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Risikoadjustierte Performancemessung von Fonds in
unterschiedlichen Marktphasen
Hendrik Scholz / Marco Wilkens
Working Paper, LFB, Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt
Version: 3. Juni 2004
Zusammenfassung
Der Beitrag analysiert, ob die Maße Sharpe Ratio und RAP auch in anormalen Perioden
eine sinnvolle Beurteilung der Leistung von Fonds ermöglichen. Es zeigt sich eine Ab-
hängigkeit dieser Maße einerseits von der Leistung der Fonds und andererseits von der
jeweiligen Marktphase. Zur Lösung der Problematik der daraus resultierenden Markt-
phasenabhängigkeit von Fondsrangfolgen sollten künftig „normalisierte“ Varianten der
Maße Sharpe Ratio und RAP verwendet werden.
Dr. Hendrik Scholz, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Finanzierung und Bankbetriebslehre (LFB) der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, Email: [email protected]
Prof. Dr. Marco Wilkens, Lehrstuhl für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre, Finanzie-rung und Bankbetriebslehre (LFB) der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, Email: [email protected]
1
Risikoadjustierte Performancemessung von Fonds in
unterschiedlichen Marktphasen
1 Einleitung
Risikoadjustierte Performancemaße wie die Sharpe Ratio und das RAP1 werden in
Theorie und Praxis regelmäßig zur Beurteilung der Leistung von Investmentfonds
herangezogen. Inzwischen finden diese Kennzahlen auch in die Tagespresse Eingang
und stehen damit Privatanlegern zum Vergleich von Fonds zur Verfügung. Beispiels-
weise werden auf der Sharpe Ratio basierende Rangfolgen von Investmentfonds in der
Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ) publiziert. Darüber hinaus werden diese
Kennzahlen unter anderem von Direktbanken im Internet veröffentlicht. So bildet das
RAP die Grundlage des Fonds-Meter Rankings von Financial Webworks, das über
www.fondsweb.de sowie über den S-Broker der Sparkassen im Internet kostenlos
abrufbar ist (www.s-broker.de).
In jüngerer Zeit wird die Eignung dieser Kennzahlen jedoch grundsätzlich in Frage
gestellt. Zwar sei gegen diese Performancemaße in Perioden steigender Aktienkurse –
wie sie auch den üblichen Darstellungen in Lehrbüchern zu Grunde liegen – kaum
etwas einzuwenden. Ihr Einsatz zur Beurteilung der Leistung von Fonds in Perioden
sinkender Aktienkurse führe hingegen zu intuitiv unverständlichen, wenn nicht gar
falschen Ergebnissen. Die Ablehnung des Einsatzes der Maße in so genannten „Baisse“-
Perioden wird auch durch Aussagen in der wissenschaftlichen Literatur unterstützt.2
Aufgrund der in den Jahren 2000 bis 2002 sinkenden Aktienkurse weisen nahezu alle
Aktienfonds seit 2003 bei Betrachtung einer üblichen drei- oder fünfjährigen Daten-
historie negative Sharpe Ratios auf. Daher ist es nicht verwunderlich, dass entspre-
chende Kritik an den risikoadjustierten Performancemaßen in jüngster Zeit verstärkt
vorgebracht wird.3 Diese „Problematik“ hat dazu geführt, dass beispielsweise bei den in
1 Modigliani/Modigliani (1997) bezeichnen das RAP-Maß ursprünglich als „Risk-Adjusted
Performance“. In Anlehnung an diese Autoren wird es auch M-squared beziehungsweise M2 genannt.
2 Vgl. Tinic/West (1979), S. 551; Jobson/Korkie (1981), S. 891; Stucki (1988), S. 186; Theissen/Greifzu (1998), S. 454; Vinod/Morey (1999), S. 27.
3 Vgl. z. B. Ruhkamp (2003); o. V. (2003b), S. 17.
2
der FAZ dargestellten Fondsrankings seit Anfang 2003 sowohl auf die Angabe
negativer Sharpe Ratios als auch auf deren Verwendung zur Rangfolgeerstellung
verzichtet wird.4
Ziel dieses Beitrags ist es zu untersuchen, ob und gegebenenfalls unter welchen Annah-
men über Sharpe Ratio und RAP auch für „Baisse“-Perioden eine sinnvolle Beurteilung
der Leistung von Fonds möglich ist. Im Zentrum steht dabei die grundsätzliche und für
Anleger zentrale Frage, inwiefern von einer ex post gemessenen Performance eines
Fonds auf eine entsprechende Performance in der Zukunft geschlossen werden kann. Zu
diesem Zweck erfolgt im Kapitel 2 zunächst eine kurze Darstellung der Maße Sharpe
Ratio und RAP, wobei insbesondere der Aussagegehalt dieser Kennzahlen für histori-
sche Perioden mit durchschnittlich negativen Überschussrenditen aufzeigt und kritisch
reflektiert wird.
In Kapitel 3 wird grundsätzlich diskutiert, inwieweit diese üblicherweise ex post
ermittelten Performancemaße Schlussfolgerungen im Hinblick auf die Performance von
Fonds in künftigen Perioden zulassen. Nach Kenntnis der Autoren wird dabei erstmalig
auf die zentralen Charakteristika von Fonds fokussiert, um so deren Performance in
Abhängigkeit von zufälligen, das heißt nicht durchschnittlichen Marktphasen, bestim-
men zu können. In diesem Zusammenhang wird insbesondere der Performancebeitrag
der mit Selektionsaktivitäten verbundenen fondsspezifischen Risiken herausgearbeitet,
der in Abhängigkeit von der Marktphase entweder positiv oder negativ sein kann. Die
praktische Relevanz des Marktphaseneinflusses auf die Rangfolgen von Fonds wird auf
der Grundlage einer empirischen Untersuchung in Kapitel 4 verdeutlicht.
Konsequenzen der Marktphasenabhängigkeit von Fondsrangfolgen werden in Kapitel 5
diskutiert. Wir schlagen vor, sowohl die Beurteilung als auch die Auswahl von Fonds
nicht wie üblich auf der Grundlage ex post bestimmter Kennzahlen wie der Sharpe
Ratio oder dem RAP vorzunehmen. Stattdessen sollten die in diesem Kapitel präsen-
tierten innovativen „normalisierten“ Performancemaße genutzt werden. Der Beitrag
schließt in Kapitel 6 mit einer Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse und gibt
einen Ausblick auf weiteren Forschungsbedarf.
4 Vgl. o. V. (2003a); o. V. (2003c).
3
2 Performancemessung mit Sharpe Ratio und RAP – Das „Baisse-Problem“
Die theoretische Grundlage der im Folgenden betrachteten Performancemaße bildet das
µ-σ-Prinzip, wonach Anleger ihre (Ex-ante-)Investitionsentscheidungen anhand des
Erwartungswertes und der Standardabweichung der Renditen ihrer Anlagealternativen
treffen. Nutzentheoretisch kann das µ-σ-Prinzip über die Annahme quadratischer
Nutzenfunktionen der Anleger oder normalverteilter (diskreter) Renditen begründet
werden.5 Zur Beurteilung und Auswahl von Fonds eignen sich Sharpe Ratio und RAP
insbesondere für Anleger, die ihr gesamtes Vermögen in nur einen Fonds in Kombina-
tion mit einer risikofreien Geldaufnahme oder -anlage investieren.6 Darüber hinaus ist
die Sharpe Ratio auch für Anleger in anderen, praktisch relevanten Entscheidungssitua-
tionen von Bedeutung.7
In der Ex-post-Beurteilung von Fonds wird regelmäßig auf die geschätzten Verteilungs-
parameter der Fondsrenditen für den jeweils betrachteten Untersuchungszeitraum
zurückgegriffen. Dabei wird implizit oder explizit unterstellt, dass der Anleger von
einer über die Zeit unabhängigen und identischen Renditeverteilung der Fonds ausgeht.8
So können die ex post ermittelten Verteilungen der Fondsrenditen auch als erwartete
künftige Verteilungen interpretiert werden, so dass auf der Grundlage der Ex-post-
Ergebnisse auch Ex-ante-Anlageentscheidungen zu treffen sind.
Die Mitte der 60er Jahre eingeführte Sharpe Ratio wird seit fast 40 Jahren zur Beurtei-
lung von Fonds eingesetzt.9 Die Sharpe Ratio SRi eines beliebigen Fonds i ergibt sich
über das arithmetische Mittel µi und die Standardabweichung σi der Fondsrenditen für
den jeweiligen Untersuchungszeitraum zu:10
(1) SRi = µi – rfσi
5 Vgl. hierzu ausführlicher z. B. Breuer/Gürtler/Schuhmacher (1999), S. 40-50. 6 Vgl. z. B. Breuer/Gürtler (1999), S. 274-276; Bodie/Kane/Marcus (2002), S. 815 f. 7 Vgl. Scholz/Wilkens (2003). 8 Vgl. Grinblatt/Titman (1989), S. 397; Shukla/Trzcinka (1992), S. 9-11. 9 Vgl. Sharpe (1966); Sharpe (1994). Nach Modigliani/Modigliani (1997), S. 46, ist die
Sharpe Ratio das „most common measure of risk-adjusted return“, nach Lo (2002), S. 36, “(o)ne of the most commonly cited statistics in financial analysis”.
10 Zu statistischen Eigenschaften der Sharpe Ratio siehe z. B. Lo (2002). Zu einem Signifikanz-test hinsichtlich der Gleichheit der Sharpe Ratios mehrerer Fonds siehe Jobson/Korkie (1981), S. 894-897, in Verbindung mit Memmel (2003).
4
Die Sharpe Ratio misst folglich das Verhältnis zwischen der vom Fonds erzielten Über-
schussrendite über dem risikofreien Zinssatz rf und der Standardabweichung. Im µ-σ-
Diagramm lässt sich die Sharpe Ratio als Steigung der Verbindungslinie der Positionen
des Fonds und des risikofreien Zinssatzes rf interpretieren.11
Modigliani/Modigliani haben 1997 das eng mit der Sharpe Ratio verwandte Perfor-
mancemaß RAP zur Beurteilung der Leistung von Fonds eingeführt.12 Auch das RAP
wird inzwischen in der Finanzpraxis eingesetzt und findet darüber hinaus häufig Ein-
gang in die aktuelle (Lehrbuch)Literatur.13 Ursächlich für die Entwicklung des RAP war
die Feststellung, dass die Sharpe Ratio als Verhältniskennzahl für den „normalen“
Anleger intuitiv schwer verständlich ist. Der Grundgedanke des RAP-Ansatzes ist es,
alle betrachteten Fonds gedanklich auf das Gesamtrisiko einer Benchmark – beispiels-
weise einen Index – zu normieren. Hierbei ist für jeden Fonds i ein Vergleichsportfolio
VPi aus dem Fonds und einer Geldanlage beziehungsweise -aufnahme zu rf zu konstru-
ieren, dessen Risiko dem des Index entspricht. Die durchschnittliche Rendite dieses
Vergleichsportfolios VPi entspricht gerade dem RAPi des Fonds i und kann über dessen
Sharpe Ratio wie folgt bestimmt werden:14
(2) RAPi = rf + SRi σIndex
Das RAP stellt also eine Transformation der Sharpe Ratio in eine absolute Renditegröße
dar15 und ist daher für Anleger intuitiv besser verständlich.
Im Kontext der risikoadjustierten Performancebeurteilung wird nicht nur in der Finanz-
praxis neben den Maßen Sharpe Ratio und RAP regelmäßig auf folgende Aussage zur
relativen Vorteilhaftigkeit von Wertpapierportfolios zurückgegriffen: Weisen zwei Port-
folios mit identischen durchschnittlichen Renditen unterschiedliche Risiken auf, so
erzielt das Portfolio mit dem geringeren Risiko eine überlegene Performance.16 Für
11 Vgl. z. B. Maurer (1996), S. 195; Wittrock (2000), S. 76; Elton/Gruber/Brown/Goetzmann
(2003), S. 626. 12 Vgl. Modigliani/Modigliani (1997). 13 Vgl. Sharpe/Alexander/Bailey (1999), S. 846-848; Fischer (2001), S. 280-282; Bodie/Kane/–
Marcus (2002), S. 813 f.; Bruns/Meyer-Bullerdiek (2003), S. 529 f.; Reilly/Norton (2003), S. 746-748; Spremann (2003), S. 320-322.
14 Vgl. Sharpe/Alexander/Bailey (1999), S. 846 f.; Wilkens/Scholz (1999), S. 254; Fischer (2001), S. 281.
15 Damit führen beide Performancemaße zu einer identischen Rangfolge von Fonds. 16 Akeda (2003), S. 20, bezeichnet diesen Zusammenhang als „conventional wisdom about
investments“.
5
Anleger ist diese Aussage leicht nachvollziehbar und die sich hiernach ergebenden
Rangfolgen von Fonds stimmen für „gewöhnliche“ Perioden mit durchschnittlich posi-
tiven Überschussrenditen mit denen überein, die sich über Sharpe Ratio und RAP
ergeben.
Inwieweit diese Kennzahlen und die Aussage auch bei Vorliegen von Perioden mit
durchschnittlich negativen Überschussrenditen der Fonds und des Index zur Beurteilung
von Fonds einsetzbar sind, wird in der Literatur kontrovers diskutiert. Im Folgenden
werden die gegensätzlichen Sichtweisen an einem einfachen Beispiel veranschaulicht.
Hierüber wird deutlich, dass es dringenden Klärungsbedarf hinsichtlich der Frage gibt,
wie Performancemessung bei Vorliegen zufälliger „ungewöhnlicher“ Marktphasen
erfolgen sollte.
Abbildung 1: Risikoadjustierte Performance exemplarischer Fonds für eine Baisse-Periode
-15 ‰
-10 ‰
-5 ‰
0 ‰0 ‰ 20 ‰ 40 ‰ 60 ‰σ
µ
RAP A
RAP Index
r f
RAP B
B'
Index
VPB
VPA
Fonds AFonds B
Die folgenden exemplarischen Ausführungen basieren auf zwei Fonds A und B, einem
Index und dem risikofreien Zinssatz, deren µ-σ-Positionen in Abbildung 1 dargestellt
sind. Die Fonds haben eine identische mittlere monatliche Rendite von –10 ‰ erzielt,
die Standardabweichungen der Renditen betragen 30 ‰ beziehungsweise 55 ‰. Gemäß
(1) ergeben sich Sharpe Ratios von SRA = –0,43 und SRB = –0,24. Fonds B hat hiernach
6
gegenüber Fonds A eine risikoadjustiert überlegene Performance erzielt, da er eine
höhere (weniger negative) Sharpe Ratio aufweist. Die gleiche Rangfolge bestimmt sich
gemäß (2) auf der Grundlage des RAP (RAPA = –14,33 ‰, RAPB = –6,45 ‰). Unter
Berücksichtigung des Index ergibt sich folgendes Ranking: B f Index f A.
Häufig wird nun die Meinung vertreten, dass Sharpe Ratio und RAP in Baisse-Perioden
kein sinnvolles Ranking von Fonds ermöglichen. Die Sharpe Ratio sei bei negativen
Überschussrenditen von Fonds nicht mehr interpretierbar.17 Teilweise wird sogar die
Aussage getroffen, dass bei Vorliegen negativer Überschussrenditen „keine Sharpe
Ratio ermittelt werden kann“18, was offensichtlich falsch ist. Die Ablehnung der Sharpe
Ratio in Baisse-Perioden wird teilweise über die zuvor dargestellte Aussage zur
Vorteilhaftigkeit von Portfolios begründet. Hiernach wäre die Performance von
Fonds A besser als die von Fonds B, da Fonds A bei identischer Rendite eine geringere
Standardabweichung aufweist.19 Israelsen bezeichnet eine entsprechende Datenkon-
stellation in Zusammenhang mit der Sharpe Ratio als „The Negative ‚Excess Return’
Dilemma“20. Plantinga stellt fest: „For negative Sharpe ratios, the ranking is consistent
with a risk-seeking investor.“21
Dieser Ablehnung der Verwendung von Sharpe Ratio und RAP steht eine auf Sharpe
selbst zurückgehende Rechtfertigung der Sharpe Ratio für Baisse-Perioden entgegen.22
Hiernach wird bei der Beurteilung von Fonds die Annahme zu Grunde gelegt, dass
Anleger in eine Kombination aus einem Fonds und rf investieren. Es werden folglich
nicht (entsprechend der obigen Aussage) die µ-σ-Positionen der Fonds direkt vergli-
chen, sondern die Performance der Fonds über risikoadjustierte Vergleichsportfolios.
Danach führt eine Fondsrangfolge gemäß Sharpe Ratio und RAP auch in Baisse-
Perioden zu einem nachvollziehbaren Ergebnis. Die höchste Sharpe Ratio und das
höchste RAP werden dann für den Fonds ausgewiesen, über den (auch) in der
17 Vgl. Feri Trust (2004), S. 12. 18 Vgl. o. V. (2003c), S. 22. 19 Vgl. Feri Trust (2004), S. 12. 20 Israelsen (2003), S. 50. 21 Plantinga (1999), S. 24. 22 Vgl. Sharpe (1975), S. 34; Sharpe (1998), S. 31.
7
betrachteten Baisse-Periode in Kombination mit dem risikofreien Zins für jedes
beliebige Risikoniveau die höchste durchschnittliche Rendite erzielbar war.23
Abweichend von dem Fall „gewöhnlicher“ Untersuchungszeiträume mit positiven
Überschussrenditen wird dann von zwei Fonds mit identischen negativen Renditen die
Performance des Fonds mit der höheren Standardabweichung vorteilhaft beurteilt.24
Dies ist auch aus Anlegersicht nachvollziehbar. Beispielsweise wird ein Anleger
anstelle einer Investition in den Fonds A ex post die Anlage in eine Kombination B’ aus
Fonds B und rf als vorteilhaft beurteilen, da hierüber bei identischem Gesamtrisiko eine
höhere (weniger negative) mittlere Rendite erzielbar war (vgl. Abbildung 1). Die intui-
tive Beurteilung der Performance von Fonds gemäß Aussage eins geht vor diesem
Hintergrund bei negativen Überschussrenditen verloren.25
Für die weiteren Überlegungen ist es zweckmäßig, die (in der externen Performance-
analyse üblicherweise unterstellte26) Perspektive eines „uninformierten“ Anlegers einzu-
nehmen. Dieser nimmt an, dass die Renditeverteilungen der Fonds über die Zeit
unabhängig und identisch sind.27 Wenn nun von der ex post bestimmten Performance
eines Fonds auf eine künftige Performance geschlossen wird, ist dies dann problema-
tisch, falls es sich bei dem zu Grunde liegenden Untersuchungszeitraum um eine (zu-
fällige) „Baisse“-Periode handelt. Kein rational handelnder risikoaverser Anleger wird
beispielsweise auf der Grundlage der Daten in Abbildung 1 eine (positive28) Investition
in den Fonds B mit der ex post höheren risikoadjustierten Performance tätigen, da eine
vollständige Anlage zum risikofreien Zinssatz besser ist.29 Eine risikobehaftete
Investition kann immer nur dann sinnvoll sein, wenn Anleger künftig von positiven
Überschussrenditen (für mindestens einen Fonds) ausgehen.
Dies lässt jedoch nicht den auf den ersten Blick potenziell plausibel erscheinenden
Schluss zu, dass für Baisse-Perioden grundsätzlich auf eine risikoadjustierte ex post
23 Vgl. Simon (1994), S. 214 f.; Lobosco (1999), S. 67. 24 Vgl. Simon (1994), S. 215; Akeda (2003), S. 20 f. 25 Vgl. Sharpe (1975), S. 33. 26 Vgl. Grinblatt/Titman (1989), S. 397, Shukla/Trzcinka (1992), S. 9-11. 27 Daher eignen sich diese Maße nur zur Beurteilung der Selektionsaktivitäten von Fonds,
potenzielle Timingaktivitäten sind mit der Annahme unabhängig und identisch verteilter Fondsrenditen hingegen nicht vereinbar.
28 Auf die Berücksichtigung von Leerverkäufen der Fonds oder des Index wird – wie in diesem Zusammenhang üblich – verzichtet.
29 Vgl. Simon (1994), S. 214.
8
Messung der Performance verzichtet werden sollte. Die Leistung des Fonds(manage-
ments) ist weiterhin danach zu bemessen, inwiefern dessen (ex ante getroffenen)
Selektionsentscheidungen bei der Auswahl von Einzeltiteln risikoadjustiert im Ver-
gleich zu einer passiven Anlagealternative als vorteilhaft zu beurteilen sind.
Offensichtlich bestehen in der Literatur und der Finanzpraxis Widersprüche hinsichtlich
der Interpretation von Sharpe Ratio und RAP in Baisse-Perioden und daher weiterer
Forschungsbedarf bezüglich der Abhängigkeiten dieser Performancemaße von Markt-
phasen. Letztlich stellt sich die grundlegende Frage, ob ein Fonds mit einer überlegenen
Performance gemäß Sharpe Ratio oder RAP in einer Baisse-Periode auch in einer
künftigen Periode eine überlegene Performance erzielen wird.
3 Der Einfluss von Marktphasen auf die Performance von Fonds
3.1 Zentrale Charakteristika von Fonds
Bei einer (Ex-ante-)Entscheidung zwischen Anlagealternativen ist für Anleger – wie
angesprochen – nicht die in der Vergangenheit erzielte Performance von Fonds von
Bedeutung. Vielmehr ist interessant, ob und gegebenenfalls unter welchen Annahmen
von der ex post realisierten Performance auf eine (überlegene) ex ante erwartete
Performance geschlossen werden kann. Eine Beantwortung dieser Frage ist durch
Fokussierung auf die zentralen fondsspezifischen Charakteristika möglich. Um die in
diesem Zusammenhang relevanten und neuartigen Zusammenhänge herausarbeiten zu
können, wird unterstellt, dass sich die Überschussrendite ri, t – rf eines Fonds i für die
Periode t gemäß einem Ein-Faktor-Modell in Abhängigkeit von der Überschussrendite
des Index rIndex, t – rf über folgenden linearen Zusammenhang ergibt:
(3) ri, t – rf = JAi + βi (rIndex, t – rf) + εi, t mit εi, t ~ NV(0; σε i )
Das Beta βi kennzeichnet die Höhe des vom Fonds i eingegangenen „systematischen“
Risikos gegenüber dem Index.30 Die Umsetzung positiver (negativer) Selektionsfähig-
keiten wird über ein positives (negatives) Jensen Alpha JAi und das mit den Selektions-
30 Dieser Index sei annahmegemäß relativ µ-σ-effizient hinsichtlich des Anlageuniversums des
Fonds, vgl. hierzu Grinblatt/Titman (1989), S. 411 f. Die Betafaktoren sind dann streng genommen als Faktorsensitivitäten gegenüber dem Index und nicht mehr als Maß für allgemeingültige systematische Risiken wie vor dem Hintergrund des CAPM interpretierbar. Vgl. Möller (1986), S. 98.
9
aktivitäten verbundene fondsspezifische Risiko über den Störterm εi, t erfasst. Die
Annahme stabiler fondsspezifischer Charakteristika JA, β und σε über die Zeit ist üblich
und liegt regelmäßig auch der Schätzung zentraler auf dem systematischen Risiko
basierender Maße, wie der Treynor Ratio und dem Jensen Alpha, zu Grunde.31
Auf der Grundlage dieser Charakteristika ergeben sich für einen Fonds i die durch-
schnittliche Rendite µi und die Standardabweichung σi zu:
(4) µi = rf + JAi + βi (µIndex – rf)
(5) σi = β i 2 σIndex
2 + σε i 2
Das Beta βi und das Jensen Alpha JAi des Fonds beeinflussen somit dessen Rendite µi,
während die Standardabweichung über das Beta βi und das fondsspezifische Risiko σε i
des jeweiligen Fonds bestimmt werden. Darüber hinaus hängen µ und σ des Fonds von
den entsprechenden Parametern der Renditen des Index für den jeweiligen Betrach-
tungszeitraum ab.
Um die für die weiteren Überlegungen zentralen und neuartigen Zusammenhänge klar
herausarbeiten zu können, unterstellen wir, dass die realisierten Renditen des Index über
den gesamten Beobachtungszeitraum zufällige Ziehungen aus einer identischen und
unabhängigen (Normal-)Verteilung darstellen.32 Insofern sehen wir andere als „gewöhn-
liche“ Marktphasen (also beispielsweise auch „Hausse“-Phasen) als nicht prognostizier-
bare, zufällige Ereignisse beziehungsweise „Stichprobenfehler“ an. Selbstverständlich
ließen sich diese Annahmen modifizieren, die herausgearbeiteten zentralen Ergebnisse
blieben dabei erhalten.
3.2 Sharpe Ratio und RAP in Abhängigkeit von der Marktphase
Im Folgenden wird der Einfluss der Charakteristika eines Fonds auf dessen risikoadjus-
tierte Performance analysiert. Hierbei ist zu berücksichtigen, dass µ und σ der Rendite-
verteilungen des Fonds und damit auch die Maße Sharpe Ratio und RAP darüber hinaus
31 Vgl. Treynor (1965) und Jensen (1968). Erweiterungen dieses Ansatzes in Anlehnung an
bedingte Performancemaße, die öffentlich bekannte Informationen hinsichtlich wechselnder ökonomischer Bedingungen bei der Performancemessung berücksichtigen, sind möglich. Vgl. hierzu z. B. Ferson/Schadt (1996), Ferson/Warther (1996).
32 Dies entspricht wie oben dargestellt der Sichtweise des in der Performancemessung üblicherweise unterstellten uninformierten Investors.
10
von der Standardabweichung und dem durchschnittlichen Wert der Indexrenditen
bestimmt werden. Allgemein ergeben sich die Sharpe Ratio und das RAP bei gegebenen
fondsspezifischen Charakteristika in Abhängigkeit von der (zufälligen) Marktphase
über (4) und (5) zu:
(6) SRi = f (µIndex; σIndex; rf)
= JAi + βi (µIndex – rf) β i
2 σIndex 2 + σε i
2
(7) RAPi = f (µIndex; σIndex; rf)
= rf + σIndex
β i 2 σIndex
2 + σε i 2
JAi + βi σIndex
β i 2 σIndex
2 + σε i 2
(µIndex – rf)
Im Fokus der folgenden Überlegungen steht das für Anleger leichter verständliche RAP.
Die Ergebnisse sind auf die Sharpe Ratio übertragbar.
Einführend wird zunächst ein Fonds i mit einer stilisierten rein passiven Anlagestrategie
betrachtet, die über eine Kombination des Index mit rf realisiert werden kann (JAi = 0,
σε i = 0). Das RAP des Fonds entspricht dann gemäß (7) unabhängig von der Höhe des
Fondsbetas jeweils dem RAP des Index, da der Achsenabschnitt dann gerade rf und die
Steigung eins betragen. Folglich ist über das Eingehen ausschließlich systematischer
Risiken keine über- beziehungsweise unterlegene Performance erzielbar.
Im Zentrum der weiteren Betrachtungen steht der exemplarische Fonds C mit einem
Beta von βC = 0,7. Unter der Annahme, dass der Manager des Fonds keine besonderen
Fähigkeiten bei der Selektion einzelner Wertpapiere besitzt, führen die Selektionsaktivi-
täten hier annahmegemäß zu einem monatlichen Jensen Alpha von null. Das durch die
Selektionsaktivitäten bedingte fondsspezifische Risiko betrage σε C = 40 ‰. In Abbil-
dung 2 ist das RAP des Fonds in Abhängigkeit von der jeweiligen Marktphase abge-
tragen, die über die durchschnittliche monatliche Überschussrendite des Index µIndex – rf
Achsenabschnitt Steigung
11
für den jeweiligen Betrachtungszeitraum charakterisiert ist. Die Standardabweichung
der Indexrenditen wird konstant in Höhe von σIndex = 60 ‰ unterstellt.33
Abbildung 2: RAP des Fonds C in Abhängigkeit von der Marktphase und dem fondsspezifischen Risiko des Fonds
-20 ‰
-10 ‰
0 ‰
10 ‰
20 ‰
-20 ‰ -10 ‰ 0 ‰ 10 ‰ 20 ‰
µIndex - r f
RAP i
r f
Fonds C mit JA C = 0, β C = 0,7 und σ ε C =
Index 40 ‰50 ‰
30 ‰
Marktphase
Gemäß (7) ergibt sich ein linearer Verlauf des RAP des Fonds C in Abhängigkeit von
µIndex – rf, der in Abbildung 2 gestrichelt gekennzeichnet ist. Der Achsenabschnitt be-
trägt bei dem hier vorgegebenen Jensen Alpha von null grundsätzlich rf. Die Steigung
des RAP-Verlaufes wird durch die Risikoparameter βC, σε C und σIndex bestimmt. Sie ist
für σε C > 0 geringer als die des Index und damit kleiner eins.34 Im Vergleich zum fett
gekennzeichneten RAP-Verlauf des Index wird deutlich, dass der Fonds für Marktpha-
sen mit positiven Überschussrenditen ein gegenüber dem Index unterlegenes, hingegen
für Baisse-Phasen ein überlegenes RAP erzielt. Ursächlich hierfür ist, dass das
33 Der Einfluss der Standardabweichung der Indexrenditen auf das RAP von Fonds ist gegen-
über dem der Überschussrendite des Index in der Regel gering, so dass bei den Betrach-tungen in diesem Abschnitt jeweils σIndex = 60 ‰ unterstellt wird. Dies entspricht einer realistischen Größenordnung der Verteilungsparameter des DAFOX für den Zeitraum von Anfang 1997 bis Ende 2002, vgl. Tabelle 4 im Anhang.
34 Eine höhere Standardabweichung der Renditen des Index σIndex impliziert einen (etwas) steileren Verlauf der RAP-Performancelinie des Fonds.
12
Eingehen fondsspezifischer Risiken in positiven Marktphasen negativ auf das RAP
wirkt und umgekehrt.
Die Höhe des fondsspezifischen Risikos beeinflusst wesentlich die Steigung des RAP-
Verlaufes. In Abbildung 2 sind die entsprechenden RAP-Verläufe des Fonds C für alter-
native fondsspezifische Risiken von σε C = 30 ‰ und σε C = 50 ‰ wiedergegeben. Je
höher das fondsspezifische Risiko, desto flacher ist der Verlauf des RAP in Abhän-
gigkeit von der Marktphase und desto höher ist damit der bei positiven (negativen)
Überschussrenditen des Index resultierende negative (positive) Einfluss auf das RAP.
Da Fonds zur Bestimmung des RAP (gedanklich) immer auf das Risiko des Index
gehebelt werden, führt ein höheres fondsspezifisches Risiko eines Fonds grundsätzlich
nicht zu einem höheren Gesamtrisiko des risikonormierten Vergleichsportfolios (vgl.
Kapitel 2). Eine Erhöhung des fondsspezifischen Risikos führt jedoch bei gegebenem
Beta dazu, dass sich dessen Anteil am per Definition konstanten Gesamtrisiko des
Vergleichsportfolios erhöht. Da über das Eingehen systematischer Risiken in Hausse-
Perioden jedoch eine positive Überschussrendite erzielt werden kann, führt ein höheres
fondsspezifisches Risiko zu einem gegenüber dem Index geringeren RAP. Der Verlauf
des RAP in Abhängigkeit von der Marktphase ist daher umso flacher, je höher das
fondsspezifische Risiko des Fonds ist.
Entsprechend wirkt ein geringeres Beta eines Fonds bei gegebenem fondsspezifischen
Risiko. Je niedriger das Beta, desto geringer ist der Anteil des systematischen Risikos
am Gesamtrisiko des Fonds und damit an dem des Vergleichsportfolios. In positiven
Marktphasen impliziert dies eine geringere positive Überschussrendite des Fonds und
damit ein niedrigeres RAP. In negativen Marktphasen hingegen führt der niedrigere
Anteil systematischen Risikos am Gesamtrisiko zu einem höheren RAP. Ein geringeres
Beta eines Fonds führt damit ceteris paribus zu einem flacheren Verlauf des RAP in
Abhängigkeit von der Marktphase und umgekehrt.
Die Umsetzung von Selektionsfähigkeiten durch Fondsmanager impliziert neben dem
fondsspezifischen Risiko in der Regel ein Jensen Alpha des Fonds ungleich null. Erfolg-
reiche Selektionsaktivitäten des Managers spiegeln sich dabei in einem positiven,
wertvernichtende hingegen in einem negativen Jensen Alpha wider. Ein positives
Jensen Alpha führt zu einer Verschiebung des RAP-Verlaufs nach oben und umgekehrt.
Die resultierende Veränderung des Achsenabschnitts ist gemäß (7) wiederum von den
13
Parametern βC, σε C und σIndex abhängig. Je geringer das Beta und das fondsspezifische
Risiko sind, desto größer ist die durch das Jensen Alpha bedingte vertikale Verschie-
bung.
Abbildung 3: RAP des Fonds C in Abhängigkeit von der Marktphase und dem Jensen Alpha des Fonds
-20 ‰
-10 ‰
0 ‰
10 ‰
20 ‰
-20 ‰ -10 ‰ 0 ‰ 10 ‰ 20 ‰
µIndex - r f
RAP i
r f
0 ‰
Fonds C mit β C = 0,7, σ ε C = 40 ‰ und JA C =
-2 ‰
2 ‰Index I
Marktphase
In Abbildung 3 sind die RAP-Verläufe des Fonds C mit σε C = 40 ‰ für alternative
Jensen Alphas von 2 ‰ und –2 ‰ angegeben. Da die Steigung des RAP-Verlaufs
gemäß (7) unabhängig vom Jensen Alpha ist, ergibt sich bei positivem Jensen Alpha der
durch ○ gekennzeichnete Schnittpunkt der RAP-Linie des Fonds mit der des Index nun
für eine positive Überschussrendite des Index, im Beispiel bei 7,50 ‰. Für das negative
Jensen Alpha hingegen liegt der Schnittpunkt der RAP-Verläufe bei –7,50 ‰. Hierüber
wird deutlich, dass das Erzielen einer gegenüber dem Index überlegenen Performance
gemäß RAP für Fondsmanager in positiven Marktphasen schwieriger ist als in negat-
iven. Ursächlich hierfür ist der negative Einfluss des fondsspezifischen Risikos auf das
RAP in Marktphasen mit durchschnittlich positiven Überschussrenditen des Index und
umgekehrt.
Dieser von der Marktphase abhängige Einfluss des fondsspezifischen Risikos auf die
Performance gemäß RAP ist für Anleger bei der Beurteilung der Leistung und Auswahl
14
von Fonds von zentraler Bedeutung. Die üblicherweise für eine Ex-post-Periode
bestimmte Fondsperformance spiegelt somit nicht ausschließlich die Leistung des
Managements wider, sondern wird (möglicherweise erheblich) durch die jeweilige
(zufällige) Marktphase mitbestimmt. Auch die relative Vorteilhaftigkeit von Fonds
gemäß RAP kann bedingt durch diesen „Marktphasen-Bias“ variieren.
Von dem in der Vergangenheit erzielten RAP und der entsprechenden Rangfolgeposi-
tion eines Fonds kann folglich – auch bei konstanten Charakteristika der Fonds – nicht
auf eine entsprechende Performance in einer künftigen Periode geschlossen werden.35
Ausgehend von einer überlegenden Performance eines Fonds während einer Baisse-
Periode kann somit nicht auf eine entsprechende Performance in einer künftigen
(gewöhnlichen) Periode geschlossen werden. Dies ist insbesondere dann nicht möglich,
wenn die Überlegenheit der Performance in der Baisse-Periode im Wesentlichen auf ein
höheres fondsspezifisches Risiko zurückzuführen ist.
4 Empirische Relevanz der Marktphasenabhängigkeit von Fondsrangfolgen
Wie die obigen Ausführungen verdeutlichen, beeinflussen die fondsspezifischen Cha-
rakteristika den RAP-Verlauf eines Fonds in Abhängigkeit von der jeweiligen (hier als
zufällig angesehenen) Marktphase. Da sich die Charakteristika realer Fonds unter-
scheiden, weisen auch deren RAP-Verläufe in einem Diagramm analog zu Abbildung 2
und Abbildung 3 unterschiedliche Achsenabschnitte sowie Steigungen in Abhängigkeit
von der Marktphase auf. Daher werden auch bei stabilen Charakteristika von Fonds für
unterschiedliche Marktphasen unterschiedliche Rangfolgen zu beobachten sein. Jedes
für einen bestimmten Untersuchungszeitraum festgestellte Ranking ist folglich als
senkrechter Schnitt durch die RAP-Verläufe der Fonds für eine Marktphase interpre-
tierbar. Es stellt folglich (nur) ein bedingtes (oder zufälliges) Ranking von Fonds für die
jeweilige Marktphase dar.
Offen geblieben ist bisher die Frage nach der praktischen Relevanz des Marktphasen-
Bias. Wie stark unterscheiden sich die Rangfolgen von Fonds auf Basis des RAP für
unterschiedliche Marktphasen tatsächlich? Für die folgende Betrachtung wird auf die
Daten einer empirischen Untersuchung von Breuer/Gürtler (1999) zurückgegriffen.
35 In der Praxis können die Rangfolgen von Fonds gemäß RAP darüber hinaus von zeitvaria-
blen Charakteristika der Fonds beeinträchtigt werden. Zu einer Untersuchung der Dynamik der Alphas und Betas von Fonds siehe Spiegel/Mamaysky/Zhang (2003). Zur Persistenz der Performance und des Risikos von Fonds allgemein siehe Wittrock (2000), S. 451-468.
15
Basierend auf den dort angegebenen Momenteschätzern der Monatsrenditen deutscher
Aktienfonds sowie des DAFOX36 werden zunächst die Charakteristika JA, β und σε der
Fonds bestimmt (vgl. Tabelle 3 im Anhang).
Auf dieser Grundlage wird dann die Performance der Fonds gemäß RAP für drei Markt-
phasen am deutschen Kapitalmarkt quasi simuliert und so verglichen. Eine „Basis“-
Periode von 1/1975 bis 12/1996, die der Untersuchung von Breuer/Gürtler zu Grunde
liegt. Eine Periode von 1/1997 bis 12/1999, die im Weiteren als (zufällige) „Hausse“-
Periode bezeichnet wird. Eine Periode von 1/2000 bis 12/2002, die im Weiteren als
(zufällige) „Baisse“-Periode bezeichnet wird. Zur Bestimmung der Performance der
Fonds wird auf die durchschnittlichen monatlichen diskreten Renditen des Deutschen
Aktienforschungsindex (DAFOX37) µDAFOX und deren Standardabweichung σDAFOX
sowie auf den durchschnittlichen Zinssatz für Monatsgeld38 als Substitut für den risiko-
losen Zins rf zurückgegriffen.39
Über die zuvor bestimmten annahmegemäß stabilen Charakteristika der Fonds werden
anschließend deren RAP gemäß (7) für die drei ausgewählten Marktphasen bestimmt.
Es wird also untersucht, welche RAP sich für die Fonds für eine der „Baisse“-, der
„Hausse“- oder der „Basis“-Periode entsprechende Marktphase ergeben würden. Auf
der Grundlage dieser RAP-Werte der Fonds ergeben sich deren Rangfolgepositionen für
die jeweilige Periode (siehe Tabelle 1).40
36 Vgl. Breuer/Gürtler (1999), S. 286. 37 Zu einer Beschreibung des DAFOX siehe Göppl/Schütz (1995). 38 Die Berechnung des diskreten Zinssatzes für Monatsgeld für die „Hausse“- und die
„Baisse“-Periode erfolgt über r t = rt, j / 12, wobei rt, j den jährlichen linearen Zinssatz für Monatsgeld für den Monat t kennzeichnet.
39 Die empirisch beobachtbare geringe Standardabweichung des Zinssatzes wird wie üblich vernachlässigt. Zu Möglichkeiten der Berücksichtigung eines zeitvariablen risikofreien Zins-satzes in der Performancemessung siehe z. B. Scholz (2002), S. 130-141, und die dort angegebene Literatur.
40 Die Rangfolge der Fonds für die „Basis“-Periode stimmt definitionsgemäß mit der von Breuer/Gürtler bestimmten Rangfolge gemäß der Sharpe Ratio überein, vgl. Breuer/Gürtler (1999), S. 281.
16
Tabelle 1: Performance und Rangfolgen deutscher Aktienfonds gemäß RAP bei Annahme stabiler Charakteristika für unterschiedliche Marktphasen
„Basis“ „Hausse“ „Baisse“
RAP Rang RAP Rang RAP RangAdifonds 9,12 ‰ 7 26,18 ‰ 4 –14,29 ‰ 12 Adiverba 8,98 ‰ 8 25,28 ‰ 12 –13,24 ‰ 5 Concentra 9,38 ‰ 6 26,07 ‰ 5 –13,41 ‰ 7 Dekafonds 8,74 ‰ 10 25,46 ‰ 11 –14,13 ‰ 8
DIT-Fonds für Vermögensbildung 9,69 ‰ 2 25,86 ‰ 7 –12,24 ‰ 1 Fondak 8,37 ‰ 13 25,49 ‰ 10 –15,14 ‰ 16
FT Frankfurt-Effekten-Fonds 10,36 ‰ 1 27,07 ‰ 1 –12,41 ‰ 2 Hauck-Main I-Universal-Fonds 8,38 ‰ 12 25,05 ‰ 13 –14,46 ‰ 13
Investa 9,56 ‰ 4 26,27 ‰ 3 –13,25 ‰ 6 MK Alfakapital 8,30 ‰ 14 24,97 ‰ 14 –14,56 ‰ 14
Oppenheim privat 7,14 ‰ 15 22,67 ‰ 15 –14,27 ‰ 11 SMH-Spezial-Fonds I 9,64 ‰ 3 26,03 ‰ 6 –12,66 ‰ 3
Thesaurus 8,63 ‰ 11 25,67 ‰ 9 –14,76 ‰ 15 Unifonds 8,94 ‰ 9 25,83 ‰ 8 –14,21 ‰ 10
Universal-Effect-Fonds 7,03 ‰ 16 21,62 ‰ 16 –13,18 ‰ 4 DAFOX 9,53 ‰ 5 26,78 ‰ 2 –14,18 ‰ 9
Tabelle 1 zeigt, dass die Ränge einzelner Fonds für verschiedene Marktphasen unter-
schiedlich stark variieren. Aufgrund der in identischer Höhe angenommenen fonds-
spezifischen Charakteristika ist dieser Effekt ausschließlich auf die Marktphasen
zurückzuführen. Da die Charakteristika der Fonds in realistischer Größenordnung
eingesetzt wurden, ist der Marktphasen-Bias folglich nicht nur theoretisch interessant,
sondern auch für die Praxis der Performancemessung relevant.
In Tabelle 1 sind insbesondere die unterschiedlichen Rangfolgepositionen des DAFOX
hervorzuheben („Basis“-Periode Rang 5, „Hausse“- Rang 2, „Baisse“- Rang 9). Ursäch-
lich hierfür ist, dass der DAFOX im Gegensatz zu den Fonds per Definition kein unsys-
tematisches Risiko aufweist. Die fondsspezifischen Risiken der Fonds implizieren wie
dargestellt im Vergleich zum DAFOX flachere RAP-Verläufe in Abhängigkeit von der
Überschussrendite des Index. Daher verbessert sich der Rang des DAFOX, je positiver
die Marktphase ist.
Besonders deutlich wird dieser Marktphaseneinfluss auch für den DIT-Fonds für Ver-
mögensbildung, der einen relativ hohen Anteil fondsspezifischer Risiken aufweist (vgl.
Tabelle 3 im Anhang). Der hierüber begründete relativ flache RAP-Verlauf des Fonds
führt dazu, dass sich der Rang dieses Fonds tendenziell verbessert, je geringer die
Überschussrendite des DAFOX der jeweiligen Marktphase ist. Während der Fonds für
17
die „Hausse“-Periode „nur“ den Rang 7 belegt, ergeben sich für die „Basis“- und die
„Baisse“-Periode die Ränge 2 und 1.
Die Fondsrangfolgen in Tabelle 1 und die in Tabelle 2 angegebenen Bravais-Pearson-
Korrelationskoeffizienten zwischen den RAP der Fonds sowie die Spearmanschen-
Rang-Korrelationskoeffizienten zwischen deren Rangfolgen legen offen, dass Markt-
phasen in praxi einen erheblichen Einfluss auf entsprechende Fondsrangfolgen ausüben.
So beträgt der Spearmansche Rang- (beziehungsweise der Bravais-Person-)Korrela-
tionskoeffizient zwischen der „Hausse“- und der „Baisse“-Periode für die vorliegende
Untersuchung „nur“ 31,47 % (13,19 %).41 Auch die Rangfolgen der „Hausse“- und der
„Basis“-Periode stimmen bei einem Korrelationskoeffizienten von 87,35 % (92,49 %)
nicht überein.
Tabelle 2: Spearmansche-Rang- (obere Dreiecksmatrix) und Bravais-Pearson-Korrelationskoeffizienten (untere Dreiecksmatrix) zwischen den RAP deutscher Aktienfonds bei Annahme stabiler Charakteristika für unterschiedliche Marktphasen
„Basis“ „Hausse“ „Baisse“
„Basis“ 1 87,35 % 63,53 %
„Hausse“ 92,49 % 1 31,47 %
„Baisse“ 49,80 % 13,19 % 1
Praktisch relevant sind diese Ergebnisse insbesondere für Anleger, die bei der Auswahl
von Fonds auf Rankings auf der Grundlage einer außergewöhnlichen „Baisse“- oder
„Hausse“-Periode zurückgreifen. Aufgrund des Marktphasen-Bias kann – selbst bei
stabilen fondsspezifischen Charakteristika – nicht auf ein entsprechendes Ranking für
die künftige Periode geschlossen werden. Im nächsten Kapitel wird eine grundsätzliche
Vorgehensweise skizziert, wie dieses Problem gelöst werden kann.
5 „Normalisierte“ Performancemessung
In Literatur und Praxis werden Rangfolgen von Fonds gemäß RAP oder Sharpe Ratio
häufig auf Basis einer 3- oder 5-jährigen Datenhistorie bestimmt. Wie oben dargestellt,
existieren für entsprechende Rankings zwei wesentliche Einflussgrößen: Erstens die
41 Zur Bestimmung und Interpretation der Korrelationskoeffizienten siehe beispielsweise Rinne
(1997). S. 84-95.
18
Leistung des Fondsmanagements, die sich in den fondsspezifischen Charakteristika
widerspiegelt, und zweitens die mit dem jeweiligen Untersuchungszeitraum erfasste
Marktphase. Folglich eignen sich die ex post ermittelten Kennzahlen RAP und Sharpe
Ratio häufig nicht zur Auswahl eines Fonds für eine normale beziehungsweise durch-
schnittliche Periode. Dies gilt wie dargestellt insbesondere, falls es sich bei dem
betrachteten Ex-post-Untersuchungszeitraum um eine außergewöhnliche „Baisse“- oder
„Hausse“-Periode handelt. Der Einfluss der Marktphase übersteigt dann schnell den der
fondsspezifischen Charakteristika, so dass eine Beurteilung der Qualität des Fonds-
managements nur sehr eingeschränkt möglich ist.
Für Anleger, die ihre Investitionsentscheidung auf der Basis des RAP treffen möchten,
ist bei der Auswahl eines Fonds eine möglichst gute Prognose der künftig erwarteten
Performance der Fonds relevant. In diesem Kontext schlagen wir als grundsätzliche
Vorgehensweise vor, die beiden Einflussfaktoren – fondsspezifische Charakteristika
und Verteilungsparameter der Indexrenditen – getrennt voneinander zu betrachten.
Vor diesem Hintergrund könnte man bezüglich der Schätzung der Charakteristika der
Fonds beispielsweise auf monatliche Renditen für einen 3- bis 5-jährigen Zeitraum
zurückgreifen. Für diesen relativ kurzen Zeitraum spricht, dass für viele relativ junge
Fonds keine langfristigeren Daten verfügbar sein werden. Darüber hinaus ändern sich
Leistung und Anlageschwerpunkte von Fonds potenziell mit zunehmendem Zeithori-
zont, beispielsweise aufgrund eines Wechsels des Fondsmanagements.42
Hinsichtlich einer Prognose der Verteilung der Indexrenditen für eine künftige Periode
sollten (uninformierte) Anleger (bei Annahme unabhängig und identisch verteilter
Indexrenditen über die Zeit) hingegen auf langfristigere Zeiträume zurückgreifen. Das
Heranziehen kürzerer Zeiträume wie beispielsweise ebenfalls 3 oder 5 Jahre kann dazu
führen, dass zufällige außergewöhnliche Marktphasen verwendet werden, die keine
geeignete Prognose für eine künftige Periode ermöglichen. Für die Prognose der Vertei-
lungsparameter µ und σ der Indexrenditen sollten daher wesentlich langfristigere
42 Zur Berücksichtigung zeitvariabler Charakteristika von Fonds könnten alternativ komplexere
Verfahren eingesetzt werden, die potenziell eine präzisere Schätzung der aktuellen Alphas und Betas ermöglichen, vgl. Spiegel/Mamaysky/Zhang (2003). Dies ändert aber nichts an den hier dargestellten grundsätzlichen Zusammenhängen.
19
Datenzeiträume verwendet werden, die im Gegensatz zu den Fondsrenditen auch regel-
mäßig verfügbar sind.43
Liegen die für eine künftige Periode entsprechend geschätzten Verteilungsparameter µ
und σ der Indexrenditen und die Charakteristika eines Fonds vor, kann dessen RAP für
die künftige Periode über Gleichung (7) prognostiziert werden. Diese Kennzahl wird im
Weiteren als „normalisiertes RAP“ bezeichnet.44 Sie ist als risikoadjustierte Perfor-
mance des Fonds interpretierbar, die bei Eintritt der unterstellten Charakteristika in
einer künftigen „normalen“ Periode erzielt wird.45 Der wesentliche Vorteil des normali-
sierten RAP besteht darin, dass es nicht durch außergewöhnliche Marktphasen verzerrt
wird und damit vor allem die Leistung des Fondsmanagements widerspiegelt.
Abschließend stellt sich die Frage, ob das normalisierte RAP auch zur Bestimmung der
für einen vergangenen Betrachtungszeitraum erzielten Ex-post-Performance von Fonds
eingesetzt werden sollte. Gegen diese Vorgehensweise spricht, dass solche normali-
sierten Kennzahlen für Anleger schwieriger verständlich sind. Jedoch würde die
Performance von Fonds dann um den nicht vom Fondsmanagement zu verantwortenden
Einfluss der Marktphase bereinigt, was eine adäquatere Beurteilung der Leistung des
Fondsmanagements ermöglicht.
6 Fazit
Im vorliegenden Beitrag wurde die in der Literatur kontrovers diskutierte Frage unter-
sucht, ob und inwiefern die Leistung von Fonds über risikoadjustierte Performancemaße
wie die Sharpe Ratio und das RAP auch in Baisse-Perioden sinnvoll beurteilt werden
kann. Die Aktualität dieser Fragestellung ist offensichtlich, da die Aktienmärkte
weltweit in den ersten Jahren dieses Jahrhunderts überwiegend fallende Kursverläufe
aufweisen.46
43 In Weiterführung dieser Idee besteht die Möglichkeit, zeitvariable Erwartungswerte, Risiko-
prämien und Volatilitäten für die Indexrenditen zu integrieren. 44 Analog hierzu kann über (6) die „normalisierte Sharpe Ratio“ von Fonds bestimmt werden. 45 Ebenso ist es möglich, die Indexparameter zum Beispiel auf der Grundlage subjektiver Ein-
schätzungen über die zukünftige Marktphase vorzugeben. 46 Die Erholung der Aktienmärkte im Jahre 2003 beeinträchtigt die Gültigkeit dieser Aussage
kaum. Da empirische Untersuchungen zur Performance von Fonds häufig auf 3- oder 5-jäh-rigen Betrachtungszeiträumen basieren, werden die durchschnittlichen Überschussrenditen von Fonds auch in künftigen Untersuchungen weiterhin häufig negativ sein.
20
In Kapitel 2 wurde zunächst die in der Literatur und in praxi häufig vorgebrachte Kritik
am Einsatz von Sharpe Ratio und RAP bei Vorliegen von Baisse-Perioden kritisch
reflektiert. In diesem Zusammenhang wurde insbesondere eine auf Sharpe selbst
zurückgehende Rechtfertigung der Verwendung der Sharpe Ratio auch für Baisse-
Perioden aufgezeigt. Offensichtlich lässt sich aus der Diskussion in der Literatur ein Be-
darf nach Klärung grundlegender Zusammenhänge der Performancemessung ableiten,
zu der wir hier letztlich einen Beitrag leisten wollen.
Im Zentrum des dritten Kapitels stand die Fragestellung, inwiefern von der risikoadjus-
tierten Performance eines Fonds in der Vergangenheit auf dessen Performance in künfti-
gen Perioden geschlossen werden kann. Über die Definition fondsspezifischer Charak-
teristika auf Basis eines Ein-Faktor-Modells konnte eine detaillierte Analyse der
Abhängigkeit der RAP von Fonds von der jeweiligen Marktphase durchgeführt werden.
Hierüber wurde deutlich, dass die Performance von Fonds über das Eingehen unter-
schiedlich hoher systematischer Risiken nicht beeinflusst wird. Selektionsaktivitäten
hingegen führen regelmäßig zu einem Jensen Alpha ungleich null. Dieser Performance-
beitrag wird dabei über das RAP und die Sharpe Ratio unabhängig von der jeweiligen
Marktphase korrekt als über- oder unterlegene Performance identifiziert. Darüber
hinaus sind Selektionsaktivitäten mit der Übernahme fondsspezifischer Risiken verbun-
den, was eine Erhöhung der Standardabweichung der Fondsrenditen impliziert. In
„Hausse“-Perioden führt dies zu einer Verringerung der Performance des Fonds,
während sich in „Baisse“-Perioden die Performance erhöht.
Insbesondere über diesen entgegengesetzten Einfluss des fondsspezifischen Risikos auf
das RAP in „Baisse“- und in „Hausse“-Perioden konnte gezeigt werden, dass die Perfor-
mance einerseits von der Leistung des Fondsmanagements, andererseits jedoch von der
jeweiligen (hier als zufällig angesehenen) Marktphase bestimmt wird. Rangfolgen von
Fonds können aufgrund dieses Marktphasen-Bias bei der Performancemessung also
selbst bei Vorliegen stabiler fondsspezifischer Charakteristika über die Zeit variieren.
Die Ergebnisse in Kapitel 4 bestätigen die praktische Relevanz des Marktphasen-Bias
auf Basis einer empirischen Untersuchung. Bei Annahme stabiler, von der Größenord-
nung realistischer Charakteristika von Fonds wurden für unterschiedliche reale Markt-
phasen am deutschen Aktienmarkt erheblich divergierende Fondsrangfolgen bestimmt.
Dies verdeutlicht den Einfluss der jeweiligen Marktphase auf das Ranking von Fonds
gemäß RAP oder Sharpe Ratio.
21
Die zentralen Ergebnisse dieses Beitrags sind sowohl aus theoretischer als auch aus
praktischer Perspektive von hoher Bedeutung. Beispielsweise sollten Anleger zur
Auswahl von Fonds für eine künftige Periode nicht auf die „klassischen“ Maße Sharpe
Ratio und RAP auf Basis eines Ex-post-Untersuchungszeitraums von beispielsweise
3 Jahren zurückgreifen. Anleger sollten vielmehr die in Kapitel 5 vorgeschlagenen
„normalisierten“ Performancemaße von Fonds als Entscheidungskriterium verwenden.
Da über diese innovativen Kennzahlen die Leistung des Fondsmanagements getrennt
vom Marktphaseneinfluss bestimmt wird, ist grundsätzlich auch die Verwendung dieser
Kennzahlen zur Ex-post-Beurteilung der Leistung von Fonds zu überdenken. Die
Anbieter entsprechender Fondskennzahlen und Rankings in der Finanzpresse und im
Internet sollten daher im Interesse ihrer Leser in Zukunft (auch) normalisierte risiko-
adjustierte Performancemaße publizieren.
Die in diesem Beitrag herausgearbeitete Abhängigkeit der Performance von Fonds von
deren Charakteristika einerseits und der jeweiligen Marktphase andererseits führt zu
einigen interessanten Fragestellungen für weitere Untersuchungen. Offensichtlich bietet
es sich an, normalisierte Performancemaße in künftigen Untersuchungen einzusetzen
und die hierüber erzielten Ergebnisse mit denen zu vergleichen, die über die übliche
Vorgehensweise bestimmt werden. In diesem Zusammenhang könnte beispielsweise
empirisch überprüft werden, welche konkrete Ausgestaltung der Normalisierung der
Performancemaße, beispielsweise hinsichtlich der zu Grunde gelegten Zeiträume sowie
der Modelle beziehungsweise Verfahren zur Schätzung der Charakteristika der Fonds
und der Verteilungsparameter des Index, in praxi zu geeigneten Schätzern künftiger
Performance von Fonds führt.47 Darüber hinaus könnte untersucht werden, ob die in der
Vergangenheit erfolgten Änderungen der Rangfolgen von Fonds basierend auf Sharpe
Ratio oder RAP im Wesentlichen auf die jeweils zu Grunde liegenden Marktphasen
oder auf instabile Charakteristika der Fonds zurückzuführen sind.
47 In Anwendung auf die Eingangsparameter der Portfoliotheorie zeigen Kempf/Memmel
(2003) derartige Alternativen auf.
22
Anhang
Tabelle 3: Charakteristika und Anteile der fondsspezifischen Risiken deutscher Aktienfonds basierend auf Breuer/Gürtler (1999)
JAi βi σε i Anteil des
fondsspezifischen Risikos48
Adifonds –0,31 ‰ 0,94 9,085 ‰ 4,22 % Adiverba –0,09 ‰ 0,79 17,784 ‰ 19,21 % Concentra 0,12 ‰ 0,88 15,211 ‰ 12,19 % Dekafonds –0,52 ‰ 0,93 15,369 ‰ 11,37 %
DIT-Fonds für Vermögensbildung 0,51 ‰ 0,67 16,497 ‰ 22,09 % Fondak –1,04 ‰ 0,94 7,456 ‰ 2,87 %
FT Frankfurt-Effekten-Fonds 0,86 ‰ 0,73 12,633 ‰ 12,19 % Hauck-Main I-Universal-Fonds –0,82 ‰ 0,87 14,890 ‰ 12,05 %
Investa 0,29 ‰ 0,91 15,514 ‰ 11,94 % MK Alfakapital –0,83 ‰ 0,80 13,607 ‰ 11,86 %
Oppenheim privat –1,41 ‰ 0,70 20,822 ‰ 29,41 % SMH-Spezial-Fonds I 0,45 ‰ 0,78 16,856 ‰ 18,04 %
Thesaurus –0,76 ‰ 0,93 9,396 ‰ 4,60 % Unifonds –0,39 ‰ 0,90 12,127 ‰ 7,83 %
Universal-Effect-Fonds –0,99 ‰ 0,51 19,837 ‰ 41,07 % DAFOX 0 1 0 0
Tabelle 4: Verteilungsparameter der DAFOX-Renditen sowie der Zinssätze für Monatsgelder49
„Basis“ „Hausse“ „Baisse“ Arithmetischer Mittelwert der
DAFOX-Renditen 9,53 ‰ 26,78 ‰ –14,18 ‰
Standardabweichung der DAFOX-Renditen 46,25 ‰ 63,49 ‰ 61,99 ‰
Arithmetischer Mittelwert des Zinssätze der Monatsgelder 5,17 ‰ 2,66 ‰ 3,28 ‰
48 Bei Unterstellung des Ein-Faktor-Modells ergibt sich der Anteil des fondsspezifischen
Risikos am Gesamtrisiko eines Fonds als Quotient aus der Varianz des fondsspezifischen Störterms und der Varianz der Renditen des jeweiligen Fonds.
49 Für die „Basis“-Periode vgl. Breuer/Gürtler (1999), S. 286. Für die Bereitstellung der DAFOX-Daten von 1997 bis 2002 bedanken wir uns bei Hermann Göppl. Die Zinssätze für Monatsgelder wurden der Zeitreihen-Datenbank der Deutschen Bundesbank entnommen, die über das Internet (www.bundesbank.de) verfügbar ist.
23
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