein Hornmit ähnlichen Eigenschaften wie das Rillenhorn ist das Dual-Mode oder skalareHorn von Potter (1963), das keine Rillen erfordert. An einem sprunghaften Hohllei-terübergang (Figur unten) werden zwei Moden erregt, die bei Phasengleichheit ander Apertur dieselbe Feldverteilung erzeugen wie ein Rillenhorn. Ein Nachteil ist diegeringe, relative Bandbreite (≅5%) mit optimalen Eigenschaften. Eine weitereVereinfachung dieses Horntyps wurde von Skobelev et al. (2001) vorgeschlagen, s.folgende Figuren.Längsschnitt durch das Horn von Sko-belev et al. (2001) mit kreisrundemQuerschnitt: Sprung des Radius a auf b0

und konische Ausweitung auf Radius büber Länge h.

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40

5.1.3 Endfire Tapered Slot AntennaFür Arrays im mm-Wellenbereich werden auch zugespitzte Schlitzantennen(tapered-slot antennas, TSA) benutzt, z. Bsp. in der TRW Kamera von Kapitel 6.2, s.Yngvesson et al. (1985), Kim und Yngvesson (1990). Die Bezeichnung, 'Schlitzan-tenne', ist hier eher irreführend; mit 'endfire' ist die Hauptstrahlrichtung parallelzum Wellenleiter gemeint. Diese Situation wird erzeugt, wenn die Phasengeschwin-digkeit cph im strahlenden Element leicht kleiner als die Lichtgeschwindigkeit c ist.Grob kann man sich diese Antenne als offenen Wellenleiter vorstellen, welcher dieKugelwelle in zentraler Richtung etwas verzögert und dadurch wie bei einer Linseeine Fokussierung erzeugt. Die Antennen haben zwar schlechtere Eigenschaften alsdie bisher beschriebenen, sind aber genügend breitbandig für radiometrischeAnwendungen, einfach in der Herstellung und eignen sich wegen ihrer Kompaktheitbesonders gut zur Anordnung in Arrays. Die Querabmessungen betragen typi-scherweise nur 1.5λ x 1.5λ bei maximaler Direktivität von 10 bis 17 dB. Die Pha-senverzögerung auf cph<c entsteht entweder durch dielektrische Stäbe oder durchdünne, dielektrische Lamellen, die in die speisenden Hohlleiter eingesetzt werden(folgendes Bild). Zur Formung der Abstrahlung und Impedanzanpassung dient dieschraffiert gezeichnete, symmetrische Metallfolie auf der Lamelle, resp. die Formdes Stabes.

Drei TSAs mit verschiedenem Taper: VivaldiAntenne mit exponentieller Form, LTSA mitlinearer Verbreiterung und CWSA mit Con-stant Width und Vergleich mit dielektrischerStabantenne. Detail einer CWSA ist rechtsgezeigt (nach Yngvesson et al. 1985). Daselektrische Feld ist parallel zur Lamelle.

Eine wesentliche Eigenschaft dieser An-tennen für abbildende Sensoren ist dieMöglichkeit zur Erzeugung symmetri-scher Strahlen. Die Parameter zurStrahlformung sind Antennenlänge, L,Breite, W, resp. bei der LTSA der Winkel,α, sowie die Dicke, t, der Lamelle. DieAbbildung links zeigt gemessene Resul-tate von Yngvesson et al. 1985 für LTSAsbei 35 GHz im Vergleich zu theoretischenAbschätzungen von Zucker 1961, s. 2durchgezogene Linien 'low sidelobe' und'high gain'. Die Lamelle besteht aus Du-roid (ε'=2.33, t=0.5mm). Danach gibt esbei α=11.2° einen symmetrischen Strahlfür L=4λ0 bis 8λ0 mit Öffnungswinkel von20-40°.

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41

5.2 ReflektorenAls Spiegel zur Strahlumlenkung und als fokussierende Elemente dienen vor allemmetallische Reflektoren. Sie wirken zudem oft als die beugungsbegrenzenden Ele-mente von Antennensystemen. Zur Beschreibung von Reflektorantennen wird hierauf die Literatur verwiesen. Hier wollen wir uns auf die kritische Eigenschaft derspiegelnden Reflektivität konzentrieren.

5.2.1 Reflektivität glatter MetalloberflächenDie Reflektivität glatter Metalloberflächen wird durch die Fresnelformeln bestimmt.Dabei ist zu beachten, dass die relative DK von Metallen gegeben ist durch

ε=ε' + iε", wobei ε" = 10 )(1

182 −Ω

σν

≅πνεσ

mGHz

(5)

wobei σ die Leitfähigkeit ist. Bei Metallen im Mikrowellenbereich dominiert σ in εderart stark, dass ε' irrelevant wird; man kann ε'≅0 setzen, und für den Bre-chungsindex n nichtmagnetischer Metalle folgt wegen ε=n2:

)1(2" in +ε

= (6)

Für die Reflektivität bei senkrechtem Einfall erhalten wir aus Gleichung (4.8)

"221

1"2"1"2"

11 2

ε−≅

+ε+ε+ε−ε

=+−

=⊥ nnr (7)

Folgende Tabelle gibt DC-Leitfähigkeiten einiger Metalle und von Kohle und darausberechnete Werte von r⊥ bei ν=100 GHz:

Metall σ (1/Ωm) bei 20C r⊥ bei 100 GHzGold 4.5⋅107 0.99901Silber 6.29⋅107 0.99916Kupfer 5.9⋅107 0.99912

Aluminium 3.77⋅107 0.99891Messing 1.4⋅107 0.99822

Blei 0.48⋅107 0.9970Konstantan 0.20⋅107 0.9953

Kohle 0.002⋅107 0.954

Bemerkung: Bei Mikro-wellen ist die Leitfähig-keit zum Teil etwasgeringer als bei DC; diesgilt speziell für Kupfer(Reduktion um Faktor0.77 bis 0.88) und fürleicht rauhe oder poröseMetalloberflächen(Tischer 1976).

Da r⊥ ≅1, ist die Absorptivität, a=1-r⊥, sehr klein. Dies gilt auch bei schiefem Einfall;zudem ist dort rv-rh gering, von der Grössenordnung a, s. folgende Aufgabe.

Aufgabe: a) Zeigen Sie, dass folgende Ausdrücke aus den Fresnelformeln folgen fürdie Winkelabhängigkeit der Reflektivität guter Leiter

θε

−≅+θε+ε+θε−ε

= cos"

2211cos"2"1cos"2"

hr (7a)

θε−≅

+θε+θε

+θε−θε=

cos1

"221

1cos"2cos"1cos"2cos"

2

2

vr (7b)

b) Wie gross sind Tv und Tv-Th bei ν=100 GHz, θ=60° für ein Aluminiumblech beiT=290K, das auf dem Boden des Mondes liegt?

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5.2.2 Reflexion bei fehlerhaften Metalloberflächen: RuzeformelDie Fresnelformeln gelten bei glatter Oberfläche, wenn spiegelnde Reflexion auftritt(grosse Krümmungsradien (>>λ) im Sinne der geometrischen Optik sind natürlichzulässig). Bei rauhen Oberflächen wird die Reflexion gestört. Metalle können dieWelle wegen der hohen Leitfähigkeit nicht absorbieren; deshalb wird die einfallendeWelle gestreut. Für rauhe Oberflächen mit gaussverteilten Fehlern ist die spiegelndeReflektivität gegeben durch eine Formel, die auf Ruze (1952) zurückgeht, s. auchTsang et al. (1985)

( )θσ−⋅= 222Fresnel,spiegelnd, cos4exp hpp krr (8)

wobei k=2π/λ die Wellenzahl σh die Standardabweichung der Höhen vom Mittelwertund θ der Einfallswinkel ist. Mit zunehmender Rauhigkeit σh entsteht ein Abfall derspiegelnden Reflektivität und damit der Direktivität von Antennen. Bei Metallenbleibt die Gesamtreflektivität hoch (rp ≅rp,Fresnel ≅1). Die Differenz, rp-rp,spiegelnd, bestehtaus mehr oder weniger diffuser Streuung. Bei Reflektorantennen ist man auf spie-gelnde Reflexion angewiesen, denn nur diese kann zur kohärenten Formung desHauptstrahls beitragen. Gestreute Anteile verlieren ihre Richtwirkung, tragenjedoch zum diffusen Hintergrund der Seitenkeulen bei. Angewandt auf dieGauss'sche Modellantenne mit isotropem Hintergrund, Gleichungen (2.15f) und(2.19), wird, falls ein Reflektor verwendet wird,

=−≅ 00max 1/ aDDD ( ) max,222 cos4exp bhk η=θσ− (9)

was nach (2.20) identisch ist mit der maximalen Strahleffizienz.

5.3 Linsen

5.3.1 AllgemeinesDielektrische Linsen sind beliebt zur Strahlformung und Fokussierung im sichtba-ren Bereich, weil dort extrem verlustarme optische Materialien existieren (mitn"<10-8). Im Mikrowellenbereich ist dies leider nicht der Fall. Bei Raumtemperaturist ε">10-4 für alle mir bekannten festen Stoffe, s. auch Tabelle 5.1 in Goldsmith,1998); deshalb sind nur dünne Linsen sinnvoll. Zur guten Winkelauflösung brauchtes jedoch grosse und somit auch dicke und schwere Linsen.Eine Alternative sind Linsen mit verdünnten Zonen (Zonenlinsen), welche die Inva-rianz bei Verschiebung der Phase um 2π ausnützen. Damit können Masse undAbsorption grosser Linsen reduziert werden. Eine weitergehende Ausnützung diesesEffekts geschieht bei der Fresnelzonenplatte. Mit solchen Linsen nimmt man auchNachteile in Kauf, wie begrenzte Bandbreite, Streuung und Abschattung und damitReduktion der Strahleffizienz.

5.3.2 RotmanlinseEtwas Spezielles ist die zweidimensionale Rotmanlinse (Rotman und Turner, 1963),s. auch Kapitel 5 in Lipsky (1987); sie erlaubt einen grossen Abtastbereich von über90° in einer Ebene. Ein Vorteil liegt darin, dass das Signal in einem Abschnitt durchKabel oder Hohlleiter läuft, deren Länge nach Belieben gewählt werden kann.Zudem hat die Linse eine recht grosse Bandbreite. Es handelt sich um eine Art vonPhased Array.

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Ursprüngliches Design der Linse nach Rotmanund Turner bei 3 GHz: Eingangshörner auf Fo-kallinie, freie Ausbreitung zwischen parallelenPlatten, Kabelabschnitt und Abstrahlung inlinearer Apertur auf zylindrischen Reflektor.

Oben: Parameter der Rotmanlinse,darunter Aufsicht und Quer-schnitt durch die Linse. Die Pola-risation ist senkrecht zur Linsen-fläche (TEM-Mode).Links: Prinzip, schematisch.

Links: Rotmanlinse nach Petersonund Rausch (1999) zur Anwen-dung im mm-Wellenbereich. Da-mit die Hohlleiter möglichst dichtgepackt werden können, ist diePolarisation hier parallel zur Lin-senfläche. Das heisst aber, dasssich in der Linsenkavität keinTEM-Mode, sondern der dispersiveTE1-Grundmode ausbreitet.

5.4 Strahlungsreferenzen

5.4.1 AllgemeinesHomogene schwarzer Körper bei bekannter Temperatur sind wichtige Komponen-ten, die als externe Referenz (bekannte TB) und zum Eichen von Radiometern (TA)dienen. Hier sollen mögliche Strahlungsreferenzen vorgestellt werden.

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Bei der Überlegung, ob sich Medien als Referenzstrahler eignen, sind charakteri-stische Parameter zu betrachten; dazu gehören Absorptions- und Streukoeffizient,Oberflächenform, Wärmekapazität, Wärmeleitfähigkeit und - falls Sonnenbestrah-lung eine Rolle spielt - auch die Albedo im solaren und im thermischen IR Spek-trum. Die temperaturstabilisierende Wirkung durch Aufnahme und Abgabe vonWasser bei Evapotranspiration kann auch von Bedeutung sein.Zu meiden sind Medien mit tiefer solarerAlbedo, geringer Wärmekapazität undWärmeleitung ⇒ Temperaturgradienten.Grundsätzlich sollte die Temperatur bisin Tiefen, in welche die Strahlung ein-dringt, homogen und während der Mess-zeit konstant sein.Nichtschwarze Körper werden unterHohlraumbedingung schwarz. Darumwerden Referenzstrahler oft in hohlrau-mähnlicher Form gebaut (Figur rechts),s. auch Bucket Technik (Ulaby et al.1981, S. 417) zur Messung von TA.Warnung: In gewissen Frequenzbändern sind quasistationäre Störungen durchMikrowellensignale von Satelliten (v.a. in geostationären Bahnen) zu beachten.

5.4.2 Natürliche StrahlungsreferenzenDie Natur bietet je nach Ort und Jahreszeit Referenzquellen an. Nahezu schwarzeStrahler lassen sich aus der Tabelle von Emissivitäten der Erdoberfläche in Kapitel4.7 ablesen. Zudem ist der kalte Himmel eine nahezu ideale, kalte Referenz.

5.4.2.1 Kosmische StrahlungAusserhalb der Atmosphäre dominiert für die meisten Himmelsrichtungen derisotrope, kosmische Hintergrund mit einer Strahlungstemperatur, TB=2.7K (gemässGleichung (2.4) ist zwischen TB und Tb zu unterscheiden, wenn hν≅ oder>kbT).

5.4.2.2 PlanetenPlaneten bilden für Mikrowellen gute Referenzstrahler mit bekannter Grösse undTemperatur (Dutrey, s. Guilloteau, 1998, Kapitel 10); sie werden deshalb zurEichung und zur Bestimmung der Strahleffizienz von Radioteleskopen benutzt.

5.4.2.3 Feuchter SchneeFeuchter Schnee ist (besonders bei vertikaler Polarisation in der Nähe des Brew-sterwinkels bei nicht zu grober Körnigkeit) ein guter schwarzer Körper, zudem istT=0°C und somit eine homogene Referenz.

5.4.2.4 WasserFlüssiges Wasser ist ein ausgesprochen schlechter thermischer MW-Strahler.Trotzdem ist Wasser unter Umständen als Referenz geeignet, besonders weil dieEmissivität glatter Oberflächen gut modelliert werden kann, weil die Wassertempe-ratur T recht homogen und stabil ist. Hohlraumstrahlung, Tb=T, wird erreicht, wennsich Wasser und Sensor in einem reflektierenden Raum befinden.

5.4.2.5 VegetationWegen der Evapotranspiration besitzen Vegetationsdecken eine recht stabile Tem-peratur, und die Emissivität ist nach Gleichung (4.20) hoch. Deshalb sind homo-gene Vegetationsflächen brauchbare Referenzstrahler.

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5.4.3 Künstliche ReferenzstrahlerDie Entwicklung guter Referenzstrahler ist eine wichtige Entwicklungsarbeit für dieMikrowellenradiometrie, die besonders im Hinblick auf abbildende Sensoren aus-gebaut werden muss (s. dazu auch Goldsmith, 1998, S. 224).

5.4.3.1 Mikrowellenabsorber, basierend auf SchaumstoffenAls künstliche Referenzstrahler werden oft absorbierende (z. Bsp. kohlenhaltige)Schaumstoffe benutzt, weil ihre Reflektivität dank hoher Porosität und dadurchtiefen Brechungsindex sehr gering ist. Diese Absorber wurden nicht für die Radio-metrie entwickelt; falls Temperaturschwankungen auftreten, sind sie ungeeigneteReferenzstrahler, denn der interne Wärmeausgleich ist schlecht, wodurch die Refe-renztemperatur mit grossen Fehlern behaftet wird. Weil die Absorber zudem mei-stens dunkel sind, erwärmen sie sich schnell im Sonnenlicht; somit sind sie alsReferenz nur bedingt geeignet, so etwa in thermisch stabilen Räumen bei fehlenderSonneneinstrahlung.

5.4.3.2 Harte MikrowellenabsorberThermisch gute Referenzstrahler bestehen aus thermisch gut leitendem Material.Metalle kommen leider nicht in Frage, weil die Absorptionsfähigkeit für Mikrowellenfehlt. Als Kompromiss wurden schwach leitende Epoxiharze entwickelt. IhreFresnelreflektivität ist jedoch gross. Durch spezielle Formung der Oberfläche (spitzePyramiden) versucht man einfallende Strahlen über Mehrfachreflexionenaufzufangen und somit die Absorptivität soweit zu erhöhen, dass brauchbare Refe-renzstrahler entstehen (z. Bsp. Battistelli und Bordi, 1995).

5.4.3.3 Referenzstrahler aus HolzBei den festen Stoffen, die sich als Referenzstrahler eignen, steht trockenes Holz anbester Stelle dank tiefer DK- Werte (ε'≅2.3, Fresnelreflektivität rFp≅0.042 bei senk-rechtem Einfall) mit ε" im Bereich 0.1-0.5, sodass die Eindringtiefe in der Grössen-ordnung von λ liegt. Die Anisotropie von Holz muss jedoch beachtet werden. Dieoptische Albedo kann durch einen weissen Anstrich erhöht werden. Mikrowellenla-sten wurden früher oft aus Buchenholz hergestellt. Einen Referenzstrahler ausBuchenholz wird das All-Sky Multi-Wavelength Radiometer (ASMUWARA) von LorenzMartin erhalten. Eine zusätzliche Reduktion der Reflexion soll mit einer gerilltenOberfläche erzielt werden, s. folgende Figur. Bei steilem Einfall entstehenmindestens 2 nacheinanderfolgende Reflexionen an der Holzoberfläche. Falls dieStreuanteile vernachlässigt werden können, wird die Gesamtreflektivität

0018.02 ≅≅ Fprr (10)

wobei obiger Wert bei senkrechtem Einfall benutzt wurde. Bei Polarisation quer zuden Rillen ist die Reflektivität geringer, parallel dazu grösser.

80°Querprofil durch den Referenzstrahler ausBuchenholz zu ASMUWARA (18-150 GHz)mit Metalleinfassung zur Reduktion vonTemperaturgradienten. Rillenbreite ≅3cm.

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5.5 Quasioptische Schalter5.5.1 Allgemeines zu quasioptischen KomponentenBei Mehrstrahlradiometern,die als Fokalebenenkamera ausgebildet sind, ist eswünschenswert, möglichst viele Funktionen quasioptisch zu realisieren, d.h. Kom-ponenten so zu bilden, dass sie auf den gesamten Strahlenbündel wirken und somitdas gesamte Bild umfassen. Dies erlaubt eine wesentliche Vereinfachung desSystems. Neben passiven, quasioptischen Elementen, wie Referenzstrahler,Strahlteiler, Filter, Koppler, Polarisator und Isolator gibt es auch aktive Elemente(mit elektrischer Speisung) wie Schalter, Verstärker und Oszillator. In den letztenJahren wurden verschiedene solche Elemente entwickelt und verbessert. Als Bei-spiel soll hier ein Schalter betrachtet werden.

Blockschema einer Fokalebenen-kamera, bestehend aus Linse, Refe-renzstrahler, quasioptischem Dik-keschalter und Empfängerarray(aus Stephan et al. 1993). Bei derStellung, Transmission, misst derEmpfänger die Referenzstrahlungund bei Reflexion das Objekt. DieUmschaltzeit liegt bei <10ns.

5.5.2 Aufbau des PindiodenarraysAufbau, und Eigenschaften des hier vorgestellten quasioptischen Dickeschalterswurden von Stephan et al. (1993) beschrieben (Goldsmith, 1998, S. 317). Dieschaltbaren Elemente sind Pindioden zwischen metallischen Gitterfäden.

Pin Diodes offQuasioptischer Dicke-

schalter für vertikalePolarisation. Oben links

ein einfacher Dioden-array, darunter ein

Schalter mit dahinter-liegendem Gitter zur

verbesserten Transmis-sion im eingeschalteten

Zustand. Die Schalt-kreise repräsentieren

die beiden Zustände desSchalters im Off- und

On- Betrieb.

Details zum aktiven Gitter:Links: Geometrie der Leiter-struktur mit Gitterkonstanteg=0.89mm und Positionierungder Dioden.Rechts: Gesamtbild des aufAlumina Substrat (ε'=9.5) auf-gebauten Schalters.

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5.5.3 Funktion und EigenschaftenIm Off-Zustand fliesst kein Gleichstrom durch die Dioden; sie wirken als Konden-satoren mit der Kapazität Cdiode. Zusammen mit den induktiven Leitungsanschlüs-sen entstehen Parallelschwingkreise, die im Resonanzbereich einen Kurzschlussdarstellen. Die einfallende Welle wird daran reflektiert. Die hohe Reflektivität vonüber 90% erstreckt sich über ein breites Frequenzband.

Im On-Zustand fliesst ein Gleichstromdurch die Dioden, welche dadurch auchhochfrequenzmässig leitend sind. DieInduktivität in Serie zu Rdiode wirkt für dieeinfallende Welle leicht reflektierend undmässig absorbierend.Die Zunahme der Schaltertransmissionmit zunehmendem Gleichstrom von 0 bis143 mA ist in der nebenstehenden Figurgezeigt (Stephan et al. 1993).

Ein zweites, passives Gitter im Abstand, λ/4, reduziert die Reflexion. Die Spezifika-tionen des Schalters sind in den folgenden Graphen dargestellt.

Reflexion (oben) und Transmission (unten) des quasioptischen Pindiodenschalters

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von Stephan et al. (1993), Off- (volle Linie), On- (gestrichelt), dazu Modellverhalten.

5.6 PolarisationsgitterEin Gitter, bestehend aus parallelen Drähten im Abstand g, mit g<<λ/2, wirktreflektierend für Wellen, deren Polarisation parallel zu den Drähten verläuft. Ist daselektrische Feld jedoch senkrecht zu dünnen Drähten, sind diese für die Wellepraktisch unsichtbar. Auf diesem Effekt beruhen quasioptische Polarisationsgitterfür Polarisations- Messungen und Transformatoren, zur Aufteilung und Überlage-rung von Strahlen. Physikalisch beruht der Effekt auf den Randbedingungen deselektrischen Felds an der Metalloberfläche, wo die Feldstärke parallel zur Oberflä-che verschwinden muss. Dies ist kein Problem für senkrechte Polarisation. Wellenmit paralleler Polarisation können sich dem Gitter nur dann reflexionsfrei anpas-sen, wenn grosse Komponenten des Wellenvektors quer zu den Drähten erlaubtsind, was zu g>λ/2 führt. Dieser Cut-off Effekt entspricht etwa demjenigen vonHohlleitern.

Polarisationsgitter, bestehend ausparallelen Drähten mit Radius a im

Abstand g, mit 2a<g<λ/4.

Ersatzschaltbild des Gitters im freienRaum bei paralleler Polarisation,

nach Goldsmith (1998).

Ein Modell, basierend auf obigem Ersatzschaltbild, wurde von Goldsmith (1998)gegeben. Danach sind Absorptivität a, Reflektivität, r und Transmissivität t desGitters bei paralleler Polarisation

220

0

4)2(4

gl

l

XRZZRa++

=↑↑ ; 220

20

4)2( gl XRZZr

++=↑↑ ; 22

0

22

4)2(

44

gl

gl

XRZ

XRt

++

+=↑↑ (11)

Hier ist Z0 die Impedanz des freien Raumes, Xg die induktive und Rl die konduktiveImpedanz des Gitters. Bei guten metallischen Leitern ist Rl sehr klein, und für Git-ter aus runden Drähten gilt bei nicht allzuhoher Frequenz

πλ=

aggZX g 2

ln0 (12)

0.0 0.1 0.2 0.3 0.4 0.50.0

0.2

0.4

0.6

0.8

1.0

a/g=0.1

a/g=0.02

r

g/lamda

Die nebenstehende Figur zeigt die Gitter-reflektivität für Rl=0 bei paralleler Polari-sation als Funktion von g/λ für a/g=0.1und 0.02. Bei senkrechter Polarisationist r≅0 über den gesamten Bereich.

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6 Beispiele abbildender Mikrowellensensoren

6.1 Special Sensor Microwave Imager (SSM/I)26.1.1 AllgemeinesSSM/I ist ein Beispiel eines konisch abtastenden Radiometers, dessen Spiegel sichzusammen mit Feed und Frontend um die vertikale Achse dreht. Seit 1987 fliegenSSM/I Instrumente auf den Wettersatelliten, DSMP, der US Army (Kramer, 1996).Die Daten sind für den zivilen Nutzen zugänglichhttp://www.ngdc.noaa.gov/dmsp/dmsp.html.

Abtastgeometrie über aktiven Bereich von 102°,1400 km auf der Erdoberfläche, mit je 1 Scan(128 Samples) pro Umdrehung bei 85 GHz, beijedem 2. Scan je 64 Samples bei 19, 22 und 37GHz. Die Ellipsen sind momentane 3dBFusspunkte bei den 4 Frequenzen (Hauptachse12 bis 60 km).

SSM/I Instrument mit OffsetParabolspiegel 61cmx66cm.Leistungsverbrauch 45W,

Masse 48.5kg,Drehzahl 31.6/min.

6.1.2 Technische DatenDie kreisförmige Bahn von SSM/I liegt in einer Höhe von 833 km bei einer Inklina-tion von 98.8° und einer Umlaufzeit von 102 min (14.1 Umläufe/Tag). Volle Erdab-deckung (bis auf 2 kleine Gebiete an den Polen) ist jeweils nach 72h erreicht.

SSM/I misst bei:Frequenzen (lin. Polarisation): 19.3 (v, h), 22.2 (v), 37.0 (v, h), 85 GHz (v, h).Bandbreite: 250MHz bei 19 und 22GHz, 1 GHz bei 37GHz und 1.5GHz bei 85GHz.Integrationszeit pro Bildpunkt: 3.89ms bei 85GHz, 7.95ms bei 19, 22, 37GHz.Radiometrische Zweipunkteichung während der passiven Phase der Scans: 2 Die Spezialnummer IEEE Trans. Geoscience and Remote Sensing, 28, Nr. 5 (1990) ist SSM/I gewidmet.

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1. warm, mit künstlichem Referenzstrahler bei Tb=250K (s. Figur unten)2. kalt, mit Spiegel, der die kosmische Hintergrundstrahlung einblendet (TB=2.7K).

Links: Gerilltes Multifrequenz-Feedhorn, rechts: warmer Referenzstrahler vonSSM/I, aus Hollinger (1989).

Das Antennendiagramm wurde aus Messungen von Meer-Land Übergängen abge-schätzt. Die Resultate bei 37 GHz sind in folgender Figur gezeigt (aus Hollinger etal. 1990).

Rechts: Antennendiagramme bezogen aufdie Erdoberfläche bei 37 GHz quer (oben)

und entlang (unten) der Flugbahn.Variationen ausserhalb des Hauptstrahls

sind keine Seitenkeulen, sondern dasResultat von örtlichen Variationen von Tb.

Antennenqualität von Instrument,S/N_002, bei allen Kanälen.

Frequenz(GHz)

Feed-Effizienz

Sidelobe(%)

Kreuz Pol.(%)

Strahl Eff.(%)

19.35v 0.969 0.8 0.35 96.119.35h 0.969 0.4 0.30 96.522.23v 0.974 2.0 0.65 95.537.0v 0.986 7.3 1.80 91.437.0h 0.986 4.7 1.20 94.085.5v 0.988 5.7 0.60 93.285.5h 0.988 7.8 1.40 91.1

In obiger Tabelle ist die Feed- Effizienz der Anteil der Strahlung des Feeds, der aufden Reflektor fällt. Bei 19 und 22 GHz ist dies der Hauptanteil der Strahleffizienz.Effekte der Reflektorrauhigkeit sind bei allen Frequenzen sehr klein, denn σh<0.025mm. Die Seitenkeulen (bis zu 8%) müssen somit beugungsbedingt sein.Gründe für die Kreuzpolarisation sind einerseits im Feed zu suchen, der gleichzeitigbei allen Frequenzen arbeiten muss, und andrerseits in der von ausserhalb derAchse angestrahlten Reflektors (Offset Paraboloid).

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Links: Globaler Überdek-kungsgrad von SSM/I inner-halb von 24 Stunden. Erstnach 72 Stunden sind alleLücken in Äquatornähe abge-deckt (aus Hollinger et al.(1990).

Unten: Räumliche Anordnungder 3-dB Fusspunkte an 3verschiedenen Stellen desaktiven Abtastbereichs für 37und 85 GHz.

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6.1.3 SSM/I Daten6.1.3.1 Strahlungstemperatur

Beispiel vonEarthGriddedSSM/IDMSP-F13TA Daten:Nordhalb-kugel vom20. Dez.1999,absteigendeBahnen,von NSIDC,Boulder,CO, 2001.

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Positionierungsfehler, hier gezeigt anhand von Daten über Spanien bei 85 GHz:Links: bei vorausgesagten Bahndaten betrug der Fehler ca. 25 km (vor 1989),Mitte: bei korrigierten Bahndaten ca. 11 km, und rechts, wenn die Daten derInstrumentenachse empirisch angepasst werden, bleibt noch ein Fehler von ca.5km.6.1.3.2 Geophysikalische Produkte

Globale Wasserdampfkarte - ein Produkt von SSM/I.

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SSM/I Windgeschwindigkeit über offenem Meer am 30. April 2001 (ascending pass),Daten in Regengebieten werden ausgeblendet, Algoritmus von Goodberlet et al.

(1989).

6.1.4 WeiterentwicklungenAbbildende Radiometer mit konischer Abtastung haben sich in der Erdfernerkun-dung bewährt, weil• Einfallswinkel und Polarisation für alle Bildpixel identisch,• Betrieb und Kalibration einfach und zuverlässig sind, und weil• die Lebensdauer in der Regel gross ist.Ein Nachteil ist der im Vergleich zur Nadirsicht verlängerte Weg durch die Atmo-sphäre und dadurch auch eine etwas schlechtere Ortsauflösung. Die Vorteileüberwiegen jedoch, was bewirkte, dass sich das Konzept auf weitere Sensorenübertrug:• MIMR (geplant von ESA, jedoch nicht geflogen),• AMSR (Abbild von MIMR, gebaut von JAPAN für ADEOS II und NASA-EOS),• WINDSAT (in Planung durch USA: www.pxi.com/windsat/main.html).Diese Sensoren zeichnen sich durch grössere Antennen (Spiegeldurchmesser 1.6 bis1.8m) aus. Zudem werden Kanäle bei tieferen Frequenzen hinzugefügt (6.8, 11GHz), was Vorteile zur Beobachtung der Erdoberfläche bringt. Bei Windsat kommthinzu, dass alle 4 Stokesparameter gemessen werden sollen, was erlaubt, Wind-stärke und -richtung über der offenen Meeresoberfläche zu bestimmen.

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6.2 Fokalebenenkameras6.2.1 AllgemeinesNach den Erfahrungen mit abtastenden Mikrowellensensoren in den 70- und 80-erJahren, die aus einem einzigen Radiometer bestanden, und deshalb sehr langsamarbeiteten, entstand der Wunsch nach schnelleren Kameras. Die Realisierung sol-cher Videokameras erfordert eine grosse Zahl paralleler Empfänger. In den 90-erJahren wurden bewusst Fortschritte bei der Entwicklung von Millimeter waveMonolithic Integrated Circuits (MMIC) angestrebt, um kompakte Radiometer (Chipvon 2 mm x 7 mm Grösse bei TRW) in grosser Zahl zu entwickeln und als Arrays inFokalebenenkameras zu benutzen. Das Prinzip solcher Focal-Plane Array (FPA)Kameras wurde in der Arbeit von Goldsmith et al. (1993) diskutiert und Beispielevon Arrays vorgestellt. Eine der bisher erfolgreichsten Kameras, diejenige von TRW,soll hier diskutiert werden. Eine wesentliche Schwierigkeit besteht darin, dass überdas Gerät bis heute nur unvollständige Information vorliegt.

6.2.2 Die Kamera von TRWNach 15-jähriger Vorbereitungs-phase entwickelte (1995-1997) einvon der Firma TRW (Kalifornien)geführtes Konsortium die Fokalebe-nenkamera im Bild rechts bei 3.3mm Wellenlänge (Yujiri et al. 1997).Obwohl wesentlich grösser als eineoptische Kamera ist die erzielteKompaktheit auffällig; es dominiertdie Linsenapertur (∅=46 cm). DasSichtfeld beträgt 10°x15° bei einerAuflösung von 0.5°, und dieBildrate beträgt 17 Hz bei BW=10GHz, ∆Tmin≅1K. Testmessungen er-folgten am Boden, in der Luft undauf dem Meer (Moffa et al. 2000).

Blockschema:Beschreibungfolgt.

Die Linse besteht aus Rexolite (ε'=2.556, ε"=0.00026, f=? s. unten) mit reflexions-vermindernder Beschichtung, ein Hochpassfilter dient zur Elimination von Strah-

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lung bei ν<80 GHz, 2-Punkteichung mit Rauschdioden, FPA mit 40x26=1040 Ele-menten und 4-fachem Mikroscan zur aliasfreien Abtastung ergibt 80x52=4160Bildpunkte, die Elektronik dient zur Regelung, Dickeschaltung, A/D- Konversion,Datenprozessierung und Darstellung.Die Radiometer (84-94 GHz) bestehen aus linear polarisierten Endfire Tapered SlotAntennen (TSA, s. Abschnitt 5.1.3), rauscharmen Verstärkern (HEMT: 7 Stufen,Gewinn>40 dB, NF<5.5 dB) mit Dickeschalter und Schottky Barrier Diode Detektor(Kuroda et al. 1997), alles in kleinen Chip integriert. Karten mit je 10 Modulen, be-stehend aus je 4 Radiometern, bilden Zeilen in der Fokalebene (folgende Figur). Mitder Verdoppelung durch Mikroscan ergeben sich somit 80 Bildpunkte pro Zeile. DasKonzept dieser Geradeausempfänger ist bestechend, da kein Mischer und kein LOnotwendig ist.

Zum FPA der TRW Kamera:Links sieht man ein Modul aus 4 Radio-metern, inklusive Videoverstärker undRegelung, unten links sind 10 Module zueiner Karte zusammengefasst, und untenrechts sind 14 Karten zusammengefügt.Anschlüsse zur Kühlung mit Wasser sindsichtbar.

Abschätzung von Brennweite und weiterer KenngrössenSei α=10°=0.17 die Breite des Bildes im Objektraum und h die Länge der Bildzeile,die sich aus obigem Bild zu etwa 22 cm abschätzen lässt. Dann gilt nach Gleichung(2.36) bei direkter Abbildung mit der Frontlinse: α= /hf ≅1.3m. Dieser Wert istwesentlich grösser als die Kameralänge; der Strahl muss (ev. durch Spiegelund/oder weitere Linsen) verkürzt werden. Weiter lässt sich mit Formeln (2.38) und(3.4) ein effektiver Hornradius a und die Strahlöffnung ϑ1 des Feeds, abschätzen:

)/(4.1 hdfa −λ≅ ≅ 25 mm, fhd 4/)(1 −=ϑ ≅0.046, was einer maximalen Direktivität

des Feeds, 21max /4 ϑ=D , von 33 dB entspricht. Dies bedeutet unrealistisch grosse

Feedelemente. Nach Abschnitt 5.1.3 ist für TSA Dmax<17dB. Es müssen wohl weiterequasioptische Komponenten zur Strahlformung eingesetzt worden sein.

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BildbeispieleDie folgende Figur zeigt Bildsequenzen mit einem fahrenden Auto; die Bildqualitätder TRW-Kamera (warm⇔schwarz, kalt⇔weiss) ist deutlich schlechter als diejenigeder normalen Videokamera. Zu sehen sind auch Spiegelbilder der Objekte undSchatten des Fahrzeugs bei Beleuchtung mit kalter Strahlung von oben, wogegen dieBeleuchtung durch die Sonne von der Seite her erfolgt. Millimeterwellen zeigenteilweise spiegelnde Reflexion, während im Sichtbaren nur diffuse Streuung auftritt.

Videosequenz mit fahrendem Auto, sichtbares Licht und TRW Kamera (mm wave),aus Yujiri et al. (1998).

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6.2.3 Detektion versteckter Waffen mit MikrowellensensorenNeben der TRW Kamera wurden weitere schnelle, abbildende Sensoren entwickelt.Hier folgen einige Bildbeispiele aus den SPIE-Aerosense Konferenzen 1997-2000.Hochauflösende Kamera zur Detektion versteckter Waffen (Lang et al. 2000):Diese Kamera besteht aus 4 Kanälen im W-Band und wird auf kurze Distanz (≅1 m)in einer Kabinenwand mechanisch schnell gescannt.

Die 4 Hornantennen werden mitaustauschbaren Linsenfokussiert; auf die Bedeutungguter Fokussierung und gerin-ger Seitenkeulen wird hinge-wiesen. Ein Bild entsteht in 1-2Minuten; während dieser Zeitmuss die abzubildende Personruhig stehen.Die Bilder links zeigen einenMann mit Pistole und einemPlastikmesser im Gürtel, sowieeines Kugelschreibers aus Me-tall in der Hemdtasche. DerMann bewegt sich von Bild zuBild gegen die Kamera zu, wasdie Bildschärfe verschiebt (In-nenaufnahme, warm entsprichtdunkel).Diese Bilder zeigen eine Frau(Foto, links) mit einer Pistole,die durch die Bluse verdecktist.

Neben diesen rein passiven Bil-dern kann die Szene auch mitstationärer oder variabler Mi-krowellenstrahlung beleuchtetwerden.

Kleider sind bei mm-Wellenziemlich gut transparent, s.folgende Tabelle.

Eigenschaften von Textilien bei 40-150 GHz, nach Lang et al. (2000); dagegen zeigtLeder höhere Absorption.

Material Dicke (mm) Transmissivität Absorptionskoeff.(1/mm)

Baumwollhemd 0.5 0.78 0.5Wollener Pullover 3 0.23 0.49Baumwolljeans 1.1 0.54 0.56

Polyester Sweatshirt 1.2 0.57 0.47

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Kameras von MillivisionHuguenin (1997) gab einen Überblick überdie Produkte von Millivision, einer Firma inMassachusetts; darin ist wohl diekompakteste mm-Wellenkameras ent-halten, der batteriegespiesene, hand-heldScanner bei 94 GHz mit einer Linse (∅=15cm) und einem 8x8 Fokalebenenarray.Durch manuelles Abtasten sollen Bildervon bis zu 64x160 Pixels erzeugt werden.Ob das Gerät je hergestellt wird, istunklar, denn auch Ferries und Currie(2000) berichten noch immer vom selbenPlan.

6.3 PLANCK, ein abbildender Sensor für die RadioastronomiePLANCK ist eine ESA Mission zur Abbildung der kosmischen Hintergrundstrahlungbei 9 Frequenzen zwischen 25 und 1000 GHz mit einer Empfindlichkeit von bis zu10-6K und einer Winkelauflösung von etwa 6' (http://astro.estec.esa.nl/planck).Dieses Ziel soll mit einem speziellen Zweispiegelteleskop bei einer Apertur von 1.5 mDurchmesser erreicht werden. In der Focal-Plane Unit (FPU) sollen 76 Hornantennenein grosses Gesichtsfeld abdecken und Polarisationsmessungen erlauben, wobei zuroptimalen Effizienz zum Teil Multimodehörner eingesetzt werden (Yurchenko et al.2001). PLANCK soll im Jahre 2007 zusammen mit dem Far-InfraRed and SubmmTelescope (FIRST) gestartet und in eine erdferne Bahn gebracht werden.

Das PLANCK Instrument im Schnitt (links) und seine Hauptteile (rechts).